Kurz-Protokoll 279. Verhandlungstag – 27. April 2016

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Am heutigen Verhandlungstag geht es erneut um den Lieferweg der Mordwaffe Ceska. Dabei steht die Aussage von Brigitte Ge. im Mittelpunkt. Sie ist die Ehefrau eines der vermutlich Beteiligten, Anton Ge. Sie wurde in der Schweiz vernommen und RiLG Stolzhäuser sagt dazu aus. Aus der Vernehmung ergibt sich allerdings nichts Neues zum Lieferweg der Waffe. Außerdem werden Dokumente verlesen.

Zeuge: Stefan Stolzhäuser (RiLG, abgeordnet zum GBA, Rechtshilfevernehmung von Brigitte Ge.)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:47 Uhr. Als Zeuge wird heute Richter am Landgericht Stefan Stolzhäuser gehört, der zum GBA in Karlsruhe abgeordnet ist. Götzl sagt, es gehe um die Vernehmungssituation anlässlich der Einvernahme der Zeugin Brigitte Ge. durch die StA Bern in Thun in der Schweiz am 31.03.2016. Götzl: „Herr Stolzhäuser, Sie haben das Thema gehört.“ Götzl bittet den Zeugen darum, zunächst von sich aus zu berichten. Stolzhäuser sagt, aus seiner Sicht sei die Vernehmung unkompliziert, unproblematisch abgelaufen. Die Zeugin sei pünktlich erschienen, sei belehrt worden vom vernehmenden Staatsanwalt Wiedmer über die rechtlichen Rahmenbedingungen, das Wesen der Rechtshilfevernehmung, ganz normal wie auch nach hiesigem Recht üblich. Sie sei auf die Pflichten als Zeugin hingewiesen worden und auch analog zu § 55 belehrt worden. Der StA Wiedmer habe dann den Fragekatalog des Senats abgearbeitet.
Hauptgegenstand seien Vorhalte aus der polizeilichen Vernehmung gewesen. Es sei um die Frage gegangen sei, was Ge.s Ehemann nach seiner Haftentlassung berichtet habe, was er bei seiner Vernehmung für Angaben gemacht habe, und ob sie sich an ihre Vernehmung erinnere und was ihr Mann ihr berichtet habe von seiner Vernehmung. Und dann sei es um Paketlieferungen gegangen, ob sie welche bekommen habe und an wen sie die weitergegeben habe. Ge. habe angegeben, dass sie sich nicht erinnere.
Götzl: „Wie hat sie sich verhalten?“ Stolzhäuser: „Sie wirkte nicht sehr aufgeregt, abgesehen von der üblichen Aufregung. Sonst habe ich nichts wahrgenommen. Sie hat nur knapp geantwortet und hat sich nicht erinnert meistens, schon gar nicht an die Vernehmung des Mannes. Mein Eindruck war, sie wollte nicht mehr mit dem Sachverhalt befasst werden.“ Der Zeuge wird um 10:15 Uhr entlassen.

Dann sagt Götzl, dass die Verfahrensbeteiligten eine Liste über Verlesungen bekommen hätten, daraus sei zunächst die Verlesung eines Behördengutachtens geplant.
Das Behördengutachten wird von Richter Lang verlesen. Es handelt sich um ein schriftvergleichendes Gutachten des KT-Instituts des BKA vom 06.12.2011 zur Frage, ob das entsprechende Schriftmaterial untereinander und mit Asservaten aus dem Bestand der „Zentralen Handschriftensammlung“ urheberidentisch ist oder nicht. Außerdem solle eine Aussage dazu getroffen werden, ob die Schreibleistungen durch eine weibliche oder männliche Person verfasst worden sind. Bei dem Schriftmaterial handelt es sich um einen Lebenslauf von Gunter Frank Fiedler, Teile einer Geburtsurkunde vom Max-Florian Bu. mit handschriftlichen Schreibleistungen auf der Rückseite und Teile einer Geburtsurkunde vom Max-Florian Bu. mit handschriftlichen Schreibleistungen auf Vorder- und Rückseite.
Der Lebenslauf von Gunter Frank Fiedler sei dabei „X1“, der im Original vorliege und mit Ausnahme der Überschreibungen voll analysierbar sei. „X1“ sei in Druck- bzw. Schreibdruckschrift gefertigt und die grafische Ergiebigkeit sei ausreichend für eine Untersuchung. „X2“ und „X3“ seien der Lebenslauf Bu. bzw. die Reproduktion desselben, hierzu wird bzgl. des Materials auf ein anderes Gutachten verwiesen. Zum Ergebnis verliest Lang, dass der interne Vergleich zu folgender Schlussfolgerung geführt habe: 1. Die Schriftzüge auf „X1“ Vorderseite und und „X1“ Rückseite von „Gunter Frank Fiedler“ bis „Chemnitz“ könnten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einem einzigen Schrifturheber zugeordnet werden.; 2. Die Schriftzüge von „Andreas [De.]“ bis „76“ auf „X1“ Rückseite seien mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht urheberidentisch mit den übrigen Schriftzügen auf „X1“; 3. Die Schreibleistungen auf dem Lebenslauf Bu., „X2“ bzw. „X3“, und die Schriftzüge auf „X1“ Vorderseite sowie „X1“ Rückseite von „Gunter Frank Fiedler“ bis „Chemnitz“ seien mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht urheberidentisch; 4. Mit hoher Wahrscheinlichkeit bestehe auch keine Urheberidentität zwischen den Schreibleistungen von „Andreas [De.]“ bis „76“ auf „X1“ Rückseite und den Schriftzügen auf „X2“ bzw. „X3“.
Danach verliest Richterin Odersky ein weiteres Behördengutachten. Es handelt sich erneut um ein Schriftgutachten, diesmal vom 27.03.2012. Das Gutachten ist aufgebaut wie das erste Gutachten. Auftrag sei, in einem schriftvergleichenden Gutachten zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das übersandte Material von Beate Zschäpe mit den im „BAO Trio“-Komplex vorliegenden fraglichen Schreibleistungen bzw. weiteren Asservaten aus der „Zentralen Handschriftensammlung“ urheberidentisch ist oder nicht.
Zum Ergebnis des Vergleichs der Schriftzüge mit Asservaten aus dem Bestand der „Zentralen Handschriftensammlung“ wird verlesen, dass zwischen dem Vergleichsschriftmaterial und dem aus dem „BAO Trio“-Komplex asservierten und bisher nicht identifizierten Schriftmaterial „Andreas [De.]“ bis „76“ [es handelt sich um Material, das im ersten verlesenen Schriftgutachten vom 06.12.2011 untersucht wurde]bestehe mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit Urheberidentität. Weitere Zusammenhänge mit Material aus der Handschriftensammlung hätten sich nicht ergeben. Der Verhandlungstag endet um 13:39 Uhr.

Der Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/04/27/27-04-2016/

Die vollständige Version des Protokolls findet sich hier.