Protokoll 184. Verhandlungstag – 10. Februar 2015

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An diesem Verhandlungstag wird ein weiterer Geschädigter des Anschlags in der Kölner Keupstraße als Zeuge gehört. Er war während der Explosion in dem Frisörladen, vor dem die Bombe abgestellt war. Danach wird die Vernehmung Enrico Ri. fortgesetzt, dieser wird zur Chemnitzer Neonazi-Szene, zu Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und zu Wohlleben befragt.

Zeugen:

  • [AI] (Geschädigter des Nagelbombenanschlags in der Kölner Keupstraße)
  • Enrico Ri. (Erkenntnisse zu Mundlos, Zschäpe, Böhnhardt, Chemnitzer Nazi-Szene)

[Hinweis: Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes verzichten wir auf die namentliche Nennung der Betroffenen des Anschlags in der Kölner Keupstraße. Die Angaben der Zeug_innen zu ihren körperlichen Verletzungen, psychischen Folgen und Behandlungen geben wir hier in einem zusammenfassenden Text wieder.]

Der Verhandlungstag beginnt um 09:51 Uhr. Anwesend sind die SV Mölle und Peschel. Erster Zeuge ist [AI]. Er berichtet: „Also, in der Keupstraße hatte mein Papa damals einen Laden, da habe ich nebenbei gearbeitet. Ich wollte zum Friseur gehen. Der hat mir die Frisur gemacht, wollte mich rasieren und von hinten Wasser holen und als ich mich gerade zu meiner Freundin drehen wollte ist diese Bombe explodiert.“ Er sei dann reflexartig zu seiner Freundin und sie seien durchs Fenster zum Hof raus, er habe die Polizei angerufen und dann seien sie im Krankenhaus gewesen. Götzl fragt zur Position von [AI]. [AI]: „Ja, also wenn man in den Laden rein kommt, war so ein höherer Tresen. Ich saß im Prinzip dahinter auf dem Frisörstuhl.“ Vom Eingang sei das zwei, drei Schritte entfernt, so [AI] auf Frage. Auf Frage, wo er hingeschaut habe, sagt er, als die Bombe explodierte, habe er zur Tür geguckt, weil da seine ehemalige Freundin gesessen habe.

Götzl fragt, wie viele Personen im Laden gewesen seien. [AI]: „Es waren auf jeden Fall mehr als zehn Personen.“ Götzl: „Wurden Sie verletzt?“ [AI]: „Nein ich hatte weder was am Ohr, noch irgendwelche Schnittwunden, Gott sei Dank.“ [AI] berichtet, dass seine Freundin verletzt worden sei und stationär im Krankenhaus behandelt worden sei. Götzl fragt, was [AI] sagen könne über die Situation im Frisörladen unmittelbar nach der Explosion. So wie er sich erinnere, habe er, als er seine Freundin geholt habe, vor der Tür einen gesehen, dessen Beine gebrannt hätten. Im Laden selbst sei Panik gewesen. Nach und nach hätten sie alle durchs Fenster in den Hof gebracht. Götzl fragt nach psychischen Folgen für [AI]. [AI]: „Eigentlich nicht.“ Seine Freundin habe schon eher Probleme gehabt, so [AI]. Dann geht es kurz um die Beschwerden der Freundin. Götzl sagt, [AI] habe angegeben, keine psychischen Folgen gehabt zu haben, und fragt, ob [AI] keine Schwierigkeiten gehabt habe die nächsten Tage. [AI]: „Ich war einfach nur froh, nachdem wir raus gegangen sind, die ganzen Nägel gesehen haben, waren wir alle froh, dass niemand ums Leben gekommen ist.“

[AI] verneint auf Frage, dass ihm etwas Besonderes aufgefallen sei, als er im Laden gewartet habe. Götzl hält aus dem Protokoll der Vernehmung von [AI] vor, dass zu seinem persönlichen Befinden erklärt habe, der Anschlag mache ihm zu schaffen, äußerlich sei er nicht verletzt, im psychischen Bereich spielten sich immer noch Dinge ab, die er nicht so gut habe verarbeiten können. [AI] sagt, das sei mehr auf seine Freundin bezogen, dass es ihm dadurch nicht so gut gegangen sei. Die sei ohnmächtig geworden, als sie draußen das ganze Blut gesehen hätten [phon.]. Götzl hält aus der Vernehmung zur stationären Behandlung der Freundin vor, was [AI] bestätigt. Götzl fragt, ob [AI] irgendwelchen Druck verspürt habe. [AI]: „In dem Moment als die Explosion kam, dachte ich, da wurde was reingeschmissen.“ Vorhalt: In dem Moment sagte er: ich gehe nach hinten, um warmes Wasser zu holen; das machte er auch; in dem Moment gab es einen Riesenknall, ich drehte mich nach hinten, Richtung Knall, weil ich dachte, dass von dort was reingeflogen kam; ich sah eine Person, die rechts auf einer Sitzecke gesessen hatte. [AI]: „Ich meine, dass er schon fast geflogen ist, und mit dem Kopf gegen die Heizung geflogen ist.“ Vorhalt: Er wurde gegen die Heizung geschleudert, vermutlich durch die Druckwelle. [AI]: „Meine, er hat stark geblutet“ Vorhalt: Was mit ihm geschehen ist, kann ich nicht sagen, ich habe zu meiner Freundin geschaut, sprang dann auf, musste um die Theke herum, die mich vor den Nägeln geschützt hat. [AI]: „Das war der Tresen, den ich angesprochen habe.“ Der Zeuge wird entlassen. Es folgt eine Unterbrechung bis 10:36 Uhr.

Dann nimmt OStAin Greger zum Antrag der Verteidigung Zschäpe vom 183. Verhandlungstag Stellung. Die Mandantin von RA Hoffmann sei nicht Verletzte eines versuchten Tötungsdeliktes, denn sie habe sich in ihrer Wohnung nicht mehr im tödlichen Wirkungsbereich der Bombe befunden. Sie sei auch nicht Verletzte einer vollendeten gefährlichen Körperverletzung. Die von ihr erlittene Gesundheitsstörung wäre als einfache Körperverletzung schon verjährt, so Greger weiter. Letztlich könne das aber dahinstehen, da es möglich sei, dass sie Verletzte einer versuchten gefährlichen Körperverletzung ist. Da das gleichstehe bei einer Nebenklage, bestehe weiterhin eine Berechtigung der Betroffenen zum Anschluss als Nebenklägerin. Wer im Falle eines Bombenanschlags zu den Opfern einer gefährlichen Körperverletzung zählt, bestimme sich nach dem Vorsatz der Täter zum Zeitpunkt der Tatbegehung. Die Täter hätten ein nicht kontrollierbares und in Bezug auf Anzahl der Nägel, Größe der Bombe auf möglichst breite Sprengwirkung mit möglichst verheerender Splitterwirkung gerichtetes Sprengmittel benutzt. Daher umfasse ihr Vorsatz alle tatsächlich im Wirkungsbereich des Tatmittels sich aufhaltenden Personen. Naheliegend sei, dass die Täter nach ihrem Vorsatz im potentiellen Streubereich befindlichen Bewohner treffen wollten, dass sie jeden treffen wollten, der sich in angrenzenden Wohnungen aufhielt. Es obliege der rechtlichen Würdigung des Senats, ob Betroffene sich in einem ins Visier der Täter genommen Bereich aufhielten. Hoffmanns Mandantin komme als mögliches Opfer des Anschlags in Betracht. Ein Widerruf der NK-Zulassung und der Bestellung von Hoffmann sei nicht veranlasst.

Danach nimmt auch RA Hoffmann zu dem Antrag Stellung. Ein Grund für einen Widerruf bestehe nicht. Ein Zulassungsbeschluss könne nur dann widerrufen werden, wenn sich herausstellen würde, dass der Anschlusserklärung von vornherein die verfahrensrechtliche Grundlage gefehlt habe. Es habe sich durch die Beweisaufnahme nichts geändert und selbst, wenn sich etwas geändert habe, sei das für die Frage der Zulassung unerheblich. Es sei offensichtlich nötig darauf hinzuweisen, dass sich in der Beweisaufnahme bestätigt habe, dass seine Mandantin nicht bloß aus allgemeiner Vorsicht in die Klinik gebracht worden sei. Der Arzt habe es für nötig gehalten. Seine Mandantin habe eine dramatische Einschränkung der Lebensqualität erlitten. Die Verteidigung Zschäpe habe in 2012 zu der Frage der Zulassung der Nebenklage seiner Mandantin keine Stellung genommen. Der Antrag sei jetzt bewusst vor der Erstattung der Gutachten gestellt worden. Aus diesen Gutachten werde sich ergeben, dass in den zur Keupstraße gelegenen Zimmern der Wohnung seiner Mandantin konkrete Lebensgefahr bestand.

Die Verteidigung Zschäpe habe im Übrigen bei der Frage, ob es sich um versuchten Mord handele, die wesentlichen Fragen gar nicht gestellt. Die Schäden an der Wohnung und Risse an der Flurwand würden schlicht ignoriert.In den ersten Wochen der Beweisaufnahme zur Keupstraße sei durch Bilder und Augenzeugenberichte die Monstrosität des Anschlages deutlich geworden: „Getroffen werden sollte nicht allein der Frisörladen, wie dies die Bundesanwaltschaft in der Anklage annimmt. Die Bombe war geplant und konstruiert und wurde gezündet, um ein Maximum an Menschen zu töten, zu massakrieren, weitere zu schädigen, Angst und Schrecken zu verbreiten und Migranten aus Deutschland zu vertreiben.“ Es gebe hier den Vorsatz des Massenmordes. Der jetzt erfolgte Versuch vor Erstattung des Gutachtens die Opfereigenschaft einer Nebenklägerin in Frage zu stellen, ziele darauf, nur wenige schwerverletzte Personen als Opfer zu akzeptieren. Durch das Kalkül, dass eine Person, die aus Zufall nicht Splittern ausgesetzt war, keine Geschädigte sei, trete in den Hintergrund. Es handele sich um Terror im ursprünglichen Sinne. Der Antrag wolle nur davon ablenken.

Dann sagt RAin Pinar, sie schließe sich Hoffmann an und sagt, es gehe nicht nur um die mörderischen Auswirkungen der Bombe, sondern auch um die gesellschaftliche Einordnung des Anschlags. Die Tat sei kriminologisch einzuordnen als Straftat, die als Hasskriminalität benannt wird. Das sei noch wenig erforscht, aber es beginne in der strafrechtlichen Diskussion Raum einzunehmen. Es sei nach § 46 StGB zu berücksichtigen in der Urteilsberatung, was das mit den Betroffenen macht. Es gehe um Taten, die Menschen wegen ihrer politischen Einstellung, ihrer Religion, Weltanschauung, sexuellen Orientierung, ihrem äußeren Erscheinungsbild getroffen werden sollten. Zschäpe-Verteidigerin RAin Sturm beanstandet, es handele sich bei Pinars Stellungnahme um Erwägungen zur Strafzumessung, das habe nichts mit der Frage zu tun, die jetzt diskutiert wird , es folgt eine Auseinandersetung zwischen der Verteidigung Zschäpe und Wohlleben mit Pinar, bei der Götzl eingreift. RAin Pinar: „Nur ein Satz dazu: Es geht um Opfer von so genannten Botschaftsverbrechen, also wenn die Person nicht als Person, sondern als Botschafter für die gesamte Volksgruppe ausgesucht wurde.“ Es gebe Untersuchungen, dass diese Personen besonders betroffen sind, dass die Folgen anders sind.

RA Stahl sagt: „Was ich in der Diskussion für nicht geboten erachte ist, dass Nebenklägervertreter dem Zweck des Antrages hier Gründe unterstellen und auch darlegen, die ausschließlich polemische Zecke verfolgen. Es wäre angebracht, sich sachlich mit diesem Antrag auseinander zu setzen, wie es der GBA getan hat, und nichts anderes.“ NK-Vertreter RA Stolle sagt, der Antrag sei zurückzuweisen aus den Gründen, die Hoffmann dargelegt habe. RAin Sturm sagt, der Grund für den Antrag der Verteidigung Zschäpe sei gewesen, dass sich die Frage stelle, ob damals vollständig und wahrheitsgemäß vorgetragen wurde. RA Klemke sagt, aus Sicht der Verteidigung Wohlleben gehe es nicht darum, dass sich nachträglich Umstände geändert hätten. Die Tatsachen hätten schon zum Zeitpunkt der Zulassung klar gelegen. RA Hoffmann entgegnet, es sei nichts falsch dargestellt worden. Es seien rechtliche Erwägungen des Senats gewesen, die zur Zulassung der NK geführt hätten. RA Langer sagt, die BAW habe schon angedeutet, dass es auf den Täterplan ankomme, daher sei es ohne Belang, ob überhaupt eine Gefährdung eintritt. Die Unterscheidung der BAW, es sei der Versuch einer gefährlichen Körperverletzung gewollt gewesen, aber keine versuchte Tötung, könne er nicht nachvollziehen.

Es folgt die Mittagspause bis 12:34 Uhr. Dann wird die Einvernahme des Zeugen Ri. (181. Verhandlungstag) fortgesetzt. Götzl hält aus einer Vernehmung von Ri. vor: Es kam mir so vor, als ob Böhnhardt der Aggressivere eher war. Götzl fragt, ob sich Ri. an die Aussage erinnere. Ri. sagt, es sei halt so gewesen, Mundlos sei immer ruhig gewesen und der Böhnhardt sei etwas aufgedrehter gewesen. Götzl fragt, was Ri. damit meine. Ri.: „Er war halt der, ja, von seiner ganzen Art doch ein bisschen der Aufgewühltere. Forsch von seiner allgemeinen Umgangsform. Ich habe ihn ja nicht so gut kennengelernt, aber wie ich den Eindruck hatte.“ Vorhalt: Hat mal meiner Erinnerung nach den Dicken gemacht. Ri.: „Bissel großmäulig, würde ich sagen.“

NK-Vertreter RA Kuhn fragt: „Haben Sie in den 90ern einen Herrn André Kapke kennengelernt?“ Ri.: „Der Name sagt mir was, aber ich habe jetzt kein Gesicht dazu.“ Kuhn: „Haben Sie eine Person mit Spitzname ‚‘ kennengelernt?“ Ri.: „Eine gute Freundin von mir. Kenne ich sehr lange, Katrin Dr.“ Kuhn fragt, ob Ri. wisse, ob diese Person Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe gekannt habe. Ri.: „Gut möglich, vielleicht von Anfang der 90er, wo wir sie kennengelernt haben.“ Kuhn fragt nach Tibor Re. Der Name sage ihm jetzt nichts, aber viele hätten Spitznamen gehabt, so Ri. Vorhalt aus einem VS-Vermerk zum Thema „Drilling“ mit Bezug auf GP [= Gewährsperson] „Tristan“ [= Tibor Re.]: Bei einem Treff mit GP „Tristan“ am 25.03.2001 wurde auf Frage nach Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe mitgeteilt, dass ihr alle drei bekannt seien, sie seien vermutlich in Chemnitz untergetaucht; Uwe Mundlos habe intensive Kontakte zur Chemnitzer Skinszene, befreundet sei er besonders mit Ri., Mappe gewesen, Mundlos und Ri. und Mappe hätten sich regelmäßig gegenseitig getroffen. Ri. sagt, sie hätten sich getroffen.

1993 habe er die Drei kennengelernt. Und -Mitglied sei er schon überhaupt noch nie gewesen. Er wolle, so Ri. auf Nachfrage, nicht ausschließen, dass er Mundlos gemeinsam mit „Mappe“ getroffen habe, aber wenn sei das bis maximal 1994 gewesen, weil er dann in Haft gegangen sei. Er erinnere sich nicht, könne es aber nicht ausschließen. Vorhalt: Da ich von Mundlos auch dem Wohlleben in der Jenaer Szene vorgestellt wurde, war ich relativ bekannt. Dazu sagt Ri., er wisse gar nicht, ob er überhaupt mal in Jena gewesen sei, es könne sein. Die seien ihm nicht mit Namen vorgestellt worden. Gerade an Wohlleben könne er sich nicht erinnern, dass er den kennengelernt habe. Kuhn hält vor, dass Ri. bei der Polizei ein Bild, das Wohlleben zeige, vorgelegt worden sei. Dazu habe Ri. gesagt, so der Vorhalt weiter, das sei einer von den Thüringern, der sei „Wolle“ genannt worden, er kenne den nicht persönlich. Kuhn: „Woher wussten Sie, dass das einer von den Thüringern war?“ Ri. sagt, sie hätten Kontakt zu Thüringen gehabt, teilweise auch durch die Medien, es sei immer gesagt worden: „Wolle“. Aber er kenne den nicht persönlich. Kuhn fragt, wer „Wolle“ gesagt habe. Thüringer, so Ri. Er nennt „Barny“. Kuhn: „Wann?“ Ri.: „Jedes Mal, wenn wir darüber geredet haben.“ Kuhn fragt nach dem Zeitraum. Ri.: „Man redet bis heute.“

Auf Frage, wann das angefangen habe, sagt Ri.: „Vor zwei Jahren.“ Er verneint, damals, in den 90ern, gewusst zu haben, dass der „Wolle“ genannt werde. RA Reinecke fragt, ob Ri. mit anderen Zeugen im Verfahren gesprochen habe in den letzten Jahren. Es sei durchaus möglich, dass er mit welchen geredet habe darüber, so Ri. Auf Frage, ob über die Sache selbst, oder über das was in München im Gericht verhandelt wurde, sagt Ri.: „Ich habe mit keinem geredet, der bis jetzt hier Zeuge war, jetzt nachdem ich im Gerichtssaal war.“ Vorhalt aus Ri.s Vernehmung vom 06.08.2013: Frage: Haben Sie im Nachgang mit jemandem über Vernehmungsinhalte gesprochen? – Antwort: Selbstverständlich, mit wem genau weiß ich nicht mehr, mit Kumpels schon. Mit wem er damals geredet habe damals, wisse er beim besten Willen nicht mehr, so Ri. Es sei eine Zeit lang Gesprächsthema gewesen, selbstverständlich habe man geredet. Reinecke nennt . Ri.: „Durchaus möglich.“ Auf Frage, ob er sich erinnere, was er mit Rothe besprochen habe; sagt Ri., den genauen Wortlaut oder wie intensiv könne er nicht sagen.

Reinecke fragt, ob sie darüber gesprochen hätten, dass Rothe in Zwickau das Trio besucht habe. Ri.: „Nee, definitiv nicht, jeder wird für sich behalten haben, wenn er was damit zu tun gehabt hat, denke ich mal.“ Auf Frage nach den Fiedler-Brüdern sagt Ri., eine Zeit lang habe er doch relativ viel Kontakt mit denen gehabt aufgrund der räumlichen Nähe. Das sei nach seiner Haftentlassung gewesen, so Ri. auf Frage. Auf Frage, ob er eine besondere Vereinbarung mit Gunter Fiedler gehabt habe, sagt Ri.: „Nee, nicht dass ich wüsste.“ Reinecke fragt, ob Ri. bei einem Konto von Gunter Fiedler zweiter Kontoinhaber gewesen sei. Das habe den Grund gehabt, dass er, Ri., einen Haftbefehl drinstehen gehabt habe, da könne man kein Konto eröffnen. Da habe Fiedler ein Konto für ihn eröffnet. Ri. bejaht, Armin Fiedler gekannt zu haben. Auf Frage, wo der gearbeitet habe, sagt Ri., er glaube, in einem Edeka-Markt. Auf Frage, ob Ri. mitbekommen habe, dass ein Edeka-Markt in Chemnitz überfallen worden sei. Ri.: „Möglich, kann sein.“ Er verneint, darüber mal mit Armin Fiedler gesprochen zu haben.

RAin von der Behrens fragt, ob Ri. wisse, wie damals der Kontakt zustande gekommen sei zwischen Mundlos und Zschäpe und dem Umfeld in Chemnitz. Ri. antwortet, das könne er nicht sagen. Er habe die Anfang der 90er kennengelernt, wenn es jetzt um 1997/ 98 gehe, dann könne er gar nichts sagen. Auf Frage, wie es früher gewesen sei, sagt Ri., man müsse sich das so vorstellen, dass man Leute in ganz Deutschland und Europa gekannt habe. Irgendwann seien sie mal da gewesen. V. d. Behrens fragt nach dem Namen . Der Name sage ihm etwas, antwortet Ri., er habe aber kein Gesicht dazu. V. d. Behrens: „Wissen Sie, woher der kommt, aus welchem Bundesland, welcher Stadt?“ Ri.: „Tja …. Rate jetzt mal: Thüringen.“ V. d. Behrens fragt, ob Ri. bekannt sei, ob Markus Fr. Kontakt zu Apel gehabt habe. Zu Fr. habe er schon jahrelang keinen Kontakt mehr, deswegen könne er dazu im Prinzip nichts sagen, so Ri.

V. d. Behrens: „Wissen Sie ob Fr. Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe kannte?“ Ri.: „Gut möglich.“ V. d. Behrens fragt, ob Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe gekannt habe. Ri.: „Denke schon, auch von Anfang der 90er.“ V. d. Behrens fragt, ob Ri. mal von Schau erfahren habe, 1998 oder später, dass die Drei Schau eine Postkarte geschrieben hätten aus Ungarn. Da könne er sich nicht dran erinnern, er meine, dass Schau noch eine Weile in Haft gewesen sei nach ihm. Er habe auch zu Schau seit Jahren keinen Kontakt mehr. Vorhalt aus einer Vernehmung von Schau: Etwa im Herbst 1998 habe ich von den Dreien noch eine Postkarte aus Budapest bekommen, verfasst von Mundlos; damals waren die Drei schon untergetaucht bzw. ich wusste wegen „Kripo Live“, dass sie polizeilich gesucht werden; Mundlos schrieb, ich würde die Drei nicht mehr sehen, vier oder fünf Zeilen, für mich war klar, dass er meinte, die Drei seien untergetaucht. Ri.: „Also, kann ich mich zumindest nicht dran erinnern, tut mir leid.“

V. d. Behrens: „War das Trio zwischen Ihnen und Schau überhaupt Thema nach der Entlassung von Schau?“ Ri. sagt, er habe mit Schau kurz nach dessen Entlassung nicht mehr viel zu tun gehabt. Es sei möglich, dass mal das Gespräch drauf gekommen sei, aber jetzt nichts, wo man sich jetzt dran erinnere. V. d. Behrens möchte von Ri. wissen, ob der mal politische Äußerungen gehört habe von Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe. Ri.: „Kann ich ich mich nicht dran erinnern.“ V. d. Behrens sagt, das sei Ri. von der Polizei auch gefragt worden und hält vor: Damals waren es die üblichen Stammtischparolen. Auf Frage, ob er sich erinnere, das zu Protokoll gegeben zu haben, sagt Ri.: „Ja, ich glaube. Aber das hat nicht nur Mundlos oder Zschäpe betroffen, sondern allgemein.“ Er könne nur sagen, dass es allgemein die Stammtischparolen gegeben habe. V. d. Behrens sagt, Torsten Schau habe angegeben, dass die natürlich eine rechtsgerichtete Gesinnung gehabt hätten, es seien eher Parteileute gewesen, meine er, eher politisch tätig im Gegensatz zu vielen anderen wie z. B. ihm selbst. Ri. dazu: „Dann ist das mit Sicherheit seine subjektive Meinung.“ V. d. Behrens fragt, ob Ri. entsprechende Wahrnehmungen gemacht habe, dass die sich anders verhalten hätten. Das verneint Ri. V. d. Behrens fragt, ob Ri. wisse, ob Enrico Pö. das Trio gekannt habe. Da treffe das Gleiche zu wie für alle, so Ri.: „Möglich, dass er sie kannte, weil Pö. schon lange Freund von uns ist oder war, schon Anfang der 90er, durchaus möglich.“

Vorhalt aus einer Vernehmung von Pö.: Nationalistisch, scharf nationalistisch, Mundlos war lauthalsig, Böhnhardt ruhig und bedacht, wer in eine Gedenkstätte mit brauner Freizeitkleidung geht, will provozieren. V. d. Behrens: „Trifft die Beschreibung zu?“ Ri.: „Meines Erachtens nicht, weil für mich war es, wie gesagt, wenn ich Mundlos und Böhnhardt vergleiche, genau umgedrehtes Auftreten wie Pö. es sagte.“ V. d. Behrens hält nochmal die Formulierung „scharf nationalistisch“ vor. Ri. sagt, er denke, das könne man, wie immer, als subjektiv bezeichnen, wie Pö. das finde. Auf Frage sagt Ri.: „Nein, fand ich nicht, dass die extremer waren wie der Rest.“ Er verneint die Frage, ob ihm bekannt sei, dass es von Mundlos oder einer anderen Person des Trios Aussagen dazu gegeben habe, wie man sich auf Konzerten verhalten solle und welche politische Funktion diese hätten. V. d. Behrens nennt den Namen Rokko E., ein Freund von Katrin Dr. Ri. sagt, den [phon.] habe er erst später kennengelernt, da könne er nichts dazu sagen. Vorhalt aus der Vernehmung von E.: Mir ist ein Satz von Mundlos in Erinnerung, dass Konzerte nicht dazu da sind, um Spaß zu haben, sondern genutzt werden sollten, um gleichgesinnte Kameraden zu treffen, sich politisch zu organisieren. Ri. verneint, solche Äußerungen mal von einem der Drei gehört zu haben. Vorhalt: Mundlos hat sich wie ein Herrenmensch gefühlt, für ihn waren Juden Abschaum, die nichts auf dieser Erde zu suchen haben, er machte den Eindruck eines Rattenfängers, der Konzerte nutzte um seine antisemitische und rassistische Einstellung zu verbreiten. Da habe er keine Erinnerung dran, so Ri. Er sei aber auch nicht der Konzertgänger gewesen und sein Kontakt sei sporadisch gewesen.

Dann sagt Götzl Ri.s Antworten würden Nachfragen aufwerfen: „‚Damals waren es die üblichen Stammtischparolen.‘ Wie waren die? Das interessiert mich.“ Ri.: „Sage mal, je nach Alkoholkonsum.“ Götzl entgegnet, es gehe ihm um den Inhalt. Ri. sagt, es habe schon etwas damit zu tun gehabt. Götzl fordert Ri. auf, dann mal zu differenzieren, zwischen sich und anderen, zwischen mit und ohne Alkoholkonsum. Ri.: „Sage mal, da wurde schon mal der Arm erhoben zum Hitlergruß zum Beispiel.“ „Deutschland den Deutschen“ sei gerufen worden: „Sowas in der Richtung.“ Es folgt eine Unterbrechung bis 13:31 Uhr.

Basay fragt Ri., ob der zeitlich eingrenzen könne, wann er in der Bruno-Granz-Straße 98 gewohnt habe. Er habe da vielleicht zwei Jahre gewohnt, so Ri. Auf Frage, ob von 1998 bis 2000 sagt Ri.: „Circa.“ Basay: „Waren Sie schon mal in Straubing?“ Ri.: „Ja.“ Er schätze, so Ri. auf Nachfrage, dass das zwischen 1992 und 1994 gewesen sei, und Anlässe seien eigentlich Partys gewesen. Auf Frage, ob er sich erinnere, wer da alles dabei gewesen sei, sagt Ri., das sei unterschiedlich gewesen, weil es nicht nur einmal gewesen sei. Vorhalt aus einem Vermerk des LfV Bayern: Thomas Wa. und Stefan Apel haben am 06.08.1994 in einer Kiesgrube in Straubing an einer Grillfeier der rechten Szene teilgenommen, es wurde ein Lied mit volksverhetzendem Inhalt gespielt, daher wurde die Party von der Polizei unterbrochen und Personalien festgestellt. Da sei Ri. aufgeführt, so Basay. Sie fragt, ob Mundlos auch dabei gewesen sei. Ri.: „Kann ich nicht sagen.“ Basay hält den Namen Uwe Mundlos und ein PKW-Kennzeichen vor. Das sei möglich, er habe aber keine Erinnerung, so Ri. Basay fragt, wie Ri. nach Straubing gekommen sei. Ri. antwortet, einmal sei er mit Lasch gefahren. Basay: „Kennen Sie einen Joachim Sch., Spitzname Waffen-Sch.?“ Ri.:“ Sagt mir nichts.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Sch.: Damals habe ich Starke, Schau, Ri. kennengelernt, letzteren habe ich damals für den Anführer gehalten. Basay: „Kommt da eine Erinnerung?“ Ri. sagt, er habe so viele Leute kennengelernt, vielleicht kenne er ihn, aber der Name und der Spitzname würden ihm nichts sagen.

Vorhalt: Dann sind wir zum Enrico Ri. gefahren, weil wir dort übernachtet haben, am Abend haben wir uns entschlossen in eine Disko in Chemnitz zu gehen; wir waren das ganze Wochenende da, die Wohnung von Ri. war ein Anlaufpunkt für die ganze Szene, ein ständiges Rein und Raus. Der Name sage ihm nichts, so Ri., bei ihm seien öfter verschiedene Leute gewesen. Basay: „Waren Sie mal in Heilbronn?“ Ri.: „Ja.“ Auf Nachfrage sagt Ri., er glaube, der Fr. habe da gelernt und Leute kennengelernt. Geläufig sei ihm nur ein Name, Ellinger, die anderen wisse er nicht mehr. Auf Frage, wer alles dabei gewesen sei, nennt Ri. Fr., Du., er wisse es nicht. Vorhalt: Ich erinnere mich an eine Geburtstagsfeier, die ich gemeinsam mal mit Ellinger sowie Ri., Lasch, Du., Fr., Schau und anderen besuchte, insgesamt waren wir mit zwei Autos da, vermutlich acht Personen. Ri. sagt, das können hinkommen, er wisse nicht, wer dabei war. Basay nennt eine Asservatennummer und fragt dann Ri., ob der in der Haftzeit Briefkontakt zu Mundlos gehabt habe. Ri.: „Nicht dass ich wüsste.“

Vorhalt aus einem Brief von an „die Jenaer Kameraden“ vom 10.03.1995 [phon.]: Ri. geht es soweit ganz gut und er hat sich Respekt verschafft; es dauert eben etwas länger mit einer Antwort bei ihm. Ri.: „Kann sein, aber ich bin mir nicht bewusst, dass ich Briefe geschrieben hätte. Ich war nicht der Briefeschreiber, ehrlich gesagt.“ Vorhalt aus einem Brief von Mundlos an Starke vom 01.03.1995: Nachher wollen wir nochmal Ri. schreiben, er lässt nichts von sich hören, haben ihm so vor 6 Wochen geschrieben und nichts gehört. Ri. sagt, er sei in der Zwischenzeit in verschiedenen Hafthäusern gewesen. Vielleicht habe er einen Brief gekriegt, aber mit dem Schreiben habe er es nicht so. Vorhalt aus einem Brief von Mundlos und „Jenaer Kameraden“ vom 08.02.1994 an Starke: Haben es schon Schau und Ri. geschrieben; wenn du etwas brauchst, was in unserer Möglichkeit liegt, sag Bescheid. [phon.] Basay fragt, ob Ri. sich an einen Briefkontakt erinnere. Da sei er nicht in Haft gewesen, sagt Ri. Basay: „Am 08.02.1994 waren Sie nicht in Haft?“ Ri.: „Nein.“

RA Stahl fragt, ob Ri. irgendetwas erinnerlich sei, dass Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe in seiner Gegenwart den Hitlergruß gezeigt hätten. Ri.: „Nein.“ Stahl fragt nach „Deutschland den Deutschen“. Ri.: „Wer genau was, wann und wo …“ Götzl sagt, die Frage, die sich dann stelle sei, wie Ri. deren politische Einstellung beschreibe. Ri.: „Ich gehe schon davon aus, dass sie, wie wir alle, eine rechte Einstellung hatten, aber …“ Götzl fragt nach Umständen, weswegen Ri. davon ausgehe. Ri.: „Wie gesagt, die waren mit bei uns dabei und das war dann halt so.“ Der Zeuge wird um 13:49 Uhr entlassen. Danach widerspricht RAin Sturm der Verwertung der Angaben des Zeugen, soweit dieser zu den Briefen bekundet habe. Dieses Asservat sei aus dem Garagenfund. Wohlleben-Verteidigerin Schneiders schließt sich an.

Dann gibt RAin v. d. Behrens eine Erklärung nach § 257 StPO zu Aussage von Ri. ab. Es gebe ja verschiedene Beweistatsachen, die die Verteidigung Wohlleben unter Beweis gestellt habe. Die eine sei gewesen, dass der Zeuge Wohlleben nicht kenne. Das habe der Zeuge bestätigt, aber wenig glaubhaft. Der Zeuge habe hier auch bestätigt, dass er ggü. dem BKA, als ihm Lichtbilder von Wohlleben vorgelegt worden seien, bestätigt habe, das sei einer aus Thüringen, „Wolle“ genannt, er kenne den nicht persönlich. Das habe der Zeuge hier versucht umzudeuten, dass ihm jemand etwas dazu gesagt habe. Dann wäre aber, so v. d. Behrens nicht erklärlich, wie er das Bild mit Wohlleben in Verbindung bringt. Und wenn er Wohlleben nur aus den Medien kennen würde, dann würde er das Bild nicht mit „Wolle“ in Verbindung bringen. Das sei völlig unwahrscheinlich. Es passe in die Reihe, dass der Zeuge versucht habe, seine Angaben gegenüber dem BKA, soweit sie belastend gewesen seien, herunterzuspielen. Man werde hier auch noch den Zeugen Ha. hören. Der werde bestätigen, dass Wohlleben und Kapke in Chemnitz waren. Zur zweiten Beweistatsache, der isolierten ideologischen Entwicklung, habe der Zeuge nur bekundet bis 1994. Er habe die vielfältige Beziehungen der Chemnitzer Szene bundesweit und international dargelegt, exemplarisch Verbindungen nach Bayern und Baden-Württemberg. Auch diese von der Verteidigung aufgestellte Beweisbehauptung habe sich nicht bestätigt.

Dann gibt OStAin Greger eine Stellungnahme ab. Dem Antrag auf Ladung der Polizeibeamten Kl. und Ze. trete der GBA nicht entgegen, man habe sie selbst benannt. Bei den Zeugen Di. und We. sei es anders. Di. habe man zwar selbst benannt, sie weise aber darauf hin, dass nach Auskunft des BKA, Di. nur die technische Auswertung vorgenommen habe und keine inhaltliche Auswertung. We. habe den Vermerk nur als Vorgesetzter mit unterzeichnet. RA Reinecke: „Wir haben uns bemüht aus den Akten, ein oder zwei Zeugen zu finden, die die gesamten EDV-Asservate gesehen haben, dabei sind wir auf diese beiden Zeugen gestoßen, wir haben keine Interesse an Zeugen, die das nicht inhaltlich geprüft haben. Wir müssten aber ansonsten alle Zeugen laden, die Asservate überprüft haben. Zur Beweisrelevanz haben Sie nichts gesagt, wir wollen das durch möglichst wenig Leute hören.“ Greger sagt, es gebe die Möglichkeit beim BKA nachzufragen, und dann einen Sachbearbeiter zu benennen. Der Verhandlungstag endet um 13:57 Uhr.

Der Blog NSU-Nebenklage kommentiert:
Klar wurde erneut, dass Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe und ihre Jenaer Kameradschaft seit den frühen 1990ern Kontakte nach Chemnitz hatten. Insbesondere wurden die Beweisbehauptungen der Verteidigung Wohlleben – die Chemnitzer Zeugen würden Wohlleben nicht kennen, ‚die Drei‘ hätten sich in Chemnitz abgekoppelt von der sonstigen Szene radikalisiert usw. – nicht bestätigt. Im Gegenteil musste der Zeuge bestätigen, dass er in einer polizeilichen Vernehmung Wohlleben als ‚Wolle aus Thüringen‘ erkannt hatte.
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/02/10/10-02-2015/

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