Protokoll 61. Verhandlungstag – 27. November 2013

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Am 61. Verhandlungstag sagte der Cousin von Beate Zschäpe, Stefan Ap., aus. Stefan Ap., der heute in Spanien lebt, war in den neunziger Jahren Teil der rechten Szene Jenas und auch mit Uwe Mundlos und Uwe bekannt. Bei seiner Aussage verwies der Zeuge auffallend häufig auf Erinnerungslücken, selbst wenn es um Fragen des familiären Hintergrunds von Zschäpe ging. Die ebenfalls als Zeugin geladene Mutter Zschäpes, Annerose Zschäpe, verweigerte mit Verweis auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht die Aussage.

Zeug_innen:

  • Stefan Ap. (Cousin von Beate Zschäpe, damals selbst in der rechten Szene aktiv)
  • Annerose Zschäpe (Mutter von Beate Zschäpe, verweigerte die Aussage)

Der Verhandlungstag beginnt um 9.50 Uhr. Als Zeuge gehört wird heute Stefan Ap., 39, der Cousin von Beate Zschäpe. Auf Fragen verweist Ap. immer wieder darauf, dass er sich nicht erinnern könne oder Dinge nicht mehr wisse. Vorsitzender Richter Götzl beginnt mit Fragen zum familiären Hintergrund von Zschäpe. Ap. sagt, Zschäpe und er seien zusammen aufgewachsen, „für mich normal“. Er wisse nicht, was er dazu sagen solle. Auf Nachfrage von Götzl sagt Ap., Beate sei halt mehr bei den gemeinsamen Großeltern gewesen. Als sie mit Uwe Mundlos zusammen gewesen sei, habe sie sich mit ihrer Mutter, der Schwester seines Vaters, zerstritten. Beate habe ihr Zimmer auf der einen Seite der Wohnung gehabt und die Mutter ihres auf der anderen, da seien sie sich „mehr oder weniger aus dem Weg gegangen“. Er selbst sei bei seinen Eltern aufgewachsen, Beate bei ihrer Mutter – er in Jena-Nord, sie in Jena-Winzerla. Den Vater von Zschäpe habe er nie kennengelernt, so Ap. Zschäpe sei bei ihrer Mutter aufgewachsen. Am Wochenende seien sie mit den Großeltern und seinen Eltern im Garten gewesen, da hätten sie auch übernachtet. Die Woche über sei dann jeder seiner Wege gegangen. Götzl fragt, wie in der Kindheit das Verhältnis Zschäpes zu ihrer Mutter war. Das wisse er nicht, antwortet Ap. Vom Kindergarten habe Zschäpe immer die Großmutter abgeholt. Die Großeltern hätten sich „natürlich gut“ um Zschäpe gekümmert, zumindest als sie jung war, als sie älter geworden sei, 13 oder 14 vielleicht, sei sie nicht mehr so viel bei den Großeltern gewesen. Auf die Frage, auf welche Art Schule Zschäpe gegangen sei, sagt Ap.: „Eine normale Schule.“ Nebenklagevertreter RA Daimagüler interveniert, er habe Probleme mit dem Begriff ’normal‘, den Ap. häufig verwende. Ap. sagt, es sei eine Hauptschule gewesen. Welchen Abschluss Zschäpe habe, wisse er nicht, jedenfalls habe sie irgendwann eine „Gartenlehre“ gemacht. In der Kindheit habe, so Ap. auf Frage Götzls, viel Kontakt zwischen ihm und Zschäpe bestanden, später habe man „sich eben mal getroffen“ bei Feiern, bei der Verwandtschaft oder im Jugendclub. Wie lang das Leben Zschäpes bei den Großeltern gedauert hat, wisse er nicht mehr genau, Zschäpe habe aber auch bei ihrer Mutter gelebt. Von den Lebensgefährten bzw. Ehemännern der Mutter von Zschäpe kenne er keinen, so Ap. Zu Wohnungen befragt, spricht er von zwei von Zschäpe und ihrer Mutter bewohnten Wohnungen, eine sei in Lobeda-Ost gewesen. Dann erinnere er sich noch an die Wohnung in Winzerla, in der Zschäpe später alleine gelebt habe. Die Großmutter habe sich viel gekümmert, sie sei eine „liebe, gute Frau“, die herzlich und ehrlich sei. Auch der Großvater sei ein „korrekter Mensch“ gewesen. Die Großeltern seien zu den Enkelkindern gut gewesen, hätten sich mehr um Beate gekümmert, weil deren Mutter wohl keine Zeit gehabt habe. Warum Beate zeitweise bei den Großeltern aufgewachsen sei, wisse er nicht. Auf die Frage, wie es in den Achtzigern gewesen sei, sagt Ap., das wisse er nicht mehr, er sei selber von 1987 bis 1989 im Kinderheim gewesen. Er glaube nicht, dass Beate mal bei Familie Böhnhardt gewohnt hat. Zschäpe sei, sagt Ap. eigentlich immer ein lustiger Mensch gewesen, zur Familie immer lieb, nett, sympathisch. Den Hintergrund des Konfliktes mit ihrer Mutter kenne er nicht, es habe ihn auch nicht interessiert.
Dann geht es um Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Mundlos habe er in der Wendezeit kennengelernt und Böhnhardt im Berufsvorbereitungsjahr, da sei er selbst 22 oder 23 Jahre alt und Böhnhardt noch relativ jung gewesen. Er, Ap., habe eine „Lotterleben“ geführt und viel gesoffen. In den Pausen seien sie zur Kaufhalle gegangen. Dort hätten sie auch Mundlos getroffen, der, wenn er das richtig erinnere, in die Berufsschule gegangen sei. Ap. bestätigt, dass sich Mundlos und Böhnhardt über ihn kennengelernt hätten. Man sei dann gemeinsam in den Jugendclub gegangen oder habe Partys im Wald gefeiert. Sie seien eine große Gruppe gewesen. Zschäpe sei mit Böhnhardt und Mundlos jeweils irgendwann mal liiert gewesen. Später habe er keinen Kontakt mehr gehabt, weil Mundlos mit seiner Lebenseinstellung nicht zufrieden gewesen sei und ihn als „Assi“ betitelt habe. Ap. sagt, sein Leben sei damals „unkontrolliert“ gewesen, er habe gesoffen, Party gemacht und kaum gearbeitet. Nach der Wende habe er im Kinderheim die Sachen gepackt und habe noch ein halbes Jahr die Schule fertig gemacht. Dann habe er erstmal nichts gemacht. Dann seien Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gekommen. Er habe eine überbetriebliche Ausbildung zum Maler und Lackierer gemacht und sei immer wieder arbeitslos gewesen. Kontakt habe er zu vielen Leuten, vor allem in Winzerla, gehabt. Götzl fragt, ob das die rechte Szene gewesen sei. Ap. antwortet: „Hat sich ein bisschen so entwickelt.“ Sie seien auf jeden Fall rechtsgerichtet gewesen. Später sei man dann auch mal auf Konzerte gefahren. Sie hätten Bomberjacke, Stiefel und kurze Haare getragen. Götzl fragt zu den politischen Vorstellungen. Ap.: „Gegen Staat, gegen Ausländer, gegen Linke, gegen alles.“ Böhnhardt sei erst später dazu gekommen, mit Mundlos sei er auf Konzerten gewesen, viel in Chemnitz bei Freunden. Die Äußerung, dass Ap. ein „Assi“ sei, sei wohl ein oder zwei Jahre, bevor „die“ untergetaucht seien, gefallen. Am Anfang sei es Mundlos auch um Spaß und Party gegangen, dann habe er sich „ein bisschen nach oben gesteigert“. Mundlos sei auf Demonstrationen gefahren, zu Treffen und Parteiveranstaltungen. Darauf habe er, Ap., keine Lust gehabt. Auf Frage von Götzl sagt Ap., es seien nicht direkt „Parteisachen“ gewesen, sondern Kameradschaftstreffen. Um welche Kameradschaft es sich gehandelt habe, wisse er nicht, er habe damit nichts zu tun gehabt. Mit Zschäpe habe er nie über Politik gesprochen, bei den anderen beiden sei klar gewesen, dass die „sich ein bisschen rein steigern in so Sachen“. Die beiden hätten keinen Alkohol mehr getrunken und seien halt rechts gewesen. Einmal sei er mit Böhnhardt in der Stadt unterwegs gewesen, da habe Böhnhardt einer „Zigeunerin“ ein Stück Kuchen an den Kopf geschmissen. Böhnhardt sei ein „Waffennarr“ gewesen und habe immer Schreckschusspistolen getragen. Götzl fragt nach weiteren Waffen. Ap. sagt, er wisse von keinen weiteren Waffen, keinen scharfen Waffen. Dann sagt Ap.: „Was bei ihr gefunden wurde, diese Armbrust, das war seins. Das hat sie mir gesagt, dass es von ihm ist, was bei ihr zu Hause war. Oder er hat es mir gesagt? Kann auch sein.“

Nach einer Pause bis 11.05 Uhr berichtet Ap., Mundlos habe Flugblätter geschrieben und „Hetzgedichte“ gegen Ausländer. Erinnern könne er sich an einen großen Stapel von Plakaten zur Erinnerung an Rudolf Heß, da wisse er aber nicht mehr, ob Mundlos die selbst verfasst hat. Außerdem habe Mundlos im Jugendclub begonnen, die Sozialarbeiter als „Linke“ und „rote Schweine“ zu betiteln. Zur Reaktion der Sozialarbeiter befragt, sagt Ap., die seien ruhig geblieben und hätten sich wohl ihren Teil gedacht. Böhnhardt habe die Schreckschusspistole am Halfter getragen und habe, wenn sie unter sich gewesen seien, auch mal mit der Waffe herum gespielt. Zwischen den Beziehungen Zschäpes mit Mundlos und mit Böhnhardt sei nur relativ wenig Zeit gewesen, so Ap. auf Frage von Götzl, von diesbezüglichen Problemen zwischen den Uwes habe er nichts mitgekriegt. Anfangs seien Mundlos und Böhnhardt auch öfters im Jugendclub gewesen, dann hätten sie sich abgekapselt. Mundlos habe mit ihm nicht mehr gesprochen, Böhnhardt und Zschäpe hätten ihn noch gegrüßt, seien aber immer schnell wieder weg gewesen. Das sei ein oder zwei Jahre gewesen, nachdem sie sich kennengelernt hätten. Götzl fragt nach anderen Personen im Bekanntenkreis, die mit den Uwes oder Zschäpe befreundet waren. Ap. nennt , André K., Kai St. und „alles was so in Jena rum gerannt ist an Szene“. Wohlleben und K. seien sowieso nicht so oft dabei gewesen, die seien ja aus einem anderen Stadtteil gekommen.
Dann bittet Götzl Ap., seine Cousine zu beschreiben. Ap. sagt, sie sei immer nett gewesen und habe immer ein bisschen einen großen Mund gehabt: „Sie hat sich auch nicht übern Mund fahren lassen.“ Sie habe sich von niemanden etwas aufzwingen lassen. Götzl möchte, dass Ap. das konkretisiert. Ap. sagt: „Wenn jemand zu ihr frech geworden ist, hat sie gesagt, sei mal ruhig, nicht dass sie, weil sie ein Mädchen ist, sich das hat gefallen lassen oder so.“ In der Familie sei Zschäpe lieb und nett gewesen, aber auch zu anderen Leuten. Er selbst sei auch ein netter Mensch. Früher habe er sich öfters mal geprügelt, aber mit jedem, auch untereinander. Richter Götzl hält vor, Ap. habe in einer Aussage bei der Polizei gesagt, er und Zschäpe seien wie Geschwister gewesen. Ap. sagt, da habe er sich vielleicht falsch ausgedrückt, sie hätten jedenfalls als Kinder viel Kontakt gehabt. Auf Vorhalt, dass er angegeben habe, Zschäpe sei die einzige Frau in der Szene gewesen, sagt Ap., Zschäpe sei bestimmt nicht die einzige Frau gewesen. Dann hält Götzl eine Beschreibung Zschäpes durch Ap. vor, derzufolge Zschäpe offen, selbstbewusst, „robuster im Umgang als andere Frauen“ sei und kein Blatt vor den Mund genommen habe. Das bestätigt Ap. Götzl hält weiter vor, Ap. habe angegeben, dass Zschäpe viele Männer als Freund gehabt habe. Weiter habe Ap. gesagt, so Götzl, Matthias Ri. [phonetisch]sei der erste Freund von Zschäpe gewesen, Jahre später sei Mundlos gekommen und dann irgendwann Böhnhardt. Zschäpes Art, so der Vorhalt weiter, habe wohl die beiden Männer zusammen gehalten, sie habe die Jungs im Griff gehabt. Ap. sagt, wenn Zschäpe mit jemandem zusammen gewesen sei, dann habe sie demjenigen auch mal was gesagt. Sie sei kein „Mauerblümchen“ gewesen und habe gesagt: „So geht’s lang, nicht was du willst.“ Zschäpe sei auf die Leute zugegangen, habe ein klares Wort geredet und nicht „rumgeschleimt“, so Ap. weiter. Götzl hält vor, Ap. habe davon gesprochen, dass Zschäpe gesellig und lustig gewesen sei und viel gelacht habe. Ap. bestätigt den Vorhalt, Zschäpe habe gerne „Frauengetränke“ getrunken. Er sagt, sie habe gerne Wein, Sekt und Schaumwein getrunken. Götzl hält die Aussage Ap.s vor, derzufolge Ap. und Böhnhardt gemeinsam auf die Berufsschule gegangen seien, sich wegen ihrer Bekleidung gefunden, keine gemeinsamen politischen Aktionen gemacht, aber zur Skinhead-Szene gehört hätten. Das Hauptanliegen in der Skinhead-Szene sei der Spaß gewesen, so Ap., das sei auch der Grund gewesen, warum Mundlos ihn nicht mehr habe leiden können. Die Begriffe „Kameradschaft Jena“ und „Thüringer Heimatschutz“ kenne er, so Ap., das sei so eine Gruppe, die „die aus Lobeda“ gegründet hätten, er wisse nicht, wer dabei gewesen sei, er glaube aber Wohlleben und André K. Er selbst sei nicht dabei gewesen. Er wisse nicht, ob seine Cousine dabei war, sagt Ap. auf Frage von Götzl. Holger G. kenne er, der sei irgendwann aus Jena weg gezogen. G. sei mit Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, Wohlleben und K. befreundet gewesen, bestätigt Ap. Dass es den gebe, habe sich herum gesprochen, da sei auch irgendwann etwas mit einem Kontakt nach Rudolstadt gewesen. Ob G. dabei war, könne er nicht sagen: „Hat ja keiner eine Nummer gehabt, ich gehöre zum THS, oder was.“ Die Aktivitäten des THS seien für ihn, Ap., uninteressant gewesen, er habe sich nicht in eine Gruppierung drängen lassen. Skinhead heiße für ihn Party, Spaß und ab und zu eine Prügelei: „Das war unsere ganze Lebensweisheit.“ Die anderen hätten sich anders verhalten, nicht soviel getrunken und seien zu Demos gefahren. Holger G. habe nicht zur Skinhead-Szene gehört. Im Laden „“ hätten sie früher alle eingekauft – CDs mit rechtem Inhalt, Stiefel, Turnschuhe, Shirts. Ap. sagt, seines Wissens nach seien dort keine Waffen verkauft worden. Mit dem Inhaber Frank Li. habe er nur im Laden zu tun gehabt, mit sei er ein- oder zweimal in Kahla in einer Gaststätte gewesen. Götzl hält vor, Ap. habe auf Frage bei der Polizei bestätigt, dass er mal mit Li. in Naumburg auf einem Konzert gewesen sei. Das könne sein, so Ap., aber normal sei er nicht mit denen unterwegs gewesen.

Es folgt die Mittagspause bis 13.08 Uhr. Dann wird die Mutter von Beate Zschäpe, Annerose Zschäpe, aufgerufen. Sei erscheint mit einem Anwalt als Beistand. Götzl belehrt die Zeugin, dass sie als Mutter einer Angeklagten ein Zeugnisverweigerungsrecht habe. Auf Frage von Götzl sagt Annerose Zschäpe, sie wolle keine Angaben machen. Götzl fragt, ob die Zeugin damit einverstanden ist, dass die polizeiliche Vernehmung hier eingeführt wird, was sie ebenfalls verneint.

Es folgt eine fünfminütige Pause, nach der es mit Stefan Ap. weiter geht. Götzl fragt Ap. zur damaligen politischen Einstellung Beate Zschäpes. Die sei auch rechts gewesen, sagt Ap., er würde aber behaupten, nicht „so extrem rechts“ wie die von Mundlos und Böhnhardt. Ab wann Zschäpe rechts gewesen sei, könne er nicht sagen. Sie seien eine große Gruppe gewesen und hätten alle „mehr oder weniger den rechten Gedanken“ gehabt, es sei das „allgemeine Palaver“ gewesen. Bei ihm selbst habe das zur Wendezeit begonnen, bei Zschäpe vielleicht 1992/ 93. Götzl hält vor, er habe ausgesagt, das habe sich ergeben, als Zschäpe viel mit Wohlleben und K. gemacht habe. Sie sei viel mit denen unterwegs gewesen, sagt Ap., er selbst sei da nicht dabei gewesen. Das sei später und die Zeit gewesen, wo sie sich mit Mundlos und Böhnhardt getroffen habe. Götzl sagt, Ap. habe in seiner Vernehmung folgendes gesagt: „Ich glaube nicht, dass es mal ein Schlüsselerlebnis in Beates Leben gegeben hätte weswegen sie ihr Leben verändert hätte.“ Auf Frage Götzls sagt Ap., er wisse nicht, worauf sich das beziehe, er sei zehn Stunden lang vernommen worden. Dann sagt Götzl, im Vernehmungsprotokoll stehe, Ap. habe gesagt, Zschäpe sei flexibel gewesen, aber – vielleicht wegen der Uwes – sei sie später „nur noch in der Partei“ gewesen. Der Satzteil, dass sie nur noch in der Partei gewesen sei, sei im Protokoll von Ap. durchgestrichen worden, so Götzl weiter. Für sie in der Gruppe der Skinheads seien die anderen „Parteispinner, Parteiheinis“ gewesen, so Ap. Er meine damit z. B. die KS Jena. Wohlleben habe er 1991 oder 1992 mit dessen damaliger Freundin Ulrike Po. kennengelernt, sagt Ap. auf Frage Götzls. Er sei mit Wohlleben bekannt gewesen, aber dass sie „großartig etwas zusammen gemacht“ hätten, sei nicht der Fall gewesen. Götzl möchte wissen, wie es dazu gekommen sei, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe plötzlich verschwunden waren. Ap. sagt, er wisse davon nichts, er habe nur aus den Medien, der Zeitung erfahren, dass „irgendwelche „Bombensachen“ gefunden worden seien. Seine Tante und seine Großmutter seien „völlig von der Rolle“ gewesen und hätten das gar nicht verarbeiten können. Vor dem Verschwinden habe Zschäpe keinen großartigen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt, zur Großmutter aber schon ab und zu. Die Großmutter habe auch Mundlos und Böhnhardt gekannt, die hätten ihr auch mal geholfen, etwa beim Einkaufen. Die Großmutter habe sich nach dem Verschwinden Sorgen gemacht, von Versuchen Kontakt aufzunehmen wisse er nichts, auch er selbst habe das nie versucht. Er habe auch nie mit den Bekannten der drei darüber gesprochen. Götzl fragt, warum nicht. Ap. erwidert: „Weil mir das eh niemand sagen würde.“ Sein letzter Kontakt zu Zschäpe sei viele Jahre her, er sei seit acht Jahren auf Mallorca und habe keine Informationen von Dritten über die Untergetauchten bekommen. Im November 2011 hätten ihn seine Eltern angerufen und gesagt, er solle den Fernseher anmachen, und das sei es gewesen.
Götzl hält vor, Ap. habe in der Vernehmung Mundlos und Böhnhardt der „Sektion Jena“ zugeordnet und will wissen, wie das zu verstehen sei. Ap. sagt, er sei zehn Stunden bei der Polizei gewesen und „zugetextet“ worden und wisse nicht, ob er das so gesagt hat. Götzl sagt, er habe das unterschrieben und auch gelesen, immerhin habe er ja auch einen Halbsatz weggestrichen. Dann fragt Götzl zur Bezeichnung Ap.s als „Assi“ durch Mundlos. Das habe sich ergeben, so Ap., man habe sich nicht mehr gesehen und Mundlos habe irgendwann schlecht über ihn gesprochen. Ihm sei aber egal gewesen, was Mundlos denkt. Er und seine Cousine hätten sich dann schon weniger gesehen, Böhnhardt und Zschäpe hätten ihn aber schon noch gegrüßt und auch mal mit ihm über Belangloses gesprochen. Götzl fragt zum „Braunen Haus“. Wohlleben, André K. und „der “ [gemeint ist vermutlich Maximilian Le.]hätten das Haus gemietet, dort seien auch Treffen gewesen. Er selbst sei zwei- oder dreimal da gewesen. Götzl hält vor, Ap. habe gesagt, er könne sich nicht erinnern, die drei dort gesehen zu haben, sonst wäre er auch nicht hingegangen, weil Mundlos ihn als „Assi“ und „Säufer“ bezeichnet habe. Dann fragt Götzl zu den Besuchen in Chemnitz. Ap. bestätigt, mehrere Male mit Mundlos über Nacht bei einem Scha. gewesen zu sein. Sie hätten dort mit den Skinhead-Freunden Party gemacht, seien an den Baggersee gefahren, hätten Lagerfeuer gemacht und seien zusammen zu Konzerten gefahren. Für Mundlos und Böhnhardt habe die Musik eine große Rolle gespielt, für Zschäpe weniger. Götzl hält vor, er habe angegeben, Mundlos habe sich eher für rechte Musik interessiert, die Rolle von Böhnhardt kenne er nicht. Auf Frage sagt Ap., Zschäpe habe auch diese Musik gehört, aber sie sei nicht mit in Chemnitz gewesen und habe noch andere Musik gehört, „so Pop-Rock-Zeugs“. Die Musik stachele einen auf und habe das ausgesagt, was viele gedacht hätten: „Es wird gegen den Staat gesungen, gegen Ausländer, gegen Linke, gegen Kommunismus.“ Ap. bestätigt, einmal in Straubing gewesen mit ein paar Leuten aus Chemnitz. Da sei eine Feier gewesen, Mundlos sei wahrscheinlich dabei gewesen und Thomas Wa. Götzl hält vor, Ap. habe ausgesagt, sie seien mit dem Auto von Mundlos dorthin gefahren. Nach Besonderheiten befragt, sagt Ap., es habe dort durch die Polizei eine Personenkontrolle gegeben. Dann hält Götzl vor, Ap. sei bei der Polizei gefragt worden, ob ihm Personen bekannt seien, die das Trio beim Untertauchen oder danach unterstützt haben, darauf habe er geantwortet, ihm hätten weder die drei noch André K. und Wohlleben vertraut. Götzl sagt, zu seiner Cousine habe Ap. doch ein gutes Verhältnis gehabt. Ap. sagt, vielleicht habe sie ja gesagt bekommen, dass sie sich nicht melden soll oder dass sie überwacht werden. Dann will Götzl wissen, warum Ap. die beiden Namen K. und Wohlleben auf die Frage der Polizei genannt habe. Ap. sagt, nach diesen zwei Namen sei bei der Polizei immer gefragt worden.
Auf Frage von Götzl sagt Ap., Mundlos habe Interesse an Computern und Sport gehabt, Böhnhardt an Waffen. Teilweise habe Böhnhardt zwei Schreckschusswaffen einstecken gehabt. Götzl hält vor, Ap. habe Mundlos als offen und intelligent bezeichnet, und Böhnhardt als nicht so intelligent und eher abweisend. Böhnhardt sei nicht auf Leute zugegangen und habe in seiner eigenen Welt gelebt, so der Vorhalt weiter. Ap. bestätigt das. Götzl sagt, Ap. habe angegeben, dass die beiden Männer sicher Einfluss auf die Beate gehabt hätten. Ap. sagt, Zschäpe sei nicht mehr bei der Familie gewesen und wenn, sei sie immer kurz angebunden gewesen. Das sei Zschäpe ansonsten nicht, Familie sei ihr eigentlich über alles gegangen. Auf Vorhalt, dass er gesagt habe, Böhnhardt sei nie bei der Oma gewesen, sagt Ap., der sei sicher mal da gewesen, sei aber „ein anderer Schlag von Mensch“ gewesen und habe sich nicht wie Mundlos hingesetzt und die Leute unterhalten. Als Mundlos bei Zschäpe und ihrer Mutter übernachtet habe, habe es große Spannungen gegeben, sagt Ap. auf Frage Götzls. Er habe mit der Großmutter nicht darüber gesprochen, „weil die in einer heilen Welt lebt“. Auf Frage sagt Ap., die Ehefrau von Wohlleben kenne er, das sei die Jacqueline Fe. An Verwandten kenne er David und Markus Fe., mit Markus sei er früher in einer Freizeit-Hobbymannschaft gewesen. David Fe. sei mal in Nürnberg LKW-Fahrer gewesen. David Fe. habe die Uwes gekannt, bei Markus wisse er es nicht. Götzl will wissen, ob die Kontakt gehabt hätten, auch in Nürnberg. Das glaube er nicht, so Ap. Götzl hakt nach. Ap. sagt, es sei „viele Jahre davor“ gewesen, dass David Fe. in Nürnberg gewohnt habe. Zu Thomas St. [vgl. Aussagen Holger G.s: Protokoll 23. Verhandlungstag] befragt, sagt Ap., der sei aus Chemnitz und habe Mundlos auf jeden Fall gekannt. Bei der Polizei sei ihm, Ap., gesagt worden, dass seine Cousine und St. mal ein Paar gewesen seien, das habe er nicht gewusst. Mundlos habe St. Briefe ins Gefängnis geschrieben. Auf Vorhalt Götzls bestätigt Ap., dass Wohlleben eng mit den dreien befreundet gewesen sei, weil die viel gemeinsam unterwegs gewesen seien, Holger G. und André K. seien auch dabei gewesen. Die Namen André und Susann E. sowie Carsten S. sagten ihm nichts, so Ap. Dann fragt Götzl nach Das sei ein Bekannter, ob der zu den dreien Kontakt gehabt habe, wisse er nicht, es habe aber jeder jeden gekannt in Jena. komme aus Rudolstadt, sagt Ap. auf Frage, den habe Böhnhardt, so glaube er, im Gefängnis kennengelernt.
Dann geht es wieder um die Familie. Über den Vater von Zschäpe, so Ap., habe er nicht mit ihr gesprochen, von Geschwistern oder Halbgeschwistern Zschäpes wisse er nichts. Zschäpe habe mit 20 oder 21 mal eine Unterleibs-OP gehabt und er glaube, sie habe auch nach der OP noch Beschwerden gehabt. Zu den Mengen an Alkohol, die Zschäpe getrunken habe, befragt sagt Ap. sie habe schon „eins, zwei Flaschen gemacht“, wenn sie zusammen gesessen hätten. Zeichen von Alkoholisierung habe er aber seiner Erinnerung nach nicht wahrgenommen, er sei dann auch schon vorher besoffen gewesen.Der Großvater sei verstorben, der sei „im Prinzip“ der Chef der Familie gewesen. Wichtigste Bezugsperson für Zschäpe sei die Großmutter gewesen. In der Kindheit habe die Mutter eine eher nebensächliche Rolle gespielt. Bezugspersonen für Zschäpe seien außerdem seine Eltern gewesen, vor allem sein Vater. Er habe heute keine Bezüge zur rechten Szene mehr, so Ap. Zur Reaktion der Großmutter auf die Festnahme Zschäpes sagt Ap.: „Wie soll ich sagen? Sie ist eine alte Frau, die kann das nicht richtig verarbeiten, alles.“ Die Oma werde 90, sei krank und könne nicht mehr laufen. Er sei mit sieben, Zschäpe mit sechs Jahren eingeschult worden. Die Tante habe in Rumänien studiert, er meine BWL oder so etwas. Auf Vorhalt bestätigt Ap. dass Zschäpes Mutter Zahnmedizin studiert habe, ob sie praktiziert habe, wisse er nicht. Die Gärtnerlehre habe Zschäpe seines Wissen gefallen, ob sie gerne etwas mit Kindern, z. B. Kindergärtnerin, gelernt hätte, wisse er nicht. Er wisse nicht, wie lange Zschäpe als Gärtnerin gearbeitet habe. Sie sei irgendwann arbeitslos geworden, darüber habe er nicht mit ihr gesprochen, er sei selber arbeitslos gewesen, das sei ja normal gewesen. Es folgt eine Pause bis 15.07 Uhr.

Dann fragt OStA Greger, ob Ap. bekannt sei, ob seine Cousine mal jemanden körperlich angegriffen hat. Ap. berichtet von einer Auseinandersetzung – er glaube, zwei Jahre vor dem Verschwinden, mit den Türstehern der Disco „Modul“, an der auch Zschäpe beteiligt gewesen sei. Da seien die „Fäuste hin und her geflogen“ und Zschäpe solle „angeblich“ dem Einlasser ein Glas „über den Kopf gezogen“ haben. Er wisse davon, weil sich das herum gesprochen habe, so Ap. Greger sagt, Ende 1996 habe es im Raum Jena Drohschreiben mit Briefbombenattrappen gegeben. Ap. erwidert, da sei ihm nichts bekannt, er wisse das nur aus den Medien. Greger erläutert, es gehe nicht um die Garagenfunde. Ap. sagt, von den Drohschreiben wisse er nichts. Greger erwidert, im Ermittlungsverfahren sei auch gegen ihn ermittelt worden. Ap. sagt, das sei ihm nicht bekannt. Auf Frage der Nebenklagevertreterin RAin Basay sagt Ap., Zschäpe habe seit ihrer Inhaftierung zweimal geschrieben, er habe aber nicht geantwortet. Basay fragt, ob Ap. mal in Nürnberg gewesen sei. Als David Fe. in Nürnberg gewohnt habe, habe er den dort besucht mit seinem Vater und dem Hund, antwortet Ap. Basay hält aus einer Vernehmung von Holger G. vor, derzufolge Ap. zusammen mit u.a. Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe und G. bei einem Kameradschaftsabend in Nürnberg gewesen sei, man sei noch am selben Abend unter Polizeischutz zurück nach Jena gefahren. Daran könne er sich nicht erinnern, so Ap., er glaube nicht, dass er dabei war. Basay fragt zu den Begriffen “Scheitelfraktion” und “Spaßfraktion” Ap.: „Die Kameradschaft war für uns die Scheitelfraktion und wir waren die Ganzkurzhaar-Fraktion.“ Dann fragt RA Ilius zu den Kontakten zur rechten Szene in Chemnitz. Die Kontakte hätten seit Anfang der Neunziger bestanden, eine Zeit lang sei er fast jedes Wochenende bei Konzerten in Chemnitz gewesen, dann sei irgendwann, wann wisse er nicht mehr genau, wieder „Funkstille“ gewesen, sagt Ap. Den Namen kenne er nicht, so Ap. Ilius fragt nach einem Vorfall in Einsiedel 1997. Da seien sie mal zu einem Brauereifest gewesen, so Ap. Ilius hält einen VS-Vermerk vor, demzufolge sich bei einer Veranstaltung mit Rechtsextremisten am 18. Mai 1997 in der Kleingartenanlage Waldesrauschen 54 namentlich festgestellte Personen getroffen hätten, darunter hätten welche „Sieg heil“ gerufen, da sei auch sein, Ap.s, Name aufgeführt und die von Thomas St. und von Mandy St. Mit dem Namen Mandy St. könne er nichts anfangen, sagt Ap. Auf Frage von Ilius sagt Ap., er habe sich in Chemnitz vor allem im Heckert-Gebiet aufgehalten. Da sei eine Endhaltestelle der Straßenbahn und ein Kiosk, da hätten die sich immer getroffen, so Ap. Die Adresse Friedrich-Viertel-Straße 85 sage ihm nichts, so Ap. Dann hält Ilius einen Vermerk des LKA Thüringen von 1997 vor, demzufolge die Kameradschaft Jena folgende Struktur habe: Führer sei André K., Stellvertreter Böhnhardt und Mundlos und Mitglieder seien Wohlleben, Zschäpe, Mark-Rüdiger He., Holger G. und eben Stefan Ap. Ap. sagt, er sei nie in der Kameradschaft gewesen. Tom Tu. kenne er, so Ap. Der habe ausgesagt, so Ilius, die Gründung der KS Jena sei durch die Teilnahme an den Heß-Gedenkmärschen zustande gekommen, sie seien politische Aktivisten gewesen, und Tu. habe dann auch den Namen Stefan Ap. genannt. Er sei ganz sicher nicht dabei gewesen, erwidert Ap. Dann zitiert Ilius aus der polizeilichen Vernehmung mit Kai St., derzufolge Mundlos über Zschäpes Familie gehetzt habe und Mundlos und Ap. sich spinnefeind gewesen seien, das habe Zschäpe sehr belastet, in der Zeit sei sie öfter bei Ap. zu Hause gewesen. Er könne sich nicht erinnern, das sie ihn zu der Zeit besucht habe. Den Namen Sven Fi. kenne er aus seiner Jenaer Zeit, der sei eigentlich aus der Punkszene. Ilius hält aus einem Vermerk des LKA vor, der besagt, dass ein Sven Fi. aus der linken Szene in Weimar laut einer Freundin gesagt habe, er habe Stefan Ap. getroffen, dieser habe ihm berichtet, dass sich Zschäpe in Holland aufhalte. Weiter stehe dort, es müsse davon ausgegangen werden, dass Ap. den Aufenthaltsort von Zschäpe kennt. Das könne nicht sein, er habe Fi. nicht getroffen, so Ap.
RA Kaplan fragt, was Ap. gegen den Staat gehabt habe. Ap. sagt, sie seien frustriert gewesen und hätten sich gegen alles gewandt. Gegen den Staat hätten sie gehabt, „dass er alles zulässt, die Ausländer, und wir hängen auf der Straße rum“. Sie hätten sich gedacht, dass die Ausländer vom Staat Geld und Wohnungen bekämen und nichts dafür machen müssten. Darüber habe man sich beim Beisammensein unterhalten. Kaplan fragt nach dem Angriff auf die Romni mit dem Kuchen. Ap. sagt, in der Jenaer Innenstadt habe eine Frau vor der Bäckerei auf dem Boden gesessen, Böhnhardt sei dann in die Bäckerei gegangen, habe sich ein Stück Kuchen gekauft und auf die Frau geworfen. Sie hätten beide gelacht, sich aber nicht weiter darüber unterhalten. Er habe das nicht so schlimm gefunden, es sei ein Stück Kuchen, Torte gewesen. Auf Frage sagt Ap., er habe sich vor 15, 16 Jahren aus der Szene zurückgezogen, warum wisse er nicht genau, er habe aber viel gearbeitet. Kaplan fragt, ob Ap. wisse, woher Böhnhardt die Schreckschusswaffen gehabt habe, was Ap. verneint. Wann er zuletzt Kontakt zu Wohlleben und André K. hatte, wisse er nicht. Ap. bestätigt, dass sich das Verhalten Wohllebens ihm gegenüber nach dem Streit mit Mundlos nicht verändert habe. Kaplan fragt, ob Ap. sagen könne, warum man ihm nicht vertraut habe. Ap. sagt, er wisse es nicht, es sei einfach so. gewesen: „Ich kann nicht in die Hirne anderer Leute gucken.“ Anfangs sei er, sagt Ap. auf Frage, mit den Uwes auch mal Angeln gewesen, so Ap., zumindest mit Böhnhardt habe er auch mal Skat und Poker gespielt, in der Familie sei auch Doppelkopf gespielt worden. RAin Dierbach fragt, ob sich die Ablehnung der Szene gegen alle Ausländer gerichtet habe, auch gegen Engländer oder Schweden. Das bestätigt Ap. RA Kuhn fragt, warum der Kontakt zur rechten Szene in Chemnitz beendet worden sei. Ap. sagt, das wisse er nicht mehr, es habe sich verlaufen. Nach seinem Streit mit Mundlos seien die Chemnitzer nochmal in Jena gewesen, er glaube, er, Ap., sei danach aber nicht mehr in Chemnitz gewesen. Kuhn zitiert aus der Vernehmung von Kai St., dass laut St. Ap. und St. ein gutes Verhältnis gehabt hätten und sich einig gewesen seien, dass sie die drei nicht unterstützen würden. An so etwas könne er sich nicht erinnern, sagt Ap. RA Daimagüler fragt zu den Interessen Zschäpes. Sie habe gerne Karten gespielt, Wein getrunken und Party gemacht, sonst wisse er nichts, so Ap. Zschäpes erster Freund hab sich auch wie ein Angehöriger der rechten Szene gekleidet, sei aber in der Szene nicht wirklich anerkannt worden, so Ap. auf Frage. Dann will Daimagüler wissen, warum Ap. nicht auf die Briefe von Zschäpe geantwortet habe. Er habe nicht gewusst, was er schreiben soll, so Ap., er habe 15 Jahre nichts gehört und dann gebe es die Anschuldigungen gegen sie. Zschäpe habe nur private Dinge geschrieben. Seine Tante und seine Oma hätten auch Briefe bekommen und auch geantwortet. Daimagüler will wissen, wie er sich die Ablehnung von Ausländern vorzustellen habe, ob sie abends zusammen gesessen und auf Schweizer, Schweden, Luxemburger geschimpft hätten. Ap. sagt: „Mehr auf den Ostblock und südlichere Länder.“ Daimagüler fragt, auf welche. Ap.: „Alle. Ist doch egal.“ Auf erneute Nachfrage spricht Ap. von südlichen Ländern und Afrikanern, dann von Türken und Rumänen. Daimagüler fragt, ob es ein spezielles Thema bei den Türken gegeben habe, was Ap. verneint. Daimagüler sagt, er habe aber doch über Türken geschimpft, aber nicht über Norweger. Ap. gibt einen unverständlichen Laut von sich. Daimagüler sagt, er hab das Gemurmel nicht verstanden. Ap. erwidert, er habe nur gebrummt. Daimagüler sagt, dann solle er das ins Deutsche übersetzen. Ap.: „Das war ein deutsches Brummen.“ Götzl ermahnt Ap., die Fragen zu beantworten. Ap. sagt, es sei nicht speziell um Türken gegangen: „Nicht speziell Türken scheiße, Afrikaner scheiße. Alles Scheiße.“ Auf Frage von RA Stolle sagt Ap., der Spitzname von Wohlleben sei „Wolle“. RA Reinecke fragt, ob sich Ap. vorstellen könne, dass seine Großmutter mal geäußert hat, wenn jemand was wisse, dann er. Er habe der Großmutter gesagt, dass er der letzte wäre, der was erfährt. Sieh habe ja gar keinen Kontakt zu den Leuten gehabt und werde sich das deswegen so gedacht haben. Reinecke sagt, in der Akte zu der erwähnten Gartenparty stehe zu Ap.s Person, er sei Mittäter der Skinhead-Szene Chemnitz und aufgefallen bei einem Gedenken für Rudolf Heß in Chemnitz. Ap. sagt, er sei bei keiner Demo dabei gewesen. Er sagt, er kenne keine völlig andere Version, wie es zu der Auseinandersetzung mit Mundlos kam. Reinecke hält eine Aussage des Vaters von Mundlos vor, derzufolge Ap. mit Wahrscheinlichkeit Informant der Polizei sei, er, Siegfried Mundlos, habe sich bei einer Person für das Verhalten seines Sohnes entschuldigt. Diese habe dann geäußert, dass die Straftat nicht aufgeklärt worden wäre, wenn nicht der Ap. einen Tipp gegeben hätte. Es könne sein, dass er einen Tipp gegeben habe, aber er sei kein V-Mann gewesen. Dann fragt Reinecke zu einem Interview, das Ap. für die ARD-Dokumentation „Der Zschäpe-Prozess“ gegeben habe. Dort habe Ap., so Reinecke, zusammenfassend gesagt, dass die drei in Chemnitz untergetaucht seien. Ap. erwidert, er habe gesagt, wenn er selbst untertauchen würde, würde er nicht in Chemnitz untertauchen, wo man jahrelang verkehrt sei. Reinecke wiederum sagt, Ap. habe gesagt, es gebe enge Verbindungen Jena-Chemnitz und deshalb hätte die Polizei doch als erstes in Chemnitz nach gucken sollen. Ap. sagt Ja. Reinecke will wissen, ob Ap. sich keine Gedanken gemacht habe. Ap. sagt, er habe sich Gedanken gemacht, aber an Chemnitz hätte er als letztes gedacht. Ap. sagt auf Frage von Reinecke, dass er in der Dokumentation gesagt habe, er denke, dass Zschäpe irgendwann mal aussagen wird.
RA Bliwier hält aus der Vernehmung von Kai St. vor, St. habe nie vermutet, dass die drei in Chemnitz sind, weil [Thomas] St. und Böhnhardt sich nicht hätten leiden können; es sei von Südafrika die Rede gewesen, er wisse aber nicht, ob das Ablenkung gewesen sei, jedenfalls er [Kai St.] erinnere sich aber, dass er wüst angesprochen worden sei, wo denn sein Geld bleibe, dabei habe er zusammen mit Stefan Ap. öffentlich gemacht, dass er die drei nicht unterstütze. Ap. sagt, davon wisse er nichts. Die Frage, ob er häufiger Erinnerungslücken habe, verneint Ap. Ap. sagt, es könne sei, dass es ein Foto mit ihm gibt, wo er den „Kühnen-Gruß“ [Abwandlung des Hitler-Grußes] zeigt. Es folgt eine Pause bis 16.36 Uhr.

Auf Frage von RAin Lunnebach verneint Ap. die spanische Staatsbürgerschaft zu haben. Dann fragt Lunnebach, ob Ap. das Gefühl habe, Spaniern den Arbeitsplatz wegzunehmen. OStA Weingarten beanstandet die Frage. Götzl sagt, es gehe um Angaben zur rechten Gesinnung. Ap. sagt, er denke nicht, dass er Spaniern den Arbeitsplatz wegnehme, manchmal würden auch Spanier für ihn arbeiten. Auf Frage von Lunnebach bestätigt Ap. mal bei einer Kreuzverbrennnung gewesen zu sein. Das sei bei einer Party gewesen, da habe jemand das Kreuz hingestellt und angebrannt. Es sei wohl darum gegangen, den Ku-Klux-Klan nachzuäffen, und um die „Rassenverfolgung in Amerika“. Auf die Frage, ob man sich darauf positiv oder negativ bezogen habe, sagt Ap., er habe das Kreuz nicht aufgestellt, er wisse auch nicht mehr, wer dabei war. Dann werden Ap. mehrere Namen aus einem Ermittlungsverfahren wegen der Kreuzverbrennung, darunter Wohlleben, André K, Tom Tu., Holger G., Mark-Rüdiger He. und Stefan Ap. selbst. Er habe keine Erinnerung, so Ap. Nach einer Pause geht es um 16.53 Uhr weiter. RAin Clemm lässt Ap. ein Bild von mehreren Personen in Bomberjacken mit einer schwarz-weiß-roten Fahne gezeigt. Ap. nennt die Namen Wohlleben, Holger G., André K. Diese drei Personen zeigen den „Kühnen-Gruß“. Weiter nennt Ap. Ronny We., den Namen Ho. und sich selbst. Zur Bedeutung der Farben der Fahne befragt, sagt Ap., das seien „Nationalfarben“. Laut Akte sei das Bild vom 28. Juni 1996, sagt Clemm. Ap. sagt, das müsse älter sein. Dann wird Ap. ein Bild von zwei Personen mit „Kühnen-Gruß“ vorgelegt. Ap. muss sich tief herunter beugen, um das Bild erkennen zu können. Dann sagt er, das seien er selbst und Kai St. Den Zusammenhang wisse er nicht mehr, er kenne auch die Bedeutung des „Kühnen-Grußes“ nicht. Man sehe doch, so Ap., dass er da wieder betrunken gewesen sei. Dann wird ein Bild von einer Kreuzverbrennung gezeigt, vor dem Feuer, mit dem Rücken zur Kamera steht ein Neonazi in Bomberjacke. So könne das gewesen sein, sagt Ap. Clemm fragt, ob Zschäpe bei der Kreuzverbrennung dabei gewesen. Er wisse nicht mehr, wer dabei war, so Ap. Auf die Frage, ob ein Sozialarbeiter dabei gewesen sei, sagt Ap., das glaube er nicht. Clemm geht noch einmal auf den Tipp, den Ap. laut Siegfried Mundlos gegeben habe, ein. Ap. sagt, er sei mal vorgeladen worden, könne sich aber nicht mehr an die Vernehmung erinnern, er glaube nicht, dass er einen Tipp gegeben habe. Als nächstes fragt RA Hoffmann. Auf dessen Frage sagt Ap., Mundlos habe Thomas St. Briefe ins Gefängnis geschrieben. Mundlos habe in „unserer aller Namen“ den Briefkontakt ins Gefängnis gemacht. Hoffmann sagt, Mundlos habe also für eine Gruppe von Menschen den Kontakt zu Inhaftierten hergestellt. Das bestätigt Ap. Mundlos habe St. gekannt und es sei die Zeit gewesen, in der sie immer in Chemnitz gewesen seien. Hoffmann fragt, wie das abgelaufen sei, ob Mundlos gesagt habe, er schreiben wieder an St. und sie hätten dann Grüße ausrichten lassen. Ap. sagt, Mundlos habe im Gruppennamen Grüße ausgerichtet. Hoffmann will wissen, welche Gruppe das gewesen sei. Ap. sagt, die die nach Chemnitz gefahren seien, die Gruppe habe keinen Namen gehabt. Mundlos habe dann auch einen schönen Gruß von St. zurück ausgerichtet. Wenn sie nach Chemnitz gefahren seien, dann hätten sie sich immer in Jena getroffen, wo wisse er nicht mehr, so Ap. auf Frage von Hoffmann. Mundlos habe nicht gesagt, dass er schreibt, sondern einfach geschrieben. Von ihm, Ap., habe Mundlos dem St. nichts Konkretes berichtet. Hoffmann zitiert aus einer Auswertung von Dokumenten und Briefen, die in der Garage gefunden worden seien. Ap. sagt, Mundlos habe von sich aus gegrüßt, ohne nochmal nachzufragen. Hoffmann zitiert aus der Auswertung, dass „Stefan, Thomas, Tom, Tuffi und Uwe“ grüßen. Das habe Mundlos also einfach so gemacht, fragt Hoffmann. Ap. bejaht das, das sei auch in Ordnung für ihn gewesen. Hoffmann fragt, ob das eine „Knastbetreuung“ gewesen sei. Ap.: „auf eine Art schon.“ Er wisse nicht mehr, ob Mundlos erzählt habe, was St. bei Briefen zurück geschrieben hat. In einer Zusammenfassung stehe, dass „Esche“, La. und Antje zu Besuch kommen wollten. Mit „Esche“ habe er nicht soviel zu tun gehabt, so Ap., Antje sei wohl eine von den Freundinnen „von denen da“ gewesen. Hoffmann fragt, ob „Esche“ Thomas Es. sei, was Ap. bestätigt. Wo er rechte Musik kennengelernt habe, wisse er nicht mehr, so Ap. In Jena habe es nur einmal ein kleines Konzert im „Winzerclub“ gegeben, auf den Namen der Band komme er nicht mehr. Hoffmann fragt, ob es sich um die Band „Vergeltung“ gehandelt habe, was Ap. bestätigt. Auf Frage von Hoffmann sagt Ap., Konzerte seien deutschlandweit gewesen und nennt die Städte Chemnitz und Magdeburg. In Hamburg, Schleswig-Holstein, im „Club 88“, in Mecklenburg-Vorpommern, z. B. in Anklam, sei er, glaube er, noch nicht gewesen, so Ap. auf Frage von Hoffmann. Richter Götzl fragt nach der Relevanz der Frage. Nachdem der Zeuge den Saal verlassen hat, sagt Hoffmann, er habe heute über den Tag manch eine Frage gehört, die darauf zielte, zu ergründen welche politischen Einflüsse auf die Angeklagten, insbesondere Zschäpe, zwischen 1990 und dem Untertauchen eingewirkt haben. Vorhin habe man gehört, das Zschäpe wenig Interesse an der Musik gehabt habe, aber die anderen ein großes Interesse. Man habe aber nicht gehört, um was für Bands und welche Inhalte es gehe. Götzl sagt, dann solle Hoffmann die Frage so stellen. Hoffmann erwidert: „Wenn ich die so stelle, dann kriege ich keine Antwort.“ Bundesanwalt Diemer sagt, es sei empörend was die rechtsextremistische Szene getan habe, es gehe aber um die hier verhandelten Taten. Hier solle Allgemeinkundiges über den Zeugen eingeführt werden. Hoffmann erwidert, wenn man sehe, dass in der Garage neben dem Sprengstoff Inhalte mit solchen Texten gefunden worden seien, dann müsse man fragen, ob es solche Musik war, mit der die Angeklagten ihre Zeit verbracht haben. Er erinnere daran, dass Wohlleben und der Zeuge André K. solche Veranstaltungen weiter gemacht und darüber ihre Netzwerke aufgebaut hätten. Es gehe auch darum, welche Verbindungen bestanden und welche aufrecht erhalten wurden. Diemer sagt, es gehe um die Wahrnehmungen des Zeugen. Welche Auswirkungen das gehabt habe, müsse Zschäpe sagen, die aber nichts sage. Diemer: „Wenn das so weiter geht, dann verhandeln wir in 5 Jahren noch.“ Darauf sagt Hoffmann, Diemer solle doch einfach beanstanden. Götzl wirft ein, er selbst habe schon beanstandet. Darauf erwidert Hoffmann, dann solle Götzl die Frage eben nicht zulassen. Der Zeuge kommt wieder in den Saal. Auf Frage von Hoffmann sagt er, die meisten Konzerte habe er von 1990 bis zum Streit mit Mundlos in der Gegend von Chemnitz gesehen. Es seien keine festen Orte gewesen, wer die Konzerte organisiert habe, wisse er nicht. Er kenne die Gruppierung „„, das habe aber damit nichts zu tun gehabt. Er wisse nicht, ob es die Gruppierung in Chemnitz gebe, er kenne auch niemanden von „Blood & Honour“. Hoffmann fragt, ob es Bands gegeben habe, die häufiger gespielt hätten. Ap.: „Das weiß ich alles gar nicht mehr.“ Er glaube, dass Zschäpe mit ihm persönlich nie zu einem Konzert gefahren sein. Er wisse auch nicht, ob Wohlleben mal dabei gewesen sei, mit Mundlos sei er jedenfalls mehrfach zusammen zu Konzerten gefahren. Die Bandnamen könne er nicht mehr nennen. Hoffmann fragt, ob Ap. Fan einer bestimmten Band gewesen sei. Das verneint Ap., er habe sich viele Band angehört. Er wisse auch nicht, ob Mundlos Fan einer bestimmten Band war. Hoffmann fragt: „Wussten sie das noch nie oder erinnern sie es nicht?“ Er wisse es nicht, so Ap., er habe nicht gefragt. Hoffmann fragt, ob die Frage, welche Bands spielen, ein Kriterium gewesen sei, ob man hin fährt. Das sei egal, so Ap., wichtig sei die Musik und das Trinken. Hoffmann fragt, ob Musik oder Texte wichtig gewesen seien. Die Texte seien sicherlich auch wichtig gewesen, so Ap. Die Musik habe am besten schnell und hart seien müssen. Die Texte hätten rechtsextremen Inhalt haben und zum Mitgrölen sein müssen. Hoffmann fragt, ob es irgendwelche Texte gegeben habe, die Holger G., Wohlleben, Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe besonders gut gefunden hätten. Das wisse er nicht, so Ap.

Die Vernehmung wird unterbrochen und morgen fortgesetzt. Der Verhandlungstag endet um 17.32 Uhr.

Das Blog „NSU-Nebenklage“ zur Aussage von Stefan Ap.:

„Der Zeuge folgt der offensichtlich für die Zeugen aus der Naziszene ausgegebenen Losung ‚alles vergessen!‘ (…) Das Gericht lässt ihn gewähren, denn die für die Bestätigung der Anklage wichtigen Angaben hat er bereits gemacht: Beate Zschäpe war selbstbewusst, sie hatte ihre Männer im Griff und ließ sich nicht unterbuttern. Sie war gleichberechtigtes Mitglied der Naziszene um sie, Mundlos, Böhnhardt, K., G. und Wohlleben.“

Nebenklagevertreter RA Scharmer zur Aussageverweigerung von Annerose Zschäpe:

„Dass die Mutter (…) von ihrem Recht, die Aussage zu verweigern, Gebrauch macht, ist aus ihrer Sicht nachvollziehbar. (…) Nicht zu verstehen ist, warum das BKA und die Bundesanwaltschaft nicht bereits im Ermittlungsverfahren veranlasst haben, dass die Zeugin ordnungsgemäß von einem Richter vernommen wird. Nahe Verwandte dürfen schweigen. Annerose Zschäpe hatte sich allerdings 2011 umfassend bei der Polizei geäußert. Es gehört zum Standardprozedere, dass in solchen Fällen Vernehmungen zumindest richterlich wiederholt werden. Dann bleibt die Aussage, auch wenn sich die Zeugen später auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen, verwertbar. Ein einleuchtender Grund, gerade bei Frau Zschäpe ein solches Vorgehen zu unterlassen, ist nicht erkennbar.“

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