Der NSU-Komplex und das Oktoberfestattentat

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Neonazistischer Terror, Geheimdienst-Kontinuitäten und die Grenzen der Aufklärung

Das Oktoberfestattentat mit 13 Toten und mehr als zweihundert Verletzten am 26. September 1980 war in der Öffentlichkeit bis zur Selbstenttarnung des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) im November 2011 fast in Vergessenheit geraten. Dem NSU werden neun rassistische Morde, der Tod einer Polizistin und mindestens drei Bombenanschlägen mit mehr als zwei Dutzend Verletzten zugerechnet,

A5_OKT_11_5_2015_web2Seit mehr als drei Jahrzehnten ringen Nebenklagevertreter_innen der Verletzten und Getöteten und Journalist_innen wie Ulrich Chaussy um eine vollständige Aufklärung der Frage, ob und inwieweit Geheimdienste und Verantwortliche aus Behörden Kenntnisse über Hintermänner und Verantwortliche des Oktoberfestattentats hatten und diese durch Verschweigen gedeckt haben. Im NSU-Komplex sind die deutschen Geheimdienste über das V-Leute System in der Neonazibewegung tief ins Täter-und Unterstützermilieu verstrickt, vernichteten Akten und behindern eine vollständige Aufklärung. Zeug_innen wurden und werden eingeschüchtert. Nun steht die Frage auch für das Oktoberfestattentat im Raum. Eine Parallele ist offensichtlich: Die Strafverfolgungsbehörden haben sich in beiden Fällen früh auf die «Einzeltäter»-Theorie – im Fall des NSU auf die Theorie eines «abgeschotteten Trios» – festgelegt und die Existenz neonazistischer Terrorstrukturen konsequent geleugnet.

Die Journalisten Dirk Laabs («Heimatschutz: Der Staat und die Mordserie des NSU») und Ulrich Chaussy («Der blinde Fleck»), die Rechtsanwälte Sebastian Scharmer (Nebenklagevertreter der Familie von Mehmet Kubaşık im NSU-Prozess) und Werner Dietrich (Nebenklagevertreter von Opfern des Oktoberfestattentats) diskutieren Parallelen und Unterschiede in den Bemühungen einer journalistischen und strafrechtlichen Aufarbeitung der beiden Fälle. Die parlamentarischen Kommentator_innen Martina Renner (MdB, DIE LINKE) und Florian Ritter (MdL, SPD) berichten über ihre Erfahrungen bei der parlamentarischen Untersuchung von Geheimdienstpraxis und -blockaden.