Protokoll 179. Verhandlungstag – 28. Januar 2015

0

Am heutigen Prozesstag sagen weitere Betroffene des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße 2004 aus. Als weiterer Zeuge ist ein Arbeitskollege von Carsten Schultze geladen, der zu dessen beruflicher Entwicklung und insbesondere zur Zeit nach der Selbstaufdeckung des NSU aussagt, da Schultze sich ihm nach und nach offenbarte, was seine Beteiligung und die Waffenlieferung betrifft. Der Kollege riet ihm unter Anderem dazu, einen Anwalt einzuschalten.

Zeug_innen:

  • [AC] (Geschädigte des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße)
  • [AD] (Geschädigter des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße)
  • [AE] (Geschädigte des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße)
  • Marco G. (Ehem. Kollege des Angeklagten Carsten Schultze)

[Hinweis: Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes verzichten wir auf die namentliche Nennung der Betroffenen des Anschlags in der Kölner Keupstraße. Die Angaben der Zeug_innen zu ihren körperlichen Verletzungen, psychischen Folgen und Behandlungen geben wir hier in einem zusammenfassenden Text wieder.]

Der Verhandlungstag beginnt um 9:51 Uhr. Als Besucher sind heute der Neonazi sowie ein weiterer Neonazi anwesend. Erste Zeugin ist [AC]. Sie nimmt mit ihrem RA Tikbas und dem Dolmetscher am Zeugentisch Platz. [Wir geben hier die Angaben von [AC] wieder, wie sie vom Dolmetscher aus dem Türkischen ins Deutsche übersetzt wurden.] Götzl sagt, es gehe um die Ereignisse am 09.06.2004. [AC] berichtet: „An dem Tag, es war ein Mittwoch, die Kinder waren draußen, mein Sohn war in der Schule. Meine Tochter war gerade bei jenem Frisör, um sich die Haare machen zu lassen. Das Zimmer, in dem ich mich befand, war in Richtung der Straße. Weil es Sommer war, waren die Fenster geöffnet. Als die Bombe knallte, kam es mir vor, als ob das Haus zerstört worden wäre, als ob es ein Erdbeben gewesen wäre, so dass das Haus gewackelt hat. Eine Weile geriet ich in Schock, so dass ich nichts unternehmen konnte. Gerade zu dem Zeitpunkt kam immer mein Sohn nach Hause. Ich näherte mich ein wenig dem Fenster, die Straße war stockdunkel vom Rauch. Es wurde geschrien. Ich dachte an meine Kinder, habe gleich das Telefon an mich genommen. Beim ersten Mal konnte ich sie nicht erreichen. Beim zweiten Mal konnte ich meinen Sohn erreichen. Ich sagte ihm, seine ältere Schwester ist beim Frisör: Gehe hin und schaue nach und benachrichtige mich. Er ging schnell hin, rief mich an, ich habe meine Schwester gefunden, uns war nichts passiert.

Danach kamen die Polizeibeamten, sie haben unsere Aussagen entgegengenommen. Sie haben uns gefragt: Ist Ihnen etwas passiert? Danach, weiß nicht, wieviel Uhr es war am Abend, erneut kamen die Polizeibeamten. Es hieß: Sie müssen aus dem Haus raus, es gibt eine Benachrichtigung, wonach eine zweite Bombe explodieren könnte.“ Sie seien dann zu ihren Verwandten gefahren, so [AC]. In der Nacht habe die Polizei angerufen und gesagt, dass sie zurückkommen könnten in ihre Wohnung. Sie verneint, verletzt worden zu sein. Sie nennt auf Frage die Namen von Sohn und Tochter [hier: [AD] und [AE]. Auf Frage nennt sie die Hausnummer, die Wohnung sei im ersten Stock gewesen. Götzl: „Nochmal zu dem Anruf: Sie hätten telefoniert, ihren Sohn erreicht und ihm sagen können, dass die ältere Schwester beim Frisör ist.“ [AC] sagt, ihr Sohn habe ihr gesagt, dass er ihre Tochter beim Juweliergeschäft gefunden habe. Auf Frage sagt sie, dass die Tochter zu dem Frisör gewollt habe, vor dessen Tür die Detonation war. Das Juweliergeschäft sei unter ihnen, so [AC]. Ihr Sohn habe sie angerufen, gesagt, dass es ihnen beiden gut gehe, sie müssten aber noch eine Weile hier warten, die Polizeibeamten würden kommen. Götzl: „Wie viel Zeit ist vergangen, bis sie kamen?“ [AC]: „Nicht soviel. 15, 20 Minuten vielleicht.“ Ihr Sohn und ihre Tochter hätten damals mit ihr zusammen gewohnt, so die Zeugin auf Frage. [AC]: „Das Juweliergeschäft befindet sich nicht direkt unter uns, aber daneben.“ Direkt unter ihnen sei ein Café. Sie verneint, dass ihr Sohn oder ihre Tochter verletzt worden seien.

Götzl: „Sind in der Wohnung Beschädigungen entstanden?“ [AC]: „Innerhalb gab es keine Beschädigungen. Aber draußen gab es Nägelspuren. Die Fensterscheiben des Cafés unter uns waren alle zerbrochen, heruntergefallen.“ Götzl fragt, wieviel Zeit seit der Explosion vergangen sei, bis sie ihren Sohn telefonisch erreicht habe. [AC]: „Seit der Explosion vielleicht fünf bis zehn Minuten.“ Götzl: „Sagte Ihnen Ihr Sohn am Telefon, wo er sich aufhält?“ [AC]: „Ich habe ihn gefragt: Geht es Euch gut? Mir geht es gut, sagte er. Ich fragte ihn nicht danach, wo er sich befindet.“

Götzl fragt, wie es [AC] nach dem 09.06. weitergegangen sei. [AC]: „Tagelang, monatelang, jahrelang, kann ich Ihnen sagen, konnte ich mich von der Wirkung von diesem Vorfall nicht befreien.“ [AC] schildert Ängste und Beschwerden. Sie verneint, in therapeutischer Behandlung gewesen zu sein, denn sie habe gedacht, sie müsse immer an diesen Vorfall denken, an diesen Moment: „Momentan kommt es mir vor, als ob ich diesen Moment erleiden würde.“ Auf Frage sagt [AC], der Zugang zu ihrer Wohnung sei hinten. Götzl fragt, ob [AC] im Nachhinein erfahren habe, wo sich ihr Sohn aufgehalten hat. [AC]: „Er war dabei, von der Schule zu kommen, er ist durch die Schanzenstraße gekommen. Er war gerade dabei, von der Schanzenstraße in die Keupstraße einzubiegen.“ Götzl fragt, wann ihr Sohn das erzählt habe. [AC]: „An dem Abend aufgrund der Aufregung konnten wir über nichts reden. Mit der Zeit in den drauffolgenden Tagen, immer wenn wir miteinander sprachen, immer hat er das erzählt.“ [AC] bejaht, dass ihr Sohn mit dem Auto unterwegs gewesen sei. Götzl fragt, ob dieses Fahrzeug irgendwie beschädigt worden sei, was [AC] verneint. Sie könne sich nicht erinnern, was das für ein Fahrzeug damals gewesen sei, so [AC] auf Frage.

Um 10:23 Uhr folgt der Zeuge [AD], Sohn von [AC]. RA Tikbas nimmt am Zeugentisch neben [AD] Platz. [AD] berichtet: „An dem Tag war ich unterwegs nach Hause. War auf der Schanzenstraße, Ecke Keupstraße.“ [AD] weiter: „Und dann gab es eben den Knall und es sind Sachen weggeflogen, es gab ziemlich viel Rauch. Dann war ich erstmal in Schock, hatte weiche Knie, wusste nicht, was ich tun soll.“ Er sei im Wagen gewesen, habe links in die Keupstraße abbiegen wollen. Er habe gesehen, dass Leute raus gelaufen sind voll Panik, und sei dann in die Genovevastraße. Hinter ihrem Haus sei ein Parkplatz, da komme man über die Genovevastraße rein: „Da hat mich schon meine Mutter panisch angerufen, ob es mir gut geht: Ich sagte, es geht mir gut. Sie sagte, meine Schwester ist im Frisörladen und, dass ich sie suchen soll.“ Kurz darauf habe er seine Schwester gesehen mit ihrer Freundin: „Ihr ging es gut zum Glück.“ Er sei dann mit seiner Schwester hoch zur Mutter, man habe sie beruhigt, denn sie habe panische Angst gehabt.

Götzl fragt, mit welchem Fahrzeug [AD] unterwegs gewesen sei. Er wisse es, ehrlich gesagt, nicht mehr, antwortet [AD], er glaube, dass es ein Opel Kadett gewesen sei. Götzl fragt nach dem genauen Standort zum Zeitpunkt des Knalls. [AD]: „Genau an der Ecke, ich wollte abbiegen und war unter der Ampel.“ Da sei eine Ampel in die Keupstraße. Götzl: „Und Sie standen an der Ampel?“ [AD]: „Ja, fünf Meter davor irgendwie. Ich weiß nicht, ob ich stand, ich weiß nicht, ob die Ampel grün oder rot war.“ Er sei auf dem Weg dorthin gewesen. Götzl sagt, RA Tikbas habe in einem Schreiben formuliert, dass sich [AD] zum Zeitpunkt des Anschlags im Bereich der Keupstraße 29 befand, im Wirkungsbereich der Explosion. Das sei ja da, sagt [AD]. In einem zweiten [phon.] Schriftsatz stehe, hält Götzl vor: An den genauen Standort kann sich der Mandant nach so langer Zeit nicht erinnern.

[AD] sagt, wo genau er sich auf der Schanzenstraße befunden habe, wisse er nicht, kurz vor der Ampel. Er wisse nicht, ob er stand oder am Fahren war. Er habe abbiegen wollen, wie er es eben gesagt habe. Götzl sagt, in der Akte heiße es, dass die Schwester von [AD] angegeben habe, dass [AD] mit dem Auto weg gewesen sei, er sei einkaufen gewesen. [AD] bejaht das, er sei auf dem Rückweg gewesen, eigentlich von der Berufsschule. Götzl hält vor, dass die Schwester angegeben habe, sie habe ihn angerufen und ihm erzählt, dass es eine Explosion gegeben hat. [AD] verneint das. Seine Mutter habe ihn angerufen. Er bejaht, RA Tikbas geschildert zu haben, wo er sich aufgehalten hat, auf der Schanzenstraße, aber er habe nicht genau gewusst, wo. Götzl fragt, was [AD] von der Explosion alles mitbekommen habe, ob er den Knall gehört habe. [AD]: „Ja ,und Teile flogen umher. Dann war sowieso alles voller Rauch konnte man nichts mehr sehen. Dann bin ich rechtsrum gefahren. Und als ich in die Keupstraße rein bin, war immer noch alles voller Rauch, und Leute liefen umher.“

Götzl möchte wissen, was für Teile herumgeflogen seien. [AD]: „Im Endeffekt nachher die Nägel eben und Glassplitter. Ich habe nur gesehen, dass da irgendwas aus der Keupstraße raus flog.“ Dann wird eine Luftaufnahme von der Keupstraße in Augenschein genommen und [AD] zeigt, wo er sich befunden habe. [AD] zeigt einen Bereich an der Einmündung der Schanzenstraße, wo genau er sich befunden habe, wisse er jetzt nicht mehr, er habe auf jeden Fall links abbiegen wollen. Auf Frage sagt [AD], körperlich habe er zum Glück überhaupt keine Folgen gehabt. [AD]: „Sonst war es am Anfang ziemlich schwer, weil jeder fragt danach, kommt alles wieder hoch. Meine Mutter hat es am härtesten getroffen. Dann haben wir alles runtergespielt, verdrängt, vergessen. Dann kam es wieder hoch, mit der Zeitung, die Medien. Und als ich jetzt die Einladung gekriegt hab, kam es auch wieder hoch, dass man alles nachgeht.“ Auf Frage sagt er, sie hätten damals im 1. OG gewohnt. RA Tikbas: „Zu Ihrem Standpunkt als Sie den Knall wahrgenommen haben. Wie weit ist denn der Standpunkt entfernt zum Frisörgeschäft?“ [AD]: „20, 25, 30 Meter halt.“ Nach der Einvernahme beantragt die Verteidigung Wohlleben eine Unterbrechung von 15 Minuten, weil man sich bzgl. der gerade stattgefundenen Beweisaufnahme beraten müsse. Während der einmal verlängerten Pause werden die auf der Besucher_innentribüne anwesenden Neonazis mehrfach von anderen Besucher_innen aufgefordert den Saal zu verlassen.

Um 11:22 Uhr geht es weiter. Götzl fragt RA Klemke: „Wollen Sie eine Erklärung abgeben?“ Klemke: „Derzeit nicht, danke.“ Es folgt die Zeugin [AE]. Sie berichtet: „An dem besagten Tag wollte ich rüber in den Frisörladen, um mir die Augenbrauen zupfen zu lassen, ich kam auch in dem Laden an. Der Besitzer sagte: Komm in einer Viertelstunde, zwanzig Minuten wieder.“ Sie sei dann rüber in den Juwelierladen ihrer Freundin: „Sie stand an der Tür. Wir sind reingegangen, an den Tresen. Der Laden ist sehr klein, der Verkaufsbereich ist nicht sehr groß, vier bis fünf Schritte maximal bis zum Tresen. Sie war hinter der Theke, ich stand davor. Nach fünf bis zehn Minuten war ein Riesenknall. Wir haben reflexartig beide rausgeguckt. Irgendwas zersplitterte, aber man konnte nichts sehen, weil der ganze Rauch die Straße eingehüllt hatte. Die Fensterfront war zersplittert. Es war Sommer. Die Türe war auf, also die Eingangstüre, irgendwelche Sachen sind reingeflogen. Wir sind reflexartig erst mal rausgelaufen. Man konnte schreiende Menschen sehen, die umhergelaufen sind. Wir sind wieder reingegangen und mussten uns erstmal sammeln. Es war viel, was an Gegenständen vor dem Laden lag. Wir haben erst mal gewartet und nach fünf bis zehn Minuten kam dann mein Bruder, der mich gesucht hat, weil meine Mutter ihn angerufen hatte. Meine Mutter war sicher, dass ich in dem Frisörladen bin.“

Sie seien nach Hause gegangen. Die Beamten seien nach kurzer Zeit gekommen und hätten gefragt, ob es ihnen physisch gut geht, und hätten die Personalien aufgenommen.“ Götzl: „Sind Sie verletzt worden?“ [AE]: „Physisch zum Glück nicht.“ Götzl: „Und ansonsten?“ [AE]: „Es ist ja so: Man erlebt nicht jeden Tag so einen Vorfall. Die Frage ist natürlich: Wie geht man damit um? Für mich war wichtig, dass ich das ad acta lege, um für mich mit der Situation klar zu kommen.“ Das habe auch gut geklappt. [AE]: „Man war erstmal froh dass es uns physisch gut ging. Im Endeffekt, meine Mutter hat es psychisch anders mitgenommen, vielleicht weil sie die Angst hatte, ihre Kinder verloren zu haben.“ Es sei wichtig gewesen, Stärke zu zeigen, um die Mutter zu beruhigen in dem Fall. Götzl: „Hatten Sie danach Beschwerden oder Probleme?“ [AE] schildert, dass sie Sachen, wo sie nicht stark genug dafür sei, wo sie sich nicht sicher fühle, ob sie die durchstehen kann, erstmal ablege, das „Verdrängungsprinzip“.

[AE]: „Dieses Starksein für die Mutter war der Primärinstinkt. Natürlich hatte man Angst. Die Keupstraße war bis Sonntag mit Riesenscheinwerfern beleuchtet. Die Beamten waren immer da und haben uns beruhigt, dass immer jemand da war, den man ansprechen konnte.“ [AE] schildert auf Frage die Beschwerden ihrer Mutter. Ansonsten sei ja letztes Jahr im Juni die Gedenkfeier auf der Keupstraße gewesen, da habe sie ihre Mutter abgeholt, weil die damit nichts zu tun haben wollte, in dem Sinne, dass das Ganze nicht nochmal aufgewühlt werde. Götzl fragt erneut nach dem Aufenthaltsort von [AD] zum Zeitpunkt der Explosion. [AE]: „Er kam von der Schule. Ich weiß, dass er vorher einkaufen wollte, wo er genau war, weiß ich nicht, aber er war schnell bei mir.“ Dann erzählt auch sie, dass ihr Bruder ihr, als er sie nach der Explosion fand und auch später, erzählt habe, dass er an der Ampel stand. Götzl fragt, was [AE] ausführlich erfahren habe. [AE] sagt, ihr Bruder habe gesagt, er habe Glück gehabt, dass er nur mit der vorderem Bereich des Autos in der Keupstraße gewesen sei, dass er an der Ampel gestanden habe, dass seine Fenster offen gewesen seien. Ihr Bruder habe gesagt, dass er Glück gehabt habe, dass da nichts reingefallen sei, dass er nicht in die Keupstraße habe reinfahren können, sondern hintenrum gefahren sei, und dass ihn die Mutter angerufen habe.

Götzl fragt, ob in das Juweliergeschäft Teile geflogen seien. [AE]: „Ja, weil die Türe auf war.“ Götzl: „Was waren das für Teile?“ [AE]: „In dem Moment waren wir so aufgewühlt, da haben wir nicht auf den Boden geguckt. Im Nachhinein haben wir gesehen: Irgendwelche Splitter waren auf dem Boden, Nägel, direkt an der Tür dran.“ Götzl sagt, es gehe ihm nun im die Informationen von der Seite von [AE] an RA Tikbas: „Haben Sie ihn informiert, was damals abgelaufen ist?“ [AE] sagt, Tikbas habe sie gefragt, wie das damals abgelaufen ist, und sie habe ihn informiert. Sie sei sich nicht sicher, so [AE] auf Frage, meine aber, dass als erstes die Mutter Tikbas informiert habe, dann sie selbst, dann ihr Bruder. Götzl sagt, dass ihr Bruder erzählt habe, er habe an der Ampel gestanden, finde sich in den Schriftsätzen von Tikbas nicht: „Wurde das jetzt nicht weitergegeben?“ [AE] sagt, sie sei sich sicher, dass sie alles erzählt hätten. Inwieweit sie da insistiert hätten, dass es drin steht, sei sie sich nicht sicher: „Ich bin mir sicher, dass er das gesagt hat mit der Ampel. Inwieweit mein Bruder das weitergetragen hat an Herrn Tikbas, da bin ich mir nicht sicher.“

Götzl fragt, welche Ampel genau gemeint sei. Die Schanzenstraße biege links in die Keupstraße ein, so [AE], direkt auf der Ecke sei die Ampel. Götzl hält vor, dass im Schriftsatz von Tikbas zu [AD] stehe, dass der sich im Bereich der Keupstraße 29 befunden habe, im Wirkungsbereich der Explosion, sich aber an seinen genauen Standpunkt nicht mehr erinnern könne. [AE]: „Der Tatort ist ja 15 m vom Eingangsbereich der Keupstraße.“ Auf Frage, ob sie sich mit RA Tikbas zu diesem Punkt ausgetauscht habe, sagt [AE], sie habe es nicht angesprochen und wisse nicht, inwieweit ihr Bruder das getan habe. Götzl hält vor, dass im Schriftsatz stehe, dass [AD] sich an seinen genauen Standpunkt nicht erinnern könne. Sie könne sich erinnern, sagt [AE], dass er gesagt habe, er sei an der Ampel gewesen. [AE] verneint, sich erinnern zu können, dass sie am 10.06.2004 befragt worden sei von Polizeibeamten. Auf Vorhalt sagt [AE], sie habe damals im 2. OG gewohnt, ihre Mutter im 1. OG.

Götzl fragt, was bei dem Telefonat mit dem Bruder gesprochen worden sei. [AE] sagt, er habe gefragt, wo sie sei, sie habe gesagt, dass sie bei ihrer Freundin sei, und das sei es eigentlich gewesen. Und er sei auch in einer sehr kurzen Zeit bei ihr gewesen. Götzl hält vor, dass sie laut Befragungsprotokoll gesagt habe, sie habe ihren Bruder angerufen und erzählt dass es eine Explosion gegeben hat. [AE] bejaht das, sei habe gesagt, dass sie im Juwelierladen sei und dass hier etwas passiert sei und dann sei er auch direkt da gewesen. Götzl: „Gut, der Punkt, der einfach bleibt, ist, dass heute von Ecke Schanzenstraße, Keupstraße die Rede ist und das in dem Schriftsatz nicht erwähnt wird.“ Götzl fragt, ob [AE] dafür eine Erklärung habe. [AE]: „In der psychischen Lage, in der man damals war, dass man da bestimmte Sachen nicht angesprochen oder verdrängt hat, kann passieren. Ich bin mir aber in meinem Fall sicher, wie der Ablauf war.“

Auf Frage von Zschäpe-Verteidiger RA Heer, ob es an der Kreuzung Keupstraße, Schanzenstraße eine bauliche Veränderung gab hinsichtlich der Ampelanlage seit 2004, sagt [AE], ob jetzt genau da eine Baustelle gewesen sei, da sei sei sich nicht sicher. Heer sagt, er habe hier ein Luftbild vor sich, daraus ergebe sich, dass der Haltestreifen der Ampel deutlich vor der Kreuzung liege: „Was sagen Sie dazu, wenn ich Sie damit konfrontiere?“ [AE] sagt, wenn man abbiege wolle, dann frage man ein Stück in die Keupstraße rein. Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm fragt, wie der Bruder von [AE] reagiert habe, als sie ihm gesagt habe, dass es eine Explosion gegeben habe. [AE] sagt, sie sei sich nicht sicher, aber er habe gesagt, er sei gleich da und habe nicht lange gebraucht und sei da gewesen. Sturm fragt, ob [AE] ihren Bruder angerufen habe. Das bejaht [AE].

RA Klemke fragt, ob [AE] auch hinsichtlich des Gehörs keine Beeinträchtigungen gehabt habe. [AE]: „Es war sehr laut, aber nicht, dass mein Trommelfell geplatzt wäre, nicht so, dass ich sagen würde, ich habe jetzt anhaltende Schäden davon bekommen.“ Das habe ein paar Stunden angehalten, dass der Druck da war, so [AE] auf Frage, aber dann sei es eigentlich gegangen. Heer fragt, ob sie das auch ihrem RA gegenüber geäußert habe. [AE] bejaht das. Es sei jetzt nicht so, dass sie das physisch sehr beeinträchtigt habe, viel schlimmer seien die Ängste gewesen, dass da nochmal was passieren kann. Klemke sagt, in dem Schreiben von Tikbas sei hinsichtlich der Mandantschaft von einem Knalltrauma die Rede, das eine erhebliche Beeinträchtigung des Hörvermögens gebracht habe: „Haben Sie solche Äußerungen getätigt?“ [AE] antwortet, dass sie gesagt habe, dass sie ein paar Stunden gehindert gewesen sei, richtig zu hören: „Dass die Ohren uns geschmerzt haben und wir nicht richtig gehört haben.“ Aufgrund technischer Probleme folgt eine Unterbrechung bis 12:06 Uhr.

Dann lässt Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders Google-Bilder an die Leinwände projizieren. Auf Frage sagt [AE], sie kenne die Örtlichkeit, das sei komplett die Keupstraße und das die Schanzenstraße. Schneiders fragt, ob der Bruder von [AE] dazu gesagt habe, ob vor ihm noch weitere Fahrzeuge waren, ob er fahrend war oder gestanden hat. [AE] verneint das. Schneiders fragt erneut nach einer baulichen Veränderung. [AE] sagt, sie könne sich nicht erinnern ob da irgendwas verändert worden ist, das sei ihr so nicht bekannt. RA Tikbas fragt nach Hörbeschwerden der Mutter von [AE], die [AE] schildert. Die Zeugin soll entlassen werden, sagt jedoch: „Ich würde gern auch noch einen Satz sagen, wenn Sie erlauben.“ Götzl: „Sie können als Nebenklägerin eine Erklärung abgeben.“ [AE] sagt, sie lebe 38 Jahre in Deutschland, habe hier ihre Ausbildung gemacht: „Ich vertraue der deutschen Legislative, Judikative und Exekutive. Das wollte ich nur nochmal sagen.“

Es folgt die Mittagspause bis 13:18 Uhr und dann der Zeuge Marco G. Götzl: „Es geht uns um Herrn Schultze, Ihren Kontakt, seit wann Sie ihn kennen, das Verhalten Herrn Schultzes, Persönlichkeit und ggf. um Berichte über seine Zeit in der rechten Szene. Was können Sie dazu sagen?“ G.: „Also, ich habe Carsten kennengelernt 2005, er hat sich bei uns um einen Praktikumsplatz beworben. Dann kam er zu einem Vorstellungsgespräch. Wir haben uns entschieden, dass er das Praktikum bei uns macht. Er hat direkt beim ersten Gespräch erzählt, dass er früher in der rechten Szene unterwegs war und sich davon gelöst hat. Für uns war das auch, nachdem er das so offen gesagt hat, in Ordnung. Wir haben im Prinzip einen jungen schwulen Mann gesehen.“ Schultze habe HIV-Prävention im außerschulischen Bereich gemacht und mit ihm, G., Prävention innerhalb der schwulen Szene. Das sei bis September, Oktober 2005 gegangen. Dann habe Schultze ehrenamtlich mitgemacht. Dann sei eine halbe Stelle frei geworden und sie hätten Schultze gefragt ob er sich nicht bewerben und parallel zum Studium die Stelle machen wolle: „Wir haben ihn 2006 eingestellt und bis zur Festnahme war er bei uns beschäftigt.“

Götzl: „Was sein Verhalten anbelangt, was können Sie dazu noch sagen, wie hat er sich Kollegen gegenüber verhalten, seine Eigenschaften?“ Er sei sehr interessiert gewesen, antwortet G., habe auch eine Ausbildung zum Telefonberater gemacht. „Er hat sich eingebracht, hat alles aufgesaugt. Das war auch ein Durchbruch für ihn in die schwule Welt, als schwuler Mann, das schwule Leben kennenzulernen im Rahmen einer geschützten Situation.“ Man sei als hauptamtlicher Mitarbeiter mittendrin und habe gleichzeitig auch eine beobachtende Rolle. Er, G., selbst sei erfahren und man habe sich gut ergänzt. Man habe sich sieben Jahre das Büro geteilt, es habe sich auch eine Freundschaft entwickelt. Aber die frühere Zeit sei nie groß Thema gewesen: „Wir haben das nie so aufgearbeitet oder, dass wir das durchgesprochen haben.“ Götzl fragt, was Schultze denn angesprochen habe. Schultze habe nach seinem Studium noch eine Stelle in einem schwul-lesbischen Jugendzentrum bekommen, so G., da hätten sie auch über Jugendarbeit gesprochen und Schultze habe erzählt, da habe er mit denen auch „freizeitpädagogisch gearbeitet“, wenig politisch.

Schultze habe gesagt, dass er stolz gewesen sei. In anderen Gruppe habe es Gewalt gegeben. Schultze habe gesagt, dass seine Gruppe die einzige gewesen sei, wo sich die Jungs nicht untereinander geprügelt hätten: „Die Abwendung von der Ideologie von Rechts das ist schon absolut glaubhaft.“ Götzl: „Ja, was haben Sie denn darüber erfahren, wenn Sie den Schluss ziehen, es ist glaubhaft? Worauf gründen Sie das, auf welche Informationen die sie erhalten haben? Und inwiefern war die rechte Szene Thema, wenn auch punktuell?“ G.: „Da kann ich wirklich wenig sagen, das war kaum Thema. Wenn wir über Jena gesprochen haben, dann über einzelne Freunde, die Eltern.“ Sie hätten es bei der Arbeit mit Migranten, Prostituierten, Junkies zu tun. Schultze habe mit niemandem Berührungsängste gehabt, nie Scheu gehabt auf jemanden zuzugehen, es sei nie zu spüren gewesen, dass er mal Antipathien gehabt hätte. Außer dieser einen Geschichte kurz vor der Festnahme, dazu könne er, G., nichts sagen: „Wir haben ihn einfach unter einem ganz anderen Fokus kennengelernt. Das war ein Student, der kommt im Rahmen eines Praktikums, der wächst da rein. Das war immer ein schwuler Mann, niemals einer, der eine andere Vergangenheit hatte.“

Götzl fragt nach der Geschichte am Ende. G. sagt, Schultze habe am Abend vor seinem, G.s, Geburtstag 2011 angerufen, ob er nicht vorbeikommen könne. Schultze habe dann erzählt, dass er mal einen Auftrag bekommen habe und eine Waffe besorgt und übergeben habe.: „Das war für mich schon so ein relativ heftiges Geständnis. Über die weiteren Umstände, das hat er vielleicht detaillierter erzählt, aber das weiß ich nicht mehr genau.“ Ob da Namen gefallen sind, könne er sich nicht erinnern, so G. Schultze habe diese Übergabe geschildert, dass er in eine andere Stadt gefahren sei und die Waffe übergeben habe. Für ihn, G., habe es nicht so diese Bedeutung gehabt, ob das diese Waffe war. Das hätten sie zu dem Zeitpunkt ja gar nicht gewusst. Götzl fragt nach Details. Dem Ganzen sei ja vorangegangen, so G., dass Schultze im November 2011, als die ganze Sache hochgegangen sei, sehr nervös gewesen sei. Schultze habe ihm gesagt, dass er die beiden, die da hochgegangen seien, kenne: „Und da merkte ich auch, wie nervös er war. Und ich sagte: Hast du damit zu tun? Und er sagte: Nein. Er kannte die zwar, aber er hatte damit nichts zu tun. Und je mehr Details kamen, fiel wohl der Groschen bei ihm: Habe ich vielleicht doch was damit zu tun?“

Das sei der Punkt gewesen, wo er, G., Schultze gesagt habe, dass der mal zum Anwalt müsse und sich beraten lassen müsse. Das mit der Waffe sei dann zwei Wochen, drei Wochen später gewesen. Das sei der Punkt gewesen, wo er, G., gedacht habe, Schultze sei also doch etwas involvierter gewesen, ohne dass vielleicht genau gewusst zu haben [phon.]. Dass Schultze an den ganzen Morden und Aktionen in irgendeiner Weise beteiligt gewesen sei, sei erst langsam, nach und nach rausgekommen und sei wirklich sehr belastend für Schultze gewesen, das habe er auch irgendwie rauslassen müssen. Götzl sagt, G. solle trennen zwischen Berichten und seinen eigenen Einschätzungen: „Was hat er berichtet und wie war der Ablauf der Gespräche?“ G.: „Von meiner Seite war immer wieder die Frage: Hast du was damit zu tun oder etwas beizutragen? Und das war anfangs: Nein, nein. Und dann etwas zögerlicher.“ Und deswegen hätten sie RA Hösl ausfindig gemacht und Schultze sei da auch gewesen zur Beratung. G.: „Danach sagte ich: Ich will darüber nicht viel wissen, du hast Beratung an deiner Seite und klär das.“

Alle Gespräche danach hätten sich nur um die aktuelle Situation gedreht und was da rausgekommen sei, aber keine Details. Das sei für sie eine stressige Zeit, von Mitte November bis Weihnachten hin seien viele Veranstaltungen und die Arbeit müsse auf Zuruf funktionieren. Da sei kaum Raum, um da noch eingehender drauf einzugehen. Sein Geburtstag sei am 30. November, so G. auf Frage. Im Januar habe es dann zunehmend Anfragen von der Presse gegeben bei ihnen im Büro. Das habe auch dazu geführt, dass Carsten diese Pressemitteilung raus gegeben habe zusammen mit seinem RA: „Und dann war ich raus, weil ich in den Urlaub geflogen bin. Da hab ich dann nichts mehr mitbekommen bis zu dem Tag der Verhaftung.“ Götzl fragt, ob es in der Erzählung von Schultze zum Thema Waffe eine zeitliche Einordnung gegeben habe. Zumindest nicht, dass er das jetzt noch wüsste, antwortet G. G. weiter: „Es war ja wohl für ihn auch mit der Bruch, wo ihm alles zu viel wurde. Das muss ja kurz vor dem Ausstieg gewesen sein.“ Götzl fragt, ob Schultze mal erwähnt habe, in welchem Zusammenhang er den Auftrag zur Waffenbesorgung bekommen habe. G.: „Es mag sein das er mal ein bisschen was über Strukturen der Szene erzählt hat, aber wer das wie genau gemacht hat das hat er mir nicht erzählt.“

Götzl: „Ja, hat er, was diese Waffe anbelangt oder das Besorgen, hat er da zu irgendwelchen Personen einen Bezug hergestellt oder nicht, als er berichtet hat?“ G. versteht zunächst die Frage nicht. Götzl fragt, ob Schultze berichtet habe, in welchem Zusammenhang das gewesen sei. G.: „Er war da und nach einer gewissen Zeit und gewissem Alkohol hat er gesagt, er müsse mir jetzt doch was erzählen. Er hat gesagt, dass er von einem dieser Leute, mit denen er zu tun hatte, genauere Strukturen hat er nicht mitgeteilt, den Auftrag bekommen habe, er müsse ein Päckchen abholen und an andere Leute in einer Stadt übergeben. Das hat er mir erzählt, und dass er das in Folge auch getan hat.“

Götzl sagt, G. spreche von einem Päckchen, und fragt, ob von einer Waffe die Rede gewesen sei. G.: „Von einer Waffe in einem Päckchen. Das war ein Päckchen, was transportiert wurde, aber er wusste wohl, was das war.“ Er wisse, so G. weiter, beim besten Willen nicht mehr, ob Schultze den Auftrag persönlich oder telefonisch bekommen habe. Schultze habe dann dieses Päckchen besorgt, sei mit dem Zug in eine andere Stadt gefahren und habe es übergeben. Götzl sagt, G. habe davon gesprochen, dass Schultze im November 2011 sehr nervös gewesen sei und gesagt habe, dass er die beiden, die da hochgegangen seien, gekannt habe. Götzl fragt, ob da von Schultze ein Bezug hergestellt worden sei zur Waffengeschichte. G.: „Also, er wusste, dass die Waffe an die Drei ging, das vermute ich.“

Götzl entgegnet, ihn interessiere nicht, was G. vermute. G.: „Er wusste wohl, dass es die beiden Uwes in Zwickau [fragend]unterwegs waren, ob die Waffe direkt übergeben wurde, ich weiß es nicht mehr.“ Götzl sagt, G. habe von den „beiden Uwes“ gesprochen und fragt, ob die Namen damals gefallen seien. G. bejaht das. Sie hätten natürlich darüber gesprochen, was in den Medien war und was da rausgekommen sei. Schultze habe gesagt, dass er die gekannt habe: „Daraus begründete sich für mich diese Nervosität. Er hat die gekannt und die sind jetzt erstmal tot. Einen tatsächlichen Bezug zu ihm selbst habe ich gar nicht hergestellt. Erst beim zweiten, dritten Gespräch auf der Terrasse, wo ich gefragt habe: Hast du was damit zu tun?“ Götzl fragt, ob von Schultze der Name Beate Zschäpe gefallen sei. G.: „In den Gesprächen sicherlich mal. Aber in Bezug auf ihn könnte ich es nicht beschwören.“ Götzl fragt nach dem Namen Wohlleben. G.: „Auch der Name, meine ich, wäre mal gefallen.“ Götzl: „Haben Sie mit ihm drüber gesprochen, welche Art von Waffe er besorgt hat?“ G.: „Glaube ich nicht. Ich habe keine Ahnung von Waffen. Ob er gesagt hat, Waffe oder Ceska, kann sein dass das benannt wurde oder nicht. Glaube nicht.“

Ob Schultze das selber wusste, was das war, wisse er, G., nicht. Götzl fragt, ob thematisiert worden sein, wofür Schultze die Waffe besorgen sollte. G. sagt, das sei Thema gewesen, denn er habe Schultze gefragt, was der sich dabei gedacht habe, und dann sei die für ihn typische Antwort gekommen: „Gar nichts.“ Und das habe er Schultze auch geglaubt, das habe gepasst. Natürlich werde sich Schultze was dabei gedacht haben, aber es sei typisch zu sagen: „Das war mir nicht klar, das habe ich nicht gewusst, in dem Sinne.“ Götzl: „Ist da mal der Begriff Schalldämpfer gefallen?“ G.: „Nicht dass ich wüsste. Es ging immer um die Übergabe von einem Päckchen, wo eine Waffe drin war.“ Götzl fragt, was Schultze zu den „beiden Uwes“ gesagt habe. Er habe gefragt, so G., ob Schultze die persönlich gekannt habe, oder Schultze habe es erzählt, und Schultze habe das bejaht. Götzl fragt nach darüber hinaus gehenden Informationen. G.: „War ja dann nicht nötig. Er sagte, er kannte die aus irgendwelchen Zusammenhängen, hatte sie wohl auch mal getroffen.“ G. verneint, dass Schultze ihm gegenüber im November 2011 sonstige Personen benannt habe. Selbst wenn irgendwelche Namen gefallen wären, so G. auf Frage, hätte er sich die nicht gemerkt.

Götzl: „Ist denn angesprochen worden, woher die Waffe gestammt hat?“ G.: „Nein. Ich kann mich erinnern: Im Rahmen des Auftrags, du sollst sie abholen und dann – ich glaube – nach Zwickau bringen und da übergeben. Also, der sollte die irgendwo abholen, wo, keine Ahnung.“ Götzl: „Hat er nicht gesagt, wie es ihm gelungen ist, eine Waffe zu besorgen?“ G.: „Nein. Ich habe das nicht hinterfragt.“ Götzl fragt, ob die Umstände erörtert worden seien, der Preis. G.: „Nein. Nur dieser Auftrag: Geh dahin, hol die da ab, bring die dahin.“ Götzl: „Hat Schultze berichtet, wo er sich damals aufgehalten hat?“ G.: „In Jena.“ Götzl fragt, ob in Zusammenhang mit G.s Geburtstag jetzt Näheres von Schultze berichtet worden sei, welche Rolle er in der rechten Szene hatte. G.: „Nicht dass ich wüsste. Was ich rausgezogen habe war: Er hat eine Waffe besorgt und übergeben und die ist möglicherweise in diese Hände geraten. Also, er hat da doch irgendwie mehr damit zu tun, als am Anfang vermutet. Das war mein Fazit.“

Götzl: „Gab es weitere Gelegenheiten, dass Sie mit ihm über dieses Thema gesprochen haben?“ G.: „Nicht über dieses Waffenbesorgen. Aber: Hast Du mit dem Anwalt gesprochen, bist Du ihm gegenüber ehrlich, fühlst Du dich gut beraten. Und der Appell: Sprich da ehrlich und lass Dich da gut beraten.“ Götzl sagt, eben habe G. das Wort „Trio“ verwendet und fragt, ob Schultze das in den Gesprächen verwendet habe. Es sei vielleicht verwendet worden, weil das so in der Berichterstattung gewesen sei, antwortet G. Sie hätten über das Trio gesprochen, aber da habe es keine konkreten Benennungen gegeben. Götzl: „War denn von Schultze die Rede davon, in welchem Ort die Waffe übergeben wurde oder sollte?“ G.: „Zwickau habe ich aus irgendeinem Grund im Kopf.“ Götzl möchte wissen, ob die Rede davon gewesen sei, wer die Waffe entgegengenommen hat, Anzahl oder sonstige Beschreibungen von Personen, irgendwelche Informationen, Umstände der Übergabe. G. sagt, das sei in einem öffentlichen Raum gewesen, wo Schultze die Waffe übergeben habe, ein Café.

Götzl fragt, ob es von Schultze über die Medienberichte im November 2011 Aussagen gegeben habe, Inhalte über die G. mit Schultze gesprochen habe. G.: „Nein. Er sagte, er kannte die persönlich und meine Frage war immer: Weißt Du da mehr drüber. Das war bis zu dem 29. immer: Nein.“ Götzl fragt, ob es Informationen zur Rolle in der rechten Szene gegeben habe, ob Schultze Mitglied in Organisationen und Parteien gewesen sei. G.: „Parteien weiß ich nicht, er war Mitglied in dieser Gruppe oder sowas. Er war politisch aktiv, das hat er auch erzählt, er hat nicht gesagt, er ist so mal mitgelaufen. Deswegen auch der Begriff des Ausstiegs. Was genau da seine Rolle war, das könnte er mal erzählt haben, da kann ich mich jetzt aber nicht mehr dran erinnern.“ Götzl fragt, was mit „aktiv“ gemeint sei. G.: „Er hatte eine Funktion, so in dem Sinne.“

Vorhalt aus G.s Vernehmung beim BKA vom 08.03.2012: Er hat mir erzählt, dass er in der NPD war und nicht nur Mitläufer auf Demos war, sondern aktiv dabei war; er hat dort Jugendarbeit gemacht und hatte eine Jugendgruppe; ich bin mir ziemlich sicher, dass er keine Namen mit der Waffengeschichte genannt hat; es ging mir mehr darum, was er sich dabei gedacht hat, eine Waffe zu übergeben; er konnte die Frage nicht beantworten, er sagte, er habe sich nichts dabei gedacht. Götzl: „Was meinten Sie damit: ‚Er konnte die Frage nicht beantworten‘?“ G. sagt, das lasse ja Raum, er sei der Meinung gewesen: „Du hast dir schon irgendwas dabei gedacht. Aber dann kam da auch nicht viel.“ Vorhalt: An wen er das übergeben hat, weiß ich nicht; das ging sicher in die Richtung, dass es sich um das Trio aus der Presse handelte, aber einen Namen hat er nicht genannt. G.: „Ja, dass die Waffe in diese Richtung ging. Ihm war schon wohl klar, dass die Waffe zu den Dreien ging.“ Götzl: „Ja, gab es entsprechende Äußerungen von Seiten Herrn Schultzes?“ G.: „Nein.“ Götzl fragt, ob denn von Seiten Schultzes die Namen Böhnhardt, Mundlos mal gefallen seien. Im November, als die in die Luft gegangen seien, so G., hätten sie natürlich darüber gesprochen.

OStAin Greger fragt, ob im Gespräch mit Schultze zwischen den einzelnen Taten, Banküberfälle, Ceska-Morde, Sprengstoffanschläge, Mord an einer Polizeibeamtin differenziert worden sei. G.: „Nein, wir haben gar nicht über die einzelnen Taten gesprochen.“ Er verneint auch, dass das Untertauchen der drei Personen mal thematisiert worden sei. Greger: „Ist mit Herrn Schultze über den Grund seines Ausstiegs aus der rechten Szene gesprochen worden?“ G.: „Für mich war immer in den ganzen Jahren im Prinzip klar: Er hat festgestellt, dass diese Ideologie nicht seine Gesinnung ist und er nichts damit zu tun haben will. Und ich habe das auch auf seine Homosexualität geschoben. Das war für mich immer die Erklärung. Dass, im Nachhinein, die Geschichte mit der Waffe, dass ihm das zu heiß wurde, kann natürlich sein, aber da haben wir nicht drüber gesprochen.“ Greger: „Sie spekulieren viel. Aber haben Sie mal gefragt: Warum bist du ausgestiegen?“ G.: „Da kam der Grund, schwul zu sein: Ich bin schwul, ich will aus Jena weg. Auch der Wunsch Sozialpädagogik zu studieren. Das war ein junger Mann, der noch ein Stück weit im Coming Out war, auch entwicklungsmäßig sicher etwas zurück was das Thema Schwulsein angeht. So haben wir den gesehen, diese Zeit vorher war für uns nicht da.“

Er verneint, dass gesundheitliche Probleme Schultzes mal besprochen worden seien. Greger fragt, ob in den Gesprächen zur Waffenübergabe über eine Beteiligung von weiteren Personen über Auftraggeber und Empfänger hinaus gesprochen worden sei. G.: „Nicht im Einzelnen. Weder mit Namen noch in Funktion.“ Greger fragt, ob konkret beim Thema Waffenübergabe über eine Beteiligung weiterer Personen gesprochen worden sei. G. verneint. OStA Weingarten sagt, eben habe G. spekuliert, diese Waffenübergabe sei der Anlass für den Bruch mit der Szene gewesen: „Ich hätte gerne gewusst, wie Sie auf diese Vermutung kommen.“ G.: „Weil im Prinzip, die Tatsache, eine Waffe zu übergeben, das habe ich ihm auch gesagt, finde ich etwas sehr Heftiges. Und das war ja auch für ihn nicht Gang und Gäbe. Das was passiert ist über die Jahre und die Vorstellung, oh Gott, habe ich da was mit zu tun, das könnte ja auch ein Grund für einen Ausstieg sein.“ Aber das sei eine Spekulation, der er im Nachhinein mehr beimesse. Weingarten sagt, G. habe beschrieben, dass er Schultze auf dessen Nervosität angesprochen habe, und fragt, ob in dem Zusammenhang irgendein aktuelles Ereignis angesprochen worden sei rund um die Trioproblematik. G.: „Nein.“ Weingarten sagt, an dem 29. November sei ein weiterer Angeklagter festgenommen worden: „Können Sie sich erinnern, ob das angesprochen wurde von Schultze?“ G.: „Könnte ich jetzt nicht sicher sagen.“

Weingarten fragt, ob G. wahrgenommen habe, was genau die Nervosität verursacht hat. G.: „Er kannte sie, deshalb immer die Frage, hast du was damit zu tun, und dann sagt er, nein.“Weingarten: „Hat er Ihnen gegenüber mal Angst vor Strafverfolgung geäußert?“ G. verneint das. Weingarten fragt, ob mal erörtert worden sei, ob Schultze das Wissen auch mal gegenüber den Strafverfolgungsbehörden offenbaren solle. G. sagt, er habe Schultze gesagt, der solle sich vom Anwalt beraten lassen und tun, was der ihm rät, und offen damit umgehen. Vorhalt aus G.s Aussage: Carsten hat sich für den Weg entschieden, nichts zu tun und sich ruhig zu verhalten. Weingarten fragt, ob Schultze das mit G. besprochen habe, das klinge ja nach der Erörterung von Alternativen. G.: „Ich habe gesagt: Willst du nicht selbst von dir aus zur Polizei gehen? Und ich habe das aber immer wieder in Bezug gesetzt: Hast du das mit deinem Anwalt besprochen? Ich bin davon ausgegangen, ihm ist geraten worden: Verhalte dich erstmal ruhig. Ich bin davon ausgegangen, dass das ein Rat war von jemandem der kompetenter ist als ich in solchen Fragestellungen. Aber letztlich war ja auch die Pressemitteilung ein Schritt: Hallo, hier bin ich und ich beantworte Fragen.“

Wohlleben-Verteidiger RA Klemke fragt, ob G. vor dem November 2011 Presseberichte verfolgt habe über die Ceska-Serie und den Polizistenmord in Heilbronn. Er habe vielleicht einzelne Geschichten gelesen, aber nie in einem Zusammenhang gesehen, so G. Klemke: „Haben Sie Kenntnis, ob auch Herr Schultze solche Presseberichte verfolgt hat?“ G.: „Er war kein großer Zeitungsleser, kann ich mir nicht vorstellen.“ Vorhalt: Auch über die Ceska-Mordserie und den Polizistenmord von Heilbronn haben wir uns damals nie unterhalten; ich kann mir auch nicht vorstellen, dass Carsten da einen Zusammenhang gesehen hat. Er sei das gefragt worden, so G.: „Haben Sie einen Zusammenhang gesehen, hat Carsten einen gesehen, haben Sie darüber gesprochen? Und da konnte ich nur sagen: Nein.“ Klemke geht noch einmal auf die Nacht vor G.s Geburtstag ein und G. erzählt erneut von Schultzes Nervosität und das dieser mit allem was so Stück für Stück rausgekommen sei, gedacht habe: „Oh Gott, habe ich was damit zu tun?“ Da sei ja scheibchenweise gekommen.

Schultzes Verteidiger RA Pausch bittet G., noch etwas etwas zum Verhältnis zwischen ihm und Schultze zu sagen, z. B. zur Hierarchie. Seine Kollegin und er seien am Anfang die Praxisanleiter gewesen, so G. Man gehe sehr kollegial miteinander um, duze sich, man habe sich gut verstanden. Schultze habe sich engagiert gezeigt: „Und wir haben sechs Jahre zusammen gearbeitet, da entsteht so ein freundschaftliches Verhältnis.“ Er sei nicht Schultzes Vorgesetzter gewesen, habe aber die Vollzeitstelle, sei mehr da, wisse mehr und sei auch der Ältere. Es habe sich schon so ergeben, dass er die führendere Person war in dem Zusammenhang. Pausch sagt, in der Vernehmung habe G. sich selbst als „großen Bruder“ bezeichnet. G. bejaht das, Schultze habe ihn an sich selbst erinnert. Pausch fragt, ob G. noch etwas zur Beeinflussbarkeit von Schultze sagen könne. G.: „Er kam uns jünger vor. Wir hatten schon das Gefühl, er ist von der Reife her nicht so wie er mit Mitte 20 hätte sein könne. Er hat sich im Rahmen des Praktikums aber als sehr engagiert und wissbegierig rausgestellt. Beeinflussbar? Wenn man entsprechend insistierte. Aber das haben wir im Arbeitsverhältnis nicht gemacht.“

Dann berichtet G. zu den Aufgaben von Schultze in der HIV-Prävention. Pausch fragt, ob G. besondere Qualitäten festgestellt habe. Schultze sei verantwortungsbewusster geworden, sei da rein gewachsen, so G. Pausch fragt, ob G. Feststellungen gemacht habe, dass Schultze Schwierigkeiten gehabt habe, vor Gruppen aufzutreten: G.: „Wir sind mal auf der Bühne dabei, das war nicht so sein Ding. Aber zur Not hat er es auch gemacht.“ Pausch: „Sie haben gesagt, sein Schwulsein war aus Ihrer Sicht Grund für den Ausstieg. Wurde auch darüber gesprochen ob das Schwulsein Grund für den Einstieg war?“ G.: „Wir haben mal darüber gesprochen, dass er das länger wusste und nicht wahrhaben wollte. Ob das die Motivation war, in die rechte Szene zu gehen, so konkret haben wir das nicht besprochen. Das wäre klassisch, dass Leute das erkennen, negieren und in eine gegenteilige Richtung gehen. So explizit haben wir darüber nicht gesprochen.“

Pausch fragt, ob Thema gewesen sei, dass Schultzes rechte Tätigkeit von Linken angesprochen wurde. G.: „Es gab einen offenen Brief an der Uni oder FH. Er hat sich beworben zur Wahl des Schwulenreferents:“ Die Antifa habe einen offenen Brief geschrieben, dass Schultze aus dem Osten komme und dort aktiv gewesen sei, und dass die Wahl nicht angemessen wäre, so G. weiter. Er habe das mal gelesen: „Das war zu Beginn des Praktikums. Für uns war das keine Überraschung, er hatte uns das ja gesagt. Und in dem Brief war meiner Meinung nach auch nichts Konkretes benannt.“ Pausch: „Gab es in der Zeitschrift ‚Terz“ nicht konkrete Artikel. Sagt Ihnen die Zeitschrift was?“ G.: „Ist das in der Uni? Nein. Ich kann mich nur an den offenen Brief erinnern, der im Internet kursiert ist.“ Pausch diskutiert mit Schultze. Dann fragt er: „Haben Sie Kenntnisse darüber, ob Schultze in psychotherapeutischer Behandlung war“? Das bejaht G., er habe das Schultze gesagt, dass der doch mal ein paar Sitzungen machen solle und er wisse, dass Schultze das eine Zeit lang gemacht und ihm das gut getan habe.

NK-Vertreter RA Scharmer sagt, G. habe ja gerade erzählt, dass Schultze über seine Tätigkeit in der rechten Szene im Rahmen der Jugendarbeit erzählt habe, und dass man sich nicht mehr untereinander verprügelt habe: „War das sein Wortlaut?“ G.: „Ich meine ja.“ Scharmer fragt, ob Schultze dazu berichtet habe, ob die andere verprügelt hätten. Das verneint G. Er verneint, dass über Gewalt in der rechten Szene gesprochen worden sei. Scharmer: „Über Homophobie in der rechten Szene?“ G.: „Nein, nicht explizit.“ Scharmer: „Haben Sie nicht gefragt?“ G.: „Wir wissen, dass die Szene eine gewisse Homoerotik hat, das ist einfach so.“ Scharmer: „Ich hatte nach Homophobie gefragt.“ Darüber hätten sie nie direkt gesprochen, so G. Scharmer fragt, ob Thema gewesen sei, ob Schultze mal mit rechten Jugendlichen konfrontiert war in der Arbeit. Es sei nur ein Jahr gewesen, dass Schultze beim Jugendzentrum gewesen sei, so G., er sei beim Aufbau dabei gewesen. Auf andere Jugendgruppen bezogen nicht, so G. weiter.

Götzl fragt, ob Schultze etwas dazu gesagt habe, weswegen diese psychotherapeutische Behandlung. Daran könne er sich nicht erinnern, so G. Es habe Situationen gegeben, wo Schultze alles zu viel geworden sei mit dem Studium und dem Job. Bei Beziehungen habe es kein großes Drama gegeben. Götzl möchte wissen, inwiefern G. Einblick in Schultzes Arbeit gehabt habe. Das meiste sei aufeinander abgestimmt, so G. Er selbst sei viel mehr da und Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen. Die Zeit, die Schultze in der Szene verbracht habe, sei er nicht im Büro gewesen: „Die Hintergrundarbeit, Materialbestellungen, das ist über meinen Tisch gelaufen.“ Auf Frage, ob sie gleichzeitig bei der Arbeit gewesen seien, sagt G., sie seien am Anfang zusammen gewesen und dann hätten sie sich im Prinzip abgewechselt. Götzl: „Jetzt haben Sie gesagt, dass er beeinflussbar gewesen wäre. In der Vernehmung findet sich der Satz: ‚Jetzt ist er nicht mehr beeinflussbar.'“ G.: „Ja, er ist in der Arbeit reifer geworden und auch selbstbewusster geworden.“

RA Klemke: „Sie sagten vorhin, es sei Ihre Vermutung, dass er irgendwann bemerkt habe, dass er irgendwas mit der Mordserie zu tun habe, am 29. sei es rausgebrochen, vorher nur so peu a peu.“ G.: „Rausgebrochen nicht, aber eine Scheibe mehr, und das war eine große Scheibe.“ Klemke fragt, ob Schultze denn Zusammenhänge gezogen habe zwischen Waffenübergabe und Ceska-Mordserie. G.: „Nein. Ob ihm das persönlich bewusst war, kann sein, aber mir gegenüber hat er das nicht geäußert.“ Vorhalt: Wir hatten auch kurz drüber gesprochen, ob das diese Waffe war, mit der diese Menschen ermordet wurden, er ging aber nicht davon aus; wir haben uns in der Sektlaune an meinem Geburtstag auch nicht weiter darüber unterhalten. Klemke fragt, ob Schultze das so geäußert habe. G.: „Das kann ich wörtlich nicht mehr schildern. Es war die Frage: Meinst Du, dass es sie war? Und er sagte: Nee.“ Klemke: „Hat er das begründet, warum er diesen Bezug nicht sieht?“ G. verneint das. SV Dr. Saß fragt, ob Schultze aus der rechten Szene berichtet habe, wie es ihm emotional dort ging: Schultze habe am Anfang dort mitgemacht, habe das auch gut gefunden, so G. Er wisse aber auch, dass Schultze sich zunehmend unwohl gefühlt habe, dahinter gekommen sei, dass das nicht seine Einstellung ist. Saß: „Hat er berichtet, wie man dort miteinander umgegangen ist?“ G.: „Nein nicht explizit. Da haben wir nicht drüber gesprochen.“

Pausch bittet um eine Pause. Um 15:03 Uhr geht es weiter. Nun fragt Carsten Schultze selber. Er fragt, wie bei einer seiner Stelle die Funktion beschrieben gewesen sei. Das sei die Ehrenamtlerbegleitung im Rahmen dieser Kampagne gewesen, sagt G. Man sei der hauptamtliche Ansprechpartner, der die Koordination der Ehrenamtlichen macht. Schultze: „Wer hat die Gruppentreffen gemacht?“ G.: „Du hattest die Federführung.“ Schultze: „Waren wir zu zweit da?“ Man habe sich da gegenseitig vertreten, so G.: „Aber Du warst der Ansprechpartner und hast im Wesentlichen die Einsätze koordiniert.“ Auf Frage sagt G., Schultze sei von zwölf Treffen pro Jahr bei elf dabei gewesen, er selbst vielleicht bei sechs oder sieben.

NK-Vertreter RA Hoffmann sagt, G. habe berichtet, dass es von Seiten der Linken, der Antifa Anwürfe gegeben habe. Vorhalt: Ich weiß, dass er das im zweiten Gespräch […], ich war auch dabei, nochmal berichtete, da erzählte er auch von seiner Ablehnung als Schwulenreferent etwa ein halbes Jahr vorher durch den AStA. Hoffmann: „Können Sie sich erinnern, dass in dem Zusammenhang ihm auch vorgeworfen wurde, dass ehemalige Kameraden von ihm aus Jena untergetaucht sind?“ G.: „Nein, so explizit nicht.“ Hoffmann: „Da haben Sie auch keine Erkenntnisse aus Flugblättern, Texten und Artikeln?“ G.: „Nein.“ Der Verhandlungstag endet um 15:07 Uhr.

Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
„Der Sohn sorgte zunächst für Irritationen und – vor allem bei einem Teil der anwesenden JournalistInnen – für Empörung, weil er schilderte, er habe sich im Moment der Explosion im Auto in der schräg zur Keupstraße verlaufenden Schanzenstraße befunden. Der Vorsitzende Richter Götzl hielt ihm relativ scharf vor, sein Rechtsanwalt habe im Antrag auf Zulassung der Nebenklage angegeben, er sei im Wirkungsbereich der Bombe in der Keupstraße gewesen. Erst im Laufe der Befragung der Schwester klärte sich die Ungenauigkeit des Antrages: der junge Mann hatte sich auf seinem Heimweg mit dem Auto direkt in der Einmündung der Keupstraße, damit tatsächlich nur ca. 25 Meter entfernt von der Bombe und in deren potentiellem Wirkungsbereich befunden. […]
Offensichtlich hat Schultze in Düsseldorf völlig bruchlos sein Coming Out und seinen Einstieg in die Schwulenszene vorgenommen, ohne sich tatsächlich von seiner Nazivergangenheit distanzieren zu müssen. Eine frühzeitige Offenbarung – immerhin hatten antifaschistische Gruppen seine Naziaktivitäten in Jena geoutet – hätte nicht nur zu einer frühzeitigen Aufdeckung des NSU führen können, sondern ihm auch eine erhebliche Strafmilderung verschaffen können, die heute nicht mehr denkbar ist. Ein anerkennenswerter Ausstieg aus der Naziszene sieht anders aus.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/01/28/28-01-2015/

    » «