Protokoll 203. Verhandlungstag – 11. Mai 2015

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Heute geht es um den Überfall auf den Edeka-Markt in Chemnitz, der 1998 vermeintlich vom NSU begangen wurde. Dazu sagen die Kassiererinnen aus. Außerdem werden Polizeibeamte zu ihren Ermittlungen, wie der Auswertung der Bilder der Überwachungskamera, befragt.

 

Zeug_innen:

  • Ramona W. (Kassiererin in überfallenem Edeka-Markt)
  • Heike E. (Kassiererin in überfallenem Edeka-Markt)
  • Stefanus Er. (Kriminalbeamter NRW)
  • Annika Vo. (Polizeibeamtin)

Der Prozesstag beginnt um 09:49 Uhr mit veränderter Präsenz. Der Vorsitzende Richter Götzl gibt bekannt, dass RAin Sturm und RA Narath nicht anwesend seien und RA Freitag für Hedrich sowie RA Hachmeister für RA Rokni-Yazdi da seien.

Die erste Zeugin ist Ramona W. Götzl erklärt der Kassiererin, es gehe ihnen um den Überfall auf den Edeka-Markt in Chemnitz in der Irkutskerstraße 1 am 18. Dezember 1998. Die Zeugin W. berichtet, sie habe an dem Tag Spätdienst gehabt und sei in der ersten Kasse im Eingangsbereich gesessen. Weiter sagt sie: „Es war viel los, es war die Woche vor Weihnachten. Und gegen 18:00 Uhr hat meine Hauptkassiererin mich als erstes abgeschöpft. Dann habe ich nur einen Mann gesehen, der an einer Säule lehnte. Ich habe weiter meine Arbeit gemacht und hörte ein bisschen Tumult im Hintergrund. Und in dem Moment kam ein weiterer in schwarzem langem Mantel vorbei gerannt und der andere im karierten Hemd hinterher und meine Kollegin hat gerufen ‚Überfall!'. Es ist noch ein Kunde hinterher, so viel ich weiß.“
Götzl fragt, ob sie eine Waffe gesehen habe. W. antwortet, sie habe keine Waffe gesehen und sei auch nicht bedroht worden. Da sie an der ersten Kasse gesessen habe und die Hauptkassiererin auch noch die anderen abgeschöpft habe, sei das in ihrem Rücken passiert. Götzl fragt, wer noch zugegen gewesen sei. Auf die Frage, wie spät es gewesen sei, sagt die Zeugin, meistens sei bei ihnen zwischen halb sechs und sechs abgeschöpft worden.
Götzl fragt, wo sich die Säule und der Mann befunden hätten. W. erklärt den Eingangsbereich und dass in der alten Halle, die nicht mehr da sei, bei ihnen Säulen waren und der Packtisch. Der Mann habe an der ersten Säule in der hinteren Reihe gelehnt. Sie hätte nur wahrgenommen, dass er länger dort gestanden habe. Er habe ein blau kariertes Hemd offen getragen, ein weißes T-Shirt und eine schwarze Mütze. „Aber Gesicht? Tut mir leid. Und den mit dem schwarzen Mantel habe ich nur von hinten gesehen, der kam an mir vor bei und ist Richtung Ausgang.“ Götzl fragt, ob die Männer maskiert gewesen seien. W. sagt, sie habe nur den an der Säule gesehen und der sei nicht maskiert gewesen, er hätte nur die schwarze Mütze aufgehabt. Zur Größe gibt die Zeugin an, der Mann an der Säule sei nicht sehr groß gewesen, ein Meter sechzig, siebzig und nicht dick, aber er sei ein bisschen kräftig gewesen. Gefragt nach der Größe und Statur der weiteren Person sagt Frau W.: „Auf alle Fälle größer, die sind ja raus gerannt“. Wegen des Mantels könne sie nichts weiter zu Größe und Statur sagen. Götzl fragt, ob die beiden Männer etwas gesagt hätten, was W. verneint.
Götzl fragt, ob es zu der Zeit des Überfalls Kunden gegeben habe und wie sich diese verhalten hätten. W. antwortet: „Es war eigentlich so, nachdem die Kollegin durchs Mikro ‚Überfall!' gerufen hat, dass alle stehen geblieben sind an meiner Kasse. Ich habe ein paar Minuten gewartet, dann haben wir auf Ansage unseres Marktleiters die Kunden noch abkassiert, wir durften nur noch die Kunden rauslassen, die im Markt waren.“
Götzl fragt, ob sie wisse, ob jemand aus dem Bereich des Personals oder der Kunden die Verfolgung aufgenommen habe. Frau W. sagt: „Ein junger Mann ist, glaube ich, damals hinterher und die Frau Ki. Aber nur bis zur Eingangstür, also nicht aus dem Markt raus.“ Götzl fragt, ob sie noch etwas gesehen habe, was die Verfolgung anbelangt. Die Zeugin schweigt. Er fragt weiter, ob W. sich danach mit ihrer Kollegin unterhalten habe. W. gibt an, sie hätten weitergemacht und danach sei Frau Ki. nicht mehr da gewesen. Sie sei dann auch länger, vier bis sechs Wochen, krank gewesen. Und über den Vorfall sei dann eigentlich nicht mehr gesprochen worden. Die Frage, ob die Erkrankung Frau Ki.s mit dem Vorfall zusammen gehangen habe, verneint W. Vorhalt aus W.s Vernehmung beim BKA am 18.06.2012: Ein Kunde im Alter von 16, 17 Jahre rannte hinterher, als plötzlich ein Schuss fiel. Frau W. sagt: „Das war der junge Mann. Ich hab den nur von hinten gesehen. Und die Schüsse hat jeder gehört, deswegen sind alle im Eingangsbereich stehen geblieben. Ein Kunde hat gerufen: ‚Es wird geschossen!' Es ist ja deswegen keiner raus in der ersten Zeit. Es ist so lange her.“
Götzl fragt, ob sie im Anschluss daran über eine Schussabgabe etwas erfahren oder gesehen habe, was Frau W. verneint. Er fragt, ob darüber gesprochen worden sei, ob Schüsse eingeschlagen hätten. W. sagt, es sei ihnen gesagt worden, dass sie zweimal in die Wand geschossen hätten, in die Seiten, bevor sie über die Stollbergerstraße drüber waren. Das hätten die Kunden erzählt. Götzl fragt, ob sie diese Wand mal angesehen hätte. W. verneint.
Götzl hält Frau W. aus ihrer Aussage in den Akten vor: Dann habe ich erst durch den Chef mitbekommen was passiert ist. Dazu fragt er, wer damals Chef gewesen sei. Frau W. gibt Herr Re. an. Götzl fragt W., ob das stimme, was hier stehe, ob sie durch den Chef mitbekommen habe, was passiert sei. Frau W. sagt, als sie ihre Kassen abgerechnet hätten, sei ihnen erklärt worden, dass Frau Ki. ihre Tasche entrissen worden sei. Auf die Nachfrage, wie viel das gewesen sei, gibt W. an, über 20.000 DM und allein bei ihr hätten 5000 DM bei der Abrechnung gefehlt. Götzl fragt: „Welche Folgen hatte der Überfall für Sie selbst?“ W. antwortet: „Es ist halt so, dass man doch ein bisschen mehr zur Seite schaut. Wenn heute jemand länger wartet, das ist nicht ungewöhnlich, dann sind es halt Männer, die auf Ihre Frauen warten. Aber man hat es verdrängt, es sind ja 17 Jahre halt. Und man macht halt seine Arbeit.“ Götzl fragt nach Frau E. und Frau Ki., woraufhin W. erklärt, Frau Ki. sei mit der Waffe bedroht worden und sei dann doch längere Zeit krank gewesen. Aber sie habe dann weiterhin als Hauptkassiererin gearbeitet. Auf Nachfrage nach Frau E., es sei am Anfang ein ungutes Gefühl gewesen, aber mittlerweile sei es eigentlich abgehakt.
Götzl hält ihr ihre Aussage aus den Akten vor: Das karierte Hemd war blau, weiß und schwarz, einen Art Flanellhemd, Bauarbeiterhemd. W. sagt, so habe sie es wahrgenommen. Götzl hält weiter vor: Er war circa 1,70 groß, trug eine dunkle Hose. Auf die Frage, ob sie dazu noch etwas sagen könne, sagt W., sie könnte damit leider nichts mehr anfangen. Vorhalt: Er trug [darunter]ein helles T-Shirt, das Hemd war geöffnet. Er war nicht groß, sondern korpulent. W. sagt: „Er war halt ein bisschen kräftiger.“ Götzl fragt, ob sie denn zum Alter etwas sagen könne. W. antwortet, sie könne sich nicht an das Gesicht erinnern. Götzl hält ihr ihre Aussage vor: Sein Alter schätze ich zwischen dreißig und vierzig Jahre. W. sagt dazu: „Kann sein.“ Vorhalt: Er trug eine schwarze Strickmütze ohne Pudel, Zweite Person, Größe schätze ich auf circa 1,80. Die Zeugin bestätigt dies.

Als zweite Zeugin wird Heike E. aufgerufen. Götzl erklärt ihr, es gehe um den Überfall auf den Edeka-Markt am 18.12.1998. Die Zeugin E. berichtet: „Also unsere Hauptkassiererin hat um 18:00 Uhr ihre Kasse zugesperrt und ist dann von Kasse zu Kasse gelaufen. Wir haben ihr das Geld in so kleinen Säckchen gegeben. Sie kam von der letzten Kassiererin zurückgelaufen und hinter meiner Kasse hörte ich, dass es laut wurde, drehte mich um und habe gesehen, wie eine Person meiner Kollegin eine Waffe vor den Körper hielt und versuchte, ihr die Tasche wegzureißen, was dieser Person auch gelang. Dann ist diese Person weggerannt, meine Kollegin hinterher. Ich hab von der Kasse durchs Mikrofon ‚Überfall!' gerufen. Von draußen kam ein Knall und ein Kunde kam von draußen rein und sagte: ‚Draußen wird geschossen.'“ Götzl fragt E., wer die Hauptkassiererin gewesen sei. E. antwortet, Eva Ki.

Götzl fragt nach, wie die Waffe auf die Hauptkassiererin gehalten worden sei. Die Zeugin sagt, in Richtung Brust, direkt vor dem Körper. Auf Nachfrage zur Waffe, sagt E., sie sei der Meinung, dass es keine normale Waffe gewesen sei, wie sie ein Polizist oder ein Geldtransporter hätte. Sie sei der Meinung, dass der Griff mehr in der Mitte war. Gefragt danach, ob sie zur Länge der Waffe etwas sagen könne, verneint die Zeugin und wiederholt, der Griff sei komisch gewesen. Die Farbe wisse sie nicht mehr. Götzl fragt, ob sie noch eine weitere Person festgestellt habe. E. verneint, sie habe nur diese eine festgestellt. Götzl fragt, ob E. ihm die Person beschreiben könne. E. gibt an: „Die hatte so ein Tuch vor dem Gesicht, ein schwarzes. Und einen schwarzen Mantel. Aber mehr kann ich nicht sagen.“
Götzl fragt nach Größe und Alter. E. wiederholt, der Mann habe ein Tuch davor gehabt. Nur das habe sie gesehen. Zur Größe sagt sie, so 1,75,1,80 m. Gefragt nach der Statur, sagt E., schlank. Götzl fragt, wie weit denn zu diesem Zeitpunkt ihre Kollegin und der Mann von ihr entfernt gewesen seien. E. sagt, das sei direkt hinter ihrer Kasse gewesen, genau neben ihr sei das passiert. Der Vorsitzende Richter hält der Zeugin vor, sie habe gesagt, dass ein Kunde gekommen sei und gesagt habe “Draußen wird geschossen”. E. gibt an, da habe jemand gerufen. Götzl fragt, ob sie selbst etwas wahrgenommen habe. E.: „Zwei laute Knalle, ich hab das nicht so direkt als Schüsse, also.“ Die Frage, ob jemand verletzt worden sei, verneint sie.
Götzl fragt, ob sie über die Ereignisse draußen Informationen bekommen habe. E. antwortet, sie wisse nur, dass 15-Jähriger hinterher gerannt sei. Der habe ihrer Kollegin helfen wollen, denn die sei dann stehen geblieben und sei nicht mehr hinterher. Und da habe sie gehört, dass der junge Man hinterhergelaufen sei. Götzl fragt weiter, ob der Mann bei ihr im Geschäft gewesen sei. E. sagt, es sei ein Kunde gewesen. Ob dieser nochmal zurückgekommen sei, könne sie nicht sagen. Götzl fragt, ob E. Informationen erhalten habe, ob die Schüsse etwas getroffen hätten. E. antwortet, die seien in die Wand von der Rückseite der Kaufhalle, da seien zwei Einschusslöcher gewesen. Götzl: „Haben Sie sich die mal angesehen?“ E.: „Ja, wir haben da mal gekuckt.“ Auf die Frage, ob sie erinnere, in welcher Höhe die Beschädigungen gewesen seien, schüttelt die Zeugin zunächst nur den Kopf. Darauf angesprochen sagt sie: „Meine Höhe, so 1, 60 war das eine. Aber das andere? Nee.“ Götzl fragt, wie viele Einschläge man habe sehen können. Frau E. sagt, sie glaube, es seien zwei gewesen, könne sich aber nicht mehr erinnern. Aber, dass dort eins war, wisse sie auf alle Fälle.
Gefragt nach den Folgen für sie und ihre Kolleginnen, gibt Frau E. an, ihre Kollegin sei ziemlich lange krank gewesen. Die Nachfrage, ob die Erkrankung mit dem Überfall zusammenhänge, bejaht sagt E. Götzl fragt, wie die Beschwerden ausgesehen hätten. E.: „Also psychisch war das, sie hatte lange Angst so.“ Gefragt nach der Dauer des Krankseins, sagt die Zeugin, es sei bestimmt ein Vierteljahr gewesen. Götzl fragt, ob die Kollegin danach wieder bei ihnen gearbeitet habe, was E. bejaht. Der Vorsitzende Richter fragt weiter: „Haben Sie sich mit ihr oder anderen Kolleginnen nochmal über den Vorfall unterhalten?“ E.: „Mit ihr eigentlich nicht. Auch mit anderen Kolleginnen nicht. Außer mit der Kollegin, die jetzt hier mit ist.“

Götzl sagt, ihnen läge ein Vernehmungsprotokoll vor 18.06.2012 vor. Vorhalt: In Höhe meiner Kasse stand eine Person, die versuchte, Frau Ki. die Tasche zu entreißen. Und trug eine Waffe in der Hand, schwarz, Griff war weiter in der Mitte und länger und größer als die Waffe, die mir gezeigt wurde, Anmerkung: Dienstwaffe P6. Götzl fragt, ob eine Erinnerung an eine Farbe da sei. E. verneint, sie wisse nur, dass der Griff weiter in der Mitte gewesen sei. Gefragt nach Erinnerungen an weitere Details, sagt E. nein. Götzl hält weiter aus dem Vernehmungsprotokoll vor: Ich lief zum Mikrofon und rief: ‚Überfall!'. Gleichzeitig hörte ich zwei Schüsse außerhalb des Marktes. Götzl fragt, ob die Zeugin sicher sei, dass sie zwei Schüsse gehört habe. E. antwortet: „Es hat zweimal geknallt, ja.“

Als nächstes wird der Kriminalbeamte St. als Zeuge aufgerufen. Götzl erklärt dem Zeugen, es gehe ihm um den Überfall auf den Edeka-Markt am 18.12.1998. Er fragt, inwiefern St. mit Ermittlungen dazu betraut gewesen sei. St. sagt, er habe sich beim BKA Meckenheim kurz mit diesem Raubüberfall befasst und einen Zusammenfassungsbericht erstellt. Der Zeuge berichtet: „Raubüberfall am 18.12.1998 in Zwickau Irkutskerstraße. Zwei bewaffnete Täter eingedrungen, als eine der Kassiererinnen das Geld von den Kassen einsammelte. Es ist ein umsatzstarker Tag gewesen. Die beiden Männer gingen die Kassiererin an, es kam zu einem kurzen Gespräch. Und beide Täter verließen mit einer Tasche mit höherem DM-Betrag das Geschäft. Ein Kunde ist den Tätern gefolgt, deshalb kam es zu mehreren Schussabgaben eines Täters. Worauf dieser die Verfolgung abbrach. Bei der Spurensicherung wurden Munitionsteile gefunden von einer Waffe 6.35 mm, drei Patronenhülsen sind gefunden worden und beim BKA untersucht: individuelle Spuren waren vorhanden. Die Akten waren aufgrund von Fristabläufen nicht mehr vorhanden. Aber nach der Zuordnung zu den NSU-Ermittlungen wurde versucht, Unterlagen und Zeugen wieder zu ermitteln. Es gab bei der PD Zwickau noch einen technischen Datensatz, die anderen Unterlagen standen nicht mehr zur Verfügung.“
St. weiter: „Nach dem 04.11.2011 in der Frühlingsstraße kam es zu weiteren Ermittlungen. Im Brandschutt sind verschiedene Munitionsteile gefunden worden von Patronen im Kaliber 6.35 mm. Da hat es sich um den Brandschutt gehandelt, der aus dem Gebäude herausgezogen vor dem Haus lag. Da sind abgeschossene Hülsen, Projektile und Patronen gefunden worden. Insgesamt konnten vier verschiedene Waffen diesen Patronen zugeordnet werden. Bei dem Abgleich mit anderen Tatmunitionsunterlagen wurde eine Spurengleichheit zu den drei in der Irkutsker Straße sichergestellten Patronen festgestellt: die drei Patronen aus der Frühlingsstraße wurden aus der gleichen Waffe abgefeuert wie die drei Patronen aus der Irkutsker Straße.“
Götzl erwähnt die Angabe, dass es draußen zu mehreren Schussabgaben gekommen sei und fragt, worauf dieser Sachverhalt gründe. St. antwortet, es gebe Vernehmungen von den Kassiererinnen, die auf solche Schussabgabe hindeuteten. Er habe keine weiteren Ermittlungen geführt. Götzl fragt weiter, welche Zeugenaussagen dem Aspekt zugrunde gelegen haben, dass ein Kunde die Verfolgung aufgenommen hätte. Außerdem fragt er zu den Schussabgaben, welche konkreten Angaben der Zeuge hier zugrunde lege. St. gibt an, dass er dazu keine konkreten Angaben machen könne. Beim Gutachten sei angegeben, dass mindestens drei Hülsen gefunden worden seien, so dass ja mindestens drei Schüsse abgegeben worden seien. Götzl: „Können Sie denn noch Näheres dazu sagen, welche Anstrengungen unternommen wurden, überhaupt an Unterlagen zu kommen?“ Der Zeuge sagt, er sei damit nicht befasst gewesen, er habe nur die vorliegenden Unterlagen kurz in einem Bericht für das Verfahren zusammengefasst.
Götzl hält aus den Akten vor: Spurenlage: die abgegeben Schüsse schlugen in eine Hausnummer ein. Götzl sagt im Anschluss, ihn würde interessieren, welche Informationen St. dazu gehabt habe. St. erklärt, er habe das aus dem vorangegangenen Bericht des Kollegen Schu. übernommen. Da sei belegt gewesen, dass wohl einige Schüsse in eine Hauswand eingedrungen seien. Die Projektile seien nicht weiter benannt worden. Ob die sichergestellt wurden und ausgewertet, dazu könne er keine Angaben machen. Götzl liest weiter vor: Die Täterbeschreibung mit Kleidung entspricht in großen Teilen, die in der Limbacherstraße in Chemnitz auch einen Überfall auf die Sparkassenfiliale begingen. Götzl fragt, was damit gemeint sei. St. sagt, eine Zuordnung zu der nachfolgenden Tatserie mit insgesamt acht Taten in Chemnitz. Das habe er nicht selber erstellt, sondern aus den vorliegenden Unterlagen entnommen.

Der NK-Vertreter RA Narin hält dem Zeugen vor, er habe berichtet, dass die Unterlagen wegen Fristablauf vernichtet worden seien. Er fragt, welche maßgebend gewesen seien und ob damals auch wegen eines Tötungsdeliktes ermittelt worden sei. St. antwortet, zu den Fristen könne er nichts sagen, nur dass die Unterlagen vernichtet worden seien. Wie die Tat seinerzeit bewertet worden sei, dazu könne er keine Angaben machen. Es folgt eine Pause bis 12:00 Uhr.
Um 12:09 Uhr hat RAin v. d. Behrens das Wort. Sie sagt, nach §257 Absatz zwei zur Vernehmung von werde folgende Erklärung abgegeben: „Anders als die Romanfigur Pinocchio, von der er seinen Spitznamen hat, sah man dem Zeugen nicht an der Nase an, wenn er log. Aber auch so war unverkennbar, dass der Zeuge mehrfach die Unwahrheit gesagt hat. Insbesondere die Versuche, B&H als reine Musikbewegung darzustellen, gehen offensichtlich an der Wahrheit vorbei. Und er fuhr ja aus der Haut 'natürlich war B&H politisch‘ um das anschließend wieder zu relativieren. Der Zeuge gab schließlich auch an, dass es auch in Deutschland Diskussionen um den weiteren Kurs gab und dass es dabei auch Vertreter der C18-Linie gab, die Gewalt gegen “Andersrassige”, wie er formulierte, einschloss, u. a. um . Auch sagte er aus, dass B&H Sachsen nur aus taktischen Gründen ausgeschlossen worden sei.“
RAin v. d. Behrens weiter: „Zudem wird beantragt, Asservat Fanzine ‚‘ 2/96 vollständig, Hilfsweise 2, 6-7. 11-14. 27. 28. 65 und 72 zu verlesen, zum Beweis der Tatsache, dass in dem Heft die Ideologie des bewaffneten Kampfes eines ‚‘ autonom handelnder Zellen beworben wird und zum Mord an Migranten durch in den Kopf schießen aufgerufen wurde. Begründung: Das Asservat gehörte zu einer Schriftensammlung, die Mundlos Böhnhardt und Zschäpe anlegten und in der Garage versteckten. Dort befanden sich auch persönliche Dokumente der Angeklagten, z. B. ein Zeugnis und mehrere Ausgaben der Deutschen Wochenzeitung, die an ihre Adresse versandt worden waren. Außerdem waren da neben dem NS-Kampfruf auch viele Schriften mit B&H-Bezug, z. B. ‚Weißer Wolf‘ 4, ‚Hamburger Sturm‘ Nummer 12 und das ‚Foier Frei‘ Nummer 9 [phon.]. Es ist davon auszugehen, dass die in der Garage gefundenen Magazine von den Mitgliedern der gelesen wurden und dadurch Eingang in deren Diskussionen fand. So fanden sich zum Beispiel zwei Ausgaben von ‚United Skins‘ und ‚Foier Frei‘ auch bei Durchsuchungen bei Wohlleben und Gerlach. Bei Gerlach fand sich auch die Schrift „Politische Justiz“ und die “Freie Stimme”, die sich ebenfalls in der Garage befanden.

Mit dem Artikel wird die Strategie des ‚Leaderless Resistance‘ beworben: u. a. durch ein Zitat von . Der Artikel ist nur auf den ersten Blick oberflächlich: Er führt alle strategischen und ideologischen Bestandteile auf. Das in dem Text verwendete Zitat stammt von Louis Beam. Der wurde 1976 Mitglied beim KKK und stieg bis zum „Grand Dragon“ auf. Zusammen mit führte er eine Bürgerwehr an, die mexikanische Einwanderer angriff. Schon wegen seinem Kontakt zu ‚The Order‘ hat Beam heute noch Kultstatus in der internationalen Naziszene. Er stellte seine Strategie zuerst 1992 vor, beschreibt mehrfach organisatorisch voneinander unabhängige Einzelgruppen, Zellen, ohne Befehlskette und Hierarchie. Auch im Heft ‚Aryan Law and Order‘ findet sich der positive Bezug auf ‚The Order‘ und KKK. Es ist davon auszugehen, dass die Mitglieder der Kameradschaft Jena diese Strategie diskutiert haben. Dies folgt auch aus dem sogenannten NSU-Brief, da steht, dass der NSU seine Ideologie gerade aus Internet und Zines bezieht.

Beams: ‚Nein, jeder ist davon aufgerufen, etwas zu tun', heißt es da. Auch das offene Bekenntnis zu offener mörderischer Gewalt findet sich im B&H-Magazin 2/96. In einem Songtext auf Seite 6-7 heißt es: ‚Vernichtet dieses Ungeziefer, töte sie alle. Wenn ich dir in die Augen sehe, will ich Dir in den Kopf schießen'. Die Aufforderung zu direkter Tötung von Migranten zeigt, dass das bereits zur alltäglichen Vorstellungswelt von B&H gehörte, aber auch zu der der Kameradschaft Jena. Die Nähe zu C18 zeigt sich unter anderem an der Nähe zu Marcel Schilf und dessen -Versand. Er vertrieb die Videos ‚Kriegsberichter', in denen Gewalt propagiert wurde. Der Zeuge gab an, dass Marcel Schilf C18 nahegestanden habe. Auf der Grußseite findet sich ein Gruß an ‚Marcel' und ‚NS88'. Sein Bild ist auch im Buch ‚The way forward' abgedruckt. In dem Heft finden sich zwei Konzertberichte aus Zwickau, einer aus Chemnitz und ein Interview mit ‚Mucke88', also mutmaßlich Andreas Graupner. Und schließlich werden in dem Heft Mucke, die Band AEG und die ‚Foier Frei-Redax' gegrüßt. Der Zeuge Lange sagte, dies seien die Personen, mit denen die B&H-Division damals Kontakt hatte.“ Unterschrieben sei die Erklärung von RAin v. d. Behrens und weiteren Vertreter_innen der Nebenklage. RA Narin, sagt: „Ich schließe mich an und möchte ergänzen: Der Zeuge äußerte insbesondere auch, dass B&H-Mitglieder aus Franken sich zu C18 bekannten und benannte Bernd Peruch: Das stützt die Angaben von Mandy Struck, deren Identität Zschäpe nutzte. Christian Wilke gab ihr eine Anleitung zum Bombenbau.“

Im Anschluss ruft Götzl die Polizeibeamtin Annika Vo. als Zeugin auf. Götzl sagt, es gehe um den Überfall auf am 30.11.2000, Johannes-Dick-Straße 4. Die Zeugin habe den Bericht verfasst. Es gehe auch um eine Spur „H.”. Aber zunächst bittet Götzl zum Überfall Postfiliale zu berichten. Annika Vo. sagt, das sei ein Sachstandsbericht vom 21.06.2012. In diesem Vermerk werde der Sachstand der Ermittlungen dargelegt. Die Tat habe sich am 30.11.2000 in der Johannes-Dick-Straße 4 in Chemnitz ereignet. Zwei bewaffnete Täter hätten die Postfiliale betreten und hätten unter Vorhalt der Waffen oder zumindest Gegenständen, die wie eine Schusswaffe ausgesehen hätten, die Herausgabe von Scheingeld gefordert. Die Täter seien maskiert gewesen, seien aggressiv und lautstark aufgetreten.
Die Täter seien arbeitsteilig vorgegangen, das hieße, ein Täter sei im Schalterbereich geblieben und habe die Herausgabe von Geld gefordert, der andere Täter habe aufgefordert, zum Tresor zu gehen und forderte auch dort die Herausgabe vom Scheingeld. Am 04.04.2012 habe der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen. In diesem Zusammenhang sei zu sagen, dass bereits Ende 2000 festgestellt worden sei, dass es sich um eine Serie in Chemnitz gehandelt haben könnte, da seien auch die Straftaten Postfilialen Barbarossastraße und Limbacherstraße mit hinzugefügt worden. Johann-Dick-Straße und die beiden genannten seien als Serie vermutet worden.
Weiter sagt die Zeugin aus: „Also am 04.11.2011 wurde ja in Eisenach die Bank überfallen und die Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in dem Wohnmobil aufgefunden.“ Des Weiteren habe sich der Brand in der Frühlingsstraße Zwickau ereignet. Aus ersterem ließe sich ein vergleichbarer modus operandi feststellen, das hieße, in Eisenach hätten zwei Täter eine Bank überfallen und anschließend hätten sie die Flucht mit einem Wohnwagen antreten wollen. Zu diesem Wohnwagen käme sie, die Zeugin, später. Zur Frühlingsstraße sei zu sagen, dass im Brandschutt zahlreiche Asservate aufgefunden worden seien: Waffen und Kleidungsstücke, die in diesem Fall eine Rolle spielen. Götzl fragt, welche Unterlagen sie zur Verfügung gehabt habe. Vo. antwortet, damals Lichtbilder und die Auswerteberichte zu den Asservaten, des Weiteren die Bilder der Überwachungskameras. Die Bilder werden in Augenschein genommen.
Frau Vo. sagt, Täter 2 habe die Waffe in der linken Hand, man sehe schemenhaft den Umriss einer Waffe und im Brandschutt der Frühlingsstraße seien diverse Waffen aufgefunden worden und man könne auf dem Bild der Kamera keine individuellen Merkmale wahrnehmen. Deshalb könne es nur ein Vergleich nach Augenschein sein. Nach den Merkmalen des Laufes und anhand dieser Form, seien sie zu dem Schluss gekommen, dass es sich um die Waffe Erma handeln habe können. Aber das sei nur ein Indiz. An der Waffe, die in der Frühlingsstraße gefunden worden sei, einen Gaspistole Erma, Modell EWP 88 Kaliber 8, seien aufgrund der Hitzeeinwirkung keine molekularbiologischen Spuren festgestellt werden können. „Die Waffe des anderen Täters konnten wir nicht zuordnen zu einer wiederaufgefundenen Waffe.“

Zur Zuordnung der Täter sagt Vo.: „Täter 2 hält die Waffe in der linken Hand, der andere in der rechten Hand. Das deckt sich mit den Aussagen von Frau Schm. und Frau Ma. Täter 2 ist die Person, die Frau Ma. zur Ausgabe des Geldes aufgefordert hatte. Täter 1 hatte Frau Schm. aufgefordert, zu den Tresoren zu gehen. Anzumerken ist, dass in den Zeugenvernehmung der Eltern von Böhnhardt und Mondlos zur Frage kam, ob ihre Kinder Rechts- oder Linkshänder waren. Vater Mundlos gab an, dass sein Sohn Beidhänder war, mit rechts geschrieben und mit  links gezeichnet habe [phon.]. Und Uwe Böhnhardt sei nach Aussage seiner Mutter Linkshänder gewesen. Es wäre dann eine Zuordnung, dass es sich bei Täter 2 um Uwe Böhnhardt und bei Täter 1 um Uwe Mundlos handeln könnte.“

Vo. führt weiter aus, es gehe dann um die Bekleidungsgegenstände. Die Täter seien, wie hier zu sehen sei, mit Tüchern vermummt gewesen, sogenannte Bandanas. Und solche Tücher seien auch in der Frühlingsstraße aufgefunden worden. „Hier ein sehr dunkles Bandana und hier eines mit Blauton. Man kann das auf den Bildern der Überwachungskamera nicht unterscheiden. Wir haben die Zuordnung der Tücher zu den Überwachungsbildern daher aufgrund der Musterung hier oben vorgenommen. Eine sehr ornament- oder rundliche Musterung. Natürlich sind diese Tücher nicht sehr individuell, ja Massenware, dennoch kann man zu dem Schluss kommen, dass die Täter vergleichbare Tücher benutzt haben. Bei den Tüchern aus der Frühlingsstraße ist anzumerken, dass sie mit einem Bindfaden ausgestattet wurden. Dieser ermöglicht es, das Tuch schnell aufzusetzen oder abzunehmen, was auch für eine Tätermaskierung sprechen würde. Also individuelle Merkmale konnte man anhand dieser sehr groben Überwachungsbilder nicht feststellen. Der augenscheinliche Gesamteindruck führte uns aber zu der Schlussfolgerung, dass es sich um die Tücher handeln könnte, die die Täter getragen haben.“

Des Weiteren wurde laut Vo. im Tatzeitraum, vom 30.11. bis zum 02.12., ein Wohnmobil Fiat Ducato auf die Personalie André Eminger bei der Firma Caravan Horn in Chemnitz angemietet. „Und die Tat war ja auch in Chemnitz. Die Anmietung war um 9:00 Uhr, um 11:07 Uhr war die Tatzeit. Da würde die Anmietung zeitlich passen, da käme der Wohnwagen als Flucht- oder Tatfahrzeug in Betracht.“ Götzl fragt Vo., woher diese Informationen stammen. Die Zeugin Vo. gibt an, zu den Fahrzeuganmietungen habe ihr Kollege Vos. unter anderem ermittelt. Aus dessen großen Bericht habe sie diese Information. Der Mietvertrag zu dem Fahrzeug sei vom 16.11.2000 gewesen.

Götzl sagt, er wolle die Lichtbilder der Überwachungskamera in Augenschein nehmen und fragt die Zeugin, ob sie sich auch mit den Lichtbildern vom Tatort auseinandergesetzt habe. Vo. sagt, sie habe sich mit den polizeilichen Lichtbildern, die beim BKA vorliegen, auseinandergesetzt. Götzl fragt, ob sie die Lichtbilder auch abgeglichen habe. Vo. sagt: „Ja, die Lichtbilder wurden von mir angesehen und auch denjenigen, die eine Vorauswertung gemacht haben zu den Raubstraftaten.“ Götzl fragt die Zeugin, ob sie diese Lichtbilder erläutern könne. Vo. sagt, sie sei nicht am Tatort gewesen, weswegen sie die Räumlichkeiten nicht so differenziert kenne.
Ein Bild von zwei Tätern beim Überfall wird in Augenschein genommen. Vo.: „Täter 1 mit der Schusswaffe in der rechten Hand packt Scheingeld in einen Rucksack, welcher Täter 2 offen hält, mit der Waffe in der linken Hand. Die Bekleidung, diese Waffe mit dem hellen Stoff auf der Vorderseite, wurde in den Asservaten nicht gefunden, ebenso die Mütze. Auch die Zuordnung dieser Kleidungsstücke ist schwierig: dunkle Jacke, dunkle Hose. Hier sieht man wie Täter 1 über den Schalter steigt. Die sind im Begriff, die Filiale zu verlassen. Aus den Zeugenaussagen geht hervor, dass der Knopf für die Auslösung der Kamera erst sehr spät gedrückt werden konnte. Aus diesen Bildern erschließt sich für uns nicht viel, da keine individuellen Merkmale an der Kleidung erkannt wurden.“ Die folgenden Bilder seien noch schlechter. Man erkenne aber die Statur der Täter: Sie seien nicht füllig und auch keine kleine Personen. Auf einem Bild sehe man auch die Schuhe mal näher. Allerdings sei die Aufnahme der Schuhe so schlecht, dass sich kein genauer Typ feststellen ließe.

Götzl spricht als zweiten Themenbereich die Spur „H.“ an. Er fragt die Zeugin, ob sie mit Abklärungen befasst gewesen sei. Vo. bejaht und fragt, ob sie den Vorlauf wiedergeben solle. Götzl bejaht. Vo. führt aus, es habe den Sprengstoffanschlag auf die Probsteigasse am 19.01.2001 gegeben,  die Tochter der Familie sei verletzt worden. Der Täter sei vom Vater gesehen worden, als er vor Weihnachten das Ladengeschäft mit dem Korb betreten habe. In der Dose sei die Sprengvorrichtung gewesen. Ein Phantombild sei erstellt worden. Auch die Tochter habe den Täter damals gesehen.  Auch mit ihr sei ein Phantombild gefertigt worden. Die Phantombilder seien an das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) geschickt worden. Das BfV habe diese auch an das Landesamt für Verfassungsschutz gesendet und gefragt, ob da die Person bekannt sei. Am 10. Februar erhielt das Bundeskriminalamt eine dienstliche Erklärung der Leiterin des VS Nordrheinwestfalen.
Der Inhalt sei gewesen, dass eine Person, die Ähnlichkeit mit den Phantombildern aufweise, mitgeteilt werden könne. Johann H. [vgl. Protokoll 124. Verhandlungstag], geboren 24.04.67 in Köln, sei bekannt gewesen. Er sei Mitglied der rechtsextremen Kameradschaft Walter Spangenberg in Köln. Mit diesem Hintergrund habe die Zeugin Vo. und der Kollege Ma. dann bei der Waffenbehörde in Köln Ermittlungen angestellt. Dort sei bekannt geworden, dass H. 1985 wegen Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz bekannt gewesen sei. Des Weiteren hätten sie ein Lichtbild beim Einwohnermeldeamt Frechen zu Johann H. eingesehen und das BfV habe ihnen noch eine Ganzkörperaufnahme vom Frühjahr 2002 übersendet. Das Lichtbild der Passbeantragung sei von 2004 gewesen. Diese Bilder seien dann Bestandteil neuerlicher Zeugenvernehmung bei der betroffenen Familie gewesen. Da sie angegeben hätten, dass der Täter längere blonde Haare gehabt hätte, sei das Passbild dahingehend verändert und den Zeugen im Februar vorgelegt worden. Ergebnis sei gewesen, dass der Vater Johann H. nicht erkannt habe und die Tochter H. aufgrund der Größe sogar komplett ausgeschlossen habe. Weil es keine weiteren Erkenntnisse gegeben habe, seien erstmal keine weiteren Ermittlungen getätigt worden, zumindest nicht in der Zeit, in der sie in dem Bereich tätig gewesen sei.

Die NK-Vertreterin v. d. Behrens sagt, zur Spur „H.“ habe Vo. gesagt, dass es auf eine dienstliche Erklärung der Leiterin des VS Nordrheinwestfalen zurückgegangen sei. V. d. Behrens fragt, wie die heiße. Vo. sagt, es tue ihr leid, den Namen könne sie nicht sagen. Auf die Frage hin, ob sie ihn nicht wisse oder nicht sagen dürfe, sagt Vo., sie wisse ihn nicht. V. d. Behrens fragt weiter, ob die Zeugin wisse, worauf sich die Annahme von Ähnlichkeiten gestützt habe. Vo. sagt, auf optische Ähnlichkeiten und dass die Person im Bereich rechtsextremistischer Kameradschaften aufgetreten sei. Auf die Nachfrage, welche optischen Ähnlichkeiten das gewesen seien, sagt Vo., das sei nicht geschildert worden. V. d. Behrens fragt, ob Vo. die Leiterin des Verfassungsschutzes als Zeugin vernommen habe, was Vo. verneint. Auf die Nachfrage, ob andere Kollegen von ihr das getan hätten, sagt sie, sie wisse das nicht.
V. d. Behrens hält der Zeugin vor, sie habe ausgesagt, sie hätte den Geschädigten Bilder von H. vorgelegt. Es wird ein Lichtbild in Augenschein genommen und v. d. Behrens befragt weiter die Zeugin. V. d. Behrens: „Ist das das Lichtbild, was Sie den Zeugen der Familie vorgelegt haben?“ Vo: „Ja.“ Auf die Frage, ob man das Gesicht aus der Nähe erkennen könne, verneint Vo. und sagt, leider sei die Qualität sehr schlecht. V. d. Behrens hält Vo. vor, sie habe gesagt, die von der Polizei vernommene Zeugin habe H. aufgrund der Größe ausgeschlossen. RAin v. d. Behrens fragt, ob die Zeugin irgendwelche Informationen oder Vergleichsbilder von Vo. dazu gehabt hatte. Vo. sagt, nein, ihnen sei nur dieses eine Lichtbild in dieser Form übersandt worden, so habe die Zeugin die Größe nur anhand dieses Bildes einschätzen können. Das sei natürlich sehr schwer bei diesem Bild. Aber die Zeugin habe vom Gesamteindruck gemeint, dass es nicht passe. V. d. Behrens fragt weiter, ob Vo. sich um Lichtbilder von H. von 2001 bemüht habe. Vo. sagt, sie hätten das Bild von 2004. Weitere Bilder hätten sie nicht erhoben.
V. d. Behrens fragt, ob Vo. ermittelt habe, um was für einen Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz es sich gehandelt habe. Frau Vo. sagt, das sei nicht zu ermitteln gewesen. Auf die Frage, ob sie es versucht habe, sagt Vo.: „Ja, wir haben die Daten bei der Waffenbehörde einsehen können. Nähere Erkenntnisse lagen nicht vor oder wurden uns nicht mitgeteilt. Auf die Frage von v. d. Behrens, ob Vo. versucht habe, die Akte des Strafverfahrens beizuziehen, sagt die Zeugin: „Nein, das wurde von uns nicht für nötig gehalten, da es aus dem Jahr 1985 stammt und sehr alt ist.“ Weiter fragt v. d. Behrens, ob Vo. ermittelt habe, ob H. Kontakte zu ermittelten oder mutmaßlichen NSU-Unterstützer gehabt hätten, z. B. über das BfV oder LfV NRW. Vo. antwortet, es sei davon auszugehen, dass ein Abgleich in dieser Behörde erfolgt sei, da ihnen die Personalie von eben dieser Behöre mitgeteilt worden sei. V. d. Behrens fragt, ob Vo. bekannt sei, ob Johann H. auf getroffen sei. Vo. sagt, davon sei ihr nichts bekannt.

Von der Nebenklage fragt RA Matt , ob Vo, auch einen Sachstandsbericht zur Keupstraße gemacht habe, was die Zeugin Vo. bejaht. Auf die Frage, ob sie erinnern könne, ob sie da auch eine Funkzellenauswertung gemacht habe, sagt Vo., ja. Dies sei nicht von ihr erfolgt, aber ihrem Wissen nach sei eine Funkzellenauswertung gemacht worden. RA Matt fragt weiter, ob sie Fahrräder miteinander verglichen habe, was Vo. bejaht. Auf die Frage, ob sie kurz beschreiben könne, welche Fahrräder das waren und die sie verglichen habe, sagt Vo., zu den Fahrrädern könne sie Folgendes sagen: Es seien in der Frühlingsstraße Fahrräder gefunden worden. Und diese Fahrräder seien einem optischen Vergleich unterzogen worden. Vor der Firma VIVA sei eine Überwachungskamera. „Die Straße läuft auf die Keupstraße zu. Auf diesem Hinweg zur Keupstraße wurden Überwachungsbildern von den Tätern gemacht. Man sieht das Tatfahrrad mit diesem Kasten hintendrauf, wo die USBV drin verbaut war. Das war halt auch wieder ein Vergleich anhand von Merkmalen des Fahrrads. Da kann ich ohne die Bilder vorliegen zu haben, wenig zu sagen. Da gab es Merkmale wie die Flaschenhalterung, der Lenker, also optische Merkmale am Fahrrad, die man vergleichen konnte. Aber da müsste ich diese Bilder kurz betrachten.“

RA Matt gibt den betreffenden Ordner an, in dem die Bilder sind. Vo. erklärt weiter, es habe auch ein Gutachten der Kriminaltechnik zur Zuordnung gegeben. RA Matt fragt, ob es neben dem Vergleich des Fahrrads mit dem Koffer noch weitere Vergleiche gegeben habe. Vo. sagt, es habe sozusagen zwei Fluchtfahrräder gegeben und das Tatfahrrad. Die beiden Fluchtfahrräder seien untersucht worden: „Also geschaut, ob da Ähnlichkeiten mit den Fahrrädern aus der Frühlingsstraße bestehen. Das Tatfahrrad war natürlich kaputt.“ Sie habe das Ergebnis der Kriminaltechnik sich nochmal näher angeschaut und noch zusätzlich zu dem Gutachten weitere Merkmale, die sie erkannt gehabt habe, notiert. Um sich an weitere Merkmale erinnern zu können, müsste sie die Bilder sehen. RA Matt bittet, der Zeugin Vo. die Bilder zu zeigen.
Götzl sagt daraufhin: „Das wäre natürlich sehr klug gewesen, das auch vor der Pause vorher zu sagen. Ich sage das also nochmal, aus prozessökonomischen Gründen das ein bisschen vorzubereiten.“ RA Matt erwidert, er habe nicht gewusst, was die Zeugin antworte und dass die Zeugin noch drüber hinausgehende Ermittlungen gemacht habe. RA Stahl: „Ich weiß nicht, ob das so sinnvoll ist, das ist Zeitvergeudung. Götzl sagt: „Auch die Verfahrensbeteiligten würden sich gerne auf die Komplexe vorbereiten.“ Daraufhin sagt RA Matt: „Ich dachte, die Zeugin ist heute präsent. Sonst müsste ich dann gegebenenfalls einen Nachtrag stellen. Der Vorsitzende Richter Götzl sagt, das würde in Frage kommen. Aber man müsse sich entsprechend auf die Termine auch vorbereiten und dann müsste eine Zeugin nicht nochmal anreisen. RA Matt entschuldigt sich. Der Verhandlungstag endet um 14:23 Uhr.

Der Blog der Nebenklage:
„Der hemmungslose Schusswaffeneinsatz von Böhnhardt und Mundlos noch im ersten Jahr ihres Untertauchens und im Rahmen eines „nur“ der Geldbeschaffung dienenden Überfalles zeigt, dass die Untergetauchten von Anfang an die Tötung von Menschen in Kauf nahmen. Der Vorfall zeigt auch, dass dies allen UnterstützerInnen des Trios klar gewesen sein muss: Die drei lebten in Chemnitz, der brutale Überfall war Gesprächsthema in der Stadt, die lebensgefährlichen Schüsse überall bekannt. Böhnhardt und Mundlos machten kein Geheimnis aus dem Überfall, in der Szene wurde herumerzählt, sie bräuchten keine Spenden mehr, würden nun „jobben“, mehrere V-Männer berichteten über den Überfall. Ab diesem Überfall wussten also alle in Chemnitz, dass Böhnhardt und Mundlos zur Durchsetzung ihrer Ziele bereit waren zu töten.“

http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/05/11/11-05-2015/

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