Kurz-Protokoll 263. Verhandlungstag – 23. Februar 2016

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Beim Banküberfall in Zwickau 2006 schießt der Täter einem Auszubildenden in den Bauch. Zum Überfall und den gesundheitlichen Folgen sagen Zeug_innen von der Polizei und aus dem Krankenhaus aus, wo der Bankmitarbeiter notoperiert worden war.

 

Zeug_innen und Sachverständige:

  • Bernd Kr.  (Kriminalbeamter Polizeidirektion Zwickau)
  • Andreas Ma. (Kriminalhauptkommissar beim BKA, Berlin)
  • Dr. Katrin Zi. (Anästhesistin und Intensivmedizinerin)
  • Dr. Roland Scha., (Chirurg im Heinrich Braun Klinikum Zwickau)
  • Dr. Oliver Peschel (Professor am Institut für Rechtsmedizin Uni München)
  • Dr. Thomas Li. (Sachverständiger für Ballistik beim BKA)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:45 Uhr. Als erster betritt der Zeuge Bernd Kr. den Saal. Götzl erklärt, es gehe ihm um den Tatortbefundbericht des Überfalls in der Kosmonautenstraße 2 in Zwickau am 05.10.2006. Dafür lägen auch Lichtbilder vor. Bernd Kr. sagt, er und sein Kollege KHM Vo. hätten gegen 12:30 Uhr den Auftrag gehabt, in die Sparkassenfiliale nach Eggerbach zu fahren, weil dort ein Überfall gewesen sein sollte: eine maskierte Person, die mit pistolenähnlichem Gegenstand Geld herausfordert habe und eine Person sei durch einen Schuss verletzt worden.
Es werden nun Lichtbilder sowie eine Skizze vom Tatort in Augenschein genommen. Der Zeuge erläutert, dass im Foyer u.a. Geldautomaten gestanden hätten. Durch das Foyer gelange man in die Sparkasse. Rechts seien Beratungsräumlichkeiten und links befände sich der Servicebereich mit Serviceschalter. Dort seien die bluttypischen Anhaftungen festgestellt worden. Im obersten Bereich, der auf der Skizze mit der Ziffer 2 beschriftet ist, sei das Einschussloch im Teppich gewesen. Im Bereich, der mit „3“ gekennzeichnet ist, seien Kleidungsständer und umgekipptes Schild gefunden worden. An dem Ort, wo die Sitzgruppe sei, sei das erste Projektil vorgefunden worden. Bei der zweiten Suche sei im Bereich, der als „10“ beschriftet ist, das zweite Projektil gefunden worden. Im linken Bereich seien die Servicetresen gewesen. Darauf habe dieses Handtuch mit bluttypischen Anhaftungen gelegen und dahinter sei ein Lüfter im Bodenbereich gewesen. Der Zeuge zeigt in der Skizze den Ort der vorgefundenen Vase und die Beschädigung im Fensterbereich. Götzl sagt, es lägen noch Lichtbilder von der Überwachungskamera vor. Diese Lichtbilder werden im Gerichtssaal in Augenschein genommen. Kr. kommentiert, es sei der Vorraum zu sehen, wo die Geldautomaten seien. Der Zeuge deutet auf dem Bild und sagt: „Hier geht’s rein, hier geht’s raus. Hier sieht man, wie der vermutliche Täter die Sparkasse betritt und hier wieder verlässt.“ Zum nächsten Bild erklärt Kr., man sehe, wie der vermutliche Täter mit einem pistolenähnlichen Gegenstand irgendwas haben will. Kr. sagt zu den nächsten Fotos: „Das ist ein Bild, dass er hier diesen Azubi bedroht. Hier gab’s ein Gerangel. Hier die Auseinandersetzung. Hier sieht man, dass er schon am Boden lag.“ Um 10:12 Uhr wird der Zeuge entlassen.
Es folgt die Vernehmung des Zeugen Andreas Ma., Kriminalhauptkommissar aus Berlin.
Götzl erklärt dem Zeugen, es gehe um den Überfall in der Kosmonautenstraße in Zwickau am 05.10.2006. Der Zeuge Ma. berichtet, seine Aufgabe sei die Zusammenführung der Ermittlungsakten der örtlichen Behörden mit den aufgefundenen Asservaten im Wohnmobil in Eisenach gewesen. Des Weiteren seien in der Frühlingsstraße in Zwickau sehr viele Asservate angefallen, die sie mit den Raubstraftatenakten immer abgeglichen hätten. Bei den Raubstraftaten seien sehr oft Bilder der Überwachungskameras gemacht worden und diese Bilder hätten sie mit den Asservaten aus der Frühlingsstraße und dem Wohnmobil verglichen. Der Überfall in Zwickau hätte die Besonderheit gehabt, dass hier zwei Schussabgaben des Täters angefallen seien, so dass also Projektile sichergestellt worden seien. Diese hätten in der Tatmittelsammlung des BKA gelegen. Im Wohnmobil habe ein Revolver Alpha 38/31 Kaliber 38 Spezial gelegen. Der Vergleichsbeschuss habe ergeben, dass da ein Projektil des Vergleichsbeschusses mit dem Projektil aus der Sparkassenfiliale sicher übereingestimmt habe. Sie hätten des weiteren Bekleidungsstücke verglichen, die sie sichergestellt hätten. Da habe es einen Treffer gegeben. Sie hätten z.B. eine grüne Regenjacke aus der Frühlingsstraße 26 gehabt, die eine sehr starke Ähnlichkeit gehabt habe mit der, die der Täter am 05.10.2006 getragen hätte. Ma. sagt, der große Unterschied sei, dass bei dem Banküberfall in der Kosmonautenstraße ein Einzeltäter gewesen sei. Sie hätten, von Eisenach zeitlich rückläufig, über die Serie rückwirkend aufgrund der Kleidung, Schuhgröße und Waffennutzung relativ gut festlegen können, wer Uwe Böhnhardt und wer Uwe Mundlos gewesen sei. Der Täter in Zwickau hätte eine sehr untypische, unsichere Haltung der Pistole gehabt: mit drei Fingern. Er habe die Waffe gar nicht mit der Hand umschließend gegriffen und es habe eine große Chance bestanden, dass sich die Waffe bei einer Schussabgabe aus der Hand bewegt. Bei der Raubserie sei es immer Uwe Böhnhardt gewesen, der einen Revolver derartig gehalten habe. Deswegen seien sie sicher, dass der Täter hier Uwe Böhnhardt gewesen sei.
Es folgt die Vernehmung der Zeugin Katrin Zi. Der Vorsitzende Richter Götzl sagt, es gehe um die Behandlung des Patienten R., N. und Ereignisse aus dem Oktober 2006. Götzl fragt, ob und weswegen der Patient bei der Zeugin gewesen sei, wie die Behandlung erfolgt sei. Zi. sagt: „Der junge Mann kam am 05. Oktober gegen 12:30 Uhr mit dem Notarzt in die Klinik. Er hatte eine Schussverletzung im Abdomen. Am Folgetag extubiert, wach und kreislaufstabil.“ Götzl fragt, ob der Patient bei der Aufnahme ansprechbar gewesen sei. Zi. bejaht, er sei auch kreislaufstabil gewesen. Auf die Frage, wie lange er bei ihnen gewesen sei, antwortet Zi., R. sei 14 Tage in der Klinik und vom 05.10.-09.10. auf der Intensivstation gewesen. Dann sei er zur Weiterbehandlung in der Chirurgie gewesen. Der Sachverständige Peschel fragt nach dem Blutverlust. Zi. gibt an: „1,1 Liter.“ Nebenklagevertreter RA Daimagüler fragt die Zeugin, ob sie etwas zu einer etwaigen Lebensgefahr sagen könne. Zi. sagt, der Patient wäre ohne operative Versorgung schon in eine prekäre und lebensbedrohliche Situation geraten. Durch die Verletzung der Blutgefäße wäre der Blutverlust noch größer geworden und infolge dessen hätte der Patient einen lebensbedrohlichen Zustand erreicht. Um 11:12 Uhr wird die Zeugin entlassen.
Der Zeuge Dr. Roland Scha. betritt den Gerichtssaal. Götzl erklärt, es gehe um die ärztliche Behandlung von N. R. im Oktober 2006. Er fragt den Zeugen, inwiefern er mit dem Patienten befasst gewesen sei. Scha. führt aus, er habe die Notfalloperation wegen der Bauchschussverletzung durchgeführt. Es sei ein Bauchschuss im linken Oberbauch mit Ein- und Ausschuss gewesen, mit Blutungen im Retroperitoneum, Verletzung der Milzgefäße und der Kapsel der Bauchspeicheldrüse. Scha. sagt: „Magen und Darm waren nicht verletzt: ein glücklicher Umstand. Wir haben versucht, die Milz zu erhalten. Am Ende der OP war die Durchblutung jedoch eingeschränkt, so dass wir aus Sicherheitsgründen die Milz entfernen mussten.“
Götzl bittet den Sachverständigen Dr. Peschel um Ausführungen im Hinblick auf die Verletzungen des Herrn R. Peschel: „Die hier vorgenommene Therapie, die Versorgung der Milzgefäße, würde man hier auch erwarten. Dass es dabei zu so einer Verengung des Querschnitts der Milzarterie gekommen ist, das ist eine Komplikation gewesen, so dass die Milz letzten Endes entfernt werden musste. Das Entfernen hat keine unmittelbar lebensgefährlichen Folgen, aber das ist nur eingeschränkt zutreffend. Also auch wenn 10 Jahre verstrichen sind, kann man nicht davon ausgehen, dass es in Zukunft keine Komplikationen mehr hervorrufen kann. Sondern so ein Syndrom kann sich auch bei diesem Patienten noch einstellen, mit hoher Letalität.“
Nebenklagevertreter RA Langer hält vor, der Zeuge habe gesagt, man habe ihm gesagt, er hätte sehr viel Glück gehabt, weil ein Vollmantelgeschoss verwendet wurde. Peschel bejaht. Er sehe das aus rechtsmedizinischer Sicht auch so, dass die Schussverletzung nicht unmittelbar lebensgefährlich war. Aber, so Peschel, es wäre, wenn die Verletzung nicht versorgt worden wäre, in allernächster Zeit zu unmittelbar lebensbedrohenden und tödlichen Konsequenzen gekommen.
Als nächster Zeuge wird der Sachverständiger Dr. Thomas Li. befragt. Vorsitzender Richter Götzl fragt Dr. Li., ob und welche der Waffen, die in Eisenach und Zwickau gefunden worden seien, die Möglichkeit hätten, einen Schalldämpfer aufzuschrauben. Dr. Li. antwortet, die Waffen hätten ihnen im BKA vorgelegen. „An zwei dieser Waffen ließen sich Schalldämpfer aufschrauben: Die Česká 83, die mit aufgefundenem Schalldämpfer festgestellt wurde, und die MP Pleter 91, deren Schalldämpfer an einem Tatort sichergestellt worden ist.“ Der Prozesstag endet um 13:06 Uhr.
Hier geht es zum Kommentar des Blogs „nsu-nebenklage“: http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/02/23/23-02-2016

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