Protokoll 404. Verhandlungstag – 11. Januar 2018

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Dieser Prozesstag wird eröffnet, allerdings geht es nur um den Gesundheitszustand des Angeklagten Wohlleben. Zu dessen Erörterung wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Anschließend wird mitgeteilt, dass der Prozesstag in Hinblick auf die gesundheitlichen Beschwerden nicht fortgesetzt wird.

Um 09:50 Uhr sind die Angeklagten Schultze, Wohlleben, Eminger und Zschäpe noch nicht im Saal, erst kurz nach 10:00 sind sie anwesend. Einige Minuten später betritt die Verteidigung Wohlleben den Saal. Um 10:11 Uhr kommt Landgerichtsarzt von Oefele herein und setzt sich an den Tisch für die Sachverständigen. Der Verhandlungstag beginnt um 10:14 Uhr. Als Nebenklägerinnen sind heute Michaela und Yvonne Boulgarides anwesend.

Nach der Präsenzfeststellung sagt Richter Götzl: „Herr Rechtsanwalt Klemke, bitte schön! Ich wollte dann auch noch gerne Herrn Wohlleben bitten, uns zu seinem Befinden ein paar Worte zu sagen.“ Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Eben darum geht es. Ich beantrage, für die Dauer der Erörterung des Gesundheitszustandes die Öffentlichkeit auszuschließen. Und weiter beantrage ich, die Öffentlichkeit auch während der Verhandlung über den Ausschluss der Öffentlichkeit auszuschließen. Danke.“ Götzl: „Soll dazu Stellung genommen werden?“ Niemand meldet sich. Götzl: „Wir machen eine Pause, zehn Minuten, um Halb setzen wir fort.“

Um 10:32 Uhr geht es weiter. Götzl sagt, es gehe um Stellungnahmen zur Frage des Ausschlusses der Öffentlichkeit bzgl. der Verhandlung über die Ausschließung der Öffentlichkeit. Bundesanwalt Diemer sagt, dass nach § 174 GVG über den Ausschluss der Öffentlichkeit in nichtöffentlicher Sitzung verhandelt werde, wenn ein Beteiligter dies beantragt, so dass die Öffentlichkeit auszuschließen sei. Götzl: „Dann werden wir uns erneut zurückziehen.“

Um 10:41 Uhr geht es weiter. Götzl verkündet den Beschluss, dass die Öffentlichkeit für die Verhandlung über die Ausschließung der Öffentlichkeit ausgeschlossen wird. Er bittet auch den Landgerichtsarzt, draußen Platz zu nehmen.

Die Besucher_innen auf der Empore müssen den Saal verlassen. Im Erdgeschoss bleiben einige Besucher_innen vor der Sicherheitskontrolle stehen, weil dies bei früheren Ausschließungen der Öffentlichkeit üblich war und die Besucher_innen recht schnell wieder in den Saal gelassen wurden. Heute werden die Besucher_innen jedoch aufgefordert, das Gebäude komplett zu verlassen. Die meisten Besucher_innen bleiben zunächst am Zelt vor dem Strafjustizzentrum stehen, das für wartende Besucher_innen aufgebaut wurde, und warten darauf, dass die Öffentlichkeit wiederhergestellt wird. Kurz darauf teilt ein Justizwachtmeister der Gruppe mit, dass die Hauptverhandlung bis 12 Uhr unterbrochen sei und danach zunächst in nichtöffentlicher Sitzung fortgesetzt werde.

Gegen 11:45 Uhr erreicht Prozessbesucher_innen die Nachricht, man dürfe nun doch wieder in den Saal. Um 12:10 Uhr wird die Verhandlung öffentlich fortgesetzt. Götzl: „Wir werden heute im Hinblick auf die gesundheitlichen Beschwerden von Herrn Wohlleben nicht fortsetzen.“ Informatorisch teilt Götzl mit, dass die Verteidigung Wohlleben einen Beweisantrag zu den Akten gereicht habe, der beim nächsten Termin vorgetragen werden solle; fortgesetzt werde am Dienstag, den 16.01.2018, 09:30 Uhr. Der Verhandlungstag endet um 12:11 Uhr.

Das Blog „NSU-Nebenklage„: „Die Verteidigung Wohlleben beantragte, […] die Öffentlichkeit auszuschließen. Das wäre an sich nichts Besonderes, in der Tat sind ja Details des Rückenleidens Wohllebens für die Öffentlichkeit eher weniger interessant. Allerdings müsste nach dem Gesetz dann, wenn die Öffentlichkeit für das Gutachten ausgeschlossen würde, dies auch für die (weiteren) Plädoyers geschehen. Diese Regelung hatte der Gesetzgeber zum Schutz von Opfern schwerer Straftaten eingeführt – deren Gesundheitszustand sollte auch in den Plädoyers nicht öffentlichkeitswirksam ausgebreitet werden. Dem Wortlaut des Gesetzes nach findet die Regelung aber auch hier Anwendung. […] Die Verteidigung Wohlleben kündigte an, nächste Woche einen Beweisantrag zu stellen – sie wird erneut versuchen, eine alternative Lieferkette für die Ceska-Mordwaffe darzustellen und so Wohlleben vom Vorwurf, diese geliefert zu haben, zu entlasten. Es ist nicht zu erwarten, dass dieser Antrag Erfolg haben wird – nicht zuletzt hat ja Wohlleben selbst in seiner Einlassung die äußeren Umstände der Lieferung durch Schultze und ihn weitgehend eingestanden, und auch die jetzt benannten ’neuen‘ Beweismittel sind eher Ausdruck der Verzweiflung der Verteidigung. Am Rande der Sitzung teilte das Gericht geplante weitere Verhandlungstermine von September 2018 bis Januar 2019 mit. Das bedeutet aber nicht, dass das Verfahren auch solange dauern wird, vielmehr folgt das Gericht seiner Routine, immer am Ende einer längeren Unterbrechung die Termine für nach der darauffolgenden Unterbrechung, hier also den Sommerferien, mitzuteilen. Es tat dies aber ausdrücklich nur ‚höchst vorsorglich‘ und mit dem Hinweis, dass es von einem deutlich früheren Ende des Verfahrens ausgeht.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2018/01/11/11-01-2018/

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