Protokoll 49. Verhandlungstag – 23. Oktober 2013

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Am heutigen Tag ging es um den Mord an Mehmet Turgut in Rostock. Er hielt sich im Imbiss von Haydar Ay. auf, der von den Folgen der Tat berichtete. Auch mehrere Polizeibeamten wurden vernommen. Deutlich wurde, wie abgelegen der Imbiss lag und ohne Ortskenntnisse von Auswärtigen nicht ohne weiteres zu finden war. Der Name es Opfers wird von offiziellen Stellen (und auch in der Anklageschrift) meist als „Yunus Turgut“ angegeben, da Turgut durch eine Verwechslung Dokumente mit dem Namen seines Bruders Yunus benutzte. Siehe hierzu auch die ARD-Dokumentation „Acht Türken, ein Grieche und eine Polizistin.“

Zeugen:

  • Andreas Mi. (Kriminalbeamter, Tatort des Mordes an Turgut)
  • Bernd Scha. (Kriminalbeamter, leitete zu Beginn die Ermittlungen im Fall Turgut)
  • Andreas Se. (Kriminalbeamter, Ermittlungen zur Person des Opfers)
  • Ronald Pä. (Kriminalbeamter, Ermittlungen zur Person des Opfers)
  • Haydar Ay. (Besitzer des Imbisses, in dem Turgut ermordet wurde)
  • Frank Ke. (hat kurz vor der Tat im Imbiss Kaffee getrunken)

Der Verhandlungstag beginnt um 9.47 Uhr. Anwesend sind als Nebenkläger Angehörige des am 25. Februar 2004 in Rostock ermordeten Mehmet Turgut.

Erster Zeuge ist der Kriminalbeamte Andreas Mi. von der Kriminalpolizeiinspektion Rostock. Er sei bei der Mordkommission Rostock für die Abarbeitung von Tatorten verantwortlich, berichtet Mi. Anfang September habe er beim LKA noch einmal Einsicht in seinen Bericht genommen. Am Tatort sei am 25. Februar 2004 bereits der Kriminaldauerdienst gewesen, von dem er die ersten Informationen bekommen habe. Der Besitzer des Imbisses, Herr Ay., habe von Yunus Turgut gesprochen, Ausweispapiere hätten nicht vorgelegen, daher stehe auf dem Tatortprotokoll „Yunus Turgut“. Der Geschädigte sei im Rettungswagen gewesen, die Ärztin habe bereits den Totenschein ausgefüllt. Sie hätten sich dann um den Container, indem sich der Imbiss befand, gekümmert. Dieser habe ausgesehen, als ob er gerade geöffnet worden wäre. Innen habe sich eine große Blutlache auf dem Boden befunden, ansonsten habe es keine Auffälligkeiten gegeben. Unter der Kühlschranktür hätten sie eine Hülse gefunden, es müsse also eine Schusswaffe zum Einsatz gekommen sei. Sie hätten daraufhin alles auf Einschüsse abgesucht, alle beweglichen Teile aus dem Container geholt. Erst nach Entfernung der Blutlache hätten sie die Einschüsse im Boden gesehen und gesichert. Beide hätten im Boden gesteckt. Ein Projektil habe am Boden gelegen. Möglicherweise habe Ay. das bei der Rettung zur Seite gestoßen. Von der Sektion des Opfers sei berichtet worden, dass noch ein Projektil im Kopf gesteckt habe. Dann werden Lichtbilder in Augenschein genommen. Zunächst wird eine Luftaufnahme gezeigt. Mi. sagt, der Tatort sei abgelegen, selbst er als Einheimischer sei noch nie an dem Ort gewesen. Ein nahe gelegener Dienstleistungskomplex liege mit der Rückseite zum Tatort. Man könne vom Container gut 100 Meter in beide Richtungen blicken, ob jemand kommt. In der Nähe fahre eine Straßenbahn entlang, die nahe gelegene Sackgasse werde nur von Anrainern benutzt. Götzl fragt nach überregionaler Anbindung. Mi. sagt, das gebe es hier gar nicht. Sie hätten keine Erklärung gehabt, warum das hier passiert sei.

Dann wird ein Ausschnitt eines Stadtplans gezeigt. Mi. sagt, der Hölderlinweg werde nur als Fußweg weiter geführt, aber die Hauptstraße Hinrichsdorfer Straße binde in zwei Kilometer an die Autobahn an. Götzl sagt, darauf habe seine Frage vorhin abgezielt. Das nächste Bild zeigt den Container mit offener Tür. Der Container ist beschmiert mit verschiedenen Sprühereien und hat einen Wellblechvorbau. Den Zustand der Tür beim Eintreffen Ay.s kenne er nicht, er habe aber die Verschlusssicherheit überprüft, es sei keine Gewalt angewendet worden: „Die Menschen, die hier rein gegangen sind, die wollten nicht rauben oder zerstören, die wollten einfach nur töten.“ Es folgen Bilder aus dem Container. Mi. weist auf frisch geschnittenes Gemüse und eine offene Geldkassette ohne Geld hin. Das sei ein Hinweis auf ein Motiv gewesen, es habe sich aber bei der Obduktion Geld in der Hosentasche von Turgut gefunden. Auffällig sei, dass Blut nur auf dem Fußbodenbereich sei. Bei anderen Tatorten, bei denen Gewalt eine Rolle spielt, habe man viel höhere Blutspritzer. Auf dem Bild sieht man einen Dönergrill mit einem an den Seiten verbrannten Spieß. Der angeschaltete Grill sei ein Zeichen, dass der Laden geöffnet werden sollte. Mi. weist auf einen abgebrochenen Spachtel hin, die Klinge sei nicht gefunden worden, er bezweifle aber, dass der tatrelevant sei. Eine schwarze Tasche gehöre dem Herrn Ay., so Mi. Auf einer Mülltonne sei zu erkennen, in welcher Richtung das Blut gespritzt ist, als der Blutende heraus getragen worden sei.

Bei einem Bild weist Mi. auf Kohlköpfe hin, die alle abgesucht worden seien. Auf Bild 16 sehe man eine Kühltruhe, darunter habe eine Patrone gestanden, das sei sehr ungewöhnlich. Außerdem sei sie verformt gewesen, es sei ein Knick drin gewesen, als ob der Auswurf vielleicht einen Defekt gehabt habe. Dann werden Nahaufnahmen von Projektilen gezeigt. Es folgen Bilder vom Kopf Turguts, die bei der Obduktion aufgenommen worden seien, auf denen man, so Mi., deutlich die Anordnung der Schüsse erkennen könne. Mi. sagt, die Spuren ließen nur die Schlussfolgerung zu, dass die Täter in den Wagen hineingegangen sind, das Opfer fixiert und ihn dann getötet haben. Es geht weiter mit Einblicken in den Imbiss. Danach werden Bilder gezeigt, die die Distanz des Imbiss zur nächsten Wohnbebauung zeigen. Man sehe, dass es gut 150 Meter einsehbar sei bis zu den Plattenbauten. Die Einfamilienhäuser seien 20, 30 Meter entfernt, aber durch Büsche sei das schwer einsehbar. Der Publikumsverkehr des Dienstleistungskomplexes sei auf der anderen Seite. Er habe die Bekleidung nicht untersucht, als bekannt geworden sei, dass die Waffe zu dieser Serie gehörte, sei ihnen das Verfahren entzogen worden. Götzl hält vor, Mi. habe vermerkt, an der Bekleidung des Geschädigten hätten keine Spuren gesichert werden können, sie sei durch die Rettungskräfte auseinander geschnitten worden und stark blutdurchtränkt gewesen. Das bestätigt Mi.

Nebenklagevertreter RA Behnke fragt, wieso Mi. aufgefallen sei, dass es dem Täter oder den Tätern nur auf das Töten angekommen sei. Bei Mordtaten sei an Tatorten meist ein ganz anderes Spurenbild zu erwarten, so Mi. Oft gehe eine tätliche Auseinandersetzung voraus. Die Täter hätten auch durch die Scheibe schießen und tödlich treffen können. So etwas wie hier habe er noch nicht gesehen: „Die Täter sind rein, haben ihr Opfer zu Boden gebracht, fixiert und getötet, anders kann ich das nicht erklären.“ RA Langer fragt nach Erklärungsversuche für die stehende Patronenhülse und will wissen, ob das physikalisch möglich sei. Grundsätzlich sei alles möglich, so Mi., „man kann auch die Stochastik bemühen“. Entweder sei sie zufällig dahin gerutscht, oder jemand habe sie so hingestellt, er wisse es nicht. RA Kolloge fragt nach dem Publikumsverkehr, ob viele Leute gekommen seien. Der Zeuge antwortet, der Weg verbinde das Wohngebiet Dierkow mit der Straßenbahn. Daher sei er wohl frühmorgens und am Nachmittag stark frequentiert. Die Laderampe der Post in der Nähe sei frei zugänglich gewesen, da sei auch ein Parkplatz. Kolloge bitte um 5 Minuten Unterbrechung zur Beratung. Um 10.44 Uhr geht es weiter. Kolloge hat keine weiteren Fragen.

RAin Sturm, Verteidigerin von , fragt, worauf die Einschätzung des Niederbringens und Fixierens des Opfers beruhe. Wenn ein Mensch stehe, so Mi., werde das Blut verteilt, es fänden sich zumindest kleine Partikel Blut in der Höhe oder Abtropfpartikel. Das sei hier nicht der Fall. RA Klemke, Verteidiger von , sagt, das Opfer müsse gelegen haben, fragt aber, ob Mi. objektive Umstände festgestellt habe, dass das Opfer auch fixiert gewesen ist, es könne sich ja auch freiwillig, das heißt ohne körperlichen Zwang hingelegt haben. Mi. sagt, es lege sich wohl niemand freiwillig hin, selbst wenn es eine Pistole am Hals habe, wehre sich ein Opfer und bewege sich. Klemke will wissen, ob Mi. denn ausschließen könne, dass das Opfer sich am Boden nicht bewegt habe. Mi.: „Ausschließen kann ich gar nichts.“ RA Behnke fragt, ob Mi. Hinweise habe, dass es mehrere Täter gewesen sein müssten, wenn er von Fixierung spreche. Dazu könne er nichts sagen, so Mi. Auf Frage von Erdal sagt Mi, er sei sei dreißig Jahren Polizist und beschäftige sich seit 25 Jahren mit Tatortarbeit in der Mordkommission.

Nach der Vernehmung erklärt RA Behnke, in den Schilderungen des Zeugen sei deutlich geworden, dass mehrere Mordmerkmale des StGB erfüllt seien.

Es folgt der Zeuge Scha., der anfangs mit der Leitung der Ermittlungen zum Mordfall Turgut betraut war. Scha. berichtet, sie seien am 25. Februar 2004 um 10.40 Uhr informiert worden und  eine Stunde später mit weiteren vier Beamten, am Tatort gewesen. Der erste Notruf sei um 10.20 Uhr eingegangen. Gefunden habe das Opfer der Betreiber des Dönerstandes, Herr Ay. Normalerweise sei es so abgesprochen gewesen, dass das Opfer den Stand wie immer um 10 Uhr aufmachen sollte. Ay. habe die Nacht zuvor bei Verwandten verbracht, sei erst am nächsten Morgen zum Imbiss gekommen und habe das Opfer vorgefunden. Ay. habe das Opfer heraus gezogen und sich vor der Tür hin gehockt. Dann habe ein anderer Zeuge, Herr Ho., der Notruf abgesetzt hat. Im Imbissstand seien nach seiner Erinnerung, so Scha., um die 300 Euro gefunden worden. Ay. habe einen Fehlbetrag ausgeschlossen, daher seien sie nicht von einem Raubdelikt ausgegangen. Die Tatzeit sei zunächst nicht einzuschränken gewesen. Im späteren Verlauf habe der Zeuge Ke. Angaben gemacht, mit denen man den Zeitpunkt auf 10.10 Uhr bis 10.20 Uhr habe eingrenzen können. Andere Zeugen hätten nur Schätzzeiten angegeben. Götzl spricht von einer Zeugin Schu., die am 10.15 Uhr am Stand vorbei gefahren sei. Scha. bestätigt das, aufgrund dieser Aussage seien Phantombilder angefertigt werden. Schu. habe in der Nähe des Imbisses eine Person gesehen und zwei oder drei weitere Personen im Bereich des Imbisses. Zu Schüssen habe sich ein Zeuge gemeldet, der Herr H. [siehe Protokoll zum 31. Verhandlungstag], der aus 300-400 m Entfernung Schüsse gehört haben will. Zur Waffe befragt, sagt Scha., sie hätten bereits am 11. März 2004 Bescheid bekommen, dass diese Waffe Ceska 83 in vier weiteren Mordfällen verwendet worden sei. Sie hätten noch am gleichen Tag Kontakt zur „Soko Halbmond“ aufgenommen. Es sei dann gemeinsam betrieben worden, dass die Staatsanwaltschaft diese Verfahren zusammenführt. Anfang Mai sei das Verfahren dann zum BKA gegangen. Götzl fragt nach Belastungen der Ermittlungen für den Imbissbetreiber und die Angehörigen. Scha. sagt, da das Motiv nicht klar gewesen sei, habe es Ermittlungen zum Opfer gegeben. Es sei normal, dass sie das Umfeld des Opfers aufklären. Damals habe es auch „in Zusammenarbeit mit den Kollegen in Nürnberg“ Hinweise gegeben, dass es möglicherweise um „Geschichten aus dem OK-Bereich“ [Organisierte Kriminalität] gehe. „In diesem Sinn“ hätten sie Ermittlungen in den Familie Ay. und Turgut geführt. Scha.: „Indikatoren, dass das Motiv in dieser Richtung zu suchen wäre, waren damals überwiegend.“ Es habe auch Telekommunikationsüberwachungen gegeben.

RA Kolloge fragt, ob es für einen Schalldämpfer Anhaltspunkte gegeben habe. Scha. sagt, die habe es gegeben, weil außer dem Zeugen H. in 300-400 Meter Entfernung niemand in der Umgebung des Tatortes etwas gehört habe. RA Langer sagt, Scha. habe laut Vermerk mal einen Vorschlag gemacht eine Pressemitteilung in einer türkischen Zeitung aufzugeben, da heiße es „ein ausländerfeindlicher Hintergrund kann derzeit ausgeschlossen werden“. Scha. sagt, es seien ja auch die Staatsanwaltschaft, das LKA, Fachdienststellen wie der Staatsschutz und das „Bundesamt für Verfassungsschutz, nein, das Landesamt“ beteiligt gewesen, und es habe keinerlei Hinweise gegeben, dass da ein ausländerfeindlicher Hintergrund zu sehen sei. Langer fragt, warum eine Richtung schon nach einer Woche ausgeschlossen worden sei. Scha.: „Wie wir den Raub ausgeschlossen haben, haben wir auch diese Sache ausgeschlossen.“ Langer will wissen, was denn von Staatsschutz und VS vorgelegen habe. Scha. sagt, die hätten an Beratungen teilgenommen: „Und wenn die sagen, sie haben nichts, dann müssen wir das hinnehmen.“ RA Dilman hält vor, wie die Zeugin Schu. die Person beschrieben habe, die sie sah: Sie sei ca. 40 Jahre alt und ca. 1,90 m groß gewesen, habe eine schlanke Statur und blonde kurze Haare gehabt und keinen Bart und keine Brille getragen. Wenn das da so stehe, dann sei das so, sagt Scha. Ob die Zeugin nach November 2011 noch einmal vernommen worden sei, wisse er nicht. RA Kolloge sagt, in den Akten gebe es als Anhang eine Serie von Presseausschnitten, da werde dieser Hinweis nicht erwähnt. RA Stahl sagt, es gebe in den Akten einen Bericht über einen Anruf bei der BAO, dass eine Explosion gehört worden sein solle, und will wissen, ob dem nachgegangen wurde. Das sei ihm nicht in Erinnerung, so Scha. Die Vernehmung endet um 11.22 Uhr.

Es folgt der Zeuge Andreas Se., Kriminalbeamter aus Rostock, der Ermittlungen zur Person des Opfers durchgeführt hat. Ay. habe gesagt, das Opfer habe bei ihm gewohnt, in den letzten Wochen gearbeitet und sei ihm aus dem Heimatdorf bekannt, als das Opfer noch ein Kind gewesen sei. Es seien Fingerabdrücke genommen und festgestellt worden, dass 1994 eine Person in Hamburg  erkennungsdienstlich behandelt worden sei, ein „Yunus Turgut“. Eine Woche später habe sich Verwandtschaft gemeldet und mitgeteilt, dass der Geschädigte eigentlich Mehmet Turgut heiße. Der Bruder Yunus halte sich illegal in München auf. Die Identität sei getauscht worden, damit der Bruder in der Türkei den Wehrdienst umgehen könne. Der Bruder habe gesagt, dass er eigentlich Yunus sei, aber sich in Deutschland als Mehmet ausgegeben habe. Die offizielle Personalie sei also  Yunus, die Daten in der Familie seien Mehmet mit dem anderen Geburtsdatum. Zwischen den Brüdern seien zwei Jahre Unterschied. Se. berichtet, er sei mit BKA-Beamten in Ankara gewesen und habe mit dem lebenden Bruder gesprochen der einen Ausweis auf den Namen Mehmet gehabt habe, aber gesagt habe, richtigerweise sei er Yunus Turgut. Sie hätten sich mit Beamten in der deutschen Botschaft unterhalten und erfahren, dass Personalien in der Türkei nicht die Rolle spielten wie in Deutschland. Nebenklagevertreter RA Dilman fragt, ob Se. auch am Grab des Opfers gewesen sei, was der verneint. In einer Notiz stehe, so Dilman, dass ein Kollege in einer Besprechung gesagt habe, dass auf dem Grabstein „Yunus“ stehe. Das bestätigt Se. Wohllebens Verteidigerin Schneiders fragt, wie die Kooperationsbereitschaft des Bruders gewesen sei, als er in der Türkei gewesen sei. Der Zeuge berichtet, der Bruder habe gesagte, er würde zurückkommen, aber nicht mit der deutschen Polizei zusammenarbeiten, sondern sich Privatdetektive nehmen.

Es folgt der Zeuge Pä., der als Kriminalbeamter den Auftrag gehabt habe, die „Opferaufklärung“ vorzunehmen und hierzu die Ausländerakte einzusehen. „Yunus Turgut“ sei 1994 erstmals eingereist, sein Asylantrag sei im Februar 1995 abgelehnt worden. Nach einer zweimonatigen Duldung sei Turgut für die Behörden verschwunden gewesen und nach einer Festnahme 1996 abgeschoben worden. 1998 habe er in Hamburg wiederum einen Asylantrag gestellt und erklärt, dass er in seinem kleinen Dorf Repressalien ausgesetzt sei, „mal durch Soldaten, mal durch Guerillas“. Der Antrag sei abgelehnt worden und Turgut verschwunden. Im Mai 2000 sei er aufgegriffen und abgeschoben worden. Im August 2003 sei er ein weiteres Mal im Bereich des Zollamtes Stralsund festgenommen worden. Ein Asylfolgeantrag sei recht schnell negativ beschieden worden. Nach einer Klage und sechs Wochen Abschiebehaft habe Turgut die Aufforderung erhalten, die Ausländerbehörde Hamburg aufzusuchen. Damit verliere sich in der Akte die Spur. Auf Frage von Götzl sagt Pä., er habe einige weitere Ermittlungen durchgeführt, u.a. habe er auch zwei oder drei Gäste des Imbisses vernommen, aus denen hervorgegangen sei, dass das Opfer dort seit zwei, drei Wochen Bedienungskraft gewesen sei und sich Hassan genannt habe. Er habe auch den Betreiber Ay. vernommen. Von der Persönlichkeit her sei das Opfer als unauffällig oder auch nett beschrieben worden. Ay. habe gesagt, dass Turgut einen ängstlichen Eindruck gemacht habe, dass er die Umgebung beobachtet habe, dass ihm etwas geschehen könne. Das hätten sie auf den Umstand geschoben, dass er sich in der Umgebung illegal aufgehalten habe. Es habe sich der Eindruck aufgedrängt, dass die ihm am nächsten stehende Person ein Cousin aus Schwerin gewesen sei.

RA Behnke gibt eine Erklärung ab. Er wolle sich davor verwahren, dass Ermittlungen gegen das Opfer hier Eingang in Verfahren finden, so Behnke. Götzl fragt, worauf das abziele. Behnke sagt, es sei immer wieder nach Ermittlungen gefragt worden. Ihm gehe es darum, ein Bild vom Opfer zu bekommen, so Götzl. Behnke sagt, es gehe ihm eher um die Verteidigung. RAin Schneiders erwidert, Behnke solle ggf. Fragen beanstanden, das sei Akteninhalt und nicht beanstandungsfähig.

Nach der Mittagspause folgt um 13.42 Uhr die Vernehmung des Imbissbetreibers Ay., dessen Aussage von einem Dolmetscher übersetzt wird. Ay. berichtet, dass er am Morgen von Lütten-Klein kam. Er habe sich verspätet, eigentlich habe er das Geschäft um 10 Uhr öffnen wollen. Auf der Straße Dierkower Höhe sei er in einen Stau geraten und erst 10.15 Uhr angekommen. Er habe gesehen, dass der Deckel des Imbisses geöffnet und die Türe zu war. Dann habe er seinen Wagen geparkt und drei-, viermal gerufen, damit ihm Turgut beim Ausladen helfe, aber  keinen Laut gehört. Deswegen habe er gedacht, er lese Zeitung und trinke Kaffee. Er habe die Tür aufgemacht und es sei ihm Blut auf dem Boden entgegen gekommen. Turgut habe auf dem Boden gelegen und ein Geräusch gemacht. Ay. macht ein röchelndes Geräusch. Er habe gefragt: „Was ist dir passiert? Was ist los?“ Turgut habe keine Antwort gegeben. Er habe Turgut am Hals gedrückt, dort sei Blut gewesen. Dann habe er ihn hoch gehoben, Richtung Türe gezogen und um Hilfe gerufen. Es sei ein deutscher Mann gekommen, dem er sein Handy zugeworfen habe und der dann Krankenwagen und Polizei gerufen habe. Er habe den Arzt gefragt, was passiert sei und ob Turgut noch lebe. Der Arzt habe mit einem Kollegen gesprochen und es sei um Schüsse gegangen, dass er niedergeschossen worden sei. Sie hätten ihm, Ay., eine Spritze gegeben. Dann sei es zum Polizeirevier gegangen, wo er vernommen worden sei. Er habe nach Hause gehen dürfen und sie hätten ihm gesagt, dass Turgut niedergeschossen worden sei. Das habe er erst dort begriffen.

Götzl fragt nach der Lage des Opfers. Die Füße hätten in Richtung Türe gelegen, und er glaube, dass Turgut auf der linken Seite gelegen habe, das wisse er nicht genau, er sei damals im Schock gewesen. Turgut habe noch gelebt und er habe sich gedacht, dass er ihn in seinen Wagen legen und direkt ins Krankenhaus fahren könne, das Opfer sei aber zu schwer gewesen. Auf Frage von Götzl sagt Ay., er habe Turgut gesagt, er solle den Laden nicht aufmachen, bevor er komme. Er habe sich noch gefragt: „Warum hat der so frühzeitig aufgemacht.“ Götzl will wissen, ob Turgut bei ihm beschäftigt gewesen sei. Das verneint Ay., er sei nur Gast gewesen. Turgut sei ein sehr guter Mensch gewesen, er sei ein armer Junge gewesen. Ay.: „Als ich vernommen wurde und das erzählte, wurde ich abweisend behandelt.“ Turgut habe nicht viel gesprochen. Er komme aus demselben Dorf wie Ay. selbst, so der Zeuge. Er sei seit etwa drei Wochen bei ihm gewesen. Turgut habe den Schlüssel zum Imbiss gehabt. Er habe wohl gemerkt, dass sich Ay. verspäte und den Laden geöffnet. Andere Personen habe er nicht wahrgenommen, so Ay. auf Frage von Götzl. Er habe den Laden immer um zehn Uhr geöffnet, manchmal sei die Arbeit aber auch früher erledigt gewesen und dann habe er noch Kaffee getrunken. Der Imbiss sei bis 22 Uhr geöffnet gewesen, manchmal aber auch bis 23 Uhr, wenn noch Kundschaft da gewesen sei. Es sei eine abwegige Ortschaft dort, es gebe sonst niemanden, der sich dort einmischt oder Probleme macht. Turgut habe er noch aus der Türkei gekannt, da sei der aber noch klein gewesen. Es habe nichts im Imbiss gefehlt, so Ay. auf Frage von Götzl. Ein gefundenes Handy sei wohl von Turgut, seines sei es nicht. Möglicherweise sei eine gefundene Tasche von ihm, es sei jetzt zehn Jahre her, das wisse er nicht mehr. Götzl hält vor, Ay. habe bei einer Vernehmung angegeben, um geschätzt 10.30 Uhr den Grill aufgesucht zu haben. Das könne sein, so Ay. Dann erläutert Ay. wo er seinen PKW geparkt habe. Götzl fragt, wie die Situation für Ay. nach der Tat gewesen sei. Ay.: „Was ich erlitten habe, weiß nur ich.“ Das Geschäft sei weg gewesen, immer habe es geheißen: „Du weißt Bescheid.“ Einer sei aus Nürnberg gekommen und habe ihn zehn, dreizehn Stunden lang ausgefragt. Er sei wie ein Angeklagter behandelt worden. Die Anschuldigungen seien gewesen, dass er etwas verkauft, große Sachen gemacht haben müsse. Oder dass die Mörder gekommen seien, um ihn, Ay., zu töten. Zu dem Zeitpunkt habe er seine Kinder aus der Türkei herholen wollen und habe gesagt: „Dann lasse ich sie lieber dort.“ Götzl fragt, ob Ay. auch geglaubt habe, dass möglicherweise er selbst als Opfer gemeint sein könne. Ay. sagt, er sei sich sicher gewesen, dass er niemandem Schaden zugefügt oder etwas angetan hat. Aber er habe das nicht beweisen können. Ay. sagt, er sei bis 23 Uhr im Laden geblieben, hätte ihn jemand erschießen wollen, hätte das niemand gesehen. Er sei 1987 mit dem Vater des Opfers nach Deutschland gekommen, sie hätten sich gut gekannt. Er sei bei der Beerdigung des Sohnes in der Türkei gewesen und der Vater habe ihm nichts gesagt. Götzl fragt nach den Folgen der Tat für die Familie. Ay. sagt, es sei schwierig gewesen für die Eltern, sie hätten viel gelitten und geweint: „Als ich dieses Leiden gesehen habe, hab ich mir gedacht, ich hätte lieber an der Stelle des Gestorbenen gestanden.“ Seine kleinen Kinder würden bis heute fragen, ob das die Polizei sei, wenn es klingelt. Momentan erlebe er das auch so, dass er am ganzen Körper zittere. Götzl fragt, ob Ay. das Geschäft aufgegeben habe. Ay. sagt, er habe nie wieder zu dieser Stelle fahren wollen. Er sei nie wieder da gewesen. RA Behnke fragt, wie es Ay. heute gehe. Er erlebe das heute alles nochmal, so Ay. Behnke fragt, ob er Angst um seine Kinder habe. Ay.: „Manchmal lese ich das in der Zeitung, da bekommt man Angst.“ RA Kolloge fragt nach der Kundschaft des Imbisses. Ay. sagt, es seien die Bewohner des Stadtviertels, manchmal auch Kundschaft von der Post gekommen. Die, die Bier getrunken hätten, das seien in etwa immer die gleichen Menschen gewesen. Spezielle Tageszeiten mit viel Betrieb habe es nicht gegeben. Anhand der Luftaufnahme und des Ausschnitts aus dem Stadtplan erläutert Ay. noch einmal seinen Weg mit dem Auto. Schließlich fragt Kolloge, ob alle Autos vom Hölderlinweg aus fahren müssten und es ansonsten keine Möglichkeit gebe. Das bestätigt Ay., nur zu Fuß könne man in Richtung der Häuser gehen. RA Sidiropoulos fragt, ob am Imbiss die Öffnungszeiten angebracht gewesen seien, was Ay. verneint. Die Frage von RA Matt, ob Ay. den Imbiss normalerweise alleine betrieben habe, bejaht der Zeuge. Eine weitere Frage aus der Nebenklage, ob Ay. an dem Tag am Stand neues Graffiti aufgefallen sei, verneint Ay. Sidiropoulos fragt nach Werbung für den Imbiss. Ay. sagt, er habe zu diesem Zeitpunkt keine Werbung gemacht, er habe aber mal Visitenkarten verteilt. Werbung in Zeitungen oder im Internet habe er, wenn er sich recht erinnere nicht gemacht. RA Tikbas fragt, ob Ay. Erfahrungen mit Rechtsradikalen vor Ort gemacht habe. Ay. verneint das: „Es war so, dass alle in diesem Viertel mich kannten, es gab so etwas nicht.“ Zschäpes Verteidiger RA Stahl fragt, ob jemand nicht aus dem Viertel kommend auf den Imbiss aufmerksam geworden sein könne. Ay. verneint das. Die Vernehmung endet um 14.25 Uhr.

Es folgt der Zeuge Frank Ke., der in der Nähe des Tatortes wohnt. Ke. berichtet, dass er kurz am Imbiss gewesen und dann mit dem Fahrrad zu seinem Vater weiter gefahren sei, um dort an einem Bootsanleger zu arbeiten. Ke.: „Dann ist da ja was passiert, was, weiß ich nicht, wurde man ja auch nicht informiert.“ Ein Jahr später sei er verhört worden, da sei es immer noch um einen „Rachemord unter Türken“ oder „Geldsachen oder so“ gegangen. Er sei vielleicht ein oder zwei Mal die Woche mit Kollegen am Imbiss gewesen, um dort ein Bier zu trinken oder Döner zu essen, aber auch mal eine Woche nicht da gewesen. Turgut habe er gelegentlich gesehen, Ay. sei die ganze Zeit da gewesen, der sei ja auch der Besitzer. Turgut sein lustiger Mensch gewesen und habe gerne ein bisschen rumgealbert. Ke. berichtet, er sei um 10 Uhr mit seinem Vater verabredet gewesen, er habe am Imbiss einen Kaffee getrunken und eine Zigarette geraucht. Am Stand sei er etwa gegen 9.30 Uhr gewesen. Ke. erläutert dann seinen Weg und sagt, er habe nicht auf Personen geachtet. Götzl hält vor, Ke. habe in einer Vernehmung angegeben, um 10.30 Uhr mit seinem Vater am Bootsclub verabredet gewesen zu sein, vorher aber noch einen Kaffee am Imbiss getrunken zu haben, an dem er genau um 10.01 Uhr angekommen sei; das wisse er so genau, weil er beim Eintreffen auf die Uhr gesehen habe. Ke. sagt, das könne sein, wenn er das damals so angegeben habe, es sei jetzt auch schon lange her. Weiter hält Götzl vor, Ke. habe angegeben, dass die Ausgabeklappe des Döner-Imbisses bereits geöffnet und die Kaffeekanne schon voll gewesen sei. Die Tür zum Imbiss sei verschlossen gewesen, hält Götzl aus der Vernehmung vor und fragt, ob Ke. weitere Personen wahrgenommen habe, was dieser verneint. Götzl verliest, Ke. habe ausgesagt, dass er um 10.10 Uhr den Imbiss wieder verlassen habe. Das könne sein, so Ke. Dann hält Götzl vor, dass Ke. angegeben habe, in Höhe des Autohauses an der Petribrücke den Haydar [gemeint ist Ay.]in dessen Fahrzeug gesehen zu haben. Das bestätigt Ke., Ay. habe auch noch gehupt und gegrüßt, deswegen erinnere er sich noch. Das sei vielleicht zehn bis fünfzehn Minuten gewesen, nachdem er den Imbiss verlassen habe. Götzl hält vor, dass Ke. angegeben habe, dass Turgut etwa einen bis anderthalb Monate dort im Kiosk gearbeitet habe. Ke.: „Ja, das mag sein, ganz ehrlich, ich kann die auch schlecht auseinander halten.“ Nebenklagevertreter RA Elberling fragt, ob man vom Imbiss mit dem Fahrrad gut weg komme, was Ke. bestätigt. Aus der Nebenklage wird gefragt, ob sich Ke. sich die Graffitis am Dönerstand mal angeschaut habe. Ke, sagt, sowas interessiere ihn nicht, rechtsextreme Zeichen seien ihm nicht aufgefallen.

RA Klemke verliest einen Antrag, den Mitarbeiter der Abteilung KT 15 des BKA zu laden, der ein Gutachten zu 11 handschriftlich beschriebenen, zum Teil mit Bildern und Zeitungsausschnitten beklebten, Blättern angefertigt habe, die in der Garage von André K. beschlagnahmt worden seien. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gekommen, dass Wohlleben mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht Urheber der Schrift auf dem Asservat sei.

Dann verliest Richter Götzl den Beschluss, dass der Antrag, die Ermittlungsakten zu Andreas Te. [siehe Protokoll zum 41. Verhandlungstag] abgelehnt wird. Notwendig für einen Beweis- oder Beweisermittlungsantrag sei zum einem die Antragsberechtigung. Diese hätten Nebenkläger, die nicht vom Fall Yozgat betroffen sind, nicht. Diese Frage könne aber offen bleiben, weil sich die Nebenklage Yozgat dem Antrag angeschlossen habe. Es handele sich um einen Beweisermittlungsantrag, weil die Antragsteller die Beweistatsachen noch nicht kennen würden.

Ob einem solchen Antrag nachgegangen wird, sei im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu entscheiden. Die Aufklärungspflicht erfordere nicht, dass sämtliche im Zusammenhang mit Tatermittlungen entstandenen Schriftstücke beigezogen werden, solange es an konkreten Anhaltspunkten fehle, dass dort für das Verfahren relevante Informationen enthalten seien. Dass die Antragsteller den Zeugen als bedeutend einstufen, sei lediglich deren Wertung, die nicht auf Tatsachen gestützt werde. Der Hinweis auf Vermutungen eines Kriminaldirektors des Polizeipräsidiums Kassel und Analysen und Einschätzungen weiterer Ermittler verließe nicht den Bereich der bloßen Annahme, so Götzl. Dass Te. den Überwachungsmaßnahmen zufolge mit seiner Quelle aus der rechten Szene gesprochen habe, decke keinen Zusammenhang mit der Tat auf, weil Te. den Kontakt zu seinen Quellen von Berufs wegen habe halten müssen. Bezüglich eines Zeugen, der angegeben habe, Mundlos und Böhnhardt zum Rastplatz Eichelborn Süd gefahren zu haben, wo ein dunkler Mercedes mit Kasseler Kennzeichen gestanden habe, sagt Götzl, dass laut Zeuge nur Mundlos dabei gewesen sei und diese Fahrt an einem nicht näher bestimmten Sonntag im oder nach dem Juni 2011 stattgefunden haben solle. Es sei kein Zusammenhang zur Tat 2006 erkennbar. Gleiches gelte für den Hinweis eines Zeugen auf zwei junge Männer 30 Minuten vor der Tat etwa 1,5 Kilometer vom Tatort entfernt. In der ergänzenden Stellungnahme würden, so Götzl, wieder nur allgemeine Überlegungen angestellt. Es sei zusammenfassend nicht ersichtlich, dass der Inhalt der Ermittlungsakten Te. für die Feststellung der den Angeklagten vorgeworfenen Taten und etwaige Rechtsfolgen von Bedeutung sei.

Dann gibt Zschäpes Verteidiger Heer eine Erklärung zur Aussage der Zeugin Andrea Ca. [siehe Protokoll zum 48. Verhandlungstag] ab. Während des gesamten Ablaufs sei die Zeugin auf ihren Sohn konzentriert gewesen. Einzelheiten habe die Zeugin nicht bekunden können. Als Grundlage für die Identifizierung habe sie nur die Haare und das Gesicht benannt. Zum Aussehen habe sie nur noch angeben können, dass die Frau 19, 20 Jahre alt gewesen sei. Die Bekundungen der Zeugin seien insgesamt von großen Erinnerungsdefiziten gekennzeichnet. Zudem gebe es unüberbrückbare Widersprüche zu Angaben der Zeugin in Vernehmungen, die auch durch zahlreiche Vorhalte nicht hätten aufgeklärt werden können. Die Zeugin habe nicht einmal ihre eigenen Aussagen erkannt. Der Generalbundesanwalt messe der Aussage der Zeugin eine Beweisbedeutung zu, die sie schon damals nicht gehabt habe. Auch die Aussage hier sei in keiner Weise geeignet, die Anklagehypothese zu belegen.

Auch Nebenklagevertreter RA Reinecke möchte eine Erklärung zur Zeugin abgeben. Er sagt, die „Zivilzeugen“ seien in einer unfairen Situation gegenüber Polizeibeamten, die sich die Akten nochmal anschauen könnten. RA Heer interveniert, damit seien die Grenzen einer Erklärung nach § 257 StPO überschritten. Es beginnt eine längere Diskussion um die Zulässigkeit der Erklärung Reineckes. Götzl sagt, Reinecke sei tatsächlich zu spät für eine solche Erklärung. RA Reinecke erwidert, dann werde er in Zukunft immer eine Erklärung nach § 257 ankündigen. RA Kolloge bittet Götzl darum, diese Entscheidung zu überdenken. Dann sagt Reinecke, er werde einer Erklärung zu der Erklärung Heers abgeben. Er weise darauf hin, dass gegenüber Polizeizeugen Frau Ca. eine sehr gute Erinnerung habe. Nach einer weiteren Beanstandung durch RAin Sturm sagt Reinecke, die Aussage mit der Schauspielerin sei mit Sicherheit zutreffend und auch die Aussage, Fahrradfahrer gesehen zu haben. Man könne sicher sein, dass die Zeugin eine Person gesehen hat, die dieser Schauspielerin ähnlich sieht. Die Schlussfolgerung, dass es Zschäpe gewesen sei, sei eine andere Frage. Dann nimmt auch RA Behnke Stellung zur Erklärung von Heer. Unrichtig sei in der Erklärung des Verteidigers, die Zeugin habe angegeben, die Frau nur von hinten gesehen zu haben.

Der Verhandlungstag endet um 15.05 Uhr.

Nebenklage-Anwalt Stolle erklärte im Anschluss an den Verhandlungstag: „Die Auswahl des Tatortes ist eigentlich nur durch ein lokales Unterstützernetzwerk zu erklären. Die Frage, wer dem NSU vor Ort jeweils Hilfe geleistet hat, wird von der Nebenklage in dem Prozess immer wieder thematisiert werden.“

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