Rassismus und rechtsextremer Terrorismus Kontinuitäten und Veränderungen im gesellschaftlichen Umgang mit Rassismus im Kontext von rechtsextremistischem Terrorismus

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Von Juliane Karakayalı

„Wir, Wir sind die Radikale Vielfalt an sich; das Schöne,
das Andere, das Sichtbare, das Mögliche.“
Naomi Henkel-Gümbel, Überlebende des Anschlags auf
die Synagoge in Halle im Oktober 2019 und
Newroz Duman von der Initiative 19. Februar,
die für Aufklärung des
Terroranschlags in Hanau im Februar 2020 kämpft. [1]

1. Die Selbstenttarnung der rechtsterroristischen Gruppe
„Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) im November 2011 offenbarte nicht nur, dass einer jahrelang unaufgeklärten Mordserie ein rassistisches Motiv zugrunde lag, sondern auch, dass weite Teile der Gesellschaft in Deutschland aufgrund ihres eigenen Rassismus nicht in der Lage gewesen waren, dies zu erkennen.[2] Während die Angehörigen der Ermordeten und die Überlebenden der Anschläge jahrelang gefordert hatten, Rassismus als Motiv in Betracht zu ziehen, erzählten Sicherheitsbehörden, Medien und Politiker*innen das Märchen von der Organisierten Ausländerkriminalität und erdichteten Drogengeschäfte, PKK-Bezüge und Ehrenmorde, ohne dass es eine zivilgesellschaftliche Kritik ob der mangelhaften Beweislage gegeben hätte (Aust/Laabs 2013). In Folge der Aufarbeitung des NSU-Komplexes rückten für die kritische Rassismusforschung dementsprechend der Mangel an einer Auseinandersetzung mit Rassismus in Deutschland generell und insbesondere mit institutionellem Rassismus in den Fokus sowie die Angehörigen der Ermordeten und die durch die Anschläge Geschädigten, die nicht nur als Opfer, sondern als zentrale Akteur*innen bei der Aufklärung der Morde in Erscheinung traten. Seither hat es weitere rechtsterroristische Anschläge gegeben, bei denen Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden, wie den Angriff auf das Olympia-Einkaufszentrum in München (2016),[3] den Mord an Walter Lübcke (2019), den Anschlag auf die Synagoge und einen Dönerimbiss in Halle (2019)[4] sowie die Überfälle auf zwei Shisha-Bars und einen Kiosk in Hanau (2020).[5] Hier stellt sich die Frage, inwiefern sich etwas an dem in der Aufarbeitung des NSU-Komplexes konstatierten Mangel an gesellschaftlicher Auseinandersetzung mit institutionellem Rassismus und dem Umgang mit den Angehörigen verändert hat. Dies soll im vorliegenden Beitrag anhand ausgewählter Aspekte diskutiert werden. Dafür werden in einem ersten Schritt grundlegende Überlegungen der rassismuskritischen Forschung zu natio-ethno-kultureller Zugehörigkeit und institutionellem Rassismus referiert und dann auf die rechtsterroristischen Attentate, den institutionellen Umgang mit ihnen und die Rolle der Betroffenen bezogen.

Foto: Protestfotografie.Frankfurt

2. Zugehörigkeit und institutioneller Rassismus
In der kritischen Rassismusforschung wird Rassismus als ein soziales Verhältnis verstanden, das die gesamte Gesellschaft strukturiert. Die „Konstruktion des Anderen“ erfolgt dabei, indem sich Gruppen über den Ausschluss anderer konstituieren. Dies erfolgt u.a. über Othering (Said 1978). Othering beschreibt Prozesse, in denen Gruppen diskursiv, symbolisch sowie durch soziale Praxen als komplementär unterschiedliche »Andere« erzeugt und festgeschrieben und einem »Wir« gegenübergestellt werden. Dem »Anderen« werden dabei vor allem negative, abgewertete Eigenschaften, Verhaltensweisen und Wertmaßstäbe zugeordnet (vgl. Ahmed 1993). Othering wirkt produktiv, indem diese Konstruktionen sowohl Ausschlüsse als auch Zugehörigkeiten produzieren, nämlich „Fraglich-Zugehörige“ und „Fraglos-Zugehörige“ (Broden/Mecheril 2007: 21). Diese Konstruktion ist in vielfältiger Weise funktional, indem sie jeweils eine Gruppe gegenüber einer anderen aufwertet, identitätsstiftend wirkt und einigen privilegierten Zugang zu im Kapitalismus verknappten Ressourcen gewährt, sei es auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt oder im Bildungsbereich. Ein für die folgenden Überlegungen zentrales Konzept ist das des institutionellen Rassismus. Institutioneller Rassismus ist ein Begriff, der im Kontext der Black Power Bewegung in den 60er Jahren von den Theoretikern und Aktivisten Stokely Carmichael und Charles Hamilton in den USA entwickelt wurde (vgl. Carmichael/Hamilton 1967). Sie beschreiben damit eine Form des Rassismus, die nicht direkt von Individuen ausgeht, wenig sichtbar ist, die aber sichtbare Ungleichheiten hervorbringt: beispielsweise eine höhere Sterblichkeit von schwarzen Menschen in den USA oder einen geringeren Bildungserfolg von Schüler*innen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Institutionen werden hier als Organisationen verstanden. Organisationen erfüllen nicht einfach (von der Politik) vorgegebene Normen, sondern entwickeln einen eigenlogischen Umgang mit den an sie herangetragenen Erwartungen, die auch oft widersprüchlich sind: die Routinen (vgl. March 1990). Routinen werden meistens so ausgebildet, dass sie den Eigeninteressen und auch den Ressourcen der Organisation entsprechen (vgl. Gomolla 2012). Sie müssen außerdem gegenüber einer Umwelt legitimierbar sein. Dafür bedient sich die Organisation institutionalisierter Wissensbestände, bestehend sowohl aus Professions- als auch aus Alltagswissen ihres Umfeldes über gesellschaftliche Realität, die selektiv und eigensinnig interpretiert werden (vgl. Hormel 2010: 177). Diese Auffassung von Organisation und organisationalem Handeln zugrunde gelegt lässt sich institutioneller Rassismus verstehen als Produkt des Zusammenwirkens von Regeln, Gesetzen, Normen, Vorgaben, professionellem und Alltagswissen sowie Routinen und Entscheidungen, die im Sinne von Organisationsinteressen ausgelegt und umgesetzt werden, und die Ausschlüsse entlang von natio-ethno-kultureller Zugehörigkeit zur Folge haben.
Im Folgenden wird mit diesem theoretischen Instrumentarium ein Blick auf den gesellschaftlichen Umgang mit Rassismus im Kontext von rechtsextremem Terrorismus geworfen, und zwar auf institutionalisierte Formen des Othering bei Sicherheitsbehörden, institutionelle Ausschlüsse, die Angehörige und Betroffene erleben, sowie die Produktion von neuen Formen der Zugehörigkeit durch die Betroffenen.

3. Institutionelles Othering im Kontext von rechtsextremem Terrorismus
In einer rassismuskritischen Perspektive lässt sich nachvollziehen, wie institutionelle Ausschlüsse in rechtsextremen terroristischen Taten gespiegelt werden. Oder, wie eine Überlebende des Anschlags auf die Synagoge in Halle formulierte: „What in the society made him think that he would be accepted for what he did?“ (Leftvision 21.7.2020). Für die Mordserie des NSU lässt sich feststellen, dass die Auswahl der Opfer einer gesamtgesellschaftlichen Problematisierung von Muslim*innen bzw. Migrant*innen aus der Türkei folgt, die sich auch in institutionellen Ausschlüssen wiederfindet (vgl. Karakayalı 2019; Karakayalı/Kasparek 2016). Betrachtet man den institutionellen Umgang mit dem Thema Migration im Zeitraum der Mordserien 2000 bis 2007, so wird deutlich, dass sich in diesen Jahren eine breite Akzeptanz der Migrationsrealität in Deutschland durchsetzte, die sich in liberalisierten Gesetzgebungen zur Einwanderung und Einbürgerung materialisierte und von einer kulturellen und sozialen Aufarbeitung der Migrationsgeschichte und -gegenwart flankiert wurde. Gleichzeitig materialisierte sich ein antimuslimischer rassistischer Diskurs (vgl. Shooman 2012) in der Migrationspolitik und in institutionellen Verfahrensweisen [6] und trug dazu bei, als muslimisch markierte Männer als Täter, nicht als Opfer zu sehen. Dazu trug maßgeblich auch die Konstruktion von muslimischen/türkischen Migranten durch die Sicherheitsbehörden bei: In diversen Dokumenten zum NSU-Komplex finden sich Aussagen und Einschätzungen, die einen antimuslimischen Diskurs widerspiegeln. So findet sich ein Verweis auf „archaische Norm- und Wertestrukturen“, die den unbekannten Tätern zugeschrieben werden, die es so in Deutschland nicht gäbe, sondern eher „im ost- und südosteuropäischen Raum“, vermutet wurden. Ehrenmord wurde lange Zeit als Motiv verfolgt, aber auch Drogenhandel oder eine Beteiligung der PKK. Das Ausbleiben von Ermittlungserfolgen wurde nicht auf einen falschen Ermittlungsansatz zurückgeführt, sondern darauf, dass die Migrant*innen sich als Parallelgesellschaft abschotten und gegenüber deutschen Behörden „dichthalten“ (vgl. Perinelli 2017) würden. Dass sich diese Überzeugungen elf Jahre lang hielten, obgleich es keinerlei Indizien oder Beweise dafür gab, lässt sich nur mit einem etablierten Rassismus erklären, der für seine Annahmen keinerlei Nachweis braucht. Die Folgen sind bekannt: Die Mordserie wurde weder gestoppt noch aufgeklärt, der Rassismus der Gesellschaft befeuert, die Angehörigen jahrelang durch Sicherheitsbehörden verdächtigt, drangsaliert und sozial isoliert.

Betrachten wir nun das Attentat von Hanau, so lässt sich feststellen, dass eben dieser so verheerende antimuslimische institutionelle Rassismus ganz offensichtlich nach wie vor handlungsleitend für Sicherheitsbehörden ist. Denn dem Attentat in Hanau ging eine jahrelange sicherheitspolitische und medial reißerisch begleitete Problematisierung von Shisha-Bars als Orten der organisierten „Clan“-Kriminalität voraus. Diese nimmt Fahrt auf, als das „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“ des Bundeskriminalamts 2018 erstmals „Clankriminalität“ als Unterkategorie einführt (vgl. BKA 2019). Unter „Clankriminalität“ werden nur Taten der organisierten Kriminalität geführt, die Menschen, die als „türkeistämmig“ oder „arabischstämmig“ gelten oder dem Westbalkan, den Maghreb-Staaten oder den Mhallamiye (so werden Kurden aus dem Libanon genannt) zugeordnet werden, verübt wurden (vgl. ebd.: 31). Die einzige Gemeinsamkeit dieser sehr unterschiedlichen Gruppen besteht darin, dass sie als muslimisch gelten. Und auch die Definition von „Clankriminalität“ [7] selbst besteht nahezu ausschließlich aus antimuslimischen Stereotypen (vgl. Shooman 2014), denn sie werden als „ethnisch-abgeschottete Subkulturen“ mit einer „eigenen Werteordnung“ beschrieben, die mit „patriarchalisch-hierarchischer Familienstruktur“ eine „mangelnde Integrationsbereitschaft mit Aspekten einer räumlichen Konzentration“ an den Tag legen (vgl. BKA 2019: 30). Hier findet sich alles, was einen rassistischen Migrationsdiskurs ausmacht: das Ghetto, die Parallelgesellschaft, die vormoderne patriarchale Familie, Kriminalität durch Abstammung. Diese Definition ist empirisch nicht haltbar, wie kriminologische Untersuchungen aufzeigen, weil in den meisten Fällen von „Clankriminalität“ Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit angeklagt werden und zumeist Personen unterschiedlicher Nationalitäten zusammenarbeiten (vgl. Reinhardt 2021: 8/9). Unabhängig davon stellt sich die Frage nach der Rechtmäßigkeit einer „genealogischen Sippenhaft“ (Liebscher 2020: 540), wenn Personen qua Familienzugehörigkeit und unabhängig von persönlich begangenen Taten verdächtigt werden. Hier zeigt sich eine polizeiliche Institutionalisierung von antimuslimischem Rassismus mit fatalen Folgen: Denn genau diese Annahmen leiteten im NSU-Komplex auch die polizeilichen Ermittlungen gegen die Angehörigen der Ermordeten (vgl. ebd.). Angesichts der – gemessen am wirtschaftlichen Schaden aber auch gemessen an der Gesamtheit der organisierten Kriminalität – geringen Bedeutung von „Clankriminalität“ stellt sich die Frage, warum sie so viel Aufmerksamkeit erhält (Feltes/Rauls 2020).[8] In der operativen Umsetzung sind seit 2018 bundesweit vor allem Shisha-Bars als sogenanntes legales Deckgeschäft in den Fokus der Kriminalitätsbekämpfung gerückt.[9] Wie insbesondere die Initiative „Kein Generalverdacht“ kritisiert, werden seitdem regelmäßig Razzien durchgeführt, die von der Presse detailliert und bildreich (z.T. auch mit Fernsehteams begleitet) dokumentiert, man könnte fast sagen: inszeniert werden. Abgesperrte Hauptverkehrsstraßen und Polizist*innen in voller Kampfmontur, ein brutales Auftreten, das auch in physischen Angriffen auf die oft jungen Besucher*innen mündet, vermittelt der Öffentlichkeit das Bild von schweren Straftaten und einer massiven Bedrohung sowie einer starken, durchgreifenden Ordnungsmacht (Wystrychowsky 2020). Ein oberflächlicher Check zeigt, dass seit 2018 die Berichterstattung über Clankriminalität massiv zugenommen hat.[10] Eine empirische Auswertung der Berichterstattung über solche Razzien (z.B. hinsichtlich rassistischer Stereotypisierungen) steht noch aus, zu erwarten ist aber, dass sich hier ähnliche institutionalisierte Mechanismen der Ethnisierung von Kriminalität und der Übernahme polizeilicher Deutungen anstelle von kritischer Recherche finden lassen, wie sie schon für die Berichterstattung über den NSU konstatiert wurde (Virchow et al. 2015). Flankiert wurden diese polizeilichen und medialen Praktiken im Umgang mit Shisha-Bars mit einer anhaltenden politischen Skandalisierung insbesondere durch die AfD, aber auch durch andere Parteien, die bundesweit mit Statements und kleinen Anfragen zu Gewalttaten, Nichtraucher*innen- oder Brandschutz sowie Steuerhinterziehung die Shisha-Bars als migrantische Orte außerhalb von Recht und Gesetz darstellten (vgl. Kleine Anfragen 2020). In allen Bundesländern – mit Ausnahme des Saarlandes und von Rheinland-Pfalz – wurden zwischen 2013 und 2020 insgesamt 43 Anfragen zu Shisha-Bars gestellt, von denen 17 von der AfD kamen; 32 dieser Anfragen stammen aus dem Zeitraum 2018 bis 2020 (ebd.).
Für die Frage, was sich im Zuge der Auseinandersetzung mit dem NSU verändert hat lässt sich feststellen, dass der antimuslimische Rassismus ganz offensichtlich nach wie vor fest institutionell verankert ist, mit direkten Folgen für die Kriminalisierung möglicher Opfer und die Verhinderung der Aufklärung von Straftaten.

2. Institutioneller Rassismus im Umgang mit den Angehörigen und Überlebenden
Auch in Hinblick auf den institutionellen Umgang mit Angehörigen von Ermordeten und Überlebenden extrem rechter rassistischer Anschläge zeigt sich, dass sich seit der Selbstenttarnung des NSU vor 10 Jahren kaum etwas getan hat hinsichtlich des Abbaus von institutioneller Diskriminierung. In Bezug auf den NSU haben insbesondere die Untersuchungsausschüsse des Bundes zu Tage gebracht, dass die polizeilichen Ermittlungen von einem institutionellen Rassismus geleitet wurden (vgl. Deutscher Bundestag Drucksache 17/14600; Deutscher Bundestag Drucksache 18/12950). Hier wurden die Opfer zu Tätern erklärt, Angehörige durch polizeiliche Ermittlungen drangsaliert, bedrängt, mit falschen Beweisen konfrontiert, beschämt und in der Folge isoliert von Nachbar*innen und Bekannten (vgl. Dostluk Sineması 2014; Güleç/Schaffer 2017; Şimşek 2013; John 2014). Die Angehörigen derer, die durch den NSU ermordet wurden, erfuhren aus den Fernsehnachrichten, wer die wahren Mörder waren (vgl. Şimşek 2013).
Ähnliche Erfahrungen machten auch die Überlebenden anderer terroristischer Anschläge. Die Überlebenden des Anschlags auf die Synagoge in Halle fühlten sich von der Polizei als Verdächtige behandelt, die Angehörigen der in Hanau Ermordeten wurden nachts in eine Turnhalle gerufen, wo ihnen die Namen der Ermordeten verkündet wurden (Perinelli 2020). Für eine Aufklärung des Tathergangs in Halle kämpfen die Überlebenden seit mehr als zwei Jahren vergeblich. Die Stadt Mölln hat den Überlebenden des Brandanschlags [11] 3000 Briefe mit Solidaritätsbekundungen, Hilfsangeboten und Geldspenden nicht zugestellt, erst 27 Jahre später kamen Überlebende in den Besitz dieser Briefe (vgl. NSU-Watch 2020a). Für den NSU-Prozess wurde insbesondere durch die beteiligten Anwält*innen darauf hingewiesen, wie wenig in den Abläufen vor Gericht die Angehörigen der Ermordeten berücksichtigt wurden und wie wenig ihre Perspektiven im Prozess Raum erhielten (vgl. Güleç/Schaffer 2017; NSU-Watch 2020; Daimagüler 2018). Wenigstens hier scheinen sich neue Verfahrensweisen herauszubilden: So kritisieren die Nebenkläger*innen im Halle-Prozess zwar, dass vor Gericht die rassistischen Phantasien des Angeklagten wiederholt wurden, zwei Mordversuche nicht als solche gewertet wurden und die Überlebenden darum kämpfen mussten, dass der Anschlag auf die Synagoge überhaupt als versuchter Mord und nicht nur als Sachbeschädigung gewertet wurde. Dafür wird positiv bewertet, dass den Nebenkläger*innen der Raum gegeben wurde, ihre Perspektiven in den Prozess einzubringen und die Taten mit dem gesamtgesellschaftlichen Rassismus und Antisemitismus zu kontextualisieren (NSU-Watch 2020b).
In vielen Fällen sind Geschäftsleute von rechtem Terrorismus betroffen, der unter anderem darauf abzielt, sichtbares, öffentliches migrantisches Leben aus den Städten zu vertreiben. Allerdings können Geschädigte keine entsprechende Entschädigung erhalten. Viele Überlebende rechter terroristischer Anschläge erholen sich wirtschaftlich nie wieder davon. Hier führt der Mangel an institutioneller Unterstützung im Endeffekt zu dem, was die Täter beabsichtigt haben: migrantisches Geschäftsleben aus den Innenstädten in Deutschland zu vertreiben. Hier zeigt sich ein eklatanter Mangel an institutionellem Wandel, denn die Berichte der Angehörigen Ermordeter und der Überlebenden von rechtsterroristischen Anschlägen gleichen sich über Jahre und Städte hinweg. Neben dem Schaden, der dadurch den Betroffenen direkt zugefügt wird, verhindert Institutionenhandeln aber auch eine angemessene gesellschaftliche Aufarbeitung des Terrorismus. Dies zeigt sich in dem weitgehenden Ausschluss von Überlebenden und Angehörigen von offiziellem Gedenken. Nahezu überall sind Angehörige und Überlebende damit konfrontiert, dass ihre Erfahrungen, Deutungen und Wünsche bei offiziellen Gedenkveranstaltungen nicht erwünscht sind. Die Familie Arslan veranstaltet nach einem jahrelangen Streit mit der Stadt Mölln um ein angemessenes Gedenken an den Brandanschlag von 1992 seit 2013 jedes Jahr an einem anderen Ort die „Möllner Rede im Exil“. İbrahim Arslan, Überlebender des Anschlags in Mölln, spricht davon, dass Opfer zu Statisten ihrer eigenen Geschichte gemacht werden (Arslan 2016). Diese Erfahrungen machen auch die Überlebenden und Angehörigen in Hanau, in München, Halle und all den Städten, in denen der NSU mordete (vgl. Perinelli 2020). Dieser Ausschluss ist kein Zufall, sondern Konsequenz daraus, dass der institutionelle Rassismus explizit nicht zum Gegenstand der Auseinandersetzung im Gedenken wird. Das Gedenkzeremoniell dient Politiker*innen dazu, den rechten Terrorismus zu verurteilen, ohne sich mit dem institutionellen Rassismus auseinandersetzen zu müssen. Angehörige und Überlebende würden diese Ordnung stören, denn sie würden über den Rassismus der Institutionen sprechen.

3. Postmigrantische Solidarität und das Sprechen über Rassismus
Auf der Ebene der institutionellen Ausschlüsse, so muss man bis hierher feststellen, hat sich im Umgang mit Rassismus im Kontext von extrem rechtem Terrorismus seit der Aufarbeitung des NSU-Komplexes vergleichsweise wenig verändert. Was sich aber deutlich geändert hat, ist die öffentliche Sichtbarkeit der Betroffenen und die Möglichkeit, den erfahrenen Rassismus auch als solchen zu thematisieren.
Bereits in den vielen Jahren der Ungewissheit über die Täterschaft der NSU-Mordserie organisierten sich Angehörige der Opfer untereinander. Im April 2007, nach dem Mord an Halit Yozgat, demonstrierten die Familien Şimşek, Yozgat und Kubaşık unter dem Slogan „Kein 10. Opfer“, erst in Kassel, später in Dortmund. Obgleich mehrere tausend Menschen diese Demonstrationen besuchten, wurden sie medial und gesellschaftlich kaum rezipiert (vgl. Bundeszentrale für politische Bildung 2013). Dennoch begann bereits hier eine Bewegung, die in den letzten Jahren immer größer geworden ist und der es mehr und mehr gelingt, den gesellschaftlichen Diskurs um rechtsextremen Terrorismus mit zu bestimmen. Nach der Enttarnung des NSU verschafften sich die Angehörigen der Ermordeten und die Überlebenden der Anschläge gemeinsam Gehör für ihre Forderung nach Aufklärung, sowohl in vielfältigen Veranstaltungen, Büchern (vgl. Şimşek 2013, Dostluk Sineması 2014), oder Interviews in verschiedenen Medien, aber auch im Rahmen künstlerischer Produktionen wie Filmen und Theaterstücken. Auf einer der größten Veranstaltungen, dem „Tribunal NSU-Komplex auflösen“ 2017 in Köln, sprachen Menschen miteinander, die zu unterschiedlichen Zeiten rechtsextremen Terrorismus erlitten hatten, wie beispielsweise Überlebende des Pogroms in Rostock-Lichtenhagen 1993 und der Freundeskreis des 1985 von Neonazis in Hamburg ermordeten Ramazan Avcı. So hat in den Jahren seit der Selbstenttarnung des NSU eine bemerkenswerte Vernetzung stattgefunden. Überlebende des Brandanschlags von Mölln solidarisierten sich nach der Selbstenttarnung des NSU mit den Angehörigen der durch den NSU Ermordeten. Überlebende des Anschlags auf die Synagoge in Halle traten nach dem Vorbild der durch den NSU-Terror Betroffenen als Nebenkläger*innen vor Gericht auf, um die Möglichkeit zu nutzen, Einfluss auf die Ermittlungen zu nehmen. Nach dem Anschlag in Hanau reisten Überlebende aus Halle und Angehörige der durch den NSU Ermordeten zur Unterstützung der Überlebenden an. Zudem formieren sich neue Bündnisse wie in Halle, wo die Überlebenden des Angriffs auf die Synagoge und die Überlebenden des Angriffs auf den Imbiss gemeinsam die Verbindung der Kämpfe gegen Antisemitismus und Rassismus fordern und diese Forderung durch gemeinsame Aktivitäten selbst einlösen. Ebenso verbinden sich in der Initiative 19. Februar in Hanau Menschen mit sehr unterschiedlichen Migrationsbezügen und Rassismuserfahrungen.
Daraus entsteht eine Art postmigrantische Solidarität (Perinelli 2020), die dem rassistischen Ausschluss aus der Gesellschaft durch die terroristischen Attentate etwas entgegensetzt und verhindert, dass der rechtsextreme Terrorismus Zugehörigkeitserfahrungen strukturiert.

Hingewiesen wurde bereits darauf, dass sich die Terrorattentate auch der 90er-Jahre tief in das kollektive Bewusstsein der türkischen Community in Deutschland eingeschrieben haben (vgl. Sarp 2016; Kulacatan 2016). Direkt nach der Enttarnung des NSU ergab eine Umfrage des FutureOrg-Instituts unter Menschen mit türkischem Migrationshintergrund, dass zwei Drittel der 1000 Befragten verängstigt sind, Sicherheitsmaßnahmen ergreifen und das Vertrauen in staatliche Behörden verloren haben (Sezer/Brüssow 2013). Der mangelnde Schutz vor und die mangelnde Aufklärung von rechtem Terrorismus stellen Zugehörigkeit sowohl auf der Ebene der symbolischen Mitgliedschaft als auch auf der Ebene der habituellen Wirksamkeit in Frage. Auch die Angehörigen der Opfer des NSU beschreiben, dass erst diese Taten ihr zuvor als selbstverständlich angesehenes Leben in Deutschland infrage stellte und sie zu ,Ausländern´ machte (u.a. Şimşek 2013) und die Art und Weise, wie die Angehörigen der in Hanau Ermordeten die enge Verbundenheit der Opfer mit der Stadt betonten, zeigt einerseits die Selbstverständlichkeit, mit der sie dort gelebt haben, verweist aber andererseits auch darauf, wie sehr diese Selbstverständlichkeit durch den Angriff in Frage gestellt worden ist. Gleichzeitig verteidigen viele der Überlebenden eine postmigrantische Lebensweise und Solidarität (Perinelli 2020). Diese Vernetzung und die Unermüdlichkeit, mit der die Angehörigen und Überlebenden immer wieder ihre Erfahrungen thematisieren, erweitern auch die Möglichkeiten der Thematisierung von Rassismus.
Der rechte Terrorist, der 2016 das Attentat auf das Münchner Olympia-Einkaufszentrum verübte, erschoss neun als migrantisch gelesene Jugendliche und brüllte dabei rassistische Beschimpfungen. Die Angehörigen der Ermordeten forderten die Stadt München auf, diese Tat als rassistisch motiviert anzuerkennen, auch um sie verarbeiten und damit abschließen zu können. Die Stadt München verweigerte dies drei Jahre lang und änderte ihre Haltung erst, nachdem in drei Gutachten aus der Rechtsextremismusforschung die individuelle Motivation des Täters als rassistisch identifiziert wurde (vgl. Quent 2017).
Während die Angehörigen derer, die im Olympia-Einkaufszentrum in München ermordet wurden, noch darum kämpfen mussten, war es nach den Anschlägen von Halle und Hanau möglich, über Rassismus und Antisemitismus als Tatmotiv und Ermöglichungsbedingung zu sprechen. Seit vielen Jahren wird von Angehörigen Ermordeter sowie antirassistischen Initiativen kritisiert, dass die öffentliche Konzentration auf die Täter*innen rechten Terrors deren Wunsch nach Ruhm und Anerkennung erfülle. Zudem fördere dies die Identifikation der Gesellschaft mit dem Täter und erschwere Empathie mit den oft namenlos bleibenden Opfern. Diese Kritik ist offensichtlich angekommen, die Täter der Attentate von Halle und Hanau haben nicht annähernd die Ikonisierung erfahren wie die Terrorist*innen des NSU. Dagegen hat sich die Forderung İbrahim Arslans etabliert, stärker die Opfer in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung zu rücken, statt die Täter (vgl. Arslan 2016). Unter dem aus der Black Lives Matter-Bewegung entliehenen Slogan „Say their names“ hat sich nach Hanau das Sprechen über die Opfer und die Nennung ihrer Namen schnell verbreitet. Die Kämpfe der durch den rechten Terrorismus Geschädigten sind eine maßgebliche treibende Kraft in einer längst überfälligen Modernisierung des Diskurses um Rassismus in Deutschland.

Schluss
Ein Blick auf den gesellschaftlichen Umgang mit Rassismus im Kontext von rechtsextremem Terrorismus zeigt, dass die Aktivitäten der durch den Terrorismus Betroffenen maßgeblich zu einer Veränderung des Diskurses um Rassismus beitragen. Gleichzeitig scheint sich auf der Ebene der Institutionen seit der Enttarnung des NSU nur wenig getan zu haben. Der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses des Bundes schließt mit einer ganzen Reihe von Empfehlungen, was zu tun sei, um institutionellen Rassismus abzubauen (Deutscher Bundestag Drucksache 2017). Die Tatsache, dass es keine fortlaufende Dokumentation über die seither ergriffenen Maßnahmen gibt, macht es unmöglich nachzuvollziehen, ob und wie sie umgesetzt wurden und verweist auf einen Mangel an Aufmerksamkeit gegenüber diesem Thema. Die massive Abwehr des Bundesinnenministers Horst Seehofer, institutionellen Rassismus bei der Polizei anzuerkennen und erforschen zu lassen, zeigt, wie wenig Bereitschaft vorhanden ist, die Sicherheitsbehörden zu demokratisieren und verantwortlich zu machen. Und auch der Maßnahmenkatalog des Kabinettsausschusses zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus (Bundesregierung 2020), der in Reaktion auf die Anschläge in Halle verfasst wurde, verdeutlicht, dass Rassismus nicht als eine institutionelle Struktur verstanden wird, die es auch durch strukturelle Maßnahmen abzubauen gilt. Vielmehr stehen Fortbildung, Aufklärung und Sensibilisierung (auch von Mitarbeiter*innen im öffentlichen Dienst) im Vordergrund. Rassismus wird hier einmal mehr als individuelle Einstellung adressiert. Den institutionellen Rassismus zu bekämpfen ist also dringend geboten, um Rassismus im Kontext von rechtem Terrorismus abzubauen.

Literatur
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Fußnoten

[1] Die Zitate stammen aus der „Möllner Rede im Exil“ (2020).
[2] Ermordet wurden Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık und Halit Yozgat sowie die Polizistin Michèle Kiesewetter. Seit vielen Jahren wird von Angehörigen Ermordeter sowie antirassistischen Initiativen kritisiert, dass die öffentliche Konzentration auf die Täter*innen rechten Terrors deren Wunsch nach Ruhm und Anerkennung erfülle. Zudem fördere dies die Identifikation der Gesellschaft mit dem Täter und erschwere Empathie mit den oft namenlos bleibenden Opfern. Darum werden im Folgenden die Namen der Täter nicht genannt, wohl aber die der Opfer (Arslan 2016). Die Nennung der Namen ist auch ein – wenngleich hilfloser – Versuch, die Verobjektivierung der Ermordeten als wissenschaftlicher Untersuchungsgegenstand zu problematisieren.
[3] Ermordet wurden Armela S., Sabina S., Sevda D., Can L., Selçuk K., Janos Roberto R., Hüseyin D., Dijamant „Dimo“ Z., Giuliano-Josef K.
[4] Ermordet wurden Jana L. und Kevin S.
[5] Ermordet wurden Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Fatih Saraçoğlu sowie die Mutter des Täters.
[6] Die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts schloss die Option einer doppelten Staatsbürgerschaft – die vor allem für türkische Migrant*innen und ihre Nachkommen relevant gewesen wäre – aus. Wer eigenmächtig die zweite Staatsangehörigkeit erwarb, wurde als „illegaler Doppelstaatler“ diffamiert und verlor seine deutsche Staatsangehörigkeit. Das Nachzugsalter für Ehegatten aus Drittstaaten wurde erhöht, die Einbürgerungstests in NRW für muslimische Bewerber*innen verändert (vgl. Karakayalı 2019; Karakayalı/Kasparek 2015).
[7] In den Bundesländern bestehen zum Teil davon abweichende Definitionen.
[8] Stuart Hall hat anhand einer empirischen Studie in den 70er Jahren den Begriff der „moral panic“ geprägt, der hier aufschlussreich erscheint (vgl.
[9] Wie NRW-Innenminister Reul formulierte: „Das Umfeld dieser Bars ist in NRW der Boden für Clan-Kriminalität.“ (Aachener Nachrichten, 15.11.2018)
[10] Die digitalen Archive der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und des Tagesspiegel wurden in Hinblick auf die Anzahl der Nennungen des Begriffs „Clankriminalität“ durchsucht. Die Süddeutsche Zeitung verzeichnet von 1992 bis 2020 insgesamt 212 Treffer, davon 197 im Zeitraum 2018 bis 2020. Die FAZ verzeichnet von 1993 bis 2020 insgesamt 122 Treffer, davon 119 im Zeitraum 2018 bis 2020. Der Tagesspiegel verzeichnet von 1996 bis 2020 129 Treffer, davon liegen 117 zwischen 2018 und 2020.
[11] Bei diesem Anschlag am 23.11.1992 kamen Yeliz und Bahide Arslan und Ayşe Yilmaz ums Leben.