Protokoll 305. Verhandlungstag – 02. August 2016

0

An diesem Verhandlungstag sagt zunächst der ehemalige Staatsschützer Kö. zu seinen Erkenntnissen zu Ralf Wohlleben und der rechten Szene in Thüringen aus. Danach geht es erneut um Fragen von Nebenklage-Vertreter_innen an Beate Zschäpe.

Zeuge:

  • Ernst Kö. (KHK i.R., ehem. Staatsschutz KPI Jena, Erkenntnisse zu Ralf Wohlleben)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:47 Uhr. Zeuge ist Ernst Kö., ehemals KPI Jena. Götzl: „Es geht uns um Herrn Wohlleben und Erkenntnisse zu Herrn Wohlleben in der Vergangenheit, als Sie noch aktiv tätig waren im Polizeidienst und hier geht es uns einfach um die Frage, inwiefern Sie überhaupt mit Herrn Wohlleben befasst waren, insbesondere Ausländer- und Asylpolitik, was Sie von seinen Ansichten, Äußerungen und Aktivitäten mitbekommen haben. Ich würde darum bitten, dass Sie auch die , den THS noch einbeziehen, dass Sie dazu auch noch Stellung nehmen. Ich würde Sie bitten, damit zu beginnen, inwiefern Sie überhaupt mit Herrn Wohlleben befasst waren, wie Ihre Tätigkeit ausgesehen hat.“ Kö.: „Ich bin ja seit 1990 zuständiger Leiter des Kommissariats Staatsschutz im Bereich Jena gewesen bis zum Ausscheiden 2012 und insofern hatte ich dienstliche Kontakte zu Herrn Wohlleben und allen anderen Beschuldigten, die hier Raum stehen, bekommen. Wobei die Kontakte mehr auf der dienstlichen Ebene waren, meine Mitarbeiter hatten direkteren Kontakt bei einzelnen Vernehmungen. Wobei es mal vorgekommen sein kann, dass ich mal Herrn Wohlleben persönlich vernommen habe, als Zeuge oder Beschuldigter.“

Götzl: „Was können Sie denn zu den Kontakten im Einzelnen sagen, inwiefern Ihre Dienststelle, auch Ihre Kollegen, Kontakt zu Herrn Wohlleben hatte, welche Sachverhalte, welche Ermittlungen?“ Kö.: „Nach meiner Erinnerung ist zumindest der Herr Wohlleben 1996 mir bekannt geworden in dem Sinne, dass er in diese Szene hineingehört. Von 1991 an waren es mehr Skinheadszenen, Hooliganszenen, die Probleme bereitet haben, und '93, '94, '95 gab es dann die ersten Erscheinungen von Leuten wie André Kapke und dem Umfeld von ihm, das waren dann Zschäpe, Mundlos, die als Gruppe verbunden waren. Und so '96 tauchte dann auch der Wohlleben auf. Es gab auch ein Foto von dieser Zeit, wo sie eine Feier hatten, wo sie abgebildet waren. Das entwickelte sich fortführend dann weiter, wo Herr Wohlleben sich mehr engagiert hat im Sinne von in der Kameradschaft Jena, dass er Infostände mitbetrieben hat bzw. anwesend war und solche Geschichten. Straftaten waren 1996 noch nicht bei ihm, zumindest kann ich mich nicht erinnern. Im Vorfeld war André Kapke einer der ersten in dieser Szene, der mit Straftaten, Propagandamittel, Sachbeschädigungen aufgefallen war. Herr Wohlleben war da noch nicht sonderlich mit Straftaten, staatsschutzmäßig, aufgefallen. Später entwickelten sich Kontakte mit Herrn Schwerdt, Bundesvorstand NPD, der zuständig war nach meiner Erinnerung für Thüringen, der später dann auch Landesvorsitzender wurde. Und da war Herr Schwerdt öfters zu sehen gewesen, u. a. auch mit Herrn Wohlleben. Und Wohlleben hat dann begonnen, den KV der NPD aufzubauen und zu führen als stellvertretender und dann als Vorsitzender [phon.]. Und so richtig aktiv ist er, glaube ich, 1999 geworden in der NPD.“

Götzl: „Inwiefern?“ Kö.: „Dass er jetzt Funktionsträger war. Bis dahin war es mehr und weniger, also zumindest keine echte Mitgliedschaft, jedenfalls habe ich da keine Erkenntnisse.“ Götzl: „1999 wäre er richtig aktiv geworden im Sinne eines Funktionsträgers, können Sie das noch näher ausführen?“ Kö.: „Ich hatte den Eindruck, es gab Bestrebungen, – nicht nur der NPD, sondern die Jahre zuvor auch der Partei , dann der DVU, der NPD – Einfluss zu gewinnen in Thüringen, aber auch insbesondere im Umfeld Jena. Und mehr oder weniger hat sich die NPD als solche durchgesetzt und mit der KV-Gründung durch Herrn Wohlleben war er aktiv, hat versucht, weitere Mitglieder zu werben und in den KV mehr Struktur rein zu bringen, im Sinne von Mitgliederschulungen, Mitgliedsbeiträge einzutreiben, dass es eine geordnete Partei in dem Sinne wird. Später hat er versucht, weitere KV-Gründungen im Umland von Jena, Saale-Holzland-Kreis, anzuregen, da gab es einen Herrn Ja., der enge Kontakte zu Wohlleben hatte, ist mir in Erinnerung, dort einen KV zu installieren [phon.]. Das ist aber eine relativ kurzfristige Erscheinung geblieben.

Später ist er aktiver geworden im Rahmen der NPD, hat sich engagiert im Landesvorstand [phon.], war dort dann Pressesprecher meines Wissens nach, war dort stellvertretender Landesvorsitzender, hat sich in den Ortschaftsrat wählen lassen in seinem Wohngebiet, einmal in Jena-Winzerla und später nochmal Ortschaftsrat Jena-Altlobeda. Soweit meine Erkenntnisse vorliegen, hat er sich dort relativ engagiert eingebracht im Sinne von Bürgerproblemen. Negativ im Sinne von NPD-Parteipolitik oder rechtsradikale Tendenzen gab es nie Hinweise, die zu uns gelangt sind. Später kam es ja dann zu möglicherweise Zerwürfnissen. Es wird kolportiert, dass es da um Führungsansprüche in der NPD ging. Es gab diesen Patrick Wieschke, wo es dann wahrscheinlich persönliche Animositäten gab, und Herr Wohlleben ist dann mehr oder weniger aus der NPD ausgeschieden, ich glaube 2009, zumindest als aktives Funktionsmitglied. In seiner Zeit im KV Jena hat dann auch seine Ehefrau mitgearbeitet, sie war nach meinem Wissensstand als Schatzmeisterin eingesetzt oder Kassenwart. Zu dem letzten Stand, was ich an Zahlen hatte, waren so ca. 20 Mitglieder eingeschrieben bei diesem Kreisverband in Jena. Es war immer das Bestreben, denke ich mir, beim Herrn Wohlleben gewesen, viele Mitglieder in die NPD zu werben, im Jugendbereich bzw. bei jungen Erwachsenen, man versuchte über die Schiene Konzertveranstaltungen Kontakt zu bekommen, so Rechtskonzerte [phon.] mit Bands, die z. T. konspirativ vorbereitet worden sind, durch Mund-zu-Mundpropaganda, der eine bringt den anderen mit, so sinngemäß.“

Götzl: „Was können Sie denn noch einerseits zur Kameradschaft Jena, andererseits zu THS und ggf. Aktivitäten von Herrn Wohlleben in Zusammenhang damit sagen?“ Kö.: „Hebt sich nicht ab. [phon.] Hinsichtlich Aktivitäten der Kameradschaft Jena bin ich der Auffassung, das war mehr eine Entstehungsgeschichte um André Kapke, der die Kameradschaft Jena ins Leben gerufen hat. Irgendwann ist dann sicherlich der Herr Wohlleben dazu gestoßen und andere aus dieser Szene. Ich hatte bis dahin keinen Eindruck, dass sich der Herr Wohlleben im Sinne von militanten Äußerungen, Taten, Straftaten hervortun würde. Ich habe keine Kenntnisse, dass von ihm Straftaten ausgegangen sind oder er beteiligt war. Er hat sich immer, für meine Auffassung, im Hintergrund gehalten und war clever genug bzw. intelligent genug, sich auf diese Dinge nicht einzulassen [phon.]. Anfangsweise. Es gab dann eine Umgruppierung, da führte Tino Brandt den Thüringer Heimatschutz ein, wo man versuchte, alle Kameradschaften in Thüringen zu integrieren. Es bildete sich noch eine Untergruppierung [phon.] aus, die nannte sich Anti-Antifa Jena bzw. – Thüringen [phon.], wo man gegen die militanten Kräfte der linken Szene vorgehen wollte bzw. sich [phon.] verteidigen wollte. Es gab ja immer Auseinandersetzungen rechts-links. Und später wurde dann federführend der THS mit Tino Brandt an der Spitze, bis er dann zerfiel und sich wieder eine Kameradschaft Jena etablierte oder das Freie Netz Jena mit Ablegern in Kahla, wo auch bekannte Persönlichkeiten – in Anführungszeichen – integriert waren. [phon.]“

Götzl: „Was jetzt einzelne politische Aktivitäten der Kameradschaft Jena einerseits angeht und andererseits die Frage danach, ob Herr Wohlleben in dem Zusammenhang eine Rolle gespielt hat und ggf. welche?“ Kö.: „Nach meiner Auffassung hat Herr Wohlleben alles, was parteipolitisch mit der NPD zu tun hatte, Infostände, Mahnstände, Demoveranstaltungen, Kundgebungen, da hat er versucht, Personen vorzuschicken als Anmelder und im Hintergrund blieben immer oder oftmals der Herr Wohlleben und der Herr Kapke. Und insbesondere aktiv wurde Wohlleben dann beim Thüringentag der Nationalen Jugend. Eine Veranstaltung, die jährlich stattfinden sollte in verschiedenen Orten. [phon.] Die erste Veranstaltung fand in Jena statt und dort reisten dann überregional Leute der rechten Szene an.“ Innerhalb des Thüringentags sei dann der Jugendverband der NPD, JN, aktiv gewesen, dem lange ein gewisser Christian Kaiser vorgestanden habe [phon.].

Götzl: „Welche politischen Aktivitäten hat denn jetzt die Kameradschaft entfaltet und in welcher Form?“ Kö.: „Es gab verschiedene Demonstrationsanmeldungen. Schwerpunkt bildete später das , was auch erstmals in Jena stattgefunden hat 2005. Wo Personen der Parteienszene, auch der rechtskonservativen, NPD, Republikaner [phon.], und natürlich auch diese Kameradschaften aktiv an diesen Veranstaltungen teilgenommen haben. Es wurde thüringenweit zu Demonstrationen aufgerufen. Markant ist der Rudolf-Heß-Gedenktag, der am 17.08. stattfand, da versuchte man auch in Jena mehrere Veranstaltungen durchzuführen, wo es dann auch immer heftige Auseinandersetzungen gab mit der linken Szene und teilweise Protestaktionen der Zivilbevölkerung [phon.]. Hintergrund war immer NPD oder aber Kameradschaft.“ Götzl: „Gab es denn jetzt in Zusammenhang mit den von Ihnen aufgezählten Veranstaltungen und Demonstrationen, gab es denn da irgendwelche politische Parolen, Äußerungen? Wobei ich da bitte, immer zu unterscheiden: von der Kameradschaft Jena, vom THS und dann auch von Wohlleben.“ Kö.: „Zumindestens der Herr Wohlleben ist beim Thüringentag der Nationalen Jugend oftmals mit Schwerdt und aber auch anderen als Redner aufgetreten. Schwerpunktmäßig ging es immer darum, dass die Regierung, die etablierten Parteien versagt haben. Das Problem Ausländer im Sinne Überfremdung spielte immer eine Rolle. Man war der Meinung, zu viele Ausländer gäben zu viele Probleme in der Bundesrepublik. Man solle sich zusammenschließen, die freien Kräfte, die nationalen Kräfte sollten sich verbinden, um einen Gegenentwurf zu den etablierten Parteien zu bilden. Die Reden sind oft ausgewertet worden, ob sie strafbar sind. Sie waren mal grenzwertig, aber ich kann mich nicht erinnern, dass Herr Wohlleben mal eine Straftat im Sinne einer Volksverhetzung von sich gegeben hätte.“

Götzl fragt, ob es Äußerungen Wohllebens zu „Überfremdung“ gegeben habe, oder dass es zu viele Ausländer gebe. Kö.: „Ja, das war immer der Tenor dieser Redner, die meistens aus rechtsradikalen Kreisen waren. Egal ob das aus Thüringen, Deutschland war oder Bürger aus Europa , z. B. Slowakei, Russland. [phon.] Insbesondere beim Fest der Völker, wo dann relativ rechtsradikale Reden gehalten wurden. Bestimmte Äußerungen von Herrn Wohlleben habe ich jetzt nicht mehr in Erinnerung, immer nur der allgemeine Tenor.“ Götzl: „Gab es sonstige Veranstaltungen, Versammlungen, neben dem Fest der Völker 2005 und den Demonstrationen, die Sie noch in Erinnerung hätten?“ Kö. „Ja, dieses Fest der Völker sollte wiederholt werden, 2006, wenn ich mich richtig erinnere. Da musste es aber abgesagt werden, denn zu dem Zeitpunkt fand die Fußball-WM statt und da war so genannter polizeilicher Notstand zu verzeichnen in Jena. Es fand dann aber noch weitere Male statt, teilweise in Pößneck, Altenburg, wo es Auseinandersetzungen gab mit der linken Szene, autonome Szene, wo es zu heftigen Straftaten, Landfriedensbrüchen kam.“ [phon.]

Götzl: „Welche Rolle spielte Herr Wohlleben beim Fest der Völker 2005?“ Kö: „Er war zumindest Mitorganisator, zusammen mit André Kapke. Die haben die organisatorischen Dinge gemanagt, sich teilweise um die Musikbands gekümmert. Es wurde Eintritt erhoben, Solidaritätsspenden sinngemäß. Die Unterkünfte wurden, denke ich, mit von denen gemanagt. Das haben die alles gemanagt, Kapke, Wohlleben und sicherlich noch andere. [phon.] Wobei, am Anfang hat man immer einen No-Name vorgeschickt, jemanden, wo sie vielleicht dachten, der ist bei der Stadt Jena oder der Polizei weniger bekannt. Aber nachdem wir den Namen hatten, wussten wir, der gehört in die rechte Szene und ist ein vorgeschobener Anmelder. Weil man hatte ja immer die Befürchtung bei Herrn Wohlleben, Herrn Kapke und anderen, dass wenn sie Dinge anmelden, dass man mit ziemlichen Gegenmaßnahmen der Stadt rechnen musste. Auflagen usw. Man hat immer versucht, derartige Rechtsveranstaltungen zu unterbinden bzw. zu verkleinern.“ Götzl: „Gab es mal irgendwelche Unterschriftsaktionen im Zusammenhang mit Herrn Wohlleben?“ Kö.: „Später, nach seiner Inhaftierung, gab es beim Thüringentag eine so genannte Solidaritätsaktion für ‚Wolle‘, Spitzname für Herrn Wohlleben, wo man Geld gesammelt hat für die Ehefrau und die Kinder. Das kenne ich noch.“

Götzl: „Und in den 90er Jahren?“ Kö.: „Sicherlich haben die Leute wie Wohlleben, Kapke, das Umfeld, die keinen festen Tätigkeiten nachgegangen sind, finanzielle Probleme gehabt, man hat sicherlich immer versucht, dort Geld zu sammeln. Aber direkt, Wohlleben hat eine Geldsammlung angeschoben, das entzieht sich meiner Kenntnis.“ Götzl: „Waren Sie selbst auch vor Ort gewesen bei Veranstaltungen?“ Kö.: „Teils, teils, das kam auf die Aufgabenstellungen an. Wenn ich im Zuge der Aufklärung eingebunden gewesen war, war ich dort im Umfeld der rechten Szene unterwegs, ‚Fest der Völker‘ z. B., Seidelplatz, [phon.] um zu gucken, was läuft da ab, welche Leute kennt man. Aber überwiegend war ich in der Strafverfolgung tätig. Da gibt es Straftaten sowohl rechts als auch links an solchen Tagen, die bearbeitet werden mussten.“ Götzl: „Haben Sie sich auf heute nochmal vorbereitet anhand von Unterlagen oder ist das aus der Erinnerung?“ Kö.: „Teilweise meine eigenen Erkenntnisse, teilweise habe ich nochmal im Internet nachgeschlagen bzw. nachgelesen, vom Thüringer Untersuchungsausschuss steht ja viel im Internet im Zusammenhang mit NSU als solchem.“ Götzl: „Und die Informationen hier, sind das die, die Sie als Dienstleiter [phon.] selbst gewonnen haben oder sind auch andere Informationen eingeflossen?“ Kö.: „Das sind die Erkenntnisse, die nach meiner Erinnerung so gewesen sind, wie ich es berichtet habe.“ [phon.]

Götzl: „Plakatierungen, Aufkleber, können Sie dazu noch etwas sagen in Zusammenhang mit Kameradschaft Jena, THS und Herrn Wohlleben, auch im Hinblick auf Frau Zschäpe, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und die anderen Angeklagten?“ Kö.: „Sicherlich muss man da nochmal trennen zwischen der Kameradschaft, sprich denen ihren Aktivitäten, dass sie insbesondere über Kapke und weitere Flyer verteilt haben oder angeschlagen an Laternenmasten und alles, wo Freiflächen waren, teilweise gegen die Ausländerproblematik Parolen verfasst. Ich kann mich erinnern an ein Bild, da sieht man einen typisch türkischen oder arabischen Bürger auf einem Teppich, der fliegt zurück in die Türkei oder den Orient. Also solche Dinge wurden verteilt. Es gab auch Flyer mit antisemitischem Hintergrund, das Profil, wo man Juden so dargestellt hat, wie man im Nationalsozialismus einen Juden dargestellt hat, mit der typischen Physiognomie. Solche Geschichten gab es. Und dann die der NPD mehr Wahlwerbung. Da gab es schon eine Trennung. Während die einen strafrechtlich verfolgt wurden, waren die anderen außer Sachbeschädigung meist strafrechtlich nicht weiter relevant.“

Götzl: „Inwiefern waren sie mit Frau Zschäpe befasst?“ Kö.: „Ich kannte sie dienstlich. Ich wusste, wer Frau Zschäpe ist. Sie war ja auch mehrmals zu Vernehmungen auf der Dienststelle und wurde von meinen Kollegen vernommen als Beschuldigte oder Zeugin wegen verschiedener Delikte, ohne das konkretisieren zu können, was das im Detail war.“ Götzl: „Und Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt?“ Kö.: „Die waren natürlich hinlänglich bekannt, im Vorfeld schon. Die waren immer schon, wenn Straftaten irgendwo im Raum waren, waren sie in der Nähe gewesen oder mit dabei.“ Kö. spricht von Hinweisen auf Straftaten, die man der Gruppierung um Kapke, Wohlleben oder mehr Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe zugeordnet habe: „Schmierereien, Hakenkreuzschmierereien am Nordfriedhof, '96 das Aufhängen einer Puppe an einer Heizungstrasse mit Judenstern [phon.], später dann die Puppe bei der Autobahnbrücke in Bucha-Pösen [phon.], in Verbindung mit einer USBV [= Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung]. Das ist [phon.] der harte Kern, die sich doch zu solch massiven Straftaten hinreißen lassen oder sie durchführen. Da kam es dann aufgrund dieser Häufung von Straftaten dazu, dass das LKA im Form der Soko Rex diesen Komplex übernommen hat.“

Götzl: „Hinweise auf diese Personen Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Wohlleben, harter Kern. Da muss ich hinterfragen, damit ich weiß, was Sie meinen. Welche konkreten Hinweise sind gemeint?“ Kö.: „Ja, konkrete Hinweise. Dass sich dann später rausgestellt hat durch Ermittlungen der Soko Rex, dass es von diesen Leuten kam. Der Verdacht bei uns war: Wir haben hier einen harten Kern, nicht Mitläufer, sondern abgeschottete Gruppe schon, die doch relativ sehr konspirativ vorgegangen sind. Es gibt Beispiele bei versuchten Observationen, wo das erkannt wurde, wo die dann flüchten. Dem Herrn Wohlleben ist mal hinterher gefahren worden durch ein Zivilfahrzeug und kurz vor der Ampel [phon.] fährt er dann doch noch los, um den Verfolger abzuschütteln. Man hat sich immer verfolgt gefühlt. Irgendwann waren die in Befragungen waren schon so abgeschottet, dass sie grundsätzlich keine Angaben mehr gemacht haben. [phon.] Aus diesem Kreis selber wurde nichts mehr zur Sache ausgesagt.“ Götzl fragt, welche Personen zu diesem harten Kern gehört hätten. Kö.: „Diese Gruppierung Mundlos, Böhnhardt, Gerlach zählte noch dazu, Kapke, Frau Zschäpe. Das war der früher enge Freundeskreis, wo Wohlleben später dazu kam. Die waren eng verbunden und das war für uns die gefährliche Gruppe.“

Götzl: „Gefährlich, in welcher Hinsicht?“ Kö.: „Dass die Straftatenintensität zugenommen hat, gerade '96 und '97, mit der Ablage der Kofferbombe am Theatervorplatz. Das sind Zeichen gewesen für uns: Diese Militanz nimmt zu. Wobei man bei der Kofferbombe wohl nur zeigen wollte: Wir haben die Fähigkeiten so ein Ding zu bauen oder zu basteln, aber wir wollen es noch nicht zünden, weil es ja keinen Zünder gab. Das sind so die Erkenntnisse, auch aus der Soko Rex, die ich so weiß. Aber wer sich mit sowas beschäftigt, da kann man eine größere kriminelle Intensität unterstellen, denke ich mir.“ Götzl: „Ab wann übernahm das LKA Thüringen die Ermittlungen?“ Kö.: „Wenn ich mich recht erinnere, Mitte '96, wenn nicht im Frühjahr '96. Diesen Komplex von besonderen Straftaten, inklusive das Aufhängen der Puppe an der Autobahn, USBV-Attrappen, diese Briefbombenattrappen, die an die Stadt Jena, die Polizei [phon.] und die TLZ gingen, diese ganze Verfahren wurden dann zentral beim TLKA bearbeitet.“

Götzl fragt, ob Kö. auch mal Wohlleben vernommen habe oder persönlichen Kontakt zu ihm gehabt habe. Kö.: „Es gab auch verschiedene Verfahren, wo z. B. Frank Schwerdt in seiner Funktion entweder als Kreisvorsitzender oder schon Landesvorsitzender Anzeigen erstattet hatte gegen Vertreter der Stadt Jena, beim OB angefangen, oder gegen die Versammlungsbehörde. Und in dem Zusammenhang ist es, glaube, vorgekommen, dass ich Herrn Wohlleben als Zeugen vernommen habe. Ich habe nicht in Erinnerung, dass ich Herrn Wohlleben als Beschuldigten vernommen habe, ich persönlich, das ist mir nicht in Erinnerung.“ Götzl fragt, wie Wohllebens Verhalten dabei gewesen sei. Kö.: „Der Herr Wohlleben, das muss man aus meiner Sicht sagen, war in den Anfangsjahren im Umgang mit Polizeibehörden und Beamten noch kooperativ, er hat sich normal verhalten, nicht versucht bestimmte Dinge durchzusetzen, nicht aggressiv verhandelt und ähnliches. Das kenne ich auch aus Gesprächen mit der Versammlungsbehörde. Er wollte immer einen gepflegten Umgang mit den Behörden, egal ob Sicherheitsbehörden oder mit der Verwaltung. Das hat sich dann möglicherweise später geändert.

Ich kann mich erinnern, das erste Fest der Völker war durch die Behörde genehmigt worden auf dem Markt der Stadt Jena. Von dort gab es Widerspruch. Dann kam es aber zur Verlegung an den so genannten Gries in Jena. Und noch in den Abendstunden zuvor wurde dann durch die linke Szene und Kräfte des zivilen Ungehorsams dieser Platz besetzt und so konnte die Veranstaltung dort auch nicht stattfinden. Kapke und Wohlleben haben sich ziemlich echauffiert, auch im Umgang mit dem Einsatzführer. Als Alternative hat man dann vorgeschlagen, das zu verlegen, an den Ortsrand Lobeda, Parkplatz vom Hornbach. Aber dieser Umgang war dann doch sehr enttäuschend für Herrn Wohlleben. Es gab noch einen Anruf in der Nacht an die Polizeiführung, wo er mitgeteilt hat, dass Personen der linken Szene den ursprünglichen [phon.] Platz besetzen wollen und er hatte wohl gehofft, dass die Polizei Maßnahmen ergreifen würde. In der Folgezeit anderer Umgang. [phon.]“ Götzl: „Haben Sie in Erinnerung, ob es irgendwann mal Vorwürfe, Ermittlungen Im Hinblick auf Herrn Wohlleben gab: Gewaltdelikte, Körperverletzungsdelikte?“ Kö.: „Mir ist nur ein KV-Delikt an einer jungen Frau in Erinnerung, wo er mit einem zweiten Täter, es gab auch ein Urteil, ich weiß nicht, ob es der Herr Kapke war, es wurden Ohrfeigen ausgeteilt angeblich. Die Beschuldigten hatten von anderen Tätlichkeiten gesprochen. Ich glaube, es gab auch eine rechtskräftige Verurteilung in der Sache, ich weiß nicht, ob einen Strafbefehl.“ [phon.] Götzl fragt, wann das gewesen sei. Kö.: „2002, 2003, da will ich mich jetzt nicht festlegen.“

Götzl: „Wissen Sie, ob Herr Wohlleben irgendwelche Internetseiten betrieben hat, haben Sie da Erkenntnisse gewonnen?“ Kö.: „Wohlleben hatte eine Ausbildung als Fachinformatiker genossen und da war er sicherlich sehr gut in der Handhabung von Computerproblemen und Internet etc. Und soviel ich weiß, hat er alles was das anging für die NPD und den KV Jena bewerkstelligt.“ Götzl: „Inhalte, haben Sie da eine konkrete Erinnerung?“ Kö.: „Nee, kann ich jetzt nicht sagen.“ Götzl: „Können Sie was zu Ausländer- und Asylpolitik, zu Inhalten von Internetseiten sagen?“ Kö.: „Nee, das tut mir leid, dazu nicht. Aber, wie gesagt, allgemeine Tenor bei Wohlleben und anderen war immer: Wir haben zu viele Ausländer hier, in Jena, in Thüringen, der Staat versagt hier, dagegen ist die NPD, dagegen bin ich als persönlich als Ralf Wohlleben. Das war sicherlich seine ideologische Überzeugung. Es gab mal eine Umfrage in Jena, wo man zu Gewalt gegen Ausländer Schüler befragt hat. Das war ein erschreckendes Ergebnis. 23, 24 Prozent der männlichen Schüler war bereit, Gewalt gegen Ausländer zu begehen oder zu tolerieren, und es gab eine Minderheit, die dagegen waren und eine Neutralität von Leuten, die ‚alles egal‘ dazu gesagt haben. Aber es war schon erschreckend, Schüler, der 8., 9., 10. Klasse, wie viele dazu bereit waren in der Zeit. Und die Stimmungslage war auch allgemein relativ ausländerfeindlich motiviert und das haben NPD und Co. versucht auszunützen. Man muss sagen, Jena hatte minimalen Anteil an Ausländern, vielleicht 1 oder 2 Prozent, und da waren nicht Migranten aus arabischen oder afrikanischen Ländern Schwerpunkt, sondern mehr die ausländischen Studenten. Das war eher kein Vergleich mit den Schwerpunkten in den Altbundesländern, Städte, wo in Größenordnungen ein Ausländeranteil vorhanden war und ist. [phon.]“ Götzl legt eine Pause ein.

Um 11 Uhr geht es weiter. Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Sie sagten vorhin, dass Reden aufgezeichnet und später ausgewertet worden sind. Wer war dafür zuständig?“ Kö.: „Ich hatte gesagt, die Versammlungsreden wurden teilweise aufgezeichnet und unmittelbar ausgewertet und wenn keine strafrechtliche Relevanz bestand, unmittelbar vernichtet.“ Schneiders: „Wer hat das gemacht?“ Kö.: „Unterschiedlich.“ Schneiders: „Wer war der Kollege im Auswertebereich?“ Kö.: „Es gab in dem Sinne keinen Auswertebereich, weil wir so viele Kollegen ja nicht hatten. Wie gerade die Situation war, wurde jemand beauftragt, die Reden zu prüfen.“ Schneiders: „Wer kam denn dafür in Betracht?“ Kö.: „Eigentlich die Mitarbeiter meines Kommissariats.“ Schneiders: „Wer war das?“ Kö.: „Na gut, ich habe eine Aussagegenehmigung, zu Struktur und Personen, da geht meine Aussagegenehmigung nicht soweit, dass ich zu den Personen meines Kommissariats Aussagen machen sollte.“ Auf Bitten Götzls übergibt Kö. dem Vorsitzenden die Aussagegenehmigung. Götzl liest die Aussagegenehmigung auszugsweise vor, u.a. dass Kö. nicht zu Strategie, Taktik usw. und zu organisatorischen, personellen Fragen aussagen dürfe, davon gebe es aber die Ausnahme der Zeugenbenennung eingesetzter oder anderer Mitarbeiter der eigenen Dienststelle oder anderer Behörden.

Götzl: „Welchen Punkt haben Sie im Auge?“ Kö.: „Diesen letzten hier. Zumindest als Zeuge war ja der Herr Tu. noch vorgeladen, das wäre die einzige Ausnahme.“ Schneiders sagt, sie sehe das anders, es sei gerade von der Aussagegenehmigung gedeckt, dass Kö. die Sachbearbeiter benennen darf. Götzl sagt, letztlich müsse es Kö. entscheiden, aber er verstehe es auch so, dass das von der Aussagegenehmigung umfasst ist: „Aber wenn Sie meinen, dass es nicht gedeckt ist, müssten Sie halt Rückfrage halten.“ Kö.: „Dann müsste ich rückfragen.“ Götzl: „Dann stellen wir das zurück.“ Schneiders: „Können Sie noch eine Differenzierung zwischen Organisationen vornehmen, zwischen NW Jena, zwischen THS, zwischen KS Jena, zwischen NPD und Freies Netz? Wann welche Organisationsform es gab, wer da zugehörte, ob es unterschiedliche Kreise waren?“ Kö.: „Die erste Erscheinungsform war ja die KS Jena und später kam dann NW Jena hinzu. Das FN Jena war, als ich zuletzt noch im Dienst war, vorrangig. Und das Personal oder die Mitglieder wechselten in unterschiedlichen Formen. Einmal war es Kameradschaft, später zählte es zum Freien Netz. Man konnte nicht sagen, enge strukturierte Form, dass man sagen könnte immer die selben Leute. [phon.]“

Schneiders: „Und eine zeitliche Einordnung?“ Kö.: „So '95,‘ 96 die ersten Formen schon Kameradschaft Jena, die dann eingebunden wurde in den THS. Fortlaufend gab es dann diese Anti-Antifa, später die Erscheinungsformen [phon.] der ‚Braunen Aktionsfront‘. Das spielte auch mal eine Rolle. Wobei ich nicht weiß, wer da dabei war, es gab ja keine Mitgliederlisten und Schriftstücke, aus denen das so konkret hervorgeht.“ Schneiders fragt, ob es einen Erkenntnisaustausch zwischen dem VS und Kö.s Ermittlungsbehörde in Bezug auf Mitglieder und Erscheinungsformen gegeben habe. Kö:. „Den gab es dahingehend, dass unsere Erkenntnisse dem LfV Thüringen zur Verfügung gestellt worden sind.“ Schneiders fragt, ob das auch andersherum gelaufen sei. Kö.: „Wenn bestimmte Personen, die in unser Blickfeld geraten waren, wenn da mehr Hintergrundwissen beim LfV lag, wurde versucht anzufragen, ob es da mehr Kenntnisse gibt.“ Schneiders: „In welchen Strukturen war Herr Wohlleben aktiv und was wissen Sie dazu“? Kö.: „Zumindest aus unserer Sicht in der losen Form in der KS Jena und insbesondere später dann bei der NPD Jena in der Funktionsebene und auch in Form des Freien Netzes, da war Wohlleben dazu gerechnet. Aber auch THS allgemein, die Personen von Tino Brandt, Thorsten Heise und andere Rechtsradikale Thüringens waren untereinander eng vernetzt und bekannt.“

Schneiders: „Gab es auch Streitigkeiten zwischen Personen, Sie erwähnten vorher Wieschke, gab es auch in Bezug auf Tino Brandt oder Thorsten Heise Differenzen?“ Kö.: „Auch mit Brandt muss es möglicherweise Probleme geben haben, später als da durchsickerte, er wäre eventuell Quelle des Verfassungsschutzes. Es gab auch Probleme mit Herrn früher, '94, '95, ein bekannter Rechtsradikaler aus Weimar. Da gab es unterschiedliche Animositäten [phon.], wahrscheinlich mit dem Hintergrund: Wer hat das Sagen in Jena, wer hat das Sagen in Thüringen?“

Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Der Herr Vorsitzende hatte Sie vorhin nach Unterschriftensammlungen gefragt und Sie hatten geantwortet im Bezug auf Geldsammlungen, und sagten, es seien Ihnen keine großen Geldsammlungen bekannt. Die Frage nach Unterschriftensammlungen haben Sie nicht beantwortet.“ Kö.: „Die sind mir als solche auch nicht bekannt.“ Klemke: „Thema Doppelte Staatsbürgerschaft, sagt Ihnen das was?“ Kö.: „Das sagt mir schon was vom Thema her, dass es Umfragen gab oder Unterschriftensammlungen, das kann durchaus möglich sein, aber es entzieht sich in Bezug auf Wohlleben und andere Leute meiner Kenntnis.“ Klemke: „Und in Bezug auf Organisationen, Kameradschaften oder Parteien?“ Kö. sagt, da sei ihm nichts bekannt. [phon.] Klemke: „Sie erwähnten, dass der Herr Wohlleben erst stellvertretender Vorsitzender des KV gewesen sei, später dann Vorsitzender. Wer war denn Vorsitzender des KV der NPD Jena, als Herr Wohlleben Stellvertreter war?“ Kö.: „Wenn meine Erinnerungen richtig sind, müsste das der Herr Schwerdt gewesen sein. Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber ich meine, dass er diese Funktion mal hatte. Kann aber auch eine Verwechslung sein. Ich stelle das mal in den Raum.“ Klemke: „Sie sind sich nicht sicher?“ Kö.: „Nicht absolut.“

Klemke: „Sie erwähnten einen Flyer oder ein Plakat mit dem Motiv eines fliegenden Teppichs. Wissen Sie, was das konkret war: Ein Flyer? Ein Aufkleber? Ein Plakat?“ Kö.: „Mehr ein Flyer bzw. Aufkleber, die gab es in unterschiedlichen Größen, die wurden teilweise in der Szene gehandelt oder weitergegeben, um sie bei verschiedenen Aktionen anzubringen.“ Klemke: „Wann ist Ihnen dieses Motiv untergekommen?“ Kö.: „Kann ich nicht konkret sagen, weil es immer wieder solche Erscheinungen gab, dass bestimmte Flyer und Flugblätter mit rechtsradikalem Hintergrund in Erscheinung getreten sind.“ Klemke: „Wer zeichnete da verantwortlich?“ Kö.: „Oftmals war kein Impressum erkennbar, schon gar nicht bei denen, die strafrechtlich relevant waren.“ Klemke: „Und bei diesem konkreten Flyer mit dem fliegenden Teppich?“ Kö.: „Da war mir eigentlich kein Impressum bekannt.“ Klemke: „Ist der strafrechtlich gewürdigt worden?“ Kö.: „Durch die Polizei, durch uns, wir haben das als Volksverhetzung gewertet und versucht zu ermitteln.“ Klemke: „Ist Ihnen eine Einschätzung der Justiz bekannt, der Staatsanwaltschaft?“ Kö.: „Bei grenzwertigen Flyern wurde meist eine Beurteilung der Staatsanwaltschaft beigezogen, um nicht unnötige Ermittlungen zu führen. Wo für uns das zweifelsfrei war, wurden Ermittlungen aufgenommen und später der Staatsanwaltschaft vorgelegt.“

Klemke: „Hier konkret: Haben Sie da nachgefragt?“ Kö.: „Meistens war ein Täter nicht bekannt und oftmals wurden die Verfahren eingestellt durch die Staatsanwaltschaft.“ Klemke: „Mich interessiert, ob dieser konkrete Flyer einer rechtlichen Würdigung z. B. durch die Staatsanwaltschaft zugeführt worden ist.“ Kö.: „Ja, in Zusammenhang mit der Ermittlungsakte dann.“ Klemke: „Haben Sie da ein Ergebnis?“ Kö.: „Nein, für uns war klar, hier ist mindestens ein Straftatbestand verwirklicht.“ Klemke: „Wie oft ist dieser Flyer angefallen bei Ihnen?“ Kö.: „Es kamen ähnlich geartete Flyer, waren in Umlauf zu anderen Daten, ich kann mich nicht konkret erinnern.“ Klemke: „Was heißt ähnlich, statt Teppich ein Fußabtreter oder was?“ Kö.: „Solche Flyer sind immer mal wieder aufgefallen.“ Klemke: „Was heißt jetzt 'solche Flyer‘?“ Kö.: „Mit antisemitischen oder teilweise ausländerfeindlichen Inhalten.“ Klemke: „Welche Inhalte waren denn das, die ausländerfeindlichen?“ Kö.: „Sinngemäß Parolen wie ‚Ausländer raus‘, ‚Deutschland den Deutschen‘.“ Klemke: „Und solche gab es?“ Kö.: „Solche gab es.“ Klemke: „Von wem rausgegeben?“ Kö.: „Unbekannt.“ Klemke: „Unbekannt, aha. Wann haben Sie diesen Flyer mit der Parole ‚Deutschland den Deutschen, Ausländer raus‘ – so habe ich Sie verstanden – festgestellt?“ Kö.: „Ich kann das jetzt nicht mehr beziffern, ob das 1996 oder 2004 war.“

Klemke fragt, ob Kö. auch den mit dem „so genannten Fliegenden Teppich“ zeitlich nicht einordnen könne. Kö.: „Ich möchte mich nicht festlegen.“ Klemke: „Nicht mal eine Eingrenzung?“ Kö.: „Es tut mir leid, ich kann da keine zeitliche Eingrenzung vornehmen.“ Klemke: „Gab es denn z. B. hinsichtlich dieses Flyers mit dem fliegenden Teppich einen konkreten Tatverdacht gegen eine Person?“ Kö.: „Nein.“ Klemke: „Und hinsichtlich des Aufklebers ‚Deutschland den Deutschen, Ausländer raus‘?“ Kö.: „Hätte es einen konkreten Tatverdacht gegeben, hätten wir Ermittlungen aufgenommen mit den entsprechenden Vernehmungen. Aber, wie gesagt, bei dieser wörtlich [phon.] äußerst ausländerfeindlichen und antisemitischen Form, da gab es keine Tatverdächtigen.“

Klemke: „Vorher erwähnten Sie Redebeiträge des Herrn Wohlleben. Von wann stammt denn der erste Redebeitrag von Herrn Wohlleben, der Ihnen bekannt geworden ist?“ Kö.: „Herr Wohlleben hat verschiedene und viele Reden gehalten, an verschiedenen Orten und verschiedenen Anlässen. Was mir in Erinnerung geblieben ist, war der Thüringentag der Nationalen Jugend 2005, wenn ich mich jetzt nicht irre. Es gab ja immer verschiedene Personen, auch die Versammlungsbehörde der Stadt Jena, die auch vor Ort war und geprüft hat, ob es relevante Aussagen gibt, um möglicherweise die Versammlungen abzubrechen. Teilweise mussten wohl auch Redemanuskripte und Reden mal vorgelegt werden bei der Versammlungsbehörde, bin mir aber nicht sicher.“ Klemke fragt nach konkreten Erkenntnissen. Kö.: „Ich bin mir nicht sicher, ob es beim Fest der Völker solche Varianten gab, dass in den Vorgesprächen zwischen der Versammlungsbehörde und dem Veranstalter solche Dinge besprochen wurden oder zumindest gewisse Auflagen gemacht wurden.“

Klemke: „Sie erwähnten eine Rede von Herrn Wohlleben beim Thüringentag der Nationalen Jugend 2005. Ist das der erste Redebeitrag, der Ihnen in Erinnerung ist?“ Kö.: „Zumindest, wo vor einer größeren Öffentlichkeit Reden gehalten worden sind. Wohlleben, Wieschke, Schwerdt und, glaube ich, der Herr Kaiser hat da auch noch gesprochen.“ Klemke: „Wann fand der erste Thüringentag der Nationalen Jugend statt?“ Kö.: „Ich glaube 2005.“ Klemke: „Können Sie sich noch an ein Motto erinnern, unter dem eine bestimmte Veranstaltung, sei es ein Aufzug oder eine Versammlung, stand, bei der Herr Wohlleben gesprochen hat?“ Kö.: „Beim Fest der Völker war es immer das gleiche Motto und beim Thüringentag auch, als Überschrift.“ Klemke: „Welches Motto?“ Kö.: „Der ‚Vierte‘ oder ‚Fünfte‘ Thüringentag der Nationalen Jugend‘.“ Klemke: „Nein, das Motto, gab es Schwerpunkte der Thematik?“ Kö.: „Es war sicherlich immer Ziel, an solchen Tagen einmal im Jahr die Szene zusammenzubringen. Es wurde im gesamten Land Thüringen geworben: Kommt zum Thüringentag der Nationalen Jugend!“ Klemke: „Abgesehen vom Thüringentag und dem Fest der Völker, gab es zuvor Veranstaltungen, bei denen Ihnen noch das Motto in Erinnerung ist?“ Kö.: „Nein .“

Klemke: „Sie sagten, es habe in Ihrem Bereich, ich nehme an Dienststellenbereich, immer Auseinandersetzungen zwischen rechts und links gegeben. Was ist Ihnen dazu bekannt?“ Kö.: „Seit Mitte 1989, 1990, 1991 gab es insbesondere Auseinandersetzungen durch so genannte Skinheads und Hooligans. Man sah den politischen Gegner, der oftmals aus der Jungen Gemeinde Jena kam und schon durch das Outfit erkennbar war, hat versucht, Auseinandersetzungen zu führen, Körperverletzungen. [phon.] Umgekehrt war es aber genauso, dass man sich hochgeschaukelt hat. Immer wenn der ideologische Gegner in der Unterzahl war, wurden Attacken geritten, Körperverletzungen, bis zum Landfriedensbruch. Das wurde aber aufgrund polizeilicher Maßnahmen immer weniger.“ Klemke: „Ab wann ließen diese Auseinandersetzungen nach?“ Klemke: „In der Form, dass nicht mehr die so genannten Skinheads oder Glatzen bloß weil da jetzt ein Andersdenkender, ein Ausländer stand, irgendwelche Provokationen oder Körperverletzungen gestartet haben, wurde das dann immer geringer, '94, '95. Weil gerade diese Leute, die mit etlichen Ermittlungsverfahren belegt worden sind, zur Verantwortung gezogen worden sind, ich sage mal, ruhiggestellt worden sind. Solche Erscheinungen, wie wir 1991 hatten, da gab es einen Vorfall, da war eine Jugendfußballmanschaft aus Fürth in Jena, die wurde auch durch eine Skinheadgruppierung angegriffen. Hintergrund: In der Fußballmannschaft waren mehrere türkische Migranten. Für den Skinhead waren es eben Türken, da gab es Angriffe mit Treten, Schlagen usw. [phon.]“

Klemke: „1991?“ Kö.: „Das war 1991, wo ein typischer ausländerfeindlicher Landfriedensbruch stattgefunden hatte.“ Klemke: „Gab es ähnliche Vorfälle 1996, 1997 bis 2000?“ Kö.: „1995 habe ich einen Landfriedensbruch in Erinnerung, aber nicht ausländerfeindlich, wo Tino Brandt [phon.] schon im Hintergrund die Fäden gezogen hat, da gab es einen Angriff von ca. 30 Personen auf das Planetarium Jena, da gab es eine Veranstaltung und man versuchte dort gewaltsam einzudringen. Und das konnte aufgrund der schnellen polizeiliche Maßnahmen verhindert werden. Es wurden 19 [phon.] Tatverdächtige ermittelt, u. a. Tino Brandt, im Umfeld. Das war '95, ein markanter Überfall.“ Klemke sagt, es gehe ihm um die Zeit 1997-2000, 2001, 2002. Kö.: „In der Form von Landfriedensbrüchen im Sinne von Überfällen auf ausländische Mitbürger etc. sind mir jetzt keine in Erinnerung.“

Klemke: „Zurück zum Fest der Völker: Da haben Sie ja ausgeführt, dass dieses Fest der Völker, was geplant war auf dem Markt durchzuführen, dass das nach Gries verlegt worden ist und Herr Wohlleben in der Nacht angerufen habe bei der Polizei, nehme ich an, dass da so genannte Linke diesen Platz besetzen würden. Gab es denn seitens der Polizei irgendwelche Maßnahmen auf den Anruf hin, um die Durchführung der angemeldeten Veranstaltung durchzusetzen?“ Kö.: „Der Ort Am Gries war noch in der Nacht durch Anhänger der linken Szene, durch Personen des zivilen Ungehorsams, demokratische Kräfte besetzt worden und so wie mir bekannt war, war das eine blitzartige Aktion und die dortige Polizei wurde überrumpelt. Plötzlich tauchen so viele Personen auf und es war nicht möglich mit polizeilicher Gewalt vorzugehen, man wollte auch nicht mit polizeilicher Gewalt den Platz freiräumen.“ Klemke: „Man wollte, aber konnte nicht aufgrund der Masse?“ [phon.] Kö.: „Die Gegendemonstranten wurden ja immer mehr, man wollte nicht mit Gewalt diesen Platz freimachen für die Kundgebung Fest der Völker. [phon.] Deshalb wurde als Alternative dieser Ausweichplatz in Jena-Lobeda am Stadtrand bereitgestellt.“

Klemke: „Wer hat das denn entschieden, dass die demokratischen Kräfte nicht von diesem Platz entfernt werden?“ OStA Weingarten: „Das muss ich jetzt beanstanden. Die Antwort auf die Frage, wer im Jahr 2005 entschieden hat, nicht gegen Kräfte des zivilen Ungehorsams im Vorfeld des Fests der Völker vorzugehen, kann im Hinblick auf die vom Senat zu treffende Entscheidung keinen Einfluss haben.“ Klemke: „Ich nehme die Frage zurück. Wieso bezeichnen Sie Leute, die eine angemeldete Kundgebung verhindern wollen, als demokratisch? Das leuchtet mir nicht ein.“ NK-Vertreter RA Kolloge beanstandet die Frage als nicht zur Sache gehörig. Klemke: „Die Wortwahl ‚demokratisch‘ kam vom Zeugen, ich wollte wissen, was er damit meint. Ich bin etwas beunruhigt aufgrund der Wortwahl.“ OStA Weingarten: „Ohne nähere Erläuterungen von Rechtsanwalt Klemke, dass das die dienstliche Integrität [phon.] und damit die Aussage betreffen solle, halte ich in der Tat die Frage für nicht zur Sache gehörig.“ Götzl: „Wollen Sie es erläutern?“ Klemke: „Nicht in Gegenwart des Zeugen.“ Der Zeuge muss den Saal verlassen.

Klemke sagt, man müsse ja unbeschadet der konkreten Erinnerungen des Zeugen auch die Glaubwürdigkeit des Zeugen überprüfen und die politische Einstellung des Zeugen, insbesondere gegenüber der rechten Szene, deren Gegnerschaft etc. habe natürlich Einfluss auf die Würdigung der Glaubwürdigkeit des Zeugen: „Das haben wir schon zigmal gehabt und das ist immer durchgewunken worden.“ NK-Vertreter RA Narin: „Zum einen denke ich, ist es allgemein bekannt, dass die rechte Szene mit Parolen wie ‚Die Demokraten bringen uns den Volkstod‘ die Demokratie ablehnt. Und bei Gegenveranstaltungen ist ‚demokratische Kräfte‘ die Selbstbezeichnung der Parteien [phon.].“ Klemke: „Das spricht umso mehr dafür, die Frage zuzulassen. Das interessiert mich dann noch mehr, ob SPD und CDU auf dem Platz standen, ob staatstragende Parteien mit auf dem Platz standen. [phon.]“ NK-Vertreter RA Kolloge, sagt, das würde darauf hinaus laufen, dass man für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen ihn immer nach seiner politischen Einstellung fragt, er halte das nicht für zulässig. [phon.] Der Zeuge betritt wieder den Saal. Götzl: „Wir werden Ihre Einvernahme unterbrechen und die Mittagspause einlegen. Und ich bitte Sie, bei Ihrer Dienststelle nachzufragen im Hinblick auf die Frage von Rechtsanwältin Schneiders.“ NK-Vertreter RA Scharmer: „Ich hätte eine ähnliche Frage, mir würde es nachher drum gehen, wer nachher federführend beim LKA die Ermittlungen übernommen hat, ob das Ihr Kollege Mario Melzer möglicherweise war.“ Götzl sagt, er wolle auch gern noch auf die Beanstandungen der Verteidigung Zschäpe eingehen, dann unterbricht er.

Um 12:47 Uhr geht es weiter. Der Zeuge gibt ein Papier nach vorn. Götzl: „Sie hatten Rücksprache gehalten?“ Kö.: „Mit der Landespolizeidirektion, dort wurde verwiesen auf Punkt 2, dass eine Entscheidung vom Innenministerium herbeigeholt werden muss.“ Dann verkündet Götzl den Beschluss, dass die Frage von RA Klemke zulässig ist. RA Klemke: „Würden Sie jetzt bitte die Frage beantworten.“ Kö.: „Ich habe die Frage nicht verstanden.“ Klemke: „Warum Sie die Personen, die die Veranstaltung stören wollten, verhindern wollten, als demokratische Kräfte bezeichnen.“ Kö.: „Im Sprachgebrauch hört man immer wieder ‚ziviler Ungehorsam‘, unter dem Überbegriff vereinigen sich Linke, autonome Linke und auch normale Bürger aus Jena, die sich vereinigen, um bestimmte Dinge zu verhindern.“ Klemke: „Ich hatte Sie nach den ‚demokratischen Kräften‘ gefragt, Sie haben mit ‚ziviler Ungehorsam‘ eingeleitet. Verwenden Sei die Begriffe synonym?“ Kö.: „‚Ziviler Ungehorsam‘ kann auch Leute aus dem demokratischen Spektrum [phon.] betreffen.“ Klemke: „Ich hatte nach ‚demokratische Kräfte‘, nach diesem Begriff gefragt.“ Kö.: „Es war hinlänglich so, dass bei Demonstrationen, Versammlungen, Kundgebungen von rechter Szene, rechtsradikalen Parteien es zu Aufrufen kommt, sich zu Gegenkundgebungen zu treffen, die durch die Verwaltungsbehörden in der Regel auch genehmigt werden, und dort können sich unterschiedliche zivile Personen anschließen. Und das sind dann demokratische Kräfte für mich. [phon.]“

Klemke: „Auch wenn die eine angemeldete Versammlung verhindern wollen?“ Kö.: „Sicherlich, wenn eine Veranstaltung durch ein Gericht genehmigt wurde, wie beim Fest der Völker, ist es grenzwertig, aber man muss die Verhältnismäßigkeit beachten, inwieweit das Versammlungsrecht durchgesetzt werden muss oder nicht.“ Klemke: „Müssen denn Versammlungen genehmigt werden?“ Kö.: „Das Fest der Völker war von der Versammlungsbehörde mit einem Verbot belegt worden. Und in einer richterlichen Entscheidung wurde festgelegt, dass die Veranstaltung eben auf dem Gries stattfindet. [phon.]“ Klemke: „Die ‚Kräfte des zivilen Ungehorsams‘, was waren das für Leute?“ Kö.: „Das können Bürger sein wie Sie und ich.“ Klemke: „Hat sich der zivile Ungehorsam gegen den Staat zur Wehr gesetzt, gegen eine übermächtige Militärmacht oder wie muss ich mir das vorstellen?“ [phon.] Kö.: „Nicht mit Gewalt, sondern man versucht mit passiven Mitteln, z. B. Sitzblockaden, das Versammlungsrecht einzuschränken.“ Klemke: „Ach, sind das auch die demokratischen Kräfte, die versuchen, das Versammlungsrecht einzuschränken? Das waren Ihre Worte.“ Kö.: „Es wird [phon.] immer Versuche geben von Bürgern des demokratischen Spektrums, Veranstaltungen des rechten Spektrums zu verhindern, sowohl mit legalen Mitteln als auch weniger [phon.].“ Klemke: „Sie meinen mit illegalen Mitteln?“ Kö.: „Sitzblockaden zum Beispiel.“

NK-Vertreter RA Behnke: „Ich möchte das beanstanden. Auch wenn Sie die Eingangsfrage zugelassen haben, ist das nicht zulässig, Das was sich jetzt hier als Frage- und Antwortspiel abspielt, das hat mit der Sache nichts zu tun.“ Götzl: „Der Punkt ist, dass der Zeuge bestimmte Begriffe verwendet, und es wird gerade an Äußerungen des Zeugen angeknüpft.“ Behnke: „Ich werde die Beanstandung nicht aufrecht halten, aber weiter sorgfältig beobachten, was sich entwickelt.“ Klemke: „Da bin ich beruhigt. Ich hatte gefragt, ob sich diese ‚Kräfte des zivilen Ungehorsams‘ gegen den Staat, gegen das Militär zur Wehr setzen, und Sie hatten es als Frage nach der Gewalt verstanden. Die Frage war aber, war das gegen den Staat, eine übermächtige Militärhierarchie [phon.] oder was auch immer?“ Kö.: „Sie hatten das ja auf das Fest der Völker bezogen. Es war ja nicht unüblich, dass im Umfeld des Platzes Gegendemonstrationen stattgefunden haben, genehmigte Gegenveranstaltungen, wo sich Honoratioren der Stadt Jena, Wissenschaftler, der Oberbürgermeister mit eingebunden haben, um gegen das Fest der Völker zu protestieren. Mit friedlichen Mitteln. Dass es aber die ein oder andere Szene gibt, aus der es zu Sitzblockaden kommt, insbesondere aus der autonomen Szene, ist nicht unüblich.“

Klemke: „Ich hatte Sie gefragt, ob es gegen den Staat, gegen das Militär ging und Sie haben gesagt: der Oberbürgermeister hat mit demonstriert. Ist es das, was Sie sagen wollen?“ Kö.: „Unter dem Überbegriff, wenn man das so sagen will, ja. Der Oberbürgermeister hat ja friedlich demonstriert, der hat ja keine Gewalt angewendet. Das richtet sich auch nicht gegen den Staat oder ähnliches.“ Klemke: „Was?“ Kö.: „Dieser zivile Ungehorsam.“ Klemke: „Wie sah der denn konkret aus im vorliegenden Fall?“ Kö.: „Dass man Sitzblockaden gemacht hat, versucht hat, den Demonstrationsweg, der genehmigt war, aufzuhalten, umzuleiten oder die Kundgebung zu verkürzen.“ Klemke: „Was meinen Sie damit?“ Kö.: „Dass eine Veranstaltung, die möglicherweise fünf, sechs, sieben Stunden gehen könnte oder angemeldet war, dann vorzeitig abgebrochen wird.“ Klemke: „Wie ist denn diese Verkürzung vonstatten gegangen?“ OStA Weingarten beanstandet: „Abgesehen davon, dass es sich um unerträgliches feuilletonistisches Räsonnieren der Beteiligten handelt, ist unklar, von welcher Veranstaltung gesprochen wird. Vorher ging es um das Niederlassen auf einem Platz. Jetzt geht es um eine Verkürzung, also um eine andere Veranstaltung.“

Klemke sagt, er sei immer noch beim Fest der Völker und der Zeuge habe den Begriff „Verkürzung“ gebraucht. Kö.: „Ich hatte allgemein das darauf bezogen. Beim ersten Fest der Völker spielte das nicht die Rolle, wie Sie das jetzt interpretieren.“ Klemke: „Und bei diesem Fest der Völker, gab es da Bestrebungen, die Veranstaltung zu verkürzen?“ Kö.: „Nein, die hat ja stattgefunden, bloß am anderen Ort.“ Klemke: „Keine Verkürzung, auch nicht durch den Oberbürgermeister, okay. Andere Frage: Sie haben von einer Umfrage 2005 gesprochen, Gewalt gegen Ausländer, wer hat die Studie durchgeführt?“ Kö.: „Nach meinen Erkenntnissen die Friedrich-Schiller-Universität in Verbindung mit der Jugendbehörde der Stadt Jena. Und die wurde in der Presse veröffentlicht, zumindest in gekürzter Form.“ Kö. sagt auf Frage, er habe keine Kenntnis, welcher Lehrstuhl das gewesen sei. Klemke: „Sie haben das aus Veröffentlichungen?“ Kö.:“ Aus der Presse, ja.“ Klemke: „Ist Ihnen etwas von einer Körperverletzung zum Nachteil des Herrn Wohlleben vor dem Rathaus Jena bekannt?“ Kö.: „Ja.“ Klemke: „Was ist da passiert?“ Kö.: „Ich kann das Datum nicht benennen. Es fand eine Stadtratssitzung im Rathaus statt, da war anwesend Herr Kapke und Herr Wohlleben. Und beim Verlassen des Gebäudes wurden diese beiden Personen körperlich attackiert.“ Klemke: „Körperlich?“ Kö.: „Tätlich angegriffen, mit Stöcken geschlagen oder ähnliches, Fußtritte, glaube ich. Da gab es eine Anzeige von Herrn Wohlleben.“ Klemke: „Mehrere Personen?“ Kö.: „Mehrere, fünf oder sechs.“ Klemke: „Stöcke?“ Kö.: „Ich glaube auch mit Pfefferspray oder ähnliches.“ Klemke: „Also demokratische Kräfte, danke.“

RAin Schneiders: „Haben Sie Erkenntnisse zu einer Schlägerei an der Endhaltestelle Jena-Winzerla?“ Kö.: „Können Sie das ein bisschen konkretisieren? Es gab immer wieder mal Auseinandersetzungen, auch im Rahmen des Wahlkampfgeschehens gab es Attacken, wenn durch NPD oder andere rechtskonservative Parteien Plakate aufgehangen wurden, da gab es Sachbeschädigungen [phon.] und es wurde teilweise versucht diese Leute anzugreifen. Das war teilweise wechselseitig.“ Schneiders: „Ich meine eine Schlägerei, die 1999 gewesen sein soll.“ Kö.: „Da kann ich nichts konkret dazu sagen.“ Schneiders: „Dem Opfer soll auf dem Kopf rumgesprungen worden sein.“ Kö.: „Keine Erinnerung.“ Schneiders: „Gab es Blood & Honour-Strukturen in Jena zu der Zeit, hatte Herr Wohlleben mit Blood & Honour etwas zu tun?“ Kö.: „Strukturen direkt in Jena haben meines Wissens nach nicht unmittelbar bestanden, nach meinem Kenntnisstand, es gab aber die Verbindungsschiene André Kapke zu Blood & Honour in Gera, ich habe Gordon Richter in Erinnerung. Da gab es Verbindungen, weil insbesondere Kapke immer versucht hat, Konzerte zu organisieren.“

Schneiders: „Und direkt Herr Wohlleben?“ Kö.: „Nichts konkret dazu bekannt.“ Schneiders: „Und können Sie was zur Person Carsten Schultze sagen?“ Kö.: „Der gehörte zum erweiterten Umfeld der Gruppierung.“ Schneiders: „Welcher?“ Kö.: „Kapke, Mundlos, Zschäpe usw. Da gehörte er auf alle Fälle dazu, später. Aber er gehörte auch mit zu diesem engeren Zirkel dazu, und, ja. er war auch einige Male bei uns auf der Dienststelle zu Vernehmungszwecken.“ Schneiders: „Hat er Ämter übernommen, Funktionen?“ Kö.: „Ist mir nichts bekannt.“ Schneiders: „JN-Stützpunktleiter?“ Kö.: „Das könnte ich mir durchaus vorstellen, das würde ich bejahen.“ Schneiders: „NPD-Kreisvorsitzender?“ Kö.: „Das ist mir nicht bekannt.“

Carsten Schultzes Verteidiger RA Hösl: „Haben Sie eine Erinnerung daran, ob Herr Schultze in der Zeit vor dem Untertauchen von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe mal gemeinsam mit diesen Personen festgestellt worden ist von der Polizei?“ Kö.: „Ohne das konkret beziffern zu können, es gab Veranstaltungen wie das Heldengedenken, wie man sie bezeichnete, zu Ehren der Gefallenen fanden kleinere Veranstaltungen statt, wo unter anderem Carsten Schultze festgestellt worden sein müsste, zumindest nach meiner Erinnerung. Jena-Nordfriedhof, da wurden so 15, 20 Personen festgestellt.“ Hösl: „Mit welchen Personen?“ Kö.: „Ich bin nicht hundertprozentig sicher, aber meistens war es das Umfeld Kapke, Wohlleben, Mundlos, Böhnhardt. Oder es waren jüngere Mitglieder aus der JN. Das ist aber jetzt nur reine Interpretation.“ Hösl: „Können Sie allgemein die rechte Szene beschreiben unter dem Blickwinkel oder Differenzierung zwischen Personen, die längere Zeit in der Szene verweilen, kürzer in der Szene verweilen, und wer wann zu welcher Gruppe gehörte?“ Kö.: „Für uns war immer relativ augenscheinlich, dass junge Leute, das ging teilweise schon mit 14, 15 Jahren los, die kamen in diese Szene rein, die wurden dort mit rein geworben. Und drei, vier, fünf Jahre maximal war die Zugehörigkeit. Dann fanden sich soziale Kontakte in Form von Freundin, Frau, Verlobte etc. Dann brachen diese Kontakte in die Szene ab, das war bei der Mehrzahl so erkennbar, Männer mehr als junge Frauen. Wir hatten dann einen ideologisch verfestigten Kern um Wohlleben, Kapke etc., da war das nicht zu erwarten und von diesen Leuten auch sicherlich nicht gewollt.“

Hösl: „Zu welchen Zeitpunkt ordnen Sie den Einstieg von Herrn Schultze ein und den späteren Ausstieg?“ Kö.: „Ich meine 1997.“ Klemke: „Ich habe nichts vernommen, dass der Zeuge was von einem Ausstieg berichtet hat, von daher beanstande ich es.“ Hösl: „Dann formuliere ich um: Ist Ihnen etwas über einen Ausstieg von Herrn Schultze bekannt und wenn ja, wann würden Sie den einordnen?“ Kö.: „In dieser konkreten Form nicht, nur vom Hörensagen. Ob das 2009/2010/2011 lief? Weil mir dann keinen weiteren Kontakte bekannt geworden sind. Möglicherweise hatte er dann noch konspirativere Kontakte. [phon.]“ Hösl: „Ich meine den Angeklagten Carsten Schultze, der neben mir sitzt. Und der 2009, 2010, 2011?“ Kö.: „Ich kann das nicht konkret beziffern.“ Hösl: „Und der Einstieg?“ Kö.: „1996/1997.“ Hösl: „Wenn ich Ihnen vorhalte, dass ab dem Jahr 2001 keinen Aktivitäten mehr in der rechten Szene, nicht mal Geburtstagsfeiern oder ähnliches des Herrn Schultze zu verzeichnen sind?“ Kö.: „Es ist richtig, dass ab 2001 ein merklicher Rückgang an Aktivitäten zu verzeichnen war. Ob da konkret Carsten Schultze an Treffen teilnahm, das entzieht sich meiner Kenntnis.“ [phon.]

Hösl: „Erinnern Sie sich, dass Carsten Schultze bei Ihnen einen Vorgang anzeigen wollte, wo er von verschiedenen Fahrzeugen verfolgt wurde und er Ihnen die Kennzeichen gegeben hat?“ Kö.: „An wen will er die Kennzeichen gegeben haben? Also mir persönlich ist es nicht bekannt. Ich weiß auch nicht, wo diese Anzeige aufgelaufen ist.“ Hösl: „Erinnern Sie sich an einen Vorgang Einbruch in die Wohnung Zschäpe nach dem Untertauchen?“ Kö.: „Ich kenne das, in Anführungszeichen, vom Hörensagen, ohne Details näher zu kennen.“ Hösl: „Nach unserer Kenntnis sind Sie selbst vor Ort gewesen zwischen 13:30 Uhr und 14:15 Uhr?“ Kö.: „Ich persönlich?“ Hösl: „Ja, Sie sollen dort gewesen sein, 1998.“ Kö.: „Tut mir leid, in der Wohnung von Frau Zschäpe bin ich nie gewesen. Also ich persönlich nicht.“

NK-Vertreterin RAin Von der Behrens: „Sie erwähnten heute Vormittag eine großflächige Hakenkreuzsprüherei am Nordfriedhof. Wann ist das gewesen?“ Kö.: „Ich würde sagen, '95/'96, Anfang Februar '96, gab es dort so eine Hakenkreuzschmiererei. Am Nordfriedhof gibt es das so genannte Magnus-Poser-Denkmal, ein früherer Widerstandskämpfer gegen den NS, als Antifaschist eine bekannte Persönlichkeit in Jena. Dieses Denkmal wurde mit einem Hakenkreuz beschmiert, relativ groß. Man hatte den Eindruck, es wurde eine kleine Leiter benutzt.“ V. d. Behrens: „Gab es Tatverdächtige oder Verurteilungen?“ Kö.: „Keine Urteile.“ V. d. Behrens: „Verdächtige?“ Kö.: „Ermittelt wurde allgemein um die Kameradschaft Jena rum.“ V. d. Behrens: „Dann die Puppe mit einem Davidstern in der Stadt Jena aufgehangen, wann war das?“ Kö.: „Das war auch im Frühjahr, glaube auch '96, diese erste Puppe an der Heizungstrasse, in der Kahlaischen Straße in Jena. So ähnlich wie bei der späteren Puppe an der Autobahnbrücke Pösen.“ V. d. Behrens: „Was war die Ähnlichkeit?“ Kö.: „Von der Aufmachung, auch mit einem Judenstern [phon.].“ V. d. Behrens: „Wie viel vor der zweiten Puppe war das?“ Kö.: „Drei, vier Monate.“

V. d. Behrens: „Haben Sie dort Tatverdächtige ermitteln können?“ Kö.: „Nein.“ V. d. Behrens: „Ist ein Ermittlungsverfahren eröffnet worden?“ Kö.: „Später durch die Soko Rex wurden Ermittlungsverfahren nicht nur eingeleitet, sondern auch zum Abschluss gebracht, mit bekannten Tätern.“ V. d. Behrens: „Ich meine nur auf diese Puppe bezogen.“ Kö.: „Ist mir nicht bekannt. Der Komplex Briefbomben, Bombenattrappen [phon.] wurde dann zentral beim LKA bearbeitet.“ V. d. Behrens: „Haben Sie sich die beiden Puppen selber angeschaut?“ Kö.: „Nein.“ V. d. Behrens: „Wissen Sie, ob noch Aktenrückhalte oder Fotos existieren?“ Kö.: „Nicht bekannt.“ V. d. Behrens: „Ist Ihnen bekannt, ob bei einer Durchsuchung bei Ralf Wohlleben am 18.12.1996 ein Handscanner und eine Liste mit Funkfrequenzen sichergestellt worden ist?“ Kö.: „Es ist mir bekannt, dass es solche Dinge gab. Gezielt auf Herrn Wohlleben befragt kann ich es nicht zuordnen. Aber es gab Hinweise, die haben sich dann auch verfestigt, dass innerhalb der Kameradschaft Jena Zivilbeamte [phon.] ausgeforscht worden sind: Wer hat mit wem Vernehmungen gehabt? Man hat Zivilfahrzeuge registriert und es endete damit, dass es zu einem Hausfriedensbruch kam, wo Böhnhardt und Mundlos sich auf den Hinterhof der PI Jena begeben haben und versucht haben, Zivilfahrzeuge aufzuklären. Außerhalb wurden André Kapke und ein gewisser He. festgestellt. Diese Umstände waren uns allgemein also bekannt und hinsichtlich Scanner wäre das nicht ungewöhnlich gewesen. Wenn das so festgestellt wurde, hat das seine Richtigkeit.“

V. d. Behrens: „Wie war die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz ab Mitte der 1990er?“ Kö.: „Allgemein gesagt: Es kamen auch Beamte des Bundesamtes zu bestimmten Anlässen bzw. hatten bestimmte operative Probleme [phon.] im Rahmen ihres Aufgabengebietes. Und die traten auf uns als Staatsschutz in Jena zu.“ V. d. Behrens: „Wie oft, regelmäßig, unregelmäßig?“ Kö.: „Unregelmäßig. Sicherlich abhängig von den Wünschen, die das Bundesamt hatte.“ V. d. Behrens: „Und betrafen die Wünsche des Bundesamtes auch die rechte Szene Jena?“ Kö.: „Unter anderem auch.“ V. d. Behrens: „Wissen Sie noch, welche Informationen Sie über die Kameradschaft Jena weitergegeben haben an das Bundesamt?“ Kö.: „Allgemein gesagt: Erkenntnisse zu Personen, die uns vorlagen. Insbesondere um diesen harten Kern der Gruppierung, Kapke, Wohlleben, Böhnhardt und Mundlos und andere.“ V. d. Behrens: „Auch schon vor 1998?“ Kö.: „Wann das erste Mal dort jemand erschien vom Bundesamt, weiß ich nicht. Das ging schon vorher los. Zuerst ging es um Regierungskriminalität, dann kamen Verfahren MfS dazu, wo ich Ermittlungen geführt habe, das war auch ein Teilgebiet, was das Bundesamt interessiert hat.“

V. d. Behrens: „Mir geht es um die rechte Szene. Haben Sie vor dem Untertauchen Informationen zum harten Kern an das Bundesamt weitergegeben?“ Kö.: „Ja, die Erkenntnisse die wir hatten: Wer ist wer und wen schätzen wir als besondere Persönlichkeiten ein?“ V. d. Behrens: „Dazu gehörten die Personen, die Sie als harten Kern bezeichnet haben?“ Kö.: „Richtig.“ V. d. Behrens: „Nach dem Untertauchen, ist das Bundesamt da erneut auf Sie zugegangen?“ Kö.: „Nicht dass ich jetzt so wüsste.“ V. d. Behrens: „Hatten Sie mit dem BND Kontakt?“ Kö.: „Zeitweilig auch mal.“ V. d. Behrens: „Ich frage nur in Bezug auf die rechte Szene.“ Kö.: „Meines Wissens nach hat sich der BND nicht für die rechte Szene Jena interessiert.“ V. d. Behrens: „Ihre Kontakte hatten dann ein anderes Themenspektrum?“ Kö.: „Richtig.“

NKRA Narin sagt, Kö. habe ja erklärt, dass wohl eine Verurteilung von Wohlleben wegen einer Gewalttat, einer Körperverletzung gegeben habe: „Sind Ihnen weitere Verurteilungen von Herrn Wohlleben wegen Gewaltdelikten bekannt?“ Kö.: „Wegen Gewaltdelikten nein.“ Narin: „Ist Ihnen eine Verurteilung wegen Verwendens von Kennzeichen von NS-Organisationen gegen Herrn Wohlleben bekannt?“ Kö.: „Nicht konkret, aber ich kann es mir vorstellen. Es gab mal eine Zeit, wo die Gauwinkel, die in Thüringen als verboten erachtet wurden, da gab es eine Flut von Anzeigen und Ermittlungsverfahren. Aber eine konkrete Straftat 86a gegen Herrn Wohlleben entzieht sich meiner Erinnerung.“ Narin: „Und eine Verurteilung wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit Körperverletzung [phon.]?“ Kö.: „Wann soll das gewesen sein?“ Narin: „09.09.1997 durch das Amtsgericht Jena.“ Kö.: „Dann wird es so gewesen sein.“

Götzl möchte den Zeugen entlassen, doch Wohlleben-Verteidigerin Schneiders bittet nochmal um das Wort. Schneiders: „Wer hat die Reden von Herrn Wohlleben ausgewertet? Wer ist Ihnen da namentlich bekannt?“ Kö. sagt, da müsse er sich auf seine Aussagegenehmigung berufen und auf die Abteilung 4 des Innenministeriums Thüringen verweisen. Schneiders: „Dann widersprechen wir der Entlassung und möchten eine erweiterte Aussagegenehmigung.“ Klemke: „Sinn und Zweck ist nicht abzuwarten auf die Aussage des Innenministeriums Abteilung 4. Wir wollen dann, wenn eine erweiterte Aussagegenehmigung erteilt wird, wollen wir dem Zeugen die Frage stellen und deswegen widersprechen wir der Entlassung.“ [phon.] Schneiders sagt, es sei genau zu der Thematik, zu der Kö. geladen sei, nämlich Äußerungen zum Thema Asylproblematik, natürlich relevant, ob da Äußerungen zu gefallen sind, das seien Fragen, die sich aufdrängten.“

Götzl fragt Kö.: „Mit wem haben Sie denn jetzt Rücksprache gehalten?“ Kö. sagt, er habe mit dem Direktionsbüro der LPD gesprochen und die hätten ihn auf den Punkt 2 der Aussagegenehmigung verwiesen und dass er sich ggf. an die Abteilung 4 im Innenministerium wenden müsse. Götzl: „Es wäre jetzt schon darum gegangen, dass mit den zuständigen Personen zu besprechen, wenn Sie weiter verwiesen werden.“ Kö: „Tut mir leid.“ Götzl sagt, er werde dann die Einvernahme unterbrechen, damit Kö. Kontakt aufnehmen kann mit der zuständigen Stelle: „Haben Sie die zweite Frage von Rechtsanwalt Scharmer auch mit geklärt?“ Kö.: „Nein.“ Scharmer: „Mir ging es um die Frage, das LKA hat Ermittlungen übernommen, wer war federführend und war das Kollege Mario Melzer.“ Kö.: „Melzer mir bekannt, war auch vor Ort bei uns in Jena bei diesem Sachverhalt, ob der federführend in der Soko Rex war, ist mir nicht bekannt. Ich habe kein Organigramm.“ Götzl: „Dann dürfte die Frage ja beantwortet sein.“ Scharmer bejaht das. Kö.s Einvernahme wird unterbrochen.

RAin Schneiders verliest dann einen Beweisantrag. Sie beantragt, KOK Schn. vom BKA zu vernehmen. Der Zeuge sei 2014 aufgrund eines Ermittlungsersuchen des GBA damit befasst gewesen, Erkenntnisse über ungeklärte Straftaten mit Schusswaffengebrauch dahingehend zu überprüfen, ob als deren mögliche Täter Mundlos und Böhnhardt in Betracht kommen. Hierfür habe Schn. die verschiedenen LKA um Erkenntnismitteilungen hinsichtlich ungeklärter Straftaten mit Schusswaffengebrauch für den Zeitraum vom 26.01.1998 bis zum 11.08.2000 gebeten. Im Ergebnis habe er feststellen müssen, dass keine der in diesem Zusammenhang zugeleiteten Straftaten auf eine „Täterschaft des NSU“ hindeuteten. Zur Begründung des Antrags sagt Schneiders, dass Carsten Schultze sowohl in der Hauptverhandlung am 11.06.2013 als auch in seiner polizeilichen
Vernehmung vom 02.07.2013 behauptet habe, dass ihm Wohlleben von einem Schusswaffengebrauch durch Mundlos und Böhnhardt berichtet habe. Wohlleben solle laut Schultze ein Telefonat mit den sinngemäß wiedergegebenen Worten beendet haben: „Die Idioten haben jemanden angeschossen.“ Schn. sei wegen dieser erstmals in der Hauptverhandlung getätigten Aussage Schultzes mit Ermittlungen betraut worden, die diesen „angeblichen Schusswaffengebrauch“ einer möglichen Straftat zuordnen sollten. In seinem Bericht habe der Zeuge aber festgestellt, dass die „mutmaßlich durch Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begangene Straftat“ im Rahmen dieser Erhebungen nicht habe ermittelt werden können. Die beantragte Beweiserhebung diene der Entlastung Wohllebens, so Schneiders, sie belege, dass die diesbezüglichen Angaben Schultzes nicht glaubhaft seien.

Götzl: „Dann zu den Beanstandungen eine Nachfrage: Sind denn jetzt bei den Beanstandungen Fragen enthalten, die sowieso nicht beantwortet werden sollen?“ Zschäpe-Verteidiger RA Grasel: „Dazu kann ich jetzt keine Angaben machen. Würde erst die Entscheidung des Senats abwarten.“ Götzl sagt zu den Fragen von RA Scharmer, dort gebe es zwei Fragen zu , die Scharmer vielleicht erläutern wolle, weil für sich gesehen tatsächlich nicht erschließe, dass sie zur Sache gehören. Scharmer sagt, er habe eine Stellungnahme verfasst, wo drin stehe, worum es geht, soweit es die „rudimentär vorgetragene“ Beanstandung betrifft.

Scharmer verliest die Stellungnahme: Es wird davon ausgegangen, dass sich die Beanstandung tatsächlich nicht gegen die gestellten Fragen richtet, sondern gegen die Sachleitung des Vorsitzenden, der diese Fragen – im Vergleich beispielsweise zu einer anderen am gleichen Tag an die Angeklagte Zschäpe gerichtete Frage eines Nebenklagevertreters – unbeanstandet gelassen hat. Zwar verlangen die Beanstandenden ausdrücklich zunächst eine prozessleitende Verfügung des Vorsitzenden. Diese liegt allerdings aus dem Rückschluss des prozessualen Werdegangs am 295. Hauptverhandlungstag bereits vor. Denn nach § 243 Abs. 4 Satz 2 StPO erfolgt die Vernehmung der Angeklagten zur Sache nach Maßgabe des § 136 Abs. 2 StPO, also grundsätzlich durch mündliche Befragung und mündliche Antworten. Am 295. Hauptverhandlungstag stellte ich eine ganze Reihe von Fragen. Nach jeder Frage verblieb eine Pause, in der eine mögliche Antwort der Angeklagten abgewartet wurde und ebenfalls – falls die Frage von einem Verfahrensbeteiligten für unzulässig erachtet worden wäre – hätten Beanstandungen erfolgen können. Weder wurden die Fragen beantwortet, noch beanstandet.

Demnach liegt bislang zu diesen Fragen ein Teilschweigen der Angeklagten vor, welches im Nachhinein – nunmehr über drei Wochen später – nicht mehr durch nachträgliche Beanstandungen von einzelnen Fragen relativiert werden kann. Daran ändert auch die Ankündigung der weiteren Verteidiger der Angeklagten Zschäpe nichts, zu erwägen ggf., in einer schriftlich vom Verteidiger vorbereiteten Erklärung auf einzelne Fragen im Nachhinein eventuell einzugehen. Bei einer solchen verlesenen Erklärung wird Gegenstand der Beweisaufnahme lediglich der mündliche Vortrag des Verteidigers und die ggf. zustimmende Erklärung der Angeklagten. Dabei kann der Senat durchaus würdigen, dass die Fragen nicht, wie von der Strafprozessordnung vorgesehen, mündlich und direkt beantwortet werden. Eine später sich ggf. mit dem Inhalt einzelner aufgeworfener Fragen der Prozessbeteiligten befassende Erklärung einzelner Verteidiger kann demnach eine unmittelbare Antwort der Angeklagten nicht ersetzen. Sie ist vielmehr eine – grundsätzlich zulässige – selbstständige Art der Angeklagten, von ihrem Erklärungsrecht Gebrauch zu machen. Die Befragung am 295. Hauptverhandlungstag ist demnach eine abgeschlossene Verfahrenshandlung, deren Beanstandung drei Wochen später, obsolet sein dürfte.

Selbst wenn man die Befragung hinsichtlich der nunmehr beanstandeten Fragen als noch nicht abgeschlossen ansehen würde, so ist die – im Einzelnen nur rudimentär begründete – Beanstandung zurück zu weisen. Dabei ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Erwiderung nicht sämtliche Aspekte der Hintergründe der Fragen dargestellt werden sollen oder gar müssen. Denn auch einem Themenkomplex vorgeschaltete Fragen sind zulässig, wenn zumindest nicht fernliegend ist, dass bei entsprechender Antwort der Angeklagten, weitere Fragen folgen, die für die Erforschung der Umstände der prozessualen Tat erheblich sind.

1. Zu der beanstandeten Frage: „Seit wann kennen Sie Robin Schmiemann? Wie ist er ihnen bekannt geworden?“
Die Frage ist zulässig; Die Angeklagte stand nach Aktenlage zumindest nach ihrer Inhaftierung in Briefverkehr mit dem Zeugen Schmiemann unter anderem auch zu der Frage, ob und inwieweit sie die Einlassungen von Mitangeklagten für glaubhaft erachtet. Der Senat beschlagnahmte daraufhin Teile des Briefverkehrs mit der Begründung, dass diese Unterlagen als Beweismittel in Betracht kommen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Angeklagte noch mitgeteilt, dass Sie uneingeschränkt von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen wird. Nunmehr hat sie sich partiell eingelassen. Daher kommt nicht nur dem Inhalt des Briefes eine potentielle Beweisbedeutung zu, sondern auch der Frage, seit wann die Angeklagte den Zeugen Schmiemann kennt und wie sie ihn kennengelernt hat. Die aktenkundigen Inhalte des brieflichen Austausches zwischen Zschäpe und Schmiemann lassen auf ein vertrautes – stellenweise fast intimes – Verhältnis schließen. Kannte Zschäpe Schmiemann bereits vor dem 4.11.2011, wäre er ggf. Zeuge auch hinsichtlich des Verhältnisses von Zschäpe zu Mundlos und Böhnhardt sowie ggf. ihrer persönlichen Verhältnisse zum Zeitpunkts des Lebens im
Untergrund.

2. Soweit die Frage nach Sebastian Seemann beanstandet wurde, stellt sich diese wiederum als Einstiegsfrage als eindeutig zulässig dar. Die Angeklagte hat sich mit Schmiemann über Seemann postalisch ausgetauscht, wobei Sie Vorkenntnisse über Seemann beschrieb, die nicht in dem hier vorliegenden Briefverkehr ausgetauscht worden sind. Dazu gehört auch dessen V-Mann Tätigkeit. Der Senat hat dazu im Beschluss vom 3.9.2013 zur Frage der Notwendigkeit der Beschlagnahme des Briefes zutreffend ausgeführt: „Der Briefteil befasst sich ferner mit einer als Zeuge in Betracht kommenden Person (Seemann) und seiner möglichen Befragung durch die Angeklagte, der der Briefempfänger Schmiemann einen Fragenkatalog zukommen lassen könnte.“

3. Soweit es um Fragen nach dem Vorhalt der Inhalte des Artikels aus der „taz“ vom 10.03.2016 geht, werden diese mit gleichem Vorhalt wie folgt neu gefasst: Haben Sie diese Äußerung ihres Verteidigers Grasel gegenüber der „taz“ autorisiert? Wenn ja, welche Unterstützer in NRW hatten Sie, Uwe Mundlos und/oder Uwe Böhnhardt? Wenn ja, aus welchen Tatsachen schlussfolgern Sie die Möglichkeit, dass André Eminger die Mitschnitte gemacht hat, wenn er nach ihren Angaben nichts von dem Anschlag gewusst haben soll?
Soweit die Zulässigkeit der Frage nach Unterstützern in NRW von den Beanstandenden angezweifelt wurde, ist letztlich anzumerken, dass die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung voraussetzt, dass man deren Ziele und Organisation kennt. Dieses Wissen wäre im Rahmen einer Zeugenvernehmung selbstverständlich verfahrensrelevant.

Zschäpe-Verteidiger RA Heer: „Wir behalten uns eine Erwiderung vor. Jetzt wird es heute nicht mehr möglich sein. Ich meine, es gibt noch einen zweiten Zeugen für heute.“ Götzl: „Nein, Herr Tu. ist erkrankt.“ Heer sagt, es kämen ja noch weitere Erläuterungen von weiteren NK-Vertretern. Klemke: „Ich wollte nicht zur konkreten Beanstandung der Fragen Stellung nehmen, sondern zu grundsätzlichen Sachen: Hier wird ja angezweifelt von Herrn Scharmer, dass die Verteidigung der Angeklagten Zschäpe jetzt noch Fragen beanstanden könnte. Es kann so lange beanstandet werden, bis die Frage beantwortet wird. Die Nebenklage geht davon aus, dass die schriftliche Beantwortung von Fragen durch Verlesung und danach durch das Zu-Eigen-Machen unzulässig sei. Da habe ich von vornherein erhebliche Bedenken. Im Schrifttum werden die auch geteilt. Wenn es denn Sache des Angeklagten ist, wann und ob und in welchem Umfang er sich einlässt, dann kann er auch entscheiden, in welcher Form er das tut. Die Vernehmung ist zwar grundsätzlich mündlich, in den letzten Jahren sind jedoch einzelne Senate des BGH hiervon abgerückt, indem sie es zugelassen haben, dass eine schriftliche Einlassung verlesen wird vom Verteidiger und sich der Angeklagte das zu eigen macht. Danach läge eine Einlassung vor. [phon.] So ist auch dieser Senat vorgegangen. Herr Grasel hat vorgelesen und Frau Zschäpe hat sich das zu eigen gemacht und dagegen hat die Nebenklage nicht opponiert und ich denke, das ist jetzt schon widersprüchliches Verhalten. [phon.] Ich denke, das ist zulässig, und dass so lange die Frage nicht beantwortet ist, diese Frage oder einzelne Fragen auch beanstandet werden können.“

Scharmer: „Das geht am Thema meiner Stellungnahme vorbei. Ich habe ich nicht in Frage gestellt, dass ein Angeklagter sich über seinen Verteidiger äußert. Die Frage ist, ob es da um prozessual unterschiedliche Verfahrensweisen geht. Ich meine, dass man das nach der Entscheidung, die ich zitiert habe, in zwei verschiedene prozessuale Handlungen, einmal die Verlesung der Erklärung durch den Verteidiger und dann die Erklärung des Angeklagten [phon.], aufteilen kann. Ich meine auch, dass man das so oder so sehen kann. Ich gehe mit dem 3. Strafsenat und sehe es so wie vorgetragen. Die Frage ist, ob die Beanstandung drei Wochen und sieben Hauptverhandlungstage später noch möglich ist, und das sehe ich nicht.“

Dann beginnt RAin von der Behrens eine gemeinsame Stellungnahme mehrerer NK-Vertreter_innen zu den Beanstandungen zu verlesen:
Allgemein ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei einer Vielzahl der beanstandeten wie auch der nicht beanstandeten Fragen auch um Aufbaufragen handelt, denen – je nach Antwort – ggf. weitere Fragen folgen sollen bzw. werden. Diese Fragetechnik ist dem Vorgehen der Angeklagten Zschäpe geschuldet, die Fragen nicht spontan beantwortet. Die Fragen, die gegebenenfalls auf die Fragen folgen sollen, im Einzelfall bereits wiederzugeben, würde daher das Fragekonzept der Fragesteller offen legen, wozu allein schon aufgrund der rudimentären Begründung der Beanstandung keine Notwendigkeit gesehen wird. Aus diesem Grund wird in den Erläuterungen stets nur die und so viel Information mitgeteilt, wie für die Beurteilung durch den Senat notwendig erscheint.
Fragen Rechtsanwältin von der Behrens

V. d. Behrens sagt zur Beanstandung der Frage bzgl. des Besuchs von Internetcafés als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Bei dieser Frage handelt es sich um eine Aufbaufrage, die zugleich dazu dienen soll ggf. weitere Zeugen, wie die Betreiber der Internetcafés, namhaft zu machen, die ggf. über das Innenverhältnis des Trios, deren Kommunikationsverhalten nach außen und/oder die von ihnen genutzten Onlinekommunikationsmittel Auskunft geben können.
Zur Beanstandung der Frage nach dem 10.000 DM, die Holger Gerlach zur Aufbewahrung bekommen habe, als ungeeignet, sagt v. d. Behrens:
Diese Frage wird wie folgt umformuliert und neu gestellt: „Sie sagten, Sie seien dagegen gewesen, dass Holger Gerlach 10.000 DM zur Aufbewahrung erhielt, da er spielsüchtig gewesen sei. Welches Motiv ist Ihnen ggf. von Uwe Böhnhardt persönlich oder von Uwe Mundlos oder von einer anderen Person dafür mitgeteilt worden, dass Uwe Böhnhardt trotz Ihrer Einwände Holger Gerlach eine Summe von 10.000 DM zur Aufbewahrung übergeben hat?“

Fragen Rechtsanwältin Başay
Zur Beanstandung der Frage nach der „Hetendorfer Tagungswoche“ sagt v. d. Behrens:
Die Frage ist zulässig. Die „Hetendorfer Tagungswochen“, die maßgeblich von Jürgen Rieger organisiert wurden, fanden von 1991 bis 1997 jährlich auf dem Gelände des 1998 verbotenen Vereins „Heide-Heim e.V.“ in Hetendorf statt, einem Schulungs- und Tagungszentrum rechtsextremistischer Organisationen. Bei den „Hetendorfer Tagungswochen“ handelt es sich um eine mehrtägige Schulung, deren ideologische Konstante Rassismus, Revisionismus sowie ein völkischer Kollektivismus mit positivem Bezug auf den Nationalsozialismus war. Die Frage nach der Anwesenheit der Angeklagten Zschäpe bei dieser Schulungsveranstaltung ist somit unter anderem für die Frage der Ideologie der Angeklagten Zschäpe in der Zeit unmittelbar vor dem Untertauchen relevant.

Zur Beanstandung der Frage nach Konzerten am 08.11.1997 in Heilsberg und am 27.12.1997 in Heilsberg und dazu, ob Mundlos und/oder Böhnhardt dort ggf. Personen aus Dortmund oder dem sonstigen NRW kennengelernt hätten, als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Die Frage betrifft Kontakte des Trios nach Dortmund zu dem dortigen B&H und C18-Umfeld, insofern wird auch auf die Beweisanträge zu Sebastian Seemann und Marco Gottschalk Bezug genommen. Zugleich soll die Frage – in diesem Sinne als Aufbaufrage – dazu dienen, ggf. weitere Zeugen namhaft zu machen, die etwas zu den Kontakten des Trios nach NRW und insbesondere nach Dortmund sagen können.
Zur Beanstandung der Frage danach, ob Zschäpe oder eine Person, die sie gekannt habe, an dem Aufhängen bzw. Anzünden einer Puppe in Jena am 15.11.1995 oder an dem Ablegen einer Bombenattrappe im Jahr 1994 in einem Hochhaus in Jena-Lobeda, in das Flüchtlinge einziehen sollten, beteiligt gewesen seien, als nicht zur Sache gehörend, soweit nach möglicherweise strafbaren Handlungen anderer, nicht in diesem Verfahren angeklagter Personen gefragt wird:
Die Frage ist auch in Bezug auf andere, nicht in diesem Verfahren angeklagte Personen zulässig. Die Begehung oder Unterstützung der genannten Taten durch weitere Mitglieder oder Anhänger der KSJ bzw. des THS, in denen die Angeklagten Zschäpe, Wohlleben, Gerlach und Schultze organisiert waren, lässt auch Rückschlüsse auf den Charakter und die Zielrichtung dieser Organisationen und ihrer Mitglieder zu.

Zur Beanstandung der Frage, welche Personen aus der rechten Szene in Thüringen und Sachsen wussten, wer für die Bombenattrappen, auf die Zschäpe in ihrer Einlassung Bezug nehme, verantwortlich gewesen ist, als ungeeignet und nicht zur Sache gehörend:
Die Frage wird insofern umformuliert und neu gestellt, dass sie nunmehr heißt: „Welche Personen aus der rechten Szene in Thüringen und Sachsen wussten nach Ihrer Kenntnis, wer für die Bombenattrappen, auf die Sie in Ihrer Einlassung Bezug nehmen, verantwortlich gewesen sind?“
Diese Frage ist in der umgestellten Form zulässig. Sie betrifft unter anderem die Verbreitung des Wissens um die in und um Jena platzierten Bombenattrappen in der Szene und lässt damit unter anderem Rückschlüsse auf den Vorsatz der Angeklagten Wohlleben, Gerlach und Schultze zu. Gleichzeitig dient die Frage ggf. der Namhaftmachung weiterer Zeugen, die möglicherweise konkrete Angaben dazu machen können, seit wann das Wissen über die Urheber in der Szene verbreitet war und auch wissen, welche Kenntnisse die Angeklagten Zschäpe, Wohlleben und Gerlach hatten und welche Rolle sie dabei gespielt haben.

Zur Beanstandung der Frage nach einer möglichen Teilnahme an einer Vortrag von Ignatz Bubis als nicht zur Sache gehörend:
Diese Frage ist zulässig. Sollte sie bejaht werden, werden sich weitere Fragen anschließen, die auf den in der KSJ vertretenen Antisemitismus abzielen und auf ggf. weiteren „Aktionen“ der KSJ in Bezug auf Bubis.
Zur Beanstandung der Fragen nach Kontakten von Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt oder anderen Mitgliedern der KSJ zu Angehörigen der rechten Szene aus den westlichen Bundesländern etc. als nicht zur Sache gehörend:
Diese Fragen sind zulässig. Sie dienen unter anderem dazu, ggf. Zeugen und Unterstützer an den Tatorten namhaft zu machen, über die Informationen über die Tatorte oder sogar die konkreten Opfer an das Trio geflossen sind. Die Frage zu der Finanzierung ist relevant, um ggf. Unterstützer, die nicht nur die KSJ finanziert, sondern auch das Trio nach dem Untertauchen finanziell unterstützt haben, namhaft zu machen.

Zur Beanstandung der Frage, ob Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt persönlichen Kontakt zu Personen aus der rechten Szene in Zwickau hatten, als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Sie dient dazu, ggf. weitere Zeugen zu dem Innenverhältnis des Trios und deren politischer Überzeugung namhaft zu machen bzw. die Aussagen bereits bekannter Zeugen, dass die Angeklagte Zschäpe mit Ralf Marschner bekannt war und Uwe Mundlos für ihn gearbeitet hat, zu bestätigen, und zugleich der Feststellung der Größe des Unterstützernetzwerkes.
Zur Beanstandung der Frage nach der Frau neben Zschäpe auf einem Bild von einer Demonstration am 24.01.1998 als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Sie zielt darauf ab, dass an dem fraglichen Tag ein auch für andere der Angeklagten relevantes Ereignis, wie z.B. ein letztes Treffen des Trios mit den Unterstützern aus Jena, stattgefunden haben muss. Dafür spricht, dass das Datum zugleich auch der Titel des Liedes ist, das von dem Trio und dem Abschied handelt. Hinsichtlich eines derartigen Treffens sind Folgefragen zu den dort unter den Angeklagten und anderen geführten Gesprächen über die weiteren Planungen der Untertauchenden, zum Beispiel der Begehung von Straftaten zur Finanzierung naheliegend.
Zur Beanstandung der Frage, ob Zschäpe damals Kenntnis davon gehabt habe, dass Jan Werner und in dem „Landser“-Verfahren ausgesagt haben, als nicht zur Sache gehörend, sagt Luczak:
Diese Frage ist zulässig. Sie ist eine Aufbaufrage, auf die zum einen weitere Fragen dazu folgen sollen, wie sich das Trio sich vor Entdeckung geschützt hat und zum anderen weitere Fragen, durch welche die Angaben des Zeugen Starke zu der Bedrohung von Jan Werner überprüft werden sollen.
Zur Beanstandung der Frage nach der Person auf einem Foto, das bei einer Observation des sächsischen LfV gemacht worden ist als nicht zur Sache gehörend:
Diese Frage ist zulässig. Sie dient zum einen der Überprüfung der Angaben der Zeugin Mandy Struck und zum anderen, sollte es sich bei der Person um Uwe Böhnhardt handeln, der Vorbereitung weiterer Beweisanträge im Hinblick auf das damals bei den Verfassungsschutzämtern vorhandene Wissen um den Aufenthaltsort des Trios und deren bewusstes Nichteinschreiten.

Fragen von Rechtsanwalt Hoffmann
Zur Beanstandung der Frage nach Marcel Ch. als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Sie dient unter anderem zur Verifizierung der Angaben des Zeugen Jürgen Do., die er untere anderem zu dem Leben von Zschäpe in Zwickau und deren Kontakt zu dem bekannten Rechtsextremisten Marcel Ch. (Skinheads Sächsische Schweiz) gemacht hat.
Fragen Rechtsanwältin Dr. Luczak in Vertretung für RA Ilius

Zur Beanstandung der Frage nach der möglichen Teilnahme an einem Kameradschaftstreffen auf einem Campingplatz in der Nähe von Görlitz nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Wie sich jemanden, der die genannte Vernehmung nachliest, unschwer erschließt, knüpfen die beiden Fragen zur Teilnahme an einem „Kameradschaftstreffen“ in der Nähe von Görlitz an die Aussage des anonymen Zeugen dazu an. Sofern der Verteidiger der Angeklagten die Frage beantwortet, kommen Anschlussfragen zu Äußerungen der Angeklagten Zschäpe in solchen Zusammenhängen und den genannten Personen gegenüber, die nach der Aussage des Zeugen zum Teil ebenfalls den Skinheads Sächsische Schweiz angehörten, in Betracht.
Sollte die Angeklagte Zschäpe die erste Frage bejahen, wäre anschließend zu fragen, ob sie auf diesem Treffen – wie vom Zeugen berichtet – in Gesprächen gesagt hat, „dass ein radikaler Kurs eingeschlagen werden muss und demokratische Wege über die Republikaner oder die Nationalen nichts bringen; dass man sich radikalisieren, in den Untergrund gehen und bewaffnen müsste.“ Die zweite Frage zielt für diesen Fall auf die Feststellung, ob diesem Treffen weitere Treffen voran gingen oder auf dieses Treffen weitere folgten. Hieraus würden sich ggf. Anschlussfragen zu den von Frau Zschäpe dort verbreiteten Inhalten ergeben. Sollte Frau Zschäpe die erste Frage verneinen, dient die zweite Frage dazu festzustellen, ob solche Gespräche mit den genannten Äußerungen der Angeklagten Zschäpe mit den vom Zeugen als Teilnehmer an diesem Treffen genannten Personen an einem anderen Ort geführt worden sind, falls sich der Zeuge hinsichtlich zeitlicher oder örtlicher Zuordnung geirrt haben sollte. Es schlössen sich je nach dem, wie die Antwort lauten würde, die genannten Folgefragen an.

Zur Beanstandung der Frage, ob Zschäpe am 07.05.2000 in Berlin gewesen sei, als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Wie sich jemanden, der die genannte Fundstelle nachliest, unschwer erschließt, zielt die Frage darauf, festzustellen, ob sich die Angeklagte Zschäpe und die verstorbenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 7. Mai 2000 mit dem gesondert verfolgten Jan Werner in Berlin aufhielten. Ein Kontakt zum gesondert verfolgten Jan Werner im Mai 2000 außerhalb von Chemnitz lässt zum einen Rückschlüsse auf die Natur des Verhältnisses des Trios mit Jan Werner zu – dem die Angeklagte Zschäpe die Lieferung einer Schalldämpfer-Waffe zuzuschieben versucht. Zum anderen ist die Frage hinsichtlich des Unterstützernetzwerks der Untergetauchten relevant. Die Größe des Unterstützernetzwerks ist relevant für die Bewertung der terroristischen Vereinigung, in der Mitglied gewesen zu sein der Angeklagten Zschäpe vorgeworfen wird, und sie unterstützt zu haben den Angeklagten Eminger und Gerlach.

Zur Beanstandung der Frage nach dem Besuch aus Dänemark oder Schweden, den Zschäpe, Mundlos und/oder Böhnhardt anlässlich eines Fehmarn-Urlaubs laut dem Zeugen Wolfgang Sch. treffen wollten als nicht zur Sache gehörend:
Die Frage ist zulässig. Da die Glaubwürdigkeit des Zeugen Sch., einer Urlaubsbekanntschaft der Angeklagten Zschäpe und der verstorbenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, nicht in Zweifel steht, zielt die Frage zum einen darauf ab, die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Angeklagten Zschäpe zu überprüfen. Zum anderen geht es um die Feststellung, ob es Unterstützer oder Mitwisser in Dänemark oder Schweden gab, also ein internationales Netzwerk der Angeklagten Zschäpe und der verstorbenen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, woran sich u.a. auch Nachfragen bei den skandinavischen Ermittlungsbehörden ergeben würden sowie der Namhaftmachung weiterer Zeugen zu deren Verhältnis untereinander und politischen Äußerungen.

RA Heer: „Hier gilt das gleiche, was ich eben schon erklärt habe, auch im Namen meiner beiden Kollegen zu meiner Linken und Rechten.“ Bundesanwalt Diemer: „Wenn alle Fragensteller ihre Stellungnahmen abgegeben haben, dann würden wir am Ende unsere auch abgeben.“

NK-Vertreter RA Behnke: „Meine Fragen sind auch Eingangsfragen, die zu einer Beurteilung der Entwicklungsbedingungen einer Persönlichkeit erforderlich sind. Die wären sicher auch noch vom Gericht gestellt worden. Denn der Lebenslauf und Werdegang gerade in einem solchen Verfahren spielt schon eine wichtige Rolle. Dazu zählen auch Freizeitaktivitäten.“ Die Kinderorganisationen der DDR, die Jungen Pioniere, hätten ganz besondere Ziele gehabt, so Behnke. Die GST [= Gesellschaft für Sport und Technik] habe eine vormilitärische Ausbildung durchgeführt und da sei auch an Waffen ausgebildet worden. Behnke: „Und die Frage ist, ob die Angeklagte Zschäpe schon als Kind oder als Jugendliche Kontakt mit Waffen hatte. Die gleiche Frage werde ich noch an die anderen Prozessbeteiligten stellen wollen, insbesondere an Herrn Wohlleben. Auch an Herrn Gerlach und Herrn Eminger. Bei Herrn Schultze bin ich mir noch nicht so sicher.“ Im Saal kommt Gelächter auf wegen der Verwendung des Wortes „Prozessbeteiligte“ in diesem Zusammenhang. Götzl: „‚Angeklagte‘ meinen Sie.“ Behnke bestätigt das.

Dann gibt RA Narin seine Stellungnahme ab: „Ich möchte mich zunächst den Ausführungen von Rechtsanwalt Scharmer anschließen, soweit er sich auf Grundsätzliches bezieht. Zur ersten Frage zum Untersuchungsausschuss möchte ich mitteilen, dass ich die Frage sofort zurückgezogen hatte auf Beanstandung des Vorsitzenden. Das bestätige ich nochmal. Zur Frage, ob Kontakt zu Rockern oder anderen kriminellen Gruppierungen bestand: Das ist eine Einstiegsfrage, woraus sich Anschlussfragen ergeben können, wie die Einstellung zu Gewalt war und die Möglichkeiten zur Waffenbeschaffung bzw. Kenntnisse der Angeklagten Zschäpe dazu. Außerdem kann insofern von Bedeutung sein, ob und inwiefern die Angeklagte Zschäpe an anderen Straftaten beteiligt war oder davon wusste. [phon.] Die Frage nach dem Verhältnis zu Thorsten Po. ist von Bedeutung, weil die Angeklagte die Aliaspersonalie ‚Lisa Po.‘ benutzte. Das Verhältnis der Angeklagten zu Thorsten Po. ist insofern von Bedeutung, dass sich Hinweise auf die eigene politische Gesinnung der Angeklagten ergeben können. Thorsten Po. wurde hier von Patrick Ku. als ‚richtiger Rechtsradikaler‘ [phon.] bezeichnet. Auch dessen Ehefrau Sindy Po., die zum engsten Freundeskreis der Angeklagten zählte, bestätigte das auf Vorhalt, nachdem sie es als 'normal‘ bezeichnet hat.“ Narin verweist auf Thorsten Po.s Facebook-Seite mit u.a. Bezügen zu ‚Paulchen Panther‘. [phon.]

Narin: „Thorsten Po. veröffentlichte auch nach seiner Vernehmung kurze Zeit nach der Festnahme der Angeklagten Erklärungen auf Facebook, die auf ein enges Verhältnis schließen lassen und auf die politische Gesinnung der Angeklagten. Soweit dies beanstandet wurde, stelle ich klar: Es sind nur solche Kenntnisse gemeint, soweit sie der Angeklagten aus Gesprächen mit Thorsten Po. selbst, mit Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt oder etwa Sindy Po. bekannt geworden sind. Dass Thorsten Po. Briefe oder Pakete in Empfang genommen haben könnte, scheint naheliegend, da die Angeklagte Zschäpe die Aliasanschrift Lisa Po. in der Polenzstraße 2 verwendete.“ Narin sagt, es gehe dabei auch um Anteile der Angeklagten bei der Abtarnung im so genannten Untergrund und insbesondere auch um Kommunikation mit Außenstehenden. [phon.]

Narin: „Zu Jens Gü.: Dieser wohnte im gesamten Zeitraum, während dem sich das so genannte Trio in der Polenzstraße aufhielt, ca. 20 m von der Wohnung des so genannten Trios entfernt und er war mindestens an der Anmietung eines Fahrzeugs beteiligt, welches bei der Begehung eines Überfalls [phon.] eingesetzt worden sein könnte. Auch Kenntnisstand von Gü. zum Leben der Angeklagten und von Mundlos und Böhnhardt frage ich nur insoweit ab, soweit der Angeklagten eigene Erkenntnisse vorliegen. Zu den anschließenden Fragen nach dem Verdacht einer V-Mann-Tätigkeit oder Schwachstelle stelle ich klar, dass es nur um eigene Erkenntnisse der Angeklagten etwa aus Gesprächen mit Mundlos oder Böhnhardt geht. Das ist relevant insoweit, als sich Fragen anschließen würden, ob und welche Maßnahmen die Untergetauchten aufgrund von Verdachtsmomenten oder Erkenntnissen ergriffen haben. Das betrifft auch die nächste Frage, die nur auf andere Städte zielt. Zur Frage nach möglicher Kommunikation der Verteidiger mit Vertretern von Nachrichtendiensten: Es steht ihr frei, ob Sie die beantworten möchte, weil das mglw. den Kernbereich des Mandatsverhältnisses betrifft.“

Götzl: „Es steht ihr immer frei, ob sie sich äußert.“ RA Heer sagt, es sei ihm nicht möglich, das so schnell mitzuschreiben. Narin setzt fort: „Letzter Punkt, ob sie die Rechte an ihrer Autobiographie veräußert hat: Es können sich Hinweise auf die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten ergeben, Wenn etwa erhebliche Zahlungsansprüche gegen Vertragspartner bestehen sollten, und auch Rückschlüsse auf ihr bisheriges Aussageverhalten, falls bestimmte Erkenntnisse exklusiv zugesichert worden sein sollten [phon.].“

RA Langer sagt, er fasse nur kurz zusammen, was er auch schon gestern gesagt habe. Zu Punkt 3.3 sagt er, da gehe es um Bezüge zum Tatort in Rostock; ob und ggf. wann und ggf. mit wem die Angeklagte oder Böhnhardt oder Mundlos sich vor dem Tattag der Ermordung von Mehmet Turgut am späteren Tatort oder in der Nähe aufgehalten haben. Die Einleitungsfrage, ob Herr Ho. bekannt ist, sei zulässig, weil diese Person anschließend viel über Zschäpe berichtet haben solle und auch auf der Garagenliste auftauche. Zu Absatz 2 ergebe sich das aus dem Text. Konkret gehe es um Bezüge zu Rostock. Bei Absatz 3 [phon.] gehe es um eine Reise ein Jahr später, das seien vorbereitende Fragen, ggf. sei zu dann zu fragen, ob es während dieses Aufenthaltes Fahrten nach Rostock gab, wer dabei war, ggf. wo genau Aufenthalte waren. Bei Absatz 4 [phon.] ergebe sich das von selber [phon.], zu ergänzen sei, dass es sich bei der Pablo-Neruda-Straße um ein Neubauviertel in Rostock handele.

Dann gibt RAin Busmann ihre Stellungnahme zu den Beanstandungen ab. Zunächst sagt sie, dass sie sich zum Allgemeinen, das was RAin v. d. Behrens gesagt hat, zu eigen mache. Dann verliest sie die Stellungnahme zu ihren Fragen:
1. Was war der Grund, den Böhnhardt und Mundlos für Fahrten nach Hamburg angegeben haben? Die Frage ist zulässig. Sie zielt nicht nur ab auf die etwaigen Kenntnisse der Angeklagten zu dem Grund der Fahrt, sondern ist auch geeignet, Aufschluss über das Innenverhältnis der Untergetauchten und dessen Zusammenleben zu geben. Eine darüber hinausgehende Erklärung der Frage würde diese hinfällig machen.

2. Wurden Sie von Personen aus Norddeutschland auf Fehmarn besucht?
Die Frage ist zulässig. Sie ist nicht, wie die Beanstandenden meinen, neben der Sache. Das wäre sie nur, wenn sie sich nicht einmal mittelbar auf die zur Aburteilung stehende Tat und ihre Rechtsfolgen bezieht. Dann, wenn sie offensichtlich gänzlich neben der Sache liegt oder wenn erkennbar ausschließlich verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden. Das ist hier gerade nicht der Fall. Sollte die Angeklagte die Frage mit Ja beantworten, so ist zu erwarten, dass die Person oder Personen Angaben zum Innenleben der Untergetauchten und der Stellung der Angeklagten Zschäpe machen kann. So sind bereits zahlreiche Zeugen vernommen worden, die lediglich Urlaubsbekanntschaften waren. Darüber hinaus ist auch denkbar, dass die Person oder Personen Auskunft darüber geben kann, wie und warum ein Mordopfer gerade in Hamburg ausgewählt wurde. Es ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Frage gleichgültig, ob das Gericht die Frage als unerheblich erachtet. Gestellt werden darf sie, damit das Gericht sich selbst ein Urteil über die Relevanz der Frage bilden kann, wenn es die Antwort gehört hat. Die Frage wird erweitert um die für den Fall einer Bejahung folgende Frage: „Falls ja, wer waren diese Personen oder diese Person?“

3. Zu Kontakten aus Hamburg: Sind Sie bei Heß-Gedenkmärschen in Kontakt gekommen? Mit wem? Wann?
Auch diese Frage ist zulässig. Sollte die Angeklagte Zschäpe die Frage nach Kontakten zu Hamburg mit Ja beantworten, dann würde sich daran die Frage anschließen, woher sie diese kannte. Wenn sie eine von ihnen bei einem Heß-Gedenkmarsch kennengelernt haben sollte, so wäre der Bezug zur rechten Szene gegeben und es ist nicht auszuschließen, dass Unterstützungsleistungen an den Tatorten offenbar werden. Seit drei Jahren beschäftigt die Nebenkläger und Nebenklägerinnen die Frage, warum gerade diese Menschen Opfer wurden. Sollten Kontakte zur rechten Szene an dem Tatort Hamburg offenbar werden, so ist nicht auszuschließen, dass diese etwas dazu sagen können. Nochmal: der Maßstab ist nicht derjenige des § 244 Absatz 3 Satz 2 StPO, sondern es geht darum, ob ich eine Frage stellen darf, deren Antwort wir noch nicht kennen.

4. Sind Sie über Gefangenenhilfsorganisationen in Kontakt gekommen?
Hierzu wird verwiesen auf die vorangegangenen Ausführungen.
5. Haben Sie an Rechtsschulungen teilgenommen, von wem organisiert? Wer war Ihnen dort
bekannt?
Hierzu erfolgt ebenfalls ein Verweis auf eben diese Ausführungen. Darüber hinaus kann die Beantwortung dieser Frage ggf. Aufschluss geben über Einbindung und Stellung der Angeklagten in der rechten Szene.

6. Kennen Sie die nachfolgenden Personen: Thekla Prosche, Gisa Pahl, Christian Dolbscheidt, , Thorben Kolbe, Michael See, Stefan Sieler, ? Vorgestellt? Von wem? Haben Sie die Namen schon einmal gehört, wenn ja, von wem bei welcher Gelegenheit?
Zunächst eine Richtigstellung: Es war die Frage nach einer Frau Thekla Kosche. Und einer Frau Christiane Dolscheid, sowie nach einem Herrn Torben Klebe sowie einem Stefan Silar. Das war in der Beanstandung falsch wiedergegeben worden. Wenn die Angeklagte die Frage nach einem Kennverhältnis mit diesen Personen mit Ja beantwortet, dann wäre daran anknüpfend von Bedeutung, woher sie die Personen kennt. Falls sie die Frage darauf, ob sie diesen Personen vorgestellt wurde, mit Ja beantwortet und auf die daran anknüpfende Frage danach, wer sie vorgestellt hat, einen Namen nennt, dann wären diese anschließenden Fragen ganz übliche Fragen, um mehr zu dem jeweiligen Kennverhältnis zu erfahren. Die Frage, ob die Angeklagte von den genannten Personen im Vorfeld gehört hat, falls sie die Frage nach einer persönlichen Bekanntschaft verneint, wäre relevant, um dann zu erfahren, durch wen sie von diesen Personen gehört hat und in welchem Zusammenhang. Bei sämtlichen Personen handelt es sich um solche aus dem Raum Hamburg und Umgebung, welche im Jahre 2001 und davor hochrangige Angehörige der rechten Szene sind oder waren. Wenn sich aus den Antworten der Angeklagten ergeben sollte, dass es aus dem Raum Hamburg Bekanntschaften gegeben hat zu Personen aus der rechten Szene, so wäre aufzuklären, ob es sich bei ihnen um Mitwisser und/oder Unterstützer gehandelt hat. Diese Personen wären als Zeugen zu laden und zu vernehmen, da sie eventuell Angaben machen könnten zur Organisation des so genannten NSU und ggf. auch zur Opferauswahl in Hamburg, in jedem Falle aber zum Innenleben der Untergetauchten bzw. des Lebens im Untergrund und zur Einstellung der Angeklagten Zschäpe.

7. Kennen Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt diese Personen?
Es mag sein, dass diese Frage unzulässig ist, ich habe sie auch nicht gestellt. Die Frage ist falsch wiedergegeben worden. Sie lautete wie folgt: „Haben Sie (also die Angeklagte) Kenntnis davon, ob Mundlos und Böhnhardt diese Personen kennengelernt oder Kenntnis dieser Namen hatten.“

Götzl: „Nur grundsätzlich, Frau Busmann: Sie haben mehrfach gesagt, was wir zu beachten haben. Wir haben noch nicht entschieden und auch nicht zu erkennen gegeben, wie wir uns entscheiden. Sie müssen uns nicht auf unsere rechtlichen Pflichten hinweisen. Sie haben uns angesprochen und nicht die Beanstandenden.“

Dann gibt Bundesanwalt Diemer die Stellungnahme des GBA zu den Beanstandungen ab: „Hoher Senat, unbeschadet der Frage, ob die Beanstandungen zulässig sind, halten wir nach reiflicher Überlegung die Beanstandungen jedenfalls für unbegründet. Gemäß § 241 Absatz 2 StPO kann der Vorsitzende ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen zurückweisen.“ Diemer macht kurz allgemeine Ausführungen dazu, wann Fragen ungeeignet bzw. nicht zur Sache gehörend seien. Dann sagt er, dass das Gesetz bei dieser Regelung vom Regelfall ausgehe, dass Fragen nacheinander in der Hauptverhandlung mündlich gestellt werden und jede für sich in der Hauptverhandlung mündlich beantwortet wird. Dabei bestehe bei der Beanstandung einer Frage in allen Fällen die Gelegenheit, ihre Zulässigkeit zu erörtern und die Frage ggf. zur optimalen Aufklärung der Sache in einer rechtlich einwandfreien Form zu stellen. Im vorliegenden Fall sei eine solche Situation nicht gegeben, weil Zschäpe eine unmittelbare Frage-Antwort-Situation in der Hauptverhandlung verweigere und nur bereit sei, auf einen „schriftlich verfassten Katalog von Fragen nach geraumer Überlegungsfrist einen schriftlich verfassten Antwortkatalog vorzulegen“.

Das bringe es zwangsläufig mit sich, dass über die Zulässigkeit einer einzelnen Frage eben nicht zeitgerecht in einer Weise entschieden werden könne, die es ggf. auch unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgrundsatzes möglich macht, die Frage in einer anderen und zulässigen Weise zu stellen. Diemer: „Wenn also der Angeklagten diese Verfahrensweise zugestanden werden muss, weil anders eine optimale Aufklärung nicht möglich ist, muss es auch zulässig sein, Fragen bis in den Grenzbereich dessen zu stellen, was eine Aufklärung als möglich erscheinen lässt. Und selbst wenn eine einzelne Frage für sich gesehen zunächst vielleicht ungeeignet erscheint oder keinen erkennbar direkten Bezug zum Untersuchungsgegenstand aufweist, kann sie in Abhängigkeit von den Antworten auf die übrigen Fragen durchaus relevant werden, so dass sie, wenn sie heute zurückgewiesen würde, später erneut gestellt werden müsste. Dies würde zu einer Endlosschleife der Befragung und damit zu einer nicht mehr vertretbaren Verzögerung der Hauptverhandlung führen. Deren Abschluss wäre zeitlich nicht mehr absehbar.“

Diesen Umstand dürfe der Senat in dieser „speziellen, allein von der Angeklagten herbeigeführten Ausnahmesituation“ berücksichtigen. Diemer: „Es dürfen daher nicht nur großzügige Maßstäbe angelegt sondern auch im Zweifel Fragen eher zugelassen werden. Hinzu kommt, dass es der anwaltschaftlich ausgiebig beratenen Angeklagten anders als einem Zeugen unbenommen bleibt, bei der Bearbeitung des Fragenkatalogs im Einzelfall eine von ihr als ungeeignet oder sachfremd eingeschätzte Frage ggf. mit entsprechender Begründung unbeantwortet zu lassen.“ Die von Heer, Stahl, Sturm beanstandeten Fragen wirkten nicht willkürlich, seien nicht entehrend, zielten nicht auf rechtlich unzulässige Beweiserhebungen ab, würden jedenfalls nicht völlig beziehungslos im Raum stehen und ließen jedenfalls in der Gesamtschau der gesamten Fragenkataloge nicht jede Geeignetheit zur Sachaufklärung vermissen: „Sie sollten, soweit nicht umformuliert, unter Berücksichtigung der gesamten besonderen Umstände daher zugelassen werden.“

Es folgt eine Pause bis 15:37 Uhr. Der Zeuge betritt wieder den Saal. Götzl: „Dann setzen wir Ihre Einvernahme fort. Konnten Sie die Frage der Aussagegenehmigung klären?“ Kö.: „Ja.“ Götzl: „Was ist das Ergebnis?“ Kö.: „Mitarbeiter waren Herr Tu., Herr Pr., Herr Gö., Herr Ke., zeitweilig waren andere dabei, aber das waren die, die über mehrere Jahre da waren.“ RAin Schneiders fragt nach einem Herrn Ku. Kö. sagt, der sei auch mal Mitarbeiter gewesen, aber auch mehr zeitweilig. Schneiders: „Ist Ihnen aus der Auswertung der Redebeiträge oder ähnliches eine Äußerung bekannt, dass Herr Wohlleben Gewalt in irgendeiner Weise befürwortet hat?“ Kö.: „Nein, ist mir nicht bekannt.“ Der Zeuge wird entlassen. RAin v. d. Behrens und RA Hösl behalten sich Erklärungen vor.

Bundesanwalt Diemer sagt, der GBA wolle zu den Beweisanträgen von gestern Stellung nehmen. OStAin Greger beginnt mit dem Antrag auf Vernehmung eines instruierten Mitarbeiters des TLfV. Dabei handele es sich um einen Beweisermittlungsantrag, weil weder Zeuge noch Dokument konkret bezeichnet würden. Wohlleben habe eingeräumt, gemeinsam mit André Kapke Organisator des Fests der Völker 2005 bis 2009 gewesen zu sein. [phon.] § 244 Absatz 2 StPO gebiete es nicht, den beantragten Beweiserhebungen zu den Jahren 2005 bis 2009 nachzukommen. Die bisherige Beweisaufnahme habe hinreichende und solide Kenntnisse zu der Einstellung Wohllebens und auch zur KS Jena und zum erbracht. Greger nennt mehrere Beispiele. Dann sagt sie, dass der weitere Antrag auf Inaugenscheinnahme einer Bilddatei abzulehnen sei, weil dies aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung sei. Es könne aus der Abbildung von Männern mit SS-Uniform nichts hergeleitet werden zur Einstellung Wohllebens zur Tatzeit.

Dann nimmt OStA Weingarten Stellung zum Beweisantrag zur Verlesung eines Beitrags aus der NPD-Zeitung „Deutsche Stimme“. Dieser sei wegen Bedeutungslosigkeit aus tatsächlichen Gründen abzulehnen, so Weingarten. Es gebe keinen entscheidungsrelevanten Erkenntnisgewinn zur Einstellung Wohllebens zum Zeitpunkt der ihm zur Last gelegten Beihilfehandlung. Das bedeute zwar nicht, dass die in Rede stehenden Beweistatsachen inhaltsleer wären oder keine Rückschlüsse erlaubten, die möglichen Rückschlüsse seien aber weder zwingend noch könnten sie wegen geringer Aussagekraft zur Frage des handlungsleitenden Motivs zugrunde gelegt werden. Aus dem Umstand, dass André Kapke Mitunterzeichner eines offenbar aus fremder Hand stammenden Textes gewesen sei, könne trotz dessen Nähe zu Wohlleben nicht geschlossen werden, dass das auch dem handlungsleitenden Motiv Wohllebens bei der Beschaffung der Tatwaffe Ceska entsprochen hat. Auch die Verlesung und Inaugenscheinnahme des Aufdrucks auf dem Feuerzeug sei ohne Bedeutung, dies sei mehr als zehn Jahre nach der Tatzeit sichergestellt worden. Schließlich sei auch die Beweistatsache 4 ohne Bedeutung. Der Senat werde seine Schlüsse nicht darauf gründen wollen, dass Wohlleben mehr als zehn Jahre nach der Tat von seiner Frau rassistische Musik zugesandt bekommen hat. [phon.]

Zum Antrag auf erneute Ladung von sagt Weingarten, dieser sei abzulehnen, weil die Aufklärungspflicht weder nahelege noch dazu dränge, ihm nachzukommen. Es handele sich nur um einen Beweisermittlungsantrag. Der Antrag mache den erforderlichen Zusammenhang zwischen Beweistatsache und Beweismittel nicht deutlich, die Antragsteller würden nicht wissen lassen, warum Thomas Gerlach dazu Angaben im Sinne der Beweisbehauptung machen können soll. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts spekulativen Online-Veröffentlichungen nachzugehen. Es werde darüber hinaus mitgeteilt, dass Ermittlungen nahelegen, dass die Mailadresse von einer anderen Person genutzt worden ist, die sich auch zur Inhaberschaft bekannt habe [phon.] und deren Namen den Spitznamen „Wolle“ plausibel erscheinen lasse. Aus den genannten Gründen sei eine Beiziehung dieser Akten aber nicht geboten. [phon.]

Zu den Beweisanträgen der Verteidigung Wohlleben von gestern sagt Weingarten, dass diese wegen Bedeutungslosigkeit abzulehnen seien. Die behaupteten Äußerungen von Sven Kl. würden auch im Falle ihres Erwiesenseins die Entscheidung des Gerichts nicht beeinflussen können. Dass die Angaben Carsten Schultzes zu der Schlägerei nicht belastbar seien und damit Rückschlüsse auf die Glaubwürdigkeit des Angeklagten Schultze zu ziehen seien, diese Schlüsse werde der Senat nicht ziehen wollen [phon.]. Denn selbst wenn Kl. bei der Schlägerei nicht dabei gewesen wäre, führe das nur zu dem Schluss, dass Schultze sich hinsichtlich eines 20 Jahre zurückliegenden Turbulenzgeschehens an einen einzigen Beteiligten nicht erinnern kann. Schultze habe auch keine Fremdbelastungstendenzen gezeigt. Er habe sich dagegen in erster Linie erheblich selbst belastet, als er angegeben hat, dass er seinem Gegner mehrfach in den Rücken getreten habe, so dass er sogar von jemand anderem aus seiner Gruppe zur Räson habe gebracht werden müssen.

RAin Schneiders: „Empörung trifft es nicht ansatzweise, wenn ich die Schilderungen zur Mailadresse höre.“ Es habe offenbar Ermittlungen gegeben, die zur Entlastung ihres Mandanten beigetragen hätten und diese Akten würden den Verfahrensbeteiligten vorenthalten; das sei rechtswidrig und sie sehe die Verfahrensfairness aufs Gröbste gefährdet. [phon.] Zu den Ausführungen zu Carsten Schultze sagt Schneiders, dass die BAW beiseite lasse, dass Schultze gesagt habe, Wohlleben sei jemandem auf dem Kopf herumgesprungen: „Und dann wird gesagt, keine Fremdbelastungstendenzen.“ Weingarten: „Starke Worte sollten auch starke Argumente beinhalten. Wir haben, wie die Nebenklägervertreter auch, einer Zeitung entnommen, dass es eine problembeladene Mailadresse gibt, die in der Zeitung Herrn Wohlleben zugerechnet wird.“ Dies spiele in den Ermittlungsverfahren gegen etwaige Unterstützer auch eine Rolle. [phon.] OStA Weingarten: „Wie das entlasten soll, wo niemand Herrn Wohlleben vorgeworfen hat von Amts wegen, er hätte diese Mail benutzt, entzieht sich meinem Verständnis [phon.]. Wenn ihm das jemand vorgeworfen hätte oder das ansonsten einen NSU-Bezug gehabt hätte, dann hätte der Senat seit zwei Jahren die Akten. [phon.] Aber Ergebnisloses und Sinnloses, damit belasten wir nicht die Akten. [phon.]“ RA Klemke: „Das ist eine Show, die hier von der BAW abgezogen wird.“ Klemke verweist auf Vernehmungsprotokolle von Mirko Sz. und Sven Kl. und sagt, das setze sich so fort. [phon.]

Götzl: „Frau Rechtsanwältin von der Behrens, Sie hatten sich zu Wort gemeldet?“ V. d. Behrens sagt zum Beweisantrag zum „Fest der Völker“: „Es geht nicht nur um den Tatzeitpunkt und die dann bestehende Motivlage, sondern es geht um die Angaben von Wohlleben in seiner Einlassung, er sei überhaupt nicht ausländerfeindlich. Da bezieht er sich auf das Fest der Völker als Beispiel für seine menschenfreundliche Einstellung und darum geht es.“ Das „Fest der Völker“ sei kein Fest zur Völkerverständigung, sondern habe ganz klar Bezug zum NS, so v. d. Behrens.

Dann gibt Götzl noch einen Hinweis zum Antrag auf Vernehmung eines instruierten TLfV-Mitarbeiters. Dort sei keine bestimmte Beweistatsache [phon.] benannt, so dass die Anträge in ihrer bisherigen Form Beweisermittlungsanträge wären. Götzl zitiert Stellen aus dem Antrag und sagt, es handele sich um Wertungen, die nicht Gegenstand des Zeugenbeweises seien. Er rege an, sich auf Tatsachenbehauptungen zu beschränken. [phon.] RA Hoffmann sagt, er werde dieser Anregung nachkommen. Götzl wendet sich an Heer, Stahl, Sturm und sagt, dass man dann am 31.08. deren Erwiderungen auf die Stellungnahmen entgegennehmen werde. RA Scharmer sagt, er sei auch überrascht, dass es zu der Mailadresse Ermittlungen gebe, die sie nicht kennen würden, das hätte ggf. den Antrag entbehrlich gemacht. Er rege an, so Scharmer, dass diese zu den Akten gereicht werden und dann werde ggf. der Antrag zurückgenommen. OStA Weingarten: „Wenn wir alles, was wir in der Zeitung lesen, was sich als Humbug [phon.] erweist, zu den Akten reichen würden, dann wäre das nicht sinnvoll.“ Wenn der Senat aus freibeweislicher Sicht [phon.] diese Akten haben wolle, dann stehe man nicht dagegen, aber er sehe nach wie vor keinen Anlass diesen „unergiebigen Hinweis mit unergiebigen Ergebnissen“ [phon.] zur Akte zu reichen. RA Langer sagt, die Akte enthalte ja auch den Ordner „Sonstige Zuschriften“, vielleicht könne man es in dem Umfang einreichen. Götzl: „Beschluss: Die Hauptverhandlung wird unterbrochen und fortgesetzt am Mittwoch, 31.08., um 09:30 Uhr.“ Der Verhandlungstag endet um 16:08 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage„: „Zwei ehemalige Staatsschutzbeamte aus Jena, die jahrelang gegen die Mitglieder der Kameradschaft Jena bzw. des Thüringer Heimatschutzes ermittelt hatten, waren heute auf Antrag der Verteidigung Wohlleben geladen. Allerdings konnte nur einer von beiden vernommen werden, der andere war erkrankt. Die Vernehmung geriet mal wieder zu einer zähen, ermüdenden Selbstdarstellung des Verteidigers Klemke, denn der Zeuge sagte keineswegs das aus, was sich die Verteidigung erhofft hatte. Er schilderte nicht, dass Wohlleben keine ausländerfeindliche Politik gemacht habe, sondern teilte mit, dass Wohlleben ab 1996 alle Aktivitäten der NPD und von Kameradschaften so organisierte, dass er selbst ‚clever‘ im Hintergrund blieb, und nannte eine ganze Reihe von Beispielen für rassistische und ausländerfeindliche Aktionen. So musste Klemke mal wieder versuchen, den Zeugen als unglaubwürdig darzustellen. Und obwohl der sich zuvor mit Feststellungen wie der, ‚mit 2% Ausländeranteil in Thüringen‘ sei die Situation nicht zu vergleichen gewesen ‚mit den Problemen in den alten Bundesländern‘, als wenig links dargestellt hatte und von der NPD und anderen rechtskonservative Parteien geredet hatte, versuchte Klemke ihm dennoch zu unterstellen, er habe Gewalt gegen die NPD gutgeheißen. […] Letztlich erläuterte die Nebenklage ihre von den Rechtsanwälten HeerStahlSturm beanstandeten Fragen. Bundesanwalt Diemer erklärte, wenn die Angeklagte Zschäpe die Stellung von Fragen erheblich erschwere, da nur en bloc Fragen gestellt werden könnten, dann müssten in einem solchen Fragenkatalog auch sehr weitreichende Fragen zulässig sein. Anschließend beantragte die BAW, die Beweisanträge der Nebenklage zur nationalsozialistischen Ideologie, zum Rassismus und zum militanten Ausländerhass des Angeklagten Wohlleben abzulehnen . die politische Einstellung Wohllebens und damit auch sein Motiv für das Besorgen der Mordwaffe sei hinreichend belegt, für solche Beweisanträge daher kein Platz mehr. Damit lädt die Bundesanwaltschaft das Gericht ein, erneut einen Teil der Beweiswürdigung aus dem Urteil vorab in Beschlussform zu bringen. Sollte das Gericht die Anträge mit dieser Begründung ablehnen, bestünde kein Anlass mehr, mit weiteren Anträgen hinsichtlich Wohlleben nachzulegen.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/08/02/02-08-2016/

    » «