Protokoll 163. Verhandlungstag – 25. November 2014

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An diesem Prozesstag wird zunächst die Vernehmung des Zeugen Hans-Ulrich Müller aus der Schweiz verlesen, der trotz der Zusicherung von freiem Geleit nicht nach München zur Hauptverhandlung reisen wollte. Anschließend wird der Angeklagte Carsten Schultze erneut vernommen, der sich zu den Aussagen von und dessen V-Mann-Führer Norbert Wießner äußert. Danach wird ein weiterer Verfahrensbeteiligter als Zeuge gehört: OstA Weingarten sagt zur Vernehmung von Enrico Theile aus, da die Vermutung aufkam, der Zeuge könnte bei dieser Vernehmung eingeschüchtert worden sein.

Zeugen:

  • Carsten Schultze (Angeklagter)
  • Jochen Weingarten (Oberstaatsanwalt )

Der Prozesstag beginnt 9:50 Uhr. OstA Weingarten ist nicht anwesend, da er später am Tag als Zeuge geladen ist. Götzl will mit der Verlesung des Protokolls der Vernehmung von Hans-Ulrich Müller vom 24.06.2014 beginnen, sagt, es sei Widerspruch erhoben worden gegen die Einführung. Er fragt, ob dieser aufrecht erhalten bleibe. RA Klemke und RA Heer bestätigen und Götzl legt eine Pause zur Beratung ein.

10:07 Uhr verkündet Götzl den Beschluss, die Einführung der Vernehmung von Müller sei zulässig. Zunächst verliest Götzl einige Schriftstücke. Die Ladung des Zeugen Hans-Ulrich Müller, ihm wurde freies Geleit zugesichert. Dann verliest Götzl einen Vermerk von RiOLG Dr. Lang. Er habe am 07.11.2014 gegen 9:00 Uhr einen Anruf vom Zeugen Müller erhalten, dieser habe eine Ladung erhalten, werde aber nicht nach München kommen. Auf die Frage warum nicht, habe Müller gemeint, das Gericht würde sich überhaupt nicht für das interessieren, was er zu sagen hätte. Dr. Lang habe Müller mitgeteilt, dass er seinem RA vorschlagen könne, dass dieser direkt Kontakt mit dem Gericht aufnehmen könne.

Götzl verliest einen weiteren Vermerk von RiOLG Dr. Lang vom 10.11.2014. Er habe RA Frey mitgeteilt, dass ihm freies Geleit zugesichert würde und ein Zeugenbeistand beigeordnet würde. RA Frey teilte mit, er werde sich nach Rücksprache nochmal melden. Götzl verliest ein Schreiben von Müller vom 11.11.2014: “Komme nicht nach München mit freundlichen Grüßen, Hans-Ulrich Müller.“ Götzl kündigt an, er werde nun das Protokoll der Vernehmung von Müller vom 24.06.2014 verlesen lassen.

Ort der Vernehmung am 24.06.2014 ist das Rathaus Thun. Anwesend sind StA Widmer, Hä., Sekretärin. RA Frey, OstA Weingarten, Richterin Belaay, RAe Heer, Sturm, Schneiders, Klemke, Pausch, Hösl, Bogazkaya, Dilmann, Hoffmann, Kara, Matt, Scharmer, Schütte, Sidiropolos, Ünlücay, Wolf.

Die Befragung beginnt. Müller wird belehrt und gibt an, die Angeklagten nicht zu kennen. Auf Frage sagt er, ihm ginge es eigentlich nicht sehr gut. Seine Existenz sei auf dem Nullpunkt, er könne aber auf die gestellten Fragen Antwort geben. Auf Frage sagt er, er sei seit der Geburt in der Schweiz, zwischenzeitlich sei er vier Jahre in Deutschland gewesen und in den USA. Er könne nicht mehr genau sagen, wann er in Deutschland gewesen sei, ca. 1991-1995. Aufgrund von OPs habe er Gedächtnisverluste, er habe in Apolda gewohnt, 1996 in Wangenried in der Schweiz gelebt. Auf die Frage, mit wem er verheiratet sei, sagt Müller mit Frau Pa.-Müller aus Apolda, seit 1996. Er habe Bäcker gelernt. Nach einer Umschulung sei er selbsttätig als Landschaftsgärtner tätig gewesen. 1996-2002 sei er bei Lista, einer Möbelfirma, bauleitender Monteur im In- und Ausland gewesen. Seine finanzielle Situation 1996-2001 sei gut gewesen, es habe keine Probleme gegeben. Auf Frage nach der familiären Situation 1996-2001 sagt Müller, er sei während der ersten Zeit in Deutschland mit Sitta I. zusammen gewesen.

Auf Frage bejaht er, dass er Waffenerwerbsscheine beantragt habe. Wann, könne er nicht sagen, da das ziemlich viele gewesen seien. Den ersten nach der Rekrutenschule, es sei im Combatclub Kiessen gewesen. In einigen Jahren habe er keinen, in anderen 4-5 beantragt. Er habe oft Waffen gekauft und wiederverkauft. Auf Frage sagt er, mit dem Antrag auf Scheine seien Kosten verbunden, zwischen 35 und 50 SFR hätten sie damals gekostet. Die Gebührenhöhe sei nach Zahl der Waffen nicht unterschiedlich, es sei immer dieselbe Summe gewesen, die Bezahlung sei bar erfolgt. Das sei auch 1995/1996 wie beschrieben gewesen. Auf Frage sagt Müller, dass die Scheine im Prinzip an andere Personen weitergegeben werden durften. Man habe aber die Zustimmung der Person gebraucht, die sich ausweisen musste. Der Käufer musste gegenüber dem Händler einen Ausweis vorlegen und den Waffenerwerbsschein dem Händler übergeben. Die Frage, ob er die Firma Schläfli und Zbinden in Bern kenne, bejaht Müller, er habe dort Waffen gekauft. Auf die Fragen, wann, weshalb, wie oft, sagt der Zeuge, er habe Waffen kaufen und ändern lassen wollen. Er könne nicht sagen, wann. Er sei immer persönlich da gewesen. Der Mitarbeiter heiße Zbinden. Er habe auch von anderen Firmen Waffen gekauft, aber früher, in Bern, in Thun und in einem Geschäft in Grünibach. Er könne keine Zahl angeben, wie viele Waffen er bei Schläfli und Zbinden gekauft habe. Sicher mehrere. Auf die Frage, ob eine Handvoll oder Tausende, sagt Müller, er müsse raten. Die Polizei habe ja die Waffenbücher durchgeschaut. Er sei immer persönlich dort gewesen und habe bar bezahlt, die Waffen seien ihm nicht zugesandt worden. Er habe keine Kaufquittungen erhalten, das sei nicht üblich gewesen. Auf Frage sagt Müller, er habe Änderungen in Auftrag gegeben, aber nicht bei Schläfli und Zbinden sondern bei Zbinden selbst, der habe das nach Feierabend gemacht und selbst kassiert. Er habe das 10 bis 15 mal machen lassen, auch Schalldämpfer montieren lassen. Er habe Spaß dran, man konnte mit dem Schalldämpfer rum schießen, ohne dass die Polizei auf einen aufmerksam wurde. Herr Zbinden sei sein Hauptansprechpartner gewesen. Er habe ihn geduzt und manchmal ein Mittagessen bezahlt. Auf Frage sagt Müller, er sei oft im Geschäft gewesen, ca. zwei bis vier Mal im Monat, auch 1996. Auf die Frage, ob er 1996 einem Anderen Waffenerwerbsscheine abgekauft habe, sagt Müller, nein, nie. Die schweizerischen Gesetze seien so locker gewesen, dass er selber einen Schein kaufen konnte. Er habe 1996 Waffen besessen, so Müller auf Frage, aber er wisse nicht mehr welche. Gewehre, Pistolen und Revolver, v. a. von Schläfli und Zbinden. Er habe damit geschossen und auch Waffen getauscht und verkauft. Auf die Frage, ob er auch Anträge für Scheine gekauft habe, sagt Müller, nur wenn es über die Firma gegangen sei. Bei Privaten sei das nicht Pflicht gewesen. Es habe bei Schläfli und Zbinden einen private Liste gegeben.

Die Frage, ob er mal eine Ceska besessen habe, verneint Müller. Auf Frage sagt er, er sei sich so sicher, weil er einen Monat in U-Haft gewesen sei und Zeit hatte nachzudenken. Die Waffen hätten ihm Freude bereitet, er habe gekauft, was ihm gefallen habe, Lang- und Faustfeuerwaffen, mit und ohne Schalldämpfer. Es habe ihn niemand mit dem Erwerb beauftragt. Die Frage, ob er Germann kenne, bejaht Müller, das sei ein alter Kumpel von ihm gewesen. Er, Müller, kenne ihn seit Ende der 70er, Anfang 80er Jahre. Sie seien beim Militär in der gleichen Einheit gewesen und seien zusammen Motorrad gefahren. Germann habe damals wie heute ausgesehen, aber er sei 60 bis 70 kg leichter gewesen. Auf die Frage nach einer möglichen Ähnlichkeit, sagt Müller, Germann sei 2 m groß gewesen und habe eine Armspannweite von 1,80 m. Er, Müller, sehe keine Ähnlichkeit, er sei 1,70 m. Er nenne Germann Toni. Müller verneint die Frage, ob Germann Schiesssport betreibe, er selbst nicht mehr seit seiner Verurteilung in Deutschland. Müller bejaht die Frage, ob er den Combat Club in Kiessen kenne, er habe dort in den 70ern/80ern geschossen. Auf die Frage, ob er mit einer Ceska geschossen habe, sagt Müller, er habe eine Ceska 75 und Ceska 9 mm gehabt. Auf die Frage, woher er diese gehabt habe, sagt Müller, vom Inhaber des Geschäfts in Hünibach, Gründer des Schiessclubs in Kiessen. Er habe diese Ceska aus dem Waffengeschäft in Hünibach, sagt er auf wiederholte Frage.

Auf die Frage, ob er mit Germann auch beruflich Kontakt gehabt habe, sagt Müller, er habe für Germann in und ums Haus gearbeitet, in der Freizeit hätten sie Motorradtouren gemacht. Sie hätten gegenseitig ihre Telefonnummern gehabt und sich gegenseitig Zuhause besucht. Auf Frage, wie oft sie sich 1996 gesehen hätten, sagt Müller, sie seien manchmal auf mehrtägigen Motorradtouren gewesen, manchmal hätten sie sich monatelang nicht gesehen, dann zweimal die Woche. Auf die Frage, weshalb sie sich getroffen hätten, sagt Müller: „Eine ganz normale freundschaftliche Beziehung.“ Sie hätten immer noch Kontakt. Sie hätten sich zu 99 Prozent über Motorradfahren unterhalten. Sie hätten über den Fall in Deutschland geredet und die Waffen seien nebenher zur Sprache gekommen. Auf Frage sagt Müller, es könne sein, dass er mit Germann über Waffen-erwerbsscheine gesprochen habe, aber er könne sich nicht erinnern. Er könne dazu nicht sagen, wer das Gespräch auf die Scheine gebracht habe. Er habe keine Scheine von ihm gekauft, so Müller auf Frage. Auf die Frage, ob ihm Germann eine ID-Katrte überlassen habe sagt Müller „Absurd.“ Er hätte das nicht brauchen können.

Die Frage, ob er Kontakte nach Deutschland hatte, bejaht Müller. Verwandte seiner Frau hätten ihn besucht. Und Enrico Theile sei auch zu ihm in die Schweiz gekommen, ein Bekannter aus Deutschland. Theile sei ein Freund. Sie hätten Feste gefeiert und seien zusammen in den Urlaub gefahren. Er sei nach Deutschland gefahren, mit seiner Frau nach Apolda, so Müller auf Frage. Sie seien auch in Jena gewesen. Er habe dort Kontakt mit Theile gehabt, nicht mit anderen Personen. Auf die Frage, ob er einen Laden in Jena mit Kleidung der Marke Thor Steinar kenne, sagt Müller, aus den früheren Vernehmungen. Er sei nie dort gewesen. Er sei kein Rechtsextremist und halte sich aus der Politik fern. Auf die Frage, ob er Ron oder Gil Eh. kenne, antwortet Müller, vom Hörensagen. Einer sei bei ihm gewesen mit einem Kumpel. Das seien eineinige Zwillinge, zwielichtige Gestalten, im Milieu tätig, wisse er nur vom Hörensagen. Er wisse nicht, aus welchem Ort sie stammten, sie seien in Jena gewesen. Auf Frage sagt Müller, er habe Theile in seinem Geschäft kennengelernt. Theile wollte Ersatzteile für seinen Golf. Später hätten sie sich öfter getroffen. Der Kontakt sei manchmal einmal, manchmal zweimal im Jahr gewesen. In Thailand seien sie 22 Tage zusammen gewesen. Theile habe ihn in der Schweiz besucht. Und er, Müller, ihn in Jena und dort wo er früher gewohnt habe, in Limburg. Die Frage, ob er Andreas Schulz kenne, verneint Müller, die Frage nach Li. genauso.

Er verneint auch die Frage, ob er Waffen nach Deutschland verkauft habe. Er sei in Deutschland verhaftet worden, in Apolda, er wisse nicht wann und weshalb. Wegen Bedrohung, er sei zwei Monate in U-Haft gewesen. Er habe eine Waffe im Auto gehabt, eine Ruger MK 2, Kaliber 22, im Kofferraum, eingewickelt in Lappen, ohne Schalldämpfer. Auf Frage sagt er, er habe an der Waffe zwei Tage zuvor bei Schläfli etwas abgeändert. Er habe sie im Auto vergessen. Er habe sie in die Autotüre gesteckt und habe sie dort vergessen. Er glaube, Munition sei dabei gewesen. Er habe ein Zwischenstück anfertigen lassen, damit ein Schalldämpfer angebaut werden kann. Er sei ein Waffennarr gewesen. Die Waffe habe er eine Woche zuvor hingebracht und sie zwei Tage vor der Fahrt nach Deutschland abgeholt. Er könne nicht mehr sagen, warum er das habe ändern lassen. Auf Frage sagt Müller, das Urteil sei acht Monate bedingt gewesen. Er habe Germann von der Fest-nahme und Verurteilung erzählt, so Müller auf Frage. Auf die Frage, ob er nach den Hausdurch-suchungen 2012 mit Germann gesprochen habe, sagt Müller, das habe er nicht gebraucht, da die Polizei ihr Haus mit viel Trara durchsuchen kam, in Uttigen. Diejenigen, die ihn drauf angesprochen hätten, denen habe er Auskunft gegeben. Er habe keine Gelegenheit gehabt [mit Germann zu sprechen]da er, Müller gleich verhaftet wurde. Nach der Entlassung habe er sicher mit ihm gesprochen. Er habe ihn gefragt, wie er auf die hirnrissige Idee gekommen sei, so was auszusagen. Es seien immer seine Standardausreden gekommen: Krankheit, Krebs, Zucker. Auf Frage sagt er, sicher habe er mit Germann über die Mordserie gesprochen, aber sicher nicht so einseitig wie das dargestellt würde. Einfach allgemein. Auf Frage sagt Müller, sicher hätten sie nach dem Tod von Böhnhardt und Mundlos über die mutmaßlichen Täter der Morde diskutiert. Es sei beiläufig zur Sprache gekommen. Er wisse nicht mehr, wann, ob das vor oder nach seiner Anhaltung gewesen sei. Er habe zuletzt Kontakt zu Germann vielleicht vor 2 oder 3 Wochen gehabt. Er habe ein Lager bei Germann und wenn er dort sei, gehe er mit ihm einen Kaffee trinken. Er nehme ihm die Aussagen nicht übel. Sie sprächen auch heute nur über das Motorradfahren. Es sei jeweils Zufall, von wem der Kontakt ausgehe. Das Thema NSU sei für sie nicht so relevant wie in Deutschland.

Die StA München fragt, ob er jemals Schiesskugelschreiber in die BRD eingeführt habe. Müller verneint. Er habe auch Theile keinen überlassen, sagt Müller auf die Anschlussfrage. Auf die Frage, ob er mit Theile über die Morde in Deutschland gesprochen habe, sagt Müller, sie haben in Limburg gesprochen. Im Bahnhof sei ein Fahndungsplakat gewesen. Sie hätten über die hohe Summe gesprochen, die ausgesetzt war. Auf Frage sagt Müller, er kenne nicht, er habe ihm keine Waffe überlassen. RA Pausch fragt, ob Müller einmal eine Ceska besessen habe und wo die Waffe jetzt sei. Müller antwortet, er habe keine gehabt, aber damit geschossen. Die heißen in der Schweiz CZ 75 oder CZ 85. StA Widmer sagt, Müller habe angegeben, nie eine Ceska besessen zu haben. Müller sagt darauf, wenn er, Widmer, die so nennen wolle, er, Müller, habe sie als “CZ 75” oder “CZ 85” gekauft. Er habe sie eingetauscht oder verkauft. Die Frage, ob ein Schalldämpfer dabei war, verneint Müller. RA Kuhn fragt, wann Müller die Eh.s kenngelernt habe. Müller antwortet, das könne er nicht mehr sagen. Auf die Frage, wie oft sie Kontakt hatten, gibt Müller an, er kenne nur einen der beiden. Er habe ihn einmal in der Schweiz gesehen. Sonst habe er nur von ihnen gehört. Dieser habe gewollt, dass er, Müller, ein Telefonat führe, was er dummerweise gemacht habe. Der Rest sei bekannt. RA Kuhn fragt, ob er die falschen Pässe besorgen konnte. Müller sagt, er habe keine Ahnung. Er wisse auch nicht, ob die Eh.s Kontakt zur rechten Szene in Jena hatten. Der StA sagt, Müller habe gesagt, die Waffe im Kofferraum habe er bei Schläfli und Zbinden gekauft und fragt dazu, ob im Geschäft oder an der Börse. Müller sagt, das könne er nicht mehr genau sagen. Er glaube, die sei in den Waffenbüchern aufgetaucht. Er wisse nicht mehr genau, wann er diese Waffe gekauft habe. Auf Frage sagt Müller, 2.000 – 4.000 SFR habe er pro Jahr für Waffenkäufe aufgewendet. Er habe ja auch Waffen verkauft oder eingetauscht. Auf die Frage nach seinem Nettoverdienst 1996 gibt Müller an, das sei unterschiedlich gewesen, er sei Monteur mit Überstunden gewesen, 6.000-10.000 SFR brutto. Sein Geschäft habe Autoservice Sidonia geheißen. Theile sei nicht da beschäftigt gewesen, der sei bei Jenaglas gewesen.

Müller sagt, er sei wegen Germann in U-Haft gewesen, er habe nicht mehr allzu viel mit ihm diskutiert. Sie hätten sicher über die Ceska-Mordserie gesprochen. Darüber, dass die Deutschen total übertrieben reagieren. Auf Frage sagt Müller, er könne nicht mehr sagen, aus welchen Grund er mit Germann über die Ceska-Serie gesprochen habe. Sie hätten sicher auch über den Suizid Böhnhardt, Mundlos gesprochen, so Müller auf Frage. Er sei der Meinung, dass da etwas extrem schief läuft in Deutschland. Auf die Frage, ob er wisse, mit welchem Waffentyp die Morde begangen wurden, sagt Müller eine 7.65. Die Frage, mit welcher Kennzahl der Waffe, sagt Müller, wie er das wissen solle. Auf die Frage, ob er mit Enrico Theile über die Waffe gesprochen habe, sagt Müller, in Limburg sei die Waffe abgebildet gewesen und sie hätten darüber diskutiert. Irgendwann vor fünf bis zehn Jahren. Auf die Frage, ob er nach der Hausdurchsuchung in der Schweiz mit Theile über die Waffe gesprochen habe, sagt Müller, nach seiner Rückkehr haben sie ihn verhaftet. Die Frage, ob auch Theile mit Verhaftung rechnete, verneint Müller, er glaube nicht, dass er speziell Angst hatte. Auf die Frage, ob er mit Theile jemals über dessen Vernehmung in Deutschland gesprochen habe, sagt Müller, nachdem bei ihm, Theile, das SEK eingerückt ist, haben sie nicht mehr darüber gesprochen. Er, Theile habe Angst gehabt, dass er hineingezogen wird. Dass die Angst begründet war, wisse er, Müller, jetzt durch den Kindermord in den Theile hineingezogen wird. Das wisse er von der Internetseite NSU-Prozess.

RA Sidiropolos fragt zum Schalldämpfer und Munition bei der Waffe im Kofferraum. Müller sagt, 50 Schuss, gekauft bei Schläfli. RA Sidiropolos fragt, bei welcher Gelegenheit Germann seine Standardausreden benutzt habe. Müller sagt, Germann sei schlecht drauf. Wenn er was vergesse, bringe er diese Ausreden. Seine Aussagen seien ihm in den Mund gelegt worden. Man habe in Deutschland und in der Schweiz immer nur gezielt gegen ihn, Müller ermittelt. RA Sidiropolos fragt, ob sich Müller an seine Besuche während der U-Haft in Deutschland erinnern könne. Müller antwortet, seine spätere Frau und sein RA. RA Scharmer fragt, ob Müller den Ort Orbe in der Schweiz kennt. Müller verneint. Auf Nachfrage, ob er zu der Region Verbindungen habe, sagt Müller, er wisse nicht, wo der Ort sei. RA Klemke fragt, ob er die Waffen mit Schalldämpfer gekauft habe, um geräuschlos Menschen töten zu können. Müller verneint. Er sei einverstanden, dass das Protokoll dem OLG zugestellt wird.

Götzl legt eine Pause bis 11:35 ein.

Götzl wendet sich Carsten Schultze zu. Dieser habe die Angaben von Brandt und Wießner gehört, Berichte des LfV Thüringen und fragt, was er von sich aus dazu ergänzen könne. Schultze antwortet, nix neues, er könne sich das nach wie vor nicht erklären, das mit den Überweisungen. Da sei keine Erinnerung da. Und irgendwas müsse ja da sein, deshalb schließe er das aus. Und Brandt habe ihn ja mit Telefonzellenvermittlung erwähnt. Da habe er auch gar keine Erinnerung dran, das schließe er auch aus. Götzl fragt nach der zeitlichen Einordnung der Berichte, da seien ja gewisse zeitliche Angaben erhalten. Schultze antwortet, da wüsste er jetzt nichts. Der Herr Wießner habe wahrscheinlich dieses Einbruchsdelikt gemeint, da habe sich ja aufgeklärt, dass das Ende 1998 war. Das habe Wießner noch nicht auf dem Schirm, dass es da später eine Meldung gibt, aber das Datum nicht hinhaut. Herr Koch habe ihm ja das Tatblatt hingelegt, wo er sich von den Klamotten her wiedererkannt habe. Götzl sagt: „Ja, waren Sie zweimal in der Wohnung?“ Schultze verneint.

Vorhalt Gesprächsnotiz VM 2045 [Brandt]vom 15.03.1999:
Beim -Jubiläumskongress unterhielt ich mich mit Carsten Schultze. Er sagte zu mir, dass er gehört hat, dass ich mit jemanden telefoniert habe. Er sagte, dass er jetzt den telefonischen Kontakt hat, da sich Wohlleben zu beobachtet fühlt. Und wir redeten über den Plan, dass André ein Szenegeschäft eröffnen will. Götzl fragt, ob sich Schultze an so ein Gespräch erinnern könne. Dieser verneint. Brandt erwähne ihn auch über den Telefonanruf. Da habe er auch gar keine Erinnerung.

Vorhalt: Carsten hat sich die Sache mit dem Geld, das nie angekommen ist, angehört und war über die Höhe entsetzt. Schultze sagt, da sei auch gar keine Erinnerung mehr aufgetaucht.

Vorhalt: Am Samstag, 08.05.1999 sei es zu einem weiteren Gespräch mit Wohlleben und Schultze über die drei gekommen. Wohlleben habe erklärt, dass er auch keinen Kontakt mehr habe. Er sei selbst von deren Verhalten überrascht. Schultze sagt, da habe er auch keine Erinnerung mehr dran. Ihm komme es auch total spanisch vor, die Meldung von Brandt, dass er Gelder nach Sachsen überwiesen habe. Er habe nicht gewusst, wo die sind. Das mit Sachsen, das könne er sich absolut nicht erklären. Er habe gar keine Erinnerung dran, dass es irgendwie eine Eingrenzung gab.

Vorhalt: Carsten Schultze erwähnte noch, dass er Anfang März 1999 in die ehemalige Wohnung von Zschäpe eingestiegen sei und Thorsten Kl. “Torte” dabei Schmiere gestanden sei. Schultze sagt dazu, das könne er nicht erklären, Torte sei auch gar nicht dabei gewesen. Er verstehe nicht, wieso Brandt das so weitergegeben habe. Er sehe da nicht wirklich einen Sinn drin.

Vorhalt Vermerk vom 26.05.1999: Am Samstag, 15.05.1999 wurde ab ca. 18 Uhr in der Wohnung von Wohlleben in Jena von seinem in Hannover wohnenden Freund Holger Gerlach eine Party gefeiert. Auf Initiative von Wohlleben kam es zu einem vertraulichen Gespräch mit VM 2045 über die drei Flüchtigen. Schultze sagt, das sei das mit dem Vermerk über die Banküberweisungen nach Sachsen. Da müsste doch ein Ort auftauchen, was gar nicht da ist.

Vorhalt: Wohlleben habe mitgeteilt, dass der Kontakt wieder hergestellt sei und bereit sei, Unterstützung für einen Auslandsaufenthalt zu leisten. Gerlach sagte zu, das Gespräch mit Heise zu führen. Carsten Schultze teilte mit, dass er letztmalig April 1999 Spendengelder nach Sachsen überwiesen habe. Schultze sagt, da habe er gar keine Erklärung für. Aber zu Götzls Anfangsfrage sei ihm noch eingefallen, dass das mit dem Landesvorsitzenden JN in Thüringen nicht so sei. Das stehe auch im VS-Bericht Thüringen 2000, dass er Stellvertreter geworden sei. Nach wie vor sei er kein Landesvorsitzender gewesen, wie es Brandt darstellen möchte.

Vorhalt Vermerk vom 29.09.1999: Am Dienstag, 21.09.1999 besuchte VM 2045 mit Carsten Schultze und Ronny A., Sascha Roßmüller und in Neuburg Donau. Während der Rückfahrt Pause. Carsten Schultze hielt sich mit VM 2045 außerhalb des Fahrzeugs auf und fragte Quelle, wie sie Roeder einschätze. Schultze sagt, er habe keine Erinnerung, wie er das gefragt habe. Es könne sein, dass ihm das gesagt wurde, er hab es gefragt und die Antwort wieder zurückgetragen.

Vorhalt: Schultze habe geantwortet dass sich die Sache damit erledigt hätte. Schultze wiederholt, dazu falle ihm nichts ein.
Vorhalt: Dass die drei wissen wollten, ob man Roeder wegen Auslandskontakten kontaktieren könne, weil unbedingt ein neuer Aufenthaltsort benötigt werde. Schultze sagt, dazu könne er nichts weiter sagen. Allgemein sei es um Ausreise und Ort gegangen, aber mehr kriege er da nicht zusammen.

Vorhalt Vermerk vom 01.02.2000: Bei -Schulungsveranstaltung am 29.01.2000 in Juhe Froschmühle bei Eisenberg nahmen zwei -Leute aus Chemnitz teil, die mit [Autokennzeichen] C-ND 88 zum Veranstaltungsort gekommen waren. Wohlleben habe noch Quelle mitgeteilt, dass Carsten Schultze den Kontakt zu den dreien halte, aber nur im Notfall, da er mit Ronny Ar. und Jana A. gesprochen habe. Schultze sagt, er erkläre sich das, dass das über Wohlleben bei Brandt gelandet ist. Bei Ronny Ar. und Dany Sch., da sei es möglich, dass er das bei einem von beiden gesagt habe, es sei alles in Ordnung. Oder bei beiden. Mehr als so eine graue Erinnerung habe er daran nicht.

Vorhalt Vermerk vom 04.05.2000: Vor dem Rennicke-Konzert am 26.04.2000 in Neustadt Oberfranken wurde VM 2045 von Carsten Schultze zu einem vertraulichen Gespräch gebeten. Schultze fragte, ob Quelle ein Handy zu einem Familienmitglied der drei transportieren würde. Er suche einen zuverlässigen Vertrauten, der zur Zeit in Jena nicht zu bekommen sei. Schultze sagt, er hab auch nach wie vor keine Erinnerung. Er habe das ja auch gelesen. Aber was da weiter passiert sei, davon stehe ja auch nichts. Kurzfristige Handyübergabe, das könne er sich auch nicht erklären. Das sei eine Interpretation von ihm, in Erinnerung habe er dazu nichts. Er würde es nicht ausschließen, aber er habe dazu keine Erinnerung.

Vorhalt Zusammenstellung vom 06.10.2000: Carsten Schultze habe kürzlich in der Szene überraschend geäußert, sich an keinen Aktivitäten mehr zu beteiligen und zu seiner Schwester umziehen zu wollen, weg aus Jena. Götzl fragt zur zeitlichen Einordnung. Schultze sagt, das habe er auch so in Erinnerung. Nach dem Unterbindungsgewahrsam, zwei, drei Wochen danach, habe er sich da geöffnet, dass er aussteigen werde. Das habe ziemlich schnell auch die Runde gemacht. Da steht auch drüber “JN-KreisVorsitzender”, wäre er Landesvorsitzender gewesen, hätte das da drüber gestanden.

Vorhalt von 1998: Treff VM 2045 Gespräch mit Wohlleben und Helbig: Helbig erzählte, dass er vom VS angesprochen wurde und ihm seien bis zu 500 DM für Informationen geboten worden. Schultze sagt, eine Erinnerung dran habe er nicht. Da stehe auch Carsten mit K drinne. Er gehe davon aus, dass Brandt ihn da gesehen habe. Da sei er viel mit Christian Kapke unterwegs gewesen in der Zeit.

RAin Schneiders sagt, Schultze habe auf verschiedene Vorhalte des Vorsitzenden für einige Sachen was ausgeschlossen. Bei der letzten Deckblattmeldung aber gesagt “ich will es nicht ausschließen”. Sie fragt, anhand welcher Anhaltspunkte er das ausgeschlossen oder nicht ausgeschlossen habe. Schultze antwortet, die letzte Deckblattmeldung mit dem Helbig, wenn Brandt sagt, er habe da mit bei Wohlleben in der Wohnung gesessen, dann schließe ich es nicht aus. RAin Schneiders hakt nach, beim Rennicke-Konzert habe Schultze gesagt, “Ich kanns nicht ausschließen” und zuvor, z.B. bei der Überweisung habe er gesagt “das schließe ich aus, denn ich hab überhaupt keine Erinnerung mehr dran”. RAin Schneiders fragt, an was er es festmache, ob er etwas ausschließe oder nicht ausschließe. Schultze sagt, bei den Überweisungen, da müsste er was im Kopf haben. RAin Schneiders sagt: „Eben sagten Sie ‚Sie haben keine Erinnerung‘ Beim einen sagten Sie aber: ‚Das schließ ich aus‘ und beim anderen ‚das kann ich nicht ausschließen'“. Schultze sagt, er sei öfter mal in der Wohnung in Göschwitz gewesen. Deswegen denke er, haut das schon hin, wie Brandt das berichtet. Und sone Banküberweisung, das habe er seines Erachtens nach nicht einmal gemacht, deswegen könne er es eigentlich ausschließen.

RA Klemke fragt nach der Deckblattmeldung zur Überbringung eines Handys und ob Schultze mal auf einem Frank-Rennicke-Konzert war. Schultze antwortet, er habe den mal gesehen, aber ob er auf nem direkten Konzert war, wisse er nicht. RA Klemke fragt, ob er denn mal in Neustadt in Oberfranken war. Schultze fragt, ob das sei bei Herrn Delle und Roßmüller. RA Klemke sagt, nein, da sollte ein Konzert mit stattgefunden haben, am 26.04.2000. Schultze sagt, das wisse er nicht. RA Klemke sagt: „Unterhaltungen mit Brandt hatten Sie aber.“ Schultze bejaht. Auf Frage sagt er, er denke auch unter vier Augen. RA Klemke fragt, ob er denn mal in einer Unterhaltung mit Brandt darauf verwiesen hat, dass er, Schultze befürchte, polizeilich überwacht zu werden. Schultze sagt, das wisse er nicht.

RAin Antonia v. d. Behrens sagt, diese Verfolgung, die er, Schultze beschrieben habe, Anfang 2001, wo er von mehreren Wagen verfolgt worden sei. Er habe gesagt, dass er bei der PI Jena einen Beamten des Staatsschutzes und einen Beamten des VS getroffen hätte. Schultze sagt dazu, das sei nicht richtig. Er sei zur PI gefahren. Dem Beamten vorne habe er gesagt, dass er aus der rechten Szene ausgestiegen sei und was passiert sei. Der Beamte habe gesagt, er könnte nichts machen. Er Schultze, habe gesagt, das könnte aber den Herrn Kö. und den Herrn Ke. interessieren, einer war Staatsschutz und einer VS, da sei dann auch einer der beiden gekommen. Eine Woche später sollte er, Schultze, wieder kommen und er fragte, ob noch was war und der habe gesagt nichts mehr. Rain v. d. Behrens fragt, ob er noch wisse, mit wem er gesprochen habe. Schultze verneint, mit einem von beiden. RAin v. d. Behrens fragt, ob der Beamte gesagt habe, ob das jetzt von der Polizei ausging oder vom VS. Schultze sagt, er habe dem das so geschildert und er sagte, „was wollen Sie von mir“ und er, Schultze habe gesagt: „Ich denke, dass die Autos bei Ihnen auf dem Hof stehen.“ Und da habe der Beamte gesagt, er gehe nicht davon aus, er höre sich aber mal um. So in die Richtung. RAin v. d. Behrens fragt, ob ihm Nico Eb. was sage. Schultze verneint, er kenne ihn auch nur aus den Akten. Auf Frage verneint er, die Bilder gesehen zu haben, die ihm zugeordnet werden. RAin v. d. Behrens lässt das Foto in Augenschein nehmen. Und sagt zu dem schwarz-weiß Foto, auf denen nichts zu erkennen ist, im Original sei es bunt. Götzl sagt, das werde nach der Mittagspause gemacht. RA Scharmer fragt, ob Schultze den Zeugen Dalek, der hier vor Ort war, kenne. Schultze verneint, er habe ihn erst hier kennengelernt, bzw. aus den Akten. RA Scharmer fragt, ob er Erkenntnisse habe, ob es Kommunikation von Mitgliedern des über das Thulenetz gegeben habe. Schultze antwortet, das sage ihm nichts. RA Scharmer sagt: „Sie selbst hatten damit nichts zu tun.“ Schultze: „Nein.“

Es folgt die Mittagspause bis 13:21 Uhr.

RAin v.d. Behrens lässt ein Bild in Augenschein nehmen, auf dem ein Mann vor einem anderem kniet. Schultze fragt, wer jetzt der Ebbinghaus sein solle. RAin v. d. Behrens antwortet, der vordere. Schultze schweigt. RAin v. d. Behrens sagt, es gebe noch ein zweites Bild. Götzl sagt, es sei schwarz-weiß in der Akte. RAin v. d. Behrens sagt, das sei aus der Geburtstagszeitung eigentlich. Schultze: „Nee.“ RAin v. d. Behrens fragt, ob in der Kommunikation mit den Dreien auch mal SMS ausgetauscht wurden, oder nur Anrufbeantworter/Telefonzelle. Schultze sagt, an SMS könne er sich nicht erinnern. Er wisse noch dieses auf die Mailbox sprechen. RAin v. d. Behrens fragt, ob er Anzeichen dafür hatte, dass Wohlleben noch einen anderen Kommunikationsweg zu den dreien hatte hat ausser über ihn. Schultze sagt, damals nicht. RAin v. d. Behrens hakt nach, was das heiße. Schultze sagt, jetzt wisse er auch Sachen aus den Akten. Die RAin fragt weiter, ob das B&H-Verbot mal ein Thema zwischen ihm und Wohleben oder anderen aus THS und KS-Umfeld. Schultze: „Wüsste ich nicht, nein.“ Vorhalt einer SMS, die soll laut dem Vermerk auf dem Handy in der Frühlingsstraße gefunden worden sein, vom 15.09.2000 und der Text heißt: Mir ist es zur Zeit nicht möglich, mit Euch zu sprechen, wegen NPD gestern B&H und vielleicht bald THS-Verbot. Ralf. RAin v. d. Behrens fragt, ob da eine Erinnerung komme. Schultze sagt, den Vermerk kenne er auch, aber da komme keine Erinnerung. Götzl fragt, ob Schultze die „Turner-Tagebücher“ was sagen. Schultze verneint, jetzt erst, aus dem Verfahren.

Götzl sagt, dann komme man zu OstA Weingarten. Zunächst geht Götzl auf die Aussagegenehmigung des GBA vom 20.11.2014 ein, diese erstreckt sich auf Vernehmung des Enrico Theile. Dann fragt er, was Weingarten von sich aus zu dem Beweisthema sagen könne. Weingarten erzählt, Theile sei pünktlich am frühen Nachmittag erschienen, habe sich an der Pforte gemeldet, sei von Bediensteten in den Vernehmungsraum gebracht worden. Er, Weingarten sei zugegen gewesen und Kommissare S. und Sch. [phon.] sowie auch die Schreibkraft Frau St. Das Vernehmungszimmer sei ein Besprechungsraum mittlerer Größe. Die Vernehmung habe an einem Besprechungstisch für etwa 14 Personen stattgefunden. Nachdem er, Weingarten, Theile mit Handschlag begrüßt hatte, habe Theile auf der einen Seite Platz genommen, er, Weingarten habe ihm gegenüber gesessen. Links von ihm habe Frau St. gesessen, die das Protokoll nach seinem Diktat in die Tastatur geschrieben habe. Rechts von Weingarten haben Kommissare S. und Sch. gesessen. Er, Weingarten, habe Theile belehrt und ergänzt, dass Waffendelikte verjährt seien, aber nicht die mögliche Beihilfe zum Mord. Dass sie das aber im Moment nicht sähen. Und er habe ihn zur Wahrheit ermahnt. Er, Weingarten, habe gesagt, anders als bei einer richterlichen Vernehmung sei die Falschaussage nicht strafbewehrt. Dass man aber immer das Risiko eingehe: falsche Verdächtigung, Strafvereitelung.

Er, Weingarten, habe sich Notizzettel und Kugelschreiber gegriffen und sich neben Theile gesetzt, um ihm den Gegenstand der Vernehmung konkretisiert dazulegen. Er, Weingarten, habe sich dabei einer Skizze beholfen, die er live neben Theile entworfen habe: den Weg der Ceska habe er retrospektiv dargelegt von der Auffindung im Brandschutt, über Böhnhardt, Mundlos über Carsten Schultze, Andreas Schulz und Jürgen Länger. Und er habe dann nochmal chronologisch begonnen: Lexik Schläfli, Zbinden, Germann Müller. Und da blieb ein leerer Kreis und er habe gesagt: „Der GBA geht davon aus, dass Sie in diese Leerstelle gehören.“ Daraufhin sei er, Weingarten wieder auf seinen Platz gegenüber gegangen. Er habe gefragt, ob Theile nunmehr Angaben dazu machen könne, wie die Waffe von Müller an Länger gelangt wäre. Was er verneinte. Weingarten habe gefragt, ab wann sich Müller und Länger kennen. Theile habe gesagt, er wisse es nicht, ob die sich überhaupt kennen. Dann habe Weingarten sich erkundigt, ob Theile sich nach den Durchsuchungsmaßnahmen mit Länger unterhalten habe. Das habe er bejaht, aber nur über die äußeren Umstände. Weingarten habe nachgehakt, ob sie über die Waffe gesprochen hätten und er sagte, nee, er höre das heute zum ersten Mal. Er, Weingarten sagte, er habe doch den Durchsuchungsbeschluss gelesen. Und Theile habe gesagt, ja, da finde er immer neue Märchen. Weingarten habe gefragt, welche und dann sagte er, ja, dass die Ceska 83 im brennenden Wohnmobil gefunden worden sei und dass die beiden Männer sich selber umgebracht haben. Weingarten habe gesagt, dass das so nicht im Beschluss stehe und er sagte, stimmt, er hats aus der Presse. Er habe nachgefragt, ob Theile sich wirklich nicht mit Länger drüber unterhalten habe, ob Länger die Waffe an Schulz verkauft habe. Er sagte, er hätte das nicht in Erinnerung. Er, Weingarten sei dann zur Schiesskugelschreiberfrage gelangt, dass 2004 ein Schiesskugelschreiber im Auto sichergestellt worden sei. Theile sagte: das könne sein, sei möglich. Und Weingarten habe ihm klargemacht, er müsse sich festlegen, ob er sich dran erinnert oder nicht. Und er sagte, jawoll, es sei so einer im Auto sichergestellt worden und er sei auch verurteilt worden. Er, Weingarten habe ihn gefragt, warum er das nicht gleich sagte. Und er sagte, er habe nicht gewusst, dass das 2004 war. Er, Weingarten, habe seine Hand auf den Tisch fallen lassen und habe ihm schon auch im Ton klargemacht, dass es so nicht gehen würde. Er habe ihm klargemacht, dass er ihm auch nicht glaube, dass er keine Erinnerung habe, ob er sich mit Länger über den Waffenverkauf an Schulz unterhalten habe. Und, dass er nicht den Eindruck vermittele, dass er wahrheitsgemäß bekunde. Und er habe Theile gleich dazugesagt, dass er im April angegeben habe, in seiner Haftzeit habe er mit niemandem ausser den Eltern Kontakt gehabt und zwischenzeitlich hätten Überprüfungen ergeben, dass das nicht zuträfe. Das habe Theile mit einem Lächeln quittiert. Er, Weingarten habe gesagt, dass er da auch hier unter Wahrheitspflicht stehe und dass erwogen ist, ihn vom Ermittlungsrichter befragen zu lassen. Dort stünde er in jedem Fall unter Wahrheitspflicht.

Er, Weingarten habe an die Frage angeknüpft, woher der 2004 sichergestellt Schiesskugelschreiber stamme und er sagte, das wisse er nicht, er habe da keine Erinnerung. Er, Weingarten, habe ihm vorgehalten, dass gegen Müller schon 1993 ermittelt wurde wegen Waffen, dass der über zehn Schiesskugelschreiber verfügt habe, die er ins Bundesgebiet eingeführt und verkauft habe. Daraufhin habe Theile erst mal gar nichts mehr gesagt und nach 30 Sekunden habe er ihn gefragt, wie er sein Schweigen deuten dürfe. Und er sagte, er wisse es nicht. Er, Weingarten, meine, dass er sich dann nochmal Länger zugewandt habe und Theile gefragt habe, er möge nochmal im Detail sagen, was er mit Länger zu den Durchsuchungen etc. im Einzelnen besprochen habe. Theile habe sich zurückgelehnt, sagte, er sei verwirrt und er wisse es nicht mehr. Er, Weingarten habe ihn gefragt, was denn Länger über die äußeren Umstände der Durchsuchung berichtet habe. Theile habe gesagt, Länger habe die Polizei überrascht, wie die gerade sein Haus umstellt habe. Aber über die Waffe sei nicht gesprochen worden.

Dann habe er Theile über das letzte Gespräch mit Müller befragt. Theile habe gesagt, gerade gestern habe man telefoniert. Er habe gefragt, ob Theile mit Müller über den heutigen Vernehmungstermin gesprochen habe und Theile habe gesagt, doch, auch. Er habe offen gefragt, ob er jemals mit Müller das Gespräch gesucht habe, zur Frage Lieferung einer Waffe mit Schalldämpfer. Theile sagte, das brauche er nicht, da gäbs keine Antworten. Und schon gar nicht am Telefon, denn was man am Telefon sage, falle einem irgendwann wieder vor die Füße. Er, Weingarten, meine, dass er das Thema Müller Länger komplett beendet habe und die weitere Befragung Sch. überlassen habe. Der habe erörtern wollen, welche Erkenntnisse sich zwischen Durchsuchung und Vernehmungstermin ergeben haben. Sch. habe sich erkundigt, ob er den Ron Eh. kenne, einen der Besucher bei Theile im Gefängnis Ende der 90er. Theile habe gesagt, den kenne er locker. Und “jetzt wo sie fragen, stimmt, besucht hat er mich auch”. Was besprochen wurde? Theile habe vorgeschlagen, den Justizbeamten zu fragen. Dann sei er gefragt worden, ob er Sven Rosemann kenne. Theile habe gesagt, er könne sich nicht erinnern, auch bei Lichtbildvorlage nicht. Auch der Hinweis, dass Rosemann und Länger befreundet seien, erweckte keine Erinnerung. Auch ein Lichtbild von Heise führte nicht zu diesbezüglichen Erinnerungen.

Und dann habe Sch. zwei oder drei Briefumschläge mit Notizen hervorgeholt, die bei Theile sichergestellt worden waren. Da standen drei Zeilen mit Ziffern, Eurobeträgen. Der Herr Sch. habe den Theile gebeten, diesen Zettel zu erläutern. Überraschenderweise habe Theile das nun zum Anlass genommen, längere Ausführungen zu diesem Zettel zu machen, konnte sich an dessen Sinn erinnern: “10.00 Euro verloren” ein Bargeldbetrag, der sei ihm abhanden gekommen. Und dann unmittelbar im Anschluss erklärte er. Die habe er abgeholt, nachdem “die ganze Nazisache hochgekommen sei” und aufgrund seiner Bekanntschaft zu Müller hätte er Sorgen gehabt, dass man ihn in U-Haft nimmt. Er, Weingarten habe dann noch, das steht nicht im Protokoll, sofort gegengefragt was das soll, denn bekanntlich würde Bargeld ja dem Gefangenen abgenommen. Theile habe gesagt, ja, aber man könne es auf das Gefangenenkonto einzahlen. Es sei ihm gemeinsam mit Papieren, Ausweis, Führerschein, abhanden gekommen. Die anderen Zahlen auf dem Zettel habe er nicht genau rekonstruieren können. Sch. habe einen anderen Zettel vorgelegt und sprach Theile noch auf ein Iphone an. Das sei auffällig gewesen, denn es sei benutzt gewesen, aber es waren kaum auslesebare Daten drauf. Also offenbar zurückgesetzt. Theile habe gesagt, er hätte es nicht zurückgesetzt und das Gerät für seine Freundin gekauft. Er, Weingarten habe dann wieder übernommen und habe die Frage gestellt: „Woher kommt jetzt die Sorge, dass Sie ins Gefängnis kommen könnten wegen Müller, der Nazisache und den Waffen?” Und Theile habe gesagt, ihm sei klar gewesen, dass seine Bekanntschaft mit Böhnhardt ruchbar werden könne, seine Freundschaft mit Müller. Und der ja schon mal wegen einer Waffensache festgenommen worden sei. Weingarten habe gesagt: „Aber wenn Sie von nichts wussten, wieso versieht man sich mit Bargeld fürs Gefängnis.“ Und da habe Theile gesagt, er habe sich Sorgen gemacht, weil doch die ganzen Waffen von Müller stammten. Das sei ein elektrisierender Moment gewesen, dass er Wissen offenbart habe oder sich schlicht und einfach versprochen habe. Und, er, Weingarten habe gesagt: “Aber Sie haben doch gar nicht gewusst, dass Müller was mit der Ceska zu tun hat”. Theile habe dann berichtet von einem Abendessen vor zwei Jahren mit Müller in der Schweiz. Und dabei habe Müller erwähnt, dass bei einem Bekannten durchsucht worden sei. Und da eine Waffe eine Rolle gespielt habe, die in Verbindung zu den Dönermorden, so habe Theile gesagt, gebracht werde. Er, Weingarten, habe gefragt, ob Müller das gesagt habe. Theile habe das verneint.

Theile habe weiter erzählt, er habe am Bahnhof in Montabaur Fahndungsplakate im Zusammenhang mit den Mordtaten gesehen und da seien auch Waffen sichtbar gewesen. Das habe er so stehen lassen. Und als dann im November, habe er gesagt, das Wohnmobil gebrannt hätte und von den Waffenfunden berichtet worden sei und von zwei toten Männern, da sei er auf Böhnhardt gekommen, denn der sei ja schon so lang weg gewesen. Er, Weingarten, habe sich das durch den Kopf gehen lassen und gesagt: „Er verstehe nicht, was hat das mit Ihnen zu tun, wenn Sie von nichts gewusst haben. Oder haben Sie was gewusst oder geahnt?“ Und da habe Theile gesagt, ja, seine Gedanken seien in diese Richtung gegangen. Präziser sei er nicht geworden. Er, Weingarten habe nachgesetzt “Weil Sie vielleicht eingebunden waren” und da habe Theile gesagt, nein er habe mit der Sache nichts zu tun. Er, Weingarten habe den Eindruck gehabt, dass zu neuen Bekundungen der Herr Theile an diesem Tag nicht mehr zu veranlassen sein werde und habe die Vernehmung beendet. Das Protokoll sei ausgedruckt worden und Theile habe das lange gelesen, das habe sich sehr gezogen. Er, Weingarten, habe gesagt: „Sind Sie einverstanden, ich hatte auch Tipp- und Kommafehler geändert.“ Und Theile habe gesagt, nein, es sei unter anderem protokolliert “Schiesskugelschreiber im Auto”, das sei so nicht gefragt worden sondern “Bei Ihnen ist 2004 ein Schiesskugelschreiber gefunden worden.” Weingarten habe das nicht so gravierend gefunden, hab aber ganz genau gewusst, dass er ihm das Auto vorgehalten habe. Die beiden Beamten des BKA haben auch beide genickt. Er, Weingarten habe gesagt, er nehme das auf, dass Theile nicht einverstanden sei, aber er ändere das Protokoll nicht. Und dann habe Theile gesagt, noch was, da sei protokolliert, „er hätte sich Sorgen gemacht, weil doch die ganzen Waffen von Müller stammten”. Ohne Alternativvorschlag. Er hätte das nicht gesagt. Und auch nicht sagen können. Da bestand absolute Sicherheit, dass Theile das so gesagt habe. Er habe das wörtlich protokolliert, sogar in einer seltsamen Satzstellung. Da bestand keine Bereitschaft, das zu streichen wohl aber Theiles Beanstandung aufzuschreiben. Er habe daraufhin das Protokoll nicht unterschrieben. So seien sie nach drei Stunden auseinandergegangen

Vorhalt: „Das erklärt aber noch nicht, dass man sich mit Bargeld fürs Gefängnis versorgt?” – “Aber dadurch, dass die Waffen von Müller stammten, habe ich mir Sorgen gemacht.“ Weingarten sagt, genauso habe er das gesagt. Das sei nicht seine Diktion: „aber dadurch, dass”. Vorhalt zu der Situation Schiesskugelschreiber nach dem Durchlesen: Dem Zeugen wird verdeutlicht, dass ihm nicht geglaubt wird ob er sich nicht mit dem Zeugen Länger ausgetauscht hat, ob dieser wirklich eine Waffe mit Schalldämpfer an Schulz verkauft hat. Und dass erhebliche Zweifel begründen, dass er hier umfänglich aussagt. Götzl: „Sie bekundeten, Sie wären dort aufgestanden.“ Und fragt zur Lautstärke. Weingarten: „Ich hab mit ihm geschimpft. Das kann doch nicht wahr sein.“ Dass er sich nicht erinnern könne, dass ein Schiesskugelschrieber in seinem Auto sichergestellt worden ist um dann läppisch hinzuwerfen, er habe nicht gewusst, dass das 2004 war. Also in dieser Weise habe er, Weingarten, gesagt was er erwarte, wenn ein Zeuge bekunde. Götzl fragt, wie Theile reagiert habe. Weingarten sagt, er glaube, Theile habe sich etwas amüsiert, er habe keine Veränderung in Theiles Verhalten wahrgenommen. Er sei von Beginn an abweisend, sperrig, aber auch läppisch gewesen. Grundtenor war: „Spielt euer Spiel, schreibt eure Märchen, aber nicht mit mir.“ Götzl fragt, was Weingarten mit abweisend, sperrig, läppisch meint. Weingarten antwortet, Körpersprache: Die war zurückgelehnt, die Haltung tiefen entspannt, die Arme verschränkt vor der Brust, das habe er als abweisend empfunden. Theile habe, das sei nicht protokolliert, sich echauffiert, er werde seit 20 Jahren zu Unrecht verfolgt und jetzt diese Märchen und er fühle sich beschuldigt. Läppisch seien zwei Bemerkungen gewesen. Er, Weingarten habe gesagt: „Warum sagen Sie es nicht gleich.“ Und Theile habe gesagt, er habe ja nicht gewusst, dass es 2004 war. Und als Weingarten nochmal zu Länger wechselte, habe Theile dann gesagt: „Ich bin jetzt verwirrt.“ Das sei läppisch gewesen, ins Provokative hineingehend. So habe er es wahrgenommen. Götzl sagt, Weingarten habe von einem entspannten Lächeln gesprochen.

Vorhalt: Dem Zeugen wird erläutert, dass er in der JVA nicht lediglich von Eltern besucht wurde, sondern ihn auch andere Personen besucht haben und Briefkontakte gepflegt wurden. – Der Zeuge lächelt. Götzl sagt, Weingarten habe jetzt „entspanntes Lächeln” gesagt. Weingarten, antwortet, Theile habe sich zurückgelehnt, als er hörte, dass wir das kleinlich nachgeprüft haben, da habe er übers ganze Gesicht gestrahlt. Gesehen habe er natürlich nur ein Lächeln, er habe das damals interpretiert. Und da habe er gesagt, es bleibe nur die Wahl, dass Theile von einem Ermittlungsrichter, wo er unter unmittelbarer Wahrheitspflicht stehe, vernommen werde.

RA Klemke sagt, Weingarten habe gesagt, der Herr Theile sei tiefen entspannt gewesen und habe die Arme verschränkt. Und fragt, ob das durchgängig so gewesen sei oder ob sich sein Verhalten geändert habe. Weingarten sagt, er könne nicht ausschließen, dass er irgendwann sich hingesetzt habe und den Kopf aufgestützt habe. In Erinnerung geblieben sei die von ihm, Weingarten beschriebene Körperhaltung. Auf die Frage, ob Theile sich ihm zugewandt habe, sagt Weingarten, er habe ihm gegenüber gesessen. RA Klemke sagt, man könne sich ja trotzdem zuwenden oder abwenden, z. B. demonstrativ auf die Uhr oder aus dem Fenster gucken. Weingarten sagt, Beobachtungen derart, dass er ostentativ in die Ecke guckt oder auf die Uhr, habe er nicht in Erinnerung. RA Klemke sagt, sie hätten hier ja den Herrn Sch. gehört und der habe die Körpersprache etwas abweichend geschildert. Der habe ausgesagt, Theile habe den Augenkontakt vermieden und eine kauernde Haltung gehabt. Weingarten sagt, nach seiner Wahrnehmung habe er nicht gekauert, sondern zurückgelehnt, die Arme verschränkt. RA Klemke hakt bzgl. des Augenkontaktsvermeiden nach. Weingarten sagt, das habe er wahrgenommen, könne sein, aber es sei für ihn nicht kennzeichnend gewesen. RA Klemke sagt, auf Weingartens Geschimpfe solle er gelächelt haben oder war das in anderem Zusammenhang. Weingarten sagt, das sei in dem Zusammenhang gewesen. RA Heer bittet um eine kurze Unterbrechung für 5 Minuten.

Götzl sagt, Pause bis 14:20 Uhr.

RA Stahl sagt, Weingarten habe berichtet, er hätte Herrn Theile belehrt, dass er als Zeuge vernommen wird und hätte mitgeteilt, dass etwaige Waffendelikte verjährt seien, nicht verjährt jedoch ggf. Beihilfe zum Mord. „Was haben Sie da genau gesagt?“ Weingarten antwortet, er habe gesagt, es ginge nicht um die Sicherstellung einer möglichen Waffe im April 2012, die als Zufallsfund behandelt worden sei. Sondern es ginge um die Tatbestände aus den 90ern. Er, Weingarten habe gesagt, die Beihilfe zum Mord setze voraus, dass man eine ungefähre Vorstellung habe, für wen eine Waffe sei und zu welchem Zweck eine Waffe verwendet werden soll vom Empfänger. Und, dass er das nicht sehe im Moment und wenn sie die Gefahr sehen würden, würden sie ihn im Laufe der Vernehmung drauf hinweisen. Götzl sagt, das sei vorhin schon geschildert worden, was jetzt Stahls Frage sei. Nach kurzer Auseinandersetzung stellt Stahl die nächste Frage, ob Weingarten die Skizze vor oder nach der Belehrung gemacht habe. Weingarten antwortet, nach der Belehrung sei er rüber zu ihm und habe ihm die Lage erklärt. Und zwar deshalb, weil er ihm klipp und klar habe sagen wollen, wie sie seine Rolle sehen. Und er, Weingarten habe gesagt, wenn sich keine neuen Erkenntnisse ergeben, wird das auch so in der Anklageschrift stehen, die hier verhandelt wird. RA Stahl geht auf die Skizze ein, und fragt, warum Weingarten den Zeugen dort nicht noch einmal belehrt habe. Weingarten sagt, da habe die Belehrung nach §55 zwischen 60 und 90 Sekunden zurückgelegen, er habe keinen Anlass gesehen. Glieder der Kette, die näher an Bönhardt und Mundlos dran waren, hätten sich noch im Status als Zeugen befunden. RA Stahl sagt, das sei die Situation gewesen, wo Weingarten mit dem Zeugen geschimpft habe. Und da habe er sich notiert, dass Weingarten dem Zeugen dann gesagt habe, dass beim Ermittlungsrichter das anders sei. Und wenn er das denn wolle, könne eine Befragung beim Ermittlungsrichter durchgeführt werden. Weingarten sagt, anders als beim Staatsanwalt gebe es beim Ermittlungsrichter eine unmittelbare Wahrheitspflicht, dass er da auch mit Erinnerungslücken und ähnlichem Schwierigkeiten bekommen könne. Und um ihm einen Weg zu mehr Ernsthaftigkeit zu eröffnen, habe er, Weingarten gesagt: „Wir werden das prüfen. RA Heer sagt „Wir würden uns gerne einen Erklärung vorbehalten“. RA Klemke schließt sich an.

RA Klemke gibt eine Erklärung zur Einvernahme von KOK K. ab. Da halte die Verteidigung des Herrn Wohlleben die von Herrn K. geschilderte Identifizierung eines Waffentyps als diejenige, die von dem Carsten Schultze besorgt und an die Herren Mundlos und Böhnhardt weitergegeben worden sein soll, von kaum messbarem Beweiswert. Kritisch sei zu betrachten, dass die Auswahl der vorgelegten Vergleichswaffentypen sehr fragwürdig sei. Ähnlich wie bei der Wieder-identifizierung von Personen wäre Grundlage bei der Auswahl der vorgelegten Waffentypen eine Beschreibung der Waffe und des Schalldämpfers vorab gewesen. So eine sei Schultze nicht abverlangt worden. So hafte der Waffenvorlage der Geruch des Willkürlichen an. Und vor allem könne nicht bewertet werden, ob ein Wiedererkennen als zuverlässig bewertet werden kann. Die Zuverlässigkeit des mutmaßlichen Wiedererkennens des Waffentyps sei auch deshalb nicht nach objektiven Kriterien überprüfbar, weil sich Carsten Schultze an die Kanten des Schlittens erinnerte, die für ihn prägnant waren, diese befanden sich nur bei der Vergleichswaffe Nuova Bulgora und nicht an der Ceska 83. Ein Fehlen solcher prägnanter Schlittenkanten sei ja von Schultze nicht geschildert worden und dies belegt von vornherein, da ja die Nuova Bulgora diese aufwies, dass er von dieser Waffe weggelenkt worden sei.

Zu kritisieren sei weiter, dass dem Carsten Schultze insgesamt nur drei Waffen, Ceska 83 und zwei Vergleichswaffen, mit Schalldämpfer vorgelegt wurden. Die H&K sei ja von vornherein von Carsten Schultze ausgesondert worden, weil die Waffe erheblich größer war als die anderen Waffen. Dann bedeute das ja eine Trefferquote von vorneherein von 50 zu 50. Aber nur auf den ersten Blick. Denn aufgrund der nur auf der Vergleichswaffe vorhandenen Schlittenkanten und nur bei der Ceska vorhandenem Außengewinde habe man nicht mal ne 50/50 Chance. Was ja schon die Chance eines Zufallstreffers ins Unermessliche habe wachsen lassen. Es gebe also gar keine richtige Auswahlmöglichkeit wegen der erheblichen Unterschiede. Alle Waffen seien ausgebreitet und gleichzeitig vorgeführt auf dem Tisch. Sie seien ihm also nicht nacheinander vorgeführt worden. Er habe also schließlich aus drei, später aus zwei Waffen auswählen können. Er habe sich nicht wirklich entscheiden müssen. Es sei aus Entscheidungen des BGH bekannt, dass die sequentielle im Vergleich zur simultanen Vorlage erhebliche Vorteile bedeute. Denn da müsse der Zeuge nicht einen Ähnlichkeitsvergleich anstellen, wie es hier passiert sei. So eine Simultanvorlage zwinge den Zeugen immer zu einer Auswahlentscheidung, so dass sich Carsten Schultze nicht sich an seinem Erinnerungsbild orientiert habe, sondern daran, welche Waffe seinem Erinnerungsbild am nächsten kam. Das sei mit der Gefahr behaftet, dass ein Zeuge seine Erinnerung nicht so stark anspannt wie bei der sequentiellen Vorlage und das führe zu Beliebigkeitsaussagen. Weiter habe Koch berichtet, dass es sich schon deshalb um einen Fall des wiederholten Erinnerns handele, weil ihm schon eine Fotovorlage gezeigt worden war. Schwarz-weiß-Bilder, fast alle seien von hervorragender Qualität gewesen, bei den letzten etwas beeinträchtigt durch einen hellen Streifen. Gleichwohl seien selbst diese Fotos noch von überdurchschnittlicher Qualität. Unter den damals gezeigten Fotos habe sich auch eine Ceska 83 befunden. Das könne dazu führen, dass das Erinnerungsbild des Zeugen Carsten Schultze durch Erinnerung an die Fotovorlage vom Ermittlungsrichter überlagert worden sein könne und sich sozusagen ein Bekanntheitseffekt eingestellt habe und so suggestiv beeinflusst habe bei der realen Waffenvorlage. Und wenn man sich die Aussage des Herrn Koch nochmal durch den Kopf gehen lasse, falle auf, dass Carsten Schultze bei der Vorlage von Fotografien fünf Waffen als mögliche Waffen bezeichnet hat, die er übergeben haben könnte. Und da falle auf, dass es sich um Waffen handele, die durchaus signifikante Unterschiede aufweisen. Wenn man das mögliche Wiedererkennen der präsentierten Waffe bewerten wolle, sei natürlich auch in Betracht zu ziehen, dass der Angeklagte Carsten Schultze hier ausgesagt hat, die damals von ihm übergebene Waffe bei höchstens drei Gelegenheiten, nur bei einer ungestört, kurz hätte betrachten können: Beim Auspacken bei Wohlleben, dann zuhause mal in seiner Wohnung und drittens bei der Waffenübergabe in Chemnitz in diesem Abbruchgebäude. Also werde die Erinnerungsleistung erheblich beeinträchtigt durch die wenigen und kurzen Gelegenheiten, die dem Carsten Schultze geblieben seien, sich die Waffe zu besehen. Hinzu komme, dass zwischen seinen Beobachtungen und der Waffenpräsentation mehr als 12 Jahre vergangen seien, eine erhebliche Zeitspanne. Die Wiedererkennungspräsentation sei von erheblichen suggestiven Einflüssen geprägt gewesen. Hier in der Hauptverhandlung habe Carsten Schultze ausgesagt, dass er sich bemüht habe, nicht mehr an die Sache zu denken, dass er im Gegenteil sie 12 Jahre verdrängt habe. Wieder ein Punkt, der die Wiedererkennungsleistung in sehr kritischem Licht erscheinen lasse. Der Zeuge K. habe ja auch ausgesagt, dass auf Nachfrage der Herr Schultze diese Waffe auch in Medienberichten mehrfach gesehen habe. Carsten Schultze habe hier die Worte gebraucht, der habe die Waffe „mindestens 1000 mal gesehen”. Man wisse nicht, ob er sie mit den verbrannten Resten an dem Schalldämpfer gesehen habe oder in anderer Erscheinungsform. Jedenfalls müsse auch hier in Betracht gezogen werden, dass auch hier das ursprüngliche Erinnerungsbild überlagert sein könne.

Weiter habe K. angegeben, dass, obwohl Carsten Schultz in vielfältiger Weise suggestiven Einflüssen ausgesetzt gewesen sei, Schultze auch angegeben habe, keine sichere Erinnerung zu haben: „Es könnte sich bei dieser Waffe um die Tatwaffe handeln.” „Sie entspricht am ehesten meinem Erinnerungsbild.” Also habe Schultze angegeben, dass es sich nicht um ein sicheres Erkennen handele, sondern nur um die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit.Nach alledem gebe es ganz erhebliche Zweifel, ob Carsten Schultze bei der Waffenvorlage zutreffend den Waffentyp wiedererkannt habe. Ein sehr fragwürdiger Beweiswert. Der Kollege RA Stahl habe das Vorgehen des BKA gekennzeichnet, es sei von Dilettantismus geprägt worden. Er, RA Klemke, glaube eher, es sei geprägt gewesen von dem Wunsch, dass Carsten Schultze ein Ceska 83 als mögliche Tatwaffe wiedererkenne möge. Anders könne man diese massive Häufung von Verstößen gegen einen faire Waffentyp-Vergleichsvorlage nicht erklären.

RAin Schneiders gibt eine Erklärung zur Vernehmung von Kai Dalek ab. Offensichtlich dürfte geworden sein, dass der Zeuge versucht habe, sich in seinen polizeilichen Vernehmungen wichtig zu machen. Er habe sich eine vorzeitige Haftentlassung versprochen. Dass er übertrieben von einem “militanten Arm des THS” gesprochen habe, dürfte jedem klar geworden sein. Beispiel der Vorhalt um die Gruppe um Sven Rosemann: „Ich selbst habe niemals eine Waffe gesehen”. Und auf die Frage nach der Gruppe um Rosemann habe der Zeuge gesagt: „Das muss heißen, wer Waffen und Sprengstoff haben könnte. Könnte. Das ist falsch notiert.” In seiner weiteren Vernehmung habe der Zeuge angeführt: „Ich traue dem Rosemann zwar Übergriffe zu, aber keine extrem schweren Straftaten. Das ist meine Menschenkenntnis.” Auf Vorhalte: „Der THS wurde vom VS gegründet um die Szene zu radikalisieren” hierauf habe der Zeuge geantwortet: „Das ist meine Mutmaßung, das war mein Schluss, dass das mit Duldung der Behörden stattfindet”. Weiter sei vom Vorsitzenden vorgehalten worden, was mit „halbem militärischem Arm gemeint war” sagte der Zeuge „die Radikalisierung” auf weiteren Vorhalt durch die Verteidigung „aus alten Waffen der Sowjetarmee oder NVA” habe Dalek geantwortet: „Das ist falsch protokolliert, ich hab nie eine scharfe Waffe beim THS gesehen.“ Auch zum Spiegel-TV-Bericht habe Zeuge angegeben, diese seien gestellt gewesen. Auch die Rede von Dienel sei ohne ein Kamerateam nicht zustande gekommen. Im normalen Alltag habe er solche Szenen nie wahrgenommen. Hier habe Dalek davon gesprochen, „das war zur Zeit der da, kurz nach der Wende”. Zusammenfassend: In der polizeilichen Vernehmung habe er die Militarisierung dem THS zugeordnet. Aber zu dieser Zeit habe der THS noch nicht bestanden. Und hier habe er angegeben, dass er beim THS keine Waffen oder Sprengstoff wahrgenommen habe. Mit dem THS hatten die Schilderungen, kurz nach der Wende, nichts zu tun. Anzumerken sei, dass der Zeuge angegeben habe, erst auf Weisung in die Szene eingestiegen zu sein und aktiv geworden zu sein. Das sei bezeichnend für die Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörden. Er habe ausgesagt, dass er gewaltbereite Mitglieder angesprochen habe, um diese für die DA zu werben. Die wurde 1992 verboten. Man könnte mutmaßen, dass die VS-Behörden lenkend eingegriffen haben, um später Verbotsgründe zu beschaffen. Interessant wäre sicherlich, die Deckblattmeldungen des Zeugen Kai Dalek beizuziehen, zur Überprüfung der Glaubwürdigkeit. Die Erkenntnisse des Zeugen Dalek hätten aber für das vorliegende Verfahren keinerlei Erkenntnisse gebracht. Wieder sei das Verfahren durch die NK zu Szenevoyeurismus missbraucht worden. Der Angeklagte Wohlleben habe nach drei Jahren U-Haft einen Anspruch auf ein beschleunigtes Verfahren.

RAin Sturm gibt ebenfalls eine Erklärung zur Vernehmung von Dalek ab. Der Erkenntnisgewinn der Vernehmung des Zeugen Dalek müsse als nahezu marginal bezeichnet werden. Bezogen auf die hier angeklagten Personen sowie Mundlos und Böhnhardt habe der Zeuge bekundet, diese nicht gekannt zu haben. Zum THS habe Dalek bekundet, Tino Brandt habe es geschafft, einen wilden Haufen zu politisieren. Das vermochte er nicht weiter auszuführen. Man habe den THS gegründet, um einer politisch national gestellten Gruppe eine eigene Form zu geben. Das sei aber ein Rückschluss aus verschiedenen Aktivitäten, wie Demonstrationen, Aufklebern und Flugblättern. Neben Tino Brandt habe der Zeuge Dalek nur die Personen André Kapke und Sven Rosemann vermocht zu benennen. Wiederholt habe Dalek davon gesprochen, dass der THS durch Brandt eine Radikalität angenommen habe. Brandt habe den Spitzname Brandstifter getragen und der THS sei unter Brandt komplett aus dem Ruder gelaufen. Er habe das aus drei Ereignissen bekundet: volle Bierflaschen seien auf den Streifenwagen geflogen. Dann habe es geheißen “Wir gehen schiessen”. Dann habe der Zeuge die Besetzung einer Fabrikhalle benannt, Brandt habe versucht, die Gefolgschaft in diese illegale Hausbesetzung rein zudrücken “Die drei Vorfälle haben sich so um 1993 ereignet”. Der Zeuge habe von einer “Braunen Armee Fraktion” gesprochen und von seinem “feinen Näschen” zu solchen Entwicklungen. Der THS sei eine ziemlich große Truppe gewesen. Für eine Demonstration habe man Brandt kontaktiert, dann seien die Thüringer in unterschiedlicher Stärke gekommen, mindestens 50 Personen. Es habe mal einen Diskussion im THS über den bewaffneten Kampf gegeben. Er habe in der Stammkneipe Goldener Anker gesessen. Es habe sich eine Diskussion herauf geschaukelt: Gehen wir in den bewaffneten Kampf. Den Auslöser habe er nicht zu benennen vermocht oder auch nicht, was damit gemeint gewesen sein könnte. Zur Person des Tino Brandt habe der Zeuge bekundet, dass er diesen für unzuverlässig halte. Der Vertrauensbruch habe dazu geführt, dass sich das Verhältnis verschlechtert habe und es 1995/1996 zum Bruch gekommen sei. Das Verhältnis sei hierarchisch gewesen. Als Beispiel für den Wortbruch habe Dalek auf die oben geschilderten Vorfälle verwiesen, sich nicht zu militarisieren, „und er machte es dann doch”; „das ist für mich auch Wortbruch”. Auf die Frage des Vorsitzenden zur „Radikalisierung” habe sich der Zeuge auf das Wort vom „Schiessen gehen” bezogen. Der Zeuge habe erwidert, dass man ihm beim BKA gesagt habe, dass da im Umkreis irgendwo ein Schiessplatz gewesen sein müsse. Schiessübungen seien nur ein einziges Mal Thema gewesen und Waffen seien nur thematisiert worden, wenn einer aus der Gruppe angegriffen worden sei, Scheiben eingeworfen wurden.

In der Vernehmung habe der Zeuge wiederholt von einem militanten Arm des THS gesprochen, den er um Sven Rosemann verortete. Der mache, wenn man ihn anstachle. Diese Aussage habe der Zeuge ausschließlich auf seine Menschenkenntnis gestützt. Der Zeuge habe zur Gruppe um Sven Rosemann und Sprengstoff geantwortet, dass das möglicherweise falsch protokolliert worden sei. Rosemann habe er seit 1990 gekannt, einen flippige Type mit Hang zur Aggression und Militarismus. Schließlich habe er hinzugefügt, „dann ist irgendwann die politische Linie vom Rosemann im THS aufgegangen”. Wieder habe Dalek auf die Vorfälle des Bierflaschenwerfens und des Schiessengehens verwiesen. Rosemann habe beim Hessgedenkmarsch in Rudolstadt Gegendemonstranten den Mittelfinger gezeigt. Der Zeuge aber bekundet, dass er nicht wisse, welche Seite mit Provokationen begonnen habe. Dem militanten Flügel könne man fünf bis zehn Leute zuordnen, dies beträfe aber die Zeit Anfang der 90er, zur Zeit der Deutschen Alternative.

Dem Zeugen sei im Rahmen seiner Vernehmung ein Beitrag von Spiegel TV gezeigt worden mit Häuserkampfübungen und der Rede von . Waffen und solche Übungen habe er nie gesehen. Und bei der Rede Dienel hätten sie entrüstet die Veranstaltung verlassen. Seitens der Journalisten seien für die harten Szenen Geld geflossen. Der Zeuge habe berichtet, sich aufgrund seiner Tätigkeit für den bayerischen VS in der Szene in Thüringen aufgehalten zu haben, nicht dort erst vom VS angesprochen worden zu sein. Seine gesamten Ausführungen zu der von ihm behaupteten Radikalisierung eines Flügels des THS stellen Bewertungen dar, die nur auf den drei Ereignissen fußten. Diese ordne er 1993 ein, zu einer Zeit, wo der THS noch nicht oder nur ganz zu Beginn in Erscheinung getreten sei. Eine Entwicklung beinhalte auch ein chronologisches Element. Insoweit habe der Zeuge überhaupt nichts bekunden können. „Wir haben zwei Tage sehr viele Stunden damit verbracht, die Bewertungen des Zeugen anzuhören, der hier fast wie ein Sachverständiger aufgetreten ist, dass diese zwei Tage mit diesem Zeugen einfach unerträglich waren.“

Götzl legt eine Pause bis 15:35 Uhr ein.

NKRA Scharmer gibt eine Erklärung zur Vernehmung Kai Daleks ab. Die Vernehmung habe ergeben, dass er seit Ende der 80er Jahre in fränkischer und ab 1990 auch in Thüringer Neonaziszene unterwegs gewesen sei. Er sei in behördlichem Auftrag Teil der GDNF, die sich in der Tradition der SA sah, gewesen. Er habe von „wir” in Bezug auf Neonaziszene wie auf das bayerische Landesamt gesprochen. Er habe geschildert, dass er in Thüringen auf eine Neonaziszene getroffen sei, die sich zunehmend radikalisiert und militarisiert habe. Dass versucht wurde, Waffen bei sowjetischen Streitkräften zu kaufen. Damit widerspreche Dalek dem Zeugen Brandt, der die Aktivitäten des THS auf Demos und Aufkleber reduzieren wollte. Auffallend seien die Parallelen zwischen Dalek und Brandt gewesen. Beide hätten versucht, ihren Anteil runterzuspielen und den jeweils anderen zu belasten. Mit Straftaten und Waffen hätten sie nichts zu tun gehabt. So unglaubhaft die Zeugen Brandt und Dalek an diesem Punkt gewesen seien, es könne nicht generell von einer Unglaubwürdigkeit ausgegangen werden. Es verblieben zwei Teile, die wie Puzzlestücke zueinander passen und ein scharfes Bild der Ausgangsposition des NSU ergeben würden.

Ein Eingeständnis Daleks in der Form, dass der bayerische VS Kenntnis von der Radikalisierung gehabt hatte, würde ein schlechtes Bild auf das Landesamt werfen. Vor diesem Hintergrund sei das Aussageverhalten Daleks zu werten, wie er immer wieder ausgewichen sei und seine bei der Polizei getätigten Aussagen zu relativieren suchte. Z.B. bei seinen Ausführungen zu Rosemann. Er habe u. a. ausgeführt, dass Rosemann immer Tarnkleidung getragen und einmal einen Stinkefinger gezeigt habe. Als der Vorsitzende ihn fragte, ob er mal mit Brandt über Gewalt gesprochen habe, sagte er, er habe gefürchtet, ihn erst auf Ideen zu bringen. Bestätigt habe Dalek aber die Angaben von Brandt, dass die Ämter ihre V-Leute und Mitarbeiter vor Strafverfolgungsmaßnahmen schützen. Er habe weiter berichtet, dass seine Tätigkeit in der Neonaziszene mit seinen V-Mahnführern eng abgesprochen wurde. Er sei auch davon ausgegangen, dass Brandt seine Aktionen und die Militarisierung mit seinem Amt abgestimmt habe. Er habe regelmäßig an den Mittwochsstammtischen des THS teilgenommen und anschließend wahrheitsgemäß beim VS ausgesagt. Beim VS müsse es also umfangreiche Berichte über Gewalt, Radikalisierung, Strategie von Gewalt und ähnliches geben. Diese Dokumente könnten wichtige Hinweise geben, sie sind daher beizuziehen. Ein entsprechender Antrag werde gestellt. Viele Unterschriften. RA Scharmer sagt, er würde noch gern mündlich für seine Person ergänzen. Wenn es darauf ankäme, ob die Aussagen von Zeugen hier zumutbar seien, dann hätte man auf viele Zeugen verzichten müssen, Kapke, Probst, Sche. und viele andere. Nur gehe es darum nicht. Dalek sei geladen worden, weil er Angaben zur Radikalisierung machte. Deswegen war er auch zu vernehmen. RA Daimagüler sagt, er schließe sich der Erklärung an.

Götzl beendet den Verhandlungstag um 15:46 Uhr.

Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
Weil die ebenfalls anwesenden Polizeibeamten ausgesagt hatten, dass Weingarten zwischenzeitlich laut geworden sei, hatte die Verteidigung Wohlleben verbotene Vernehmungsmethoden behauptet. Weingarten schilderte die damalige Vernehmung so, wie sie auch im Protokoll festgehalten ist. Der Zeuge Theile kann mit Fug und Recht als „polizeierfahren“ bezeichnet werden, es wäre überraschend, wenn ein schreiender Staatsanwalt ihn in irgendeiner Weise beeindrucken könnte. Dies war dem Protokoll der Vernehmung – das Theile auch nicht unterschrieben hat – auch deutlich zu entnehmen.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2014/11/25/25-11-2014/

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