„War er nur ein ahnungsloser, naiver Bekannter oder wusste er von Anfang an von dem zwischen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe umgesetzten Tatkonzept?“ Bericht: Revisionsverhandlung zum Urteil gegen André Eminger im Münchener NSU-Prozess – Bundesgerichtshof, Karlsruhe, 2. Dezember 2021

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Gegen das Urteil im NSU-Prozess vom 11. Juli 2018 hatten sowohl die Verteidigung von André Eminger als auch – im Unterschied zu den Urteilen gegen die anderen vier Angeklagten – die Bundesanwaltschaft Revision eingelegt. Eben weil bei Eminger auch die BAW Revision eingelegt hatte, kam es hier zu einer mündlichen Verhandlung am Bundesgerichtshof. (Zu den Hintergründen unser Interview mit Nebenklagevertreter RA Dr. Björn Elberling: „Ob der BGH in die allgemeine Schlussstrich-Tendenz zum NSU-Komplex einstimmen wird, wage ich nicht vorherzusagen.“)

Kundgebung vor dem BGH (Foto: Robert Andreasch)

Die Verhandlung vor dem 3. Strafsenat des BGH beginnt pünktlich um 10:00 Uhr im Sitzungssaal E101. Der Senat besteht heute aus dem Vorsitzenden Richter am BGH Prof. Dr. Schäfer und den Richtern am BGH Prof. Dr. Paul, Dr. Berg, Dr. Anstötz und Dr. Kreicker. Die Seite des Generalbundesanwalts wird vertreten von Bundesanwalt beim BGH Jochen Weingarten und von Bundesanwalt Dr. Ralf Wehowsky. Weingarten war auch Sitzungsvertreter der BAW beim Münchener Prozess, damals noch als Oberstaatsanwalt. Als Vertreter*innen der Nebenkläger*innen aus dem Komplex Bombenanschlag in der Probsteigasse 2001 sind RAin Edith Lunnebach und RAin Christina Clemm da. André Eminger selbst ist nicht anwesend. Er wird vertreten von seinen Anwälten RA Herbert Hedrich, der bereits im Münchener Prozess sein Anwalt war, und RA Oliver Freitag.

Richter Schäfer sagt beim Hereinkommen zu einem Fotografen: „Fast hätte ich gesagt: Ich hoffe, Sie haben Ihren Farbfilm dabei.“ [Schäfer spielt darauf an, dass am selben Tag beim Zapfenstreich zur Verabschiedung von Bundeskanzlerin Angela Merkel der Song „Du hast den Farbfilm vergessen“ gespielt werden soll.] Vorsitzender Richter Schäfer eröffnet die Verhandlung. Nach der Präsenzfeststellung sagt er, dass verhandelt werde über die Revision des Angeklagten Eminger und die Revision des GBA diesen Angeklagten betreffend zu einem Urteil des OLG München vom 11. Juli 2018, Berichterstatter sei Richter Dr. Berg.

Zunächst verliest Richter Berg als Berichterstatter die schriftlichen Revision des Angeklagten gegen das Münchener Urteil, dann die schriftliche Revision des GBA gegen den Teilfreispruch Emingers. Hierin geht es zunächst um Bahncards, die der Angeklagte Eminger 2009 auf seinen Namen und den Namen seiner Frau beantragt habe. Dafür habe Eminger Lichtbilder von Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe vorgelegt und „wie im Vorfeld abgesprochen“ habe er die Bahncards an Zschäpe und Böhnhardt übergeben. Da Eminger nicht die Kündigung des Abos erklärt habe, habe die DB ihm 2010 und 2011 zwei weitere Karten zugesendet, die er ebenfalls weitergereicht habe. Die Kosten habe er beglichen. Dem Angeklagten sei bekannt gewesen, dass die Bahncards auch ermöglichten, sich behelfsmäßig auszuweisen. Der Angeklagte habe damit gerechnet, dass seine Handlungen sich positiv auf die Handlungen der terroristischen Vereinigung auswirken. Der Teilfreispruch betreffe vier weitere vom GBA erhobene Vorwürfe der Anklageschrift. In drei Fällen habe der Angeklagte jeweils ein Wohnmobil an Böhnhardt und Mundlos übergeben, die es jeweils eingesetzt hätten, um Straftaten auszuführen. Auf diese Weise habe der Angeklagte diese drei Taten gefördert. Es geht bei diesen drei Taten um einen Überfall auf eine Postfiliale in Chemnitz im Jahr 2000, einen Überfall auf eine Sparkasse in Chemnitz im Jahr 2003 und um den Anschlag in der Probesteigasse in Köln 2001. Das OLG habe bezüglich Eminger diese drei Taten dahingehend bewertet, dass der Angeklagte objektiv Hilfe geleistet habe.

Gleichwohl habe das OLG den Angeklagten Eminger diesbezüglich freigesprochen, weil es sich nicht habe überzeugen können, dass er mit dem erforderlichen Vorsatz gehandelt hat. Denn Eminger habe nicht nachgewiesen werden können, dass er die Möglichkeit in Kauf genommen hat, dass das Fahrzeug für einen Bombenanschlag Verwendung findet. Beim Freispruch in Fall 4 geht es darum, dass Zschäpe im Dezember 2006 bei polizeilichen Ermittlungen als mögliche Auskunftsperson benannt wurde. Ein Polizeibeamter erschien an der Türe in der Polenzstraße 2 in Zwickau. Nachdem sich Zschäpe mit dem Namen der Ehefrau des Angeklagten vorgestellt habe, habe der Beamte sie zur Zeugenvernehmung vorgeladen. Am 11.01.2007 habe der Angeklagte Eminger Zschäpe zur Polizei begleitet, die sich dort als seine Ehefrau ausgegeben und mit dem Personalausweis seiner Ehefrau ausgewiesen habe. Der Angeklagte habe somit den Fortbestand der terroristischen Vereinigung NSU gesichert. Das OLG habe angenommen, das festgestellte Verhalten begründe eine Strafbarkeit des Angeklagten Eminger wegen Unterstützung einer krimineller Vereinigung, habe ihn aber freigesprochen, weil bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Soweit der GBA ihn wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung angeklagt habe, sei Eminger „aus tatsächlichen Gründen“ freigesprochen worden. Berg: „Soweit der Sachvortrag, die Formalien der Rechtsmittel sind überprüft, Beanstandungen haben sich nicht ergeben.“

Richter Schäfer: „Ich möchte den Verfahrensgegenstand zusammenfassen und ein, zwei Worte zu den revisionsrechtlichen Schwerpunkten verlieren. Zusammengefasst geht es zum einen um die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen Unterstützung der Vereinigung NSU – Beschaffung der Bahncards. Es geht zum anderen um die Revision des Generalbundesanwalts, beschränkt auf den Teilfreispruch. Dieser Teilfreispruch betrifft vier Vorwürfe: Beteiligung Überfall Chemnitz November 2000, Beteiligung Sprengstoffattentat Probsteigasse Dezember 2000/Januar 2001 und Überfall Sparkasse Chemnitz 2003. Der Vorwurf ging dahin, dass er Beihilfe geleistet habe durch Wohnmobilanmietung. Der vierte Vorwurf ist das Überlassen des Personalausweises der Susann Eminger und die Begleitung von Frau Zschäpe zur polizeilichen Vernehmung am 11. Januar 2007, wo deren falsche Identität auch bestätigt wurde. Schwerpunkt der revisionsrechtlichen Betrachtung nach vorläufiger Sicht des Senats ist die Frage des Vorsatzes des Angeklagten Eminger betreffend die Zielsetzung des NSU und letztlich auch der Beteiligung an Raubüberfällen und Sprengstoffattentaten. Das OLG hat, was den diesbezüglichen Vorsatz des Angeklagten Eminger betrifft, drei Phasen unterschieden: Kennenlernen 1998, dann die erste Phase Kenntnis des Angeklagten Eminger lediglich vom Leben im Untergrund, drohende Haftstrafe Böhninger [gemeint: Böhnhardt] als Grund. Zweite Phase ab 2006, Vorsatz des Angeklagten Eminger auch insoweit, dass die Begehung von Raubtaten in Rede steht und nach der polizeilichen Vernehmung 11. Januar 2007 Vorsatz des Angeklagten Eminger auch bezüglich darauf, dass der NSU auf die Begehung von Tötungsdelikten gerichtet war. Es geht aus unserer Sicht vor allem darum, ob die Beweiswürdigung, auf deren Grundlage das OLG zu diesen Feststellungen gekommen ist, revisionsrechtlicher Kontrolle standhält. Dazu nur ganz kurz: Gestatten Sie mir zum Verständnis für alle noch zwei Sätze zur Aufgabenteilung zwischen Tat- und Revisionsgericht. Es gilt der Grundsatz, dass die Beweiswürdigung Sache des Tatgerichts ist, des OLG München. Wir sind keine [betont]zweite Tatsacheninstanz. Wir bewerten die Beweise nicht selbst. Vor uns sind sie ja auch nicht erhoben worden. Deshalb überprüfen wir nur, nur in Anführungszeichen, immerhin aber auch nur, ob die Beweiswürdigung der Tatgerichte Rechtsfehler enthält. Zum Beispiel bei Verstößen gegen Denkgesetze.“ Es gehe, so Schäfer, außerdem darum, ob die Beweiswürdigung Widersprüche enthalte oder relevante Lücken. Schäfer: „Zu diesen Punkten würden uns Ihre Auffassungen in besonderer Weise interessieren.“ Die Beteiligten könnten aber auch andere Punkte vortragen aus ihrer Sicht.

Zur Reihenfolge der Vorträge sagt Schäfer, dass zunächst die Verteidigung zu ihrer eigenen Revision vorträgt, dann der GBA erwidert, dann der GBA zu seiner Revision vorträgt, dann die Nebenklage das Wort bekommt und am Ende die Verteidigung zur Revision des GBA plädiert.

Eminger-Anwalt Hedrich: „Ich spreche hier heute für den einzigen noch nicht rechtskräftig Verurteilten aus dem NSU-Komplex, André Eminger. Er ist in vielen Punkten freigesprochen, in einem verurteilt worden, Stichwort Bahncards. Und die Revision richtet sich ausschließlich gegen seine Verurteilung hinsichtlich der Unterstützung terroristische Vereinigung in der Fassung 2003, insoweit er durch Zurverfügungstellung von Bahncards auf seinen Namen und den seiner Ehefrau für Böhnhardt und Zschäpe mitgewirkt hat. Ich war tätig mit dem Kollegen Kaiser, der kurz nach dem Verfahren verstorben ist.“ An Kaisers Stelle sei RA Freitag getreten, der vom ersten Hauptverhandlungstag als Hedrichs bestellter Vertreter das Verfahren begleitet habe und Kenntnis über das gesamte Verfahren habe. Hedrich: „Eine weitere Vorbemerkung: Frau Zschäpe hat eine Anhörungsrüge erhoben und Klage vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Das hindert aber nicht an der Rechtskraft der hiesigen Entscheidung: Das heißt es steht fest, dass es eine terroristische Vereinigung NSU gegeben hat, so wie es das OLG München festgestellt hat. Ich habe davon auszugehen, dass es eine terroristische Vereinigung gegeben hat und es dazu keine Entscheidungsalternativen gibt. Den Begriff ‚Behelfsidentitätsnachweise‘ für Banhncards hat die Bundesanwaltschaft geprägt. Ich muss in die Historie der Bahncards eindringen, in das Jahr 2009. Antrag von Mai 2009 auf Erteilung der beiden Bahncards. Denn zu dem Zeitpunkt waren die Banhncards mit Lichtbildern versehen. 2010/2011 und 2011/2012 waren sie nicht mehr mit Lichtbildern versehen, um den Kostenaufwand zu sparen. Auf der Rückseite ist eine Leiste zum Unterschreiben. Der Strafsenat hat im Urteil keine Ausführungen gemacht, sondern nur gesagt: Weil einmal ein Antrag gestellt wurde und sich nichts geändert hat, wenn er nicht gekündigt hat, dazu ist quasi ein Vorsatz ‚ich verschaffe denen die Bahncards‘ ein paar Jahre durchgelaufen. Die Frage ist: Was ist eine Bahncard? Ich muss einen Ausflug ins Zivilrecht machen. Nach § 311 BGB ist sie eine Rabattkarte, zugrunde liegt ein Vertrag sui generis. Das heißt die Bahncard als Rabattkarte ist per se zum Bahnfahren nicht geeignet. Das heißt man braucht zusätzlich zu einer Bahncard ein gültiges Ticket und man braucht einen Identitätsnachweis. Und die Karte ist nicht übertragbar. 2009 ist da ein Lichtbild drauf von Böhnhardt und Zschäpe und die Karten sind in deren Besitz. Die Beweisaufnahme hat nicht erbracht, dass von den Karten Gebrauch gemacht worden ist. Sowohl als Behelfsidentitätsnachweise als auch als Bahncards. Und es kommt noch dazu: Das, was Herr Eminger gemacht hat, den Antrag zu stellen und die Lichtbilder da reinzubasteln, das wäre eine mittelbare Falschbeurkundung, die er veranlasst hat. Was ist überhaupt eine Bahncard, ist das eine Urkunde? Das OLG München hat sich dazu nicht expressis verbis positioniert, sondern einfach gesagt: Es ist eine Urkunde.“

Er vertrete, so Hedrich, die Auffassung, dass man mit einer Bahncard als solcher nichts anfangen kann. Bei der Bahncard mit Foto 2009/2010 könne man noch streiten, aber wenn nur noch der Name steht auf der Bahncard, dann sei das kein Identitätsnachweis. Hedrich: „Aus meiner Sicht also kein Zurverfügungstellen eines Behelfsidentitätsnachweises. Es reichte in beiden Fällen nicht zum Bahnfahren und Böhnhardt und Zschäpe hatten keine über die Bahncard hinausgehenden Anschlussidentitätsnachweise.“ Wenn der zusätzliche Identitätsnachweis nicht geführt werden könne, sei auch das „Konstrukt der Bundesanwaltschaft ‚Behelfsidentitätsnachweise‘“ nicht erfüllt. 2009 sei Böhnhardt exzellent legendiert gewesen, habe über einen Reisepass von Holger Gerlach verfügt. Für ihn, so Hedrich, habe es sich eh nicht erschlossen, warum Böhnhardt sich keine Bahncard auf Gerlachs Namen beschafft habe: „Das hätte ja zu einem geschlossenen Identitätsnachweis geführt. Eine innere Logik hat das Ganze nicht. Ich bin der Rechtsauffassung, das ist kein Behelfsidentitätsnachweis gewesen. Und aus dem Grunde habe ich bereits im Erkenntnisverfahren einen Freispruch beantragt.“ Eine Bahncard sei eine Rabattkarte, kein Identitätsnachweis, so Hedrich. Hedrich weiter: „Insoweit meine ich, dass die meinem Mandanten zur Last gelegte Unterstützungshandlung einer terroristischen Vereinigung nicht gegeben ist.“ Hedrich beantragt, seinen Mandanten vom Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung freizusprechen.

Schäfer: „Vielen Dank, Herr Verteidiger. Aber es geht erst mal um ihre Revision und wenn ich das richtig verstehe, beantragen Sie das Urteil des OLG München aufzuheben und den Angeklagten freizusprechen. Sie wissen, dass eine eigene Entscheidung nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, üblicherweise wird das Urteil zur Entscheidung an einen anderen Strafsenat des OLG zurückzuverweisen sein. In der Sache versuche ich Ihre Ausführungen revisionsrechtlich einzuordnen und habe sie so verstanden: Die Beschaffung der Bahncards, das war letztlich keine Unterstützungshandlung in Bezug auf eine terroristische Vereinigung. Richtig verstanden?“ RA Freitag: „Hoher Senat, ich habe nichts zu ergänzen.“

Bundesanwalt Wehowsky: „Ich werde zunächst ein paar einleitende Worte sprechen und anschließend wird Kollege Weingarten übernehmen zur Revision des Generalbundesanwalts. Der 3. Strafsenat hat die Revision von Zschäpe, Gerlach und Wohlleben gegen das Urteil des OLG München abgesehen von einer Schuldspruchberichtigung bei Zschäpe verworfen. Das Urteil ist insoweit rechtskräftig. Heute sprechen wir nur über den Angeklagten Eminger. In der Sache haben sie nur Ausführungen zum Materiellrechtlichen gemacht, nicht zu Verfahrensfehlern.“ Wehowsky nennt noch einmal die vier Unterstützungshandlungen, um dies es geht. Wehowsky: „Dass der Angeklagte die Leistungen tatsächlich erbracht hat und diese Leistungen objektiv nützlich waren und die Anmietung der Wohnmobile die Raubüberfälle unterstützte sowie die Begehung des Sprengstoffanschlags in Köln erleichterte, das dürfte außer Frage stehen. Es geht nur um die Würdigung im subjektiven Bereich: Was wusste der Angeklagte über die Begehung von Straftaten durch Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe, war er nur ein ahnungsloser, naiver Bekannter oder wusste er von Anfang an von dem zwischen Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe umgesetzten Tatkonzept, Finanzierung durch Raubüberfälle, und Begehung von Tötungsdelikten durch Böhnhardt und Mundlos.

Der Vorsitzende hat schon dargestellt, dass das OLG hier drei Stufen angenommen hat; der Vorsitzende hat das präzise zusammengefasst. Bei der Revision des Angeklagten geht es um die sogenannte dritte Stufe. Diese dritte Stufe ordnet das OLG unmittelbar nach der polizeilichen Zeugenvernehmung ein. Nach der Vernehmung 2007 habe der Angeklagte Eminger Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe in der Wohnung getroffen und gefragt, warum sie immer noch im Untergrund lebten, worauf sie ihm reinen Wein eingeschenkt und über ihre Tötungsdelikte informiert haben.“ Daher sei das Überlassen von Bahncards als Unterstützung einer terroristischen Vereinigung gewertet worden. Wehowsky weiter: „Die Beweislage war in der Hauptverhandlung schwierig. Der Angeklagte hat sich nicht eingelassen, Böhnhardt und Mundlos sind tot. Zschäpe hat in der Einlassung bestritten, dass der Angeklagte bis zum 11. Januar 2007 etwas von der Vereinigung NSU und den Raub- und Mordtaten gewusst habe. Erst nach der Zeugenvernehmung sei der Angeklagte informiert worden, aber nur über die Raubtaten, nicht zu den Mordanschlägen. Eindeutige Beweismittel, wie etwa TKÜ [Telekommunikationsüberwachung], Observationsergebnisse, Urkunden oder Zeugenaussagen liegen nicht vor. Im Gegensatz zur Beschaffung einer Schusswaffe mit Schalldämpfer weist die Anmietung von Wohnmobilen auch nicht zwingend auf die Begehung von Anschlägen hin. Die Frage, was der Angeklagte Eminger wusste, kann also nur auf Indizien gestützt werden, insbesondere seine Nähe zu den Vereinigungsmitgliedern und seine ideologische Einstellung. Die Beweiswürdigung ist dem Tatgericht vorbehalten.“

Dem Revisionsgericht unterliegt nur, ob dem Tatgericht Rechtsfehler unterlaufen sind.“ Eine Beweiswürdigung, die über schwerwiegende Verdachtsmomente hinweggeht, sei rechtsfehlerhaft. Im Falle einer Verurteilung müssten die Annahmen des Tatgerichts als das Resultat einer rationalen, im hohen Maß plausiblen Argumentation ausgewiesen werden. Andererseits sei eine absolute und von niemand anzweifelbare Gewissheit auch nicht erforderlich. Ein bloß von theoretischen Möglichkeiten sich nährender Zweifel könne eine Verurteilung nicht verhindern. Spreche das Tatgericht einen Angeklagten frei, so sei dies vom Revisionsgericht grundsätzlich hinzunehmen. Das Gericht dürfe aber keine überspannten Anforderungen an die Verurteilung gestellt haben. Wehowsky: „Sie mögen mir verzeihen, Sie kennen das natürlich alles, für das Publikum habe ich den Vorspann gebildet, weil er die Grundlage für das bildet, über was wir heute reden. Zu der Revision des Angeklagten Eminger konkret: Ich erachte die Revision des Angeklagten für unbegründet.“

Das OLG sei, so Wehowsky, davon ausgegangen, dass der Angeklagte jedenfalls ab dem Gespräch am 11. Januar 2007 von der Existenz der terroristischen Vereinigung NSU und den Tötungs- und Anschlagstaten wusste: „Aus meiner Sicht hält diese Beweiswürdigung revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Dass ein Gespräch unmittelbar nach der Zeugenvernehmung Zschäpes stattgefunden hat, hat das OLG auf die Einlassung von Frau Zschäpe gestützt, die ein entsprechendes Gespräch bestätigt hat. Dass in diesem Gespräch eine Unterrichtung auch [betont]über die Mordanschläge erfolgte, stützt das OLG auf zahlreiche Indizien.“ Wehowsky führt hier an, dass Eminger sich vorher, bei der Anmietung von Wohnungen und Wohnmobilen, als verlässliche Vertrauensperson erwiesen habe, dass der Kontakt ab 2006 vertieft gewesen sei, dass Eminger die rechtsextremistischen Auffassungen des Trios geteilt habe. Die Zeugenvorladung von Zschäpe habe eine gefährliche Situation dargestellt, die Hilfeleistung habe für Eminger ein hohes Risiko dargestellt. Das Trio sei Eminger äußerst dankbar gewesen, habe tief in seiner Schuld gestanden, Eminger habe sich mit der Hilfestellung bei der Vernehmung von Zschäpe endgültig als verschwiegen und verlässlich herausgestellt. Durch seine kritische Nachfrage, warum das Trio das Leben im Untergrund eben nicht aufgebe, habe Eminger zu verstehen gegeben, dass er sich der Brisanz bewusst war. Es habe nahegelegen, dass das Trio ihn über ihr Leben im Untergrund vollständig informierte. Wehowsky: „Die Beweiswürdigung beruht auf einer tragfähigen Grundlage und einer nachvollziehbaren Würdigung. Dies genügt den Anforderungen.“ Es ließen sich, so Wehowsky, in der Beweiswürdigung des OLG weder Widersprüche noch Mängel erkennen. Soweit das Tatgericht der Aussage Zschäpes teilweise gefolgt ist, sie aber teilweise für unglaubwürdig erkannt hat, habe es dies mit besonderer Sorgfalt begründet. Die vom OLG gezogene Schlussfolgerung sei möglich, zwingend müsse sie nicht sein: „Deshalb erachten wir die Revision des Angeklagten für unbegründet. Danke, Herr Verteidiger, für die Ausführungen zur Bahncard. Es ist kein Rechtsfehler, dass das Tatgericht sich nicht mit den zivilrechtlichen Fragen auseinandergesetzt hat. Dass die Bahncards für die Beteiligten von hoher Bedeutung waren, ergibt sich auch daraus, dass ein hoher Aufwand betrieben wurde, sie sich zu beschaffen. Ich beantrage deshalb, die Revision des Angeklagten als unbegründet zu verwerfen.“

Weingarten: „Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung zur Revision des Generalbundesanwalts. Weil es auch in dem Hohen Hause nicht Alltag ist, dass der Generalbundesanwalt Revisionsführer in einem von ihm erstinstanzlich vertretenen Verfahren ist, und sich hierbei mal durch den einen, mal durch den selben seiner Beamten vertreten lässt. Und dieser Umstand gibt mir Anlass, auf die Grundzüge des Revisionsverfahrens zu rekurrieren.“ Weingarten zitiert einen Satz, der „wahrscheinlich der häufigste in Judikaten des BGH“ sei, nämlich dass die Beweiswürdigung dem Tatgericht vorbehalten und aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung zu schöpfen ist. Zur freien Überzeugungsbildung, so Weingarten zusammengefasst weiter, gehöre auch, dass die Schlussfolgerungen des Tatgerichts nicht einmal besonders nahe liegen müssen, nur möglich sein müssen. Es gehe also heute nicht unmittelbar um die Frage, ob der Angeklagte Eminger schuldig im Sinne der vom Teilfreispruch umfassten Taten ist oder nicht, es gehe nicht um die tatsächliche Frage, ob der Angeklagte insoweit vorsätzlich gehandelt hat, und es gehe nicht um die Frage, ob man 438 Tage lang die Beweise anders hätte würdigen können oder sollen: „Und insofern ist es auch unerheblich wie der Generalbundesanwalt in der ersten Verhandlung argumentiert hat.“

Gegenstand sei allein der „Inbegriff der Urteilsurkunde“. Der GBA greife nun genau denjenigen Entscheidungsteil des Urteils des OLG an, der Gegenstand seiner tatrichterlichen Freiheit war, nämlich die zu den Teilfreisprüchen des Angeklagten Eminger führende Beweiswürdigung. Weingarten macht einige allgemeine Ausführungen zur Freiheit des Tatrichters und stellt fest, diese finde ihre Begrenzung in der Pflicht, seine Überzeugungsbildung zu begründen und seine Überzeugung plausibel zu machen: „Er muss seine Entscheidung, so sagt es der BGH, intersubjektiv nachvollziehbar erklären.“ Nur mit Blick auf die zu den Teilfreisprüchen führende Beweiswürdigung mangele es dem Urteil des OLG München an der rechtlich gebotenen Transparenz und Klarheit. Der 6. Strafsenat habe sich nicht davon zu überzeugen vermocht, dass der Angeklagte Eminger nicht zumindest mit der Möglichkeit gerechnet hat, Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe könnten die Wohnmobile zum versuchten Mord und zum Sprengstoffanschlag sowie zu den beiden Raubüberfällen nutzen. Weingarten gibt dann unter anderem die Überlegungen des tatrichterlichen Senats zu den Raubüberfällen wieder, dass Eminger keinen umfassenden Einblick in die Lebensverhältnisse der NSU-Mitglieder gehabt habe, und dass deren von ihm erkannter Finanzbedarf nach seiner Auffassung auch mit legalen bzw. nicht schwerstkriminellen Mitteln hätte gedeckt werden können.

Dann sagt Weingarten: „Es geht nicht darum, dass der Generalbundesanwalt die Bewertung nicht teilt, sondern dass etwas in die Bewertung nicht eingestellt worden ist.“ Der tatrichterliche Senat messe der Häufigkeit der Begegnungen zwischen dem Angeklagten und den NSU-Mitgliedern eine hohe Bedeutung zu und benenne sie als „sporadisch“. Monatliche Treffen als „sporadisch“ zu bezeichnen sei nicht nur „Wortklauberei“, sondern ein „Merkmal innerer Widersprüchlichkeit der angegriffenen Entscheidungsfindung“. Durchgreifend widersprüchlich werde die Beweiswürdigung des Urteils in diesem Punkt erst durch einen anderen Aspekt, der von großem Gewicht sei. Hier hebt Weingarten darauf ab, dass das OLG im Zusammenhang mit der polizeilichen Zeugenvernehmung seine Überzeugung, Eminger habe ab Ende 2006 nun doch damit gerechnet, eine kriminelle Vereinigung unterstützt zu haben, deren Zweck auf Raubstraftaten ausgerichtet war, nur darauf stütze, dass Eminger ab Anfang August 2006 einen engeren Kontakt zu den drei NSU-Mitgliedern gehalten hat, als vor dem Anschlag in der Probsteigasse und den beiden Raubüberfällen: „Und den markanten Unterschied sieht das OLG nun darin, dass der Angeklagte nunmehr für vier Monate sie zwei bis drei Mal im Monat getroffen hat. Es versteht sich weder von selbst, noch hat das OLG das dargelegt, inwiefern ein zusätzlicher Besuch im Monat einen die Vorsatzschwelle überwindenden Vorsatz des Angeklagten Eminger erbringen konnte.“

Auch weitere diesbezüglich vom Senat genannte Punkte, etwa zum von Eminger angenommenen Finanzbedarf der drei, verwirft Weingarten. Für die dem Angeklagten zugute gehaltene Annahme etwa, die NSU-Mitglieder hätten ihren Lebensunterhalt legal bestreiten können, spreche nichts. Vielmehr habe der Senat gegenläufige Tatsachen – namentlich den allgemein bekannten Mangel an Möglichkeiten von drei mit Haftbefehl gesuchten, ihren Lebensbedarf anderweitig zu sichern, und den Kenntnisstand des Angeklagten über die Bedürftigkeit der drei – ausgeblendet. Weingarten verweist darauf, dass die drei spontan und ohne finanziellen Rückhalt geflüchtet seien und unter Aliaspersonalien versteckt gelebt hätten und daher z. B. von sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten oder Zuwendungen der Öffentlichen Hand ausgeschlossen gewesen seien und dass auch minderschwere Delikte wegen des stetigen Entdeckungsrisikos nicht in Betracht gekommen seien. Dasselbe gelte auch für die Ausübung unangemeldeter Tätigkeiten etwa auf Baustellen. Der OLG-Senat habe zudem den von ihm selbst festgestellten – aufgrund von Wohnungswechseln und des von Zschäpe geschilderten hinzutretenden Bedarfs von Barreserven – stetig anwachsenden Finanzbedarf nicht in eine Gesamtwürdigung eingestellt.

Weingarten: „Ohne weiteres hat er aber in seine Überzeugungsbildung eingestellt, dass es sich auch nach der Vorstellung des Angeklagten Eminger geradezu aufgedrängt hat, Raubüberfälle zu begehen.“ Da dies dem Allgemeinwissen entspreche, so Weingarten, sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund Eminger sich dies erst Ende 2006 mit der Ausbildung eines bedingten Vorsatzes vergegenwärtigt haben sollte. Der OLG-Senat, so Weingarten, habe zudem nicht zugrunde legen dürfen, eine legale Verwendung der Wohnmobile hätte nahegelegen. Auch hierzu macht Weingarten Ausführungen, etwa dass der Anmietzeitraum im Dezember nicht urlaubstypisch sei: „Die Annahmen des Gerichts, der Angeklagte habe all dies getan ohne Vorstellung eines von ihm gebilligten Zwecks und ohne Vorstellung, wie die Risiken minimiert werden, nur um den Untergetauchten einen Kurzurlaub zu ermöglichen, dies alles liegt derart fern, dass das Gericht dies nicht hätte ohne weiteres unterstellen dürfen.“ Das Urteil sei hier also in sich widersprüchlich und das gelte auch, soweit sich das OLG nicht von einem Mordgehilfenvorsatz habe überzeugen können, sofern Eminger das zur Begehung des Anschlags genutzte Wohnmobil angemietet und zur Verfügung gestellt habe.

Dem Gericht ist nach Weingarten ein weiterer Rechtsfehler unterlaufen: „Der Strafsenat hatte sich mit der Fragestellung auseinanderzusetzen, ob es nahegelegen hatte, eigenständig zur Schlussfolgerung zu gelangen, dass die Untergetauchten Tötungsdelikte mittels Sprengstoff tätigen könnten.“ Das Tatgericht habe darauf abgestellt dass Eminger vom Besitz von Sprengstoff 1998 wusste, dieser den Untergetauchten jedoch nicht mehr zur Verfügung stand und dass Eminger keine Hinweise gehabt hätte, dass den Untergetauchten erneut Sprengstoff zur Verfügung stand. Rechtsfehlerhaft außer Acht gelassen habe der OLG-Senat, dass der Angeklagte über das positive Wissen verfügte, dass sich die Untergetauchten heimlich und in größerem Maß Sprengstoff beschaffen können: „Ja nicht gerade eine Alltagskompetenz von jedermann.“ Dies sei, so Weingarten, nach seinem Dafürhalten zwingend erörterungsbedürftig und dass das Tatgericht dies nicht getan habe, führe zur Lückenhaftigkeit der Beweiswürdigung.

Wegen des Freispruchs vom Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung bezüglich der polizeilichen Vernehmung verweist Weingarten auf die schriftlichen Ausführungen und nennt die Turner-Tagebücher, die als Blaupause zu den Aktivitäten des NSU allgemeinkundig seien. Weingarten: „Das hätte in die Frage zur Zweckorientierung des NSU eingestellt werden müssen. Der Freispruch insgesamt kann keinen Bestand haben. Um dem neuen Tatrichter neue Feststellungen zu ermöglichen, müssen auch die anderen Feststellungen der Aufhebung unterliegen.“ Weingarten beantragt, das Urteil des OLG, soweit Eminger freigesprochen worden ist, unter Beibehaltung der Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen aufzuheben und an einen anderen Strafsenat des OLG München zu verweisen.

Richter Schäfer: „Vielen Dank für Ihren Vortrag, in dem sie das, was ja schon schriftlich vorgetragen worden ist, aufgegriffen und nochmal verdeutlicht haben. Ich glaube, es würde die Hauptverhandlung heute überfrachten, wenn wir uns über jedes Detail austauschen würden. Vielleicht nur ein, zwei generelle Bemerkungen. Sie haben das Urteil als kleinteilig bezeichnet, jedenfalls in bestimmten Bereichen. Vielleicht muss man dann aufpassen, dass man bei der revisionsrechtlichen Begründung nicht der Versuchung unterliegt, ebenso kleinteilig an die Dinge heranzugehen. Was mir ebenfalls wichtig erscheint: Dass Urteilsgründe und insbesondere die Beweiswürdigung nicht [betont]erschöpfend sein müssen, dass nun zu jedem Gesichtspunkt die schriftlichen Urteilsgründe sich ausdrücklich verhalten müssen. Sie müssen das nur zu den wesentlichen Gesichtspunkten. Auch das ist ständige Rechtsprechung. Auch das ist ein Gesichtspunkt, den man vielleicht auch nicht ganz aus den Augen verlieren sollte. Was die einzelnen Punkte angeht, da möchte ich mich hier und heute zurückhalten. Ich möchte aber einen anderen Gesichtspunkt ansprechen, über den man vielleicht nachdenken könnte und mich würden Ihre Auffassungen dazu interessieren: Ein Rechtsfehler in der Beweiswürdigung liegt unter anderem dann vor, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich ist. Ich will jetzt weniger abstellen auf die Situation bei den Taten 2000 und 2003, sondern auf die Situation im Januar 2007, also die Zeugenvernehmung Zschäpe wegen eines Diebstahls in einer anderen Wohnung, möglicherweise. Jedenfalls stand eine Zeugenvernehmung Zschäpe bei der Polizei an. Nach der zeitlichen Einordnung des OLG war es ja so, dass der Angeklagte Eminger zu diesem Zeitpunkt sich vorstellte: ‚die drei begehen Raubtaten‘; von Tötungsdelikten hatte er zu dieser Zeit noch keinen Vorsatz und mit dieser subjektiven Seite ist Eminger mit zur Polizei gegangen, hat mitgewirkt, dass Zschäpe den Personalausweis seiner Ehefrau zur Verfügung hatte. Und seine Rolle bei der Polizei bestand ja darin, Frau Zschäpe dabei zu unterstützen, dass ihre wahre Identität nicht ans Licht kommt. Und da sagt das OLG: ‚Ja, das war so.‘ Und da reichte den Beteiligten der Eindruck: Eminger stellt sich jetzt Raubüberfälle vor. Danach kommt es dann zu einem Gespräch zwischen Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und Eminger und man kommt gerade von der Vernehmung, es ist alles gut gegangen. Und das verhält sich zur Zukunft: Man sagt, jetzt hätten sich die drei vorgestellt, so auf Dauer ist das schwierig, da brauchen wir schon eine Erklärung dafür, dass wir im Untergrund leben und sie hätten sich jetzt vorgestellt, damit jetzt nichts schiefgeht und Eminger sich nicht verplappert, jetzt müssen wir ihm sozusagen reinen Wein einschenken und ihm offenbaren, worauf unsere Vereinigung eigentlich gerichtet ist, nämlich die Begehung von Tötungsdelikten. Da muss man sich fragen, ob das zusammenpasst. Auf der einen Seite reicht es für eine Zeugenaussage bei der Polizei, bei der es für Eminger ganz konkret darum geht, die falsche Identität von Zschäpe zu wahren. Da reicht ein Vorsatz bezüglich der Raubdelikte aus. Was das Weiterleben im Untergrund angeht, reicht die Kenntnis von Raubdelikten nicht aus, da muss man Eminger aus Vorsichtsgründen reinen Wein insgesamt einschenken. Ist das ein Widerspruch oder sind die Urteilsgründe anders zu verstehen? Zu dem Punkt würden mich Ihre Auffassungen interessieren.“

Weingarten: „Offen gesagt, ich finde das auch nicht schlüssig und selbsterklärend. Das hängt aus unserer Sicht aber mit Mängeln in der Beweiswürdigung vor 2007 zusammen. Und man kann sich die Frage stellen, ob nicht eine umfassende Einweihung bereits vor der Vernehmung angezeigt gewesen wäre. Ich glaube nur, dass isoliert betrachtet darin keine widersprüchliche Beweiswürdigung liegt, weil man dem Urteil schon entnehmen kann, dass der Wasserschaden/ Diebstahlsvorfall, der zur Vernehmung geführt hat, schlaglichtartig die Gefährdung durch Zufälle nochmal verdeutlicht habe und man sich entschlossen hat, das Risiko einzugehen und vollständig reinen Tisch zu machen. Vor dem Hintergrund ideologischer Übereinstimmung auch relativ gefahrlos.“ Weingarten sagt,er meine, dass das keine unerklärliche Beweiswürdigung ist, die nicht nachvollziehbar wäre.

Wehowsky sagt, wenn vorher kein subjektiver Tatbestand gegeben gewesen sei, dann komme es auf die Erwägungen zum Gespräch im Januar 2007 an. Schäfer sagt, es wäre die Frage, wenn man da eine Tat sehen würde. Man sei dazu noch im Diskussionsstadium: Wenn man sage, nein, das Urteil erklärt das sehr gut, dass an dem Punkt nochmal größeres Vertrauen und Dankbarkeit da seien und wenn man da keinen Widerspruch sehe, dann erübrige sich der Punkt. Wenn man aber sage, das passt nicht zusammen, zur Polizei gehen, da reicht die Vorstellung Raubdelikte, aber für die Zukunft nicht. Da frage man sich: Was soll denn noch Brenzligeres entstehen, als eine polizeiliche Vorladung? Das OLG München sage, ab diesem Gespräch sei der Tötungsvorsatz belegt und es sei Frage, ob dieser Rechtsfehler, wenn es denn einer wäre, sich auf die subjektive Seite der anderen Taten Emingers auswirken würde. Schäfer: „Es gab die Einlassung Zschäpes: bis zur Polizei gar nichts und danach nur Raub. Also nochmal eine Stufe tiefer. Dem ist das OLG ja nicht gefolgt. Ich wollte das mal in die heutige Diskussion einbringen.“

Weingarten: „Ich würde dem Senat mit auf den Weg geben wollen, dass wir schon einen Bruch, eine Sondersituation haben, weil die polizeiliche Situation mit dem Wasserschaden der erste Einbruch seit dem Untertauchen war. Und es ist schon plausibel, dass ein Überlegungsprozess entsteht und sich erst nach der Vernehmung in einem vollständigen Wissenstransfer an Eminger äußert. Insofern meine ich, das wäre jetzt nichts gewesen, wo wir gesagt hätten, das erscheint uns als so brüchig, dass wir das als rechtsfehlerhaft bezeichnen wollen.“

Richter Berg: „Das war jetzt so eine Erwägung, die eher so auf Plausibilität gerichtet war.“ Das OLG beschäftige sich bei der Frage Zeugenvernehmung damit, ob zu dem Zeitpunkt also klar war, der Angeklagte soll mitgehen, ob der Angeklagte einen bedingten Vorsatz gehabt habe. Berg: „Also bestand Anlass, die Legende bei der Polizei zu decken? Dann führt das Urteil aus: Nein, es bestand kein Anlass, weil die Raubüberfälle ein plausibles Motiv sind, bei der Polizei unter falscher Identität aufzutreten. Bei den verurteilten Teilen spielt der bedingte Vorsatz der Raubüberfälle keine Rolle. Aber das OLG befasst sich mit der Frage: Ist denn die Aussage Zschäpes plausibel, dass sie den Angeklagten Eminger nur über die Raubüberfälle unterrichtet hat? Und da kommt das OLG zu dem Ergebnis: Nein, die Raubüberfälle sind kein Grund, weiter im Untergrund zu leben, deswegen waren sie gehalten, er muss über die Mordanschläge unterrichtet werden. Und da könnte man sich die Frage stellen, ob das zusammenpasst oder ob zwischenzeitlich etwas passiert ist, dass dieser Widerspruch aufgelöst wird. Also es geht um die Plausibilität, im Untergrund zu leben und gegenüber der Polizei falsche Angaben zu machen.“ Schäfer: „Das ist die Präzisierung dessen, was ich gröber in den Raum gestellt habe.“

Weingarten: „Es fällt mir schwer, diesen Erwägungen entgegen zu treten. Wenn ich Sie recht verstehe, dann geht es darum, dass nicht recht erklärlich ist, Eminger erst nach der Vernehmung einzuweihen.“ Schäfer: „Sie tun so, als hätten wir schon ein bestimmtes Ergebnis. Wir wollen keine Bedenken äußern, sondern diesen Punkt in die Hauptverhandlung einführen. Und soll zu dieser Frage heute eine Erörterung stattfinden?“ Weingarten: „Es fällt mir schwer, diesen Beschluss des OLG zu erläutern. Aber meine Fragestellung ist: Ist das tatsächlich rechtsfehlerhaft oder ist es nicht hinreichend erklärt durch die Umstände, nun reinen Tisch zu machen?“ Wehowsky: „Die Raubüberfälle haben ja zeitliche Ankerpunkte. Da muss man als jemand, der Legenden bildet, sich überlegen etwas zu sagen, was nichts mit den Ankerpunkten zu tun hat. Bei den getöteten Personen ging es um eine ganz andere Herangehensweise an die Taten, da könnte man ganz andere Fehler machen. Und die Möglichkeit, dem vorzubeugen, das erscheint mir als plausibler als beim OLG.“

Dann folgt das Plädoyer von NK-Vertreterin RAin Edith Lunnebach: „Der Anschlag auf unsere Mandanten ist jetzt 21 Jahre her. Es hat sich ein gewisser Abstand hergestellt und unsere Mandanten haben damit gelernt zu leben. Das ist einer der Gründe, weswegen sie sich entschlossen haben, keine eigenständige Revision einzulegen. Die Vorstellung, dass der neben Susann Eminger engste ideologische Freund nicht [betont]Kenntnisse von den Attentaten hatte, ist unerträglich. Und das ist doch auch lebensfremd. Kann ein durch Tätowierungen als Werbeplakat verpackter Neonazi unwissend sein, der 13 Jahre das Trio begleitet hat? Auch der 6. Strafsenat ist davon überzeugt gewesen, dass Eminger ein zuverlässiger Freund der drei im Untergrund gewesen ist. Die ständigen Selbstzweifel führen zu der kaum fassbaren Länge des Urteils. Bei der Subsumption der Hilfsakte Emingers steht man sich selber im Wege. Es wurde gesagt ‚kleinteilig‘ zur Arbeitsweise des Senats. Es erscheint uns so, dass diese Art der Darstellung eine Gesamtwürdigung, die ja auch lebensnah sein soll, verpasst hat. Der Lebenssachverhalt gerät aus dem Blick. Wir haben nach dem Urteil als Nebenkläger mal gesagt: Es ist ein kalter, akribischer Blick auf die Ereignisse. Wir haben den Anschein, dass der Senat aus diesem Grunde bei den Feststellungen zum Teilfreispruch Eminger auf die ansonsten für unglaubwürdig erachteten Angaben von Zschäpe zurückgreift. Auch für uns stimmt die Gewichtung bei der Gesamtwürdigung nicht. In Bezug auf Eminger lässt der Senat Lücken erkennen, die selektiv durch die Aussage der Angeklagten Zschäpe ausgefüllt werden.

Wenn der Senat den absurden Angaben Zschäpes zu Recht nicht geglaubt hat, so hätte er aus unserer Sicht zwingend Überlegungen anstellen müssen, aus welchen Gründen Zschäpe mit ihren entlastenden Angaben Eminger möglicherweise schützen wollte. Das fehlt uns in relevantem Umfang. Wir meinen, dass dieser Sachverhalt zu kurz kommt, und möchten nochmal darauf hinweisen, dass der Senat nach dem Plädoyer der BAW den dringenden Tatverdacht auch erkannt hat.“ Es bestätige sich insgesamt die Kritik zahlreicher Nebenklagevertretungen, dass die Feststellung des Senats, es habe sich um ein abgeschottetes Trio gehandelt, nicht so sei. Lunnebach: „Es wird andererseits gerade aus den Feststellungen des Senats deutlich, dass es sich gerade nicht um eine abgeschottete Gruppe handelte, z. B. Gerlach, Wohlleben, Wohnraumbeschaffung, das ist ja alles dargestellt im Urteil, ebenso die Eheleute Eminger. Das Trio war eingebettet in das Umfeld der sie unterstützenden Personen. Die Vorstellung, dass der Angeklagte mehrfach Wohnwagen angemietet hat, ohne dass er den Hintergrund kennt, ist lebensfremd. Für unsere Mandanten blieb nach dem Urteil der schale Geschmack der Unglaubwürdigkeit [phon.].“

RAin Clemm verzichtet auf eigene Ausführungen. RA Hedrich bittet um 10 Minuten Unterbrechung. Um 12:14 Uhr geht es weiter.

Hedrich: „Ich möchte in meiner Replik auf die Vertreterin der Nebenklage eingehen und eine Bemerkung anschließen zur Prozessgeschichte. Der Angeklagte ist zu Beginn des Verfahrens in Untersuchungshaft geraten. Gegenstand des Haftbefehls war seine mutmaßliche Mitarbeit an der Bekenner-DVD. Der Senat hat nach Ablauf der 6-Monats-Frist den Haftbefehl aufgehoben, weil auszuschließen war, dass Herr Eminger an der DVD mitgearbeitet hat. Es gab schon das von einem der beiden Uwes geschriebene Drehbuch, es gab schon den Hinweis, dass für die Schnitte eine Auslobung intern stattgefunden hat unter den dreien.“ Nach dem Plädoyer der BAW sei dann erneut wegen deren Vortrag Haftbefehl erlassen worden und Eminger sei bis zur Urteilsverkündung in U-Haft gewesen. Hedrich sagt, das zeuge davon, dass sich der Senat mit all den Argumenten der BAW, die diese auch heute vorgetragen habe, auseinandergesetzt hat und im Urteil zu einem anderen Ergebnis, zu einem Teilfreispruch gekommen ist. Der Senat habe sich also mit den einzelnen Punkten auseinandergesetzt und sei im Urteil zu anderem Ergebnis gekommen als bei der Anordnung des zweiten Haftbefehls. Hedrich verweist auf den Lebenslauf Emingers, wie er sich im Urteil finde. Eminger sei, so Hedrich, in den 13 Jahren des Untergrunds anderweitig beschäftigt gewesen, habe eine Ausbildung gemacht als Maurer, sei zehn Monate bei der Bundeswehr gewesen, habe eine Umschulung gemacht zum Berufskraftfahrer: „Herr Eminger hat in Gänsefüßchen ein ganz normales Leben geführt. Und das vermisse ich bei der Revisionsvorbringung, dass der Lebenslauf parallel gelegt wird zu den in Rede stehenden Taten. Und da wird sich zeigen: 2007 war er als Berufskraftfahrer beschäftigt. Und er war im internationalen Güterkraftverkehr und im Rahmen seiner Berufstätigkeit ist er von Südspanien bis zum Polarkreis gefahren. Weil es hier immer heißt: ‚einmal bis zwei Mal im Monat haben die sich gesehen‘.“

Dann sagt Hedrich, wenn es um den Kontakt zur Familie Eminger gehe, müsse man bedenken, dass Zschäpe habe Kindergärtnerin werden wollen und selber keine Kinder bekommen könne: „Andererseits hatte sie eine große Kinderliebe.“ Susann Eminger sei die einzige Freundin Zschäpes gewesen. Der Kontakt habe sich nicht auf Herrn Eminger konzentriert, sondern der eigentliche Kontakt sei mit Frau Eminger und den Kindern gewesen. Hedrich: „Er ist nicht mit den Uwes joggen gegangen, nicht mit den Uwes Fahrrad gefahren, er hat das Trio nicht besucht im Urlaub, im Gegensatz zu Herrn Gerlach. Das heißt bei der Enge und dem Zusammenhang und allem, was hier erörtert wird, darf man nicht vergessen: Das war eine Familie. Und wenn man weiter ins Urteil guckt: Mein Mandant hat keinen Eintrag im BZR, gegen ihn wurden keine Verfahren geführt wegen Aggressionsdelikten. Trotz der Zugehörigkeit zur rechten Szene hat er keine Aggressionsdelikte begangen. Er ist und war kein Gewalttäter. Und das hat eine Rolle zu spielen zum Vorsatz, die Ausrichtung meines Mandanten. Der war nicht gewalttätig. Die Tötungsdelikte des Trios waren ihm fern.“

Die Dinge, die Eminger in Phase 1 getan habe, befänden sich im logistischen Bereich. Hedrich weiter: „Und in der Phase 2, in der Kennenlernphase, hat er Wohnmobile angemietet. Da gebe ich einen Aspekt zu bedenken: Es hat 65 Anmietungen gegeben, davon sind 17 inkriminiert. Er musste damit nicht zwangsläufig verbinden, dass es damit zum Attentat geht, zum Raubüberfall.“ Die Untergetauchten seien in dieser Phase „bewegungsgehemmt“ gewesen. Hedrich: „Und wenn der OLG-Senat zu dem Schluss kommt, dass er dem Gespräch anlässlich des Wasserschadens Polenzstraße, dass sich das Trio Eminger gegenüber geöffnet hat und dass das zweiphasig war, erst Raubüberfälle und dann eine weitere Öffnung erfolgte, dann ist das auch eine Folge des so sporadischen Kontakts bis zum zweiten Kind. Frau Zschäpe hat am zweiten Sohn, dem Säugling, einen Narren gefressen. Das war ein familiärer Kontakt, nicht von Gesinnungsbruder zu Gesinnungsgenossen. Das war ein familiärer Kontakt, der sich speziell zu Frau Zschäpe entwickelt hat.“ Wegen der von seinem Mandanten offen zur Schau getragenen Gesinnung zu sagen, er habe Herrschaftswissen von Anfang an gehabt, gehe fehl. Hedrich: „Das Trio hatte seine Sozialisierung im Winzerclub. André Eminger ist der einzige Außenstehende gewesen, der nicht befasst war mit der Entwicklung der drei, mit deren gefühltem ‚Wir müssen mehr machen als nur reden‘, ich sage mal Radikalisierung. An dem ganzen Prozess hat Eminger nicht teilgenommen, weil er die drei erst nach der Flucht kennengelernt hat. Deren Radikalisierung hat viel früher angefangen, im Winzerclub. Die drei kamen fertig radikalisiert in Zwickau an.“ Dass die drei über Geld verfügten und dieses Geld nicht unbedingt aus Raubüberfällen stammen musste, das habe die Beweisaufnahme gezeigt, so Hedrich weiter. „Es ging ja soweit, dass gesagt wurde, dass Gelder für die Unterstützung unterschlagen worden seien“, so Hedrich mit Bezug auf die ‚Pogromly‘-Spiele. Eminger habe nicht zwingend davon ausgehen müssen, dass sie Raubüberfälle begehen.“

Zu 2007 führt Hedrich weiter aus, Frau Zschäpe habe lediglich gesagt, dass er über die Raubtaten informiert worden sei. Es gäbe zwei Aspekte: Böhnhard habe zwei Verjährungen am laufen gehabt, die seien unterschiedlich lang gelaufen. Zschäpe und Mundlos hatten sozusagen ‚nur‘ die Verfolgungsverjährung. Aber sein Mandant sei kein Jurist und habe die beiden Begriffe nicht gekannt. Der Senat habe anerkannt, da sei an der Stelle die Einlassung Zschäpes plausibel. Hedrich: „Dass es da zu einem Gespräch gekommen ist und dann zu einer Aufklärung von meinem Mandanten, das ist so fernliegend nicht, wie es die Revision der Bundesanwaltschaft meint. Für die Verteidigung ist es naheliegend, dass es so etwas gegeben hat. Dass der Senat darüber hinausgeht, dazu habe ich eine eigene Meinung, aber die muss ich hier nicht zu erkennen geben. Was die Zeit nach 2007 betrifft, da habe ich mich nicht dagegen gewandt – Unterstützung terroristische Vereinigung – sondern ich habe nur gesagt: ‚untaugliches Mittel‘. Natürlich hat er zu dem Zeitpunkt den Feststellungen im Urteil nach gewusst, mit wem er es zu tun hat. Er wollte helfen, aber mit einem untauglichen Mittel und ist deswegen freizusprechen. Herr Eminger hat keine Angaben zur Sache gemacht und auch seine Verteidiger haben insoweit keine Erklärung abgegeben. Das heißt, so wie die Bundesanwaltschaft es dargestellt hat, konnte der 6. Strafsenat nur aus Anknüpfungstatsachen Erkenntnisse gewinnen. Diese Anknüpfungstatsachen waren quasi nicht vorhanden. Da ist der einzigste Punkt die Einlassung Zschäpes und das äußere Geschehen, die Aufdeckung bezüglich Wasserschaden/Diebstahlsverdacht in der Polenzstraße.“ Er halte im Gegensatz zur Bundesanwaltschaft das mit der Revision angegriffene Urteil nicht für lückenhaft und falsch, wo es um den bedingten Vorsatz von Eminger gehe. Das Gericht habe alles sehr genau abwägen können und dies auch fehlerfrei ins Urteil übernommen, schließt RA Hedrich.

RA Freitag: „Es ist zum Revisionsrechtlichen erschöpfend schon alles gesagt worden. Das Urteil ist weder lückenhaft noch unklar, verstößt auch nicht gegen Denkgesetze. Es entsteht doch der Eindruck, dass die Bundesanwaltschaft ihre Beweiswürdigung an die Stelle derjeniger des OLG gesetzt haben möchte. Denn die Widersprüche, die sich scheinbar ergeben, sind doch nur Widersprüche, wenn man kleinteilig ins Urteil hineinleuchet. Wenn man das Gesamturteil sieht, ist es nicht mit Rechtsfehlern befrachtet.“ Schäfer: „Sie können noch einen Antrag stellen.“ Hedrich: „Ich beantrage, die Revision der Bundesanwaltschaft zurückzuweisen.“

Schäfer: „Gibt es noch Anträge, Ergänzungen, Erwiderungen?“ Niemand meldet sich. Schäfer: „Dann schließe ich die heutige Verhandlung. Fortsetzung am Mittwoch, den 15. Dezember, 11 Uhr in diesem Saal zur Verkündung einer Entscheidung. Das wird ein reiner Verkündungstermin. Dann darf ich Ihnen für die Mitwirkung an der heutigen Hauptverhandlung danken und für ihre Beiträge. Ich gehe davon aus, dass wir die Beratungen bis 15. Dezember werden abschließen können und dann die endgültige Entscheidung verkünden. Ich danke den Zuschauerinnen und Zuschauern ausdrücklich, dass sie in Zeiten, wo wir gehalten sind, achtsam miteinander umzugehen, nach unserem Eindruck ist das heute vorbildlich gelaufen. Dafür danke ich Ihnen allen und wünsche Ihnen, dass Sie gut nach Hause kommen. Ich wünsche Ihnen alle eine gute Zeit. Die Sitzung ist geschlossen.“ Die Verhandlung endet um 12:38 Uhr.

Nach der Verhandlung stellte Nebenklagevertreterin RAin Christina Clemm gegenüber NSU-Watch fest: „Eminger gehörte unserer Einschätzung nach ja von vornherein dazu. Susann Eminger ist immer noch nicht angeklagt. Das war natürlich heute nicht Thema. Aber der Verteidiger hat gesagt, Eminger sei der letzte nicht rechtskräftig Verurteilte aus dem NSU-Komplex. Was für eine Unverschämtheit! Es gibt sehr viele andere, die nicht rechtskräftig verurteilt sind und verurteilt gehören. Und was man jetzt hier noch erwartet? Meine Kollegin hat es ja gesagt: Es ist fast 21 Jahre und wir wissen ja alle, wie schlecht, wie furchtbar diese Ermittlungen gelaufen sind und wie sehr auch jemand wie Eminger am Ende eben geschützt war.“

Nebenklagevertreterin RAin Edith Lunnebach zu NSU-Watch: „Die Revisionsverhandlung, die kann die Fehler halt einfach nicht heilen. Die haben wir ja von Anfang an angeprangert. Wir haben angeprangert, dass Susann Eminger da nicht auf der Anklagebank sitzt. Das ist ja nach wie vor völlig unverständlich. Da läuft ein Ermittlungsverfahren seit 2011. Und da würde ich sagen, das wird im Sande verlaufen. Weil nach dieser langen Zeit, was soll da jetzt noch rauskommen? Also, wenn Susann Eminger, wie wir meinen, zu Recht auf der Anklagebank gesessen hätte, dann hätte man auch die Frage, wie eng waren diese beiden eben als Ehepaar an denen dran, anders aufklären können. Das ist nichts, was das Revisionsgericht jetzt interessiert. Beim Revisionsgericht geht es nur darum: Hätte man da mehr noch zu darstellen müssen oder sind da Lücken da? Aber man merkt einfach: Wenn von Anfang an Fehler passieren, die nicht hätten passieren dürfen, dann kommt am Ende etwas raus, was man nicht unter dem Stichwort ‚ein gerechtes Urteil‘ zusammenfassen kann.“

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