Protokoll 166. Verhandlungstag – 2. Dezember 2014

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Am heutigen Verhandlungstag wurden zunächst zwei ehemalige Polizeibeamte aus Luzern gehört, deren Ladung die Verteidigung Wohlleben beantragt hatte. Dabei ging es um illegale Waffengeschäfte eines Deutschen Ende der 90er Jahre. Es stellte sich heraus, dass die Beamten gar keine Ermittlungen angestellt haben zu dem Waffengeschäft, in dem die Tatwaffe Ceska 83 verkauft wurde. In ihren gesamten Ermittlungen tauchte nur einmal eine Ceska auf, die aber ein anderes Kaliber hatte als die Tatwaffe. Deutlich wurde allerdings, dass es in den 90ern einen blühenden Waffenhandel aus der Schweiz nach Deutschland gab. Danach wurde Michael Probst vernommen, Ex-Mann der ebenfalls als Zeugin geladenen Antje Bö. Michael Probst gab an, mit Politik und mit B&H Sachsen nichts zu tun gehabt zu haben. Böhnhardt, Zschäpe und Mundlos habe er nie kennengelernt. In Bezug auf seine Ex-Frau machte Probst keine Angaben. Der Zeuge wird daher erneut geladen werden.

Zeugen:

  • Rudolf Bi. (ehem. Schweizer Polizeibeamter, Ermittlungen zu illegalem Waffenhandel)
  • Franz Es. (ehem. Schweizer Polizeibeamter, Ermittlungen zu illegalem Waffenhandel)
  • Michael Probst (Erkenntnisse zu B&H Sachsen, Ex-Ehemann )

Der Beginn des Verhandlungstages wird zunächst auf 10 Uhr, dann auf 10:30 Uhr verschoben, der Grund wird nicht bekanntgegeben. Auf der Besucherempore sitzt , ein Neonazi, der sich u.a. für die Wohlleben-Solidaritätskampagne „Freiheit für Wolle“ engagiert, er wird begleitet von Markus Bl. Der Verhandlungstag beginnt um 10:38 Uhr. Anwesend ist heute Jacqueline Wohlleben, die neben ihrem Ehemann, dem Angeklagten Ralf Wohlleben, Platz nehmen darf.

Als erster Zeuge wird der pensionierte Schweizer Polizeibeamte Rudolf Bi. aus Luzern gehört. Bi. berichtet, sie hätten 1998 vermehrt Einbrüche gehabt. Bei einer Kontrolle sei ihnen ein Deutscher, Werner Fr., ins Netz gegangen, in dessen Auto sie neun Faustfeuerwaffen und gefälschte Waffenerwerbsscheine gefunden hätten. Fr. habe zugegeben, die Scheine gekauft und kopiert zu haben, um mit dem gleichen Schein mehrere Waffen zu kaufen. Bei einer Durchsuchung des Ferienhauses von Fr. seien über 300 Waffen [sämtliche Zahlen: phon.] gefunden worden. Von den 33 gefälschten Scheinen hätten sie 30 Waffen sicherstellen können, drei seien verschwunden geblieben. Fr. habe in verschiedenen Geschäften Waffen eingekauft, 66 bei Schläfli & Zbinden. Von diesen Waffen hätten sie fast keine auffinden können. Außerdem seien bei der Durchsuchung noch 43 leere Waffenschachteln zum Vorschein gekommen, von diesen Waffen fehle bis heute jede Spur. Sie hätten diese Waffen ausschreiben lassen. Wenn heute jemanden eine dieser Waffen übertragen würde, würde es herauskommen. Fr. sei vors Bundesgericht gezogen, aber das habe entschieden, dass die Waffen zu Recht eingezogen wurden.

Später hätten sie einen Anruf erhalten aus Mainz, dass Fr. in U-Haft sitze wegen Gründung einer kriminellen Organisation und Waffenhandels. Fr. dürfte mehrere hundert Waffen über die Grenze gebracht haben, habe an diversen Waffen die Läufe ersetzen lassen mit Gewinde, so dass Schalldämpfer montiert werden könnten. Und soviel er, Bi., wisse, seien diverse Waffen mit Schalldämpfer nach Deutschland geliefert worden. Fr. selber habe bei der Befragung bei ihnen in Luzern zugegeben, dass er Waffen an einen Wi. [phon.] verkauft habe. Außerdem spiele noch ein Schweizer namens H. [phon.] eine Rolle, ein Waffennarr. Der habe auch über 300 Waffen zu Hause gelagert. Fr. habe mit H. verkehrt, aber nur am Rande. Er, Bi., habe alle Waffenlisten gemacht, auch bei H. Das seien über 600 Waffen und da sei eine einzige CZ [Ceska] dabei gewesen, aber eine 9 mm. Eine CZ mit Kaliber 7,65 sei nie aufgetaucht in ihren Ermittlungen. Götzl fragt nach der weiteren Person. Bi. nennt H., der habe etliche Erwerbsscheine an Fr. verkauft, und H.s Lebensgefährtin, die etwa sechs Waffenerwerbsscheine verkauft habe an Fr., zum Preis von 400 Franken.

Götzl fragt zur Rolle von Schläfli & Zbinden und Rolf Ba. Bi. sagt, er kenne beide nicht. Er wisse, dass es die Firma gegeben hat, kenne die aber persönlich nicht, habe nie Kontakt gehabt. Das hätten die Berner Kollegen gemacht. Er wisse noch, dass zwei Waffenerwerbsscheine, die Fr. benutzt habe, ausgestellt worden seien auf Ba., und damit habe er bei Schläfli & Zbinden auch Waffen eingekauft. Seine Ermittlungen hätten sich nur gegen Fr. gerichtet. Und auch gegen die Waffenhändler, die die Waffen ohne Kontrolle des Ausweises herausgegeben hätten. Das sei natürlich fahrlässig und sei zur Anzeige gebracht worden. Götzl hält vor, dass in einem Ermittlungsbericht vom 20.07.1998 bei „Täterschaft“ die Firma Schläfli & Zbinden und Ba. aufgeführt seien. Er könne sich nur vorstellen, so Bi., dass diese Ermittlung im Bereich des Verkaufs von Waffen gewesen seien. Wer Waffen kaufe, müsse sich ausweisen. Er nehme an, dass die Firma Schläfli & Zbinden im „Graubereich“ operiert habe. Das müsse so sein, wenn sie Schalldämpfer liefern würden. Denn ein Schalldämpfer sei in der Schweiz verboten. Götzl: „War das damals auch so?“ Bi.: „Ja.“

Er verneint, dass von seiner Seite aus auch Ermittlungen im Bereich Verkauf bei Schläfli & Zbinden durchgeführt worden seien, die Zuständigkeit gehe dann an den Kanton Bern. Das mit den Schalldämpfern hätten sie erst vier Jahre später erfahren. Wie die Berner Kollegen heißen, wisse er nicht. Götzl sagt, Bi. habe sowohl von der Verwendung als auch von der Fälschung von Waffenerwerbsscheinen berichtet. Bi. erläutert, Fr., habe die Scheine kopiert und dann die Unterschrift gefälscht bei der Abholung. Das habe er machen können bei den Männern. Bei der Frau, die Scheine verkauft habe, sei das dann schon schwieriger gewesen. Das betreffe die 33 Scheine, die Fr. benutzt habe. Später sei herausgekommen, dass Fr. noch viel mehr Waffen unter dem Ladentisch gekauft habe. Aber nicht bei Schläfli & Zbinden. Die 33 Scheine habe Fr. bei verschiedenen Waffenhändlern eingesetzt. Götzl fragt, wie viele Fr. bei Schläfli & Zbinden. eingesetzt habe. Bi: „66.“ Götzl: „Nur zum Verständnis: Sie sprechen von 33 gefälschten Scheinen und sagen auf der anderen Seite, es sind 66 Scheine bei Schläfli & Zbinden eingesetzt worden von Fr.?“ Bi.: „Richtig. Es ist ein Schein auf Ihre Person ausgestellt, Sie verkaufen den an Fr. und der macht zehn Kopien davon.“ Der kaufe also mit dem gleichen Waffenerwerbsschein bei verschiedenen Händlern zehn Waffen. Denn dort werde nur der Typ eingetragen, nicht die Waffennummer. Der Händler hätte einen Ausweis verlangen müssen, so Bi.

Bei Schläfli & Zbinden sei das so gewesen, dass die den gut gekannt hätten. Da habe der immer gesagt, er komme die Waffe für diesen Herrn holen und hat unterschrieben „in Vertretung“ und mit seinem Namen. Aber bei Waffenhändlern, die ihn nicht gekannt hätten, habe er den Namen gefälscht in der Unterschrift. Auf Frage sagt Bi., diese Erkenntnisse zu Schläfli & Zbinden habe er aus der Aussage von Fr., und der habe ja Papiere gehabt. Die Befragungen bei ihnen seien sehr schwierig gewesen, Fr. habe sich total quergestellt. Erst später in Mainz habe er umfassend ausgesagt, das habe ihm, Bi., ein Beamter telefonisch mitgeteilt. Er habe keine Ahnung, ob von Schläfli & Zbinden Waffen versendet wurden, so Bi. auf Frage. Auf Vorhalt, dass im Bericht stehe, dass „im Kontrollheft über den Verkauf von Kriegsmaterial“ die fünf Waffen an H. und seine Lebensgefährtin als Versand eingetragen seien, sagt Bi., das könne er sich fast nicht erklären, weil Fr. immer mit dem Auto unterwegs gewesen sei. Zum Kontrollheft sagt Bi., jeder Händler habe ein Kontrollheft, wo jede verkaufte Waffe eingetragen werden müsse, müsse sagen, wohin die Waffe gegangen ist, und das belegen können. Auf Frage sagt er, das Kontrollheft sei das gleiche wie ein Waffenbuch, auch ein Waffenhandelsbuch werde das gleiche sein.

Götzl: „66 Waffen hat er bei Schläfli & Zbinden gekauft?“ Bi. bejaht das. Das hätten sie aber erst ab 2004 von Mainz erfahren. Götzl fragt, auf welchen Zeitraum sich die 66 beziehen. Auf einen Zeitraum von drei, vier Jahren, so Bi. Er habe keine Ahnung, wie dann diese 66 Waffen von der Firma Schläfli & Zbinden an Fr. gekommen seien, den Begriff „Versand“ könne er nicht näher zuordnen. Fr. habe auch Waffenbestandteile einzeln gekauft und Waffen zusammengestellt. Zu den Ermittlungen über Eintragungen in die Waffenbücher könnten die Berner Beamten berichten, so Bi. auf Frage. Alles was er damals gewusst habe über Fr., auch die Waffenliste, habe er auch nach Mainz übermittelt. Fr. habe auch Nummern entfernt. Bi. nimmt den Bericht in Augenschein und sagt, das sei die Unterschrift seines Kollegen Es., er selbst sei erwähnt, weil sie das Verfahren zusammen gemacht hätten. Es. habe den Auftrag an die Berner Kollegen gegeben. Vorhalt: Die Firma Schläfli & Zbinden habe fünf Faustfeuerwaffen abgegeben an eine Person, an die sie nicht hätte liefern dürfen. Das sei Fr., sagt Bi., der habe keine Niederlassung in der Schweiz. Ein Verkauf an ihn sei nicht gestattet gewesen und wäre es auch nach den heutigen Gesetzen nicht. Götzl sagt, es liege ein Lieferschein vom 09.01.1997 vor. Bi. schaut sich den Lieferschein an und sagt, „Frank“ sei ein Fachgeschäft in Deutschland. Auf dem Erwerbsschein müssten der Händler und der Käufer unterschreiben. Auf einen Schein könnten höchstens drei [phon.] Waffen gleichzeitig bezogen werden. Und jede einzelne Waffe müsse vom Käufer unterschriftlich bestätigt werden. Bi. verneint, Informationen aus Bern bekommen zu haben. Es folgt eine Pause bis 11:38 Uhr.

Danach fragt, ob das Verbot des Verkaufs von Schalldämpfern auch in Bern gegolten habe. In der ganzen Schweiz sei damals ein Schalldämpfer verboten gewesen, so Bi. Auf dem Lieferschein vom 09.01.1997 seien fünf Waffen aufgeführt, so Götzl, und dann immer „Waffenerwerbsschein von“ usw. Vorhalt: Fr. habe bei „Waffen Frank“ in Mainz fünf Faustfeuerwaffen sowie zwei Ersatzmagazine bestellt; da Fr. offenbar keine Einfuhrbewilligung habe erhalten können, habe er die Waffen mittels Firma Schläfli & Zbinden in die Schweiz einführen lassen und anschließend über die Waffenerwerbsscheine von H. und seiner Lebensgefährtin bezogen. Diese Angaben seien aus sichergestellten Belegen, so Bi. Auf Frage, wie sich Fr. verhalten habe, sagt Bi.: „Was ihm vorgelegt werden konnte, hat er zugegeben.“ Vorhalt: Ba., Rolf, angeblich Angestellter bei Schläfli & Zbinden, habe ebenfalls zwei Waffenerwerbsscheine zur Verfügung gestellt, damit Fr. Waffen habe beziehen können. Das sei richtig, so Bi., die Information stamme vermutlich aus vorgefundenen Scheinen. Ob Ba. wirklich Angestellter war, könne er, Bi., nicht sagen. Vorhalt: Schläfli & Zbinden hätten vier Waffen, die als Kriegsmaterial gelten, an Fr. geliefert. Ab einem bestimmten Kaliber würden Waffen als Kriegsmaterial gelten, so Bi.

Götzl fragt, ob Bi. zur Vorbereitung Unterlagen habe einsehen können. Damals, als der Fall angefangen habe, sei die Kantonspolizei noch nicht so modern gewesen, nur ganz wenige hätten Computer gehabt, sagt Bi. Die gesamten Akten seien heute eingelagert in fünf dicken Ordnern. Er habe sich die Unterlagen durchgesehen und sich einige Notizen gemacht. OStAin Greger fragt, ob Bi. Erkenntnisse habe, dass die Waffenbücher der Firma Schläfli & Zbinden nicht korrekt geführt worden wären. Die Kontrolle liege beim Kanton, so Bi., und dort würden die Bücher regelmäßig kontrolliert. Er nehme an, wenn die Firma im „Graubereich“ operiere, dann werde sie nichts ins Waffenbuch schreiben, was nachher kontrolliert werden würde. Aber das sei seine Annahme.

Auf Frage von Wohllebens Verteidiger Klemke sagt Bi., die Grenze zum Kriegsmaterial sei ab 6 mm aufwärts. Klemke sagt, man habe in den Akten ein Waffenerwerbsbuch von Schläfli & Zbinden auszugsweise in Kopie. In dem Bericht werde aber vom Kontrollbuch für Kriegsmaterial berichtet. Jeder Waffenhändler habe ein Kontrollbuch, wo er belegen müsse, was er verkauft hat, so Bi. Und das sei das Buch. Es gebe nicht mehrere Bücher. Klemke sagt, laut Bi. habe Fr. behauptet, er habe bei Schläfli & Zbinden Waffen erworben mit der Ausrede, er würde sie für einen Dritten abholen, und fragt, ob Fr. dafür Unterlagen verwendet habe. Den Waffenerwerbsschein von H. und seiner Lebensgefährtin, so Bi. Fr. habe das nur da machen können, wo er bekannt gewesen sei. Ein anderer Waffenhändler würde die Waffe gar nicht herausgegeben, Fr. sei ja nicht der Besitzer des Scheins. Fr. habe sich irgendwie einschleichen und Vertrauen bekommen können bei Schläfli & Zbinden. Aber er könne sich nicht vorstellen, dass Schläfli & Zbinden nicht gemerkt haben, was da läuft. Klemke fragt, ob es denn legal gewesen sei, die Waffe für den Besitzer des Scheins abzuholen. Das könne passieren, wenn jemand z. B. gehbehindert ist, aber man müsse eine Vollmacht haben, sagt Bi.

Klemke fragt nach den erwähnten Kauf „unter dem Ladentisch“ und Bi. spricht von einem Fall vorher, 1996 oder 1995. Fr. habe bei seinem Geständnis in Mainz zugegeben, dass er in einem Waffengeschäft im Kanton Fribourg 40 Waffen unter dem Ladentisch gekauft habe. Klemke sagt, dass dieser Waffenhändler doch auch ein Waffenbuch hätte führen müssen. Es habe zwei Kantone in der Schweiz gegeben, die ein Waffengesetz gehabt hätten, Luzern und Basel, so Bi. Andere Kantone hätten nur das eidgenössische Konkordat gehabt: „Das war, gelinde gesagt, sehr lasch.“ Man spreche ja oft vom „Selbstbedienungsladen Schweiz“ in Sachen Waffen. Er wolle das nicht beschönigen, das sei ja so gewesen. Es seien auf Waffenbörsen Waffen verkauft worden. Waffengeschäfte seien teilweise von Antiquitätenhändlern gemacht worden, die nicht der Kontrolle der Polizei unterlegen hätten. RAin Schneiders sagt, dass Bi. angegeben habe, dass Fr., bevor die Waffen nach Deutschland ausgeführt worden seien, die Waffennummer entfernt habe. Die Erkenntnisse hätten sie anhand von vorgefundenen Waffen bei der Durchsuchung erlangt, die Fr. schon vorbereitet habe, so Bi. Er verneint, dass das fachkundig gemacht worden sei; es sei „total dilettantisch“ gewesen. Wenn man es so mache wie Fr., könnten die Nummern chemisch wieder sichtbar gemacht werden. Schneiders fragt, wo Fr. die Läufe habe austauschen und Gewinde habe anbringen lassen. Bei der Firma Schläfli & Zbinden, so Bi. Auch diese Erkenntnis habe er von Mainz, das habe Bi. bei ihnen nicht zugegeben. Ob es dazu Vernehmungen von Herrn Zbinden gab, wisse er nicht, das wüssten die in Bern. Der Zeuge wird entlassen.

Dann folgt der Zeuge Franz Es., ebenfalls pensionierter Schweizer Polizeibeamter. Es. stellt zunächst die Ermittlungen dar, wie sie schon Bi. berichtet hat. Er sagt, dass die Scheine auf einen H. ausgestellt gewesen seien und deswegen habe er, Es., auch einen Bericht gemacht nach Bern, weil das Alter von H. und Fr. so unterschiedlich gewesen sei, dass der Waffenhändler ohne Weiteres hätte feststellen müssen, dass es nicht dieser Mann war, dem der Waffenschein gehörte. Bei den späteren Ermittlungen habe man von H. erfahren, dass ihm Fr. 400 Franken bezahlt habe für einen Schein. Diese Scheine habe Fr. in Deutschland kopiert und die Waffenscheine seien sehr ähnlich gewesen, und deswegen sei den Händlern das vermutlich nicht aufgefallen. Es hätten sehr viele Waffen sichergestellt werden können, aber auch sehr viel leere Kartons von Faustfeuerwaffen, da seien jeweils die Marke und die Nummer aufgeschrieben gewesen. Das hätten sie im Rapport festgehalten. Bi. habe als Erster im Kanton Luzern bei der Polizei einen eigenen Computer gehabt, bevor sie vom Staat Computer bekommen hätten. Der habe alles aufgezeichnet. Dann seien die Waffen beschlagnahmt worden. Und später hätten sie Waffen an H. aushändigen müssen, weil der Waffensammler gewesen sei. Und es seien Waffen vom Richter zur Vernichtung bzw. zum Verkauf an einen Händler festgelegt worden.

Es habe seines Wissens 1.700 [phon.] Franken gegeben für die Waffen, was ein kleiner Betrag sei und zur Deckung der Anwaltskosten von Fr. habe genutzt werden müssen. Götzl fragt, um wieviele sichergestellten Waffen es gegangen sei. Es seien mehr als 60 oder 70 gewesen, so Es., genau wisse er das nicht mehr. In Bezug auf Schläfli & Zbinden sagt Es., er habe einen Bericht gemacht nach Bern, dass die bei Schläfli & Zbinden nachsehen, ob ein gewisser Fr. dort Waffen bezogen habe. Aber er habe nie Bescheid bekommen, was da passiert ist. Götzl fragt, ob Rolf Ba. auch eine Rolle gespielt habe. Der sei seines Erachtens nie in einer Ermittlung gewesen, so Es., den habe er gekannt von den Waffenbörsen in Luzern. Da hätten sie immer die Händler kontrolliert, was sie verkaufen dürfen und was nicht. Im Kanton Luzern hätten Waffen privat verkauft werden können, aber mit einem Vertrag. Und für Faustfeuerwaffen sei immer ein Erwerbsschein notwendig gewesen. Götzl: „Haben Sie denn irgendwelche Erkenntnisse bekommen, inwiefern diese Firma Schläfli & Zbinden bei den Waffen, die bei Fr. sichergestellt wurden, eine Rolle gespielt hat?“ Das sei vermutlich gleich gelaufen wie bei den anderen Händlern, so Es., dass Fr. dort mit falschen Scheinen Waffen eingekauft habe. Götzl fragt, ob es unabhängig von dem Bericht an die Berner Kollegen Ermittlungserkenntnisse über die Rolle von Schläfli & Zbinden bei der Aushändigung von Waffen an Fr. gegeben habe. Es.: „Nein, eigentlich nicht.“

Götzl hält den Bericht vor, wo unter „Täterschaft“ von Schläfli & Zbinden und Ba. die Rede sei. Es. verneint, dass sich die Ermittlungen gegen die Firma oder Ba. gerichtet hätten. Gegen die Firma habe es keine Anzeige gegeben, Bern habe damals auch keine Waffenerwerbsscheinpflicht gehabt. Und es sei bekannt gewesen unter Waffenhändlern, dass dort Waffen hätten gekauft werden können ohne Bewilligungen. Und er habe auf einer Börse festgestellt, dass die Firma Schläfli & Zbinden Waffenteile einzeln verkauft habe. Da habe jemand einfach Faustfeuerwaffen zusammenstellen können, ohne Erwerbsschein. Seine Ermittlungen hätten sich immer gegen Fr. gerichtet, so Es. auf Frage. Der habe, während er bei ihnen in Haft gewesen sei, einmal einen Herzinfarkt vorgetäuscht. Götzl hält die Stelle im Bericht vor, in der steht, dass die fünf Waffen unter der Rubrik „Versand“ eingetragen seien. Es. sagt, das wisse er nicht. Götzl fragt, woher die Informationen über das Kontrollheft seien. Es.: „Die kamen von Bern.“ Es. verneint, für den heutigen Termin nochmal Unterlagen eingesehen zu haben. Der Zeuge wird entlassen. Es folgt die Mittagspause bis 13:22 Uhr.

Danach wird der Zeuge Michael Probst gehört. Götzl sagt, es gehe darum, ob Probst Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe kenne, um die Organisation B&H, Bezüge zu Sachsen, Probst solle berichten. Probst: „Also, ich soll jetzt als Zeuge von mir aus erzählen, also soll ich jetzt erzählen, wie ich geboren worden bin oder wie?“ Götzl reagiert ungehalten und sagt, ihn interessiere, ob Probst Erkenntnisse habe zu den Themen. Probst: „Und ich wünsche mir präzise Fragen.“ Götzl erwidert, es sei in der StPO so geregelt, dass der Zeuge zu einem bestimmten Thema zusammenhängend berichte. Probst: „Das ist schwierig.“ Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe habe er nicht gekannt und er habe nie Kontakt gehabt. Er habe nur zu „sekundär Prozessbeteiligten“ Kontakt gehabt, die seien hier teilweise als Zeugen aufgetreten oder würden noch als Zeugen kommen. Götzl solle ihm auf die Sprünge helfen, er sei das nicht gewöhnt. Götzl fragt, welche Zeugen Probst meine und inwiefern da ein Bezug zu dem sei, worum es hier geht. Probst sagt, z. B. sei seine ehemalige Frau hier vorgeladen worden und ein ehemaliger Angestellter von ihm sei demnächst hier. Der habe ziemlich viel Geld vom Staat kassiert. Und zu seinem Verhältnis zu B&H wolle er sagen, dass er der Sache nicht getraut habe, weil er der Meinung gewesen sei, eine Truppe, die sich auf so dünnem Eis bewege, könne nur staatlich kontrolliert sein, habe den Charakter eines „indoktrinierten Haufens“. Mehr wolle er dazu nicht sagen denn er müsse es tunlichst unterlassen zu seiner ehemaligen Frau, Mutter seiner Kinder, ein belastendes Moment zu bringen. So sei ihm das gesagt worden.

Auf Frage nach dem ehemaligen Angestellten nennt Probst den Namen . Der habe sehr „von außen geleitet“ gewirkt, habe niemanden in die Augen gucken können und habe dadurch ein gewisses Misstrauen hervorgerufen. Irgendwann sei der enttarnt worden: „Da hat das Ding einen Namen bekommen.“ Zum Zeitpunkt seiner Enttarnung durch irgendeinen Spiegel-Redakteur sei der nicht mehr bei ihm angestellt gewesen, sei kurz vorher entlassen worden. Auf Frage, wie lang der bei ihm gearbeitet habe, sagt der Zeuge, es sei weniger als ein Jahr gewesen, um die Jahrtausendwende. Er, Probst, habe damals eine Firma gehabt, die sich mit Musik und Bekleidung beschäftigt habe. Sie hätten bestimmte Markentextilien importiert, die von den „einschlägigen“ Jugendlichen“ getragen worden seien. Szczepanski habe eigentlich in Brandenburg einen Markt schaffen sollen. Der sei bekannt gewesen. Er, Probst, habe gedacht, der werde schon ein bisschen Kundschaft „eruieren“. Das Arbeitsamt habe Szczepanski auch gefördert. Götzl fragt, was mit „einschlägigen Jugendlichen“ gemeint sei. Jugendliche, die sich in der Richtung bewegt hätten, so Probst, auf der „patriotischen Schiene“, Fußballanhänger, Punks usw. Götzl: „Und so weiter?“ Probst sagt, normale Leute würden auch solche Klamotten tragen, es seien ja sportliche Klamotten gewesen. Heute habe sich das mehr etabliert, damals seien sie nicht ganz so verbreitet gewesen: „Soll ich Markennamen sagen?“ Probst nennt u.a. Lonsdale, Fred Perry, Ben Sherman, Alpha Industries, auch Adidas, Umbro, Doc Martens.

Götzl fragt, warum Szczepanski aufgehört habe. Der habe gemerkt, so Probst, dass er ihm misstraut habe, habe einen Rest Ware behalten und sich nie wieder gemeldet. Er habe Szczepanski die Kündigung überstellen lassen, aber da der in einem Zeugenschutzprogramm verschwunden gewesen sei, habe er ihn nie wieder gesehen. Er habe versucht, die Ware wiederzubekommen, aber es habe geheißen, beim Zeugenschutzprogramm sei das Geld weg. Götzl fragt, warum Probst Szczepanski misstraut habe. Wenn jemand etwas verberge, so Probst, dann könne er einem nicht in die Augen gucken. Das sei bei dem von Tag zu Tag schlimmer geworden. Er habe immer gedacht, der habe Geld unterschlagen. Er habe dem misstraut, weil er so aufgetreten sei, als hätte er ein Geheimnis. Mit seiner Frau sei er 1994 bis 2007 verheiratet gewesen, so Probst auf Frage, kennengelernt habe er sie 1993. Götzl: „Außer Ihrer Frau und Szczepanski, haben Sie noch weitere Personen im Auge gehabt?“ Im näheren Umfeld in Chemnitz sei noch gewesen. Da habe sich herausgestellt, dass der schon 20 Jahre bezahlt werde, schon zur DDR-Zeit. Das sei auch ein Mensch, der so gewirkt habe, dass man ihm nicht trauen solle.

Götzl fragt nach weiteren Personen. Ein ehemaliger Klassenkamerad seiner Frau sei der Werner gewesen, so Probst, den habe er gut gekannt. Und es gebe viele Leute, deren Namen er jetzt nicht mehr herbeten könne. Götzl fragt, inwiefern jetzt hier ein Bezug zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe oder zu B&H bestehe. Jemand habe ihn vernommen zu dem Thema, sagt Probst, das sei ein eigenartiges Gespräch gewesen, von Arroganz geprägt, und die hätten ihm nicht abgekauft, dass er diese Leute nicht gekannt habe, Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe. Und die hätten ihm Bücher hingelegt mit Fotos und da habe er auf Anhieb fünf Leute erkannt, die bezahlt worden seien vom Staat für Spitzeldienste. Probst spricht davon, dass das Leute gewesen seien, die mehr als Informationen verteilt hätten. Und er habe sich damals gedacht, dass er da nichts mit zu tun haben wolle. Das seien „Aktivkader“ dieser Bewegung gewesen. Götzl: „Was meinen Sie damit?“ Er meine Leute, die nicht beobachten und berichten, sondern handeln und darüber berichten, so Probst. Das klinge wie eine Verschwörungstheorie, aber das sei sein Eindruck gewesen. Es sei natürlich reine Gefühlssache gewesen. Götzl fragt, wen genau Probst mit „Aktivkader“ meine. Der „rührigste Posten“ aus seinem Umfeld sei dieser Starke gewesen, so Probst: „Wo der nicht war, war nichts los.“ Götzl fragt, was der gemacht habe. Probst: „Was er im Detail gemacht hat, weiß ich nicht.“

Das sei auf Gegenseitigkeit gewesen, dass sie sich nicht alles erzählt hätten. Er, Probst, habe sich damals sehr um die Musik gekümmert, das sei sein Steckenpferd gewesen. Bis er das dann halt nicht mehr gemacht habe, weil er keine Lust mehr gehabt habe. Politische Themen und so, sei alles nicht so sein Ding gewesen. Und er habe das Gefühl gehabt, dass der völlig „ferngesteuert“ gewesen sei, eine „Leitung am Kopf“ habe und eigenartige Dinge tue. Das habe sich ihm nicht erschlossen. Genauso sei es bei Szczepanski gewesen, als würde der nicht aus freien Stücken etwas machen, sondern als müsse er jeden zweiten Tag eine Sache planen. Götzl fragt, was Probst in Bezug auf Starke mit „eigenartigen Dingen“ meine. Die seien jede Woche zu irgendeinem Konzert gefahren, deutschlandweit, international, so Probst. Das seien so Konzerte gewesen, „patriotische Musik“ oder „rechte Musik“ oder wie man es nennen wolle, „einschlägige Musik“, so Probst auf Frage. Götzl fragt, ob Probst Sonstiges zu Starke sagen wolle. Diese politische Einstellung, die sei ihm suspekt gewesen, sagt Probst, das sei weit über das „Patriotische“, was ihm am Herzen gelegen habe, hinausgegangen. Götzl: „Inwiefern?“ Probst. spricht von Demonstrationen oder solchen „Stärkebekundungen, indem man irgendwo zusammen posiert“, dass sich da fünf Mann zusammenstellen, alle mit schwarzer Jacke. Das sei „Poserei“ und sei ihm suspekt gewesen. Die hätten sich da permanent ablichten lassen „mit irgendeinem Aufnäher drauf, was weiß ich“.

Götzl fragt, welche Demonstrationen Probst meine. Probst sagt, er habe sich da ferngehalten, die seien bundesweit durch die Gegend gefahren. Im Detail wisse er das nicht mehr, das habe ihn auch nicht so sehr interessiert. Götzl fragt, was Probst noch suspekt gewesen sei. Das habe ihm eigentlich schon gereicht, so Probst. Er habe nur „sanft drauf hinweisen“ wollen, dass er damals schon den Verdacht gehabt habe, dass sich Spitzel in örtliche Gruppen schleichen, die Führungsrolle übernehmen und Leute radikalisieren. Das habe er zum Ausdruck gebracht und deswegen sei er auch zur Seite geschoben worden. Götzl fragt, wem gegenüber er das zum Ausdruck gebracht habe. Manchmal nur am Kneipentisch, z. B. gegenüber Werner und Starke, so Probst. Götzl möchte wissen, wie Starke darauf reagiert habe. Probst: „Mir konnte er das Wasser nicht reichen, also hat er gelacht, als wäre ich paranoid.“ Das habe er dann auch gedacht, bis dann der erste enttarnt worden sei und er gesagt habe, das ist der Beweis.

Götzl fragt, ob an Probst mal jemand herangetreten sei. Probst bejaht das. Der habe sich nicht vorgestellt und ein „hübsches Sümmchen“ geboten. Er habe gesagt: „Häng‘ zwei Nullen dran.“ Das sei Spaß gewesen. Auf Frage, in welcher Situation das gewesen sei, sagt Probst, dass er kurz zuvor eine juristische Auseinandersetzung wegen eines „von mir produzierten Gegenstands“ gehabt habe: „Verwendung von, 86a halt.“ [Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen] Und kurz danach hätten sie sich gemeldet, dass man das alles aus dem Weg räumen könne. Das sei so der typische Schlapphutmann gewesen, wie man es aus Agentenfilmen kenne. Auf Frage sagt Probst, der habe ab und zu eine Information zu diesem Spektrum der Bewegung haben wollen, das sei so 2000 gewesen, tippe er. Götzl fragt, was Probst damit meine, wenn er sage, er habe den Eindruck gehabt, als würde Szczepanski nicht aus freien Stücken handeln. Probst sagt, er habe Szczepanski kennengelernt, da hätten sie den in der JVA Brandenburg besucht. Sie hätten gesagt, dass sie ihm helfen würden, wenn er raus kommt. Und Szczepanski sei relativ schnell draußen gewesen, was er, Probst, schon sehr komisch gefunden habe, für die lange Zeit die der hätte sitzen müssen. Und Szczepanski sei schnell umtriebig geworden in Situationen, die er, Probst, als politischen Selbstmord bezeichnen würde. Auf Nachfrage nennt Probst „sinnlose Plakatieraktionen“, so „sinnloses Zeug“: „Wie soll ich das erklären?“ Der habe soviel geredet, der sei praktisch abends herumgefahren und habe eine neue Ortsgruppe von einer Partei gründen wollen. Er, Probst, habe das abgetan als „Haftmeise“. Das habe sich dann auch gelegt und er habe gedacht: „Jetzt ist alles gut.“

Auf Frage, weswegen Szczepanski eingesessen habe, spricht Probst von einer Körperverletzung vor einer Diskothek: „Und da der Geschädigte entweder Ausländer oder Migrant oder was auch immer war, deswegen wurde das nicht als Kneipenschlägerei abgetan, sondern als politisch motiviert.“ Szczepanski habe acht Jahre bekommen und es so dargestellt, dass er unschuldig sei: „Heute denke ich anders, aber damals habe ich ihm das geglaubt.“ Deswegen habe er Szczepanski supportet, indem er ihn nach der Entlassung eingestellt habe. Götzl fragt nach dem Vorwurf gegen Szczepanski. Das sei eine Kneipenschlägerei mit Kumpels gewesen, wie Szczepanski gesagt habe, so Probst. Götzl fragt nach den Verletzungen. Schwere Verletzungen höchstwahrscheinlich, so Probst, weil es sonst keine acht Jahre gegeben hätte. Götzl fragt nach Probsts Angabe, dass Szczepanski schnell draußen gewesen sei. Seiner Ansicht nach seien es nicht einmal zweieinhalb Jahre gewesen, so Probst, aber er habe nicht Buch geführt. Götzl fragt nach . Werner sei der Klassenkamerad von seiner Frau, so Probst, als solchen habe er den kennengelernt, die hätten 100 Meter entfernt gewohnt. Dadurch habe man nachbarschaftliche Kontakte gehabt. Der habe auf sein Kind mal aufgepasst, und die Mutter von ihm. Er habe Werner als netten Nachbarn kennengelernt. Er habe den annähernd täglich gesehen in der Zeit von 1993 bis 1995/ 96, so Probst auf Frage: „Danach sind wir aufs Dorf gezogen, da hat man sich einmal in 14 Tagen gesehen, zum Bierchen oder so.“

Götzl sagt, Probst habe gesagt, er habe nie Kontakt zu Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe gehabt: „Ist das richtig?“ Probst: „Ja.“ Götzl fragt, ob Probst in der Vergangenheit die Namen gekannt habe. Probst: „Nein.“ Götzl: „Haben Sie von ihnen in der Vergangenheit etwas gehört?“ Probst sagt, das habe er schon mit den Vernehmungsbeamten durchgekaut, das Szenario ein bisschen hergeleitet. Manchmal sehe man jemanden und nehme sie nicht wahr. Wenn es so wäre, dann habe er die nicht wahrgenommen. Er habe aber mit so martialisch auftretenden Typen nicht so den Draht gehabt. Er habe da Bilder im Netz gesehen. Götzl fragt, welche Personen Probst mit „martialisch“ meine. Da gebe es so einen Trupp, THS, die hätten komisch ausgesehen, so Probst. Götzl: „Was können Sie zum Begriff THS sagen?“ Damals habe er den Begriff gar nicht wahrgenommen, sagt Probst, im Nachhinein habe er gelesen, habe sich auch eine Dokumentation angeschaut von Briten, die die interviewt hätten. Und das habe ihn ein bisschen erschreckt. Götzl sagt, ihn interessiere, was Probst aus eigener Kenntnis wisse. Probst: „Eigentlich gar nichts.“ Götzl fragt, ob Probst der Begriff THS damals mal untergekommen sei. Es habe damals hunderte kleine Verbände gegeben, so Probst, jede Stadt habe ihre „eigenen Sturmtruppen“ gehabt, da behalte man sich sowas nicht.

Götzl fragt, ob Probst Tino Brandt gekannt habe. Flüchtig, so Probst, sie hätten sich mal bei einer Musikveranstaltung getroffen: „Das war einer der Ferngesteuerten.“ Ein Typ, der kennt dich nicht, erzähle dir das „Märchen vom großen Weltumsturz“, von der „weißen, arischen Sache“ und „so eine Scheiße“. Der habe versucht, ihn in ein politisches Gespräch zu verwickeln, ihn zu indoktrinieren. Das sei eine flüchtige Begegnung gewesen und er habe mit so einem nichts zu tun haben wollen: „Wenn ein Mensch unaufrichtig ist und versucht, dir eine Meinung aufzubügeln.“ Götzl fragt, welche Meinung. Er habe schon nicht mehr hingehört, wenn der den Mund aufgemacht habe, so Probst. Der sei ihm halt suspekt gewesen. Götzl: „Ja, was steht dahinter, welche Informationen? Ich erfahre das leider nicht. Was hat er denn inhaltlich gesagt?“ An den Wortlaut könne er sich nicht erinnern, so Probst, und er trinke auch Bier. Der habe so ein kleines bisschen von einer „Säuberung“ gesprochen, wie man der „weißen Rasse“ oder der „weißen Art“ einen Vortrieb geben, einen Vorteil verschaffen könne, „sich um die Reinheit der eigenen Art bemühen und solchen Kauderwelsch“. Götzl fragt, ob Brandt den Begriff „Säuberung“ verwendet habe. Probst sagt, es könne sein, dass Brandt den nicht verwendet habe, vielleicht „Reinerhaltung“. Diese Begriffsfloskeln seien ihm, Probst, ins eine Ohr rein und aus dem anderen raus gegangen. Götzl fragt, auf welche Personen sich das mit „Säuberung“, „Reinhaltung“ bezogen habe. Probst: „Ja, natürlich auf diese eingeborenen Thüringer.“

Götzl fragt, gegen wen sich das gerichtet habe. Probst sagt, er nehme schon an, dass Brandt ein Feindbild gehabt habe, aber er habe so weit eigentlich nicht zugehört. Götzl fragt, welches Feindbild Probst meine. Probst: „Soweit sind wir nicht gekommen.“ Götzl: „Wie kommen Sie dann zu der Aussage?“ Probst: „Gut gefragt.“ In der „allgemeinen Redensart“ dieser Szene seien zehn Worte dagegen und eines dafür gegangen. Es sei eine „Gegen-Bewegung“ gewesen: „Gegen Staat, Justiz, Ausländer, Inländer, Straßenbahnfahrer, gegen alles.“ Da habe er nicht mehr zugehört. Götzl fragt, ob Probst in den 90ern mal Informationen bekommen habe, dass Leute geflüchtet sind. Natürlich, so Probst, er habe immer die Freie Presse abonniert gehabt in Chemnitz und da sei das Titelaufmacher gewesen, dass Leute, aus Erfurt glaube er, abgehauen seien und sich im Untergrund bewegt hätten. Götzl fragt zur Identität der Leute. Das habe in der Zeitung gestanden, so Probst. Götzl: „Um welche Leute ging es.“ Probst: „Spinner halt, damals.“ Heute wisse er ja, um wen es da ging. Damals seien es für ihn Spinner gewesen, so Bombenbastler. Götzl fragt nach Namen und Probst sagt, das sei für ihn zu keinem Zeitpunkt interessant gewesen. Irgendwie hätten die mit Sprengstoff experimentiert und es sei eine Garage in die Luft geflogen, sowas in der Art.

Auf Frage nach einer zeitlichen Einordnung, spricht Probst von 1995/ 96/ 97, sowas. Götzl fragt, ob Probst Informationen außerhalb der Medien gehabt habe. Es sei getratscht worden, am Kneipentisch, so Probst, aber das sei nichts Präzises gewesen, er habe dem keine Bedeutung beigemessen. Welche Personen getratscht hätten, wisse er nicht mehr. Götzl: „Wieviele Personen waren es denn, um die es da ging?“ Er habe das natürlich jetzt gelesen, so Probst, damals habe er es wahrscheinlich als zwei wahrgenommen, die abgehauen seien. Jetzt wisse er, dass es drei gewesen sind, damals habe er das nicht wahrgenommen. Götzl fragt, ob Männer oder Frauen. Probst: „Zwei Typen.“ Dann sei getratscht worden und jeder habe irgendein anderes Märchen erzählt, aber das habe ihn nicht so interessiert. Auf Nachfrage spricht Probst davon, dass der eine gesagt habe, die hätten etwas weggesprengt [phon.], der andere, dass die eine Straßenbahn umgestoßen hätten. Was er jetzt gelesen habe, dass die in der unmittelbaren Umgebung waren, das sei an ihm komplett vorbeigegangen. Götzl fragt nach Spendenaktionen. Es habe sowas gegeben, antwortet Probst, aber er habe zu solchen politischen Spinnern eine ziemlich deutliche Meinung gehabt und deswegen seien solche Dinge nicht an ihn herangetragen worden. Es habe so Spendenaktionen gegeben, aber er könne das nicht mehr präzisieren. Es habe Rundbriefe gegeben, dass man für Leute spenden solle, die auf der Flucht seien: „Ich würde mich jetzt eher ans Layout erinnern als an den Inhalt.“

Götzl fragt zu den Rundbriefen. Er selber sei des öfteren auf Konzerte gefahren, sagt Probst, und da habe sowas ausgelegen, das stecke man sich ein oder schreibe es sich auf. Das sei „graue Erinnerung“. Er vermische das jetzt mit dem, was er sich angelesen habe, was vielleicht auch nicht so günstig sei fürs Verfahren. Götzl fragt, welche Personen Probst mit Spenden verbinde. Probst spricht von einer komischen Art Konspirativität. Manche hätten für Spenden geworben für jemanden, der nicht gerechtfertigt im Knast sitze. Das habe er mal unterstützt. Aber in dem Fall sei das richtig konspirativ geworden. Götzl: „Wissen Sie etwas dazu, ob Spenden letztlich erbracht wurden.“ Probst verneint das, er glaube da auch nicht dran. Wenn jemand konspirativ einen Zettel hinhaue, spendet für so eine Sache, dann sei da keiner so dämlich und mache da was. Habe er damals gedacht. Er verneint, Namen in dem Zusammenhang nennen zu können. Götzl hält vor, dass Probst beim BKA laut Protokoll angegeben habe, dass er nicht gewusst habe, dass Starke in Kontakt gestanden habe zum Trio, er aber davon gewusst habe, dass Starke in Spendenaktionen für die Drei verwickelt gewesen sei. Probst: „Das habe ich denen damals so gesagt.“ Götzl: „Ja, stimmt das?“ Probst sagt, das sei eine hochsuggestive Vernehmung gewesen und „gewisses Zeug“ hätten die einfach hören wollen: „Die stehen unter extremen Erfolgsdruck, die Ermittler, und erzählen was, und man sagt: Ja das könnte sein.“ Und die würden das niederschreiben als Aussage, die „tausendprozentig“ so stehe. Das müsse aber nicht sein.

Er habe das jedenfalls zu dem Zeitpunkt damit verknüpft, bei der Vernehmung. Götzl: „Aufgrund welcher Umstände?“ Probst spricht davon, wenn fünf Mann am Tisch sitzen würden, dann da so Flyer auftauchen würden, wo er [vermutlich Starke]dann dazu komme, da könne man das ja so denken. Götzl fragt, ob Probst sonstige Informationen erhalten habe, was diese flüchtigen Personen anbelangt. Probst: „Ich war mit Antje Bö. verheiratet und alles was ich jetzt sagen würde, könnte meine Frau irgendwo belasten, kann ich nicht machen, tut mir leid.“ Er lese ja, was da so vorgeworfen werde, könne seine Meinung dazu aber nicht kundtun. Götzl fragt, ob gegen Probsts Frau ein Verfahren bestehe. Probst sagt, er müsse ja nicht dafür sorgen, dass es dazu kommt. Götzl belehrt den Zeugen nach § 55 StPO und weist auf eine mögliche Verjährung hin. Probst sagt, dass das doch im Umkehrschluss bedeute, dass es okay wäre, wenn er die „Negation der Negation“ sage. Wenn er durch die Wahrheit seine Frau belasten könne, müsse er lügen. Götzl erwidert, dass Probst immer die Wahrheit sagen müsse, aber ggf. die Aussage verweigern könne. Er sage ja die Wahrheit, so Probst, und er wolle darüber nicht reden. Er habe im Internet da was gelesen, das gefalle ihm nicht. Er wolle sich nicht äußern zu dem, was seine Frau betrifft. Götzl legt eine Pause ein.

Um 14:40 Uhr geht es weiter. Götzl sagt, man habe entschieden, Probst im Hinblick auf seine letzte Äußerung einen Zeugenbeistand beizuordnen. Probst: „Was ist das?“ Götzl erläutert, was ein Zeugenbeistand ist. Probst: „Das haben Sie jetzt so entschieden?“ Götzl bejaht. Probst sagt, er habe ja „keine Lobby hier“. Auf Frage von Probst erläutert Götzl, dass das Gericht die Kosten für den Beistand übernimmt. Götzl sagt, dass sich Probst den Beistand selber auswählen und sich dann mit dem RA am 16. Dezember wieder einfinden solle. Probst fragt, ob das ein Problem sei, für dieses exponierte Verfahren hier einen RA zu finden. Götzl: „Ich glaube nicht.“ Es folgt eine kurze Debatte um die aus der NK gestellte Frage, ob man den Zeugen zu Carsten Szczepanski befragen könne, der für morgen geladen sei. Dann folgt eine Unterbrechung bis 14:52 Uhr.

Danach verliest OStA Weingarten eine Stellungnahme zu Beweisanträgen Klemkes. Der Einvernahme eines Richters am BGH trete der GBA nicht entgegen. Zum Antrag, die Schweizer Behörden zu ersuchen, erneut zu vernehmen, sagt Weingarten, dieser sei abzulehnen. Es handele sich um eine Beweisanregung. Die Aufklärungspflicht des Gerichts gebiete das nicht. Der Zeuge Müller habe die Äußerungen ggü. Ünlücay gemacht, nachdem er eben erst unter Belehrung befragt worden sei und dabei habe er keinerlei Wissen über die Umstände der Lieferung einer Ceska nach Deutschland offenbat. Auch vorher habe er solche Angaben nicht gemacht. Diese Äußerungen seien durch RA Ünlücay bereits in die Hauptverhandlung eingeführt worden und deshalb seien auch die Zeugen I. und Sch. vernommen worden. Der Zeuge Müller habe ggü. RA Ünlücay mitgeteilt, er würde bei einer erneuten Einvernahme in der Schweiz die selben Angaben machen wie bisher. Dafür spreche auch das Verhalten Müllers. Nachdem er erklärt habe, unter bestimmten Bedingungen vor dem Senat als Zeuge auszusagen, habe er in einem Telefonat angekündigt, weder bei den Schweizer Behörden noch vor dem Senat Angaben machen zu wollen. Müller sei der Ladung nach München nicht gefolgt. Es sei daher nicht zu erwarten, dass er gegenüber den Schweizer Behörden im Sinne der Äußerungen ggü. Ünlücay bekunden würde. Der Verhandlungstag endet um 15 Uhr.

Das Blog NSU-Nebenklage kommentiert: „Wie bereits berichtet, handelt es sich um ziemlich verzweifelte Versuche der Verteidigung, den Weg der Ceska in Frage zu ziehen – heute kam noch hinzu, dass die beiden Beamten gar nicht direkt mit dem Waffengeschäft zu tun hatten. […] Am Nachmittag sagte Michael P. aus. Er hatte zusammen mit Antje P. den Naziladen ‚Sonnentanz‘ betrieben, in dem der V-Mann Carsten Szczepanski schon während seiner Haftzeit im offenen Vollzug begann zu arbeiten. Er war mit seiner Frau ebenfalls bei Blood & Honour organisiert. […] Vergraben in diesen Märchen teilte Probst aber durchaus auch Eindrücke von der Szene mit, die der Wahrheit näher kommen dürften als vieles, was Szene-Zeugen bisher berichtet haben: So beschrieb er etwa die ihm bekannten V-Männer als ‚Aktiv-Kader‘, als ‚Leute, nicht die nicht nur berichten, sondern Leute, die etwas tun und dann darüber berichten.‘ So etwa Thomas Starke: ‚wo der nicht war, war nichts los‘ – was wohl auch für die Unterstützung von Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos in der ersten Zeit gelten dürfte. Auch die Beschreibung des Auftretens des ‚Thüringer Heimatschutzes‘ als ‚martialisch‘ und ‚erschreckend‘ dürften viele BeobachterInnen des Prozesses teilen.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2014/12/02/02-12-2014/

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