Türkische Gemeinde legt Schattenbericht zum NSU-Untersuchungsausschuss vor

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„Scharfe Kritik an den Sicherheitsinstanzen“ übten alle Fraktionen im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum NSU. Im Fazit sei ein „multiples, systemisches Versagen“ von Polizei und Geheimdiensten festzustellen (Ausschussvorsitzender Sebastian Edathy, SPD), eine „beschämenden Niederlage der Behörden (CDU/CDU Obmann Stephan Stracke). Edathy und Stracke betonten allerdings auch, der Ausschuss habe weder Anhaltspunkte entdeckt für eine „Kumpanei“ zwischen Behörden und dem NSU, noch existierten Hinweise für eine Tätigkeit des Trios als V-Leute. Auch sei „nicht absichtlich weggeschaut“ worden. FDP-Obmann Hartfrid Wolff beklagte, dass trotz der intensiven Arbeit des Ausschusses noch zahlreiche Fragen ungeklärt seien. Nicht in gebotenem Maße untersucht worden seien etwa der Einsatz von V-Leuten, die internationalen Verflechtungen des NSU besonders in die Schweiz als dem Herkunftsland der Tatwaffe, die Banküberfälle der Zelle oder deren Einbindung in die rechtsextreme Szene. Aus Sicht Petra Paus (die LINKE) trugen die Ermittlungen „rassistische Züge“.

Dennoch fehlt im gemeinsamen Abschlussbericht (im Gegensatz zum Minderheiten-Votum der LINKEN) die Analyse über den evidenten Rassismus in den Institutionen, den auch die Nebenklage-Anwält_innen im Münchner NSU-Prozess auf einer gemeinsamen Pressekonferenz erläutert und kritisiert hatten. Während in der Presseberichterstattung zum Abschlussbericht das Lob für die akribische Arbeit der Ausschusses und die formulierte „scharfe Kritik“ an dem „Versagen“ im Vordergrund stehen, drohen sowohl die offenen Fragen als auch die Benennung des grundlegenden Rassismus unterzugehen.

Nun hat die Türkische Gemeinde einen 81-seitigen „Schattenbericht“ zum NSU-Untersuchungsausschuss vorgelegt, um die gesellschaftliche Debatte um den Blick auf die Wahrnehmung der Opferfamilien und spezifische rassistische Tendenzen in staatlichen Institutionen zu erweitern. Das sehr lesenswerte Dokumente – maßgeblich erstellt von Prof. Dr. Hajo Funke, der bei fast jeder Ausschusssitzung anwesend war – geht denn auch in der Benennung der offenen Fragen und der Fehler im System wesentlich weiter.

27.08.2013
Schattenbericht zum NSU-Untersuchungsausschuss

Die Türkische Gemeinde in Deutschland legt im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Untersuchungsausschussberichtes des Deutschen Bundestag einen eigenen Bericht zur Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) sowie der Aufarbeitung der Mordserie auf Bundes- und Landesebene vor. Dieser richtet den Blick insbesondere auch auf die Wahrnehmung der Opferfamilien und spezifischen rassistischen Tendenzen in staatlichen Institutionen.

Der Bericht und die daraus geforderten Konsequenzen sollen einen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte um Neo-Rassismus in Deutschland leisten.

Unser Dank für die Erarbeitung des “Schattenberichtes” gilt vor allem Prof. Dr. Hajo Funke, aber auch İlker Duyan, Safter Çınar sowie Martin Gerlach.

Den Bericht der Türkischen Gemeinde in Deutschland zum NSU und die daraus folgenden Konsequenzen können sie hier einsehen (742 KB).