Protokoll 117. Verhandlungstag – 3. Juni 2014

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Am heutigen Verhandlungstag begann die Beweisaufnahme zum Sprengstoffanschlag am 19.1.2001 auf einen Laden in der Kölner Probsteigasse. Vernommen wurden drei Polizeibeamte. Anhand von Lichtbildern wurde die Heftigkeit der Explosion deutlich. Bei der Explosion wurde eine Tochter der Familie, die den Laden betrieb, schwer verletzt. Deutlich wurde auch die Perfidie des Anschlags. Der Sprengsatz befand sich in einer Stollendose, die sich wiederum in einem Präsentkorb befand, der Wochen vorher von einem angeblichen Kunden im Laden „vergessen“ worden war. Die Einvernahme der Beamten zeigte zudem, dass auch bei diesem Anschlag nicht konsequent in Richtung eines rassistischen Motivs ermittelt wurde.

Zeugen:

  • Martin Mo. (KHK, Ermittlungen zum Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse)
  • Edgar Mittler (KHK i.R., Ermittlungen zum Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse)
  • Norbert Tr. (KHK, LKA NRW,  Ermittlungen zum Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse)

Die Sitzung beginnt um 9.49 Uhr. Für Wohllebens Verteidigerin Schneiders ist heute RA Nahrath anwesend. Außerdem sind die Nebenkläger_innen aus dem Tatkomplex Bombenanschlag in der Kölner Probsteigasse anwesend sowie die Sachverständigen Saß, Peschel und Mölle.

Erster Zeuge ist KHK Mo. von der Polizei Köln. Richter Götzl sagt, es gehe um den Bericht zu einem Einsatz am 19.1.2001 in der Probsteigasse. Mo. sagt, er habe ehrlich gesagt nicht mehr ganz so viel Erinnerung, habe aber den Bericht durchgelesen und da seien ein paar Erinnerungen wiedergekommen. Mo. berichtet, das sei unmittelbar zu Dienstbeginn gewesen, gegen 7.30 Uhr. Sie seien informiert worden, dass es in einem Lebensmittelgeschäft in der Probsteigasse eine Explosion gegeben habe und mindestens eine Person verletzt sei. Es seien Kollegen von ihm hingefahren, er selbst sei dann auch hinzu gekommen, aber erst etwas später. Es sei noch stockdunkel und ziemlich kalt gewesen, es sei ja Januar gewesen. Die Straße sei abgesperrt gewesen, es sei seines Wissen nur noch ein Rettungsfahrzeug da gewesen, die verletzte Person sei schon im Krankenhaus gewesen. Die Angehörigen seien am Anfang noch da gewesen und später dann auch zu der Tochter ins Krankenhaus gefahren worden. Es sei dann eine Tatortbegehung gemacht worden. Es habe sich um ein Ladenlokal im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses, vorne hin zur Straße, gehandelt. Neben der Tür sei ein großes Schaufenster gewesen, das habe schon Schäden aufgewiesen, das Rollo sei nach draußen gedrückt gewesen. Hinter dem Ladenlokal schließe sich ein Vorraum an und dahinter so eine Art Aufenthaltsraum. Links davon sei noch ein Hinterhof mit Verglasung. Die Fenster seien vergittert. In dem Aufenthaltsraum seien auch die schwersten Schäden gewesen, Folgen der Explosion seien deutlich zu erkennen gewesen. In der hinteren Ecke habe ein Schreibtisch gestanden, ein Tisch mit Holzplatte und Stahlgestell. Die Schreibtischplatte sei kaputt gegangen. An der Wand seinen trichterförmige Spuren gewesen. Es habe ein kurzes Feuer gegeben, richtig gebrannt habe es nicht. Eine Metallkiste sei hinten zu sehen gewesen. Hinterher habe sich herausgestellt, dass es sich um eine Christstollendose mit roter Lackierung und weißen Sternen gehandelt habe. Außerdem seien Teile von einem zerplatzten Druckbehälter gefunden worden, den sie zu dem Zeitpunkt aber noch nicht hätten zuordnen können. Wegen des Verdachts, dass es sich um eine Sprengstoffexplosion handelt, hätten sie abgeklärt, dass das Haus nicht mit Gas versorgt ist, auch sonst habe es keinen Hinweis auf eine Raumexplosion gegeben. Sie hätten dann die Tatortgruppe des LKA Düsseldorf zur weiteren Tatortaufnahme angefordert. Die sei zeitnah erschienen. Dann sei der Tatort mit denen nochmal begangen worden. Der Tatort sei dann aus „Praktikabilitätsgründen“ in Sektoren aufgeteilt worden, jeder Raum als abzusuchender Raum: „Dann haben die ihre Arbeit gemacht. Das war im Wesentlichen an dem Tag alles.“

Götzl nennt einen Bericht und Mo. fragt, ob das der Bericht eines Kollegen sei, worauf Götzl antwortet, der Bericht sei von Mo. unterschrieben. Mo. sagt, den Bericht habe er nicht gefunden und fragt, ob er ihn sich mal anschauen könne. Götzl beginnt jedoch mit Vorhalten. Er hält vor, dass die Tür zum Büro geöffnet gewesen sei und aufgrund des Spurenbildes auch zum Zeitpunkt der Explosion geöffnet gewesen sein müsse. Die Schaufensterscheibe zur Probsteigasse sei zerstört gewesen. Mo. sagt, die Scheiben im Aufenthaltsraum seien auch zerborsten gewesen, er meine, dass im Innenhof Splitter gewesen seien. Götzl hält vor, dass der Rollladen aus der Führung gewesen sei und auf dem Gehweg Glasscherben gelegen hätten, was Mo. bejaht. Götzl verliest, dass die Metalltür aus dem Vorraum in den rechten Innenhof geschlossen und durch die Druckwelle aufgerissen worden sei, das Schließblech habe entsprechende Verformungen gezeigt. Die Decke sei zum Teil herabgefallen. An einer Tiefkühltruhe sei die Türe herausgerissen worden, hält Götzl vor. Mo. sagt, er habe keine Erinnerung, aber es sei wohl so gewesen. Der Hinterhof, so Götzl weiter, sei durch ein Mauer vom Nachbarhaus getrennt, auch bei Hausnummer 48 seien Folgen erkennbar. Mo. sagt, er könne sich an die ganzen Scherben auf dem Boden des Innenhofs erinnern. Zum Vorhalt, dass sich nach Überklettern der Mauer, weil die regulären Zugänge zugestellt gewesen seien, unzählige Glasscherben und Trümmerteile gefunden hätten, sagt Mo. er erinnere sich jetzt daran.

Götzl hält vor, dass das Welldach zerstört gewesen sei und auf dem Boden gelegen habe. Im Büroraum, so Götzl weiter, seien die massivsten Schäden gewesen, die Verglasung sei vollständig zerstört, die Decke komplett heruntergefallen, die Deckenbalken zum Teil heraus gebrochen. Das sei eine Heraklith-Decke gewesen, so Mo. Das Explosionszentrum sei an der linken hinteren Ecke, die Spüle an der Eingangswand sei eingestürzt gewesen, die Schreibtischplatte durchgebrochen, verliest Götzl. An der vom Eingang hinteren rechten Ecke sei die Wand punktförmig stark beschädigt gewesen, es habe Abplatzungen und vom Zentrum der Explosion strahlenförmige Brandspuren gegeben. Mo. sagt, er habe später mal Kontakt zur Verletzten gehabt. Auf die Frage, in welcher Verfassung sie gewesen sei, sagt Mo. sie sei schon sehr schwer verletzt gewesen, habe leise und langsam gesprochen, sei nach der langen Zeit immer noch total geschockt gewesen.

NK-Vertreterin RAin Lunnebach, die die betroffene Familie vertritt, möchte wissen, ob am Lebensmittelgeschäft ersichtlich war, dass es sich um ein Geschäft von „ausländischen Mitbürgern“ handelte. Mo. sagt, er meine nicht, er meine sogar, dass da ein deutscher Name stand. Auf den Vorhalt des Namens „Gerd Simon“ sagt Mo.: „Genau.“ Lunnebach fragt nach der Dekoration und Mo. sagt, dass man von innen eher darauf habe schließen können. Lunnebach fragt, was Mo. zu der Gegend sagen könne, zur Probsteigasse. Das sei „normaler Durchschnitt“, so Mo., kein Stadtteil, wo überwiegend Ausländer wohnen. Es sei eine „normale Durchmischung“. Sie hätten Stadtteile in Köln mit hohem Anteil wie z.B. die Keupstraße, aber damit sei das absolut nicht vergleichbar. Auf Frage sagt Mo. er wisse nicht, wann sein Kollege Mittler erschienen sei, es könne sein, dass er sogar mit ihm zusammen erschienen sei. Es könne sein, so Mo. auf Frage, dass er Fotos gemacht habe, aber überwiegend habe das LKA fotografiert. Lunnebach fragt, ob Mo. selber mit dem BKA oder VS Kontakt gehabt habe, was dieser verneint. Auf Frage von Lunnebach, ob er von Kontakten zum VS gehört habe, sagt Mo.: „Nein, da habe ich nie was gehört.“ Auf Frage von RAin Clemm (ebenfalls Vertreterin der Betroffenen), ob er noch weitere Ermittlungen in der Sache getätigt habe, sagt Mo. es sei eine Ermittlungskommission gegründet worden, es habe Vernehmungen von Angehörigen und Spuren gegeben, die seien im Rahmen der Ermittlungskommission abgearbeitet worden. Das Phantombild sei in den Medien veröffentlicht worden, so Mo. auf Frage, ob es als Plakat ausgehängt wurde, daran könne er sich nicht erinnern. Auf Vorhalt von Götzl sagt Mo., dann habe er die Fotos gefertigt und Mittler die Mappe erstellt.

Es folgt der Zeuge Mittler. Er berichtet, er sei auf Anforderung der Kollegen zum Tatort  gekommen, weil er Sprengstoffermittlungsbeamter gewesen sei. Als er eingetroffen sei, sei keiner der Verletzten oder unmittelbar Beteiligten anwesend gewesen. Der Geschädigte sei in der Nähe gewesen, den habe er an dem Tag auf jeden Fall noch gesprochen. Es sei dann ziemlich schnell das LKA zur Unterstützung gerufen worden.

Dann werden Lichtbilder des Tatorts in Augenschein genommen, zuerst Außenaufnahmen, später Aufnahmen von den Innenräumen und von Hinterhöfen. Mittler kommentiert die Bilder. Bei den ersten Bildern sagt er, er kriege schon langsam Schwierigkeiten, seine Erinnerung sei doch nicht so konkret. Er denke, es handele sich um Übersichtsaufnahmen. Dann gehe es näher an den Tatort heran. Der Sprachgebrauch sei „Kiosk“ gewesen, aber eigentlich sei es ein kleines Ladengeschäft gewesen. Durch den Druck der Explosion seien an der Vorderfront von den Rolläden Beschädigungen festzustellen gewesen, und er meine auch an der Eingangstür. Auf einem Bild ist der Schriftzug „Lebensmittel Getränkeshop Gerd Simon“ zu erkennen. Die Explosion sei im Hinterzimmer des Ladens gewesen, wo die geschädigte Familie normalerweise gefrühstückt oder sich aufgehalten habe. Die vergitterten Fenster seien gut zu sehen, da habe es auch Beschädigungen gegeben, es sei einiges nach außen geworfen worden. Zu Bild 9 und 10 sagt Mittler, das sei der Laden an sich, den Verkaufsraum, Bild 11 zeige einen Durchgang. Götzl fragt, von welchem Raum zu welchem Raum. Das wisse er jetzt leider nicht, so Mittler, er vermute vom Laden zum Frühstücksraum. Es folgen Bilder von Fenstern aus dem „Frühstücksraum“. Man sehe Beschädigungen, so Mittler, dass Glas weggeflogen ist. Er meine, sagt Mittler zu Bild 15, dass das aus dem Frühstücksraum sei, Teile der Decke, die heruntergekommen seien.

Götzl hält vor, der Brandherd sei im „Büro“ gewesen. Mittler sagt, man könne das auch als Büro bezeichnen, aber die Familie habe gesagt, dass sie da das Frühstück eingenommen habe. Es sei mehr ein Aufenthaltsraum, sei aber wohl auch Büro gewesen. Auf Bild 20, so Mittler, sehe man Teile der heruntergefallenen Decke und auf Bild 19 Teile des Tisches, wo der Präsentkorb gestanden habe. Bild 20 zeige das Explosionsbild an der Wand in unmittelbarer Nähe des Präsentkorbes. Es folgen Bilder von weiteren Beschädigungen in diesem Bereich. Zu Bild 25 sagt Mittler, man sehe den Durchgang vom Büro zum Ladenlokal.

Die Frage von RAin Clemm, ob er der Ermittlungsleiter gewesen sei, bejaht Mittler, er sei der Sachbearbeiter gewesen. Clemm fragt, was Mittler unternommen habe, um andere Dienststellen einzubinden. Mittler: „Wie meinen Sie das?“ Clemm fragt nach Staatsschutz oder VS. Bei Sprengstoffsachen gehe eine Zweitakte an den Staatsschutz, so Mittler. Clemm sagt, am 19.1. seien auch BKA-Beamte da gewesen, und fragt, ob Mittler das erklären könne. Das könne der Kollege, der gleich folgt besser sagen, so Mittler. Vom BKA seien ein oder zwei Beamte beim LKA zur Ausbildung gewesen. Das LKA habe die Kollegen mit zum Tatort gebracht. Clemm fragt, ob die in die Ermittlungen eingebunden gewesen seien. Mittler sagt, in Köln nicht, ob beim LKA wisse er nicht. Clemm fragt nach dem VS. Mittler antwortet, sie hätten sich nicht erklären können, wo das Motiv für die Tat ist. Sie hätten ja auch keine Täter ermittelt. Sie hätten versucht, in alle Richtungen zu ermitteln und auch beim VS gefragt, ob die etwas gehört, gesehen oder mitbekommen haben. Es habe keine Erkenntnisse gegeben. Clemm fragt, ob das gezielt gewesen sei oder ein allgemeiner Verdacht. Mittler: „Das war mehr ein allgemeiner Verdacht.“ In den Protokollen des Bundestags-UA klinge es eher nach einem iranischen Hintergrund, so Clemm. Das sei eine Möglichkeit gewesen, sagt Mittler. Da die Familie aus dem Iran gekommen sei, hätten sie gedacht, dass es sein könnte, dass eine iranische Organisation dahinter steht. Auf Frage sagt Mittler, er wisse nicht, wie schnell der VS informiert wurde, er denke aber, dass es in den ersten Tagen gewesen sei. Clemm fragt, ob vielleicht am selben Tag. Er habe das sicher nicht veranlasst, aber das könne der Staatsschutz gewesen sein, so Mittler.

RAin Lunnebach fragt, ob Mittler unmittelbar Kontakt mit dem Staatsschutz gehabt habe. Mittler antwortet, sie hätten zwar einen guten Draht zum zum VS gehabt, es habe vor Jahren einen Anschlag auf das BfV gegeben. Danach sei das eingeschlafen, einen persönlichen Kontakt habe er nicht. Wenn er etwas habe wissen wollen, was politisch war, dann habe er den Staatsschutz schriftlich informiert. Auf Frage, wie es an dem Tag war, sagt Mittler, es sei grundsätzlich so, dass beide Dienststellen parallel arbeiten, er könne sich nur vorstellen, dass der Staatsschutz beim VS angefragt hat. Er könne nicht sagen, wer vom Staatsschutz ermittelt hat. Sein Dienststellenleiter habe die Aufgabe Kontakt zum Staatsschutz zu halten. Wenn der Staatsschutz etwas erfahren hätte, so Mittler, dann wäre das über den Dienststellenleiter zu ihm gekommen, aber es sei nichts gekommen.

Zum Phantombild sagt Mittler, das erste Phantombild sei auf jeden Fall in der Presse gewesen, es könne auch sein, dass sie dieses Bild auch in die Hausbefragung mit einbezogen haben. Lunnebach sagt, dazu finde sich nichts in den Akten. Darauf sagt Mittler, das müsse in irgendeinem Beiordner sein. Lunnebach sagt, sie kenne das Bild, es gehe aber darum, was damit veranlasst worden ist. Sie hätten nicht viel drauf gesetzt, antwortet Mittler, weil der Geschädigte nicht sicher gewesen sei, dass das Bild mit der Person, die den Präsentkorb abgegeben hat, übereinstimmt. Es sei ein zweites Bild angefertigt worden, das habe aber noch weniger gepasst, nur das erste sei veröffentlicht worden. Er verneint, dass Plakate angefertigt worden sind. Auf die Frage, ob das Bild dem VS zur Kenntnis gegeben worden sei, sagt Mittler, er habe das nicht getan, vielleicht der Staatsschutz, aber die Beamten des VS hätten das Bild in der Zeitung sehen können.

Auf Frage, ob er in Richtung Rechtsextremismus ermittelt habe, sagt Mittler, er sei von der Allgemeinkriminalität, sie würden nicht politisch ermitteln, alles Politische gehe an den Staatsschutz. Lunnebach fragt, ob ein politisches Motiv etwas gewesen wäre, was sie zu bedenken gehabt hätten. Mittler bejaht das und sagt, dass sie auch froh gewesen wären, wenn sie es an den Staatsschutz hätten abgeben können. Lunnebach möchte wissen, an was Mittler gedacht habe. Der antwortet, da der Mann Ausländer gewesen sei, hätte es von Rechts kommen können, aber auch die Linken seien sehr aktiv gewesen in Köln, deswegen sei auch Links möglich, und die Familie komme aus dem Iran, daher hätte es auch von da kommen können. Lunnebach fragt, ob Links gegen Ausländer nicht eine merkwürdige Idee sei. Mittler sagt, die meisten Anschläge mit Sprengstoff in Köln seien von Links gekommen.

Zschäpes Verteidiger RA Stahl beanstandet. Richter Götzl möchte wissen, was Stahl beanstandet, die Frage sei noch nicht gestellt. Stahl sagt, Götzl müsse ihn nicht vorführen, und spricht von einem „politischen Seminar“. Auf erneute Frage, was er beanstandet, sagt Stahl, er beanstande den kompletten Komplex; ob Anschläge von Rechts oder Links kommen würden, habe mit der Schuldfrage nichts zu tun. Lunnebach sagt, sie knüpfe an das an, was Mittler genannt habe, es gehe um die Diskussion, dass Linksextremismus bei einem Angriff auf Ausländer ausscheide. Götzl sagt, Lunnebach solle die Frage stellen. Lunnebach sagt, Mittler habe Rechts- und Linksextremismus und Iraner genannt. Mittler nennt zusätzlich die Organisierte Kriminalität. Rechtsextremismus sei laut Mittler ja auch in Frage gekommen, sagt Lunnebach und fragt, was denn da an Ermittlungen nahegelegen hätte. Nun beanstandet Zschäpes Verteidiger RA Heer. Nach einer kleinen Auseinandersetzung zwischen Lunnebach und Heer fragt RAin Clemm, ob Mittler bis zum Schluss Leiter der Ermittlungsgruppe gewesen sei. Das bejaht Mittler, sicherlich habe er auch die Akte bis zum Schluss begleitet, er habe aber auch Aktenführer gehabt. Er bestätigt, dass Frau van O. eine der Aktenführerinnen gewesen sei. Auf die Frage, ob da nochmal diskutiert worden sei, wie der Sachstand zum Motiv war, und weswegen abgeschlossen wurde, sagt Mittler, es sei abgeschlossen worden, weil es keine Spuren mehr gegeben habe. Alle Spuren seien mit negativem Ergebnis abgeklärt gewesen, es habe keinen Hinweis auf den Täter gegeben und dann sei es abgegeben worden.

Clemm fragt, ob sie vom Staatsschutz zum Thema Rechtsextremismus nur gehört hätten, es gebe nichts, und es dann keine weiteren Ermittlungen dazu gegeben habe, was Mittler bestätigt. Mittler sagt auf Frage, für den Tatmittelmeldedienst sei das LKA zuständig. Er verneint, in die Befragungen eingebunden gewesen zu sein. Heer beanstandet. Götzl fragt, ob Heer die letzte Frage meine. Heer sagt, die sei zulässig gewesen, aber die davor nicht. Clemm fragt zu den Materialien der Bombe. Mittler sagt, sie hätten das gut rekonstruieren können, sie hätten die Firma feststellen können, die den Behälter hergestellt habe, es sei ein Gasdruckbehälter für Schweißen. Woher die Dose kam, hätte sie herausbekommen, die sei in Köln auch im Kaufhof verkauft worden, ein Massenartikel, der zur Weihnachtszeit gerne verkauft oder gekauft worden sei. Sie hätten aber keine Erkenntnisse, wer die Dose gekauft habe oder wo sie gekauft wurde.

Clemm fragt mit Bezug auf Mittlers Vernehmung im Bundestags-UA, wie schwierig es war, eine solche Bombe herzustellen. Götzl interveniert und sagt, Mittler sei kein SV. Der UA habe vielleicht nicht unterschieden, aber sie hätten hier den SV Mölle da. Clemm sagt, Mittler sei langjähriger Experte und habe im UA ausgesagt. Clemm hält Mittler seine Aussage im UA vor, dass er sicher sei, Anleitungen für diese Art von Bomben im Internet zu finden. In jedem Fall müsse man aber Erfahrung haben, „zum ersten Mal können Sie sowas also nicht machen. Es ist eben schwierig, den Abreißzünder so in Position zu bringen, dass er Sie selber nicht schädigt, sondern denjenigen, der dann erst den Deckel löst“. Diese Aussage habe er so getroffen, bestätigt Mittler, er mache den Job als Sprengstoffermittler seit ungefähr 30 Jahren. Clemm fragt, ob Mittler Erfahrung mit ähnlichen Bomben habe. Heer unterbricht und sagt, das könne Mittler nicht beantworten, er sei kein SV. Götzl sagt, die Frage sei zulässig. Heer sagt, Mittler sei kein SV: „Hatten Sie auch gesagt, Herr Vorsitzender.“ Götzl lässt die Frage zu und Heer beantragt einen Gerichtsbeschluss. Um 11.16 Uhr geht es weiter. Götzl teilt mit, dass seine Verfügung, die Frage zuzulassen, bestätigt wird.

Mittler sagt, die Frage sei schwer zu beantworten, weil Sprengsätze in der Art ähnlich, aber doch unterschiedlich gewesen seien. Sie hätten Sprengsätze mit Gasdruckbehälter gehabt, aber auch Briefbomben: „Man könnte sagen, ja, es waren Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede.“ Er meine, es sei eine Spur in der Spurenakte gewesen, wo sie abgeklärt hätten, ob der Täter, der den Sprengsatz gelegt hat, auch für „unsere Sache in Frage kommt“. Man sei aber zu einem negativen Ergebnis gekommen. Clemm fragt, ob Mittler der Nürnberger Anschlag mit einer Taschenlampe zur Kenntnis gekommen sei. Der Zeuge sagt, er könne sich nicht daran erinnern, das sage ihm gar nichts. Clemm sagt, aus der Akte wisse man, dass an die Geschäfte, die die Stollendose im Kölner Raum verkauft hätten, das Phantombild geschickt worden sei, ob es Überlegungen gegeben habe, das auch bundesweit zu tun, der Artikel sei ja bundesweit vertrieben worden. Bundesweit hätten sie vom Personal her nicht geschafft, so Mittler, deswegen hätten sie das Naheliegende genommen und sich auf Köln konzentriert.

Die Spuren seien mehr oder weniger automatisch angelegt worden und Sachbearbeiter hätten diese Spuren dann bekommen, so Mittler auf Frage. Clemm zitiert aus den Akten, dass festgestellt worden sei, dass im Nachbarhaus ein griechischer Kulturverein sei, der vielleicht das Ziel hätte sein können. Das sei ihm bekannt, sagt Mittler, sie hätten nicht erklären können, wer für diese Tat in Frage kam, und dann überlegt, ob es sein könne, dass jemand anders gemeint ist. Der ganze Aufbau sei ungewöhnlich gewesen. Der Präsentkorb sei fast vier Wochen vorher im Geschäft abgegeben worden und hätte ja andere treffen können. Vielleicht wäre die Polizei angerufen worden, dass ein Präsentkorb abgegeben wurde, und es hätte einen Polizisten getroffen. Auf die Frage, an welches Täterprofil sie gedacht habe, sagt Mittler, er nehme an, dass sie gar nichts gedacht haben, sie hätten einfach nur in die Richtung ermitteln wollen. Auf Frage bestätigt Mittler, dass man an „Ausländerfeindlichkeit“ denken könne, ob sie daran gedacht hätten, wisse er nicht mehr. Clemm sagt, dass im „Kölner Stadtanzeiger“ gestanden habe, dass auch ein ausländerfeindliches Motiv in Frage komme. Mittler sagt, sie hätten daran gedacht, aber in ihrem Kommissariat in der Richtung nicht ermittelt, sie hätten da keine Erfahrung.

Danach wird noch einmal der Zeuge Mo. vernommen. Mo. sagt, er habe gerade draußen von dem Kollegen Tr. die Lichtbildmappe angeschaut, er könne die Bilder nicht gemacht haben, weil er selber auf Bild 14 zu sehen sei, die Lichtbildmappe habe er aber erstellt. Götzl sagt, er nehme an, dass Mo. jetzt eine andere Lichtbildmappe meine, hier stehe: „Sachbearbeiter Mittler, gefertigt Mo.“ Mo. sagt, das LKA und sie hätten separat Lichtbilder gemacht, die Fotos habe der Kollege Ka. gemacht und er habe die Mappe zusammengestellt. Dann werden wieder Lichtbilder vom Tatort in Augenschein genommen, die Mo. kommentiert. Es folgen weitere Bilder von den Räumen, eines zeige, so Mo., herunter gebrochene Decke. Es werden u.a. Bilder vom „Aufenthaltsraum“ gezeigt. Zu sehen sei ein Brandfleck neben der Heizung, so Mo., hier hätten Dokumente gebrannt, aber nur geringfügig. Bild 19 zeige den eigentlichen Explosionsherd mit Schreibtisch, zerbrochener Platte, fächerförmigen Brandmarkierungen. Er meine, irgendwo hätten sie da einen Teil des zerplatzen Behälters gefunden. Zu Bild 25 sagt Mo., das müsse auch ein Teil vom Druckbehälter sein. Götzl verliest, es handele sich um die ungefähre Lage eines aufgefundenen Teils der Sauerstoffflasche.

Es folgt der Zeuge Norbert Tr., USBV-Ermittler vom LKA NRW. Götzl sagt, es gehe um die Spurensicherung und -auswertung bezogen auf das Tatgeschehen vom 19.1.2001 in der Probsteigasse. Tr. sagt, er habe sich zur Vorbereitung den Spurensicherungs- und auswertungsbericht und die Lichtbildmappe angesehen. Sie hätten am 19.1. vom PP Köln die  Einsatzanforderung bekommen. Er habe auch das Tatortvermessungssystem für die Übersicht mit angefordert, das könne aber auch der Kollege Sp. gemacht haben. Außerdem hätten sie das BKA angefordert, das würden sie regelmäßig bei größeren Tatorten machen. Sie seien ca. 11.15 Uhr eingetroffen und von Mittler eingewiesen und auf Dinge aufmerksam gemacht worden, die die Kollegen beim ersten Angriff festgestellt hätten, er glaube, einzelne Metallsplitter. Sie hätten Spurenbereiche eingetragen: PG für Probesteigasse, AH für Aufenthalt, SZ für Sprengzentrum.

Er sei Leiter der Tatortarbeit gewesen, er habe gesucht, Lichtbilder gefertigt, auch Notizen, wer in welchen Spurenbereichen gesucht hat. Nach Abschluss hätten sie grob die Vorrichtung rekonstruieren können und schon Abriebe zum LKA bringen lassen. Die seien am selben Tag ausgewertet worden, es müsse sich um Schwarzpulver gehandelt haben. Zum Vergleich bringt Tr. eine rote Metalldose mit weißen Sternen nach vorne zum Richtertisch. In der Blechdose sei eine Druckgasflasche eingebracht gewesen und darin delaboriertes oder selbst hergestelltes Schwarzpulver oder Schwarzpulvermischung, so Tr. Die Dose habe sich mit anderen Sachen in einem Weidenkorb befunden. Die Geschädigte habe die Dose leicht angehoben, dann in der Blechdose die Druckgasflasche gesehen und es wieder zugemacht. Und dann sei es unmittelbar zur Umsetzung gekommen. Das liege entweder an einem lichtempfindlichen Schalter oder an Druckentlastung oder -belastung, z.B. durch ein Kunststofffaden. Tr. legt kurz dar, wie die Zündung funktioniert haben kann, spricht von Glühbrücken oder Brennzündern. Das Schwarzpulver sei eng umgrenzt und setze sich in Sekunden um, der Druckgasbehälter zersplittere und dann auch die Blechdose, so Tr.

Dann werden Lichtbilder in Augenschein genommen, die Tr. kommentiert. Er habe mehrere Mappen gefertigt, hier gehe es um den Tatort außer dem Aufenthaltsraum. Es folgt ein Kartenausschnitt vom Tatort, dann Fotos. Es beginnt wieder mit Übersichtsaufnahmen von außen. Zu sehen ist der Laden mit herausgedrückter Jalousie. Vor der Hofeinfahrt stehe, darauf weist Tr. hin, ein Klein-LKW zur Beschaffung von Ware, da sei auch die Kleidung der Geschädigten gewesen. Es folgen Aufnahmen von den Kleidungsstücken. Zu einer Aufnahme sagt Tr., es gehe hier darum, den Druck auf die Kleidung zu dokumentieren. Er meine, dass hier auch vereinzelt Weidenkorbsplitter in die Jacke eingesprengt worden sind von der „extremen Druckwelle“. Es folgen Aufnahmen, die, so Tr., den Verlauf der Ein- und Zufahrt zeigen, an der Seite sei diese Tür, die zum Vorraum links führe. Es folgt eine Übersicht des Hinterhofs mit Müllcontainern und leeren Kisten. Nach den Außenaufnahmen folgen Fotos aus dem Innern des Ladens. Bei einigen folgenden Bildern seien Metallteile zu sehen, so Tr. Ein Bild zeigt u.a. den Kühlschrank mit der fehlenden Tür, auf dem sei, so Tr., oben ein Metallteil gefunden worden. Bei einer Übersicht des Ladens sagt Tr., die Heizkörperverkleidung sei von der Druckwelle umgekippt worden. Zu Bildern vom Hinterhof des Nachbarhauses Nummer 48 sagt Tr., hinter der Wellblechpappe sei der Hof von Nummer 44, 46, der eigentliche Tatort, man habe über Nummer 48, da wo die Verkleidung weggeflogen ist, herüberklettern müssen. Das Scharnier der Tür zu diesem Hinterhof sei, so Tr. zu einem weiteren Bild, wohl raus gebrochen worden, ob durch die Sprengwirkung könne er nicht sagen, wenn müsse aber das Scharnier vorbelastet gewesen sein. Es folgt ein Bild des Hofs des eigentlichen Tatorts. Beide zu sehende Fenster seien „logischerweise kaputt“. Man sieht Splitter und Glasscherben. Es sei ein zertrümmerter Faserstift gefunden worden, so Tr., der müsse durch das Fenster nach draußen geschleudert worden sein. Am Ende der ersten Lichtbildmappe legt Götzl die Mittagspause ein.

Um 13.12 Uhr geht es weiter mit der Inaugenscheinnahme der nächsten Lichtbildmappe. Nun geht es um den Aufenthaltsraum, in dem die Bombe explodiert ist. Zuerst wird eine Übersichtsaufnahme vom Vorraum aus gezeigt. Der Pfeil auf dem Bild, so Tr., deute auf das Sprengzentrum hin. Zu Bild 44 sagt Tr., dass der Pfeil, der auf die Klappcouch hinweise, einen kleinen Brandherd zeige. Die Explosion setze sich um mit einem Feuerball, da könnten auch Teile des Schwarzpulvers gelandet sein und zu einem kleinen Feuer geführt haben. Das nächste Bild zeige einen Brandherd am Heizkörper. Auf der Fensterbank hätten sich Teile der Blechdose gefunden. Zu weiteren Bildern sagt Tr., dass es Standard sei, dass sie alle diese Teile von der konkaven und der konvexen Seiten zeigen würden. Ein Bild zeige den Bereich AH nach Entfernen der Klappcouch, so Tr. Der Tatort werde komplett frei geräumt, um die Wirkungen der Sprengvorrichtung festzustellen. Tr. sagt, es sei eine Waffe gefunden worden mit PTB-Kennzeichen, eine Reizstoff- oder Signalwaffe.

Es folgen Bilder vom Schreibtisch im Aufenthaltsraum, dem eigentlichen Sprengzentrum. Tr. sagt, das Rohrgestell sei stark verbogen worden von der Explosionswirkung. Ein Bild zeige wieder ein Metallteil vom Druckgasbehälter. Bild 57 zeige Beaufschlagungen an der Wand, die trichterförmig abgehen, das gehe von unten, wo der Schreibtisch stand, ab. Er meine, so Tr., dass es auch an der Wand Splittereinschläge gegeben habe. Die Höhe des Tisches sei 65, 70 cm, also im Bereich der höheren Beine. Bild 68 zeige den Deckenbereich, sagt Tr. Da seien vorher Heraklith-Platten gewesen, die komplette Decke sei bei der Explosion zu Boden gefallen. Man sehe, dass oberhalb des Sprengzentrums Deckenbalken aus der Wand gerissen seien. Das letzte Bild zeige AH nach dem kompletten Freiräumen. Man sehe, dass vor dem Heizkörper die Couch gestanden habe. Aus seiner Erinnerung meine er, so Tr., dass die Couch teilweise vor Tür gestanden habe, so dass die Tür bei der Explosion aufgestanden haben müsse.

Es folgt die Inaugenscheinnahme der Lichtbildmappe 3.  Hier geht es um Asservate aus den Bereichen SZ und AH. Unter anderem gehe es um die Splitter von der Blechdose, die sie im Zimmer gefunden hätten. Asservat SZ 2.1 zeige ein markantes Teil, unten könne man Fragmente von dem Hersteller „Kaiser“ erkennen. Es folgen weitere Blechsplitter mit eingepresstem Stofffetzen und Holzteil. Außerdem seien Kupferlitzenstücke gefunden worden, möglicherweise von der Zündvorrichtung. Es geht weiter mit Spiralfederstücken, diversen Holzstücken, wohl vom Weidenkorb. Tr. geht die Asservate weiter durch. Es folgen u.a. Kunststoffstücke, Stofffetzen, ein Stück Geschenkpapier, Alufolienstücke, wohl von einer Tüte Erdnussflips, Kunststoffstücke von einer Bonbonpackung der Marke „Riesen“, Kunststoffsplitter aus dem unmittelbaren Sprengzentrum. Aus dem Rest des Aufenthaltsraum folgen mit der Benennung AR und Nummer u.a. weitere Metall- und Blechsplitter, einer mit dem Fragment der Beschriftung „Stollend“ für Stollendose, Spiralfedern, Holzstücke, Kunststoffstücke, Stofffetzen, er meine von der Auskleidung aus dem Weidenkorb, eine Kunststoffschale, wohl das Bodenteil des Druckgasbehälters, sechs Batterien aus der Zündvorrichtung.

Lichtbildmappe 4 zeige Asservate aus Vorraum, Hinterhof und Laden, so Tr. Es folgen wiederum Blechsplitter von der Dose, dann Kupferlitzenstücke, Holzstücke vom Weidenkorb, Kunststoff-, Stoff- und Geschenkpapier. Dann geht Tr. über zum Hinterhof. Hier seien Blechsplitter gefunden worden, die seien vom Tisch durch das Fenster in den Hinterhof geflogen, er erwähne das wegen der Gefährdungseinschätzung. Tr. nennt wieder Stofffetzen und Zellstofffetzen und andere Kleinteile. Im Hinterhof des Nachbarhauses Blechsplitter, Holzsplitter und Stofffetzen. Dann sei auch noch ein Doppelnippel aus Messing bis ins Nachbargrundstück geschleudert worden. Tr. spricht von einer Teeverpackung und Holzstücken.

Dann, so Tr. zu Bildern von Holzstücken, seien hier noch die bei der Geschädigten im Krankenhaus festgestellten Holzsplitter zu sehen, sechs kleinere, zwei größere mit erkennbarem Blut bzw. rötlichen Anhaftungen. Zur Dokumentation sei auch die Kleidung der Geschädigten fotografiert worden. Es folgen Bilder von stark beschädigten, z.T. blutigen Kleidungsstücken. Man sehe im Schritt- und Beinbereich die extremen Beschädigungen, so Tr., die Explosion habe erkennbar gewirkt. Die Kleidungsstücke seien alle von den Rettungskräften aufgeschnitten worden. Beim Wollpullover der Geschädigten weist Tr. darauf hin, dass hier eingepresste Holzsplitter zu sehen seien. Bei der Jacke seien extreme Gewebedefekte zu sehen, die teilweise durch den Feuerball verursacht worden seien. Es folgen Nahaufnahmen von eingepressten Holzsplittern. Dann seien, so Tr., Bakterietten mit Gesichtsabrieben der Geschädigten zu sehen. Es folgen Aufnahmen von Holzsplittern. Hier müsse es sich, so Tr., um welche handeln, die aus dem Körper der Geschädigten entfernt worden seien.

Die Lichtbildmappe 5 zeige, so Tr., gefundene Asservate und Vergleichsstücke. Zuerst werden die Blechteile der Stollendose der Vergleichsdose gegenübergestellt, die Tr. mitgebracht hat. Dann folgt der Kopf der Druckgasflasche, bei dem der Messingnippel fehle, und rechts daneben das Vergleichsstück. Dann der Vergleich des gefundenen Nippels mit einem Vergleichsstück. Dann folgt eine Gasflasche. Das sei der Orginalzustand einer vergleichbaren Stahldruckgasflasche. Dann folgen die Spiralfeder und die Spiralfeder eines Vergleichsgehäuses.

Tr. sagt, er wolle vielleicht noch zwei Worte zum Gefahrenbereich verlieren. Da würde er sagen, die Personen, die sich in dem Raum aufgehalten haben, hätten damit rechnen müssen tödliche Splitter abzubekommen. Der Nippel sei im Nachbargrundstück gefunden worden. Es wäre, so Tr., sicherlich zu einem schweren Schaden gekommen oder tödlich gewesen, wenn der getroffen hätte. Sie hätten in NRW drei Fälle mit entsprechenden Druckgasflaschen gehabt, da seien keine konkreten Tatzusammenhänge erkennbar, er habe das aber vorsorglich mitgeteilt. Das BKA habe eine bundesweite Auswertung gemacht, das habe er der Dienststelle zugeleitet.

Götzl hält die Maße des Schreibtisches vor und nennt eine 50 mal 50 cm große Zertrümmerung der Tischplatte. Tr. bestätigt das. Dann hält Götzl vor, dass die Metallteile aufgrund der Einprägungen einer Druckgasflasche einer Firma aus Offenau zugeordnet werden konnten. Er gehe davon aus, dass die zwischenzeitlich im Rahmen von Sprengversuchen vernichtet wurde, so Tr., vielleicht sei sie auch an das PP Köln gegeben worden wegen der Öffentlichkeitsfahndung. Es sei wohl doch ein Massenprodukt gewesen. Zum Vorhalt, die Flasche habe ein Volumen von 930 ml Sauerstoff im Original gehabt, sagt Tr., das könne dann der Gutachter berechnen, wieviel Schwarzpulver maximal drin gewesen ist. Er selbst sei zwar kein Gutachter, aber man könne davon ausgehen, dass die Flasche komplett mit Schwarzpulver gefüllt war. Zur Dose hält Götzl vor, dass die Blechteile einer Stollendose der Firma Kaiser aus Diez zugeordnet werden konnte. Tr. sagt, das Vergleichsstück könne er auch hier lassen, das brauche er jetzt nicht. Götzl spricht von Spiralfeder und Batteriehalter. Tr. sagt, er habe eine Vergleichsaufnahme drin, die Batterien würden auf der einen Seite mit einer Zunge gehalten auf anderen Seite mit einer Spiralfeder, die werde sich bei der Umsetzung verlängert haben.

Dann geht es nochmal um die verschiedenen Kunststoff- und Alufolienteile und deren Zuordnung. Danach hält Götzl die Abmessungen eines Vierkantrohrs vom Schreibtisch vor und nennt eine große Verkrümmung von ca. 45 cm. Er meine halt, so Tr., dass das heißen müsse, von der Tischkante 45 cm nach unten gedrückt. Das Vierkantrohr sei erstmal abgerissen und dann 45 cm nach unten verbogen worden. Dann nennt Tr. auf Frage die Abmessungen der Blechdose von 40,5 mal 15,5 mal 19 cm [phon.]. Es folgen die Abmessungen der Druckgasflasche, die Götzl vorhält und Tr. bestätigt: Durchmesser ca. 7 cm, Höhe 30 cm, Wandungsstärke 0,1 cm [phon.]. Götzl hält vor, die Energiequelle seien 6 Batterien 1,5 Volt gewesen, was Tr. bejaht, ein Fragment von der Ummantelung sei aufgefunden worden. Götzl nennt die Spannung, die an den Batterien gemessen worden seien, eine habe 1,3 Volt, fünf 0 Volt gehabt. Tr. bestätigt den Vorhalt. Es folgte eine Pause bis 14.23 Uhr.

Dann werden Skizzen des Tatorts in Augenschein genommen. Sie hätten Kollegen von der Vermessungsdienststelle hinzugezogen, so Tr. Bei den Maßangaben zum Aufenthaltsraum, 2,85 mal 4,30 Meter [phon.], sagt Tr., wer sich da aufgehalten hat, muss bei einem wirksamen Treffer einen tödlichen Treffer haben. Das müsse nicht unbedingt tödlich sein, aber man spreche von tödlichen Treffer. Die Druckgasflasche habe ein relativ starke Wandung, wenn man unglücklich getroffen werde, könne das tödlich sein. Dann geht es auch um das Nachbargrundstück, wo der Nippel gefunden wurde. Tr. sagt, hier stehe 12 Meter, er habe 17 Meter geschätzt. Der Hinterhof des eigentlichen Tatorts sei eigentlich nicht betretbar gewesen vom Geschäft aus, so Tr., die Türen seien zugestellt gewesen.

Auf Frage von RAin Clemm sagt Tr., es gebe nur einen Tatmittelmeldedienst, über Einzelheiten könne er nichts sagen, das umfasse nicht seine Genehmigung. Er denke, so Tr., dass er nach Druckgasbehälter gefragt habe, die Dose sei nur Verpackung. Mit Sicherheit habe er Druckgasflasche eingegeben und als Sprengstoff möglicherweise Schwarzpulver, er wisse es aber nicht konkret. Die Antwort des BKA, so Clemm, höre sich so an, als ob Tr. nur nach einer Gasflasche von einer bestimmten Marke gefragt habe. Das könne er nach der Zeit nicht mehr sagen, erwidert Tr. Clemm fragt, ob er das Ergebnis erhalten und weiter geleitet habe. Sie hätten ihre eigene Auswertung für NRW rein genommen, die drei Fälle, und die des BKA für alle Bundesländer habe schon vorgelegen, das sei an das PP Köln weitergeleitet worden. Ob diesbezüglich Ermittlungen erfolgt sind, entziehe sich seiner Kenntnis, so Tr. auf Frage. Sie seien nur für den objektiven Bereich zuständig, das Motiv sei subjektiv. Clemm fragt, ob noch ein Gutachten erfolgt sei und bezieht sich auf den Bericht des BKA, den Tr. weitergeleitet habe. Er könne dazu inhaltlich nichts sagen, so Tr., er habe das nur weitergeleitet. Nach der langen Zeit sei das vernichtet worden. Es sei ein herausragender Tatort gewesen, das mache man nicht alle Tage, deswegen habe er das noch im Computer gehabt. Die Akten seien vernichtet worden nach 10 Jahren.

Clemm fragt, wann Tr. die Erkenntnis, dass die Sprengvorrichtung potenziell tödlich ist, erlangt habe. Tr. spricht von Sprengversuchen, die sie gemacht hätten, bei denen 1,5 mm dicke Stahlbleche durchschlagen worden seien, das sei vergleichbar mit menschlicher Haut. Die Splitter wären eingedrungen, daher komme der Schluss, dass ein Treffer tödlich sein kann. Clemm fragt, wann Tr. das bewusst gewesen sei und wann er diese Erkenntnis weitergegeben habe. Tr. sagt, da müsse er sich auf seinen Bericht berufen, das erinnere er nicht. Clemm fragt, ob am Anfang der Ermittlungen oder erst kurz vor dem Abschlussbericht. Das habe er sicherlich in den Spurensicherungs- und auswertungsbericht aufgenommen, so Tr., die Erkenntnis hätten sie zeitnah gehabt. Zur Frage, ob er Kenntnisse habe, warum nicht die Mordkommission eingeschaltet wurde, sagt Tr., die Zuständigkeit liege beim PP Köln, dazu könne er nichts sagen. Auf die Frage, wer Informationen zum Tatmittelmeldedienst weitergibt, sagt Tr., es seien BKA-Mitarbeiter vor Ort gewesen, die könnten das gleich weiterleiten. Er verneint, Erkenntnisse über einen Sprengstoffanschlag in Nürnberg 1999 zu haben.

RAin Lunnebach möchte wissen, wie individualisierbar USBV sind, ob man von einem Fingerabdruck einer USBV sprechen könne, ob man das vergleichen könne. Dann sagt Lunnebach, StA Schmidt von der BAW lache sich halb tot, das sei ungehörig und ausgesprochen irritierend. Tr. antwortet auf Lunnebachs Frage, es gebe sicherlich Vorgehensweisen, die individualisierbar sind, z.B. wenn immer an derselben Stelle gebohrt werde, aber wirklich individuell sei es nur bei einem Fingerabdruck. Hier sei das nicht der Fall. Auf Frage nach dem Anschlag in Düsseldorf-Werhahn 2000 sagt Tr., da sei er krank gewesen sie aber später beteiligt gewesen. Das sei aber komplett anders gewesen. Lunnebach fragt, ob Tr. USBV im Bereich Rechtsextremismus habe nachvollziehen können. Sie seien für die Motivlage, ob rechts oder links oder OK, nicht zuständig, so Tr. Im vorliegenden Fall liege keine Bekennung vor, so dass sie nichts hätten eintragen können. Auf die Frage, ob er mal von einem Kollegen eine Zuordnung zum Bereich Rechtsextremismus bekommen habe, sagt Tr., das sei ihm nicht bekannt.

Auf die Frage, ob er bei der Bombe eine kriminaltechnische Untersuchung gemacht habe, sagt Tr., aufgrund von Hitze und Feuerball seien daktyloskopische und serologische Spuren in der Regel nicht nachweisbar. Untersuchung auf daktyloskopische Spuren habe er eingeleitet, serologische nicht, wegen der thermischen Entwicklung. Abriebe von der Wand seien abgegeben worden, mit Ergebnis Schwarzpulver. Es habe keine daktyloskopischen Spuren gegeben, das sei, wenn sich die USBV umgesetzt habe, oft so. Die entsprechend untersuchten Asservate seien im Bericht aufgeführt, von kleinsten Splittern könne man keine Abdrücke nehmen.

NK-Vertreter RA Kolloge fragt nach der Größenordnung, wieviele Sprengstoffgeschehen sie im Jahr so untersuchen würden, abgesehen von „Polenböllern“ oder so. Da sei unterschiedlich, in letzter Zeit seien es mehr „Polenböller“ und Pyrotechnik in Fußballstadien. Sie würden zur Zeit eine Auswertung machen, er könne nur schätzen, 20, 30 bis 50. Es würden aber auch nicht alle bei ihnen landen. Der SV Mölle fragt die Gewichte der Stahl- und Blechsplitter und des Messingnippels ab. Dann teilt Richter Götzl mit, dass geplant sei, die Verletzte des Bombenanschlags und Nebenklägerin bereits morgen zu hören.

Der Verhandlungstag endet um 14.55 Uhr.

Das Blog NSU-Nebenklage schreibt: „Der damalige Ermittlungsleiter beschrieb, dass (mal wieder) keinerlei Erkenntnisse zum Tatmotiv ermittelt wurden. Die absolute Planlosigkeit der damaligen Ermittler reproduzierte er mit der Formulierung: ‚Der Mann war Ausländer, das hätte von Rechts kommen können, das hätte auch von Links kommen können, der Mann war Iraner, das hätte auch von dieser Seite kommen können.'“

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