Protokoll 98. Verhandlungstag – 26. März 2014

0

Einzige Zeugin an diesem Prozesstag ist die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten , Juliane Wa. Sie wird sowohl zu Wohlleben und dessen Kontakten befragt als auch zum Tag des Untertauchens Mundlos, Böhnhardts und Zschäpes und ihrer Rolle darin. Sie fuhr nach Erfurt um Wohlleben zu warnen und versuchte Sachen aus Zschäpes und Mundlos Wohnung zu holen.

Zeugin: Juliane Wa. (ehemalige Lebensgefährtin von Ralf Wohlleben)

Der Verhandlungstag beginnt um 9.48 Uhr. Gehört wird Juliane Wa., 32, ehemalige Lebensgefährtin  des Angeklagten Wohlleben. Götzl fordert sie auf, zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe, zu Kontakten zu den Angeklagten und zu Ereignissen in den Jahren 1997-99 zu berichten. Wa.: „Für mich persönlich wäre es schöner, wenn Sie konkrete Fragen stellen könnten.“ Götzl sagt, dann solle Wa. doch mit Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und Wohlleben beginnen und berichten, wie sie die Personen kennengelernt habe. Wa. beginnt zu berichten, Götzl muss aber dennoch immer wieder nachfragen. Wa. spricht immer wieder davon, dass sie sich nicht hundertprozentig oder nur „Bruchstücke“ erinnere. Ralf habe sie mit 15 kennengelernt, irgendwann seien sie zusammen gekommen und später zusammengezogen. Wo sie Ralf kennengelernt habe, könne sie nicht mehr sagen. Weil Ralf Kontakte zu Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gehabt habe, habe sie die auch kennengelernt, das könne 1997 oder 1996 gewesen sein, das sei im Jugendclub „Impuls“ gewesen. Auf Frage sagt Wa., die Beziehung mit Ralf habe bis Anfang 1999 bestanden. Zur Häufigkeit des Kontakts sagt sie, das sei schwierig zu differenzieren: „Das ist so weit entfernt und für mich kein einschneidendes Erlebnis gewesen, da kann ich Ihnen keine genaue Auskunft geben.“

Götzl fragt zum letzten Kontakt. Der sei mit Böhnhardt am Tag des Verschwindens gewesen, so Wa. Da hätten „die“ sie bei der Überbetrieblichen Ausbildungsgesellschaft (ÜAG) abgeholt mit der Aussage, sie müsse mitkommen, es gebe die Befürchtung, dass Ralf sonst ins Gefängnis muss. Als junger Mensch gehe man dann einfach mit, man habe ja eine Person, an der man hängt. Sie habe das nicht verarbeiten können. Es sei alles viel zu schnell gegangen an dem Tag. Die anderen habe sie an dem Tag nicht gesehen, nur den Böhnhardt und Ralf. Auf Frage sagt Wa., bei der Schule sei noch der Volker He. dabei gewesen. Das Auto sei, glaube sie, von Mundlos gewesen. Sie seien nach Erfurt gefahren, um Ralf zu informieren. Wa. sagt, das sei alles so schnelllebig gewesen an dem Tag, sie wolle sich nichts aus den Fingern saugen, was am Ende nicht stimmt. Ihrer Erinnerung nach sei sie mit He. nach Erfurt gefahren, um Ralf mitzuteilen, dass er mitkommen möchte. Sie sei dann mit He. zurück nach Jena gefahren, Ralf separat. So weit sie sich erinnern könne, sei sie zum Mundlos an die Wohnung, wo die Polizei vor Ort gewesen sei. Ursprünglich wollte sie Sachen aus der Wohnung holen, aber natürlich habe sie dann keine mitgenommen. Bei ihrer polizeilichen Vernehmung seien dann Sachen gekommen wie das Fernsehgucken, da habe sie sich gar nicht erinnern können, aber das habe sie damals der Polizei so mitgeteilt. Auf Nachfrage sagt Wa.: „Dann wurde noch gesagt dass ich zu Beate in die Wohnung soll, Sachen holen.“ Dann sei sie nach Hause gegangen. Sie habe an dem Tag nichts weiter gemacht, was sie ohne konkrete Fragen beantworten könne. Sie wisse nur teilweise aus Vernehmungen, was sie gemacht habe. Götzl fragt, welche Vernehmung Wa. meine. Sie meine die letzte, von 2011. Ihr sei auch gesagt worden, dass sie bei Frau Mundlos, der „Mutti“, im Laden gewesen sei und nach einer EC-Karte gefragt habe. Daran habe sie sich nicht erinnern können. Götzl wiederholt Wa.s Aussage, es sei gesagt worden, sie solle aus Beates Wohnung Sachen holen. Das sei so gewesen, die Sachen seien in das rote Auto von Mundlos getan worden, aber sie könne nicht hundertprozentig sagen, wie es wirklich war. Götzl fragt: „Waren Sie in Beates Wohnung?“ Sie denke schon, aber sie sei sich nicht sicher, das seien auch Sachen, die ihr die Polizei gesagt habe. Götzl erinnert Wa. an die Belehrung. Wa. sagt, sie könne sich ja nur auf die Aussagen bei der Polizei berufen. Götzl reagiert ungehalten, ihn interessiere, was Wa. jetzt aussagt und zwar vollständig. Wa. sagt., sie könne sich an zwei blaue Tüten mit Sachen drin erinnern. Sie sei mit dem Auto abgeholt worden. Auf Frage sagt sie, das sei in Winzerla bei Beates Wohnung gewesen, sie habe dort Kleidung holen sollen, nichts Spezielles. Auf Frage, ob sie wusste, wo die Wohnung ist, sagt Wa. sie sei einmal bei Beate zu Besuch gewesen. Sie vermute, dass sie einen Schlüssel bekommen habe, jedenfalls sei sie nicht eingebrochen, von wem könne sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr sagen. Soweit sie sich erinnere, sei die Wohnung spärlich eingerichtet gewesen: „Kleiderschrank, Couch, Fernseher, nichts was sofort ins Auge gestochen ist.“ Auf Frage sagt Wa., die Kleidung sei mit dem roten Auto transportiert worden. Das habe vor der Tür gestanden. Sie habe damals keine Fahrerlaubnis gehabt, habe das Fahrzeug also nicht geführt. He. sei an dem Tag viel mit ihr unterwegs gewesen. Böhnhardt sei nach der ÜAG nicht mehr dabei gewesen. Götzl fragt, ob das bedeute, dass sie die Sachen He. übergeben hat. Wa.: „Ja. Ich hab das dann so übergeben.“ Auf die Frage, wie sie dann nach Hause gekommen sei, sagt Wa., sie sei gelaufen, von Winzerla nach Göschwitz sei es nicht weit. Vielleicht sei sie auch eine oder zwei Stationen mit der Straßenbahn gefahren. Götzl fragt, was sie mit dem Schlüssel gemacht habe. Wa.: „Ich weiß es nicht mehr.“ Dann spricht Wa. davon, dass es lange her sei, sie keine konkrete Erinnerung habe und sich nichts zusammenreimen wolle.

Auf Frage sagt sie, bei der ÜAG sei es gegen 7.30 Uhr los gegangen, Böhnhardt habe sie „im Prinzip“ aus dem Unterricht geholt. Ralf sei an dem Tag früher als sie aufgebrochen, er sei mit seinem kleinen weißen PKW nach Erfurt gefahren, soweit sie wisse einem Peugeot, das Modell wisse sie nicht mehr: „Als Frau ist das meistens so, dass man nicht so drauf achtet.“ Auf die Frage, wann Böhnhardt zu ihr gekommen sei, sagt Wa., es sei neun, halb zehn gewesen, sie habe schon ein bisschen am Unterricht teilgenommen. Götzl sagt, sie habe eben gesagt, „die“ hätten sie aus der Schule geholt. Wa. sagt, sie meine He. und Böhnhardt. Die hätten bei ihr geklopft bzw. sei sie raus gebeten worden. Sie wisse nicht, ob das mit dem Lehrer oder mit der Schulleitung abgesprochen war, jedenfalls habe sie mit denen vor der Tür gesprochen. Sie sei dann rein, habe gesagt, dass es ihr nicht gut geht, habe ihr Zeug gepackt und sei mitgefahren. Böhnhardt sei da nicht mehr da gewesen, He. habe auf sie gewartet. Auf Frage, ob Böhnhardt sich verabschiedet habe, sagt Wa., bei ihr habe sich keiner verabschiedet, niemand habe gesagt, dass man sich nicht wieder sehe. Das Gespräch sei nur kurz und knapp gewesen, sie sei darum gebeten worden, Ralf zu informieren. Götzl sagt, die Information sei gewesen, dass Ralf evtl. ins Gefängnis müsse. Wa. sagt, sie habe das nicht einordnen können zu dem Zeitpunkt, denn über irgendwelche Aktionen habe sie keine Informationen gehabt, auch von der Garagendurchsuchung habe sie nur aus der Presse erfahren. Götzl fragt, was sie Wohlleben denn habe sagen sollen, wie Wohlleben das habe einordnen sollen. Wa.: „Der Herr He. war ja mit dabei.“ Sie hätten Ralf informiert, ob He. etwas gesagt hat, ob der das mit Ralf besprochen hat, welche Informationen er hatte, daran könne sie sich nicht erinnern. Götzl: „Das ist nicht überzeugend.“ Wa.: „Was soll ich machen?“ Sie sei damals sehr jung gewesen und habe Angst um ihren Freund gehabt. Sie habe definitiv nicht gewusst, um was es geht.

Götzl fragt, zu welchem Zweck Wa. aus ihrer Sicht nach Erfurt gefahren sei. Wa.: „Aus emotionaler Sicht.“ Sie habe sich Sorgen gemacht, weil sie nicht gewusst habe, um was es geht. Was sie mit Volker He. bei der Fahrt gesprochen habe, könne sie nicht mehr sagen. Bei Erfurt erinnere sie sich, dass Ralf separat zurückgefahren sei und sie mit dem Volker. Sie habe keine Erinnerung an den Inhalt des Gesprächs. Götzl sagt, sie sei also emotional nach Erfurt gefahren, habe sich Sorgen gemacht und dann habe sie an den Inhalt keine Erinnerung. Die Zeugin schweigt. Auf die Frage, wie He. an das Fahrzeug von Mundlos kam, sagt Wa., das müsse man He. selber fragen. Götzl fragt, woher Wa. wisse, dass das Fahrzeug von Mundlos war: „Na, weil ich es vorher schon gesehen hatte.“ Das sei bei einer Situation vor dem Jugendclub „Impuls“ gewesen, wann genau könne sie nicht sagen. Götzl hakt nach, wie sie das rote Fahrzeug mit Mundlos zusammen bringe. Wa. sagt, das habe oft in der Presse gestanden und die Polizei habe sie auch darauf hingewiesen. Götzl fragt, sie habe also diese Information nur von der Polizei und der Presse. Wa. sagt, bei der Polizei hätten sie ihr auch viele Fakten gesagt, an die sie sich nicht habe erinnern können. Götzl fordert sie auf, zu differenzieren. Bei der Polizei sei es darum gegangen, ob sie bei Mundlos in der Wohnung war. Die Polizei habe sie darauf hingewiesen, dass sie damals auch vor Ort gewesen seien. Daran habe sie sich nicht erinnern können. Sie habe dann keine Sachen mitgenommen und sei wieder weggegangen. Auf die Frage, was denn ihrer Erinnerung entspreche, sagt Wa., nur dass sie Sachen holen wollte. Das mit dem Fernsehen habe sie nicht mehr gewusst. Volker He. sei vor Ralf ihr Freund gewesen, den habe sie auch im Jugendclub kennengelernt, vielleicht 1995/96.

Götzl: „Wie war denn die Situation jetzt in der Wohnung Mundlos?“ Wa.: „Sie machen es mir echt schwer heute.“ Götzl erwidert, Wa. mache es ihm auch schwer. Sie wisse nur, dass sie in der Wohnung Sachen holen sollte. Wenn die Polizei ihr nicht gesagt hätte, dass sie auch da war, dann hätte sie das gar nicht mehr gewusst: „Ich war in dem Sinne gar nicht richtig in der Wohnung.“ Auf die Frage, was mit den Sachen geschehen sollte, sagt Wa., sie habe die nur holen sollen, sie habe sich damals keine Gedanken gemacht, dass da jemand flüchten wollte. Götzl fragt, wie Wa. überhaupt dazu gekommen sei, dass sie zur Wohnung Mundlos fährt. Wa. sagt, sie sei mit dem Volker zur Wohnung gefahren. Götzl erwidert, das sei der bloße Ablauf, und sie wisse ja noch, dass sie sich keine Gedanken gemacht habe. Darauf sagt Wa, damals habe sie sich keine Gedanken gemacht, das sei im Nachgang gekommen: „Und ich hab mit keiner Silbe damit gerechnet, dass ich jetzt deswegen hier sitze.“ Götzl sagt, da komme jetzt der Name Mundlos ins Spiel. Wa. sagt, es müsse ihr jemand gesagt haben, aber sie könne nicht sagen, wer. An dem Tag sei sie mit Ralf, He. und Böhnhardt in Kontakt gewesen. Götzl sagt, dann müsse man eben jetzt durchgehen und bei Böhnhardt beginnen. Es könne durchaus sein, dass der gesagt habe, dass sie in die Wohnungen Mundlos und Zschäpe fahren soll, sie wisse es aber nicht mehr. Sie wüsste nicht, so Wa. auf Frage, dass sie an dem Tag mit einer weiteren Person Kontakt hatte.

Götzl fragt nach Kapke. Sie könne nicht genau sagen, ob der an dem Tag auch Kontakt mit ihr hatte. Und weiter: „Sie merken auch selbst, das Schildern fällt mir schwer, deswegen hab ich gebeten, Fragen zu stellen.“ Götzl reagiert ungehalten, er sei die ganze Zeit am Fragen stellen. Zschäpes Verteidiger RA Stahl interveniert, er würde sich wünschen, dass Götzl mal einen BKA-Beamten, der sich nicht an seine Vernehmung erinnern könne, so befragt. Götzl schickt die Zeugin raus und es entsteht ein Disput um die Befragung Götzls. Stahl sagt, er wundere sich, dass Götzl so „harsch“ werde, das habe er bei Polizeibeamten so noch nie erlebt. Es könne der Eindruck entstehen, dass sich Götzl nur in eine gewisse Richtung aufrege. Bundesanwalt Diemer sagt, er sehe kein prozessordnungswidriges Verhalten. Nebenklagevertreterin RAin Lunnebach sagt, es gebe einen Unterschied zwischen einem Beamten, der in der Woche vielleicht zehn Vernehmungen habe und einer jungen Frau, deren Freund möglicherweise ins Gefängnis gehen soll und die vielleicht nur ein derartiges Erlebnis hatte. RAin Lex sagt, diese Vorwürfe seien absurd, das würde zur Folge haben, dass hier jeder Zeuge sagen könnte, er erinnere sich an nichts. Die Befragung sei nicht harsch gewesen, im Gegenteil seien hier Zeugen aufgetreten, die eine wesentlich harschere Befragung verdient hätten. Wohllebens Verteidiger RA Klemke sagt, nach den Äußerungen von Lex sei „die Jagdsaison auf Zeugen eröffnet“. Polizeibeamte könnten sich vorbereiten, Zeugen hätten nur ihre Erinnerung. Die Zeugin habe mittlerweile einen anderen Partner und ein Kind, es sei klar, dass sie auch etwas vergesse, was sie damals emotional berührt habe. Ein Nebenklagevertreter sagt, es sei nicht nachvollziehbar, wenn sich eine Zeugin hier zwar an blaue Tüten, aber nicht an das Gespräch wegen einer möglichen Haft erinnere. Die Zeugin wird wieder hinein gebeten.

Auf dem Weg zur Wohnung Mundlos sei He. dabei gewesen, so Wa. auf Frage, sie wisse nicht, ob sie unterwegs mit jemandem telefoniert habe. Auf die Frage, ob denn Wohlleben in Erfurt erreichbar gewesen wäre, sagt Wa., sie seien ihrer Erinnerung nach direkt dahin gefahren. Götzl fragt, wie Wohllebens Situation war, sie habe ja erfahren, dass er evtl. festgenommen wird. Wa. sagt, sie habe aber nicht gewusst, um was es geht. Sie sei nur mitgefahren weil Ralf ihr Freund war. Sicher habe sie auch nachgefragt, aber sie wisse einfach nicht mehr, ob sie diesbezüglich eine Antwort gekriegt habe. Es sei für sie kein einschneidendes Erlebnis gewesen, sondern nur eine Situation, wo sie mitgefahren sei. Götzl sagt, Wa. schildere ihre Angst und emotionale Beteiligung und sage dann, es sei kein einschneidendes Erlebnis. Wa.: „Weil ich mich an schöne Sachen erinnere, aber das hatte für mich nicht wirklich eine Relevanz.“ Einschneidend sei gewesen, dass es geheißen habe, Ralf muss ins Gefängnis, aber was da hinten dran hängt, habe sie auch nur aus der Presse erfahren. Ralf habe in Erfurt eine Ausbildung gemacht als Handelsfachpacker, es müsse eine Berufsschule gewesen sein, wo sie hin gefahren sind. Ob sie oder He. da rein gegangen ist, wisse sie nicht mehr. Ralf sei ja auch nicht im Gefängnis gewesen, deswegen habe sie sich weiter keine Gedanken gemacht und nicht nachgefragt. Auf Frage sagt sie, Ralf sei dann mit seinem PKW gefahren, sie vermute nach Jena, das habe er gesagt, sie wisse es aber nicht. Götzl will eine Frage stellen, die Zeugin unterbricht ihn aber und sagt, man würde doch immer auf derselben Spur bleiben, sie habe keine hundertprozentige Erinnerung, Götzl wolle das wissen, und das könne sie auch verstehen, aber sie wisse es nicht. Götzl hakt weiter nach. Auf Frage sagt Wa., sie habe angenommen, dass Ralf wegen einer Demonstration verhaftet werden sollte. Dass da eine Garage aufgemacht wurde, habe ihr niemand gesagt. Auf Frage, wo He. war, als Wa. zur Wohnung Mundlos ging, sagt die Zeugin, He. habe um die Ecke gewartet. Warum er nicht mitgegangen ist, habe er nicht gesagt. Ihr sei die Info gegeben worden, dass sie da rein gehen soll: „Ich war ja naiv, ich bin da rein getrampelt in die Wohnung.“ Sie vermute, dass He. gesagt hat, dass sie allein in die Wohnung soll. Sie könne sich nicht genau erinnern, aber sie vermute, dass sie den Schlüssel zur Wohnung Mundlos der Polizei habe geben müssen, jedenfalls habe sie ihn danach nicht mehr gehabt. Sie könne sich erinnern, dass sie danach erstmal alleine zu Hause war, wann Ralf eingetroffen ist, könne sie nicht mehr genau sagen.

Götzl fragt, was sie aus Gesprächen mit Wohlleben von diesem Tag in Erinnerung habe. Wa. sagt, sie könne sich an keine Gespräche erinnern. Sie nehme an, dass sie mit Ralf gesprochen habe, was los war. Götzl: „Ist denn die Frage seiner möglichen Verhaftung irgendwann thematisiert worden?“ Wa.: „Nein, weil er ja nicht verhaftet worden ist. Das war ja für mich erledigt.“ Die Polizei habe ihren Aufenthalt in der Wohnung Mundlos mit einer Hausdurchsuchung begründet, so Wa. auf Frage. Sie hätten gefragt, was sie dort mache und sie habe gesagt, Fernsehen. Da habe es gar keinen Fernseher gegeben. Sie wisse das nur aus Akten bzw. von der Polizei. Die Polizei habe sie bemerkt, als sie die Tür öffnen wollte. Aber das könne sie auch nur so sagen, wie es ihr die Polizei gesagt hat. Wa. sagt, sie könne sich nicht erinnern, vorher mal in der Wohnung gewesen sein. Götzl fragt, ob sie überrascht gewesen sei. Wa. sagt, zum damaligen Zeitpunkt sei sie schon erschrocken gewesen. Persönlich habe sie zur damaligen Zeit nur „flüchtig“ mit der Polizei zu tun gehabt. Auf Nachfrage berichtet sie von einer Sommersonnwendfeier in Saalfeld, da habe die Polizei sie angehalten und die Personalien aufgenommen. Das müsse 1996/97 gewesen sein, jedenfalls vorher. Ralf, Kapke und dessen Bruder sowie He. seien dabei gewesen. Götzl fragt, was sie denn He. erzählt habe, nachdem sie aus der Wohnung Mundlos kam. Wa.: „Dass Polizei in der Wohnung ist und ich keine Sachen holen kann. Und dann sind wir dort wieder weggefahren.“ Götzl fragt, wie es von dort weiter ging. Ihres Erachtens sei es so gewesen, dass sie zu Beates Wohnung gefahren sind. Götzl fragt, wie es dazu gekommen sei, ob das vorher schon klar gewesen sei. Das wisse sie nicht. Götzl möchte wissen, ob Wa. Bedenken gehabt habe, die Wohnung Zschäpe aufzusuchen nach dem Erlebnis bei Mundlos. Davon gehe sie aus, so Wa: „Aber, keine Ahnung, ich habs gemacht, warum auch immer.“ Götzl fragt, ob es irgendeine Diskussion mit He. darüber gegeben habe, wie man vorgeht, wenn da auch Polizei sein könnte. Das wisse sie nicht mehr, so Wa., das sei ja bei ihr selber im Kopf nur schwammig: „Ich kann ihnen das nicht genau sagen.“ Götzl erwidert, dann solle sie es eben ungenau schildern. Wa. sagt, sie könne die Zusammenhänge überhaupt nicht sagen, mit welchen Gesprächen. Götzl sagt, es geht nicht um Gespräche, sondern um den Ablauf. Das könne sie nicht genau sagen, weil ihr die Polizei bei ihrer letzten Zeugenaussage gesagt habe, dass sie mit einer Vollmacht bei der Polizei gewesen sei, um den Schlüssel zu bekommen, weil die Wohnung wohl versiegelt war. Daran habe sie sich auch nicht erinnern können. Deswegen könne sie auch nicht sagen, ob der zeitliche Ablauf überhaupt stimmt: „Für mich ist der Gedanke, ich war bei Beate, aber ich weiß nicht mehr wie das abgelaufen ist.“ Laut Polizei sei das wohl so gewesen, dass sie damals ausgesagt habe, dass Kapke ihr gesagt habe, dass sie mit Vollmacht zur Polizei soll. Aber das habe sie so nicht wiedergeben können. Sie wisse nicht, ob das auch wirklich „an dem Tag“ war. Auf Nachfrage sagt Wa., dass es darum gehe, ob das mit Zschäpes Wohnung an demselben Tag war: „Von meinem Kopf her ja.“ Aber das könne nicht stimmen, denn laut Polizei habe sie einige Tage später mit einer Vollmacht nach dem Schlüssel verlangt. Im Kopf habe sie, dass sie mit Tüten aus der Wohnung rausgeht. Götzl fragt, warum diese beiden Ereignisse zusammenfallen müssten. Wa. „Ich kann die Zusammenhänge selber nicht verstehen.“ Sie vermute, dass sie in der Wohnung war, aber ob an dem Tag, wo die drei geflohen sind, oder danach, erinnere sie nicht. Es folgt eine Pause bis 11.53 Uhr.

Götzl fragt, wie es an dem Abend mit dem Fahrzeug Wohllebens war. Soweit sie sich erinnere, sei es nicht mehr da gewesen. Sie habe auch nachgefragt und meint, ihr sei gesagt worden, dass es kaputt ist. Nach einiger Zeit sei es wieder da gewesen. Genau könne sie nicht sagen, ob es eine oder zwei Wochen waren. Ihrer Erinnerung nach habe Wohlleben es dann nutzen können. Wohlleben sei jeden Tag mit seinem Fahrzeug nach Erfurt gefahren, sie wisse nicht mehr, wie es war, als das Fahrzeug nicht mehr da war. Götzl fragt nach ihrem Verhältnis zu Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Sie habe ein normales Verhältnis gehabt, so Wa., nicht eng, man habe sich mal getroffen, die seien immer nett gewesen, es habe nie irgendein Problem gegeben. Ihr sei nichts Komisches in Erinnerung geblieben. Es seien Freunde von Ralf gewesen und deshalb auch von ihr. Götzl fragt zur Beziehung Wohllebens zu den dreien. Die hätten sich ja schon gekannt, bevor sie selbst alle kennengelernt habe. Das sei ein freundschaftliches Verhältnis gewesen, nichts Besonderes: „Freunde, wie wenn man zwei Freunde auf der Straße sieht, die sich vernünftig unterhalten.“ Auf die Frage, ob sie mit Wohlleben mal nach dem Tag über die beiden Uwes und Zschäpe gesprochen habe, sagt Wa., sie habe ja mitbekommen, dass sie weg waren. Sie habe sicher auch gefragt, ob Ralf weiß, wo die sind, das habe der immer verneint. Sie habe nie irgendwo erfahren, wo sich die drei aufhalten. Zur Frage, ob sie mit Ralf darüber gesprochen habe, warum sie verschwunden sind, sagt Wa., das habe sie auch der Presse entnehmen können. Sie habe Ralf auch gefragt, ob er was dazu weiß, das habe er aber auch verneint. Sie könne sich konkret nicht erinnern, gefragt zu haben, ob er etwas mit den Vorwürfen zu tun hat, habe aber sicher mal gefragt. Sie habe keine Befürchtung gehabt, dass er verhaftet werden könnte. Götzl sagt, sie habe aber doch diese Information von Mundlos gehabt. Das habe sie aber im Zusammenhang mit Demonstrationen gedacht. Ihr sei nichts gesagt worden und sie habe nicht weiter nachgehakt. Sie habe den Ralf als netten jungen Mann kennengelernt, der sich viel um die Leute gekümmert habe, auch emotional. Sie habe ihn nicht in dem Sinne kennengelernt, dass er ihr gegenüber etwas zu verbergen hat. Die Beziehung habe sich auch dem Ende genähert, man habe sich Ende 1998, Anfang 1999 getrennt. Den Grund für die Trennung will Wa. zunächst nicht nennen. Dann sagt sie, Ralf habe sich von ihr getrennt, weil sie davon ausgegangen sei, dass sie schwanger ist und ihm dann verheimlicht habe, dass das doch nicht so war. Eine andere Beziehung habe es nicht gegeben, er habe sich getrennt, weil er menschlich von ihr enttäuscht gewesen sei. Eine gewisse Zeit habe sie keinen Kontakt zu ihm gehabt, zwei, drei Jahre. Dann hätten sie sich mal wieder auf einen Kaffee getroffen, es sei auf normaler, sachlicher Ebene geblieben.

Götzl fragt, ob denn in der Zeit, wo sie zusammen waren, der Aufenthalt der drei Gesprächsthema war. Sie glaube, dass sie noch zweimal nachgefragt habe. In der Zeit nach der Trennung habe sie nicht mehr gefragt. Auf Frage sagt sie, ihres Wissens sei sie nicht in der Wohnung Mundlos verblieben während der Durchsuchung. Sie sei wieder gegangen, habe ihr die Polizei gesagt. Sie wisse nicht, dass sie in der Wohnung etwas unterschieben hätte. Götzl fragt, wie die Situation in der Wohnung war: was da gemacht wurde, wie viele Beamte da waren. Wie viele Beamte dort waren, wisse sie nicht. Sie wisse nur, dass ihr bei der letzten Vernehmung 2011 gesagt worden sei, dass die Polizei da war. Es sei ihr nicht in Erinnerung, dass sie als Durchsuchungszeugin hinzugezogen worden sei. Götzl hält einen Vermerk vor, demzufolge Juliane Wa. beim KDD erschienen sei, sich mit einer formlosen Vollmacht von Zschäpe legitimiert habe und deren Wohnungsschlüssel habe abholen wollen, weil Zschäpe im Urlaub weile. Wenn das in den Akten so stehe, dann werde das stimmen. Götzl hält weiter vor, dass Wa. angegeben habe, sie habe Zschäpe länger nicht gesehen und die Vollmacht an der Wohnungstür vorgefunden; als die Schlüsselübergabe verweigert worden sei, sei Kapke erschienen und habe gesagt, dass er die Übergabe der Schlüssel an Wa. über seinen Anwalt erzwingen würde. Das habe sie bisher auch nicht gewusst, so Wa. Zur Frage, wie sie zu Kapke gestanden habe, sagt sie, Wohlleben und Kapke seien Freunde gewesen, der sei öfters bei ihnen gewesen auf einen Kaffee oder ein Bierchen. Sie habe kein persönliches Verhältnis zu ihm gehabt, denn der habe Spitzen gegen sie losgelassen. Sie seien nicht die besten Freunde gewesen. Kapke habe nicht gefallen, das sie mit Ralf zusammen war. Sie wisse nur, dass er sie „gepiesackt hat auf unschöne Weise“. Das Verhältnis Kapkes zu Wohlleben sei kumpelhaft gewesen, die hätten sich zwei-, dreimal die Woche gesehen. Zum Verhältnis Kapkes zu den Uwes und Zschäpe könne sie nicht so viel sagen. Soweit sie wisse, hätten die auch ein gutes Verhältnis zueinander gehabt. Die Uwes und Zschäpe seien untereinander freundschaftlich, nett, zuvorkommend gewesen.

Götzl bittet Wa., die drei Personen von Verhalten und Persönlichkeit zu beschreiben. „Beate ist eine sehr menschliche, sehr freundliche Person, mit ihr konnte man auch mal reden.“ Mundlos sei immer mit dem Kopf nach oben gelaufen, sehr selbstbewusst. Und zu Böhnhardt habe sie nur ein Bild in Erinnerung, dass er in Uniform herumgelaufen sei, genau wie Mundlos. Aber ihr seien keine Eigenschaften aufgefallen. Sie glaube, der habe schwarze Hose und weißes Hemd getragen und auch braune Hose, weißes Hemd: „Glatt gebügelt und ordentlich.“ Abzeichen seien ihr nicht aufgefallen. Springerstiefel und Bomberjacke hätten zum damaligen Zeitpunkt alle getragen. Zu Kontakt zu den Eltern von Mundlos sagt Wa., der Vater Mundlos habe eines Tages bei ihnen vor der Tür gestanden, habe seinen Sohn gesucht und „Theater gemacht“. Der habe sie und eine Freundin auch verfolgt, habe sich verkleidet und habe wissen wollen, wo sein Sohn ist. Und die Polizei habe ihr gesagt, dass sie bei der Frau Mundlos gewesen sei und sie gefragt habe, ob sie ein Konto einrichten könne mit Kreditkarte: „Das ist den Akten zu entnehmen.“ Götzl fragt: „Ja, war das so?“ Wa. sagt, das vermute sie, wenn das so da stehe. Sie habe das auch nicht mehr gewusst. Die Polizei habe gesagt, das sei nach dem Verschwinden gewesen. Sie habe sich viel den Kopf zerbrochen nach der Vernehmung, sie hätten auch ausgemacht, dass sie sich melde, wenn ihr etwas einfällt. Aber sie habe sich nicht erinnern können. Götzl fragt, ob denn Wohlleben Kontakt zu Vater Mundlos hatte. Sie wisse nur das eine Mal, als er vor der Wohnung gestanden habe. Götzl fragt, ob der Vater Mundlos Wohlleben mal gefahren habe. Nach einer Pause sagt Wa., das wisse sie nicht. Götzl hakt nach, ob das in der Zeit war, als Wohlleben kein Fahrzeug hatte, der Fall gewesen sein kann. Sie wisse es nicht genau, glaube aber, dass das ein- oder zweimal war, das habe sie mal gehört. Götzl fragt: „Von wem?“ Die Polizei habe ihr das erzählt, antwortet Wa. Es folgt die Mittagspause bis 13.40 Uhr.

Götzl fragt, ob Wa. jemals Kontakt zu VS-Behörden hatte, was die Zeugin bejaht. Sie habe 1998 im September mit ihrer Ausbildung angefangen. Sie habe damals nicht gewusst, dass es der VS ist. Die hätten bei ihr im Laden gestanden und sie gebeten mitzukommen. Sie habe gedacht, dass es Polizei in Zivil ist. Sie seien mit ihr zum Auto gegangen und hätten gefragt, ob sie weiß, wo die drei sind. Das habe sie verneint und die hätten ihr hundert Mark gegeben. Und dann habe es ein zweites Treffen gegeben, auf dem Weg nach Hause an der Saalebrücke. Die hätten wieder gefragt, wo die drei sich aufhalten. Sie habe gesagt, dass sie es nicht wisse. Sie habe wieder 100 Mark bekommen. Sie habe sich über das Geld gefreut in der Ausbildung. Sie habe im September 1998 ihre Ausbildung begonnen, Ende September, Anfang Oktober müsse auf jeden Fall das erste Treffen, zwei Wochen später etwa das Nächste gewesen sein. Das seien zwei Männer gewesen, sie meine, beide Male dieselben. Sie sei gefragt worden und habe gesagt, sie wisse nicht, wo die sich aufhalten, immer wieder sei die Frage gekommen, ob der Ralf etwas wisse, dazu habe sie keine Angaben machen können. Götzl fragt, ob sie sich beim VS habe melden solle, wenn sie etwas erfährt. Wa. sagt, sie glaube nicht, dass sie eine Karte mit einer Nummer bekommen habe. Auf Frage, wie sich die Männer vorgestellt haben, sagt Wa., im Laden hätten die sich nicht mit VS vorgestellt. Die seien in den Laden gekommen, hätten kurz mit ihrer Chefin gesprochen, danach seien sie gemeinsam raus ins Auto. Dann hätten die sich als Beamte vorgestellt. Sie habe nicht realisiert, dass das VS war, das habe sie erst mitbekommen, als sie ihr das Geld gegeben hätten. Sie habe gefragt, wieso Geld, und es habe geheißen: „Für die Information.“ Da habe sie gesagt, sie habe doch gar keine Information gegeben. Sie habe die Geschichte mit dem VS bei ihrer Aussage bei der Polizei berichtet, die hätten da auch nichts von gewusst: „Und so ist das wohl ins Rollen gekommen, dass das in der Presse erschienen ist.“ Götzl fragt, warum sie die 100 Mark genommen habe. Wa. sagt, sie habe sehr wenig verdient als Friseur in der Ausbildung. Sie verneint, Wohlleben informiert zu haben, weil die gesagt hätten, das der nichts erfahren soll. Götzl fragt, ob dazu mal jemand bei ihr nachgefragt habe. Vom Umfeld von Ralf habe keiner nachgefragt, so Wa., sie wüsste auch nicht, dass Kapke nachgefragt habe. Götzl möchte wissen, ob ihr zu Ohren gekommen ist, dass sie verdächtigt wird, für den VS zu arbeiten. Das sei erst jetzt mit der Presse aufgekommen. Es sei aber nicht so, wie es in der Presse stehe mit den 10 bis 15 Treffen, es habe nur die zwei gegeben. Götzl fragt, ob das der Grund für die Trennung war. Wa.: „Definitiv nicht.“

Götzl fragt, ob sie einen Namen gehabt habe, unter dem sie für den VS aufgetreten sei. Das verneint Wa., sie habe nur gelesen, dass die ihren Spitznamen „Jule“ verwendet hätten. Die Frage, ob ihr erläutert worden sei, wofür sie das Geld bekommen habe, sagt Wa., sie sei der Meinung, das hätten die gemacht, weil sie nicht mehr wussten, was sie machen sollen. Sie habe halt bei Ralf nachfragen sollen, wo die drei sind, es aber nicht gemacht. Auf die Frage, woher ihr Spitzname dem VS geläufig war, sagt Wa. der sei fast jedem bekannt gewesen. Götzl fragt, ob sie nicht nach Erklärungen gesucht habe. Wa. antwortet, sie habe jetzt viele Erklärungen gesucht, aber nicht gefunden. Sie sei auch teilweise bei der Polizei gewesen, weil andere Sachen vorgefallen seien. Es sei auch ihr Recht am eigenen Bild missbraucht worden: „Da habe ich auch ganz schön mit mir zu kämpfen, weil keine Rücksicht genommen wird.“ Es könne nicht sein, dass man im Umfeld ringsum die Leute so fertig mache, das sei schon sehr grenzwertig. Und dann werde bei der Polizei gesagt: „Frau Wa., passen Sie auf sich auf.“ Das Verfahren sei eingestellt worden. Auf Frage von Götzl sagt Wa., Überlegungen, Wohlleben zu informieren, seien da gewesen, aber die hätten gesagt, sie solle das Wohlleben nicht sagen und dafür hätten sie ihr im Prinzip auch das Geld gegeben. Beim ersten Treffen sei das „so holterdipolter“ gewesen. Im ersten Moment sei sie sich nicht bewusst gewesen, dass das der VS war, aber im Laufe der Zeit habe sie das schon verstanden. Das Geld habe sie für sich genommen. Zur Frage, wie man verblieben sei, sagt Wa., sie könne sich nur erinnern, dass der Kontakt abgebrochen sei. Götzl fragt, was sie an Daten gegeben habe zur Erreichbarkeit. Wa.: „Das weiß ich nicht mehr.“ Auf Frage sagt sie, der Name sage ihr nichts, auch nicht eine Geburtstagszeitung für André Kapke.

Götzl fragt, ob sie mit einem der drei mal telefonischen Kontakt hatte nach dem Verschwinden. Daran könne sie sich nicht erinnern, so Wa. Sie habe ja nicht gewusst, wo die waren. Götzl fragt, ob sie Kenntnisse habe, ob Wohlleben oder jemand anderes Gelder gesammelt hat für die drei. Wa.: „Ich glaube, wenn das so war, dann haben sie mich fein aus der Sache raus gelassen.“ Auch von Konzerten im Hinblick auf die drei wisse sie nichts. Dann geht es um die persönliche Situation Wohllebens. Wa. sagt, Wohlleben sei ein „Familienmensch“, im Umgang mit Familie und Schwester sei alles harmonisch gewesen. Sie habe nie etwas Negatives zu seiner Kindheit gehört, er habe viel mit seiner Schwester zu tun gehabt, der jüngeren von beiden. Zu Wohllebens Ausbildung sagt sie, sie glaube, dass er Mittlere Reife und eine Ausbildung gemacht habe. Die Ausbildung in Erfurt müsse dann so 1997/98 gewesen sein. Auf die Frage, ob sie wisse, ob Wohlleben dann auch in dem Beruf gearbeitet hat, sagt sie, sie sei sich unsicher. Sie wisse, dass er bei „Sconto“ gearbeitet hat, aber nicht, ob davor oder danach. Seine jetzige Frau kenne sie, habe aber keinen Kontakt, Wohlleben habe zwei Kinder. Dann fragt Götzl zum Thema rechte Szene. Wa.: „Ich sag mal so, ich war mit Sicherheit eher ein Mitläufer.“ Sicherlich habe sie auch mal Aufkleber geklebt, aber sie sei nie so involviert gewesen, dass sie gewusst habe, wo Veranstaltungen sind, sie habe nie Vorbereitungen diesbezüglich getroffen. Götzl: „Und in Bezug auf Herrn Wohlleben?“ Wa.: „Veranstaltungen meinen Sie? Es war nicht so, dass zu Hause großartig drüber gesprochen worden ist, wir machen das und das.“ Bei ihnen zu Hause sei keine „Konferenz“ gehalten worden, was am nächsten Tag los ist. Zu Zschäpes Situation könne sie sagen, dass sie bei Demonstrationen dabei war, aber nicht, ob sie organisatorische Sachen gemacht hat. Bei Böhnhardt und Mundlos sei das genauso. Auf Frage sagt Wa., sie selbst sei ein oder zwei Mal auf Demos gewesen.

Götzl fragt, ob ihr der THS etwas sage. Wa.: „Ist mir sicherlich bekannt. Ich habe das als Oberbegriff gesehen für eine Clique, auf einer freundschaftlichen Ebene.“ Götzl: „Oberbegriff wofür?“ Wa.: „Na, Clique.“ Auf Frage, wer in der Clique war, nennt sie André Kapke, Christian Ka., Holger, Volker He., Wohlleben. Bei Gelegenheit habe sie mal gesehen. Die seien aber nicht ständig „auf einem Haufen“ gewesen. Zu Tino Brandt sagt sie, der habe sehr oft einen großen Mund gehabt, habe immer alles wissen wollen, sich überall rein gehängt: „Ein kleiner, kompakter Kerl.“ Und bei der Demonstration sei er vorne mit dran gewesen. Diese Leute habe sie mal gesehen, es sei aber nicht ihr näherer Freundeskreis gewesen. Götzl möchte wissen, was Wa. mitbekommen habe, was die Einstellungen dieser Clique zu bestimmten politischen Fragen war. Wa. sagt, man habe viel gehört „Ausländer raus“ und „Arbeit den Deutschen“, das sei hauptsächlich gefallen. Dann sagt sie, die seien alle „rechts angehaucht“ gewesen. Götzl fragt, was der Unterschied zwischen „rechts angehaucht“ und „rechts“ sei. Wa. sagt, sie habe sich da keine Gedanken gemacht, sei da mitgelaufen und habe da Sachen gemacht, die sie jetzt nicht mehr machen würde. Sie habe nicht gewusst, was sie da macht. Klar hätten die gewusst, was sie machen, wenn sie Aufkleber an andere gegeben haben, die die verteilen sollten. Und dann habe es welche, wie sie selbst gegeben, die das dann gemacht hätten, aus Unwissenheit. Gewaltdiskussionen habe sie nicht mitbekommen, Gewaltanwendung auch nicht. Wenn sie mit denen unterwegs war, habe sie auch keine Waffen gesehen. Auch sonst habe sie keine Waffe gesehen, auch nicht in Zschäpes Wohnung.

Dann werden die bereits bekannten Polaroids aus Zschäpes Wohnung in der Schomerusstraße in Augenschein genommen. Wa. sagt, wenn sie das Bild so sehe, dann könne sie sich jetzt erinnern, dass es so aussah. Götzl fragt, warum Wa. bei der Situation in Erfurt nicht mit ihrem Freund Wohlleben zurück nach Jena gefahren sei, was ja naheliegend gewesen wäre. Das könne sie nicht genau beantworten. Götzl hakt nach und Wa. sagt, sie gehe davon aus, dass ihr das so mitgeteilt wurde. Dann beginnt Götzl mit Vorhalten aus Wa.s Vernehmung. Da stehe: „An dem Tag, an dem die drei verschwunden sind, kam gegen 10 Uhr der Uwe Böhnhardt in die ÜAG, an dem Tag hatte ich Schulunterricht, er forderte mich auf, mitzukommen, um ihm zu helfen“. Wa. sagt, sie habe der Polizei gesagt, dass der Uwe gesagt hat, sie solle mitkommen wegen Ralf. Aber sie habe den Text nicht geschrieben, sie habe ihn durchgelesen. Wa.: „Wie gesagt, wenn ich das so gesagt habe, dann können wir uns auf diese Aussage stützen.“ Götzl hält weiter vor, sinngemäß habe Böhnhardt gesagt, sie solle mitkommen, um zu helfen, nicht dass Ralf heute noch verhaftet wird. Dann verliest Götzl, als sie die Schule verlassen habe, habe vor der Schule der He. gestanden, mit dem sei sie dann in einem roten PKW nach Erfurt gefahren. Wa. sagt, sie habe über den Ablauf nachgedacht und sei der Meinung, dass He. mit in der Schule war. Götzl sagt, hier stehe, dass sie nicht mehr sagen könne, wem dieser PKW gehörte, heute habe sie von Mundlos gesprochen. Wa. sagt, die hätten ihr damals dann das Kennzeichen genannt: J-AH. Und sie hätten hundertmal explizit nach diesem Fahrzeug gefragt, sie könne das aber nicht zu hundert Prozent sagen: „Aber wenn man dann so mehr oder weniger in die Enge getrieben wird.“ Götzl fragt, was das bedeutet. Wa. sagt, der Wortwechsel stehe ja nicht drin, es stehe nur ihre Zeugenaussage drin. Götzl hält weiter vor, dass laut Protokoll vor der Berufsschule in Erfurt He. aus dem Auto gestiegen sei, heute habe sie gesagt, dass sie selbst Wohlleben getroffen habe. Wa.: „Das Gehirn macht ja auch Sachen, reimt sich zusammen, was nicht so war.“ Sie sagt, ihr sei es lieber, wenn konkrete Fragen gestellt würden. Im Moment fühle sie sich „in die Enge gedrängt“, dass sie etwas erzählen müsse, was sie aber nicht wirklich in Erinnerung habe.

Götzl sagt, hier stehe, dass nach kurzer Zeit He. wieder gekommen sei und gesagt habe, dass er den Ralf nicht angetroffen hat. Wa. sagt, sie habe ihre Akten nicht vorher durchlesen und anschauen können. Es sei ein „immenser Druck“ hier zu sitzen und sich an die Wortwahl genau zu erinnern. Götzl: „Wir sind weit davon entfernt, jede Wortwahl abzufragen.“ Hier stehe jetzt etwas anderes, als Wa. hier gesagt habe. Nach einigem Hin und Her sagt Wa., sie wolle sich auf ihre Aussage 2011 bei der Polizei stützen. Götzl möchte wissen, warum. Wa.: „Weil sie mich jetzt so verunsichert haben.“ Sie wisse nicht, ob sie Ralf gesprochen habe. Dieser ganze Tag sei „nur ein Bruchstück von dem Film“, das sei zu lange her. Bei der Polizei sei ein ruhigeres Klima gewesen, man sei nicht so eingeengt worden, „das war vom Kopf her reiner“, man habe das besser wiedergeben können. Wa. bittet darum, einen Schluck Wasser trinken zu können. Es folgt eine Unterbrechung bis 14.50 Uhr.

Auf Nachfrage sagt Wa., im Moment sei es recht schwierig, sie sei der Meinung, sie sei nach Erfurt gefahren, könne sich aber nicht genau erinnern, ob sie mit Ralf gesprochen hat. Götzl fragt, wann Wa. denn wieder in ihrer Wohnung gewesen sei. Wa.: „Erst abends.“ Wieviel Zeit verging, bis Wohlleben kam, wisse sie nicht. Hier stehe, so Götzl, dass sie zurück nach Jena gefahren seien und sich in die Wohnung von Ralf und ihr begeben hätten. Wa. sagt, da könne sie sich nicht dran erinnern. Sie sei in Erfurt gewesen und in der Wohnung Mundlos, aber was dazwischen war, wisse sie nicht. Götzl sagt, man frage sich, wie es zu den unterschiedlichen Aussagen hier und bei der Polizei kommt. Sie habe Probleme mit der Erinnerung, so Wa. Die Situation hier sei eine andere, als bei der Polizei. Sie könne nicht genau sagen, ob sie erst in die Wohnung gefahren sind oder erst zu Mundlos. Götzl fragt, warum sie das damals so gesagt habe. Wa.: „Weil ich mir damals wahrscheinlich sicher war.“ Götzl fragt, was man jetzt mit den Angaben hier mache, dass sie erst abends zurück nach Hause gekommen sei. Wa. sagt, wenn sie wüsste, wie es abgelaufen ist, würde sie es sagen: „Sie merken doch, dass ich es nicht kann.“ Sie habe nie einen Bezug dazu gehabt im Nachgang, das sei so viele Jahre her. Götzl sagt, im Protokoll stehe, dass sie bemerkt habe, dass das Auto von Ralf vor der Wohnung stand, und sie in der Wohnung Ralf auch angetroffen hätten. Wa.: „Ich nehme an, dass ich das mit der Polizei so erarbeitet habe.“ Die hätten ihr vielleicht konkretere Fragen gestellt. Götzl sagt, es gehe darum, dass sie wahrheitsgemäß aussagen solle. Wa. sagt, Götzl verstehe sie nicht oder wolle sie nicht verstehen, dass das eine ganz andere Situation ist. Sie habe auch bei der Polizei gesagt, sie könne sich nicht genau dran erinnern. Die Zeugenaussagen würden zusammengefasst, maschinell geschrieben und fertig. Das werde in Kurzform geschrieben. Deswegen sei aber weder diese Zeugenaussage gelogen noch die andere.

Götzl fragt, ob an diesem Tag zu irgendeinem Zeitpunkt das Auto vor dem Haus stand. Sie könne es nicht genau sagen, so Wa. Weiter hält Götzl vor, dass sie Ralf angetroffen hätten, der sei gleich gegangen und habe ihr gesagt, dass er noch einige Sachen zu erledigen hat. Als er in den späten Abendstunden gekommen sei, habe sie ihn angesprochen, was die Aktion sollte. Er habe gesagt, die drei hätten verschwinden müssen, sie solle sich keine Sorgen um ihn machen. Wa.: „Kann sein, das das so war, aber ich kann das jetzt nicht so genau wiedergeben.“ Wa. sagt, Götzl habe das ja schon gewusst heute früh und hätte ja die Fragen so stellen können, dass es für sie einfacher ist. Götzl: „Einfacher wofür?“ Wa.: „Für meine Erinnerung.“ Sie rede im Moment nur um den heißen Brei und müsse sich dann auf die polizeiliche Aussage stützen „und dann ist gut“. Götzl fragt, wie sich Wa. das eigentlich vorstelle, er wolle wissen, was sie in Erinnerung hat. Wa. erwidert, sie habe nicht gelogen, wie Götzl ihr durch die Blume sage. Götzl fragt, warum er sich auf die polizeiliche Aussage stützen solle. Wa.: „Ja, soll ich mich jetzt auch noch rüber setzen, ist es jetzt das?“ [meint: zu den Angeklagten] Götzl: „Jetzt halten Sie sich mal ein bisschen zurück, ich muss das hier aufklären und den Ton verbitte ich mir.“ Er fragt, was Wa. damit sagen wolle. Wa. sagt, die Polizei habe gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen, wegen 1998 komme nichts mehr auf sie zu. Jeder Polizeibeamte dürfe sich vorher seine Zeugenaussage durchlesen, jeder normale Zeuge nicht. Die hätten die Möglichkeit, ihre Erinnerung aufzufrischen, sie nicht. Götzl lacht und sagt: „Das sind die Einwürfe, die dann von Herrn Stahl kommen.“

Stahl bittet darum, die Zeugin raus zu schicken, er wolle einen Vorhalt beanstanden. Stahl sagt, die Zeugin habe sinngemäß gesagt, was im Vorhalt steht: „er sagte zu mir sinngemäß, die drei mussten verschwinden, ich muss mir keine Sorge machen“. Götzl widerspricht, der Vorhalt sei nicht falsch. Bundesanwalt Diemer sagt, das sei ein völlig legaler Vorhalt zu einer Aussage, die damals so und heute nicht so gemacht wurde. Wohllebens Verteidigerin RAin Schneiders springt Stahl bei. Nebenklagevertreterin RAin Lunnebach sagt, die Zeugin habe heute morgen gerade nicht gesagt: „die drei mussten verschwinden“. RAin Link sagt, sie wolle noch einmal auf die Aussage von Wa. hinweisen, dass sie bei der Polizei sicher gewesen sei, sonst hätte sie die Aussage nicht getroffen. Die Zeugin kommt wieder in den Saal. Götzl fragt Wa. zu der besagten Formulierung im Protokoll. Sie sagt, davon gehe sie aus, es sei eine entspanntere Situation gewesen bei der Polizei, da habe sie auch ganz ruhig reden können. Götzl sagt, im Anschluss finde sich im Protokoll: „Der Ralf wollte auch nicht, dass ich weiter über die Sache spreche.“ Wa. sagt, das sei ja gut möglich, das sei „sinnbildlich“ das, was sie gesagt habe, dass sie da nicht drüber gesprochen haben. Götzl macht den Vorhalt, dass Wa. glaube sich zu erinnern, die Schlüssel beider Wohnungen weggeworfen zu habe, was sie auch habe machen sollen. Wa. sagt, das sei keine hundertprozentige Erinnerung. Götzl sagt, im Protokoll stehe, dass sie mehrfach Geld vom VS bekommen habe, damit sie sich kundig mache, wo die sich aufhalten. Wa. sagt, sie könne sich an zweimal erinnern. Sie habe das Geld genommen, sich aber nicht darum bemüht, herauszufinden, wo die sich aufhalten. Götzl fragt, ob das Thema „Karte“ beim VS angesprochen wurde, was Wa. verneint. Götzl fragt, ob das mal im Zusammenhang mit Vater Mundlos so war. Der habe, so Wa., das bei seiner Vernehmung im Thüringer UA angesprochen und gesagt, dass die sich an sie, Wa., wenden sollen. Da sei viel durch Herrn Mundlos ins Rollen gekommen.

Zu Holger G. sagt Wa., den kenne sie, sie hätten den einmal in Hannover besucht. Der habe ja früher in Jena gewohnt und sei manchmal bei ihnen gewesen. Der sei eine ruhige Person. Sie meine, er sei ein Freund von Wohlleben und auch von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gewesen. Götzl fragt nach den engsten Freunden von Wohlleben. Das sei schwierig zu sagen, ihr Umfeld sei relativ groß gewesen und sie könne nicht sagen, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe explizit seine engen Freunde waren. Sie hätten auch andere Freunde gehabt, normale Leute ohne rechte Meinung: „Es war immer abwechslungsreich.“ Götzl fragt, wer in der Zeit, als Wa. die Lebensgefährtin war, zum engsten Freundeskreis zählte. Es sei ein ständiger Wechsel gewesen, es sei auch mal eine Anke He. bei ihnen gewesen, Sindy He., , ganz normale Freunde. Kapke sei natürlich auch bei ihnen im Freundeskreis gewesen. Auf die Frage, ob ihr ein „Pogromly“-Spiel etwas sage, antwortet Wa., das kenne sie aus der Presse. Und sie hätten auch drei oder vier Spiele unten im Keller gehabt. Auf Frage sagt sie, sie hätten das auch einmal gespielt, da seien u.a. sie selbst, Beate, die beiden Uwes und Ralf dabei gewesen. Ob der André dabei war, könne sie nicht sagen. Sie denke, dass das so 1997/98 war. Von einem Verkauf des Spiels sei in ihrer Gegenwart nicht die Rede gewesen. Auf Frage nach der Herkunft des Spiels sagt Wa., das sei einfach da gewesen, sie habe auch nicht nachgefragt, wer es hergestellt hat. Götzl sagt, in der polizeilichen Vernehmung habe Wa. gesagt, sie kenne das Spiel nur aus den Medien. Wa. sagt, sie habe ja ein bisschen Zeit gehabt, darüber nachzudenken, es sei definitiv so gewesen, dass sie das einmal gespielt haben. Götzl fragt, ob die Vorwürfe, die den drei Untergetauchten gemacht wurden, danach mal im Bekannten- und Freundeskreis Gesprächsthema waren. In ihrem Umfeld sei da nicht drüber gesprochen worden. Auf Frage von Bundesanwalt Diemer bestätigt Wa., dass sie kein so intensives Verhältnis zu den dreien gehabt habe, wie Ralf. Ralf sei ja abends mit denen auch in Gaststätten gewesen.

OSta Weingarten bittet darum, der Zeugin etwas vorzeigen zu dürfen. Es geht um ein Vermerk des Thüringer Verfassungsschutzes, auf dem ein roter Stempel „Quellenschutz“, die Eintragung „VS – Vertraulich“ und „Fall Drilling“ zu sehen sind. An dem Dokument ist ein Zettel mit handschriftlichen Eintragungen zu sehen. Dazu sagt Wa., das könne ihre Schrift sein. Weingarten sagt, da stehe, man habe sich mit einem Gelegenheitsinformanten getroffen, der den anliegenden Notizzettel übergeben habe. Wa. verneint, sich zu erinnern, den Herren vom VS einen Zettel übergeben zu haben. Weingarten sagt, der Vermerk enthalte Angaben u.a. zu Jürgen He. und fragt, was Wa. zu dem sagen könne. Das sei „normal unser Freundeskreis“ gewesen, so Wa. Der sei immer mit seiner Frau und seiner Schwester unterwegs gewesen, das seien die normalen Freunde gewesen, die sie hatten. Sie wisse, dass Conny Ko. und Jürgen He. bei ihnen zu Hause gewesen seien. Weingarten sagt, laut dem Vermerk habe die Quelle, die den Zettel übergeben habe, gesagt, Wohlleben verleihe den Peugeot an einen Freund namens [Jürgen] He., mit dem er gemeinsam eine Zeit im Kinderheim verbracht habe. Da sei sie jetzt „geplättet“, so Wa., sie habe keine Erinnerung. Weingarten sagt, der Gelegenheitsinformant habe sich laut Vermerk bereits im August 1998 mit dem VS getroffen. Wa. habe hier das erste Treffen auf September datiert. Wa. sagt, wenn es ein Treffen davor gab, dann könne sie sich nicht dran erinnern. Weingarten sagt, die Quelle habe nach Aktenlage geschrieben, die Führerrolle Kapkes werde von Wohlleben bedingungslos anerkannt. Daran habe sie keine Erinnerung, so Wa. Dann geht es um einen VS-Vermerk, demzufolge eine nicht namentlich benannte Person berichtet habe, sie sei am Sonntag zu Wohlleben gefahren, dieser habe noch geschlafen, eigentlich habe er die Spiele abholen sollen. Daraufhin sei die Person mit Jule los gefahren, zuerst in die Katharinenstraße 12. Wa. sagt, das müsse die Wohnung von Jürgen He. sein. Weingarten hält weiter vor, sie seien dann in den Fuchssteinweg 18 gefahren. Weingarten hält vor, der „unbekannte Verfasser“ habe geschrieben, dass er und Jule zu einem gewissen Jürgen He. gewollt hätten, wo die Spiele gelagert sein sollten. Da komme keine Erinnerung, so Wa. Sie sei mit dem Ralf bei Jürgen gewesen, ansonsten wisse sie nicht, mit welcher Person sie dahin gefahren sein soll. Es folgt eine Pause bis 16.10 Uhr.

Dann fragt Weingarten, woher Wa. eigentlich wisse, wie sich Polizeibeamte auf Zeugenaussagen vorbereiten. Das habe sie aus der Presse. Nebenklagevertreterin RAin Lex fragt, wie sich die Zeugin auf die heutige Einvernahme vorbereitet habe. Wa. sagt, sie sei so aufgeregt gewesen, dass sie keinen klaren Gedanken habe fassen können. Sie habe immer mal nachgelesen im Internet, wie der aktuelle Stand ist, habe sich aber nie irgendwelche Aussagen durchgelesen. Lex fragt, ob ihr die letzte Polizeivernehmung, von der sie eben gesprochen habe, vorliege. Wa. sagt, sie habe die nicht schriftlich, sie habe lange bei der Polizei gesessen und daher sei ihr das in Erinnerung geblieben. Sie habe auch wegen des Untersuchungsausschusses viel im Internet gelesen, und da stehe häufiger drin, dass Herr Mundlos ihren Namen genannt habe. Sie habe sich nicht mit einem Anwalt beraten. Sie verneint auch, dass ein Verteidiger oder eine Verteidigerin mal Kontakt mit ihr aufgenommen habe. Auf Frage sagt Wa., sie habe einmal über soziale Netzwerke mit Kapke geschrieben, weil sie habe wissen wollen, was auf sie zukommt. Das sei vor der polizeilichen Vernehmung gewesen. Sie habe keine Erinnerung, dass Wohlleben 1998 mal einen Kredit aufgenommen habe. Sie hätten damals nicht viel zur Verfügung gehabt, aber sie hätten nicht über einen Kredit gesprochen. Lex hält einen Vermerk vor, dass, so ein Hinweis des Thüringer VS, Kapke sich geäußert habe, dass Wohlleben und zwei andere Kameraden Kredite aufgenommen hätten, um die drei zu unterstützen. Wa. verneint, davon etwas zu wissen. Lex sagt, es gebe in den Akten eine Aufstellung über Wa.s Konten. Das seien viele Konten bei verschiedenen Banken insbesondere ab 2008, warum?. Wa. möchte nicht antworten, das sei privat. Lex sagt, sie wolle die Frage beantwortet haben, es gehe um Kontakte zum VS. Es sei unklar, wie lange die bestanden, und ob es noch Zahlungen von Wohlleben gegeben habe. Klemke beanstandet die Frage, doch Götzl lässt die Frage nach Konkretisierung von Lex zu. Wa. sagt, sie habe kein Geld vom VS erhalten, und es habe auch keine finanziellen Transaktionen mit Wohlleben gegeben.

Zum Thema Autofahrt und „Pogromly“-Spiele fragt Lex, ob sich Wa. erinnere, mal eine Fahrt gemacht zu haben mit Tino Brandt. Das verneint Wa. Auch nachdem Lex die Adresse „Fuchssteinweg“ in „Fuchsturmweg“ korrigiert, sagt die Zeugin, sie könne sich nicht erinnern, mit Brandt in der Gegend unterwegs gewesen zu sein. Lex fragt, ob Conny Ko. mal Autoreparaturen gemacht habe. Das wüsste sie nicht, sie wisse auch nicht, ob der mal privat Autos repariert hat, evtl. das von Wohlleben. Lex hält vor, dass Wa. laut Akten wiederholt in Begleitung der Zielpersonen Kapke, Wohlleben und Ko. festgestellt worden sei. Das Verhalten lasse darauf schließen, dass sie versuchten einer Observation zu entgehen. Daran könne sie sich nicht erinnern, so Wa. Sie verneint auch, dass darüber gesprochen worden sei, dass man sich verfolgt fühlt. Lex hält aus dem Schäfer-Bericht vor, dass Wohlleben und Wa. am 2.6.1998 in ihrer gemeinsamen Wohnung aufgesucht worden seien und beide sich nicht zum Aufenthaltsort der drei geäußert und keine Auskünfte zur Szene gemacht hätten. Wa. verneint die Frage, ob ihr so ein Besuch in Erinnerung sei. Lex bittet Wa. sich anzustrengen. Wa. sagt: „Wenn ich eine Viertelstunde in mich gehe, muss ich ihnen die selbe Antwort wieder geben. Damit müssen sie sich jetzt leider zufrieden geben.“ Dann hält Lex vor, das es laut der Aussage des LKA-Mitarbeiters Wunderlich im Thüringer Untersuchungsausschuss ein „legendiertes Gespräch“ mit Wa. gegeben habe, wo Wa. nicht gewusst habe, dass Wunderlich Polizist ist. Die Ansprache habe es in Jena gegeben. Bei einem Vorgespräch habe Wunderlich gesagt, dass er Polizeibeamter ist. Da habe Wunderlich einen Vertreter des Thüringer VS dabei gehabt. Wa. sagt, sie könne sich an ein Vorgespräch nicht erinnern, nur an die zwei Treffen. Lex sagt, so wie Wa. es schildere, seien die Treffen mit dem VS in 30 Sekunden vorbei gewesen. Sie fordert Wa. auf zu sagen, wer gesprochen habe, ob einer der beiden Männer die Gesprächsleitung gehabt habe. Wa. sagt, sie könne nur wiederholen, dass sie die Gespräche nicht mehr mitteilen könne. Lex sagt, sie wolle Wa. etwas vorhalten. Wa sagt: „Ich möchte nicht, dass sie mir was vorhalten.“ Götzl klärt Wa. auf, dass „vorhalten“ ein technischer Begriff ist, das habe nichts mit Vorwürfen zu tun. Lex hält vor, dass Wunderlich davon gesprochen habe, dass 200 DM gezahlt worden seien. Wa. sagt, sie bleibe bei den 100 Mark. Lex fragt, ob für Wa. die Größenordnung nicht so relevant gewesen sei. Wa.: „Ich würde mich freuen wenn sie nur kurz lesen, was ich gesagt habe, ich habe gesagt, ich habe nicht viel verdient und man war froh über jede Mark.“ Wa. sagt auf Frage, sie könne sich an keine Quittung erinnern. Auf Frage sagt Wa., sie verbinde keine Person mit dem Namen Wunderlich. Lex: „Aber es waren immer zwei Personen?“ Wa.: „Ja, aber ob es immer dieselben waren, kann ich nicht wiedergeben.“ Dann hält Lex aus der Vernehmung von Norbert Wießner vor dem Thüringer Untersuchungsausschuss vor, dass der von fünf, sechs Treffen mit Wa. gesprochen habe. Wa. sagt, sie bleibe bei den zwei Treffen, an weitere könne sie sich nicht erinnern.

RA Prosotowitz fragt, ob Wa. dem Ralf denn geholfen habe, dadurch dass sie mitgefahren sei. Wa. sagt, sie habe nur wegen der Wohnung helfen können, ansonsten nicht wirklich. Prosotowitz sagt, sie habe ja erst abends erfahren, dass die drei verschwinden mussten und fragt, warum sie eigentlich zu Zschäpe gefahren sei, um Kleider zu holen, bevor sie das gewusst habe. Wa. sagt, zum damaligen Zeitpunkt habe sie das gemacht. Prosotowitz sagt, im Vernehmungsprotokoll stehe, dass sie Wohlleben später nochmal angesprochen habe, ob er wisse, wie es ihnen geht. Wa. sagt, das habe mit dem VS nichts zu tun gehabt, da habe sie einfach so nachgefragt. Und 2007 sei ja auch die Information gekommen, dass die wieder nach Jena kommen könnten. Auf Nachfrage sagt Wa., diese Information habe sie aus der Presse. Prosotowitz fragt, ob Wa. wisse, wo sie das gelesen hat. Wa. sagt, sie lese viel im Internet, aber sie wisse nicht mehr, welche Seite das war. Prosotowitz sagt, heute habe Wa. davon gesprochen, dass sie an die Begegnung mit Frau Mundlos keine Erinnerung habe, was Wa. bestätigt. Bei der Polizei habe sie aber angegeben, dass sie das nie gemacht habe, sagt Prosotowitz und fragt, was jetzt richtig ist. Wa.: „Nehmen Sie mir es nicht übel, aber sie legen sich die Worte, wie sie es brauchen.“ Prosotowitz wiederholt die Frage. Wa.: „Was soll ich sagen?“ Prosotowitz: „Was die Wahrheit ist.“ Weil Klemke die Frage beanstandet, muss die Zeugin den Saal verlassen, Götzl lässt die Frage jedoch zu und die Zeugin kommt wieder in den Saal. Wa. sagt, sie bleibe dabei, dass sie sich nicht erinnern könne. Prosotowitz hält vor, dass Wa. bei der Polizei angegeben habe, sie habe sich von Wohlleben getrennt. Wa.: „Ich habe heute gesagt, der Ralf hat sich von mir getrennt und dabei bleibe ich. Prosotowitz fragt, ob Wa. dann bei der Polizei falsch ausgesagt hat. Wa.: „Ich denke, das sind Sachen, die einfach nichts zur Sache tun.“ Sie habe eine gewisse Zeit gehabt, sich Gedanken zu machen. Götzl sagt, das obliege nicht Wa.s Bewertung, ob das zur Sache gehört.

RAin Wierig sagt, sie habe die Beobachtung gemacht, dass Wa. ihr Gesicht hier verstecke und eben habe sie davon gesprochen, dass die Polizei gesagt habe, sie solle auf sich aufpassen. Wa. sagt, sie werde in Jena an den Pranger gestellt, mitten in der Stadt würden Bilder von ihr ausgehangen. Sie sei zur Polizei gegangen und habe gefragt, was man da machen kann, die hätten gesagt, man könne nicht helfen. Sie passe auf, ihr Gesicht nicht zu zeigen, weil sie auch Familie habe. Wierig fragt, ob ihr das Interesse lästig sei oder sie aus irgendeinem Grund Repressalien fürchten müsse. Wa. sagt, sie habe keinen Grund, die Presse zu fürchten, es gehe ihr um sich und ihre Familie. Wierig fragt, ob sie Befürchtungen habe, dass, wenn sie hier eine Aussage mache, aus Richtung früherer Freunde jemand sauer auf sie sein könnte. Wa. sagt, die Befürchtung habe sie weniger, ihr gehe es eher „um die andere Seite“, um „Linksorientierte, die bei uns in Jena groß ansässig sind“. Aus dem früheren Freundeskreis habe sie, denke sie, nichts zu befürchten. Wierig sagt, bei den 30, 40 Minuten Fahrt nach Erfurt, wo Wa. von nichts gewusst habe und sich Sorgen gemacht habe, da frage sie also nicht nach. Wa. schweigt und sagt dann, sie habe bzgl. des Tages keine weiteren Erinnerungen und werde auch bei weiteren Fragen keinen Aha-Effekt haben. Wierig sagt, Wa. habe eben gesagt, sie sei einmal bei Zschäpe in der Wohnung gewesen und dann habe der Vorsitzende ihr ein Foto gezeigt und sie habe das sofort als die Wohnung wieder erkannt. Wa.: „Nicht sofort, mir waren gewisse Sachen bekannt.“ Als der Richter sie nach Waffen gefragt habe, habe sie sich ohne Bild auch nicht erinnern können. Sie könne viel mit Bildern arbeiten. Nachdem Wa. sagt, sie könne sich auch an Dinge von vor drei Wochen nicht genau erinnern und das sei 1998 gewesen, sagt Wierig, sie sei älter als Wa. und habe mal im ungefähr selben Alter einen Anruf bekommen, dass ihr Freund einen Autounfall hatte und sie habe noch jedes Detail in Erinnerung. Wa.: „Das ist eine Auslegungssache und ich denke, wir sollten das dann bei dieser Aussage belassen.“ Wierig sagt, das entscheide der Vorsitzende. Dann sagt sie, Wa. erinnere einige Dinge genau, andere gar nicht, es passe alles nicht so recht. Sie, Wierig, habe versucht, sich das mit Angst zu erklären, aber die habe Wa. auch nicht: „Ob es dabei letztendlich belassen bleibt, ist eine andere Frage, aber das entscheide nicht ich.“

Aus der Nebenklage wird Wa. gefragt ob sie Kenntnis über die Gründe habe, weshalb ausgerechnet sie die Wohnung habe aufsuchen sollen, was Wa. verneint. RA Scharmer fragt, ob 1997-99 in ihrem Freundeskreis mal Überwachung, Observation, Verfolgung Gesprächsthema gewesen sei. Wa. sagt, sie habe diesbezüglich nichts mitbekommen. Bei der Sonnwendfeier sei Polizei bei der Kontrolle präsent gewesen, aber sie persönlich habe sich nicht verfolgt gefühlt, da sei auch nicht über das Thema gesprochen worden. Sie verneint, das eine solche Kontrolle für sie alltäglich war. Scharmer: „Und dann wird danach nicht ein Wort gesprochen?“ Wa.: „Wenn sie auf einer Kontrolle verharren wollen, bitte. Ich denke wir sind hier in einem Prozess, wo wir was lösen sollen, sie stellen hier Fragen.“ Scharmer sagt, sie solle hier ihre Erinnerung schildern. Wa. fragt, ob sie jetzt sagen solle, die Polizei ist böse. Scharmer wiederholt, dass es um ihre Erinnerung gehe. Wa. sagt, sie wisse nicht was genau gesprochen worden ist. Götzl ermahnt Wa., es sei besser, wenn sie die Frage beantworte und nicht mit dem Fragenden diskutiere. Die Frage Scharmers, ob mal allgemein über das Thema VS gesprochen worden sei, verneint Wa. deswegen habe sie die Verfassungsschützer auch nicht zuordnen können. Dann fragt Scharmer nach Inhalten des „Pogromly“-Spiels. Das sei eine Abwandlung von dem eigentlichen Monopoly, so Wa., die vier Bahnhöfe seien Auschwitz, Buchenwald, „keine Ahnung“ gewesen und dann habe es noch etwas gegeben, dass „der Jude in den Knast“ gehen solle. Scharmer fragt, ob Wa. Auschwitz mit Knast verbinde. Wa.: „Naja, Konzentrationslager.“ Da gebe es einen Unterschied, bestätigt Wa. Scharmer fragt, ob darüber gesprochen wurde, was Wa. verneint. Scharmer sagt, Wa. spiele ein Spiel, wo die Bahnhöfe nach Konzentrationslagern benannt seien, und dann rede man da nicht drüber. Wa. sagt, sie sage es „gerne nochmal“, sie sei jung gewesen und habe das mitgemacht und nicht hinterfragt, „und ich denke, damit ist ihre Frage beantwortet.“ Scharmer sagt, man könne ja auch über etwas sprechen, ohne es zu hinterfragen. Wa. sagt, sie könne keine Aussage treffen, was genau gesprochen worden sei. Scharmer sagt, eben habe Wa. gesagt, da sei nicht gesprochen worden. Wa. „Ich weiß es nicht.“ Die Zeugin geht raus. Dann fragt Götzl die Anzahl der ausstehenden Fragen ab. Es folgt eine Unterbrechung bis 17.27 Uhr nach der Götzl verkündet, dass die Zeugin hier bleibt und man morgen fortsetzen könne. Die Zeugin weint und sagt, sie sei geschafft und es sei ihr lieber, das so zu machen.

Der Verhandlungstag endet um 17.35.

Der Weblog NSU-Nebenklage kommentiert:
„Die Befragung war noch zäher als die der meisten Zeugen aus der rechten Szene. Die Zeugin behauptete, sich an praktisch nichts mehr erinnern zu können. Der Vorsitzende Richter Götzl machte ihr mehr als deutlich, dass er ihr diese Erinnerungslücken nicht abkauft, zumal Walther bei der Polizei vor zwei Jahren noch umfangreiche Angaben gemacht hatte. … Aus Sicht der Nebenklage ist es begrüßenswert, dass das Gericht den ZeugInnen aus der rechten Szene Jenas ihre „Erinnerungslücken“ nicht weiter abkauft.“

    » «