Protokoll 6. Verhandlungstag – 5. Juni 2013

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Der sechste Verhandlungstag widmete sich fast ausschließlich den Aussagen des wegen Beihilfe zum Mord angeklagten Carsten S. Deutlich wurde zum einen, dass der damalige hohe Funktionär in der NPD und der JN selbst an rassistischen und neonazistischen Gewalttaten beteiligt war und den Untergetauchten wichtige Unterstützung zukommen ließ. Heute tut sich der seit Beginn der 2000er Jahre ausgestiegene Angeklagte schwer, die ihm damals zu Grunde liegenden Motive als solche zu benennen. Seine vielen, teils unerklärlichen „Erinnerungslücken“ könnten auf ein Kleinreden seiner Schuld hindeuten. Gleichzeitig ist S. aber der einzige Angeklagte, der bis jetzt immerhin Befragungsbereitschaft zeigt.

Gegen 9.45 Uhr betreten die Angeklagten den Saal, um 9.50 Uhr dann das Gericht. Der Vorsitzende Richter Götzl möchte nach der Feststellung der Präsenz sofort mit der am 4. Juni begonnenen Vernehmung des Angeklagten Carsten S. weitermachen.

Zuvor jedoch bittet Nebenklage-Vertreter RA Bliwier um erneute Befassung mit der Frage, ob sich Beamte des BKA, der LKA oder von Verfassungsschutzbehörden im Saal seien. Dies sei auch im Hinblick auf die jetzige Aussage von Carsten S. relevant, weil sich dieser im Zeugenschutzprogramm des BKA befindet. Es liege mehr als nahe, dass der Gang der Aussage von Personen beobachtet werden könne, die ggf. auch mit S. sprechen und daher selbst als Zeug_innen in Betracht kämen. Bundesanwalt Diemer erwidert, niemand könne hier vernünftigerweise davon ausgehen, dass Behörden Personen in den Saal schicken, die als Zeugen in Betracht kommen. Die Gefahr der Revision sei viel zu groß. Nebenklage-Vertreterin Pınar erwidert: „Herr Diemer, das ist nicht Ihr Ernst!“ Sie könne Aktenzeichen heraus suchen, auch vom BGH, wo dies auch Thema sei. Nach weiteren Äußerungen aus der Nebenklage verfügt Richter Götzl, dass der Antrag auf Nachfrage bei den genannten Behörden und regelmäßige Kontrolle, ob sich Beamte im Saal befinden, abgelehnt wird. Wie schon in der letzten Sitzung begründet er dies mit dem Öffentlichkeitsgrundatz und fehlenden konkreten Anhaltspunkten. RA Heer beanstandet dies und verlangt einen Gerichtsbeschluss. Nach einer Unterbrechung von 15 Minuten ergeht um 10.20 Uhr der Beschluss, der die Verfügung Götzls bestätigt.

Es geht weiter mit der Einvernahme von Carsten S. Dieser fügt zunächst noch eigenständig weitere Dinge zu seiner gestrigen Aussage an. So habe er Uwe Böhnhardt schon einmal gesehen bevor er in der Szene gewesen war, auffällig seien dessen hohe Stiefel gewesen. Er habe außerdem in Erinnerung, dass von einer Flucht der Drei nach Namibia oder Südafrika die Rede gewesen sei. Das sei wohl gekommen, weil es in Jena eine Veranstaltung mit [extrem rechter Publizist, lebt in Südafrika]gab, und André K. diesen auch dort schon besucht habe. Namibia sei ihm selbst vielleicht in Erinnerung, weil er von der Veranstaltung einen Kalender über Namibia mit genommen habe. Er wisse, dass er mit Wohlleben den Rechtsanwalt Dr. [verstorbener Szene-Anwalt, NPD]besucht habe. Es könne dabei um Vollmachten gegangen sein, er wisse das aber nicht mehr genau. Ein Gespräch mit zu den Dreien, wie es in den Akten erwähnt wird, sei ihm nicht mehr erinnerlich. In Bezug auf den Waffenkauf sagt er, dass er, als er von Wohlleben zu geschickt wurde, sagen sollte, Wohlleben schicke ihn. In Chemnitz bei der Waffenübergabe habe ihm einer der Uwes einen Brief gegeben, den er in Winzerla eingeworfen habe, wohl bei der Familie Mundlos, da sei er sich aber nicht sicher. Zudem habe er Mundlos‘ Mutter mit Wohlleben auf deren Arbeitsstelle besucht. Dabei habe Wohlleben ihr versichert, dass es in Ordnung sei, dass er, S., dabei ist. Sie habe gefragt, ob alles in Ordnung sei, was Wohlleben bestätigte. Er berichtet von einer Begebenheit, bei der ihm in einer Polizeikontrolle sein Ausweis mit den spöttischen Worten „Herr S. aus Neu-Delhi“ zurück gegeben worden sei. Die anderen anwesenden Szene-Angehörigen hätten gestockt. Doch Christian K. habe die Situation aufgelöst, indem er gesagt habe, dass Rudolf Hess ja auch in Alexandria geboren worden wäre und dann seien alle zufrieden gewesen. 2001, also nach seinem Ausstieg, hätten ihn einige Tage zwei bis drei Autos verfolgt. Er habe Angst gehabt, dass das Polizei sei und habe sich an Wohlleben gewandt. Später sei er zur Polizei gegangen und habe darüber mit einem Jenaer Staatsschützer gesprochen. Danach hätten die Observationen aufgehört.

Dann berichtet er von Übergriffen und Sachbeschädigungen, an denen er selbst beteiligt war. So habe er einmal mit anderen nachts eine mobile Dönerbude in Winzerla umgestoßen. Beteiligt gewesen seien Daniel S., der auch bei den JN war, und ein „Robbe“ (für den Vornamen Robert). Außerdem sei er zweimal an Angriffen auf einen weiteren Dönerladen beteiligt gewesen, bei denen Scheiben eingeworfen wurden. Er berichtet außerdem von einem Angriff auf zwei Personen. Dabei sei seine Gruppe von 7 bis 9 Personen mit Autos von einer Kirmes oder Ähnlichem zurück nach Winzerla gekommen. Dort seien sie auf einen „Jimmy“ getroffen, der behauptet habe, er sei als Nazi beschimpft worden. Dann seien sie gemeinsam zu einer Holzhütte gelaufen, wo sie zwei Personen angetroffen hätten. Sie hätten die beiden zusammengeschlagen. Auch er habe ein- oder zweimal zugetreten. Als er dies berichtet, treten ihm kurzzeitig Tränen in die Augen. Götzl bittet um genauere Schilderung, etwa ob jemand verletzt worden sei. S.: „Ich weiß, dass wir dann weg sind. Auf jeden Fall waren wir dann weg, ohne uns zu kümmern.“ Später habe er wohl gelesen in der Zeitung, dass zwei Leute schwer verletzt worden seien. Zeitlich ordnet er den Fall „Richtung '98“ ein. Es folgt ein längeres Zwiegespräch zwischen Götzl und S., bei dem Götzl die Motive für die Taten heraus finden will. S. schweift aber immer wieder in Schilderungen der Umstände ab. Er nimmt nie das Wort „Rassismus“ oder Synonyme in den Mund. Stattdessen erzählt er, er habe sich von rechter Musik angesprochen gefühlt und da sei so etwas angelegt. Er redet viel von Alkoholkonsum und weiteren Sachbeschädigungen wie dem Entleeren von Feuerlöschern.Oft habe auch der „Spaß“ im Vordergrund gestanden. Etwa bei den Rudolf-Hess-Aktionswochen, wenn sie Aufkleber geklebt hätten: „Dann haben wir gesehen, dass keine Polizei da war, dann haben wir ganz Winzerla zugepflastert, die mussten das dann später wieder abmachen und waren genervt.“ Er spricht davon, dass Dönerbuden eben ein „Feindbild“ gewesen seien. Warum das so sei, erläutert er trotz mehrfacher Nachfrage von Götzl nicht. Am nächsten kommt er dem Thema Rassismus noch, als er sagt: „Wenn da eine Bockwurstbude gestanden hätte, dann hätten wir die nicht umgeschmissen.“ Nach weiterem Drängen des Vorsitzenden sagt er, die Taten gegen die Dönerläden fußten auf dem Gedankengut, das „wir in der rechten Szene hatten“, und das eben auch gegen Migranten gerichtet sei. Er spricht jedoch immer noch nicht von sich selbst. Schließlich spricht Richer Götzl ganz konkret von „Ausländerfeindlichkeit“ und fragt, ob er sich denn mit dem Gedankengut in der Szene identifiziert habe. Er bejaht dies: „In gewisser Weise habe ich das auch angenommen. In einer gewissen Weise habe ich da dran auch geglaubt.“ An Gespräche über Politik oder Schulungen kann er sich jedoch nicht genauer erinnern, auch wenn es sie gab. S.: „Ich weiß, dass es auch so Holocaust-Leugnungsbücher gab, aber ich habe mir die nicht besorgt (…) das stand für mich nicht im Vordergrund.“ Götzl hakt in diesem Bereich immer wieder nach, auch weil S. in der letzten Sitzung sehr wortreich seinen Ausstieg aus der Szene geschildert hat. Diesen führt S. vor allem darauf zurück, dass ihm das Gemeinschaftsgefühl und der Respekt, den er plötzlich im Viertel hatte, gefallen habe. Das sei aber nicht mehr in Einklang zu bringen gewesen mit den Problemen, die er wegen seiner uneingestandenen Homosexualität hatte.

In den folgenden Einlassungen wiederholt sich immer wieder das Muster aus diesem Teil der Einvernahme. S. spricht davon, dass er sich nicht erinnern könne, dass er etwas „nicht wieder herstellen“ könne usw. oder sagt Sätze wie „Zu Wohlleben und André K. muss ich wohl ein gutes Verhältnis gehabt haben.“ (Dabei ging es um die Wahl von S. als Kontaktperson zum Trio.) S. spekuliert sogar über die Bedeutung seiner persönlichen Beziehungen zu Personen aus dieser Zeit. Er kann oder will sich teilweise gar nicht mehr daran erinnern, wie er etwas damals eingeschätzt hat, was seine eigenen Gefühle und Deutungen waren. Zeitliche Einordnungen fallen ihm oft sehr schwer. Den Einbruch in Zschäpes Wohnung hätte er z.B., wenn er es nicht in den Verfahrensakten anders gelesen hätte, ein Jahr später vermutet. Das lässt insgesamt viele Fragen in Bezug auf seine Rolle offen.

Richter Götzl fragt zum Verhältnis zu den Dreien. S. sagt, er habe im Grunde kein Verhältnis zu ihnen gehabt. Was er von deren Lebensumständen gewusst oder sich dazu überlegt habe, will Götzl wissen. Wie oder wo das Trio gewohnt hat, habe er nicht gewusst. Götzl fragt noch einmal, ob er sich denn Vorstellungen dazu gemacht habe. S.: „Ich denke, ich bin schon davon ausgegangen, dass die irgendwo leben.“ Es sei nie um Wohnungen gegangen, deshalb sei er davon ausgegangen
dass sie keine suchen. Auf die Frage, was denn in den Telefongesprächen besprochen wurde, antwortet er, wenn auf der Mailbox nichts gewesen sei, dann sei eben auch nichts besprochen worden. Es habe Phasen gegeben, wo Wohlleben und er länger nichts gehört hätten, aber dann auch wieder mehr. Später wird er feststellen, Wohlleben und er seien oft genervt gewesen wegen der Tätigkeit für die drei. Er spricht in der Aussage auch häufiger davon, dass er vom Trio eine „Order“ bekommen habe, der erfüllt habe. Zu Wohlleben habe er eine eher freundschaftliche Beziehung.

Den Mitangeklagten E. kenne er nicht und den Mitangeklagten G. habe er selten getroffen. „Einmal haben wir zusammen gefrühstückt, ich erinnere mich noch, dass er zwischen zwei Brötchenhälften geraucht hat.“ Bei einem Treffen bei einem Lagerfeuer auf einem Schießplatz seien sie jedoch zusammen „in die Büsche gegangen“ für ein kurzes vertrauliches Gespräch über das Trio. Es müsse also in Bezug auf die Untergetauchten ein Vertrauensverhältnis gegeben habe.

Um 12 Uhr folgt die Mittagspause, gegen 13.45 Uhr geht es weiter.

Götz fragt nun zum Einbruch in Zschäpes Wohnung. Warum Jürgen H., der ‚Schmiere stand‘,  dabei eingeweiht wurde, sei ihm unklar, so S.. Götzl fragt, woher S. gewusst habe, dass die Wohnung nicht anderweitig bewohnt sei? Da habe ja die Fahne dort geweht, die er dann beim Einbruch auf dem Boden liegend gefunden und mitgenommen habe, und irgendwie müsse das klar gewesen sein, so S. Götzl: „Damit gebe ich mich nicht zufrieden. Mir ist das nicht klar.“ S. sagt, er habe die „Order“ bekommen, dort einzubrechen, sei davon ausgegangen, dass die Wohnung nicht anderweitig bewohnt sei, und habe das dann gemacht. Götzl: „Sie benutzen das Passiv. Von wem kam die Order? Wenn sie es direkt sagen, dann muss ich nicht nachfragen.“ S. sagt, er könne sich an keine konkrete Order erinnern. Warum er denn das Risiko eines solchen Einbruchs eingegangen sei, fragt Götzl. S. antwortet: „Das gehörte so dazu irgendwie. Ich wüsste nicht, dass ich das diskutiert habe. Das war irgendwie klar, dass ich das machen sollte und der Jürgen dabei Schmiere stehen.“ Götzl fragt, wo denn die Grenze dessen sei, was man ihn habe fragen können. S. kann sich nicht erinnern. Auch ob er sich Gedanken gemacht habe, warum er ein Motorrad stehen soll, fragt Götzl. S. kann auch darauf nicht antworten.

Dann fragt Götzl zur Waffenübergabe. Welche Gedanken hat sich S. dazu gemacht, welche Vorstellungen hatte er, was mit dieser Waffe passiert? S. antwortet, er sei dies schon häufiger gefragt worden und könne sich nicht erinnern. Er spekuliert, dass es evtl. um die Finanzierung einer möglichen Ausreise der Untergetauchten ging. Etwa durch einen Banküberfall. Es erscheint ihm plausibel, dass er das damals gedacht haben könnte. Götzl fragt, wozu dann der Schalldämpfer nötig sei. S. sagt, dieser sei nun einmal bei der Waffe dabei gewesen, die er von Andreas S. bekommen hat. Götzl: „Sie hätten den Schalldämpfer ja nicht übergeben müssen.“ S. sagt erneut, er könne sich nicht erinnern. Götzl hält ihm seine Aussage vom 5. Juni vor, nach der mit den Dreien alles in Ordnung sei. Das könne ja bei einer solchen Überlegung nicht mehr aufrecht erhalten werden. Götzl  weist darauf hin, dass S. sich in mehreren Schritten mit der Waffe beschäftigt haben musste. Und er fragt, ob er sich S. tatsächlich nicht erinnern könne. Eine nachvollziehbare Antwort erhält er nicht.

Dann geht es noch einmal um das Treffen mit Beate Zschäpe im Rahmen der Waffenübergabe in Chemnitz. Götzl: „Da war davon die Rede, dass Sie etwas dabei hatten zum Unterzeichnen, worum ging es da?“ S. geht davon aus, dass es Anwaltsvollmachten waren. Auf weitere Nachfrage sagt er, er habe nur die Erinnerung, dass Zschäpe extra mit dazu gekommen sei, um das zu unterzeichnen. Ob das etwas mit dem Besuch bei RA Eisenecker mit Wohlleben zu tun habe, fragt Götzl. Nachdem S. dies bejaht, fragt er ihn, ob er dort die Unterlagen bekommen habe. Dies verneint S. Wie er denn dann zu den Unterlagen, die er Zschäpe vorgelegt habe, gekommen sei? Er vermutet, dass er sie von Wohlleben bekommen hat. „Ich hab in der Akte gelesen, dass ein Jahr zwischen [dem Besuch bei]Eisenecker und [dem Treffen in]Chemnitz lag, das kam mir komisch vor. Ich hab die beiden Sachen zusammen vernetzt.“ Zur Frage, was er mit den Unterlagen machen sollte, fällt S. nichts ein; er denkt, dass er sie Wohlleben gegeben hat, hat das aber nicht mehr präsent.

Danach macht Richter Götzl Carsten S. Vorhalte aus seinen Vernehmungen bei den Ermittlungsbehörden. Dabei geht es um Widersprüche oder Unklarheiten zwischen diesen Aussagen und seiner jetzigen Aussage. Unter anderem kommt die Rede darauf, dass das Trio ihn nach seinem Ausstieg noch einmal habe treffen wollen. Dies habe Wohlleben ihm übermittelt, er habe das jedoch abgelehnt. Unter anderem hätten sie ihm unterstellt, er habe Geld unterschlagen, das für den Kauf von Telefonkarten bestimmt gewesen sei. Noch einmal geht es auch um die Unstimmigkeit seiner eigenen zeitlichen Einschätzung des Treffens mit RA Eisenecker und der Unterzeichnung der anwaltlichen Vollmachten.

Um 15.10 Uhr gibt es eine Pause. Gegen 15.40 Uhr wird fortgesetzt.

RA Pausch, Verteidiger von S., bittet jedoch darum, die Befragung zu unterbrechen. Seinem Mandanten ginge es nicht gut. Zudem sei der psychologische Sachverständige Prof. Leygraf, der seinen Mandanten begutachten soll, nicht anwesend und die heutige Vernehmung habe gezeigt, dass dieser sich selbst ein Bild machen müsse von seinem Aussageverhalten, Berichte reichten nicht aus.  S. gehe es jedenfalls offensichtlich um weitestgehende Aufklärung und Erforschung seiner Erinnerung.

Man einigt sich darauf, die Verhandlung hier zu unterbrechen und morgen mit der Einlassung des Angeklagten G. weiter zu machen.

Die Sitzung endet um 15.50 Uhr.

Zur Anwesenheit von Behörden erklärt die Nebenklage-Vertreterin RAin Christina Clemm:

„Wie Bundesanwaltschaft und Senat heute, insbesondere nach Kenntnis der Stellungnahmen der Untersuchungsausschüsse ernsthaft behaupten können, es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass die genannten Organisation  die Wahrheitsfindung erschweren oder gar behindern könnten, kann nicht nachvollzogen werden. Wir alle kennen zahlreiche Verfahren, in denen entsprechende Prozessbeobachter Zeugen auf ihre Vernehmung „vorbereitet“ haben und es dürfte mittlerweile allgemein bekannt sein, dass im Zusammenhang mit dem NSU Behörden teilweise aktiv, z.B. durch Vernichtung von Akten, an Desinformationen beteiligt waren. Woher der Senat dennoch sein Vertrauen in diese Behörden nimmt, erschließt sich nicht.“
In einer Presseerklärung der Nebenklagevertreter Rechtsanwälte Sebastian Scharmer und Peer Stolle vom 5.Juni 2013 heißt es zum Aussageverhalten von Carsten S.:

Rechtsanwalt Stolle erklärt dazu:
„Die geltend gemachten Erinnerungslücken sind nicht nachvollziehbar. Deutlich wurde sein Ausweichen bei der Frage nach dem politischen Hintergrund seiner damaligen Taten. Er war hoher Funktionär der NPD und der JN, einer offen rassistischen Organisation. Es war offensichtlich, welcher Ideologie er damals angehört hat. Sein Ausweichen muss damit erklärt werden, dass er nicht alles sagt, was er noch weiß.“
[…]

Rechtsanwalt Scharmer erklärt dazu:
„Es ist nicht zu glauben, dass sich Carsten S. beispielsweise daran erinnert, welche Farbe seine Hose bei der Waffenübergabe hatte, aber nicht mehr wissen will, ob er überhaupt über den Zweck, den eine scharfe Waffe mit Munition und Schalldämpfer erfüllen konnte, nachgedacht hat. Carsten S. beschreibt detailliert sein Coming-Out, kommentiert seine eigene Gefühlswelt in einer Art pseudotherapeutischen Diktion, wenn es aber um seine damalige Gesinnung geht, will er nichts mehr Konkretes wissen. Wir hatten uns eine wahrheitsgemäße und umfassende Einlassung erhofft, auch um die Umstände der Gründung und Unterstützung des NSU aufzuklären. Davon sind wir noch weit entfernt. Wir werden sehen, wie sich Carsten S. in der weiteren Befragung verhält.“

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