Protokoll 43. Verhandlungstag – 8. Oktober 2013

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Am 43. Prozesstag drehte sich die Verhandlung noch einmal um die Beobachtungen der Zeugin von A. aus der letzten Woche. Dazu wurden die Nachbarn aus Dortmund gehört, dabei wurde die Geisteshaltung des Nachbars deutlich. Außerdem wurde das Bekennervideo thematisiert. Polizeibeamt_innen, die die Auswertung vorgenommen hatten, erklärten Details zur Erstellung und zu weiterem Material, das auf den Festplatten aus der Frühlingsstraße sichergestellt werden konnte. Brisant sind hier auch private Fotos und Dateien des Angeklagten André E., wie eine Einladung zu einem Treffen, wo Hitlerjugend-Lieder gesungen werden sollten, „wie es sich für Nationalsozialisten gehöre“. Darüber hinaus erzählte noch eine Zeugin, wie sie den erschossenen Süleyman Taşköprü fand.

Zeug_innen und Sachverständiger:

  • Frank Le. (Kriminalbeamter, Auswertung NSU-DVD)
  • Thomas De. (Nachbar der Zeugin Veronika von A. aus Dortmund)
  • Vera De. (Nachbarin der Zeugin Veronika von A. aus Dortmund)
  • Tanja He. (hat mit einer Freundin den ermordeten Süleyman Taşköprü in den Armen seines Vaters vorgefunden)
  • Ellen Ha. (Kriminalbeamtin, Auswertung Festplatte aus Brandwohnung in Zwickau)
  • Sachverständiger Peter Stüben (hat Ausschnitte aus NSU-Video zum Mord an Taşköprü erstellt)
  • Ronny Bo. (Kriminalbeamter, Auswertung einer DVD aus Brandwohnung in Zwickau)

Die Sitzung beginnt um 9.47 Uhr. Erster Zeuge ist der Kriminalbeamte Frank Le. vom BKA Meckenheim. Le. berichtet, dass er den Auftrag bekommen habe, eine „Erstauswertung“ der „so genannten NSU-DVD“ durchzuführen. Das Exemplar sei am 10. November 2011 im Brandschutt in der Zwickauer Frühlingsstraße gefunden worden und er habe die Auswertung am 12. November durchgeführt. Er habe dann erfahren, dass parallel dazu in Meckenheim schon ein weiteres Exemplar ausgewertet worden sei. Er habe sich mit dem Kollegen abgesprochen, dass die Auswertung erst einmal parallel stattfinden solle, weil es ja Unterschiede zwischen den Exemplaren geben könne. Bei der Bewertung hätten sie sich dann abgestimmt, weil sich heraus gestellt habe, dass die Exemplare inhaltsgleich seien. Es sei dann durch einen „Hashwert-Abgleich“ festgestellt worden, dass die beiden Exemplare auch technisch gleich seien. Le. schildert nun das bekannte NSU-Video. [Transkript des NSU-Videos]. Das wellenartige Bild einer Landschaft im Intro sei wohl die Landschaft, wie sie auch auf dem CD-Label zu sehen sei. Die Worte „NSU, Frühling, DVD 1″ hätten den Schluss zugelassen, dass es eine zweite DVD gebe oder eine solche geplant gewesen sei. Es sei aber bisher keine zweite DVD gefunden worden. Der Film nutze das Thema „Paulchen Panther“, mehrere verschiedene Folgen seien Grundlage des Videos. Er nennt „Rosarot in Uniform“, „Rosarot am langen Faden“ und „Der rosarote Bastler“. Drei Morde seien etwas detaillierter dargestellt. Es sei festgestellt worden, dass bei diesen Taten auf Fotos zurück gegriffen wurde, die nicht von Behörden stammten, sondern exklusiv von den Tätern. Das sei ihm selbst am 12. November 2011 gar nicht aufgefallen, so Le., sondern Kollegen von der BAO Bosporus, die sich bereits vorher mit dem Tatkomplex beschäftigt hätten. Es gehe dabei einmal um den Mord an Enver Şimşek. Da werde ein Foto aus der Sendung „Aktenzeichen XY“ gezeigt und mit „Fälschung“ gekennzeichnet und dann ein eigenes Foto, das mit dem Schriftzug „Original“ versehen sei. Das könne nicht von der Polizei stammen, weil Şimşek, als er aufgefunden worden sei, noch gelebt habe und schnell ins Krankenhaus gekommen sei. Auch beim Fall Özüdoğru sei das Bild nicht von polizeilicher Seite gefertigt. Es zeige starke Blutungen im Kopfbereich, aber die Bekleidung sei zu dem Zeitpunkt noch recht sauber. Man müsse wissen, dass Özüdoğru erst gegen 21:30 Uhr gefunden, die Tat aber auf 16:30 Uhr terminiert worden sei. In diesen fünf Stunden sei sehr viel mehr Blut ausgetreten, als auf dem Foto im Video zu erkennen ist. Als dritter und letzter detaillierter Fall sei der Fall Taşköprü zu nennen. Das Foto zeige das Opfer am Boden liegend auf der linken Seiten in einer Nische seines Verkaufsraums. Taşköprü sei aber von Sanitätern in den zentralen Bereich des Verkaufsraums umgelagert worden für die Reanimation. Im Abspann stehe dann links unten „DVD 2, Paulchens neue Streiche“. Es gebe mit „Paulchen 2000“ mit einem großen „P“ außerdem eine Anspielung auf den Mord an Kiesewetter und den versuchten Mord an ihrem Kollegen A., weil die baden-württembergische Polizei eine Waffe Heckler & Koch P 2000 benutzt und die Täter zwei P 2000 als Beute mit genommen hätten. Ihm sei zugetragen worden, dass die gezeigte Waffe im Abspann des Videos dieselbe Dienstnummer habe wie die Waffe von Kiesewetter. Er habe dann noch eine These in Bezug auf die vier Pantherköpfe in den Ecken am Anfang des Videos gehabt, dass das bedeuten könne, es gebe vier NSU-Mitglieder. Aber auch im Originalcomic kämen vier Köpfe vor, vielleicht sei das nur deswegen gewählt worden, weil es dem Originalvideo entsprach. Seine Bewertung des Videos sei, dass die Straftaten in einen Themen- und Begründungszusammenhang zum NSU gestellt würden, und dass die Ersteller des Videos, dieses als Repräsentanten oder Mitglieder des NSU erstellt hätten. Das Video sei in die Zukunft gerichtet. Die knappen, aber markanten Worte „Taten statt Worte“ und „gehen die Aktionen weiter“ deuteten darauf hin, dass es damals Planungen für weitere Straftaten gegeben habe. Es folgt eine Inaugenscheinnahme von Bildern aus Le.s Vermerk. Gegenübergestellt werden die Bilder aus dem Video zu den Morden an Şimşek, Özüdoğru und Taşköprü mit Fotos von der Tatortarbeit der Polizei zu den entsprechenden Morden.
Auf Nachfrage von Nebenklagevertreter RA Kolloge gibt Le. an noch Videos aus der Frühlingsstraße ausgewertet zu haben. Das seien Überwachungsvideos gewesen. In der Frühlingsstraße habe es Kameras nach vorne und in den Innenhof gegeben. Darum könne es sich dabei handeln. RA Kuhn fragt, was Le. mit dem Begriff Repräsentanten meine. Er glaube, dass sie damit zum Ausdruck hätten bringen wollen, dass das Video nicht von den Mitgliedern erstellt worden sein müsse, sondern auch von Personen aus dem engeren Umfeld erstellt worden sein könne, die damit beauftragt wurden. Kuhn fragt, ob Paulchen Panther im Video als Täter dargestellt werde. Le. sagt, er habe schon diesen Eindruck. Dann fragt Kuhn ob im Video die Figur des Paulchen Panther  und der NSU deckungsgleich seien. Richter Götzl interveniert, das seien Bewertungen. Das habe es schon öfter aus dem Bereich der Nebenklage gegeben, dass so gefragt werde, dass Zeugen  Beweiswürdigung vornehmen. Kuhn erwidert, ob Paulchen Panther deckungsgleich mit dem NSU sei, ergebe sich aus dem Video, das sei keine Frage der Beweiswürdigung. Götzl widerspricht. Kuhn zieht seine Frage zurück. Götzl sagt in Richtung des Zeugen, es klinge bei ihm durch, dass er eine Beweiswürdigung vornehmen wolle, das sei nicht seine Aufgabe. RAin Sturm, Verteidigerin von Zschäpe, fragt ob denn DVDs von „Paulchen Panther“ gefunden worden seien. Le. sagt, am 12. November 2011 sei die Spurensicherung noch nicht abgeschlossen gewesen, er habe keine weiteren Auswertungen vorgenommen. Auf Frage von Sturm sagt Le., die Formulierung, dass möglicherweise Leute aus dem Umfeld als Repräsentanten das Video erstellt hätten, sei zu dem Zeitpunkt lediglich eine Hypothese gewesen. Die Vernehmung endet um 10.32 Uhr.

Nächster Zeuge ist Thomas De. aus Dortmund, zeitweise Nachbar der Zeugin Veronika von A. [siehe Protokoll zum 40. Verhandlungstag]. Götzl bittet zunächst um einen zusammenhängenden Bericht zu seinem früheren Wohnort im Brackeler Hellweg. De. sagt, er habe dort gewohnt, sonst könne er nichts sagen, er habe nichts Ungewöhnliches wahrgenommen. Götzl fragt, seit wann De. dort gewohnt habe. De. sagt, seines Erachtens seit 2001, er habe das aber mit seiner Frau durchgesprochen und es sei wohl 2003 gewesen, das sei ihm nicht so wichtig. Gewohnt habe er dort wohl bis 2010. Es sei ein Dreifamilienhaus mit Ladenlokal, er habe das Erdgeschoss bezogen und Wohnräume aus den Lagerräumen gemacht. Es gebe einen Gemeinschaftsgarten und eine Garage, die von ihm genutzt worden sei. Über ihm hätten zwei Familien gewohnt, die beide den Namen Ka. getragen hätten, das seien wohl Geschwister. In seiner Wohnung seien außer ihm vierzehntägig seine Kinder zu Besuch, dann sei seine Tochter zu ihm gezogen, dann seine Frau und schließlich sei das gemeinsame Kind geboren worden. Seine Frau habe sich so ab 2006 im Haus aufgehalten, er habe sie am 31. März 2006 kennengelernt. Ihm sei das gar nicht mehr so geläufig gewesen, aber es stehe in seinem Ehering. Die Zeugin von A. kenne er nicht, so De. auf Frage von Götzl. Er könne jetzt nicht bestätigen, dass er den Ehemann kenne, habe am unteren Grundstück aber mal einen älteren Herrn am Zaun reparieren sehen. Sonst habe er nie jemanden wahrgenommen. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe kenne er nicht, gesehen habe er die drei mittlerweile „gezwungenermaßen“ auf Bildern. Bis zur Ladung durch das BKA habe er sich damit überhaupt nicht befasst. Konflikte mit Nachbarn seien ihm nicht bewusst, so De. Zu Grabungsarbeiten befragt, berichtet De., dass er diese mit einem Kollegen durchgeführt habe. Er habe einen Gartenteich ausgehoben in der Grundstücksecke. Da sei eine Teichfolie eingezogen worden. Ein Baum auf dem Nachbargrundstücke der Familie A. habe stark abgelaubt, er habe dann Äste davon abgesägt. Außerdem sei an der Garage und an einer Treppe gearbeitet worden. Das sei zwischen 2005 und 2007 gewesen. Es könne auch mal gewesen sein, dass die Arbeiten in der Dämmerung stattgefunden haben, aber es sei nicht mitten in der Nacht gewesen. Der Kollege sei ein Kindergartenfreund, circa 1,70 bis 1,75 m groß, muskulös, mit kurzen meist blondierten Haaren. Götzl fragt nach Camouflagehosen. Le. sagt, er habe in seiner „Lebenszeit“ auch mal eine an gehabt, auch Personen aus dem Bekanntenkreis: „Das war eine Zeit lang Mode und jeder hatte die an.“ Götzl fragt nach einer genaueren zeitlichen Einordnung der Grabungsarbeiten. Le. antwortet, das bliebe ihm nicht im Gedächtnis. Die Arbeit am Teich sei wohl vor dem Kennenlernen seiner Frau gewesen, er sage mal 2005. Er habe den Teich Anfang 2006 wieder zugekippt. Die anderen Arbeiten seien 2006, 2007 gewesen. Er habe auch mal eine Mauer entfernt und neu gegossen. Auf Frage von Götzl sagt Le., es seien regelmäßig drei Kinder bei ihm. Dann fragt Götzl nach der Schaukel. Le. sagt, da habe eine Schaukel im Garten gestanden, die sei aber nie fest oder betoniert gewesen. Beim Rasenmähen habe er sie auch mal beiseite gestellt, weil sie nichts gewogen habe. Zu Fahrzeugen befragt sagt Le. er sei damals unter anderem als Subunternehmer tätig gewesen und habe mehrere wechselnde Transporter genutzt. Ein Wohnmobil habe er 2011 gehabt. Früher habe er einen VW LT als Transporter gehabt, das sei wohl mal ein Wohnmobil gewesen. Wann das gewesen sei, könne er nicht sagen, das seien alles alte Fahrzeuge gewesen, die schnell den Geist aufgegeben hätten. Sonst könne er sich nicht an Wohnmobile erinnern, so Le. Götzl fragt zur Kneipe „Farbkästchen“. Die gebe es seitdem er denken kann, so Le., und habe ständig wechselnde Wirte. Um den Zeitraum herum, um den es gehe, sei die beste Freundin seiner Frau dort Wirtin gewesen. Die Kneipe habe damals „Nickis Treff“ [phon.] geheißen. Er selbst habe sich dort aber eigentlich nicht aufgehalten. In der Woche sei dort wenig los gewesen, wenn Borussia gespielt habe, sei die Kneipe voll gewesen. Dann fragt Götzl zu den Vorname der Söhne von De. Dieser sagt, er könne „im Prinzip“ dazu nichts sagen. Sie hätten die Regel gehabt, dass die Mädchennamen von der Mutter, die Jungennamen vom Vater ausgesucht werden. Odin und Thor seien für ihn germanische Götter, nichts weiter. Das sei für ihn interessant gewesen, dazu stehe er auch heute noch und finde ich nichts verwerflich daran. Götzl nennt die Vornamen der Kinder Ole Odin und Jone Aryan Thor [phon.]. Dann hält er aus der Vernehmung beim BKA vor, dass De. angegeben habe einen Hang zum Germanischen und zu Ritterspielen habe, aber nicht der rechten Szene und keiner Partei angehöre. Das sei zutreffend, so De. Götzl möchte wissen, wie sich De. die Beobachtung der Zeugin A. erkläre, die ein Trio mit eine Skinhead und einem Mann in Overall gesehen haben will. Das werde wohl sein Schwager mit den Neffen gewesen sein, sagt De. Seine Schwester habe dunkle lange Haare. Es könne aber auch ein Schulfreund gewesen sein mit Ziehsohn. Der Schwager sei 1,80 bis 1,83 m groß und habe dunkle sehr kurze Haare und sei dünn. Sein Neffe sei blond. Er habe keine fremden Personen auf dem Grundstück gesehen, aber es sei frei zugänglich, so De. Leute aus der Kneipe gegenüber hätten auch mal im Garten uriniert oder er habe benutzte Kondome gefunden. Eine Richterin fragt, wer mit Schwager gemeint sei. De. sagt, es gehe um den Mann seiner Schwester. Ein Richter fragt, ob De. mal Betonkübel getragen habe. De. sagt, er habe die Treppe mit Betonstufen abgerissen, um an die Garage zu kommen. Er habe die Stufen genommen, um sie gegen den bestehenden Sandkasten einzuarbeiten. Er wisse nichts von bepflanzten Kübeln im Bereich des Sandkastens, so De. Nebenklagevertreter Narin fragt, ob De. über den NSU informiert gewesen sei, bevor er erstmals von der Polizei befragt worden sei. De. sagt, er habe mal was wahrgenommen, habe sich aber nicht dafür interessiert. Narin fragt, ob De. Siggi Borchardt kenne. Das sei ein bekannter Name in Dortmund, für die die früher zum Fußball gegangen seien. Borchardt habe die „Borussenfront“ angeführt. Er selbst sei früher beim Fußball, auf der Südtribüne in Block 13 gewesen, so De. Narin fragt, ob De. mal Angehöriger der rechten Szene gewesen sei. De. fragt, wie Narin das definiere. Narin fragt zurück, wie De. das definiere. De sagt: „Beim Fußball gab es Leute, die Ansichten hatten.“ Narin möchte wissen, welche Ansichten De. meint. De. sagt, man habe im Stadion etwas gerufen, aber nichts Ausländerfeindliches. Nach einer Pause nennt De. ein Beispiel: „Zick, zack, Kanakenpack“. Das sei aber nicht gegen ethnische Gruppen gerichtet gewesen, sondern gegen die andere Mannschaft. Das könne er so nicht werten. Er kenne keine Personen aus der rechten Szene, so De. auf Frage Narins. Dann fragt Narin, ob De. einen Doktortitel führe. Den habe er bei Ebay erworben so De., er führe ihn aber nicht. Das sei ein Gag gewesen. Öffentlich sei er nicht so aufgetreten. Götzl unterbricht und belehrt den Zeugen zu seinem Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO [Selbstbelastung]. Dann fragt Narin nach der Band „Oidoxie“. Das sage ihm nichts, so De. Narin möchte dann wissen, ob er den Doktortitel im Internet zur Werbung geführt habe. De. sagt, der Titel habe auf einer Internetseite für eine Firma zur Reinigung und Reparatur von Werbeflächen gestanden, die mittlerweile von Netz sein müsse. An den Namen desjenigen, der die Präsenz gemacht habe, könne er sich nicht erinnern. Götzl fragt, worauf Narin hinaus wolle. Nachdem der Zeuge auf Wunsch Narins den Saal verlassen hat, sagt Narin, die Person mit der der Zeuge zusammen arbeite, sei eine Gestalt aus der militanten rechten Szene, der Fußballhooligan-Szene um Siggi Borchardt. De. führe zu der Person ein enges persönliches und geschäftliches Verhältnis. Diese Person setze sich im Internet für die Freilassung Wohllebens und anderer Rechter ein. Götzl: „Dann fragen Sie danach.“ Narin fragt nach der Firma von der Internetseite und will wissen, wer da De.s Partner sei. Sein Neffe sei dort aufgeführt, so De., das sei aber Show, der Neffe sei nicht wirklich dabei gewesen. Narin will wissen, ob es sich um den schon genannten Neffen handele, was De. bestätigt. Narin nennt den Namen Marcel Ar. Auch das bestätigt De. Der rechten Szene würde der Zeuge Marcel Ar. nicht zuordnen. Er habe zwar „vielleicht ein paar Ansichten“ und gehe zum Fußball, er würde aber nicht sagen, dass das jemand sei, der dahinter steht. Er habe zu seinem Neffen aber auch nicht mehr soviel Kontakt. Narin fragt nach dem Namen Maurice Ar. Das sei sein anderer Neffe, so De. Der rechten Szene würde er auch Maurice A. nicht zuordnen, so De. Narin will wissen, ob Siggi Borchardt der rechten Szene zuzuordnen sei, was De. bejaht, der Spitzname „SS-Siggi“ sei ihm bekannt. Narin will wissen, ob De. wisse, dass sich sein Neffe für die Freilassung von Horst Mahler einsetze. Das verneint De. und fragt, wer Horst Mahler sei. Dann fragt Narin, ob De. Ralf Wohlleben kenne. De. verneint auch das. Narin will wissen, ob die damalige Wirtin des „Farbkästchens“, Nicole J., der rechten Szene zuzuordnen sei. De. sagt, er könne das nicht sagen, denke aber nein. Seine Frau und die Wirtin seien aber zerstritten. Sein Kindergartenfreund heiße Torsten Ma., so De. Narin bezieht sich auf die Namensgebung der Kinder von De. und möchte wissen, ob De. einen germanischen Gott namens Aryan kenne. Aryan sei der zweite Name seines einen Sohnes, das sei Persisch und stehe für Kraft und Mut. Einen Harold U. [phon.] kenne er nicht, so De. auf Frage Narins. Ein Nebenklagevertreter möchte, dass De. seine Tätowierungen beschreibe. De. sagt, er habe hinter dem Ohr die Buchstaben „KF“ tätowiert, das stehe für „Kaninchenfrau“. Er habe seine Frau auf dem Balkon kennengelernt, sie habe damals junge Kaninchen gehabt. Seine Frau habe „BM“ tätowiert, das stehe für „Balkonmann“. Der Begriff „White Aryan Resistance“ sei ihm nicht bekannt, aber es gebe die „Aryan Brotherhood“, das habe er mal im Fernsehen gesehen. Die Vernehmung endet um 11.19 Uhr.

Es folgt die Zeugin Vera De., Ehefrau von Thomas De. Das genaue Datum ihres Einzugs in das Haus im Brackeler Hellweg könne sie nicht benennen, so De. Sie habe ihren jetzigen Mann kennengelernt und sei dann dort hinzu gestoßen. Im Haus hätten zwei Familien mit Kindern, außerdem sei dort eine Lottobude. Kontakt zur Nachbarschaft habe es nicht gegeben. Kennengelernt habe sie ihren Mann im März 2006, eingezogen sei sie offiziell im November, aufgehalten habe sie sich im Haus schon ab Mai. Ausgezogen sei sie wieder im Juli 2008. Die Frau von A. kenne sie nicht, sie habe bis vor 14 Tagen nicht einmal gewusst, dass da eine Frau gewohnt habe, sie habe nur von einem älteren Herrn gewusst. Im Garten seien sie mit ihrem Hund gewesen, es habe außerdem ein Freilaufgehege für Kaninchen, Spielgeräte, eine Rutsche, einen Sandkasten und ein Schaukelgestell gegeben: „Was man so macht als Familie.“ Zu den Grabungsarbeiten befragt, sagt De., die Garage sei mal frei gelegt worden, dabei sei auch die massive Steintreppe vom Haus in den Garten entfernt worden. Die Teile der Treppe seien um den Sandkasten drapiert worden zum Hinsetzen. Das habe sich mehrere Wochen hingezogen und auch beim Gehege für die Kaninchen habe es Arbeiten gegeben. Beides sei ihrer Meinung nach im Frühjahr 2007 gewesen. Götzl fragt, was De. die Namen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe sagen. De. sagt, nichts, bis auf das, was man aus der Presse weiß. Das erste Mal im Haus im Brackeler Hellweg sei sie etwa im April 2006 gewesen. Bezug zur Rechten oder zur extremen Rechten habe sie nicht, so De. Ihr Mann sei kein Fußballfan, aber er habe „wie wir ja alle mal“ Spiele besucht. Die Kneipe „Farbkästchen“ sei 2006 von ihrer Freundin betrieben worden. Es sei schlecht gelaufen, die Betreiber hätten das Lokal im Schnitt 12 Monate und dann sei es wieder dicht. Zu Gast sei dort „das was so in Brackel wohnt, Durchschnitt 50 plus würde ich mal sagen“. Götzl fragt nach Wohnmobilen. De sagt, sie hätten mal eines besessen, aber nie genutzt. Die „Problematik“ mit Wohnmobilen in dieser Straße sei ihr persönlich nie aufgefallen. Den Namen Siggi Borchardt kenne sie nicht, so De. auf Frage von Nebenklagevertreter RA Narin. Ihr sei auch nicht bekannt, dass ihr Mann in einer bestimmten Vereinigung aktiv sei. Die „Borussenfront“ kenne sie nur aus dem Fernsehen. Konzerte einer rechtsgerichteten Band habe sie nicht besucht, ihr sei auch nicht bekannt, dass ihr Mann das getan habe. Die Namen „Oidoxie“, „Weiße Wölfe“ und „Blood & Honour“ sagten ihr nichts, so De. Sie wisse auch nicht, ob ihr Mann in seiner Jugend Skinhead war. Ein Nebenklagevertreter bitte die Zeugin sich umzudrehen, damit er die Zeugin mit Beate Zschäpe vergleichen könne. De. dreht sich zur Nebenklage um. Die Vernehmung endet um 11.40 Uhr. Es folgt eine Pause bis 12.01 Uhr.
Danach wird bekannt gegeben, dass die Zeugin He. zur falschen Adresse gefahren sei und daher erst nach der Mittagspause vernommen werden könne. Zschäpes Verteidigerin RAin Sturm verliest eine Erklärung. Jedem im Saal müsse hier nach den Aussagen des Ehepaares De. nun klar geworden sein, dass die Angaben der Zeugin A. nicht zuträfen, so Sturm. Nicht einmal die Anknüpfungstatsachen, die A. angegeben habe, hätten sich als zutreffend erwiesen. Damit erledige sich die weitere Erklärung zur Aussage der Zeugin A.

Es folgt die Mittagspause, um 13.08 Uhr geht es weiter mit der Zeugin He., eine Auffindezeugin des Mordes an Süleyman Taşköprü in Hamburg. Sie berichtet, dass sie am 27. Juni 2001 mit einer Freundin in den Gemüseladen gegangen sei und da den Mann erschossen am Boden gefunden habe, mit einem Kopfschuss. Der Mann habe hinter dem Tresen gelegen. G. fragt, wer zugegen gewesen sei. He. antwortet, es seien ihre Freundin und ihr Kind dabei gewesen. Die Lage des Mannes könne sie nicht beschreiben, so He., auch ob Angehörige zugegen gewesen seien, könne sie nicht erinnern, das sei alles so lange her. Es sei vormittags gewesen und sie seien von der U-Bahn gekommen, so He. Sie hätten Gemüse kaufen wollen. Andere Personen seien ihr nicht aufgefallen. Götzl fragt nach den Verletzungen. He. sagt, sie habe am Kopf Blut gesehen und sei mit ihrer Tochter dann schnell raus. Das Opfer habe sie nicht gekannt. Götzl beginnt mit Vorhalten aus polizeilichen Vernehmungen, die He. entweder bestätigt oder zu denen sie sagt, sie könne sich nicht erinnern. Sie sei am Tattag bei Penny in der Friedensallee gewesen und gegen 11.15 oder 11.20 Uhr seien sie in Richtung der Anschrift ihrer Freundin gegangen in Richtung Stresemannstraße gegangen, hält Götzl vor. Dann hätten sie den Vater rufen gehört, der habe etwas wie „Allah, Allah, Hilfe“ gerufen. Sie seien dann in den Laden rein und hätten den Vater gesehen, wie er kniete. Er habe seinen Sohn in den Armen gehabt, den Kopf des Sohnes auf seinen Knien. Die Beine seien lang ausgestreckt gewesen, verliest Götzl eine frühere Aussage He.s. Weiter habe sie damals ausgesagt, so Götzl, der Vater habe unter Schock gestanden und habe nur gebetet und geweint. Götzl fragt, ob He. eine Erinnerung habe. Darauf sagt He.: „Wenn Sie mir das vorlesen schon. Aber ich sehe das Bild nicht mehr vor mir, weil das solange her ist.“ Die Vernehmung endet um 13.21 Uhr.

Es folgt die Zeugin Ha., Kriminalbeamtin beim BKA, die Videodateien ausgewertet hat. Sie berichtet, im Brandschutt Frühlingsstraße in Zwickau sei eine brandbeschädigte Festplatte gefunden worden, die Daten hätten von der technische Dienststelle aufbereitet werden können. Sie hätten originale Szenen aus „Paulchen Panther“ gefunden. Und an zwei verschiedenen Speicherorten sei die vollständige Version, die später versendet worden sei, gefunden worden. Außerdem habe man zwei alte Versionen des Bekennervideos mit einem Änderungsdatum aus 2001 gefunden. Da seien noch nicht alle Taten thematisiert: Außerdem seien auf der Festplatte zwei Tatortaufnahmen von Tatorten des zweiten und dritten Mordes gefunden worden, die später mit der Unterschrift „Original“ im NSU-Film Verwendung gefunden. Dann seien TV-Aufzeichnungen zum Mord an Michèle Kiesewetter gefunden worden und TV-Aufzeichnungen von Überwachungskamera zum Bombenanschlag in der Keupstraße in Köln. Dann sei noch ein Ordner „Bildermix“ gefunden worden, der starke Bezüge zum Angeklagten André E. aufweise. Bei allen Ordnern seien bearbeitete Dateien zu den Paulchen Panther-Szenen gefunden worden, teilweise mehrfach mit geringen Veränderungen abgespeichert. Teilweise seien die Dateien im Video verwendet worden, teilweise nicht. Das Video selbst sei einmal unter „Aktuelle Version 11/07“ und an einem zweiten Speicherort als „Aktuelle Version Stand 14/01/08 zum Brennen auf DVD“ abgespeichert gewesen. Außerdem sei ein Dokument mit Adressen von staatlichen und religiösen Einrichtungen und Medien gefunden. Die Adressaten gingen über die Adressen, an die das Video tatsächlich versendet wurde, hinaus, man könne davon ausgehen, dass das Adressen seien, an die das Video noch verschickt werden sollte. Zur Keupstraße seien Dateien gefunden worden „gerri auf kamera“, da schiebe eine Person zwei Fahrräder und „max auf kamera“ sowie „max auf kamera von hinten“, da sehe man wie eine Person ein Fahrrad mit einem Koffer schiebt. Zu dem Zeitpunkt sei bereits klar gewesen, dass Böhnhardt die Personalien von Holger G. genutzt habe und Mundlos die von Max B. Unter „Altes Videomaterial“ hätten sich zwei Videos befinden, eines von Anfang 2001, in dem der erste Mord an Enver Şimşek und ein Rohrbombenanschlag in Köln 2001 thematisiert werde, und eines von Oktober 2001, wo die ersten fünf Taten thematisiert würden. Beide endeten mit Textsequenz „Heute ist nicht alle Tage“, die auch im verschickten Video benutzt werde. Auch das NSU-Logo werde in diesen ersten beiden Videos schon genutzt. Die Videos seien aber deutlich aggressiver und nutzen auch noch nicht das „Paulchen Panther“-Thema. Zudem würden anders als im verschickten Video die Namen der Opfer genannt und man höre rechtsradikale Musik der Band „Noie Werte“. Der Ordner „Bildermix“ enthalte Fotos von der Frau von André E., schwanger oder schon mit Baby. Außerdem seien dort Weihnachtsgrußkarten der Familie E. für Verwandte gefunden worden und ein Einladungsschreiben für eine Burgführung in Sachsen 2003 mit anschließender nationalsozialistischer Veranstaltung. Die angegebene Kontaktnummer sei auf den Vater von André E. ausgegeben gewesen, 2003 habe E. noch bei seinen Eltern gewohnt. Das sei umrandet von Runenschriftzeichen, die übersetzt „Sieg heil“ bedeuteten. Außerdem fänden sich amateurhafte Videoaufnahmen von Gedenkmärschen aus 2005 in Dänemark und Schweden. In Dänemark sei das ein Rudolf-Heß-Marsch gewesen und und in Schweden ein Gedenkmarsch für einen getöteten Schlagzeuger einer rechtsextremen Band [gemeint sind die jährlichen Salem-Märsche]. In dem Zusammenhang gebe private Fotoaufnahmen, auf einem der Bilder könne der Bruder von André E., Maik E., zu sehen sein. Außerdem seien dort Aufnahmen von Gerhard Schröder hinter Gittern und zum Teil mit Judenstern auf der Brust und Texten wie „You’re the next“ und „Wahlbetrug“ gefunden worden. Anhand der Dateibezeichnung lasse sich vermuten, dass die Grafiken für T-Shirts oder Poster gedacht waren. Das sei aus 2002, also noch zur Amtszeit von Schröder. In dem Ordner hätten sie auch noch ein Textdokument gefunden, auf dem vier verschiedene Sprüche versucht werden, zu formulieren. Einer sei: „Es ist nicht alle Tage, wir kommen wieder“, also leicht abgewandelt. Das sei eingearbeitet in eine Reichskriegsflagge und zwei Totenköpfe. Die weiteren Sprüche seine hetzerisch gewesen, so Ha. Gefunden worden seien im Zusammenhang mit den TV-Aufzeichnungen zu Kiesewetter auch Bilder von „Positionierungsversuchen“ von deren Waffe. Eines sei dann in die Schlusssequenz des Videos eingearbeitet worden. Dort werde eine zweite DVD angekündigt, sie hätten auf der Festplatte aber keine Hinweise auf eine zweite DVD oder noch nicht bekannte Taten gefunden. Götzl hält der Zeugin aus ihrem Bericht vor, im Ordner „Aktion Polizeipistole“ sei die TV-Berichterstattung verschiedener Fernsehsender zum Mordfall der Polizeibeamtin Kiesewetter gespeichert. Ha. bestätigt das. Es folgt die Inaugenscheinnahme der Bilder aus Ha.s Bericht. Zunächst werden Bilder von den schon genannten Videos der Überwachungskamera in Köln gezeigt, dann Bilder von Videosequenzen mit der Figur Paulchen Panther. Zunächst Paulchen Panther vor einem Aufsteller, auf dem „Mitstreiter gesucht im Kampf gegen die Kanackenflut“ steht. In der DVD werde der Aufsteller auch genutzt, der Spruch aber nicht. Dann sieht man ein Bild, wo auf dem Aufsteller eine schwarze Landkarte von Deutschland mit verteilten roten Totenköpfen zu sehen ist. Auch das sei so nicht verwendet worden. Nach einem Bild von Paulchen Panther, in das statt des originalen Magneten grafisch ein Fahrrad hinein montiert ist, folgen unter anderem Bilder, auf denen in die Trickfilmszenen Schilder mit „Schneiderei A. Özüdogru“ und „Tasköprü Market“ montiert sind. Auch das sei nicht verwendet worden, sagt Ha. Eine weitere Datei sei mit „der ali muss weg köln 1 320×288“ benannt. Weitere Dateinamen seien „schild am laden ali 2 mit schild“ und „militär ali3“. „Ali“ stehe immer für die Opfer und die Zahlen 1 bis 9 für die verschiedenen Morde. Dann geht es um die Vorgängervideos. Das erste sei mit dem Änderungsdatum 9.3.2001 abgespeichert. Am Anfang komme bereits das bekannte NSU-Logo, aber andersfarbig, dann laufe ein Introtext durch, der auch in dem später versendeten Video verwendet werde. Im Film werde Enver Şimşek direkt angesprochen mit „Enver Simsek weiss nun wie ernst uns die Erhaltung der deutschen Nation ist“. Man sieht die Einblendung auf einem Bild. Auch bei der zweiten Tat, dem Anschlag in der Kölner Probsteigasse, werde das Opfer direkt angesprochen mit „[Name der in der Kölner Probsteigasse verletzten] weiss nun wie ernst uns die Erhaltung der deutschen Nation ist“. Dann folge „sehr provokant“, so Ha., der Spruch „Und ihr wisst es jetzt auch“. Das zweite Video, das sich im Ordner „Altes Videomaterial/CD-Aktuell und NSU-Film“ befinde, mit dem Änderungsdatum 28.10.2001, thematisiere die ersten vier Morde in vermischter Reihenfolge und den Rohrbombenanschlag. Wieder würden die Opfer direkt angesprochen. Man sieht ein Bild mit dem Spruch: „A. Özüdogru ist nun klar wie ernst uns der Erhalt der deutschen Nation ist“ Das gleiche passiere dann noch weitere vier Male, so Ha. Am Ende werde dann wieder der Text „Heute ist nicht alle Tage …“ eingeblendet. Dann geht es um die Videos zu Schweden und Dänemark. Einmal gehe es um einen Gedenkmarsch für Rudolf Heß im dänischen Kolding 2005. Und dann gebe es ein zweites Video mit der Bezeichnung „Salem“, auch aus 2005. Das finde eher in der Nacht statt, so Ha. Man sehe einen Fackelzug, untermalt von schwedischer Musik. Eingeblendet werde  irgendwann ein Schrein von dem getöteten Schlagzeuger. Außerdem höre man Reden, u.a. einen Deutschen, einen Lutz Geisen [gemeint ist wohl der Neonazi-Kader Lutz Giesen]mit eindeutig rechtsextremistischen Inhalten. Götzl fragt, welche Stücke von „Noie Werte“ zu hören seien. Ha. nennt „Kraft für Deutschland“ für das erste Video und „Am Puls der Zeit, für das zweite. Götzl hält vor, dass Ha. geschrieben habe, es seien alle Dateien zwischen März 2001 und Januar 2008 zuletzt geändert worden. Das stimme, beziehe sich aber nur auf die Videodateien, erwidert Ha. Ein Richter fragt, ob auch Fotos von Enver Şimşek auf der Festplatte gefunden worden seien. Von Şimşek sei kein Foto abgespeichert gewesen, von Taşköprü und Özüdoğru seien schon Fotos auf der Festplatte gefunden worden. Der Richter fragt nach den Informationen in den Eigenschaften der Fotos. Ha. sagt, sie kenne sich da nicht aus, aber sie glaube, dass dort keine Daten mehr hätten festgestellt werden können. Sie sei nur für die inhaltliche Auswertung zuständig gewesen, so Ha. auf die Frage nach Benutzernamen.  Nebenklagevertreter RA Kolloge fragt, wann die Festplatte eingerichtet worden sei. Das sei schwierig, so Ha., da müsse man einen Techniker fragen. Was den Ordner „Bildermix“ angehe, seien alle Daten vom Februar 2007, aber so generell könne man das nicht sagen. Sie könne ergänzen, dass ein Grund, sich die Festplatte nochmal anzuschauen, gewesen sei, dass bei André E. zwei externe Festplatten festgestellt worden seien, die auch die Inhalte des Ordner Bildermix aufwiesen. Das belege auch wieder, dass es da eine Verbindung geben müsse. RA Hoffmann fragt nochmal nach, ob bei E. externe Festplatten mit diesem Inhalt gefunden worden seien. Ha. bestätigt das. Der komplette Inhalt sei identisch, so Ha, weiter. Sie wisse aber nicht, wann das kopiert worden sei. Es handle sich um eine Handvoll Bilder von Frau E., als sie schwanger war und das Baby zur Welt gekommen ist. Und um eine Handvoll Aufnahmen auf einer Fähre, vermutlich nach Schweden, die auch zusammen mit dem Schweden-Video abgespeichert worden sei. Auf Frage Hoffmanns sagt Ha. unter dem Pfad „Julfest“ seien keine Bilder abgespeichert, sondern die „Julfest-Karten“, die von Frau und Herrn E. unterzeichnet seien. Hoffmann hält den entsprechenden Dateipfad vor, dann zitiert er aus dem Vermerk Ha.s bei der Datei „Maik.png“ handele es sich vermutlich um Maik E. und bei „Kathrin.png“ um Kathrin Z. geb. E. Ha. bestätigt das. Weiter sagt sie, es handele sich um ein Gedicht, umrandet mit Runenzeichen. Das war so eine Art Weihnachtsgedicht für Kathrin gewesen. Hoffmann fragt, ob Ha. sich auch an die Dateien „Schwiegereltern.png“ und „Ronny E.“ erinnere, was Ha. bestätigt. Dann fragt Hoffmann, ob sich Ha. erinnere, dass sie etwas gefunden habe, was zu einem Rückschluss auf die Tätowierung des André E. führen könne, Ha.: „Gut, dass sie mich erinnern.“ In den gelöschten Daten sei eine Art Screenshot von einem Hintergrundbild gefunden worden, das zeige die von Stephen King verwendete Clownsfigur für das Buch „Es“. André E. habe ein vergleichbares Motiv auf der Wade, so dass der Screenshot evtl. als Tattoovorlage gedient haben könne. Hoffmann sagt, es sei auch ein Bild von der erkennungsdienstlichen Behandlung E.s im Ordner. Ha. sagt, das sei quasi spiegelverkehrt tätowiert. Hoffmann möchte das Bild vorhalten, die Sitzung wird unterbrochen, um das Bild herauszusuchen. Um 14.24 Uhr geht es weiter mit der Inaugenscheinnahme des Screenshots mit der Clowns-Figur aus Kings „Es“ und einer Tätowierung mit dem gleichen Motiv. Die Motive seien sich schon sehr ähnlich, so Ha., auch wegen der Krallen, das Tattoo sei nur eben spiegelverkehrt. Dann fragt Hoffmann nach den Datei-Pfad, der unter dem Screenshot zu lesen war, dort stehe unter anderem „Utilities 2006“. Er will wissen, ob zu dieser Datei ein Datum feststellbar gewesen sei, wann das erstellt wurde oder hierhin gespeichert wurde. Ha. verneint das. Hoffmann möchte wissen, wie Ha. an das erkennungsdienstliche Bild von der Tätowierung gekommen sei. Das übersteige ihre Aussagegenehmigung, so hab, aber es gebe polizeiliche Dateien und sie könne da auch zugreifen. Hoffmann fragt anders, ob Ha. zeitlich vorgelagerte Bilder von E. gesehen habe, es gehe um eine zeitliche Einordnung, wann die Tätowierung entstanden ist. Ha. sagt, sie wisse gar nicht, ob eine frühere erkennungsdienstliche Behandlung E.s gespeichert sei. Hoffmann will wissen, ob Ermittlungen zu der Veranstaltung 2003 durchgeführt worden seien. Ha. sagt, sie und ihre Kollegin Kö. hätten nur den Auswertevermerk geschrieben, daher könne sie das nicht sagen. Der Anschluss der Kontaktnummer sei auf Manfred E. angemeldet. RA Daimagüler fragt, ob es weitere Nachforschungen gegeben habe, um festzustellen, um wen es sich bei den Fotos auf der vermeintlichen Schwedenfähre handele. Sie sei sich nicht sicher, antwortet Ha., aber sie meine nicht. Dieses erste Foto oben links im Auswertebericht, da hätten sie schon große Ähnlichkeit zum Bruder, Maik E., festgestellt. Sie könne aber nicht sagen, ob sie das hätten verifizieren lassen. Daimagüler will wissen, ob überprüft wurde, ob Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe an den Märschen in Kolding und Salem teilgenommen haben. Sie habe das nicht gemacht, so Ha., sie sei sich nicht sicher, ob die Fährdaten überprüft wurden, sie habe auch keine Kenntnisse, ob Kontakt zu schwedischen oder dänischen Sicherheitsbehörden aufgenommen wurde. RA Schön möchte, dass der Zeugin nochmal die Einladungskarten vorgehalten werden. Er fragt dann, ob es richtig sei, dass da Hakenkreuze abgebildet seien, was Ha. bestätigt. Auf Nachfrage sagt Ha. es seien zwar keine richtigen Unterschriften zu sehen, aber die Namen André, Susann und André-Sven. Dass HJ-Lieder gesungen werden sollten, sei Teil des Einladungstextes, so Ha. Da stehe außerdem, man solle sich ordentlich kleiden, damit man nicht als Nazis auffalle. Schön hält aus dem Einladungsschreiben vor, „wie es sich für Nationalsozialisten gehöre“ würden HJ-Lieder gesungen oder „völkische Musik“ von Frank Rennicke gehört, es handle sich nicht um eine Skinheadveranstaltung, sondern um ein Treffen „von Nationalsozialisten für Nationalsozialisten“. Schön fragt zum Inhalt der Musik auf der Rudolf-Heß-Veranstaltung. In Schweden sei schwedische Musik gespielt worden, aber in Dänemark sei ein Lied der Band „Die Lunikoff Verschwörung“ gespielt worden Ha. sagt, sie kenne den Text nicht, wisse aber, dass die Band „Lunikoff Verschwörung“ eine rechtsextreme Band sei. Zschäpes Verteidiger RA Heer fragt, ob Ha. etwas zur Validität des Zeitstempels von Computerdateien sagen könne. Ha. führt aus, das sei grundsätzlich schwierig, es komme ja auf den Computer an, das sei nicht belastbar. Allerdings finde man auf der Festplatte Hinweise in der Dateibezeichnung, dass Abspeichern und Änderungsdatum auch mit der Dateibezeichnung übereinstimmten. Wohllebens Verteidigerin RAin Schneiders fragt zur Textdatei mit den Sprüchen, da seien Rechtschreibfehler drin. Sie will wissen, ob das übernommen worden sei. Ha. bestätigt das, es sei ihrer Erinnerung nach auch kursiv geschrieben. Schneiders fragt, ob Ha. da auch in anderen Dokumenten etwas aufgefallen sei. In dem erwähnten Einladungsschreiben könne man feststellen, dass Grammatik, Rechtschreibung und Interpunktion nicht immer stimmig seien, so Ha. Die Vernehmung endet um 14.43 Uhr.

Es geht weiter mit dem Sachverständigen Stüben vom LKA Hamburg. Zunächst sagt Stüben, in sein Gutachten hätten sich einige Fehler eingeschlichen, die er dann aufzählt. Götzl sagt, die Fehler änderten ja nichts am Inhalt des Gutachtens. Stüben berichtet, der Sachbearbeiter St. habe ihm den Auftrag gegeben, von der DVD eine bestimmte Videosequenz betreffend die Hamburger Tat [Mord an Taşköprü] zu extrahieren, Einzelbilder zu erstellen. Er beschreibt, wie er mit Programmen Schlüsselbilder aus dem Video extrahierte und vergrößerte. Dann werden die Einzelbilder in Augenschein genommen. Man sieht dem Video entnommene Aufnahmen von der Trickfigur Paulchen Panther, einer Patronenhülse, die mit einem Kreidekreis markiert ist, und dann Tatortbilder vom Mord an Tasköprü. Teilweise sind man vergrößerte Bildausschnitte, etwa von der Hand Taşköprü. Inhaltlich habe er sich nicht mit dem Video beschäftigt, so Stüben, während er die Einzelbilder durchgeht. RA Kolloge fragt, ob man etwa feststellen könne, ob Bilder aus dem Fernsehprogramm stammen. Das könne man möglicherweise mit anderen Auswerteprogrammen machen, sein Auftrag sei aber keine Forensik der Datei gewesen. Auf Nachfrage von RA Heer, Verteidiger von Zschäpe, führt Stüben die Programme auf, die er verwendete. Dann fragt Heer, was mit“auf Funktionalität und Plausibilität überprüft“ gemeint sei. Es folgt eine längeres Gespräch, in dem Stüben versucht zu erklären, was er damit meint. Schließlich sagt Richter Götzl, er habe es verstanden und könne wohl zusammenfassen, dass Stüben Standbilder aus dem Film gemacht und daraus Vergrößerungen angefertigt habe. Im Saal gibt es Gelächter und auf der Besucherempore vereinzelt Applaus. Stüben sagt schließlich, dass Ergebnis entspreche dem, was angefordert worden sei und die Funktionalität sei schon auf der Dienststelle geprüft worden.

Es folgt der Zeuge Bo. Der Kriminalbeamte hat am 10. November 2011 eine DVD aus dem Brandschutt in der Zwickauer Frühlingsstraße ausgewertet. Er berichtet, es sei dort ein Video abgespeichert mit Zusammenschnitten des Rosaroten Panthers, diversen Fernsehmitschnitten und Zeitungsausschnitten, Animationen sowie Fotografien von augenscheinlich Tatorten. Das Ganze stelle eine „so eine Art Videotagebuch“ dar. Auffällig sei gewesen, dass einmal „Fälschung“ und „Original“ eingeblendet sei: Sie seien von Tatortfotos ausgegangen, die womöglich vom Täter gemacht worden seien. Am Ende der DVD sei eine Pistole eingeblendet, die nach Angaben von Beamten aus  Baden-Württemberg die Dienstwaffe eines Polizisten darstelle. Die Datenträger seien dann ans BKA übergeben worden. Götzl fragt nach einer Liste, die in der Anlage des Berichts enthalten sei: Bo. sagt, er könne nicht sagen, wie die dazu komme. Weiter sagt er, die DVD, die sie untersucht hätten, sei eine rötliche DVD gewesen, der nächste Datenträger sei grün gewesen. Beide seien mit „LightScribe“ gebrannt worden, also mit eingebrannten Labels, nicht mit den bunten Aufklebern. Diese bunten DVDs seien zum Teil in Briefumschläge eingelegt gewesen, man habe das an zwei, drei Briefumschlägen in der Asservatenhalle erkennen können. Möglicherweise stamme diese Liste von diesen Asservaten, sei sei aber mit Sicherheit nicht als Anlage zu seinem Bericht gedacht gewesen. Dann werden Einzelbilder, die Bo. aus dem Video extrahiert hat, in Augenschein genommen. Bo. sagt zu Beginn gebe es ein Menü, die DVD sei eine richtige DVD, die in jedem Player abspielbar sei. Sie sei am 22. Dezember 2007 entstanden oder zumindest gebrannt worden oder wenigstens sei da das Image zum Vervielfältigen entstanden. Bo. geht die schon bekannten Bilder durch und erläutert sie kurz. Danach fragt RA Heer, wie zuverlässig der Erstellzeitpunkt sei. Bo, sagt , der Erstellzeitpunkt sei nur insofern zuverlässig, als dieser Zeitpunkt bei dem Computer zu dem Zeitpunkt eingestellt gewesen sei. Die Vernehmung endet um 15.59 Uhr.

Danach verliest RAin Basay eine Stellungnahme zum Antrag auf Beiziehung der Ermittlungsakten zu Andreas Te. [siehe Protokoll 41]. Sie habe von der Möglichkeit der Akteneinsicht bei der Bundesanwaltschaft Gebrauch gemacht. Ihr sei es auch ermöglicht worden, Kopien anzufertigen, mit Hinweis auf die Privatsphäre von Andreas Te. habe sie dann diese aber nicht mitnehmen dürfen.  Die Beiziehung der Akten zu diesem Verfahren sei geboten, weil die Umstände für Glaubhaftigkeit des Zeugen Te. relevant seien. Eine Telefonüberwachung habe am Tattag um 17.19 Uhr, 15 Minuten nach der Tat, ein Gespräch mit einer rechtsgerichteten Quelle T.s ergeben. Im November 2011 sei erst bekannt geworden, dass T. auch um 16.11 Uhr, also vor der Tat, zehn Minuten mit der Quelle gesprochen habe. Am 26. April 2006, als Te. schon suspendiert gewesen sei, habe es ein Telefonat gegeben, wo die Quelle Te. gute Besserung wünscht. Am 28. April 2006 habe es noch eine Mailboxnachricht gegeben mit dem Text „Hi Alex (gemeint ist Te.), ich bins Svenni. Ich wollte nur sagen, es ist Post gekommen“. Die Beiziehung der Akten sei aber auch aus einem anderen Grund relevant. Ein Nachbar des Trios habe bekundet, dass er Böhnhardt und Mundlos zu einer Autobahnraststätte mitgenommen habe, wo ein schwarzer Mercedes mit einem Kasseler Kennzeichen gestanden habe. Aus den Akten gehe außerdem hervor, dass ein weiterer Zeuge in einem Schreiben an die Polizei ausgeführt habe, ihm sei etwa 30 Minuten vor der Tat ein Audi mit zwei Männern und ‚NES‘-Kennzeichen aufgefallen, etwa eineinhalb Kilometer vom Tatort in Kassel entfernt.

Dann stellt RA Klemke, Verteidiger von Ralf Wohlleben, den Antrag, Kommissar Er. aus Erfurt zu laden, der  die Gegenstände aus der 1998 in Jena durchsuchten Garage untersucht habe. Die Asservate seien als Rohrbomben nicht zündfähig gewesen, nur eine Blechdose sei zündfähig gewesen und die habe nur eine geringe Wirkung entfalten können. Der Zeuge KOK Sch. [siehe Protokoll XX]habe wiederholt darauf hingewiesen, die Angehörigen der „so genannten rechtsextremistischen Szene“ seien nicht davon ausgegangen, dass es sich lediglich um Attrappen gehandelt habe, sondern um zündfähige Rohrbomben. Diese Aussage werde durch die Aussage des Zeugen Er. widerlegt. Die BAW sagt, sie habe Er. ebenfalls schon als Zeuge benannt.

Der Verhandlungstag endet um 16.11 Uhr.

Rechtsanwalt Hoffmann, der Nebenkläger im Verfahren vertritt, bewertet die Zeugenaussage zu den Beobachtungen der Nachbarin von A.:
„Der Zeuge bestritt selbstverständlich, irgendwelche Kontakte in die Naziszene zu haben, alles andere hätte ihn ja auch zu einem Verdächtigen gemacht. Sein Abstreiten rechter Kontakte wirkte allerdings wenig glaubhaft: seine Kindern tragen Namen, die unmittelbar an nazistische Ideologie erinnern, beim Fußball hat er keine Probleme, mit Dortmunder Nazigrößen im selben Fanblock zu stehen, und den Spruch „Zick Zack Kanackenpack“ empfindet er nicht als politisch rechts. All das kann die Zeugenaussage der Nachbarin von vergangener Woche, nach dem 31. März 2006 habe sie Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gemeinsam mit einem bulligen Skinhead auf dem Nachbargrundstück neben ihrem Wohnhaus in Dortmund gesehen, nicht widerlegen. Diese Zeugenaussage ist aber insoweit problematisch, als die Beobachtung sieben Jahre her ist und die Zeugin sich Ende 2011 an die drei erinnerte, nachdem sie die Fahndungsbilder im Fernsehen gesehen hatte.“
Zu der Auswertung der Festplatte kommentiert er:
„In einem anderen Ordner auf dieser Festplatte fanden sich zahlreiche Dateien, die dem Angeklagten Eminger zuzurechnen sind, so etwa mit Hakenkreuzen versehene Weihnachtskarten an seine Eltern, Schwiegereltern und gesamte Familie, Vorlagen für Tattoos, Bilder seiner Frau und Kinder. Dies spricht dafür, dass Eminger, der sich mit Bildverarbeitung selbständig gemacht hatte, das Bekennervideo zusammengestellt und bearbeitet hat.“

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