Kurz-Protokoll 191. Verhandlungstag – 11. März 2015

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Am heutigen Verhandlungstag ist der ehemalige V-Mann des Thüringer LfV geladen. Er macht Angaben zu seiner Zeit in der Thüringer Neonaziszene, bestreitet jedoch trotz vorliegender Aussagegenehmigung des LfV Thüringen, für das Amt gearbeitet zu haben. Götzl unterbricht die Verhandlung und regt an, Norbert Wießner erneut zu laden, der ihn seinerzeit als V-Mann geführt hat.

Zeugen:

  • Marcel Degner (Neonazi-Umfeld, Blood and Honour Thüringen, ehemaliger V-Mann des LfV Thüringen)
  • Steffen Hi. (Neonazi-Umfeld, Weiße Bruderschaft Erzgebirge, Erkenntnisse zu Eminger)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:46 Uhr, als Zeuge geladen ist der Neonazi und ehemalige V-Mann des LfV Thüringen Marcel Degner. Götzl führt aus, es gehe um Erkenntnisse zu B&H Sektionen Sachsen und Thüringen sowie um Erkenntnisse zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und Wohlleben. Degner gibt an, die Sektion 1996 gegründet zu haben, mit Genehmigung von Berlin. Nach dem Verbot 2000 habe er zwangsläufig damit aufhören müssen.
Götzl weist auf die Aussagegenehmigung hin und bittet Degner zu berichten, wann er zum ersten mal Kontakt zum LfV gehabt habe und wie lang er tätig gewesen sei. Degner sagt, er habe davon 2001 zum ersten Mal in der Zeitung gelesen und seitdem sei ihm das ständig vorgeworfen worden. Götzl fragt erneut, wann der Kontakt zum LfV Thüringen stattgefunden habe. Degner: “Gar nicht.” Auch nach mehrfachem Nachfragen des vorsitzenden Richters verneint der Zeuge, jemals für das LfV tätig gewesen zu sein. Auf die Frage Götzls, ob es mal eine Kontaktaufnahme des LfV mit ihm gegeben habe, antwortet Degner, dass ungefähr 1997 mal zwei Männer vor der Tür gestanden hätten. Diese hätten sich als Mitarbeiter des LKAs vorgestellt und versucht ihn anzuwerben. Nachdem er diese rausgeschmissen hätte, sei niemand mehr gekommen.
Götzl fragt weiter, worum es bei der Sektion Thüringen gegangen sei, zu welchem Zweck diese gegründet worden sei. Degner gibt an, B&H sei eine Musikbewegung gewesen und habe dazu gedient, Konzerte zu organisieren. Götzl fragt, ob er etwas zu Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe sagen könne. Degner verneint das, er würde sie nicht kennen. Götzl fragt, ob er Wohlleben kenne. Degner bejaht das, seit Anfang der 90er Jahre sei Wohlleben bei ihm in der Nähe gewesen und da haben man sich öfters gesehen und getroffen. Götzl fragt erneut nach Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe und ob er aus dem Kontakt mit anderen Personen damals Informationen über die Drei erhalten habe. Degner sagt, es habe viele Gerüchte gegeben. Degner verneint auf Frage Götzls zu wissen, ob mal Geld gesammelt worden sei für die Drei. Götzl fragt nach Zeitraum und Länge der Gespräche zu den Dreien. “Immer mal wieder”, so Degner.
Götzl fragt nach Thomas Starke und wie gut Degner ihn gekannt habe. Relativ gut, so Degner. Götzl fragt, ob Degner mit ihm mal über Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gesprochen habe. Degner bejaht das, ein mal, da habe Starke ihm erzählt, dass sie sich kennen würden. Ob Starke mit Degner mal über finanzielle Zuwendung für die drei Personen gesprochen habe, fragt Götzl. Das verneint Degner vehement.
Vorhalt: Es liegen dem BKA Informationen vor, dass Sie bei einem Konzert 13.11.1999 in Schorba dem Thomas Starke eine finanzielle Spende für die Drei angeboten hätten. Dieser hätte jedoch abgelehnt, weil die drei jobben würden. – Ich wollte das wissen, weil ich die ganze Zeit keine Antwort bekommen habe und ich keine Lust mehr hatte dass andauernd Schwachsinn und Gerüchte verbreitet werden. Ob er das gesagt habe, fragt Götzl. Degner bejaht, das sei möglich.
Vorhalt: Haben Sie mal Konzerte organisiert, bei denen Sie veranlasst oder genehmigt haben, dass Spenden für die Drei gesammelt werden? – Nein, hab ich nicht. Es war auch nie so, dass irgendwo eine Extra-Kasse stand für Beate und die beiden Uwes. Sowas hab ich nie gesehen. Was die Sektion Sachsen mit ihren Geldern gemacht hat, weiß ich nicht. Götzl fragt, ob das Degners Angaben seien. Degner bejaht.
Nach der Mittagspause beantragt NK-Vertreter RA Hoffmann die Vernehmung an dieser Stelle zu unterbrechen und vor der Fortsetzung Wießner und Zweigert zu vernehmen. Diese hätten den Zeugen für das Thüringer LfV betreut. Wießner habe angegeben, Degner habe unter dem Decknamen Hagel gearbeitet. Weil alle Treffberichte vernichtet seien, sei einen Befragung der beiden Zeugen notwendig. Es folgt eine Diskussion und eine Unterbrechung.
Götzl sagt daraufhin, Hoffmann könne den Antrag erst stellen, wenn alle anderen Fragen gestellt worden seien. NK-Vertreter RA Narin fragt den Zeugen, ob er mal von Kameraden in der Szene verdächtigt worden sei, V-Mann zu sein. Nach der Geschichte in der Zeitung definitiv, bejaht Degner. Ob es da zu Auseinandersetzungen gekommen sei, fragt Narin. Degner bejaht, “gelegentlich verbal und einmal körperlich”.
Götzl fragt den Zeugen, ob ihm der Name Zweigert was sage. Degner verneint. Götzl zum Zeugen: “Ja, jetzt gäbe es schon Anlass zu fragen, ob Sie ihre Aussage berichtigen wollen. Zumindest im Hinblick auf diese Aussage des Mitarbeiters des LfV.” Degner bleibt auch nach mehrmaligem Nachfragen bei seiner Aussage, er habe nicht für das LfV Thüringen gearbeitet. Vorhalt aus einem Vermerk über ein Information der Quelle 2100 vom 24.11.1999: Thomas Starke, B&H Sachsen, habe eine ihm angebotene Spende für die Drei abgelehnt, weil die Drei kein Geld mehr brauchen, weil sie jobben würden. Götzl sagt, Wießner habe ihn, Degner, als Quelle 2100 benannt. Degner sagt, er habe keine Ahnung, wie das in der Akte gelandet sei. Ob er da mit jemand anders geredet habe, könne er nicht beantworten. Götzl teilt dem Zeugen mit, dass dieser erneut zu kommen habe und der Zeuge wird um 15:20 Uhr entlassen.

Nach einer Pause wird der Zeuge Steffen Hi. vernommen. Götzl fragt ihn zunächst nach Erkenntnissen zu André und Maik Eminger, inwiefern er diese kenne. Sie hätten sich ungefähr ab 1998/99 ab und zu mal getroffen, so Hi., hätten ein Bier zusammen getrunken. Götzl fragt nach der Weißen Bruderschaft Erzgebirge. Irgendwann, so Hi., sei ihnen der Gedanke gekommen, sie könnten sich zusammenschließen zu einer Gruppierung, um im Erzgebirge was auf die Beine zu stellen für die Jugend. Denn damals habe es viele Drogen und -umschlagplätze dort gegeben. Götzl fragt, wer “wir” gewesen seien. Hi.: “Die Brüder Eminger, ich und einige andere.”
Götzl fragt nach der Personenanzahl. Anfangs vielleicht acht Mann, so Hi., dann 20. Götzl fragt nach Aktivitäten und Funktionsaufteilungen. Sie hätten sich einmal im Monat getroffen, dann hätten sie gemeinsam Ausflüge geplant zu Konzerten, und dann angefangen, selber etwas zu planen, zum Beispiel ein Fußballturnier. Götzl fragt nach der Rolle der Brüder Eminger in der WBE. Eigentlich sei in der WBE jeder gleichgestellt gewesen, so Hi., da habe es keine Rangfolgen oder Funktionen gegeben. Götzl fragt nach weiteren Zielen der WBE. Hi. nennt “politische Bildung” und erklärt auf Nachfrage Götzls: “dass die Jugendlichen zu schätzen lernen, sein Land und Natur und die Heimat, in diese Richtung”. Wieso der Name Weiß eine Rolle spiele, fragt Götzl. Wegen der weißen Hautfarbe, so Hi.
Vorhalt: Was war ursächlich für die Gründung und wer waren die Gründungsväter? – Die Gründungsväter waren die beiden Eminger-Zwillinge. Auf Nachfrage Götzls sagt Hi., wenn das so zu Protokoll genommen wurde, werde er das wohl so gesagt haben. Götzl fragt nach den Fanzines, worum es in den Artikeln gegangen sei. Hi.: “Konzertberichte, ähm, das Fußballturnier zum Beispiel, wie des gelaufen ist.” Vorhalt: Dazu kann ich sagen, dass die beiden Eminger dafür verantwortlich sind. Ich kann das genau sagen, da die Eminger Entwürfe von einzelnen Artikeln, die sie verfasst haben, uns zum Lesen vorlegten. Hi. äußert sich verwundert, dass dies dort so stehe und sagt, das habe er sicherlich so genau nicht gesagt, dass die Brüder Eminger alles selber gemacht hätten. Ob über die Anwendung von Gewalt gesprochen worden sei. Hi. verneint. Götzl fragt nach einem Vorsitzenden, Vorstand oder was in der Richtung. Hi. sagt, die Eminger-Brüder seien halt Ansprechpartner Nummer eins gewesen.
NK-Vertreterin RAin Lunnebach bittet den Zeugen, André Eminger in seiner politischen Haltung damals zu beschreiben. “Wir waren halt damals ziemlich extrem, waren gegen alles und jeden. Und wer uns was böses tun wollte, dem wollten wir auch was böses tun.”, so Hi.  Ob er mit Eminger über Ausländer gesprochen habe? “Bestimmt”, so Hi. Die vorherrschende Meinung sei gewesen, Ausländer seien böse, nähmen uns die Arbeit weg. NK-Vertreterin Basay fragt, ob bei der WBE das Thema Gewalt gegen Ausländer eine Rolle gespielt habe. Hi.: “Vielleicht vom Reden her schon. Geistig ja, vielleicht.” NK-Vertreter RA Narin fragt, ob Juden Thema gewesen seien bei der WBE? Hi. bejaht, und sagt auf Nachfrage: “Alles böse, alles muss weg. Alles was böse ist muss halt weg, war halt die Meinung damals.” Der Verhandlungstag endet um 17:25 Uhr.

Hier geht es zum Kommentar des Blog NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/03/11/11-03-2015/

 

Die vollständige Version des Protokolls gibt es hier.