NSU-Watch: „Hessen zeigt keine Bereitschaft, rechten Terror konsequent zu stoppen.“ – Statement vom 12.7.2020

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Im Dezember 2018 wurde öffentlich, dass die Nebenklage-Vertreterin im NSU-Prozess, Seda Başay-Yıldız, wohl von Polizist*innen, die sich selbst den Namen „NSU 2.0“ geben, bedroht wird. Bis heute sind die Verantwortlichen nicht ermittelt, das mutmaßlich bestehende rechte Netzwerk in der Polizei in Hessen nicht zerschlagen worden. Bereits damals schrieb NSU-Watch und sieht sich heute erneut bestätigt: „Wir haben kein Vertrauen darauf, dass die Polizei die Ermittlungen gegen ihre eigenen Kolleg*innen von sich aus gründlich führen wird.“

In dieser Woche wurde bekannt, dass eine weitere Frau aus Hessen, die sich um die Aufklärung des NSU-Komplexes bemüht, seit Februar 2020 in gleicher Form bedroht wird: Janine Wissler, Abgeordnete der Linkspartei in Hessen. Die Nennung ihrer persönlichen Daten in den an sie gerichteten Emails, ebenfalls unterschrieben mit „NSU 2.0“, unterstreicht das Bedrohungspotential. NSU-Watch: „Auch in diesem zweiten Fall stammen die Daten aus einem Polizeicomputer – dieses Mal abgerufen in Wiesbaden. Doch anstatt nun die Ermittlungsanstrengungen zu verstärken, fand bei dem zu diesem Zeitpunkt eingeloggten Beamte noch nicht einmal eine Durchsuchung statt.“ Seit der Veröffentlichung wird Wissler nicht nur weiterhin bedroht, die Täter*innen, die offenbar keine Konsequenzen fürchten oder fürchten müssen, weiten ihr Aktionsfeld nach Berlin aus und bedrohen die Linksparteipolitikerinnen Martina Renner und Anne Helm.

Hessen ist ein Schwerpunkt rechter Gewalt und rechten Terrors in Deutschland. Erinnert sei an den Mord an Halit Yozgat, den rassistischen Angriff auf Ahmad E., den Mord an Walter Lübcke, den rassistischen Mordversuch in Wächtersbach, das rassistische Attentat von Hanau und den rassistischen Mordversuch auf einen Taxifahrer in Kassel. NSU-Watch: „Politik und Behörden in Hessen unternehmen bei weitem nicht genug gegen rechten Terror. Das Muster ist bekannt, nicht nur aus Hessen: Anstatt rechte Netzwerke innerhalb und außerhalb der Polizei unschädlich zu machen, wird das Problem kleingeredet und sich auf vermeintliche Einzeltäter*innen fokussiert. Auffällig gewordene rechte Polizist*innen bleiben zumeist im Dienst und behalten den Zugriff auf personenbezogene Daten bundesweit. Die Betroffenen werden nicht vor rechtem Terror geschützt, sondern diesem letztlich ausgesetzt, das zeigen die letzten Monate noch einmal deutlich.“

„Wir sind solidarisch mit Janine Wissler, Martina Renner, Anne Helm und allen Betroffenen rechter und rassistischer Gewalt. Uns bleibt an dieser Stelle nur, unsere Forderungen zu wiederholen, auch wenn sie vermutlich erneut auf taube Ohren stoßen werden: Rechte Netzwerke müssen konsequent aufgedeckt, entwaffnet und zerschlagen werden. Wir alle sind dafür verantwortlich rechten Terror zurückzudrängen.“

Für Nachfragen stehen wir gern zur Verfügung:

NSU-Watch: mail@nsu-watch.info
NSU-Watch Hessen: hessen@nsu-watch.info