Protokoll 116. Verhandlungstag – 28. Mai 2014

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Am heutigen Verhandlungstag sage zunächst eine Bankangestellte aus, wie sie den Überfall am 4.11.2011 in Eisenach erlebte. Anschließend ging es um SMS des Angeklagten André E. und seiner Frau Susann E. Auffällig ist, dass beide SMS und Anruflisten nach dem 4.11. gelöscht haben, was auch nur bruchstückhaft rekonstruiert werden konnte. Aus den vorhandenen Daten gehen verschiedene Kontake zu Anschlüssen hervor, die das Trio nutze.

Zeug_innen:

  • Antje Ta. (Banküberfall am 4.11.2011 in Eisenach)
  • Udo Ja. (KHK, Auswertungen von Handydaten André und Susann E.)
  • Jörg He. (KHK, LKA Hamburg, ehem. BAO Trio, Auswertung Handydaten André E.)
  • Guido Sch. (KHK, BKA, Auswertung Handydaten André E.)
  • René Ho. (sachverständiger Zeuge, techn. Angestellter beim BKA, Untersuchung Handy André E.)

Der Verhandlungstag beginnt um 9.47 Uhr. Erste Zeugin ist Antje Ta. Sie berichtet, sie habe mit dem Rücken zum Schalterraum gestanden und etwas aus dem Schrank holen wollen. Als sie sich umgedreht habe, seien zwei Personen da gewesen. Im ersten Moment habe sie gedacht, ob denn Fasching sei, dann habe sie realisiert, dass das kein Witz ist. Einer sei zu ihr hinter den Schalter gekommen und habe gesagt, sie solle keine „Sperenzchen“ machen. Dann habe er gesagt, dass das zu wenig Geld ist, dann seien sie in die Notkasse gegangen, wo sich ihre Kollegin eingeschlossen habe. Ihr Chef habe gesagt, sie solle die Tür aufmachen. Da seien so 5- bis 10.000 Euro gewesen. Ein bisschen was sei runter gefallen, das hätten sie aufgehoben. Der Bankräuber habe gesagt, dass das zu wenig sei und der Chef habe gesagt, dass es nicht mehr gibt. Da habe der Täter gesagt: „Das ist eine Lüge.“ Er habe mit der Waffe dem Kollegen auf den Kopf geschlagen. Sie habe gesagt, dass jetzt Schluss ist, sie seien in den Tresorraum gegangen, hätten ihm die Schränke gezeigt, dass da nicht noch mehr ist, und hätten ihm alles mitgegeben. Er habe gesagt, da muss doch noch was sein, aber sie hätten nicht mehr gehabt. Er habe gesagt, dass sie nicht die Polizei rufen solle und sei dann weggegangen. Sie hätten erst mal gewartet, dann den Alarmknopf gedrückt und nach ein paar Minuten seien sie hochgegangen.

Sie sei einfach nur geschockt gewesen, habe das unfassbar gefunden und nicht glauben können, was da passiert ist. Auf Frage sagt sie, das sei ihr alles wie ewig vorgekommen, aber sie wisse, dass es nur knapp zehn Minuten war. Ihr erster Gedanke sei gewesen: „Die müssen wieder raus, das muss so schnell wie möglich zu Ende sein, alles geben, nichts zurückhalten.“ Sie hätten ein paar Wochen vorher, als eine Überfallmeldung gekommen sei, gesagt, dass ihnen das nicht passieren könne, hier sei so eine belebte Gegend.

Auf Frage sagt Ta., sie habe psychologische Betreuung gehabt für eineinhalb Jahre. Das Leben habe sich schon verändert, das stecke man nicht einfach so weg. Ihre Kollegen seien ein halbes Jahr später gegangen. Es sei eine große Hilfe gewesen, dass sie das zusammen verarbeiten konnten. Sie habe ihre Arbeitszeit reduziert und werde sie weiter reduzieren. Sie sei jetzt wieder in einer Filiale, die Hauptbargeldzentrum sei, das koste manchmal schon Überwindung. Über die Folgen für die Kollegen sagt Ta., ihr damaliger Filialleiter habe seine eigene Art damit umzugehen, was ihr sehr geholfen habe, weil das auf sie abgefärbt habe. Der sehe das sehr cool und das helfe ihm wohl auch. Der Kollegin gehe auch jetzt nicht sehr gut, es sei traurig, das zu sehen.

Götzl möchte wissen, wieviel Geld übergeben wurde. Ta. sagt, es seien ungefähr 72.000 gewesen, ein bisschen weniger. Das Geld, das zu Boden gefallen sei, hätten sie aufgesammelt in den Beutel, der mitgebracht worden sei. Sie könne den nicht näher beschreiben, das sei alles so schnell gegangen und gelöscht worden. Sie seien ja auch geschult für einen Überfall,  aber sie habe sich das nicht einprägen können, sie habe die Leute nur loswerden wollen. Götzl fragt, wer den Schlüssel zum Tresorraum hatte. Ta. sagt, der habe in der Schublade am Tresen gelegen. Auf die Frage, was sie von dem zweiten Täter mitbekommen habe, sagt Ta., sie hätten im Nachhinein erfahren, dass zwei Geiseln genommen wurden, das habe sie gar nicht wahrgenommen. Der zweite sei jedenfalls oben gewesen. Sie wisse nicht, was der gemacht hat. Götzl fragt, wieviele Personen in der Bank gewesen. Als die rein gekommen seien, habe sich keiner im Schalterbereich aufgehalten, so Ta., zwei seien mit hereingenommen worden. Eine Kollegin, ihr Chef und sie selbst seien da gewesen. Eine weitere Kollegin sei noch oben gewesen, die habe aber die Tür verschlossen. Auf Frage sagt Ta., an Scheinen sei alles mitgenommen worden, an Münzgeld nichts.

Zur Beschreibung der Täter sagt sie, die seien maskiert gewesen, hätten ziemlich dunkle Sachen getragen, Jacke, Hose, Handschuhe. Die seien größer gewesen als sie, sei sei 163 cm. Sie habe nach dem Überfall die Möglichkeit bekommen, dieses Überwachungsvideo anzusehen. Ch. und We. (siehe 113. Verhandlungstag) hätten das gemacht, sie selbst nicht. Die Waffe sei silbern gewesen, sei sei sofort der Überzeugung gewesen, dass das echt war, könne aber nicht sagen, was für ein Typ. Sie verneint, etwas zur Größe der Waffe sagen zu können. Sie könne nur etwas zu dem sagen, der sie bedroht habe, so Ta. Götzl fragt zur Sprache der Täter und Ta. sagt, ein Dialekt sei ihr nicht aufgefallen. Götzl fragt, ob beide gesprochen haben. Ta. antwortet, sie habe sich sehr konzentriert auf den Mann, der auf sie zugekommen sei. Es sei ein Durcheinander gewesen, viele hätten gerufen, sie könne es nicht sagen.

Götzl hält aus Ta.s Vernehmung vor, sie habe im Schalterraum zwei männliche Personen gesehen, wovon eine gesagt habe: „Halt die anderen in Schach“. Die Frage, ob sie eine Erinnerung habe, verneint Ta. Götzl macht den Vorhalt, dass Ta. in der Vernehmung die zwei Täter unterschieden habe als Täter mit und Täter ohne Waffe. Der Täter mit der Waffe habe zu dem einen Kunden oder Kundin gesagt, dass dieser sich hinknien oder hinlegen solle. Ta. sagt, sie könne auch als sie in den Tresorraum gegangen seien, nicht mehr sagen, ob noch jemand da war. Götzl verliest, der andere Kunde sei laut Ta. irgendwo im Raum vor dem Bedienschalter gewesen, wo genau, wisse sie nicht, der Täter ohne Waffe sei im Kundenbereich geblieben, ob dieser eine Waffe in der Hand hatte, könne sie nicht sagen. Götzl fragt, wie der unmittelbar mit Ta. befasste Täter die Waffe gehalten hat und in welcher Hand. Ta. zeigt offenbar etwas und sagt dann: „Ich habe die genau hier gehabt.“ Sie bejaht, dass er sie mit der Waffe berührt habe. Götzl verliest: Ta. habe dann Stimmen aus dem Raum des Filialleiters gehört, worauf der Täter gesagt habe, sie solle mitkommen. Sie sei dann ins Büro gegangen, der Täter sei hinterher gekommen, er habe sie nicht berührt, er habe die Waffe die ganze Zeit in der Hand gehalten. Ta. sagt, nicht während des Weges, sondern in der Notkasse, die sei klein, wenn da vier Leute drin stehen.

Götzl sagt, dann gehe es im Protokoll um das Geld der Notkasse, es sei nicht mit einer Banderole versehenes Geld gewesen, sie habe das Geldbündel übergeben und dabei einen ganzen Haufen 5-Euro-Scheine verloren. Daraufhin habe der Täter Frau We. aufgefordert das Geld aufzuheben und Ta. habe We. dabei unterstützt. Götzl fragt, wo der Schlag We. getroffen habe. Ta. sagt, das sei oberhalb vom Ohr auf die Brille gewesen. Ihr Chef sei sofort zu Boden gegangen, das habe angefangen zu bluten und da habe sei gesagt: „Schluss, jetzt reichts.“ Auf die Frage, ob der Filialleiter noch ansprechbar war, sagt Ta., sie seien sofort weggegangen und die Tür sei dann zugefallen. Als sie wieder oben gewesen seien, sei er schon wieder herausgekommen aus der Notkasse.

Götzl hält vor, dass Ta. viel Angst bekommen und zu dem Täter mit der Waffe gesagt habe, dass sie ihm den Tresor jetzt zeige, bei dem Beutel handele es sich um einen Plastikbeutel. Ta. sagt, sie wisse nur, dass der mitgebracht, vorher zerknüllt war. Götzl fragt, ob  der Täter den schon in der Hand hielt. Als er rein gekommen ist, nicht, so Ta. Götzl hält vor, der Täter habe das Brett mit den Sondermünzen zurück gegeben, er habe das Registriergeld reinfallen lassen und zum Rollengeld gesagt, dass er das nicht benötigt. Ta. bejaht, dass der Täter Handschuhe getragen habe.

Dann hält Götzl die Beschreibungen der Täter vor. Der Täter mit Waffe sei 175-180 cm groß gewesen, schlank, 25-30 Jahre, die Waffe habe einem Revolver geähnelt, einen braunen Griff gehabt und sei silberfarben gewesen, Ta.s Meinung nach sei der Revolver nicht echt gewesen. Ta. sagt darauf, sie könne sich nicht mehr erinnern, da seien so viele Fragen hintereinander: „Ist das so oder nicht so?“ Sie habe tagelang nur da gesessen und gesagt: „Ich kann nicht glauben dass das überhaupt passiert ist.“ Das sei auch so schnell vorbei gewesen. Sie habe nur noch gedacht, die müssen hier raus, und habe sich nicht die Mühe gemacht, sich viel zu merken. Götzl: „Wir gehen das einfach durch.“ Er hält die Angaben vor, der Revolver sei 20 cm lang gewesen, es sei ein langer Lauf gewesen. Zum Vorhalt, die Person habe eine blaue Jacke getragen, ähnlich einer Joggingjacke oder Kapuzenpulli, sagt Ta.: „Dunkel halt.“ Götzl verliest, die Maske sei ähnlich einem Skelettgesicht gewesen, habe Sehschlitze gehabt, es sei ein Gruselgesicht gewesen, das Gesicht sei aufgedruckt gewesen. Unten heiße es noch, so Götzl weiter, beim ersten Täter habe es sich um eine schwarze Maske gehandelt, welche bedruckt war. Weiter habe der Täter eine schwarze Jogginghose und Handschuhe getragen, dabei könnte es sich um Laufhandschuhe handeln, sie seien nicht aus Wolle gewesen. Der zweite Täter sei  170-175 cm groß gewesen, zum Alter könne sie keine Angaben machen, sie habe eine schwarze Maske getragen, aber ohne bedrucktes Gesicht. Götzl fragt, ob Ta. noch Angaben machen könne, was Ta. verneint.

Zschäpes Verteidiger RA Heer sagt, Ta. habe eine Schulung erwähnt, die sie durchlaufen habe. Das sei zweimal im Jahr, so Ta., da gehe es um Feuerverhütung und Überfallschutz, dass man sich als Geisel verschiedene Sachen einprägen soll. Man solle beispielsweise gucken, wenn derjenige reinkommt, ein Räuber schlendere ja nicht rein. Es sei gut, dass einem eingebläut werde: das Geld geben, das Leben schützen. Aber sie habe sich nicht viel gemerkt. Heer fragt, ob es konkrete Anweisungen gibt. Die Anweisungen seien, so Ta., Folge zu leisten: „Leben vor Geld“.

Nach der Vernehmung sagt RAin Sturm, sie habe Kenntnis erlangt, dass sich im Zuschauerraum ein Beamter des BKA aufhält, vielleicht könne Götzl abklären, warum. Götzl fragt, von wem Sturm das erfahren hat. Das könne sie nicht sagen, so Sturm, und sie könne auch nicht sagen, welche Person das ist. Götzl sagt, Sturm stelle ein Vermutung an. Sturm erwidert, sie habe die Information erhalten, das sei keine wilde Behauptung. Götzl sagt, dann mache man eine Pause. Danach sagt er, es seien die Fahrer der Zeugen anwesend, nicht Zeugen.

Es folgt der Zeuge Udo Ja. von der Kripo Erding. Götzl sagt, es gehe um die Auswertung von Asservaten, ein Handy Nokia und ein Smartphone Sony Ericsson mit SIM-Kartenspeicher und Speicherkarte. Beginnen solle Ja. mit dem Handy Nokia. Das sei ein Handy von Susann E., so Ja., die Daten seien ihnen auf Datenträgern zur Auswertung gegeben worden. Das Handy sei eindeutig von Susann genutzt worden, da seien Nummern der Eltern, vom Kosmetikstudio und Frauenarzt drin gewesen. Es seien nicht allzu viele Daten darauf gewesen, einige Bilder familiärer Herkunft, wo die Kinder und der Ehemann fotografiert wurden. Ein Bild sei mit Hitler-Weinflaschen gewesen, dahinter ein stilisierter Kopf. Der habe sich als Tätowierung auf dem Oberarm von Frau E. gefunden Zu den SMS sei aufgefallen, dass vom 4.11. bis 8.11. bis auf eine SMS nichts vorhanden gewesen sei. Ansonsten sei täglicher SMS-Verkehr da gewesen. Und bei einer Nachlieferung von Daten, das habe drei Fragmente von SMS betroffen, sei festgestellt worden, dass Namen, die in Verbindung mit Zschäpe und Böhnhardt zu bringen seien, vorhanden waren: „Ich fahr jetzt mit Lisl und Gerri“ [phon.]. Und in der Kontaktliste des Handys sei eine Lisa gewesen. Und es habe eine SMS mit „Lis“ [phon.] gegeben, ob da das L oder A fehlt, wüssten sie nicht. Sie hätten aufgrund der Auswertung nicht sagen können, von wem und wann diese SMS geschickt wurde. Die noch vorhandenen SMS seien privater Natur gewesen, unter einem Ehepaar ganz normal, so Ja.

Götzl sagt, es gehe ihm um die einzige SMS zwischen 4. und 8.11. Das sei die vom 4.11. gewesen, so Ja. Er bestätigt, dass das Handy am 24.11. „bei der Susann in der Wohnung“ in der Adam-Ries-Straße in Zwickau sichergestellt worden sein müsse und auch den Vorhalt „Nokia 670S einschließlich SIM-Karte und Mikro-SD-Speicherkarte“ und eine 0173-Nummer. Auf Frage sagt Ja., der Ehemann sei da der Vertragsinhaber. Zu den „Hitler-Weinen“ befragt, sagt Ja., ermittelt hätten sie dazu nicht, aber er arbeite im Staatsschutzbereich in Erding und ihm sei bekannt, dass man diese Flaschen in Österreich und Italien frei auf dem Markt erwerben kann. Götzl hält vor, dass die Kurzmitteilungen datiert seien vom 20.12.10 bis 24.11.11. Auffällig sei, dass vom 4.11. bis 8.11 keine SMS vorhanden sei, ab dem 9.11 wieder täglich vermehrter SMS-Austausch. Ja.: „Richtig, bis zum Sicherstellungsdatum 24.11.“ Götzl hält eines der angesprochenen Fragmente vor: „Du wirst es kaum glauben, die Lis“ [phon.]. Da fehle der letzte Buchstabe, so Ja. Dann hält Götzl vor: „Fahr grad Lisl und Gerri wohin, kann während der Fahrt n schr“ [phon]. Ja. dazu: „Nicht schreiben.“

Dann geht es um die Kontaktliste. Das seien, so Ja., die Daten, die ihnen geliefert worden seien, mit Telefonnummern, mit Bruchstücken, Spitznamen. Sie hätten festgestellt, wer als Anschlussinhaber dahinter sitzt und versucht, über Einwohnermeldeamt und dergleichen die Nutzer herauszubekommen. In einem Handy könne man auf der SIM-Karte oder einer separaten Speicherkarte speichern, das sei notiert worden. Auch seien viele Kontakte dabei gewesen, die auch im Handy von André E. festgestellt wurden, das sei ebenfalls markiert worden. Götzl sagt bei Nummer 49 stehe „Schwiegereltern“ und Anschlussinhaber „Manfred E.“ in Johanngeorgenstadt und dann komme die Rubrik „Erkenntnisse“. Wenn es herausragende Sachen gewesen seien, sei das vermerkt worden, Schwiegereltern oder sowas sei nicht vermerkt worden. Es habe eine Excelliste gegeben, wo sie hätten nachschauen können, ob Personen bereits zentral erfasst worden sind oder eine Relevanz aus einem anderen Asservat vorliegt.

Götzl sagt, hier stehe z.B. „Schwiegereltern von Susann“. Dann nennt er eine 0152-Nummer, gespeichert unter „Mausi Geschäftshandy“ und Anschlussinhaber sei André E. Das sei das Handy vom Ehemann, so Ja., die Titulierung sei meistens „Mausi“ gewesen. Götzl hält Kontaktdaten der Eltern von Susann E. vor, dann eine 0173-Nummer „André Maus“, die auf André E. gemeldet sei, dann „Eigene Handynummer“, die ebenfalls auf André E. registriert sei. Ja. sagt zu dieser Nummer, André E. sei der Vertragsinhaber gewesen. Götzl hält vor, in der Liste stehe, das Handy werde von „BS Susann E.“ genutzt. Ja. sagt, Susann sei für sie Beschuldigte gewesen. Götzl hält eine 0174-Nummer vor mit dem Eintrag „Ina Hexe“ und dem Inhaber Robin D. in Eisenhüttenstadt. Das sage ihm jetzt nichts, so Ja. Eine weitere Nummer sei wieder der Vater von Susann E., so Ja. auf Vorhalt. Eine weitere vorgehaltene Handynummer sei der Ehemann André E., bestätigt Ja.

Götzl sagt, dann solle Ja. zum Smartphone Sony Ericsson mit SIM- und Speicherkarte berichten. Das sei ebenfalls am 24.11. sichergestellt, so Ja., es sei zu diesem Zeitpunkt bei André E. gewesen, der sich bei seinem Zwillingsbruder Maik aufgehalten habe. Sie hatten nicht das Handy selbst, sondern die Daten in elektronischer Form gehabt. Dieses Handy sei wesentlich intensiver genutzt worden. Es seien von ungefähr 240 Leuten Kontakte da gewesen, das sei fast identisch. Aber es seien über 2.000 Bilddateien, Videos, Dokumente darauf gewesen. Als Kontakte hätten sie unterschieden zwischen Personen, die mit Straftaten im politischen Bereich zu tun hatten, da seien acht Personen festgestellt worden. Ansonsten seien 17 Personen in dieser Kontaktliste gewesen, die mit sonstigen Straftaten polizeilich in Erscheinung getreten waren. Da nicht bekannt gewesen sei, ob das eine Relevanz hat, seien etliche Verbindungen zu Geldinstituten notiert worden und auch berufliche Kontakte.

Dann nennt Ja. den Namen . In der Frühlingsstraße sei ein Pass auf „Michael Fröhlich“ aufgefunden worden. In diesem Zusammenhang sei ein Erik Fr. überprüft worden, der finde sich in der Kontaktliste und auch ein Jens Fröhlich sei im Handy gespeichert gewesen. Über den Pass sei, soweit er wisse, nicht bekannt, woher der war. Und das sei der Anhaltspunkt gewesen, dass das über den Jens gelaufen sein könnte. Anschlussinhaberin der Nummer sei eine „Tanja Mauer“ [phon.], diese Person sei einwohneramtlich in ganz Mainz nicht gemeldet. Daher habe es sich um eine gefakte Personalie handeln können. Über Internetrecherche sei Jens Fröhlich als Sänger der rechtsgerichteten Band „Eugenik“ bekannt geworden. In der Band sei auch Mitglied, der finde sich auch in der Kontaktliste. Wunderlich und Fröhlich seien beide aus Gera. Bei der Vernehmung von Jens Fröhlich habe dieser bestätigt, dass er diese Nummer, die bei André E. abgespeichert war, seit eineinhalb Jahren nutzt. Woher diese Karte stammte, habe Fröhlich nach seinem, Ja.s, damaligen Erkenntnisstand nicht angegeben.

Dann würden sich auf dem Handy einige interessante Bilder finden, die von einem Interesse an rechtsgerichteten Themen zeugten, u.a. habe E. ein Brezel in Hakenkreuzform fotografiert. Diese Aufnahme sei wohl in Frankreich entstanden sein, vermutlich bei einem beruflichen Aufenthalt. Weiter seien Bilder zu sehen, wo eine männliche Person mit Sturmhaube drauf sei, bei einem mit Sprechblase „Oi“. Dann habe man eine weitere Person ermitteln können. Es sei um diese Rechnung gegangen über 2.000 Euro für einen Tag Gartenarbeit, es sei unklar gewesen, wie so eine hohe Rechnung zustanden kommt. Das sei im „Gartenverein Heimattreu“ gewesen. Es habe sich herausgestellt, dass die Susann über diesen Gartenverein eine Parzelle angemietet hatte. Ansonsten seien einige Videodateien drauf, unter anderem Hitlerreden in schnellen Schnittfolgen und „HJ-Jugend“ mit Musik unterlegt: „Born to be alive“. Dann seien Live-Videoaufnahmen zu sehen von der Metalband „Ravenpath“. Diese beiden Videos, die seien damals auch im Internet eingestellt gewesen, auf Facebook oder YouTube. Und im Zusammenspiel mit der Vernehmung der Bandmitglieder F. und W. sei bekannt gewesen, dass André E. an der Produktion dieser Videos irgendwie beteiligt war. Nach Auskunft der Forensik seien keinen hochwertigen Bearbeitungsmodule verwendet worden, aber man müsse sich zumindest ein bisschen auskennen mit Videobearbeitung.

Bei dem Handy sei auch auffällig, dass der SMS-Verkehr um den 4.11. mehr oder weniger nicht vorhanden gewesen sei, da sei eine SMS vom 6.11. und danach sei eine Pause bis zum 15.11., wo es wieder mit SMS losgegangen sei. Anruflisten seien zu dem Datum 4.11. auch nicht vorhanden. Götzl hält vor, Verbindungen würden laut Anrufliste erst ab dem 8.11. bis zum 24.11. datieren, bis zu diesem Datum seien keine Gesprächskontakte vorhanden. Ja.: „Richtig.“ Götzl nennt vom 6.11. bis zum 24.11.11 267 SMS, auffällig sei, dass am 6.11. nur eine SMS zu finden gewesen sei, dann sei ein Lücke bis zum 15.11., ansonsten fänden sich täglich mehrfach SMS. Und diese spezielle SMS, so Ja., sei privater Natur gewesen. Götzl hält vor, dass bei Sichtung des Gerätespeichers 250 Zugriffe vom 8.11. bis zum 24.11 gefunden worden seien. Ja. bestätigt das, das seien vorwiegend Zugriffe auf Zeitungen und Fernsehen, wo sehr viel, eigentlich nur Berichterstattung von der „Zwickauer Zelle“ gewesen sei. Und es sei auf die Zeitung Junge Freiheit zugegriffen worden, die bekannt sei als rechtsgerichtet.

Dann geht Götzl zu Videodateien über und fragt, ob Ja. etwas sage. Ja. sagt, das ein Fernsehbericht von „Spiegel-TV“ über die „Zwickauer Terrorzelle“, der sei mit dem Smartphone direkt vom Fernsehen aufgenommen. Der sei, glaube er, am 20.11. ausgestrahlt worden. Zu den Audiodateien hält Götzl vor, es finde sich eine geringe Anzahl von kommerziellen Popbands, die Mehrzahl sei rechtsgerichteten Bands, ob eine Indizierung vorliegt sei nicht überprüft worden. Götzl nennt u.a. „Leichenzug“, „Moshpit“, „Eugenik“, „Asynja“. Ja. nennt „Die braunen Stadtmusikanten“, ansonsten seien viele Metalbands gespeichert.

Zu Dokumenten befragt sagt Ja., E. habe den kompletten VS-Bericht Sachsen-Anhalt von 2008 im PDF-Format abgespeichert, das habe frei im Internet vorgelegen. Und dann habe er eine Power-Point-Präsentation gehabt, da sei um dänische Rockergruppen gegangen, die stamme vom Oktober 2010. Götzl sagt, auch hier gebe es eine Liste. Ja. sagt, das sei nach dem selben Prinzip aufgebaut wie beim vorherigen Handy. Götzl nennt eine 0152-Nummer unter „Geschäftshandy“, registriert auf André E. Ja. bestätigt das, sagt aber, es sei nicht bekannt gewesen, was mit Geschäftshandy genau gemeint war. E. habe ja verschiedene Berufe ausgeführt. Der Eintrag „Jürgen Schwiegervater“ sei auch ein Rückschluss, dass André das Handy genutzt hat, denn Susann habe Jürgen H. als „Papa“ eingetragen. Dann finde sich „Mein Mausi“, registriert auf André E. Das werde dann das Handy „von der Susann“ gewesen sein, so Ja. Zum Eintrag „Mutti“ sagt Ja., das sei dann wohl die Mutter von André E. „Zuhause“ müsse die Festnetznummer gewesen sein. Götzl sagt, dann heiße es hier „Anwalt Hedrich“. Im Besucherraum kommt kurz Gelächter auf [Hedrich ist E.s aktueller Verteidiger]. Dann nennt Götzl „Meine D2-Nummer“. Vielleicht habe E. früher noch eine zweite Nummer gehabt, so Ja. das könne er als Auswerter nicht beurteilen.

In Ja.s Bericht sei es auch um rekonstruierte Anruflisten und rekonstruierte SMS gegangen, so Götzl, gelöschte Anruflisten vom 15.1011. bis 16.11.11 hätten wiederhergestellt werden könne. Das bestätigt Ja. Götzl sagt, es seien laut Bericht Rufnummern aus den bekannten Kontakten. Das bejaht Ja., und nennt zusätzlich einen Ralf Ho. [phon.]. Götzl verliest, es sei nur ein Telefonat mit Torsten S. verzeichnet, sonst nur Familienmitglieder. Ja. bestätigt das. S. sei Mitglied der Band „Ravenpath“. Zum Vorhalt, dass einige SMS rekonstruiert werden konnten, sagt Ja., diese SMS seien auch durch die TKÜ bekannt gewesen.

Zschäpes Verteidigerin RAin Sturm sagt, Ja. habe eben gesagt, man müsse sich ein bisschen auskennen mit der Videobearbeitung, in Ja.s Bericht stehe, der Rückschluss, dass E. im Bereich Bildbearbeitung Erfahrung hat, habe sich nach Recherchen im Internet und der Vernehmung des Bandmitglieds Ronny W. ergeben. Sturm fragt, worauf die Einschätzung „mit Bildbearbeitung auskennen“ basiere. Nach Aussage der Technik, so Ja., tue man sich schwer, das so zu schneiden, wenn man noch nie Videos geschnitten hat, man müsse gewisse Grundkenntnisse haben. Er selbst habe da keine Erfahrung.

NKRA Scharmer fragt, welche Abteilung die Forensik gewesen sei. Ja. nennt die KI 26, die hätten die Daten geliefert. Ob die KI 26 sich auf Ressourcen der Bundespolizei bezogen hat, wisse er nicht, so Ja. auf Frage. Scharmer möchte wissen, ob es da zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei. Wenn sich Scharmer auf die Veröffentlichung der Bild-Zeitung beziehe, die eine Mail einer Kollegin der Forensik veröffentlicht habe, dann wisse er davon, sagt Ja. Scharmer fragt, was Ja. davon wisse. Er wisse das aus der Bild-Zeitung, und dass Ermittlungen geführt worden seinen, sie hätten als Auswerter nichts damit zu tun. Scharmer hält aus der Vernehmung eines Direktors der Bundespolizei M. vor, das Handy Sony Ericsson sei am 7.11.2011 von einer BKA-Mitarbeiterin zur Dienststelle gebracht worden, um den Inhalt lesbar zu machen. Am Folgetag habe er, M., die Meldung erhalten, dass der Auftrag erfüllt, die Daten aber gelöscht und entgegen dem üblichen Vorgehen nicht archiviert worden wären. Da dies nicht dem üblichen Auftrag entsprochen habe, habe er, M., den Auftrag gegeben, die Festplatte des Mitarbeiters zu sichern. Eine Mitarbeiterin habe den Mitarbeiter dann im Büro angetroffen und auf dem Bildschirm den Löschvorgang laufen sehen. Das habe der Mitteilung widersprochen, dass es schon gelöscht sei. Das Sicherungsreferat habe die Festplatte an sich genommen und es sei gelungen, die wieder herzustellen. Scharmer fragt, ob Ja. davon Kenntnis erlangt habe, dass die Daten, die er bekommen hat, schon einmal gelöscht waren. Davon sei ihm nichts bekannt, so Ja. Scharmer fragt, ob Ja. wisse, ob er Rohdaten oder die bereits schon einmal gelöschten Daten bekommen hat. OStain Greger beanstandet, Ja. seien keine gelöschten Daten gegeben worden. Scharmer sagt, das wolle er ja wissen und wiederholt die Frage. Ja. sagt, das könne er nicht beurteilen, sei seien zu dem Zeitpunkt nicht zum BKA abgeordnet gewesen. Er verneint, die Verbindungsperson gewesen zu sein, es habe ein Geschäftszimmer gegeben, daher hätten sie sämtliche Daten bekommen. Er fragt Ja., ob dieser überprüft habe, ob Kontakte von E. im Handy V-Personen des BKA waren. Ja. verneint das, er habe auch nicht überprüft, ob E. V-Person des BKA war, das sei nicht ihre Aufgabe gewesen.

Nach der Mittagspause wird ab 12.45 Uhr der Zeuge He. gehört. He. sagt, er sei als Beamter des LKA Hamburg von Anfang Januar bis Ende März 2012 in der damaligen BAO Trio tätig gewesen im Bereich Personenermittlung zum Komplex E. He. berichtet, dass er beim Aktenstudium bei den Verbindungsdaten der sichergestellten Telefone festgestellt habe, dass vom Telefon André E. an das Telefon Susann E. am 4.11.2011 einen SMS versandt worden sei, die sei aber in den Protokollen, die bislang vorgelegen hätten, nicht vorhanden gewesen. Die SMS sei vermutlich gelöscht worden und in dem Zusammenhang habe er die Technik des BKA gefragt, ob es möglich ist, diese SMS wieder zu rekonstruieren. Die hätten gesagt, das sei grundsätzlich möglich, es bedürfe aber eines Antrags an die Kriminaltechnik. Er habe diesen KTU-Antrag dann formuliert, dass man alles versuchen solle, diese SMS wiederherzustellen, auch unter Inkaufnahme einer Beschädigung des Telefons. Ihm sei nämlich gesagt worden, dass das ein sehr aufwändiges Untersuchungsverfahren sei, bei dem unter Umständen das Telefon im Anschluss zerstört sei. Götzl hält vor, dass es sich um eine SMS vom 4.11.11, 15.30 Uhr vom Mobiltelefon André E. auf das Mobiltelefon von Susann E. handele, die gelöscht worden sei. Das bestätigt He. Auf Frage sagt He., mit der Auswertung habe er dann nichts zu tun gehabt. RA Scharmer fragt, ob He. wisse, ob das Sony Ericsson auch auf diese Art ausgewertet wurde, was He. verneint.

Dann folgt der Zeuge Sch., KHK beim BKA. Götzl sagt, es gehe um die Auswertung der Verbindungsdaten einer 0172-Nummer. Sch. sagt, das sei das von André E. genutzte Handy, am 15.11. habe der Ermittlungsrichter den Netzbetreiber Vodafone verpflichtet, die rückwirkenden Verkehrsdaten zu liefern und dann nochmal sämtliche Telefonanbieter, die zu einer Zielwahlsuche verpflichtet seien. Ohne Internet seien es über 8900 Verbindungssätze gewesen. Nach der Festnahme nur noch zwei Verbindungen, am 24.11. und 2.12. je eine SMS. Ansonsten habe es nur noch am 29.7. keine Telefonie oder SMS gegeben. Verbindungsdaten habe es gegeben eingehend vom Handy, das auf Beatrix Ja. (siehe 66. Verhandlungstag) aus der Polenzstraße in Zwickau ausgegeben und von Beate Zschäpe als telefonische Erreichbarkeit genutzt worden sei. Ferner habe es umfangreiche Verbindungen zur Ehefrau Susann gegeben, über 3400 Verbindungen im Zeitraum vom 21.4. bis 23.11., davon 2800 SMS.

Am 4.11. sei es nach 15.22 Uhr zu einem Telefonat gekommen, zehn oder 12 Sekunden lang, sowie um 15.29 Uhr zu einer SMS eingehend und um 15.30 Uhr zu einer ausgehenden SMS. In der Nacht des 5.11. um 2.57 Uhr und um 3.45 Uhr habe es eingehende Telefonverbindungen aus dem Ortsnetz Glauchau gegeben, 20 bzw. drei Sekunden lang. Diese Rufnummer sei nur unvollständig übermittelt, es sei aber festgestellt worden, dass es sich um den öffentlichen Fernsprecher der Deutschen Telekom AG am Bahnhof Glauchau handelte. Ferner habe es noch Kontakte zum Mobilanschluss gegeben, das seien insgesamt 82 Verbindungen zwischen Mitte Mai und 21.11.2011 gewesen, meine er. Am 5.11. sei es da zu Kontakten gekommen, zunächst eine eingehende SMS, dann ausgehende SMS, wiederum eingehende SMS und wiederum ausgehend. Um 8.20 Uhr habe es eine eingehende Telefonverbindung gegeben. Ferner habe E. Kontakte zur Festnetznummer der Familie E. gehabt. Er habe, so Sch., dann noch Ausführungen zu zwei Zwickauer Nummern gemacht, die achtmal angerufen worden seien. Diese seien für den Freistaat Sachsen in Dresden ausgegeben worden, das sei die zentrale Erreichbarkeit des Finanzamtes Zwickau und eine Nebenstelle dort gewesen.

Die Verbindungen am 4.11. zwischen dem Mobiltelefon Beate Zschäpes und André E. sei bereits bekannt gewesen durch die Auswertung der Handydaten Zschäpe und größtenteils auch durch die Auswertung der Funkzelle in Zwickau. E. habe nur noch Kontakt zu seiner Ehefrau gehabt und ab 15.34 sei überhaupt keine SMS- und Telefonaktivität mehr feststellbar. Das sei an früheren Tagen nur in neun Fällen so gewesen. Die eingehende SMS von Susann E. sei weder auf seinem noch auf Susann E.s Telefon festgestellt worden. Die Kontakte zu Di. seien auch zu weiteren Erkenntnissen in Beziehung zu setzen. Der Zeuge Frank S. (siehe Aussagen von Mandy St., zuletzt 105. Verhandlungstag) habe angegeben, das Matthias Di. ihm erzählt habe, er sei nach dem Hausbrand mit E. zu seinem Rechtsanwalt, Herrn Baumgart in Potsdam gefahren. E. habe auch eine Visitenkarte dieses Anwalts vorgezeigt bei seiner ersten Vernehmung. Es sei auch aus den Funkzellen zu erkennen, dass sich der PKW bis nach Potsdam bewegt habe. Dieser Kontakt am 5.11. habe also in Zusammenhang mit diesem Anwaltsbesuch bestanden.

Dann folgt die Vernehmung des sachverständigen Zeugen Ho., technischer Angestellter beim BKA. Götzl sagt, es gehe um einen Untersuchungsbericht vom 29.10.2013 betreffend das Nokia-Handy. Es seien im Vorfeld Untersuchungen gemacht worden und es sei gefordert worden, eine physikalische Untersuchung zu machen wegen gelöschten SMS und anderem, so Ho. Sie hätten eine Kopie des Speichers gefertigt und festgestellt, dass darin ein unbekanntes Dateisystem war, sie hätten nicht gewusst, wie es funktioniert. Sie hätten sich entschlossen, eine Textextraktion zu machen in eine Textdatei. Die Ermittler hätten sich angeschaut, welche Textpassagen da relevant sein könnten und drei Stellen angegeben und sie hätten dann festgestellt, zu welchen Rufnummern sie gehören. Und es habe einen fernmündlichen Auftrag gegeben, ob bestimmte Rufnummern in dem Gerät zu finden seien.

Götzl möchte wissen, was sich ergeben hat. Es seien drei Kurzmitteilungen extrahiert worden, so Ho., die seien im Untersuchungsbericht vermerkt und das sei dann auch seine Arbeit gewesen. Götzl fragt, was Ho. zu den einzelnen Textfragmenten noch im Kopf habe. Rufnummern o.Ä. müsse er nachschauen, sagt Ho., sie hätten Zeitstempel und Rufnummern extrahiert und die Kurzmitteilung selber. In einem Fall auch einen Puffereintrag, wenn man sich die Vorschau einer SMS anschaue. Da gebe es dann keine Verbindungsdaten dazu, aber einen Zeitstempel. Götzl hält vor, dass Textfragmente von drei Textmitteilungen identifiziert worden, die einer genaueren Untersuchung unterzogen werden sollten: 1. „Ich fahr grad Lisl und Gerri wohin. Kann während der Fahrt ned. Knutsch.“ [phon.] Ho. sagt, das sei das, was er extrahiert habe. Dann spricht Götzl von Rufnummern und Zeitstempeln, als Gesprächspartner sei notiert „André Maus“. Ho. sagt, es gebe zwei Zeitstempel, die in dem Gerät gespeichert werden, den von der Kurzmitteilungszentrale und den, wo die Kurzmitteilung tatsächlich im Speicher abgelegt wird, das differiere üblicherweise um ein paar Sekunden. Fragment 2, so hält Götzl vor, laute: „Du wirst es kaum glauben, die Lis“. [phon.] Götzl hält vor, hier handele es sich sich um einen Puffereintrag, zu dem keine Kurzmitteilung mehr angegeben werden kann. Götzl verliest Fragment 3: „Hä? Ach von Lisa“ [phon.], Teilnehmername sei „Matti neue Nummer“.

Dann verliest Götzl, dass der Auftrag erteilt worden sei, ob sich sich zu der Rufnummer 0172 vom 4.11. ggf. Kurzmitteilungen im Gerät finden lassen, es hätten sich aber keine gefunden, es sei lediglich eine eingehende Kurzmitteilung an das Gerät gesendet, diese sei bereits im Rahmen der logischen Untersuchung ausgelesen worden. Ho. bestätigt das. Die logische Untersuchung sei einige Wochen vorher geschehen. Das sei ein Untersuchungsbericht von einer Kollegin. Götzl sagt, er müsse zunächst die Unterlagen holen und unterbricht die Sitzung bis 13.19 Uhr. Dann sagt er, es gehe um eine SMS sei von „Ina Hexe“. Ho. antwortet, mehr könne er auch nicht dazu sagen, das sei mit standardisierten Verfahren ausgelesen worden.

RA Scharmer sagt, die Wiederherstellung der Daten habe sich auf das Asservat Nokia bezogen, und fragt, ob Ho. auch das Telefon Sony zur Auswertung hatte, was Ho. bejaht. Eine Kollegin und er hätten das zusammen ausgewertet, bestätigt Ho. Auf Frage, ob sie da wieder etwas hätten herstellen können, sagt Ho., da müsste er in den Bericht schauen. Scharmer fragt, ob Ho. etwas extrahiert habe. Das bejaht Ho. Zur Erläuterung sagt er, das sei das Gerät, das ein wenig Wellen geschlagen habe, weil da von den Seiten der Bundespolizei unterstützt worden sei. Das sei in der Bild-Zeitung erschienen. Auf Frage, was er selbst wisse, sagt Ho. er könne jetzt nur aus der Glaskugel lesen, er müsste in die Akten schauen. Aber sie hätten wieder eine Extraktion gemacht und den Ermittlern zur Verfügung gestellt. Er bestätigt fürs KI 26, heute KI 22, zu arbeiten. Die Bundespolizei sei in Heimersheim gewesen. Scharmer: „Und da gibt es Daten, die gelöscht wurden und wiederhergestellt?“ Ho. sagt, es seien zu keinem Zeitpunkt Daten gelöscht worden, das passe nicht zu ihrem Qualitätsmanagement. Die Gesetzeslage erfordere, so Ho. auf Nachfrage, dass sie informiert werden, wenn Daten gelöscht werden.

M., den Direktor der Bundespolizei, oder dessen Vernehmung kenne er nicht, so Ho. auf Frage. Scharmer hält Ho. die Aussage M.s vor. Das sei der Wortlaut, wie er auch im Flurfunk mitgeteilt worden sei, so Ho. Aber das sei die Vorgehensweise, wie sie vereinbart sei. Das Löschen der Daten nach Eingehen in das System des BKA sei zwischen Bundespolizei und BKA abgesprochen, das sei völlig korrekt, ein Rückhalten der Daten bei der Bundespolizei sei nicht zulässig. Scharmer sagt, das BKA solle um die sofortige Löschung der Daten gebeten haben. Ho. sagt, sie würden es normalerweise nicht zulassen, dass Daten bei Unternehmen oder anderen Behörden gespeichert und archiviert bleiben, das sei ja auch nicht zulässig. Er bestätigt, dass seine Kollegin  die Kontaktperson zur Bundespolizei gewesen sei.

RA Langer fragt, wie groß der Umfang des ausgelesenen Textes gewesen sei. Ungefähr 150 Seiten DIN A 4, so Ho., herausbekommen hätten sie erheblich mehr, aber den Bereich Betriebssystem hätten sie schon ausgeschnitten. Das sei als Datei geliefert worden. RA Narin fragt, ob Ho. bekannt geworden sei, ob auf einem der Mobiltelefone des von E. interne Dokumente des BKA aufgefunden wurden von einer Herbsttagung des BKA. Davon wisse er nichts, antwortet Ho. Götzl sagt zu Narin, der sei am Vormittag nicht da gewesen, es sei empfehlenswert, sich zu erkundigen, was gefragt wurde. Dann wird der Zeuge entlassen.

Götzl sagt, die Schweizer Behörden hätten mitgeteilt, dass die Rechtshilfevernehmungen [von Peter Anton Ge. und Hans-Ulrich Mü. zum Thema Lieferung der Ceska]am 24.6./ 25.6. durchgeführt werden sollen.

Danach beantragt NK-Vertreter RA Kuhn, aus Jena als Zeugen zu vernehmen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung habe Re. gesagt, er habe mit Mundlos das Asylbewerberheim Auf dem Forst ausspioniert, er wisse nicht mehr genau, wann das war, auf jeden Fall vor 1996, Mundlos habe fotografiert. Es sei darüber gesprochen worden, die Wachabläufe auszuspionieren, dazu sei es nicht gekommen, ob Böhnhardt dabei war, wisse er nicht mehr, Zschäpe sei nicht dabei gewesen, wer noch dabei war. könne er nicht sagen. Das Heim sei damals nur ausspioniert worden, es sei nicht gesagt worden, dass es zu einen Anschlag kommen solle. Die Beweiserhebung sei erheblich, weil sie zeigen werde, dass Mundlos bereits mehr als zwei Jahre vor dem Untertauchen rechtsterroristische Straftaten vorbereitet habe. Der Zeuge habe sich zwar nicht mehr erinnern, ob auch Böhnhardt an der Ausspähung beteiligt war, und habe ausgeschlossen, dass Zschäpe anwesend war. Es sei jedoch angesichts persönlichen und ideologischen Näheverhältnisses zwischen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe anzunehmen, dass diese von dem Ausspähen wussten und in die Tatplanung involviert waren. Vor seiner polizeilichen Vernehmung habe Re. gegenüber der BAO Trio telefonisch ebenfalls angegeben, er habe zusammen mit Mundlos ein Asylbewerberheim in Jena auf der Ammerbacher Platte ausgespäht, und dabei eingeräumt, dass es hier darum gegangen sei, einen Anschlag auf dieses Heim zu begehen. Tod bzw. Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des Wachpersonals seien durch Mundlos dabei als Kollateralschaden in Kauf genommen worden.
Re. sei von Ende 2000 bis Mai 2001 mehrfach als Hinweisgeber des TLfV tätig gewesen, geführt als Gewährsperson „“. Im März 2001 habe er dabei geäußert, er kenne die drei Flüchtigen alle persönlich, nach Szeneinformationen seien diese wohl in Chemnitz untergetaucht. Zuvor habe Re. dem MAD mitgeteilt, dass Kapke und Wohlleben bestimmt mehr über den Verbleib der Drei wüssten.

Der Verhandlungstag endet um 13.38 Uhr.

Auf NSU-Nebenklage heißt es zum Verhandlungstag:
„[Die SMS] ist ein starkes Indiz dafür, dass Zschäpe Eminger um Hilfe bei ihrer Flucht gebeten hat.  […] Die Beweisaufnahme zu den Tatvorwürfen gegen André Eminger beginnt damit erst nach einem Jahr Hauptverhandlung. Bereits die ersten Details zeigen allerdings, wie eng sein Kontakt, der ja schon direkt nach dem Untertauchen des Trios 1998 begonnen hatte, bis zur Festnahme Zschäpes war.“

Nebenklage-Anwalt Scharmer erklärt zu der Löschung von Daten:
„Es wäre zumindest auffällig, wenn das BKA eine sofortige Löschung der Daten in Auftrag gegeben hätte und ein Mitarbeiter der Bundespolizei dazu widersprüchliche Angaben macht. Dieser Vorgang muss dringend weiter aufgeklärt werden. Bisher ist nicht bekannt, ob dass BKA selbst V-Personen im Umfeld des Trios hatte, bzw. ob sogar André E. Informationen an das BKA weitergegeben hat. Um Spekulationen entgegen zu wirken, wären hierzu klare Angaben des BKA und entsprechnde Vervollständigung der Akten angezeigt.“

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