Kurz-Protokoll 385. Verhandlungstag – 25. Oktober 2017

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Der heutige Verhandlungstag ist erneut geprägt von einem Ablehnungsgesuch der Verteidigung von André Eminger. Außerdem stellt NK-Vertreter RA Reinecke einen Beweisantrag zum Themenkomplex „Garage“.

Der Verhandlungstag beginnt um 09:47 Uhr. Heute ist seit längerer Zeit Eminger-Verteidiger RA Hedrich wieder anwesend. Als Nebenklägerinnen sind heute Gamze und Elif Kubaşik anwesend. Hedrich: „Herr Vorsitzender, der Angeklagte Eminger beabsichtigt, die Richter Dr. Lang und Prechsl wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Ich bitte, mir Gelegenheit zu geben, das Befangenheitsgesuch zu formulieren und heute um 16 Uhr außerhalb der Hauptverhandlung anzubringen. Ich habe heute früh Herrn Eminger in der Vorführzelle besucht und bin mit ihm das beabsichtigte Gesuch durchgegangen und muss es jetzt formulieren.“

Dann stellt RA Reinecke den Antrag, Klaus A. aus Jena als Zeugen zu vernehmen:
Der Zeuge wird bestätigen, dass am 10.08.1996 – nur ein bis zwei Tage, nachdem die Garage von ihm zu vermietende Garage in der Zeitung annonciert war – die Angeklagte Zschäpe bei ihm zusammen mit einer männlichen Person erschien, die sich als ihr Freund ausgab. Es kam dann unmittelbar zum Abschluss des Mietvertrages über die Garage. Die Beweiserhebung ist relevant, weil in einem weiteren Punkt die Einlassung der Angeklagten Zschäpe widerlegt wird. Diese hatte – zusammengefasst – sowohl in ihrer eigenen Einlassung wie gegenüber dem Zeugen Prof. Dr. Bauer die Anmietung so dargestellt, dass sie aus Eigeninitiative die Garage angemietet habe und sodann Böhnhardt und Mundlos mit der erfolgten Anmietung überrascht hat. In ihrer eigenen Einlassung liest sich das wie folgt: „In den folgenden Wochen versuchte ich, mich wieder der Gruppe um Uwe Böhnhardt anzuschließen und Uwe Böhnhardt für mich zurück zu gewinnen. Zu diesem Zweck mietete ich am 10. August 1996 die Garage Nr. 5, An der Kläranlage, in Jena an. In der Vergangenheit hatten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und ich darüber gesprochen, dass man eine abgelegene Garage anmieten sollte, um dort beispielsweise Propagandamaterial zu deponieren. Das Anmieten der Garage war für mich ein voller Erfolg. Ich traf mich daraufhin wieder mit den beiden.“
Eindeutig behauptet die Angeklagte hier, sie habe sich erst danach wieder mit Mundlos und Böhnhardt getroffen. Im Bericht des Zeugen Bauer heißt es: Nur um UB’s Zuwendung zurückzugewinnen, habe sie, einem ihr bekannten Vorhaben UB’s entsprechend, im August 1996 eine Garage angemietet. Dies sei zwar mit Blick auf das von ihr damit verfolgte Ziel der Zurückgewinnung von UB ein ‚voller Erfolg‘ gewesen …“ Legt man hingegen die Beweisbehauptung zugrunde, spricht nichts dafür, dass die Angeklagte im Sinne einer Abhängigkeit und zum Zwecke des Zurückgewinnens von Uwe Böhnhardt die Garage angemietet hat, sondern dass sie bereits vor der Anmietung der Garage mit Uwe Böhnhardt wieder zusammen war und die Anmietung auf einem gemeinsamen Plan beruhte; dies lässt dann auch Rückschlüsse darauf zu, dass auch die weitere Nutzung der Garage auf einem gemeinsamen Plan beruhte. Die Stellung des Beweisantrages erfolgt erst jetzt, weil der Unterzeichner erst auf Grund der in der letzten Zeit immer wieder ausfallenden Hauptverhandlungstermine ausreichend Zeit hatte, in Vorbereitung des Plädoyers verschiedene weitere Angaben der Angeklagten Zschäpe aus ihren Einlassungen anhand der Akte zu überprüfen.

OStAin Greger: „Ich kann dazu eine Stellungnahme abgeben. Der Beweisantrag war ja schriftlich angekündigt worden. Gestern hat ja der Antragsteller verzichtet auf die Stellung des Beweisantrages, heute hat er diesen Beweisantrag gestellt. Aus unserer Sicht bestehen Zweifel, ob dieser Antrag so ernst gemeint ist oder heute aus taktischen Gründen gestellt wurde, dann würde es sich nämlich nicht um einen ernsthaften Beweisantrag handeln. Der Ablehnungsgrund der Verschleppungsabsicht kann aber dahinstehen. Vorrangig greift ein anderer Ablehnungsgrund: Die Tatsache, die bewiesen werden soll, ist für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung.“
Stelle man, so Greger, die zu erweisende Tatsache, dass Zschäpe am Tag der Anmietung der Garage von einer männlichen Person begleitet wurde, die sich als ihr Freund ausgab, in das bisherige Beweisergebnis ein, vermöge dies nicht, den Urteilsspruch in einer relevanten Weise zu beeinflussen. Nach der derzeitigen Beweislage habe die Angeklagte die Garage in eigenem Namen angemietet. Ob sie von einer weiteren Person begleitet wurde, dazu habe sich die Angeklagte nicht ausdrücklich verhalten. Nach ihrer Einlassung vom 09.12.2015 sei der Anmietung ein gemeinsames Gespräch mit Böhnhardt und Mundlos vorausgegangen, dass man eine abgelegene Garage anmieten solle, um dort bspw. Propagandamaterial zu deponieren. Demnach habe die Angeklagte die Garage bereits nach ihrer eigenen Einlassung nicht für eigene Zwecke, sondern für die Gruppe Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe anmieten wollen. Bei der Durchsuchung sei eine Vielzahl von Material von Böhnhardt und Mundlos sichergestellt worden, das Bezüge zu gemeinsamen Straftaten aufwies. Der zeitliche und personelle Zusammenhang der Anmietung der Garage zu rechtsextremistischen Straftaten der Gruppe sei ebenfalls bereits belegt.
Sowohl vor als auch nach der Anmietung habe Zschäpe nach der Beweisaufnahme und auch wiederum nach ihrer eigenen Einlassung mit Böhnhardt und Mundlos rechtsextremistische Straftaten begangen, z. B. den Puppentorso und die Briefbombenattrappen. Der subjektive Zweck der Garagenanmietung, nämlich inkriminierendes Material vor den Ermittlungsbehörden zu verbergen, sei ebenfalls den Angaben der Angeklagten zu entnehmen, wobei der Plan auf Uwe Böhnhardt zurückgegangen sein solle. Die Beweisaufnahme habe zur Gruppenzugehörigkeit Zschäpes hinreichende Feststellungen erbracht. Nach den Angaben der Zeugen Turner, Apel, J. und Volker He. hätten Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe 1996 und 1997 einen zunehmend exklusiven Dreierbund gebildet. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch, dass auch nach der Beweisaufnahme, die Angeklagte am 20.06.1996 und 31.07.1996 im Rahmen der Ermittlungen zum Puppentorso mit einem falschen Alibi schützend für Uwe Böhnhardt eingetreten sei.
Am 09.11.1996 sei Zschäpe gemeinsam mit Böhnhardt, Mundlos und Gerlach festgenommen worden, im Fahrzeug seien damals Messer, Schreckschusswaffen und eine Gaspistole sichergestellt worden. Die Rückschlüsse, die sich der Antragsteller von der nunmehr beantragten Beweiserhebung verspreche, seien zum einen aufgrund anderer Beweismittel hinreichend verlässlich zu ziehen, zum anderen gar nicht aus der zu beweisenden Tatsache ableitbar. Dass Zschäpe bereits vor der Anmietung mit Uwe Böhnhardt wieder zusammen gewesen wäre, lasse sich aus der Begleitung bei der Anmietung nicht sicher herleiten und würde auch keine Rolle spielen für die Bewertung des Geschehens.

Götzl: „Dann wird im Hinblick auf die Ankündigung von Rechtsanwalt Hedrich, heute bis 16:30 Uhr Befangenheitsgesuche für den Angeklagten Eminger einzureichen, der Termin am 26.10.2017 abgesetzt, Fortsetzung am Donnerstag, 09.11.2017, um 09:30 Uhr.“ Der Verhandlungstag endet um 10:33 Uhr.

Kommentar des Blogs NSU-Nebenklage, hier.

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