„Wir haben alles gemacht, was üblicherweise gemacht wird. Leider ohne Erfolg.“ Die Sitzung des 2. NSU/Rechter Terror-Untersuchungsausschusses Mecklenburg-Vorpommern vom 29. August 2022

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Erinnerungslücken, verweigerte Aufklärung und fehlender Überblick: Der 2. NSU/RechterTerror-Untersuchungsausschuss lässt sich in seiner Sitzung vom 29. August 2022 von einem Zeugen auf der Nase herumtanzen und sucht vergeblich nach einer Person bei der Polizei, die die alle Ermittlungen zum NSU im Blick hat. Der erste Zeuge des Tages ermittelte vor und nach der Selbstenttarnung des NSU zu den beiden Banküberfällen des NSU auf eine Sparkasse in Stralsund. Die beiden Raubüberfälle in Stralsund sind die einzigen bekannten Geldbeschaffungsaktionen des NSU außerhalb des üblichen Kreises in Sachsen und Thüringen , die häufig im [ehemaligen]Wohnumfeld stattfanden. Beide Überfälle fanden kurz hintereinander statt. Es ist die einzige Bank, die zwei mal erfolgreich überfallen wurde. Mit Blick auf die Beute handelt es sich um die erfolgreichsten Raubüberfälle des NSU. Der zweite Zeuge stellte einzelne Ermittlungsschritte vor, konnte aber nichts zu Auswertung der Ermittlungen sagen. Der dritte Zeuge war der ehemalige Leiter der BAO Trio MV, die die Ermittlungen nach der Selbstenttarnung des NSU übernahm. Er verweigerte auch auf wiederholte Nachfragen der Abgeordneten tiefere Einblicke in seine Arbeit.

Der erste Zeuge, Polizist Peter Scho., war als Sachbearbeiter für Raub- und Erpressungsdelikte bereits in den Jahren 2006 und 2007 ein maßgeblicher Ermittler zu den beiden Banküberfällen, die der NSU in Stralsund am 7. November 2006 und 18. Januar 2007 auf die gleiche Sparkassenfiliale verübte. Nach der Selbstenttarnung des NSU war er Teil der BAO Trio Mecklenburg-Vorpommern, die beim LKA Mecklenburg-Vorpommern angesiedelt war. Scho. leitete den Ermittlungsabschnitt Stralsund. In seinem Statement stellt er zunächst alle Ermittlungen zu den Überfällen 2006 und 2007 dar, dann die nach der Selbstenttarnung des NSU.
Am 7. November 2006 seien um 17:36 Uhr zwei unbekannte männliche Täter in die Sparkasse gekommen, einer habe sofort einen Schuss abgefeuert. Der Zweite sei zum Schalterbereich gegangen und habe die Öffnung der Tür erzwungen. Das Geld hätten sie in einem Plastikbeutel von Famila verstaut. Die Flucht sei nicht beobachtet worden. Die Zeugen in der Bank hätten ausgesagt, dass der zweite Täter offensichtlich Linkshänder gewesen sei, mehreren Zeugen sei außerdem ein sächsischer Dialekt aufgefallen. Beide hätten einen Rucksack getragen.
Der zweite Überfall am 18. Januar 2007 habe sich um 17:18 Uhr ereignet. Das Vorgehen sei vergleichbar mit dem ersten Überfall gewesen, auch hier sei sofort eine Schussabgabe erfolgt. Die Täter mit sächsischem Dialekt wurden als äußerst aggressiv beschrieben. Eine Frau habe beobachtet, wie sich einer der Täter nach Verlassen des Gebäudes die Maske vom Kopf gezogen habe. Der weitere Fluchtweg wurde jedoch erneut nicht beobachtet. Mit Hilfe dieser Zeugin konnte ein Phantombild erstellt werden.

Bei keinem der Überfälle konnten Fingerabdrücke oder DNA-Spuren gesichert werden, es habe kaum verwertbare Spuren gegeben. Es habe auch keine Zeugen gegeben, die die Vor- oder Nachbereitung der Überfälle beobachtet hätten. Nach dem ersten Überfall hätten sie eine massive Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt, so Scho. Wegen des von den Zeugen gehörten Dialekts habe man diese auch auf Sachsen ausgedehnt. Man habe bundesweite Erkenntnisanfragen gemacht und KRIPO live im MDR habe über den Fall berichtet, daraufhin hätten sich Ermittler aus Sachsen gemeldet, weil es im Raum Chemnitz/Zwickau eine Serie von Raubüberfällen mit der gleichen Vorgehensweise gab. Daraus habe sich eine Zusammenarbeit zwischen Polizeidienststellen in MV und Sachsen ergeben. Die Ermittlungen seien durch den zweiten Überfall eingeholt worden. Das dort angefertigte Phantombild wurde auch in Sachsen veröffentlicht.

Es habe Hinweise aus dem ganzen Bundesgebiet gegeben, deren Abarbeitung sei die Hauptaufgabe der Ermittler gewesen. Dazu habe es eine Funkzellenauswertung gegeben. Scho. selbst habe rund ein Dutzend Vernehmungen und andere Ermittlungen im „Wahrnehmungsbereich“ durchgeführt. „Wir haben alles gemacht, was üblicherweise gemacht wird. Leider ohne Erfolg.“ Sie hätten daher Ende 2007/Anfang 2008 das Verfahren an die Staatsanwaltschaft Stralsund mit der Anregung zur vorläufigen Einstellung weitergeleitet, die Staatsanwaltschaft sei dem gefolgt. Die Fälle seien gemeinsam mit den sächsischen Kollegen für das BKA-Blatt zusammengefasst und dort veröffentlicht worden.

Scho. berichtet auch zu den Auswirkungen der Überfälle. Er habe im Nachhinein erfahren, dass sich die Sparkasse sofort gekümmert habe. Eine Angestellte sei aber trotzdem dauerhaft berufsunfähig, weitere lange krankgeschrieben und in psychologischer Behandlung.

Im September 2011 habe er die Nachricht vom Banküberfall am 7. September 2011 in Arnstadt bekommen, so Scho., dort habe es eine hohe Übereinstimmung mit den Tätern aus Stralsund gegeben. Vom NSU, vom THS und vom „Paulchen Panther Video“ erfuhr er beim ersten Treffen im LKA Mecklenburg-Vorpommern nach der Selbstenttarnung, zu dem er wegen seiner Ermittlungen zu den Überfällen dazu gebeten wurde. Er wurde dann zum Leiter des Ermittlungsabschnitts „Stralsund“ der BAO Trio MV, die als Ergebnis dieses Treffens gegründet wurde und beim LKA angesiedelt war. Michael Ta. (siehe Sitzung vom 22. August 2022) wurde sein Stellvertreter. Von der BAO seien Ermittlungsaufträge gekommen und der Ermittlungsabschnitt habe diese bearbeitet und die Ergebnisse zurückgespielt. Man habe im Ermittlungsabschnitt keine Auswertung der Ermittlungsergebnisse vorgenommen, sondern nur Informationen zusammengetragen.

Scho. berichtet zu Hinweisen, die nach der Selbstenttarnung eingingen. Eine Angestellte der überfallenen Sparkasse habe sich nach einem Artikel in der Ostsee-Zeitung gemeldet, sie habe die Statur des zweiten Täters mit Ralf Wohlleben in Verbindung gebracht. Der Hinweis sei aufgenommen und weitergeleitet worden. Außerdem habe es den Hinweis gegeben, dass Malte Redeker Kontakt zum NSU gehabt haben könnte. Er, Scho., habe daraufhin Erkenntnisse zu Redeker zusammengestellt, er sei nicht in Stralsund gemeldet. Er habe seinen Laden seit dem 1. Januar 2007 beim Gewerbeamt gemeldet. Der „Headhunter Streetwear“ war ein klassisches Geschäft der extremen Rechten, in dem sowohl Kleidung als auch Tonträger verkauft wurden. Der Laden sei zur Erkenntnisanfrage noch offen gewesen.

Scho. führt weiter aus, dass sie im Ermittlungsabschnitt die bundesweiten Erkenntnisse zu Autoanmietungen des NSU mit den Ermittlungsergebnissen zu den Banküberfällen in Stralsund am 7. November 2006 und 18. Januar 2007 gegenprüfen sollten. Es habe eine Anmietung eines FIAT Wohnmobils zwischen dem 04. und dem 10. November 2006 auf den Namen von Holger Gerlach gegeben. Das Fahrzeug sei nicht im Zusammenhang mit dem Raubüberfall erfasst worden. Auch die Aliaspersonalien des NSU seien auf diese Art überprüft worden, es habe keine Übereinstimmung mit der Funkzellenerfassung gegeben. Das gleiche gelte für die Neonazis aus dem Umfeld des NSU, zu denen sie Listen erhielten. Auch sie seien nicht im Rahmen der Ermittlungen zu den Überfällen erfasst worden. Es habe keine Anhaltspunkte für weitere Raubüberfälle des NSU in Mecklenburg-Vorpommern gegeben. Scho. sagt zum Ende seiner Ausführungen, er wolle eine persönliche Anmerkung machen, dass es nicht gelungen sei, die Täter zu ermitteln, wurme ihn noch heute.

Auf Fragen der Abgeordneten sagt Scho., es gäbe keine Erkenntnisse zu eventuellen Tippgebern, man habe in alle Richtungen ermittelt. Ob die Mitarbeiter der Bank auf einen möglichen rechten Hintergrund überprüft wurden, wisse er nicht. Es könne sein, dass das ein anderer Abschnitt gemacht habe. Von einer Mitarbeiterbefragung innerhalb der BAO Trio MV sei ihm nichts bekannt.

Die Abgeordnete der CDU, Ann Christin von Allwörden, fragt den Zeugen zur Zusammenarbeit im Ermittlungsabschnitt. Der Zeuge Michael Ta. hatte in der letzten Sitzung angeben, es habe keine Treffen und Besprechungen gegeben, er habe daher kein Hintergrundwissen gehabt. Scho. sagt, er selbst stamme aus dem Bereich „klassische Kriminalität“, Ta. sei aus dem Staatsschutz gekommen. Er habe sich einen anderen Kollegen gewünscht, aber Ta. habe wegen seines Staatsschutzhintergrundes auch Zugang zu Dateien gehabt, für die er keine Zugänge hatte. „Ta. hätte ja die Akten lesen können“, er wisse aber nicht, ob das zu dem Zeitpunkt Sinn gemacht hätte, die Akte durchzuarbeiten. Von Allwörden hakt nach, ob man mal zusammengesessen und sich besprochen habe. Scho. sagt, sie hätten sich regelmäßig getroffen und grob darüber gesprochen, Details habe Ta. sicher nicht mitbekommen. Es sei ja was anderes, ob man Dinge mit erarbeitet und das liest. „Aber ich gehe davon aus, das Grobe wusste er.“

Der Abgeordnete der Linksfraktion Michael Noetzel fragt, ob nach den Überfällen gegen Personen aus Mecklenburg-Vorpommern ermittelt wurde. Das bestätigt der Zeuge, dies sei jedoch alles fallen gelassen worden. Noetzel fragt, ob der Fakt, dass die Überfälle mit die ertragreichsten der Serie gewesen seien, bei den Ermittlungen eine Rolle gespielt habe. Scho. sagt, das sei eventuell die Ursache, „dass danach lange Ruhe war“. Man frage sich, warum eine so hohe Summe geklaut werden konnte, aber die Beute sei ja aus dem Kassenraum und dem Tresor. Bei „Standardüberfällen“ werde meist nur die Kasse geklaut. „Wenn sie sich Sparkassen angucken, die sind standardmäßig gleich aufgebaut.“ Es sei beim zweiten Überfall mehr Geld geklaut worden, der Tresor sei am Tag vorher aufgefüllt worden. Man frage sich, „wussten die das?“ Es gäbe aber keine Kameras, wo man sieht, dass wer das Auffüllen beobachtet habe. Auf Frage sagt Scho., sie hätten sich Gedanken gemacht, warum zwei mal und soweit weg von Sachsen überfallen worden sei, aber seien zu keinem Ergebnis gekommen.

Constanze Oehlrich von den Grünen fragt nach der Brutalität und der Professionalität der Täter. Sch. sagt, eine der Zeuginnen habe angegeben, die Täter hätten sie richtig angezischt und sie „angepackt“, da habe sie gemerkt, „die meinen das ernst“. Die Täter seien sehr aktiv gewesen, daher hätten gewusst, dass sie nicht viel Zeit haben: „Je mehr Gewalt, desto mehr Druck, desto schneller ist man raus.“ Bei anderen Überfällen stünden die Täter vorm Tresen und schieben einen Zettel durch. Die Täter hätten hier „besonders professionell“ gewirkt, das sei eine Besonderheit gewesen. Anfang 2000er hätte es viele Banküberfälle gegeben. Oehlrich sagt, sie sei erstaunt, dass sich die Kollegen aus Sachsen nach der Kripo-Live Sendung gemeldet hätten und nicht aufgrund einer Polizei-internen Kommunikation. Scho. erklärt, der Überfall sei am Dienstag gewesen und die Kripo-Live Sendung am Sonntag. Donnerstag oder Freitag sei die Meldung zum Modus Operandi usw. in den polizeilichen Meldediensten erfolgt. „Das wird bundesweit gesteuert und das kriegt dann auch wer auf den Tisch, wahrscheinlich haben sie es schon im Fernsehen gesehen, bevor auf es auf dem Tisch lag.“ Heute laufe das digital und da ginge das schneller.

Der Abgeordnete René Domke von der FDP fragt nach der Zusammenarbeit des Ermittlungsabschnitts mit der BAO Trio MV. Scho. sagt, am Anfang habe es regelmäßige Beratungen gegeben, später habe es wegen der Entfernung einmal in der Woche eine Telefonkonferenz gegeben. Bei der Polizei sei das üblich, dass es Ermittlungsaufträge gäbe und dann fertige man das ab, gibt das ab „und hört nie wieder was davon“. Bei dieser Sache habe es Aufträge und auch Folgeaufträge gegeben.

Noetzel fragt, ob es eine Wahllichtbildvorlage [einige Fotos von ähnlich aussehenden Personen, die Zeug*innen vorgelegt wird. Aus diesen Fotos sollen Zeug*innen bspw. die Person auswählen, die sie gesehen haben]zu den Banküberfällen gab, die Zeugen vorgelegt wurde, auf denen Ralf Wohlleben abgebildet war, da ja eine Zeugin nach der Selbstenttarnung davon sprach, sie bringe seine Statur mit einem der beiden Täter in Verbindung. Scho. verneint, er habe nur die eine Vorlage bekommen. Er habe nur den Auftrag gehabt, die Vorlage mit Mundlos und Böhnhardt vorzulegen. Noetzel fragt nach den Wahllichtbildvorlagen, die 2007 vorgelegt wurden und danach, wie diese erstellt wurden. Scho. sagt, man beantrage diese bei der Kriminaltechnik, diese erstelle dann eine Vorlage „aus der normalen Sammlung, die jedes Land hat“. Noetzel merkt an, dass sich auf der Vorlage von 2007 Personen befänden, die mit Blood&Honour in Verbindung gebracht werden , „da ist die Frage, woher das kommt“. Scho.: „Das ist zufällig.“ Man habe die Merkmale der Täterbeschreibung eingegeben und dann ähnlich aussehende Personen ausgesucht.

Die Abgeordnete Oehrlich fragt, ob es nach den Überfällen Hinweise auf einen rechten Hintergrund gegeben habe. Das verneint der Zeuge: „es hätte alles sein können“. Noetzel hakt nach zu einigen Ermittlungsaufträgen nach der Selbstenttarnung. Scho. sagt, sie hätten Listen bekommen mit Namen und den angemieteten Autos. Diese hätten sie mit der Datenbank abgeglichen, allerdings nur mit den Daten zu den Sparkassenüberfällen. Noetzel fragt, wenn also der Caravan geblitzt worden wäre oder es einen anderen Verkehrsverstoß gegeben hätte, „dann hätten Sie das nicht erfahren?“ Scho. bestätigt, sie hätten nur überprüft, ob das in den Verfahren schon eine Rolle gespielt hätte, für andere Erkenntnisse müsse man beim LKA nachfragen. Scho. sagt auf Frage, Malte Redeker hätten sie nur überprüfen sollen, aber die Kollegin habe darüber hinaus rausgefunden, dass es den Laden noch gebe.

Der zweite Zeuge des Tages ist Gunnar Ne., er arbeitete zwischen dem 14. November 2011 und dem 29. Mai 2012 in der Zentralen Auswertung der BAO Trio MV. Auch er verliest ein vorbereitetes Statement. Seine Aufgabe sei die Erstellung von Erkenntnisanfragen an andere Behörden und umgekehrt gewesen. Er habe in polizeilichen Datenbanken recherchiert, er habe Aufträge bekommen und habe diese abgearbeitet. Es sei um die Aufklärung des Aufenthaltes der Kerntrios in Mecklenburg-Vorpommern gegangen. Er habe außerdem Personen in Mecklenburg-Vorpommern darüber informiert, dass ihre Namen auf Listen des NSU standen. Dazu habe er die sog. 10.000er-Liste ausgewertet und die dort genannten informiert. Darunter seien auch Waffenhändler gewesen, diese habe er aufgesucht, es habe dort keine Diebstähle oder ähnliches gegeben. Die Daten der Waffenhändler ließen darauf schließen, dass sie aus Telefonbüchern vor Jahren zusammengestellt wurden. Er habe außerdem bei Ordnungsämter zu Autokennzeichen, die bekanntermaßen vom NSU verwendet wurden, also beispielsweise die der angemieteten Wohnmobile, angefragt. Er habe da keine Feststellungen gemacht. Er sollte außerdem ermitteln, ob es eine Nachfolge von Rechtsanwalt Dr. Hans Günter Eisenecker in der Anwaltskammer oder am Büroplatz gegeben habe. Das sei nicht der Fall gewesen, die Tätigkeit endete mit Tod Eiseneckers 2003.

Anfang 2012 habe er den Auftrag erhalten, die 18. Ausgabe des Neonazi-Fanzines „Der Weisse Wolf“ auszuwerten. Dies ist die Ausgabe, die im Impressum den „Gruß an den NSU“ enthielt. Dabei habe er im Heft nach Bezügen zum NSU und zu Mecklenburg-Vorpommern gesucht. Außer im Impressum sei das Kürzel NSU nicht im Heft vorgekommen. „Bezüge zu Mecklenburg-Vorpommern gab es nur an sehr wenigen Stellen.“ Das seien Adressen von anderen Fanzines in Mecklenburg-Vorpommern und die postalische Anschrift des „Weissen Wolfs“ gewesen. Es sei anzunehmen, dass der „Weisse Wolf“ und das Fanzine „Freya“ verbunden seien, weil es so im Heft stehe. David Petereit aus Mecklenburg-Vorpommern sei der Herausgeber gewesen. Er habe die Verbindungen von THS-Mitgliedern nach Mecklenburg-Vorpommern überprüft und dazu 151 Personen überprüft [phon.]. Er habe Mitglieder der rechten Szene auf waffenrechtliche Verstöße untersucht, das sei im Auftrag der LfV Mecklenburg-Vorpommern geschehen. Er habe bei einem Neonazi einen Verstoß festgestellt, bei vier weiteren polizeiliche Einträge.

Auf Fragen der Abgeordneten sagt der Zeuge, in der Hochzeit hätten 25 Ermittler in der BAO TRIO MV gearbeitet und es habe vier Einsatzabschnitte gegeben. Sie hätten Erkenntnisse an andere Behörden geliefert. Er selbst habe keinen Kontakt zum LfV Mecklenburg-Vorpommern gehabt, das habe die Führung gemacht. Aber er erinnere sich, dass der Kontakt gut gewesen sei. Die Zusammenarbeit im LKA sei gut gewesen, es habe keine Kommunikationsprobleme gegeben. Die rechte Szene sei neu für ihn gewesen, er sei im normalen Alltag Ermittler. Er habe keine Erkenntnisse zum Aufenthalt des NSU in Mecklenburg-Vorpommern generiert; Kontakte zwischen Mitgliedern des Thüringer Heimatschutzes und der rechten Szene in Mecklenburg-Vorpommern könne man unterstellen.

René Domke von der FDP fragt, ob Ne. an Treffen der BAO teilgenommen habe, das verneint dieser: „Ich war nur in dem Strang tätig“ und nur dort habe er an Treffen teilgenommen. Der Austausch zwischen den „Strängen“ sei über die Einsatzleitung gelaufen. Michael Noetzel hakt wiederholt zur Neonazi-Szene in Mecklenburg-Vorpommern nach, dazu kann der Zeuge aber nichts sagen. Noetzel fragt nach den Betroffenen, deren Namen auf der 10.000er-Liste zu finden waren und wie die Sprachregelung zu deren Gefährdung gewesen sei. Ne: „Diese Daten lassen darauf schließen, dass sie aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Wir gehen davon aus, dass keine Gefährdung vorliegt.“ Noetzel fragt, ob eine individuelle Gefährdungseinschätzung gemacht wurde. Ne. sagt, er habe Landtagsabgeordnete informiert und Waffenhändler aufgesucht.

Der dritte Zeuge ist Michael Phi., der damalige Leiter der BAO Trio MV. Er lässt ein Organigramm der BAO mit dem Beamer an die Wand werfen. Darauf ist zu sehen, dass dem Polizeiführer, also Phi., die Führungsgruppe unterstand, mit der außerdem ein Kontaktbeamter zum Landesamt für Verfassungsschutz verknüpft war. Dem Polizeiführer unterstanden außerdem die vier Ermittlungsabschnitte: „EA Komoran“ [zum Mord an Mehmet Turgut], „EA Stralsund“ [zu den Banküberfällen], „EA PMK/Folgemaßnahmen“ und „EA PMK/zentrale Auswertung“, die jeweils einen Vorgesetzten, den „EA-Führer“ hatten. Als Beruf gibt Phi. „gelernter Landmaschinenschlosser“. Er sagt in seinem Statement, mit dem NSU habe die PMK [politisch motivierte Kriminalität]rechts eine Dimension angenommen, die niemand bis dahin für möglich gehalten habe. Bei der Vorbereitung habe er festgestellt, dass es ca. 3.300 Treffer mit seinen Namen in den Unterlagen der BAO TRIO MV gebe, er bitte um Verständnis, dass er nicht alles zur Vorbereitung gelesen habe. Die Bezeichnung TRIO MV sei bewusst gewählt worden, um Verbindung zur bundesweiten BAO ST TRIO des BKA deutlich zu machen, von der die BAO Trio MV aber kein Teil gewesen sei. Der 11. November 2011 sei ein entscheidendes Datum für ihn gewesen: Er sollte nach der Selbstenttarnung als damaliger Dezernatsleiter, zuständig für Auswertung PMK rechts und links, die Leitung der BAO übernehmen. Er habe vorher mit dem Verfahren nichts zu tun gehabt, habe daher Aufholbedarf gehabt. Er sagte, die Mitarbeiter einer BAO würden vom Alltagsgeschäft entbunden. Er habe die Leiter der Dezernate rechts, links und Islamismus mit in die BAO einbezogen. Die BAO sollte eigenständige Ermittlungen initiieren und in Ergänzung zum BKA-Verfahren arbeiten.

Sie hätten sich innerhalb der BAO gefragt, wie sie die Ermittlungen anreichern und weitere Tatverdächtige identifizieren könnten. Opferauswahl, sowohl Vor- und Nachtatphase, als auch allgemeine Lebensumstände des Kerntrios seien dafür von Bedeutung gewesen. Es sei um die Abarbeitung eingehender und initiierter Ermittlungen, um Recherchen und Auswertung gegangen. Die Verfahrensführung sei aber beim GBA geblieben. Sie hätten sich also mit der regionalen rechten Szene befasst. Der Zeuge stellt dar, dass Daten mit den bekannten Verfahren abgeglichen wurden, sie hätten auch als unbekannt geführte Tötungsdelikte und Banküberfälle überprüft. Allerdings seien keine weiteren Taten dem NSU zugeordnet worden. Weitergeleitete Daten zu Campingplätzen und Überprüfung von Kartenmaterial hätten keine neuen Ermittlungsansätze erbracht. Für Staatsschutzsachen habe es einen Verbindungsbeamten zum LfV Mecklenburg-Vorpommern gegeben. Das LfV sei in die Konferenzen eingebunden gewesen. Wegen komplexer Zusammenhänge habe es eine Mitarbeiterbefragung gegeben, darin sei es um das Arbeitsklima und die Kommunikation gegangen, Polizeipräsidien wurden unabhängig davon um Stellungnahme gebeten.

Die BAO Trio MV habe keine Verbindungen des NSU nach Mecklenburg-Vorpommern feststellen können. Dies stimme mit den Ergebnissen des Prozesses überein. Auch die Vertreter des GBA hätten gesagt, dass es keine Verbindungen des NSU zur aktiven rechten Szene gegeben habe. Die Recherchen hätten während eines hohen Drucks von außen stattgefunden. Sie hätten aber keine weiteren Straftaten des NSU oder weitere Unterstützer feststellen können.

Der Zeuge wird nun von den Abgeordneten befragt. Dabei lässt dieser oft eine längere Pause zwischen der Frage und der Antwort und scheint dabei die Abgeordneten intensiv mit den Augen zu fixieren. Danach antwortet er oft einsilbig, verweist auf Erinnerungslücken oder verweigert eine Antwort. Weder die Ausschussvorsitzende noch die Abgeordneten machen dem Zeugen klar, dass er verpflichtet ist, auf die Fragen des Ausschusses zu antworten.

Die Vorsitzende fragt nach der Mitarbeiterbefragung. Darin würde die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz als „nicht optimal“ beschrieben. Der Zeuge relativiert diese Aussage: „das ist die Wahrnehmung der Mitarbeiter“, er habe nicht jedes Dokument in Erinnerung. Dem Zeugen wird das Dokument vorgelegt, dieser sagt, das seien die zusammenfassenden Ergebnisse der Evaluation, „das ist nicht mein Sprachgebrauch“, das sei hier zusammengefasst, „wenn meine Mitarbeiter das wahrnehmen und belegen, dann nehme ich das so an“.

Die SPD fragt nach dem zeitlichen Ablauf der BAO Trio MV, nachdem sie am 11. November 2011 eingesetzt wurde. Phi. antwortet, am Anfang habe es den größten Personalbedarf gegeben. Im Mai 2012 habe man angefangen, das Personal zu reduzieren. Er habe Mitte oder Ende Mai die Position aufgegeben. Die Pressehoheit habe beim GBA gelegen, so der Zeuge auf Frage.

Auf Nachfrage nach der in der Mitarbeiterbefragung angegebenen problematischen Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz, sagt Phi., es sei um das Tempo, nicht um den Inhalt gegangen.

Die Abgeordnete von Allwörden fragt, wie Phi. im November 2011 sein Informationsdefizit bezüglich der Verbrechen des NSU aufgeholt habe. Der Zeuge sagt, er habe sich „erstmal zurückgelehnt“ und überlegt wie das gehen könnte. Er habe dann mit dem Abschnittsführer gesprochen und sich wesentliche Aktenvermerke durchgelesen. Von Allwörden fragt, wie dies mit den anderen Mitgliedern der BAO Trio MV gewesen sei. Phi. sagt, keiner könne alles wissen in dem Bereich, aber alle seien für ihre Tätigkeit voll und ganz informiert gewesen. Zum Verhältnis zu den bundesweiten Ermittlungen sagt der Zeuge, der GBA habe die Ermittlungen an sich gezogen und das BKA für sich ermitteln lassen. Das BKA habe die Einsatzabschnitte geführt. „Wir haben nicht dazugehört, aber haben mit dem BKA zusammen gearbeitet.“

Der Abgeordnete Noetzel fragt nach der Zusammenarbeit mit anderen Behörden, es gäbe Anhaltspunkte, dass es nicht immer reibungslos lief. Phi. widerspricht, seine Kommunikation mit dem BKA sei immer kollegial und zielorientiert gewesen. Es sei darum gegangen, Sichtweisen auszutauschen und sich gegenseitig optimal zu unterstützen. „Das ist meine Wahrnehmung.“

Die Abgeordnete Oehrlich fragt, ob sämtliche Arbeitsaufträge von den Bundesstrukturen gekommen seien. Phi.: „Wir brauchten keinen Auftrag, alle Sachen auf Landesbezug zu prüfen.“ Oehlrich fragt, wie die Informationen zusammengeführt worden seien, wo und wie die Auswertung stattgefunden habe. Der Zeuge verweist darauf, dass dies nicht von seiner Aussagegenehmigung gedeckt sei. Dieser Festlegung wird weder von der Ausschussvorsitzenden noch von den Abgeordneten widersprochen. Der Zeuge sagt daher abstrakt, die Informationen würden weiter gegeben und dann nochmal ausgewertet. Oehlrich hakt nach, wie die sehr arbeitsteilig laufenden Ermittlungen zusammengeführt worden seien. Phi. will dazu in öffentlicher Sitzung nichts sagen. Domke (FDP) fragt, welche Fachkompetenz sich der Zeuge zum Thema Rechtsextremismus eingeholt oder gehabt habe. Phi. sagt, zu diesem Zeitpunkt habe er den Staatsschutz seit acht oder neun Monaten geleitet, „insofern war das schon ein Zeitfenster, um sich eingearbeitet zu haben“.

Die SPD fragt, welche Aufgaben der Verbindungsbeamte gehabt habe. Der Zeuge sagt, dieser sei dicht an Informationen und dicht an Bedürfnissen der beiden Behörden gewesen, er habe schnell reagieren können, um Bedürfnisse in den Verfassungsschutz rein zu kommunizieren, er habe diesbezüglich auch die Vorkommunikation übernommen. Auf Nachfrage sagt er, der Verbindungsbeamte sei nicht der einzige mit Kontakt zum Verfassungsschutz gewesen, die Mitglieder der BAO hätten auch selbstständig Kontakt aufgenommen. Der Beamte sei Verfassungsschutz-Mitarbeiter gewesen, bejaht Phi. Die SPD fragt weiter, wie sich die Ermittlungen zum „Weissen Wolf“ gestaltet hätten. Phi. sagt, das Fanzine sei für die BAO Trio MV durch eine Veröffentlichung im Netz, durch das apabiz bekannt geworden. Der Gruß darin sei „grammatikalisch richtig“ an „den NSU“ gerichtet gewesen. Die Ermittlungen dazu habe das BKA gemacht, aber sie hätten das Fanzine auch gehabt und es sei auch von der BAO angeguckt worden.

Auf Frage sagt der Zeuge, am Ende der BAO Trio MV habe es im Ergebnis keine offenen Spuren mehr gegeben, keine Fragen. Es sei alles abgearbeitet worden, die Ziele seien erreicht worden. Wenn es in Zukunft ein anderes Bild gäbe, „sind wir in der Lage zu reagieren“.

Der Zeuge wird immer schnippischer in der Beantwortung der Fragen der Abgeordneten. Den Abgeordneten Noetzel weist er darauf hin, dass ein Dokument, aus dem er vorhält, eingestuft sei. Von da an lässt er sich zu jeder Frage, die gestellt wird, das Dokument vorlegen, auf das sich die Frage bezieht. Zur Frage der Abgeordneten Oehlrich nach der Neonaziszene im Bereich Anklam und dem Kameradschaftsbund Anklam sagt der Zeuge, das könne sie der Presse entnehmen. Diese stellt daraufhin keine Fragen mehr. Die Sitzung wechselt in den Nicht-öffentlichen Teil.