Kurz-Protokoll 256. Verhandlungstag – 20. Januar 2016

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Am heutigen Verhandlungstag sagt Staatsanwalt Moldenhauer zu den Befragungen von Holger Gerlach und Carsten Schultze zu Waffenbeschaffungen aus. Dabei liegt der Fokus auf der Frage, wie beide durch ihre Angaben die Ermittlungen vorangebracht haben.

Zeuge: Dr. Gerwin Moldenhauer(StA, GBA, Aufklärungshilfe durch die Angeklagten Gerlach und Schultze)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:49 Uhr. Es beginnt die Einvernahme des Zeugen Dr. Gerwin Moldenhauer, StA, ehemals beim GBA [siehe auch 20. Verhandlungstag]. Götzl verliest die Aussagegenehmigung von Moldenhauer. Dann sagt er: „Sie haben das Beweisthema gerade gehört. Es geht um Erkenntnisse zur Frage einer Aufklärungshilfe durch die Angeklagten Gerlach und Schultze.“ Moldenhauer: „Ja, ich würde mit Gerlach beginnen in der Chronologie. Für mich hat sich das so dargestellt, als die Ermittlungen übernommen wurden im November 2011, dass ohne die Angaben von Gerlach der dringende Tatverdacht gegen Wohlleben und später auch Schultze nicht hätte begründet werden können. Denn Herr Gerlach hat wesentliche Angaben gemacht insbesondere zu der Herkunft einer Waffe. In der Vernehmung Ende November 2011 hat er mir gegenüber Angaben gemacht, dass er eine Schusswaffe von Herrn Wohlleben bekommen hat und diese Frau Zschäpe und den Verstorbenen Böhnhardt und Mundlos überbracht hat. In einer späteren Vernehmung hat Gerlach auch Angaben gemacht zur Herkunft dieser Waffe: Wohlleben soll ihm gegenüber gesagt haben, dass die Waffe aus dem Szeneladen Madley kommt, was für mich wesentlich war und weitere Ermittlungsansätze geliefert hat.
Es sind eine Menge Maßnahmen durchgeführt worden und man ist letztlich dadurch auf Herrn Carsten Schultze gekommen, der gegenüber dem Ermittlungsrichter auch einen Waffentransport eingeräumt hat. Da kam Kommissar Zufall sozusagen zu Hilfe, da ich bis zu dem Zeitpunkt eigentlich von der selben Waffe ausgegangen bin. Und aufgrund der Angaben von Carsten Schultze, insbesondere, dass es sich um eine Waffe mit Schalldämpfer gehandelt hat und er die überbracht hat, bin ich davon ausgegangen, dass es sich um zwei Waffen handelte. Später konnte man anhand von Ermittlungen davon ausgehen, dass es sich um die Ceska handelt. Ohne diesen Einstieg, ohne die Angaben von Gerlach hätte der Waffenkomplex nicht aufgeklärt werden können. Hinzu kommen Angaben zum Punkt Innenleben der Vereinigung, da hat Gerlach auch Angaben gemacht. Er hat das beschrieben mit den so genannten Systemchecks und einige weitere Angaben.
Für mich auch Erkenntnisse und Aufklärungshilfe sind natürlich auch die Angaben Gerlachs zum Innenleben gewesen, Angaben zu so genannten Gewaltdiskussionen, die Frage der Bewaffnung, was man macht. Das hat natürlich für mich auch indiziell Auswirkungen auf Kenntnis und Vorsatz, wo man mit anderen objektiven Beweismitteln nicht so schnell [phon.] weitergekommen wäre, wo die Angaben sehr wichtig waren damals. Das wäre von meiner Seite das, was ich zu berichten hätte.“
Götzl: „Dann kommen wir zum Angeklagten Schultze.“ Moldenhauer: „Bei dem Angeklagten Schultze war ich ja kein Personensachbearbeiter. Ich war bei der Vernehmung dabei beim Ermittlungsrichter, wo er den Transport einer Waffe mit Schalldämpfer, die er nachher auch auf einer Wahllichtbildvorlage als Ceska 83 erkannt hat, geschildert hat. Darauf basierten letztlich die Herkunftsermittlungen über das Madley und den Zeugen Schulz bis hin letztlich über Rechtshilfe Schweiz, Bern, wo die Ceska herkam. Das war natürlich ein Meilenstein für die Ermittlungen, dass Schulze diese Angaben gemacht hat. Es gab ja lange schon Herkunftsermittlungen vom BKA, das war aber noch zeitnah davor lückenhaft, man wusste nicht wie die Waffe nach Deutschland gekommen ist und wer da im Einzelnen beteiligt war.“
RA Stahl: „Es folgen weitere Vernehmungen Gerlach, bei denen Sie aber nicht zugegen waren. Dann die, von der Sie gesagt haben, da ist das für Sie sehr Wichtige: ‚Die Drei haben die Waffe in Empfang genommen.‘ Ist das alles, was Sie gefragt habe und dazu an Erkenntnissen erhalten haben?“ Moldenhauer: „Ich verstehe die Frage nicht.“ Stahl: „Ich verstehe nicht, wenn Ihnen ein Zeuge wichtige Informationen zu einer Waffenübergabe macht, dass das alles ist, was zum Thema Übergabe hier niedergelegt wird.“ Moldenhauer: „Das war zu dem Zeitpunkt alles. Herr Gerlach ist zwölfmal oder so vernommen worden und zu dem Zeitpunkt habe ich das so protokolliert.“
Stahl: „Richtig, mir kam es aber auf diesen Satz an, dass Gerlach sagte: ‚Die Drei haben die Waffe in Empfang genommen und in meinem Beisein ausgepackt.‘ Wie ist die Niederschrift entstanden?“ Moldenhauer: „Ich meine, dass das BKA eine Protokollkraft mitgebracht hat. Und die hat das in den PC geschrieben. Und im Wesentlichen habe ich das laut gesprochen, was ins Protokoll kommt.“
Stahl: „Gibt es denn einen Grund, weswegen Sie bei diesen Fragen nicht nach Uwe Mundlos und/ oder Uwe Böhnhardt und/ oder Beate Zschäpe gefragt haben, sondern ‚die Drei‘? Was ja dann auch in den Antworten entsprechend formuliert ist. Gibt es da einen Grund für, warum das nicht sauber getrennt wurde?“ Moldenhauer: „Ich kann als Zeuge nur sagen, was stattgefunden hat. Warum etwas nicht stattgefunden hat, kann ich Ihnen nicht sagen.“
Stahl: „Eine neue Frage: Warum haben Sie in der Vernehmung, über die wir gerade gesprochen haben, nicht differenzierend nachgefragt, um welche Personen es sich jeweils gehandelt hat, wenn von den dreien die Rede war?“ Moldenhauer: „Das ist so gesagt worden, aber warum ich da nicht differenziert gefragt habe, kann ich Ihnen nicht beantworten. Ich habe das aufgenommen, was gesagt worden ist, das hat im Protokoll Einschlag gefunden.“ Stahl: „Warum haben Sie nicht differenziert zwischen den dreien?“ Moldenhauer: „Es geht ja nicht um mich, sondern darum, was Gerlach gesagt hat. [phon.] Ich habe differenziert und ich erinnere mich sehr wohl, dass auch Gerlach mal differenziert hat. [phon.] Er hat gesagt, er sei nach Zwickau gefahren und dort habe ihn Frau Zschäpe in Empfang genommen. Das kann ich ja nur so aufnehmen, was der Zeuge mir sagt, und das ist eine Differenzierung zwischen Personen.“
Vorhalt: Als mir die 13.000 DM damals übergeben worden sind, sagten mir die Drei, dass sie eine Möglichkeit zu leben gefunden hätten. Die Drei haben nicht gesagt, woher, aber ich bin davon ausgegangen, dass es nicht legal ist. Stahl: „Sind Sie damals davon ausgegangen, dass die Drei das gleichlautend alle gesagt haben? Oder haben Sie sich schlicht damit zufrieden gegeben?“ Moldenhauer: „Ich meine mich zu erinnern, dass Gerlach das nicht genauer zuordnen konnte. Seine Erinnerung war: Das kam aus der Sphäre der Drei [phon.], aber wer von den dreien das gewesen ist, wisse er nicht. Aber da bin ich mir nicht sicher. Ich bin immer davon ausgegangen, dass Gerlach hier Angaben macht. [phon.] Es war eine Frage für mich, aber ich musste das hinnehmen, wenn er sagt: ‚Die Drei‘. Ich kann ja nicht immer wieder fragen, bis die gewünschte Antwort kommt, sondern muss das hinnehmen. [phon.]“
Schultzes Verteidiger RA Hösl: „Erinnern Sie sich noch an weitere Sachverhalte, die Herr Schultze in der ersten Anhörung beim BGH angegeben hat die sich als zutreffend erwiesen haben?“ Moldenhauer: „Der Komplex Scheune, wo Sachen verbuddelt waren. Er hat angegeben, dass da was vergraben ist, wie man es von einem Depot kennt. Und das ist da gefunden worden.“ Hösl: „Genau, z. B. noch eine Sache?“ Moldenhauer: „Möglicherweise, wer mit eingestiegen ist, 1998, zum Zeitpunkt des Untertauchens. Er hat gesagt, wer mit dabei war, das erinnere ich aber nicht. Müsste in der Vernehmung sein.“ Hösl fragt, ob es um den Einstieg in die Wohnung Zschäpes gehe. Moldenhauer: „Ja, genau. Auch zur Kontaktaufnahme hat er Angaben gemacht, dass man telefoniert hat über eine Telefonzelle. Solche Angaben hat er auch gemacht.“
Der Verhandlungstag endet um 13:21 Uhr.

Hier geht es zum Komentar des Blogs NSU-Nebenklage: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/01/20/20-01-2016/

Zur vollständigen Version des Protokolls geht es hier.