Protokoll 129. Verhandlungstag – 22. Juli 2014

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Mit Verfügung vom 21. Juli 2014 wurde der Antrag der Angeklagten Zschäpe vom 16.07.2014 auf Ablösung ihrer Pflichtverteidiger abgelehnt. Im Anschluss ging der Vorsitzende zur Tagesordnung über und begann mit der Zeuginnenvernehmung der Urlaubsbekanntschaften aus Fehmarn, Juliane S. und Katharina M.

Zeuginnen:

  • Juliane S. (Campingplatzbekanntschaften aus Fehmarn)
  • Katharina M. (Campingplatzbekanntschaften aus Fehmarn)

Disclaimer: Bei diesem Protokoll handelt es sich um die redaktionell bearbeitete Mitschrift von Mitarbeiter_innen von NSU-Watch im Gerichtssaal. Es stellt kein vollständiges Wortprotokoll dar. Auch wenn wir versuchen, die Aussagen so genau und korrekt wie möglich wiederzugeben, können Missverständnisse und Fehler auftreten, manchmal gibt es Lücken. Deshalb können wir keine Gewähr für die Korrektheit und Vollständigkeit übernehmen. Die Aussagen sind insoweit redaktionell bearbeitet, dass sie auch außerhalb des Saals lesbar und verständlich werden.

Beginn: 13:10 Uhr

Richter Götzl gibt zunächst bekannt, dass mit Verfügung vom 21.7.2014 der Antrag der Angeklagten Beate Zschäpe die Bestellung der Rechtsanwälte Sturm, Stahl und Heer zu wider rufen, abgelehnt wird. Es gebe keine konkreten Hinweise darauf, dass das Vertrauensverhältnis so nachhaltig gestört sei, dass eine sachgerechte Ausübung der Verteidigung nicht möglich sei; Frau Zschäpe sei beraten worden durch einen anwaltlichen Vertreter ihrer Wahl und es sei ihr die Möglichkeit eröffnet worden, dass sie sich mit den drei Verteidiger und dem weiteren Verteidiger habe besprechen können; deshalb sei der Beginn heute auch auf 13 Uhr verschoben worden.

 

Zeugin Juliane S.

Götzl kommt dann sofort zur Beweisaufnahme mit der Vernehmung der Zeugin Juliane Sch., 21, Studentin aus Peine, die weinend hereinkommt. Richter Götzl bittet um ein Glas Wasser für die Zeugin und bietet eine sofortige Pause an. Die Zeugin schluchzt vernehmlich. Nach der üblichen Belehrung fragt Richter Götzl erneut, ob die Zeugin eine Pause braucht. Sie verneint: „Alles o.k.“
Götzl: Wenn sie sich gefasst haben, nehmen sie einen Schluck auch zunächst mal.
Zeugin: Ich bin o.k.
Götzl: Es geht uns um Campingplatzbekanntschaften auf Fehmarn.
Zeugin [kann kaum reden]Ich fang‘ einfach mal an [schluchzend]… also vor vielen Jahren haben wir die Drei kennengelernt auf Fehmarn, wo ich mit meinen Eltern und meiner Schwester in Ferien war. Eines Tages kamen die Drei zu meinen Eltern in den Wohnwagen und fragten, ob sie Doppelkopf spielen wollten. Von dem Tag an haben wir immer mehr miteinander gemacht, auch die Familie M. war dabei. Wir haben von morgens bis abends alles miteinander gemacht und eigentlich jede Minute miteinander verbracht. Meist haben wir schon zusammen gefrühstückt. Danach sind wir zum Spielen mit meiner Schwester, z.B. Memory. Wir haben Musik gehört und gesungen, z.B. das Fehmarn-Lied. Wir waren baden, Boot fahren, drei Wochen lang waren wir fast ständig zusammen. Mal waren wir essen im Restaurant, haben abends noch was zusammen getrunken und gequatscht. Ich glaube das war 2007 bis 2011 oder 2005 bis 2011. Beate Zschäpe kenn‘ ich als Lieschen oder Liese, die Männer unter den Namen Max und Gerry [Zeugin weint wieder vernehmlich].
Götzl fragt, mit wem die Zeugin am meisten Kontakt gehabt habe.
Zeugin: Eigentlich mit allen drei gleich viel, persönlich habe ich am meisten mit Lieschen ausgetauscht. Meine Eltern und die Schwester waren aber immer dabei, und meine Großeltern kamen immer zum Geburtstag meiner Mutter für ein paar Tage an den Wulfener Hals.
Götzl fragt, ob sie die Drei einzeln und differenziert beschreiben kann.
Zeugin: Die Drei waren sehr enge Freunde, also, allgemein sehr lieb, sehr offen, zuvorkommend. Sie waren sehr nett zu uns, lustig, kinderlieb, haben auch mit den kleinen Kindern gespielt. Mit meiner Generation und der Elterngeneration gleichermaßen. Die beiden Jungs waren immer am Witze machen, sie haben viele Geschichten erzählt.
Götzl: Woran machen sie fest, dass sie enge Freunde waren?
Zeugin: Sie haben in einem Wohnwagen gewohnt, waren immer gemeinsam einkaufen und Liese hat immer für alle bezahlt. Sie haben ihre Planungen immer gemeinsam abgesprochen; sie kannten sich ja schon lange aus der Jugend. Sie haben alle Geschichten zu dritt erzählt, haben sich ständig besucht, waren immer im Haus der anderen und wussten alles voneinander.
Götzl: Was wissen sie über diese Wohnungen?
Zeugin: Ja, sie erzählten das so: „Als ich dann mal mit Liese zuhause war…“; „Wir haben zuerst die Sachen von Max eingepackt, dann sind wir zu Liese gefahren“; das hat mit klar gemacht, dass sie in getrennten Wohnungen lebten. Größtenteils waren die Geschichten immer von Sachen, die sie gemeinsam erlebt haben. Z.B., dass der Gerry mal ’ne Nacktschnecke gefunden hat bei Liese in der Wohnung. Er hat sie dann in eine Flasche getan und als Liese nachts Durst bekam, hat sie die Nacktschnecke getrunken. Das waren so normale Alltagsgeschichten [Zeugin schluchzt]. Und nur, dass sie sich aus der Jugend kennen, da gab es keine konkreten Informationen. Und aus der Schule haben sie nur erzählt, dass sie da Russisch lernen mussten [Zeugin bittet um ein weiteres Glas Wasser].
Götzl: Und wie waren die drei untereinander?
Zeugin: Sehr fürsorglich, liebevoll, sie waren innige Freunde, haben sich immer in den Arm genommen, alle Informationen geteilt.
Götzl: Standen sich welche der drei näher?
Zeugin: Dass Liese und Gerry sich das Ehebett im Wohnwagen teilten und Max im Kinderzimmer schlief, ist mir aufgefallen. Mal waren Liese und Gerry inniger, eine Zeit lang waren sie auch etwas abgetrennter von den anderen. Das war nicht das letzte, vielleicht das vorletzte Jahr, wo ich sie gesehen habe.
Götzl bittet die Zeugin, gemeinsame Unternehmungen zu beschreiben.
Zeugin: Wir hatten meist Wohnwagen nebeneinander. Nach dem Frühstück kam einer von ihnen rüber, dann haben wir die Unternehmungen besprochen. Ob wir surfen, Schlauchboot fahren, eine Radtour um die Insel machen; und dann haben wir in Teilgruppen oder alle gemeinsam etwas unternommen.
Götzl: Sie sagten, Liese habe immer für alle bezahlt. Was heißt das?
Zeugin: Liese hatte immer ein großes Portemonnaie dabei, das immer voller Scheine war, auch 500-Euro-Scheine. Große und kleine Sachen wurden von ihr immer aus demselben Geldfach bezahlt, ob beim Eisessen, im Supermarkt oder im Restaurant.
Götzl bittet die Zeugin, die Einzelpersonen jeweils zu beschreiben?
Zeugin: Also Max: der war so wie ein Spaßvogel, alles war immer wie ein Witz. Er hat Späße gemacht, uns Kindern was Lustiges erzählt, er war nie ernst. Nur mit Vater hat er auch ernste Gespräche über technische Sachen geführt, über Computer, Festplatten. Keine Ahnung; und er hat Ratschläge für die Jugend gegeben. Gerry war etwas ruhiger, hat aber auch viele Späße gemacht. Er hat nicht die ganze Zeit geredet, war aber auch sehr freundlich. Liese war wie ’ne Freundin, mit der man gut auch mal persönliche Anliegen, zum Beispiel über die Eltern, besprechen konnte. Alle drei waren so herzlich, fürsorglich, sie haben sich immer ums uns gekümmert und wir haben viel Spaß miteinander gehabt.
Götzl: Sie sagten, sie hätten Probleme besprochen: Wie hat sich denn Liese dabei verhalten? Zeugin: Ja, das waren so Pubertätsprobleme, da hat sie Ratschläge gegeben. Sie hat auch mal mit Mama geredet, sie hat uns auch geholfen.

Götzl: Was haben sie von den Dreien über ihr Leben erfahren?
Zeugin: Ich wusste von den Dreien, dass sie in Zwickau wohnen. Beruflich war Gerry Kurierfahrer, er fährt durch Deutschland, um Dinge zu liefern. Max hatte was mit Computern, Informatik zu tun. Von Liese weiß ich nichts, wir haben darüber nie gesprochen; komischerweise haben wir nichts drüber gesprochen.
Götzl: Kannten sie ihre Wohnungen und Adressen?
Zeugin: Nein.
Götzl: Haben sie da mal nachgefragt?
Zeugin verneint das.
Götzl: Haben sie etwas über deren Familien erfahren?
Zeugin: Ganz wenig. Bei Max wusste ich, dass sein Vater Professor ist und er einen behinderten Bruder im Rollstuhl hat. Bei Gerry, dass der Onkel eine Autovermietung hat; das wars auch schon.
Götzl: Und bei Liese?
Zeugin: Dass sie mehr Kontakt zur Oma hat; aber nichts genaueres; ja, ich weiß nicht mehr, ob ich das von ihr oder aus den Medien weiß.
Götzl: Hatten die drei mal Besuch auf dem Campingplatz?
Zeugin: Nein.

Götzl: Was können sie über ihre Fahrzeuge sagen?
Zeugin: Sie kamen mit ’nen Mietauto. Am Anfang war das ein kleiner Turan. Am Schluss ein VW-Bus mit einer Aufschrift, das es ein Mietauto war. Irgendwie so eine Website: „Autovermietung Zwickau“ oder so was, weiß nicht.
Götzl: Haben sie denn Adressen, Erreichbarkeit ausgetauscht und auch jenseits des Urlaubs Kontakt gehabt?
Zeugin: Die ganze Familie hatte die Handynummer von Lieschen, wo wir sie immer erreichen konnten; und wir wurden auf dem Festnetz öfter von Gerry und Max und Lieschen angerufen.
Götzl: Gab’s denn auch mal Treffen jenseits des Urlaubs?
Zeugin: Zu meinem Geburtstag hab ich die drei eingeladen. Sie kamen mit dem Auto, haben bei uns übernachtet und sonst kam es noch zu weiteren persönlichen Treffen. Mindestens zweimal haben sie bei uns geklingelt, als Überraschung; sie waren zu Freunden unterwegs oder auf Kurierfahrt. Dann haben sie in Peine gestoppt, Geschenke abgegeben. Vor einem Urlaub sind sie mal vorbeigekommen, um Gegenstände zu transportieren, die sonst nicht gepasst haben. Da kamen sie schon mal ’ne Woche vorher, waren dann noch unterwegs gewesen. Ich meine, das war mal ein Grill und sie hatten ein größeres Auto; so einen Steingrill hatten wir, den haben sie abgeholt.
Götzl: Wann gab es die Spontanbesuche?
Zeugin: Wenn sie auf Durchreise waren und wenn wir nicht da waren, haben sie die Geschenke an der Tür hinterlassen; sonst haben wir das stark abgesprochen, telefonisch.
Götzl: Zu welchem Geburtstag waren sie gekommen?
Zeugin: Zu meinem 17.
Götzl: Ist mal die Frage gestellt worden, dass ihre Familie die drei mal besucht?
Zeugin: Nee. Es ist mal so gesagt worden, dass, wenn wir in der Nähe sind, wir mal bei ihnen vorbeikommen würden, dazu ist es nie gekommen. Es hieß mal: „Irgendwann kommen wir euch auch besuchen“ – „Jaja“, und dann war nichts mehr.
Götzl: Sie sagten, sie seien auf dem Weg zu Freunden gewesen…?
Zeugin: Ja, sie haben vor Fehmarn noch mit anderen Urlaub gemacht.
Götzl: Mit wem?
Zeugin: Dazu weiß ich gar nichts. Es ist kein Name gefallen.
Götzl: In welchen Fahrzeugen kamen sie zu den Besuchen bei ihrer Familie?
Zeugin: Das war ein VW-Multivan. Ach so, zu uns nach Hause: das waren andere Autos. Zu meinem Geburtstag war es eine Limousine, ein Passat oder so was, auf der Durchreise ein alter Opel Corsa.

Götzl: Wann hatten sie zum letzten Mal Kontakt mit ihnen?
Zeugin: Beim letzten Fehmarn-Urlaub, im Sommer. Im gleichen Jahr wie als das aufgeflogen ist, da waren wir in Fehmarn, da hab ich sie zum letzten Mal gesehen.
Götzl: Haben sie sich über Bekannte, Freunde unterhalten?
Zeugin: Lieschen hat von einer Freundin gesprochen, die viel tätowiert ist; sie hat mal mit ihr von einer Telefonzelle aus telefoniert; und ich wusste von ihr: wenn sie zu der Freundin fährt, kommt sie an einem Schlecker vorbei.
Götzl: Gibt es da weitere Informationen zu der Person?
Zeugin verneint das.
Götzl: Was können sie über Tätowierungen bei den Dreien sagen?
Zeugin: Bei Gerry hab‘ ich Tattoos gesehen. Auf dem Oberarm hatte er einen Skelettkopf mit einem Soldatenhelm; am Bein beim Knie war ein kleines Fähnchen. Im letzten Jahr war das Fähnchen mit einem anderen Tattoo überdeckt: ein rankenartiges Tier oder eine Verzierung. Ja, wir haben mal darüber geredet. Er meinte, das sei eine Jugendsünde. Er hat nicht gern drüber gesprochen und schnell vom Thema abgelenkt.
Götzl: Gab es noch andere Tattoos?
Zeugin: Nein.
Götzl: Haben sie von Seiten der Drei mal etwas über Beziehungen, Partner, Freundinnen gehört? Zeugin: Ja. Gerry und Max haben jeweils mal erwähnt in verschiedenen Sommern, dass sie eine Freundin zuhause haben; Gerry war’s… ne, weiß ich nicht.
Götzl: Gab es dazu nähere Informationen?
Zeugin: Ne. Ich wusste, dass Gerry eine Freundin hat. Er hatte aber sein Handy die ganze Zeit nicht dabei, weil er sie den ganzen Sommer nicht erreichen wollte. Nur Liesl hatte ein Handy, worüber wir sie erreicht haben; sonst keiner.
Götzl: Und weitere technische Geräte?
Zeugin: Es gab einen Laptop mit Computerbildschirm; um Computerspiele zu spielen; und wenn die Familien abends „Wer wird Millionär?“ gespielt haben, lief das über den Bildschirm, damit jeder das sehen kann.
Götzl: Gab es auch mal politische Gespräche?
Zeugin: Mit mir nicht. Von Katharina M. habe ich gehört, dass es das mal gegeben hat; zum Inhalt kann ich nichts sagen.
Götzl: Die Geschenke, die sie vorbeigebracht haben, was war das?
Zeugin: Eine Packung Schokolade aus der DDR, Keksstäbchen mit Schokolade; viele Süßigkeiten aus der DDR, Computerteile für meinen Vater; Würstchen und Senf.

Götzl: Ist mal von Waffen, Bomben und so was die Rede gewesen?
Zeugin: Zu Waffen hab ich nichts erfahren. Zu Bomben schon: die Jungs haben darüber erzählt, als hätte jeder in seiner Jugend so was schon mal gebaut. Sie haben so gefragt, ob ich noch nie ’ne Bombe gebaut hätte. Dann haben sie erklärt, wie das geht. Ich meine, das war Gerry. Du nimmst drei Zutaten, weiß nicht was, hat mich nicht interessiert, wollte so was nicht bauen. Er sagte: „…also du nimmst Salpetersäure und das und das, tust es in einen Mörser, das lässt du stehen und nach einigen Wochen kannste da draus was bauen“. Das war bei der Vorbereitung für’s Grillen, da saß ich schon am Tisch; alle anderen waren drumrum; zugehört habe aber nur ich.
Götzl: Und wie kam das Thema auf?
Zeugin: Weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich aus irgendwelchen Späßen; so: „Ja wie, haste noch nie ’ne Bombe gebaut?“
Götzl: Haben sie sich auch mal auf anderen Campingplätzen getroffen?
Zeugin: Nein.
Götzl: Gab es Ausflüge und wenn ja: wohin?
Zeugin: Einmal nach Grömitz, in die Hauptstadt von Fehmarn, zum Bummeln. Dann sind wir mal zum Eselspark gefahren oder in den Freizeitpark.
Götzl: Haben die drei auch eigene Ausflüge unternommen?
Zeugin: Ich weiß, dass sie vorher schon in Grömitz waren, weil sie uns dort was zeigen konnten. Sie sind einmal einen Tag weggefahren, alleine. Sie hatten vor Fehmarn noch andere Urlaube. Wohin sie da gefahren sind, haben sie nicht erzählt oder ich kann mich nicht erinnern.
Götzl: Die Familien, die noch Kontakt mit den Dreien hatten, waren die Familien M. und Su.? Zeugin: Ja.

Götzl macht einen Vorhalt aus der Zeugenvernehmung vom 24.5.2012: Frage: Können sie was zu einer Campingplatzanmietung in Uetze sagen? Antwort: Ja, das war an meinem Geburtstag. Worum ging es da?
Zeugin: Ja, meine Mutter hat mal für mich und drei Freundinnen eine Hütte angemietet, wir haben nur dort übernachtet und sind dann wieder abgeholt worden. Das hatte aber nichts mit den Dreien zu tun.
Götzl: Wissen sie etwas über Auslandsaufenthalte der Drei?
Zeugin: Nö.
Götzl: Wie war das mit den Telefonkontakten jenseits des Urlaubs?
Zeugin: Oft hat meine Mutter mit Liese telefoniert; da ist aber nicht immer nur Liese drangegangen, auch die anderen; sie hat dann halt mit dem telefoniert, der dran war; da ging es um Ferienplanung; ich bin auch mal drangegangen, als Gerry angerufen hat.
Götzl: Kannten sie eigentlich die Nachnamen der Drei?
Zeugin: Gerry, dachte ich, hieße Holger Gerlach, Lieschen Lisa Edinger oder so ähnlich…
Götzl: Wie hieß Lisa?
Zeugin: Erdinger.
Götzl: Haben sie jemanden bei der Lichtbildervorlage erkannt?
Zeugin: Ja klar, Liese, Max und Gerry habe ich erkannt.
Götzl: Können sie sich noch an die Telefonnummer erinnern?
Zeugin: Ja, sie ist nach wie vor in meinem Handy. Aber das Handy ist jetzt ja unten. Im Kopf hab‘ ich sie nicht gehabt, aber sie war schon immer in meinem Handy gespeichert, ich hab sie dann eben in der Vernehmung vorgelesen.
Götzl verliest die Nummer als Vorhalt: 0162-7000587 und hält weiter vor: Liesl war sehr freundlich und hat Kontakt zu mir und meiner Schwester gesucht, morgens haben wir zusammen Sport gemacht, Spiele gespielt, sind reiten gewesen?
Zeugin bestätigt das.

Götzl: Gab es da mal einen besonderen Vorfall?
Zeugin: Nein.
Götzl hält ihr das Stichwort „Badeunfall“ vor.
Zeugin: Ja, wir haben zusammengesessen und Spiele gespielt. Da sahen wir, wie eine Tauschschule mit Kindern zum Tauchen geht. Und dann gab’s eine große Katastrophe, weil zwei Kinder ertrunken sind. Wir konnten das von unserem Tisch aus beobachten.
Götzl: Und gab es dabei irgendwelche Auffälligkeiten?
Zeugin: Nein, es gab keine großen Auffälligkeiten; Liese und ich sind näher hin zum Gucken, das weiß ich noch.
Götzl: War da dann Polizei vor Ort?
Zeugin: Ja, da waren viele Krankenwagen und Polizei vor Ort.
Götzl: Gab es da kein auffälliges Verhalten von den Dreien?
Zeugin: Nein, sie sind nur immer schnell in den Wohnwagen, wenn Medienleute Camper dazu befragen wollten.
Götzl macht noch einen Vorhalt zum Bombenbau-Gespräch mit Gerry: Das war Max, das war vor drei Jahren, er sagte: „Das weiß doch jeder“.
Zeugin: Ich kann mich nicht genau erinnern. Ich weiß es einfach nicht mehr; er hat mir erklärt, wie man Schwarzpulver herstellt.

Nach einer Pause lässt Götzl die Zeugin noch drei Wahllichtbildmappen vorlegen, wo sie eindeutig Gerry, Max und Liese identifiziert, wie schon bei der polizeilichen Vernehmung. Zu dem Bild von Beate Zschäpe merkte sie noch an: „Das Bild haben wir ja selber gemacht.“

Götzl fragt nochmal zum Kontakt nach dem Urlaub nach, wie das genau abgelaufen sei und hält vor: …bei uns hat Gerry angerufen, wir haben auch oft angerufen.?
Zeugin: Ja. Als ich mal dran ging, hat Gerry abgenommen.
Vorhalt Götzl: … mit Vater hat Max per E-Mail Kontakt gehabt…
Die Zeugin bestätigt das.
Vorhalt Götzl: Frage: Wurde etwas Persönliches über die Drei erzählt. Antwort: Max hat häufig von Konzerten erzählt. Erinnern sie sich daran?
Zeugin: Nein.
Götzl: Haben sie denn auch viel über die Schulzeit erzählt?
Zeugin: Ja, über Schulzeit und Jugend, da haben sie viele Geschichten erzählt, so Marke: „Ich habe auch mal vier Leute auf der Rückbank mitgenommen, aber mach das bloß nicht…“.
Vorhalt Götzl: wenn wir sie angerufen haben, waren sie immer zusammen… Zeugin bestätigt die Aussage.
Vorhalt Götzl: Sie kennen sich aus der Schule, sie sind seither Freunde, wohnen aber in verschiedenen Wohnungen.
Zeugin bestätigt.
Vorhalt Götzl: Das muss an meinem 17. Geburtstag gewesen sein.
Zeugin bestätigt: Ich hatte meinen 17. Und am Wochenende drauf kamen sie oder sogar am selben Tag.
Götzl hält vor: Sie kamen kurz vor dem Fehmarn-Urlaub vorbei, das muss 2010 gewesen sein? Zeugin: Ja, was ich schon sagte, sie holten etwas ab, sind dann aber vorher nochmal woanders hingefahren.
Götzl hält vor: Sie haben dann Sachen von ihnen zu uns gepackt, damit ihr Auto leerer war.
Zeugin: Ach so, dann so rum.
Vorhalt Götzl: Danach sind sie noch vier Mal da gewesen. Sie sagten, sie kämen von einem Freund in der Nähe von Hannover.
Zeugin: Ja, das weiß ich noch von dem Freund. Den Ortsnamen weiß ich eigentlich auch noch, fällt mir nur grad nicht ein. Sie meinten, dass sie den öfter besuchen würden. Näheres oder den Namen wurde nicht erwähnt.
Götzl: Gab es weitere angemeldete oder unangemeldete Besuche – zum Beispiel einen Abend bei Su.s?
Zeugin: Ja, das war ein Grillabend bei Su.s. Da waren sie zwei Nächte bei uns und an einem Abend waren wir alle bei Su.s zum Grillen.
Götzl: Kannten sie die Passwörter zu den Laptops? Zeugin: Ich erinnere mich, dass ich das damals wusste.
Vorhalt Götzl: … ein Passwort für das Wlan weiß ich: es hieß „Susanna“ oder „Susan“.
Zeugin: Ja, das war so.
Götzl: Sie haben im Zusammenhang mit Frau Zschäpes Nachnamen „Erdinger“ genannt.
Zeugin: Wo ich den Namen gerade lese [guckt zum Angeklagten Eminger]: das war Eminger, Liese Eminger.
Götzl: Hatten die Drei Fahrräder?
Zeugin: Ja, sie haben viel Fahrradsport getrieben, zuhause und auch auf Fehmarn.
Vorhalt Götzl: Jeder hatte sein eigenes Rad dabei, aber nur die für den Urlaub, die richtig guten haben sie zuhause gelassen.
Zeugin: Ja, stimmt.
Götzl: Hatten alle Handynummern, Festnetznummer, E-Mail-Adresse von ihrem Vater?
Zeugin bejaht.
Götzl: Sie sagten, Liese hätte „großes und kleines bezahlt“: was meinen sie damit?
Zeugin: Mal hat sie ein Eis für Max bezahlt, das war was kleines;. Aber auch den Supermarkteinkauf hat sie bezahlt, das war was großes. Zum Einkaufen sind sie oft zu dritt losgefahren. Ich bin mit Liese auch mal mit dem Fahrrad und einem Anhänger los, um noch was zu holen. Auch wenn Ausflug war und alle waren dabei, dann hat sie immer alles bezahlt ,auch Ausgelegtes abgerechnet; auch im Restaurant, täglich.
Götzl: Und sie sagten, sie hatte auch 500er-Scheine?
Zeugin: Ja, als wir mal in Aldi waren, da hab ich mal einen in die Hand genommen, ich hatte noch nie einen gesehen;
Götzl: Hat sie denn auch mal unbar bezahlt?
Zeugin: Nein.
Götzl: War denn nicht auch mal nur einer der Männer beim Einkaufen?
Zeugin: Ja, bestimmt.
Götzl: Haben die Drei denn auch mal untereinander abgerechnet?
Zeugin: Nein.
Götzl: Waren sie auch mal dabei als mit einem 500er bezahlt wurde?
Zeugin: Weiß ich nicht.
Vorhalt Götzl: Es gab keine Probleme, wenn sie mit 500ern bezahlt hat.
Zeugin: Da hatte sie dies volle Portemonnaie. Es war für sie nichts Besonderes mit einem 500er zu bezahlen.
Götzl hält vor: Liese und Gerry schliefen im Doppelbett, Max allein. Ich habe nicht gesehen, dass es eine Beziehung gab. Es hieß auch, dass die Männer Freundinnen zuhause haben. Ich hatte dann mal den Eindruck, dass Liese und Gerry 2010 enger waren, mit Hand auflegen. Das war aber auch schnell wieder vorbei. Die Zeugin bestätigt ihre Aussage.
Götzl: Diese privaten Infos, wo kamen die her?
Zeugin: Alle drei sagen das.
Götzl: Und wer hat ihnen z.B. erzählt, dass Max‘ Vater Professor war?
Zeugin: Über Max‘ Familie hat er selber erzählt; über die Freundinnen von Max und Gerry, das weiß ich von Liese.
Götzl: Und über den behinderten Bruder von Max?
Zeugin: Das kam auch als Max seine Familiengeschichten erzählt hat.
Götzl: Und die Informationen über den Onkel von Gerry?
Zeugin: Als über die Wohnmobilanmietung gesprochen wurde, erzählte Gerry, dass das Fahrzeug vom Onkel ist.
Vorhalt Götzl: Deswegen bekommen sie die Autos so billig.
Zeugin: Wir hatten uns gefragt, weshalb sie nicht mit dem eigenen Auto gekommen waren und da erzählte Gerry das so.
Götzl: War außer von Hannover noch von anderen Orten und Städten die Rede?
Zeugin: Wenn sie mir welche aufzählen vielleicht.
Götzl: Nürnberg, Heilbronn, Ludwigsburg…
Zeugin: Nein. Nur von Hannover.
Götzl: Sagt ihnen Lauenau etwas?
Zeugin: Ja, das ist der Ort bei Hannover. In dem Ort wohnt der Freund.

Götzl hält vor: Man tut Holzkohle in den Mörser, Salpetersäure und noch etwas; dann soll man es stehen lassen und dann ist es fertig.
Zeugin bestätigt das.
Götzl: Und wie oft haben Sie eigentlich mit Gerry telefoniert?
Zeugin: Ein bis zwei Mal hat er mich erreicht. Aber er hat gefragt, ist Mama da, und ich hab ihn weitergereicht.

Götzl: Zu Beginn der Vernehmung waren sie ja emotional sehr betroffen: Was ist dafür der Grund? Zeugin: Also, da hatte sich über die Jahre eine Freundschaft aufgebaut. Ich hab mich immer sehr auf sie gefreut; es war eine besondere Beziehung. Wir haben alles miteinander verbracht, die Zeit. Seit die Drei da nicht mehr hinfahren, fahren wir da auch nicht mehr hin. Sie waren fast wie Ersatzeltern. Als ich dann die Nachricht gesehen habe [Zeugin fängt zu schluchzen an], ist für mich ’ne Welt zusammengebrochen. Das hat mich anfangs ziemlich belastet. Ich musste in Therapie betreut werden, ich konnte nicht mehr zur Schule gehen [Zeugin weint vernehmbar]. Ich war immer mal einen Tag nicht in der Lage, zur Schule zu gehen. Im Unterricht war ich so abwesend, dass ich nichts mehr mitbekommen habe. Ein bisschen mehr als zu den anderen, war’s zu Liese. Meine Schwester hatte noch mehr Kontakt zu Liese. Sie haben noch mehr Zeit zusammen verbracht. Sie sind immer zusammen duschen gegangen; sie hatten zu zweit mehr Freundinnen-Momente. Liese hat bei meiner Schwester im Zimmer übernachtet. Meine Schwester redet nicht darüber, aber auch sie ist ziemlich niedergeschlagen.

BAWin Greger: Wer fuhr das Auto?
Zeugin: Das war immer Gerry. Die anderen nie.
Greger: Waren sie auch mal im Innern des Wohnwagens?
Zeugin: Im Vorzelt sehr oft. Da ist mir nichts aufgefallen. Im Wohnwagen war ich nur mal kurz, da ist mir auch nichts aufgefallen.
Greger: Gab es mal eine Situationen, wo einer der beiden sich ausweisen musste?
Zeugin: Ne, weiß ich jetzt nicht.
Greger: Gab es bei den Diskussionen über Unternehmungen einen Meinungsmacher unter den Dreien?
Zeugin: Alle drei waren gleich, sie haben zusammen Ideen entwickelt, je nach Thema hat mal der, mal der die Initiative übernommen.

Zschäpe-Verteidiger RA Stahl hält der Zeugin ihre Aussage vor, die drei hätten sich ständig besucht und alles übereinander gewusst.
Zeugin: Ja. Das wurde so gesagt: „Als wir mal bei Max in der Wohnung waren…“, „Bei Lisa in der Wohnung mit den Katzen…“. Nur verschiedene Alltagserlebnisse wurden verschiedenen Wohnung zugeteilt.
Stahl: Was für Alltagsbegebenheiten waren gemeint, was haben sie da in Erinnerung?
Zeugin: Es hieß z.B.: „Als wir bei Max in der Wohnung saßen, haben wir zusammen über Fehmarn gesprochen”.
Stahl: Sie sagten auch, „sie wussten alles voneinander“: warum haben sie das so formuliert? Zeugin: Sie konnten jede Geschichte zusammen erzählen. Wenn ein einzelner eine Geschichte erzählte, konnten die anderen das quasi mit erzählen.
Stahl: Sie sagten, sie kannten sich seit der Jugend. Was ist damit gemeint?
Zeugin: So ab 18, wo sie Auto fahren konnten und auf Partys gehen.
Stahl: Zum Thema „bezahlen“: Sie schilderten den Eiskauf für Max, wo Liese bezahlt. Haben sie da eine konkrete Erinnerung?
Zeugin: Das war in Grömitz. Da gibt’s ne Strandpromenande mit mehreren Imbissen, daran sind wir vorbeigeschlendert. Meine Mutter bezahlt für mich; Liese für Max.
Stahl: Können sie was über die Bekleidung der Drei sagen?
Zeugin: Sie trugen bequeme Sommersachen. Bei Max ist mir aufgefallen, dass der über die Jahre immer die gleichen Sachen dabei hatte. Liese mochte auch rot, braun; Gerry grau, braun, gedeckte Farben.
Stahl: Max war ja auch surfen: wie intensiv denn?
Zeugin: Anfangs hatte er das erst gelernt, über die Jahre konnte er es immer mehr. Zum Surfen trug er einen Neopren-Anzug.
Stahl: Und Gerry: Was hatte der zum Bootfahren an?
Zeugin: Auch einen Neoprenanzug oder auch mal ’ne Badehose.
Stahl: Ist er viel Boot gefahren?
Zeugin: Schon oft, auch mal alleine, war dann auch mal mehrere Stunden weg. Wir sind aber auch gemeinsam gefahren.
Stahl: Was hat Liese derweil gemacht?
Zeugin: Wir waren mit ihr zusammen; wir haben gespielt. Waren shoppen, haben das Grillen vorbereitet, waren zusammen duschen usw.
Stahl: Wissen sie was davon, dass Max sich Surfsachen gekauft hat?
Zeugin: Ja, er hat von anderen Campingplatzbesuchern ein Surfbrett und Surfsachen abgekauft. Er hat sich dann aber auch im Geschäft was gekauft; ich war war dabei, als er loszog und als er zurückkam.
Stahl: War Liese da dabei und hat bezahlt?
Zeugin: Ne.
Stahl: Ihr Vater Wolfgang sagt, Gerry hat sich ein Schlauchboot gekauft?
Zeugin: Er hat sich ein Schlauchboot mit Motor gekauft. Das war ein großes Schlauchboot zum Aufblasen und mit Motor. So einen mit Kordel, an der man kräftig ziehen musste, da konnten so 2 – 3 Leute mitfahren.
Stahl: Haben sie etwas vom Bootskauf mitbekommen?
Zeugin: Ne. Es gab auch Zeiten, wo sich unsere Urlaube sich nur überschnitten haben. Der Bootskauf war nicht in unserer Anwesenheit.
Stahl: Ihr Vater sagt: Er hat sich ein Schlauchboot gekauft, das könnte 2000 Euro gekostet haben. War der Bootskauf denn mal Thema gewesen?
Zeugin: Ja, das wurde gesagt.
Stahl: Hat Liese das bezahlt?
Zeugin: Nein, das ist nicht gesagt worden.

Stahl: Sie sprachen von Bomben und Waffen: haben sie an dieses Gespräch und ihre polizeiliche. Vernehmung eine Erinnerung? Zeugin bejaht das.
Stahl: Wie kam’s bei dem Gespräch auf das Thema?
Zeugin: Weiß ich nicht. Es gab ja zwei Vernehmungen. Bei der ersten war ich noch sehr verwirrt. Dann kam die Erinnerung und in der zweiten wollte ich alles erzählen, was ich vergessen hatte.
Stahl: Ist für sie Bombe und Schwarzpulver das gleiche?
Zeugin: Ja, das ist für mich das gleiche, nur in einen Begriff gefasst.
Stahl: Bei den Geschenkpaketen von den Dreien erwähnen sie eine DVD.
Zeugin: Lisa hatte eine kleine Handkamera, die hatte sie immer im Urlaub dabei. Sie hat da mehrere Sachen dokumentiert und das zuhause zusammengeschnitten. das war eine DVD mit Urlaubserinnerungen; Lagerfeuer, Grillen, Federball spielen, Reiten; teilweise Texte in die Bilder gesetzt.
Stahl: Wurde mal drüber gesprochen worden, wer das geschnitten hat?
Zeugin: Nein. Aber die Kamera gehörte Liese. Aber die Jungs hatten die in der Hand die ganze Zeit.
Stahl: Nochmal zum Bezahlen im Supermarkt: War da noch jemand dabei, der hätte bezahlen können?
Zeugin: Nein, nur ich mit Liese. Die Großeinkäufe hat jede Familie für sich gemacht. Liese und meine Mutter sind auch mal zusammen losgefahren.Wenn ein großes Paket für alle eingekauft wurde, dann wurde immer gleich abgerechnet.
Stahl: Nur zur Klarstellung: Sie sagten, „Mutter hat immer angerufen“?
Zeugin: Wenn jemand aus der Familie angerufen hat, dann war’s meine Mutter.
Stahl: Wenn immer ihre Mutter angerufen hat, woher wussten sie, wer drangeht?
Zeugin: Mutter ruft immer mit Lautsprecher an, es war immer Gerry dran. Ich war selber vielleicht zweimal dabei; andere Male weiß ich nicht genau.
Stahl: Stichwort Restaurant: Wie oft ist das vorgekommen?
Zeugin: Einmal die Woche – oder alle zwei Wochen.
Stahl: Nochmal zum Thema DVD: Stichwort Serie und Videorekorder?
Zeugin: Ja. Liese und ich mögen dieselbe Serie. Liese hatte die im Urlaub aufgenommen und gesagt, sie schickt sie mir; drei Wochen später hat sie mir drei Folgen von „Grey’s Anatomy“ geschickt.
Stahl: War die mit Werbeunterbrechung wie im Fernsehen?
Zeugin: Keine Ahnung.

Götzl weist darauf hin, dass die Angeklagten ebenfalls jederzeit auch Fragen stellen können: Keine Reaktion.

NKRA Daimagüler: Haben sie auch mal über Türken gesprochen?
Zeugin: Es gab mal eine Zeit, als ich auf Türkenjungen stand. Dann war im Urlaub mal eine Freundin dabei, die sagte immer: „Du mit deinen Türkenfreunden“. Da fiel mir auf, dass Liese und Gerry vielsagende Blicke austauschen.
Daimagüler: Und was haben sie sich dabei gedacht?
Zeugin: Gar nichts.
Daimagüler: Sie sagten, es sei eine Welt für sie zusammengebrochen. Wie ist das gemeint?
Zeugin: Das letzte was man erwartet von seinen Freunden, dass die so was machen. das kann man nicht fassen, dass jemand das macht. Das braucht Zeit, bis man das verstehen kann. Ich kann das bis heute nicht verstehen. Sie waren so lieb und nett; ich habe ihnen zu 100 Prozent vertraut. Sie haben mich von vorne bis hinten belogen. Ich habe mich gefragt: Mochten die mich wirklich oder haben die mich von Anfang an nur verarscht?
Daimagüler: Brauchen sie heute auch noch psychologische Hilfe?
Zeugin: Nein.

NKRAin von der Behrens: Sie erwähnten den Bekannten aus Hannover: Haben die Drei denn mal Besuch aus Schweden, Skandinavien oder Dänemark abgeholt?
Zeugin: Einmal sind sie losgefahren, um jemand abzuholen. Da kam jemand, den wollten sie abholen, haben ihn aber nicht mitgebracht. Kamen abends wieder; das war in einer Stadt bei Fehmarn.
Von der Behrens: Vielleicht Kiel oder Puttgarden?
Zeugin: Nein, da war ich nicht wirklich dabei.
Von der Behrens: Stichwort Handy: Sind sie denn nur angerufen worden oder haben sie auch selbst telefoniert?
Zeugin: Ja, wenn wir getrennt unterwegs waren, haben wir natürlich auch so mit Handy telefoniert. Ich kann mich an das Handy und seine Benutzung nicht erinnern; ich kann mich nur an Telefonate aus der Telefonzelle erinnern.
Von der Behrens: Warum haben sie aus Telefonzellen telefoniert?
Zeugin: Weil’s günstiger ist, sagen sie.
Von der Behrens: Sie sprachen von einem alten, weißen Opel Corsa. Warum alt?
Zeugin: Der wäre einfach nicht mehr zu vermieten gewesen. Das war in dem Jahr als ich 17 wurde. Oder … das war bei mir zuhause… Nein, beim Geburtstag kamen sie mit dem neuen Auto. Mit dem Corsa waren sie da als sie die Schokosticks vorbeigebracht haben.

Sachverständiger Prof. Sass: Sie sprachen von positivem Umgang untereinander: Haben sie mal was anderes gesehen?
Zeugin: Nein, Streit gab’s nicht. Nur im Jahr, wo Gerry und Liese sich näher waren, waren sie etwas genervt von Max‘ Witzen, sind dann auch mal etwas vorausgegangen.
Sass: Haben sie etwas von Schulproblemen bei Liese gehört?
Zeugin: Nein.
Sass: Haben sie mit ihr mal über berufliche Fragen geredet?
Zeugin: Nein, da wusste ich gar nichts.
Sass: Hat Liese auch mal Sorgen angesprochen oder war sie wirklich nur positiv und lustig? Zeugin: Nur eher positiv und lustig als mit Problemen.
Sass: Haben sie mal über Ziele und die Zukunft gesprochen?
Zeugin: Ne.
Sass: Haben sie selber Zukunftsvorstellungen geäußert?
Zeugin: Ja. Was ich mal werden möchte.
Sass: Und was sagte Frau Zschäpe dazu?
Zeugin: Da war sie ziemlich neutral. Sie hat mich nur immer drin unterstützt. Sie hat eher zugehört. Es sind da aber keine konkreten Infos von ihr gekommen.

Die Zeugin wird entlassen.

 

Als zweite Zeugin kommt nun Katharina M., 21, herein. Sie lebt in Hameln.

Die Zeugin berichtet nach Aufforderung durch den Vorsitzenden Richter Götzl: Im Sommer 2007 habe ich die Drei kennengelernt und in den folgenden 4 Jahren mit ihnen Urlaub gemacht auf Fehmarn. Das waren Herr Mundlos, Herr Böhnhardt und Frau Zschäpe, die sich uns unter anderem Namen vorgestellt haben. Wir haben sie „unsere Ossis“ genannt. Wir waren eine eingeschworene Urlaubsgemeinschaft. Wir waren drei Wochen da, haben viele Aktivitäten zusammen gemacht, gegessen, gegrillt, sind segeln gewesen, was man eben im Urlaub so macht.
Götzl: Was haben sie über die Drei erfahren?
Zeugin: Wir haben die Drei als völlig nette, offene Menschen kennengelernt. Ich habe selten oder nie so nette Menschen kennengelernt. Ich habe ihnen vertraut. Ich hätte nie für möglich gehalten, dass die einer Fliege etwas zu Leide getan haben könnten. Keiner hätte je gedacht, dass das so ausgeht.
Götzl: Was genau haben sie über sie erfahren?
Zeugin: Nicht mehr so einfach zu erinnern. „Unsere Ossis“, ich weiß gar nicht genau mehr, woher sie waren. Uwe Mundlos‘ Vater war Professor, der hatte was mit PCs zu tun. Uwe Böhnhardt hatte mit Transportmitteln zu tun; bei Beate Zschäpe weiß ich nicht mehr.
Götzl: Wie sind die Drei untereinander gewesen?
Zeugin: Wie so ’ne Familie eigentlich. Eingeschworen auf jeden Fall. Die haben sich sehr gut untereinander verstanden. Natürlich gab’s mal Neckereien, aber das war so was von freundschaftlich.
Götzl: Was meinen sie mit “eingeschworen”?
Zeugin: Es gab nie Streit, wenn auch mal nur ansatzweise dicke Luft war, hat irgendwer das mit ’nem Scherz wieder raus gerissen, das war ganz unkompliziert.
Götzl: Gab es da Beziehungen untereinander?
Zeugin: Na klar haben wir Kinder gemunkelt. Es war für uns schwer vorstellbar, dass Leute in dem Alter Freunde sein können ohne Beziehung, also Männchen und Weibchen. Es hieß mal, ich meine, Max soll eine Freundin gehabt haben.
Götzl: Was haben sie über deren Wohnsituation erfahren?
Zeugin: Ich erinnere mich noch gut, dass Frau Zschäpe von ihren Katzen erzählte, was gut ankam, wir waren alle sehr tierlieb.
Götzl: Und die Wohnsituation?
Zeugin: Wir haben mit Sicherheit drüber geredet, ich kann es aber nicht mehr sagen.
Götzl: Was haben sie über das Privatleben von Frau Zschäpe erfahren?
Zeugin: Es kann sein, dass sie mal was über Blumen verkaufen erzählt hat, bin mir nicht sicher, irgendwas mit Floristik. Ab und zu haben wir mal kleine Geschenke bekommen, mal Thüringer Bratwürste auch; das war schön, nett.
Götzl: Haben sie Erreichbarkeiten ausgetauscht?
Zeugin: Meine Eltern hatten, glaub ich, Telefonnummern. Ob E-Mail – wahrscheinlich, weiß nicht.
Götzl Haben ihnen ihre Eltern die Nummer weitergegeben?
Zeugin: Ja, mit Sicherheit. Weiß aber nicht mehr genau.
Götzl: Mit was für Fahrzeugen haben sich die Drei bewegt?
Zeugin: Das war meistens ein gemieteter Bully, mit Marken kenn‘ ich mich nicht aus, waren so Großraumfahrzeuge.
Götzl: Welche Namen trugen sie?
Zeugin: Liese, Max und Gerry; Liese war Beate Zschäpe usw. Nur bei Gerry wussten wir, dass der Spitzname von Holger Gerlach herrührte.
Götzl: Waren die Drei auch mal zu Besuch bei ihnen zuhause?
Zeugin: Nein.
Götzl: Über welche Themen haben sie mit Frau Zschäpe gesprochen?
Zeugin: Man hat sich über eigene Interessen ausgetauscht. Wir mochten beide „Die Ärzte“, Musik usw.
Götzl: Können sie etwas zwischen den Personen differenzieren?
Zeugin: Frau Zschäpe war immer was zwischen Freundin und Mutter für uns Mädchen. Die beiden Männer eben wie Eltern. Kontakt suchte vor allem Uwe Mundlos. Der war das blühende Leben, immer wortgewandt, immer einen Scherz auf den Lippen. Der wusste immer zu allen Themen was. Wir waren eine sehr humorvolle Runde. Falls mal ein ernstes Thema aufkam, zeigten alle drei Interesse und hörten zu.
Götzl: Wurde auch über politische Themen gesprochen?
Zeugin: Soweit ich weiß, nein; nicht, soweit ich mich erinnern kann.
Götzl hält aus der polizeilichen Vernehmung der Zeugin vom 11.5.2012 vor: Mit Liese mehrfach über meine politische Einstellung gesprochen?
Zeugin: Mehrfach? Kann sein, dass wir da mal drauf gekommen sind und ich davon angefangen habe. Es wurde relativ neutral reagiert. Wenn ich über Politik rede, ist es meistens das Problem mit rechts. Wir haben damals von den „Ärzten“ „Schrei nach Liebe“ am Strand gehört, sie ist nicht weiter drauf eingegangen. Ich dachte, dass da kein Interesse vorhanden war. Dass ihr Interesse nur der Musik galt. Auf der Tasche, die ich seit Jahren dabei habe, war ein Aufnäher mit einem Anti-Nazi-Symbol, also eine Faust, die ein Hakenkreuz zerschlägt. die Drei wussten definitiv von meiner politischen Einstellung, da kam aber kein Kommentar von den Dreien.
Götzl: Wie lange kannten sich die Drei?
Zeugin: Alle irgendwie so’n bisschen aus Jugendzeiten. Mehr weiß ich da nicht.
Götzl: Thema Handy, Computer, Laptop. Was haben sie da für Beobachtungen gemacht?
Zeugin: Sie waren elektronisch ganz gut ausgestattet. Da war ein Laptop, ein Extra-Bildschirm, eine Videokamera, und immer auf dem neuesten Stand; ein Handy. Aber nicht, mit Sicherheit…
Götzl: Haben sie mal eine Handynummer bekommen?
Zeugin: Kann möglich sein. Als wir im Hansapark waren, um uns zu verständigen.
Götzl hält vor: Die Nummer habe ich mal in Burg von Frau Zschäpe bekommen?
Zeugin: Ja, ich habe mir da ein Ohrloch stechen lassen.
[Beate Zschäpe tuschelt auffällig viel mit Stahl]
Götzl: Wie war es mit Geld, wie wurde damit umgegangen?
Zeugin: Allgemein habe ich nur einmal direkt gesehen, dass mit Geld umgegangen wurde. Mir sind eine ganze Menge Scheine im Portemonnaie von Liese aufgefallen. Weiter ist mir nichts aufgefallen. Ich glaube, auch in Burg in Fehmarn, da haben wir Pizza gekauft, da wurde ich eingeladen. Wir waren einmal im Sky-Markt, kann mich aber nicht erinnern, was gekauft wurde und wer bezahlt hat.
Vorhalt Götzl: Liese hatte immer eine Menge Bargeld dabei?
Zeugin: Ja, das bezieht sich darauf.
Vorhalt Götzl: Es wurde auch immer in bar bezahlt?
Zeugin: Ja, war so; auch meine Eltern erzählen das. Wir haben uns schon mal zusammengesetzt, meine Eltern und ich. Wir fanden schon seltsam, dass sie immer so verschwiegen sind, wir noch nie einen Personalausweis gesehen haben und dass sie immer alles in bar zahlen.
Götzl hält zum Umgang von Mundlos und Böhnhardt mit Geld vor: Ob die beiden Männer noch Geld hatten, weiß ich nicht. Bei den Einkäufen, wo ich dabei war, hat immer Frau Zschäpe bezahlt? Die Zeugin bestätigt das.
Weiterer Vorhalt Götzl: Sie haben nicht mit Geld um sich geworfen, das war ein normaler Umgang mit Geld?
Zeugin: Ja, ganz entspannt, man gönnt sich mal was im Urlaub, mal eine Kugel Eis, ganz normal.
Götzl: Was können sie zu Freunden, Bekannten oder Besuch der Drei sagen?
Zeugin: Besuch hatten sie auf jeden Fall nicht. Zu Freunden und Bekannten fällt mir nichts ein.
Götzl: Wie haben sie sich denn überhaupt kennengelernt?
Zeugin: Das weiß ich nur aus Erzählungen. Ich war damals nachtaktiv und habe tagsüber geschlafen; deswegen wurde auch als Phantomtochter von mir geredet. Sie kamen wegen einer Partie Doppelkopf. Man fand sich sehr schnell sehr sympathisch, dann mal zu einem Wein zusammengesessen.

Auch dieser Zeugin werden, wie vorher, die drei Wahllichtbildmappen vorgelegt und sie erkennt ebenfalls zweifelsfrei Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt.

Götzl hält nochmal vor: Ich habe mich mit Liese mehrfach länger unterhalten; im Laufe der Jahre waren das ein paar interessante Gespräch?
Zeugin: Ja. Da ging es um Umgang mit Leuten, Männer und Frauen, Musik, was man macht, wie man sich gibt, dass man anders, nicht komplett, aber schon ein bisschen anders ist usw.
Götzl hält weiter vor: Sie hat mir was aus ihrer Jugend erzählt, dass sie leichter mit Männern konnte und dass diese Konstellation schon lange bestehe. Daher wusste ich, dass sie mit keinem der beiden zusammen war. Von ihren Eltern und der Schulzeit hat sie so gut wie nichts erzählt. Sie wollte nicht viel aus ihrer Jugend preisgegeben.
Götzl: Ihre Oma hat sie nicht erwähnt?
Zeugin: Ja.
Götzl: Zum Thema Waffen und Bomben, was fällt ihnen da ein?
Zeugin: Ja, da hat uns Gerry erzählt, wie man eine Rohrbombe baut. Wir waren hellauf begeistert – was heißt hellauf begeistert. Das interessierte uns; wir dachten, es sei eine Jugendsünde von Gerry. Es ging um Jugend in der DDR und vom Spaß, etwas in die Luft zu jagen. Waren so Sachen wie Schabernack, wenn man in der Jugend mal ’ne Mülltonne angezündet hat; die kleine Rebellion halt. Krieg’s im einzelnen aber nicht mehr zusammen.
Götzl: Wer war bei dem Gespräch noch dabei?
Zeugin: Gerry, Katharina, Juliane und ich. Ich kann mich nicht mehr erinnern.
Götzl hält vor: Gerry hat mir mal beiläufig was über Rohrbomben erzählt. Das hörte sich wie eine Jugendsünde an. Mit viel Humor, wie immer, sie konnten nicht reden ohne zu scherzen.
Die Zeugin bestätigt ihre Aussage.
Götzl hält weiter vor: Zählte irgendwelche chemischen Stoffe auf, die da rein gehören.
Zeugin: Da habe ich keine Erinnerung: ich weiß es nicht mehr.
Götzl: Ist davon die Rede gewesen, wie man einen Bombe zur Explosion bringt?
Zeugin: Mit Sicherheit ja, aber ich kann ihnen da keinen hundertprozentige Aussage machen
Götzl: Sprach er wohl von einer Zündschnur oder ähnlichem.
Zeugin: Ja, kann sein.
Götzl: War von Arten von Bomben die Rede?
Zeugin: Kann ich mich nicht mehr dran erinnern.
Götzl hält vor: Splitterbombe, Rohrbombe, Nagelbombe sagten mir nichts.
Die Zeugin bestätigt das.
Götzl hält weiter vor: Von selbst gebauter Bombe wurde nichts gesagt. Gerry hat nur damit geprotzt, dass er das kann. Plauderei nebenbei, jugendliche Begeisterung.
Zeugin: Ja, genau. Da war ich anwesend und bin auch anwesend geblieben.
Götzl: Wann war das?
Zeugin: Da waren wir schon eine sehr vertraute Runde. So 2009, 2010. Wir hatten schon ein ziemlich lockeres Verhältnis; da waren Juliane und ich 17 Jahre alt.
Götzl: Gab es zu anderen Städten und Gegenden Bezüge?
Zeugin: Ich meine, sie erwähnten mal einen Bekannten in Hannover und dass sie den Besuch bei dem Freund mit dem Besuch bei Juliane in Peine verbunden haben.
Götzl: Hatte Liese eine Freundin in Ludwigsburg? Ich halte ihnen mal vor: Nein, sie hat nur von einer Freundin erzählt, die auf die Katzen Lili und Heide aufpasst.
Die Zeugin bestätigt das.
Götzl: War sie mal alleine am Festlandufer gegenüber von Fehmarn?
Zeugin: Ja, sie hat den FKK-Strand besucht dort und Vergleiche gezogen zwischen dort und dem FKK-Strand in Wulfen.

Zschäpe-Verteidiger RA Stahl: Auf die Frage, ob mal was mit Waffen gewesen sei, haben sie das Wort Rohrbombe benutzt.
Zeugin: Ja, das ist mir auch aufgefallen, dass ich das Wort verwendet habe;. Ich weiß aber nicht, ob das Wort gefallen ist oder ob ich das aus den Medien habe.
Stahl hält Aussage der vorherigen Zeugin vor, dass für sie Schwarzpulver und Bombe dasselbe sei.
Zeugin: Ich verstehe die Frage nicht.
Stahl: Ist das Wort Bombe gefallen?
Zeugin: Es ging um einen Sprengsatz, mit dem man etwas in die Luft sprengt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Wort Bombe fiel.
Stahl hält vor: Wir hatten ein relativ vertrautes Verhältnis – aber beiläufig wird von einer Bombe geredet.
Zeugin: Stellen sie sich vor, da ist ein Tisch, da sitzt man und spricht über Jugendsünden. Erzählt hat Uwe Böhnhardt und es ging um irgendwelchen Quatsch, den man damals gemacht hat.
Stahl: Sie sagten, sie hätten mit Frau Zschäpe die „Ärzte“ gehört. Nur gehört?
Zeugin: Ich hatte auch meine Akustikgitarre dabei und ein „Ärzte“-Liederbuch. Frau Zschäpe singt mit, sie kannte die Texte.

NK-Anwalt RA Reinecke: Sie haben ihre Tasche mit dem Aufnäher geschildert. Hatten sie die schon 2007 dabei oder erst später?
Zeugin: Ich meine, sie mir in der 8. angeschafft zu haben, da muss ich so 13 gewesen sein, also 2007, 2008.
Reinecke: Sie haben von ihrer Auseinandersetzung mit dem Thema Rechts erzählt.
Zeugin: Das war nicht immer Thema, aber wenn’s um Politik ging.
Reinecke: Haben sie „ihre Ossis“ mal gezielt auf den Osten und „national befreite Zonen“ angesprochen?
Zeugin: Nein, so tief ging das nicht;. Ich meinte wahrzunehmen, dass daran kein Interesse bestand, hab‘ das dann gelassen.

Sachverständiger Prof. Sass: Sie schilderten, dass es entspannt war und auch Spannung schnell im Scherzhaften aufgelöst wurden.
Zeugin: Das waren so kleine Sachen, wenn’s drum ging, wer z.B. den Salat waschen soll.
Sass: Gab es mal ernste Gespräche unter den Dreien?
Zeugin: Nein. Dachte mir, dass sie uns nicht damit belasten wollten.
Sass: Bei den Gesprächen mit Frau Zschäpe, kamen da Sorgen, Belastungen, Kummer zur Sprache? Zeugin: Nein, eigentlich nicht.
Sass: War von Zukunft die Rede?
Zeugin: Kann sein, kann mich nicht erinnern.
Sass: Ging es auch mal um den Unterschied zwischen Ost und West und die Möglichkeiten? Zeugin: Es ging darum, dass man im Osten als Jugendlicher mehr Freiheiten hatte als im Westen und das auch genutzt hat.
Sass: Die Zeugin vorher erzählte, das 2010 die Beziehung zwischen Gerry und Liese etwas enger war.
Zeugin: Ich habe die drei als neutrale Freunde wahrgenommen.
Sass: Ging es mal um Sexualität und körperliche Beziehung?
Zeugin: In keiner Weise.

Die Zeugin wird entlassen.

NKRA Schön trägt einen Beweisantrag vor, in dem er zum einen beantragt den KOK Ne. vom BKA und einen Sachverständigen für Daktyloskopie zu laden und ein Behördengutachten zu verlesen, zum Beweis, dass an dem Wohnmobil in dem am 4.11.2011 die Leichen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gefunden, an der Beifahrertüre unterhalb des Schlosses zwei Fingerabdrücke von Zschäpe gefunden wurden. Zum zweiten zum eine Sachverständige des BKAs zu laden, zum Beweis, dass sich im Inneren des Wohnmobils ein Haar befand, von dem molekulargenetisch nicht ausgeschlossen werden kann, dass es von Zschäpe stammt. Beides zeige, dass die Angeklagte von der Anmietung des Wohnmobil wusste und es vor der Abfahrt ihrer Mittäter betreten hat. Angesichts des Zeitraumes der Anmietung Ende Oktober/Anfang November komme eine Anmietung für eine Ferienreise nicht in Betracht, dies ein starkes Indiz für die Kenntnis von Zschäpe vom beabsichtigten Raubüberfall sei.

NKRAin Lunnebach erkundigt sich, ob, wenn der Zeuge Thomas Gerlach erneut kommt, es denn Neuigkeiten zum Strafverfahren gibt und sich Herr Gerlach auf ein Aussageverweigerungsrecht berufen kann. Richter Götzl gibt kurz angebunden an, dass vier Kisten Akten der Staatsanwaltschaften Dresden und Gera da seien und zum Einsehen vorbereitet würde. Heute aber nicht mehr.

Ende des Tages: 17:30 Uhr

Das Blog NSU-Nebenklage schreibt:
„Es wird nicht nur deutlich, dass die Drei über die Jahre eine perfekte Tarnung entwickelt hatten. Klar ist auch, dass sie ein Bedürfnis nach persönlicher Nähe zu „normalen Menschen“ hatten. Am spannendsten ist aber, dass die völkisch-rassistische Ideologie, die zu den Morden des NSU führte, es den NSU-Mitgliedern gleichzeitig ermöglichte, ein gutes Verhältnis zu anderen „Deutschen“ zu entwickeln, selbst wenn diese Nazis ablehnten. In der Mitte der „Volksgemeinschaft“ verhielt man sich, wie schon die historischen Naziverbrecher, durchaus anständig und liebenswert-freundlich, die mörderische Wut und der Hass waren rassistisch motiviert. Hier waren also keine durchgedrehten Mordmaschinen am Werk, sondern politisch motivierte Nazis und Rassisten.“

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