Protokoll 78. Verhandlungstag – 23. Januar 2014

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Einziger Zeuge des heutigen Verhandlungstages war Jürgen Böhnhardt, 69, Vater von Uwe Böhnhardt. Im Gegensatz zu seiner Frau bemühte sich Jürgen Böhnhardt nicht besonders, seinen Sohn mit Verweis auf Behörden oder die Rolle von Uwe Mundlos zu entlasten. Auch Jürgen Böhnhardt berichtete von Treffen mit den den Dreien in Chemnitz. Dabei hätten alle drei immer wieder betont, dass sie sich nicht stellen wollten. Er erzählte auch von Übergaben von Geld und Gegenständen über Mittelsleute sowie von Zahlungen an und Treffen mit Anwält_innen. Dabei unterschieden sich die Angaben teilweise deutlich von denen seiner Frau.

Der Verhandlungstag beginnt um 9.46 Uhr.

Als der Vorsitzende Richter Götzl den Zeugen Jürgen Böhnhardt fragt, ob er mit einem/r der Angeklagten verwandt oder verschwägert sei, entgegnet dieser, wer angeklagt ist. Götzl nennt die Namen der Angeklagten, worauf Böhnhardt die Frage verneint. Götzl bittet Böhnhardt, von der Entwicklung seines Sohnes zu berichten.

Jürgen Böhnhardt beginnt. Sein Sohn sei 1977 geboren. Im Kindergarten und in der Schule bis zur 4., 5., 6. Klasse sei alles normal gewesen. Er sei aufgeweckt und interessiert an verschiedenen Sportarten gewesen. Irgendwann 1988, 1989 habe er begonnen, in der Schule zu „bummeln“. Er habe Schulen und Klassen gewechselt. Er habe angefangen, unerlaubt Auto zu fahren. Man sei dann relativ schwierig an ihn heran gekommen. Er habe ihnen, den Eltern, nicht glauben wollen, dass auch nach dem „Umschwung“ Schule und gute Leistungen absolut notwendig seien. Das habe nicht viel genutzt. Sie hätten sich mit verschiedenen Institutionen in Verbindung gesetzt, was zu tun sei. Uwe habe ältere Freunde gehabt, die ihn ausgenutzt hätten, glaube er, so Jürgen Böhnhardt, er wisse nicht mehr genau, welche Freunde. Es habe lange gedauert, bis er die ganze Schule habe abschließen können. Dazwischen habe es immer wieder Probleme wegen unerlaubten Fahrens gegeben. Dann habe Uwe ein gutes Vierteljahr in Hohenleuben [JVA] einsitzen müssen. Sie hätten gedacht, dass das geholfen habe. Vorher hätten sie noch versucht, ihn außerhalb von Jena auf einer „Sonderschule gewissermaßen“, in einem Heim unterzubringen. Nach relativ kurzer Zeit, vier bis sechs Wochen, sei da der Anruf gekommen, dass er gebummelt habe und sie ihn abholen sollten. Seine Frau habe sich sehr intensiv bemüht, ihn an einer Schule unterzubringen, aber keiner habe ihn haben wollen. In Hohenleuben hätten sie ihn öfter besucht, das sei ihnen sehr schwer gefallen. Er  sei wie ein kleines Kind gewesen, habe geheult und am Fenster gestanden und gewunken. Was Uwe in der Haft erlebt hat, wisse er nicht, aber er sei verändert gewesen. Irgendwie habe er das Gefühl gehabt, dass Uwe härter geworden sei, für sich und für andere. Er sei dann nochmal eingesperrt worden. Danach hätten sie sich wieder sehr bemüht, dass er zu einem Abschluss kommt.

Uwe habe ein Berufsvorbereitungsjahr gemacht und seine Schulpflicht erledigt. Dann habe er die Maurerlehre begonnen und nach zwei Jahren abgeschlossen. Er habe bei zwei Firmen angefangen und wieder gehen müssen. Uwe habe arbeiten wollen. Irgendwann sei er zu einer Firma gekommen, die sich als Drückerkolonne herausgestellt habe und sie hätten Uwe dann wieder zurückgeholt.
Während des Berufsvorbereitungsjahrs oder auch während der Lehre habe Uwe immer wieder Kontakt nach Winzerla gehabt, habe dort Freunde gefunden. Im Einzelnen wisse er das nicht, aber später hätten sie gewusst, dass auch Uwe Mundlos und Beate Zschäpe dabei gewesen seien. Die seien auch mal bei ihnen gewesen. Es seien nette junge Leute gewesen. Er könne hier noch einmal sagen, Waffen oder Kleidung, die ihn als Rechten ausgibt, das habe es bei ihnen zu Hause nicht gegeben. Es könne sein und sie hätten das auch später gewusst, weil ihnen Bilder vorgelegt worden seien, dass er eine Art Uniform getragen hat bei Demos. Springerstiefel und Bomberjacken seien relativ normal gewesen, so Böhnhardt, da seien Rechte und Linke mit herumgelaufen. Er habe seinen Sohn mal bei der Polizei abgeholt, da seien Leute mit Springerstiefeln herumgelaufen und er habe erst später erfahren, dass das Polizisten waren. Er habe Rechte, Linke und Polizisten nicht unbedingt unterscheiden können. 1998 sei es dann ziemlich eskaliert. Götzl fragt, ob sich Uwes Aussehen über die Jahre verändert habe. Eigentlich habe sich Uwe vom Aussehen nicht groß verändert, er sei natürlich erwachsener geworden, so Böhnhardt, am Anfang sei er nicht ganz ohne Haare herum gelaufen. Götzl sagt, Böhnhardt habe 1998 als besonders beschrieben und fragt, welche Kleidung sein Sohn damals getragen habe. Wenn er mit ihnen, den Eltern, unterwegs war, habe Uwe ganz normale, zivile Kleidung getragen. Auch Stiefel habe er bei ihnen nicht tragen dürfen. Götzl fragt, ob Uwe denn versucht habe, das zu tragen. Böhnhardt erwidert, sie hätten Bilder gesehen von Demonstrationen, da habe er die Sachen getragen. Das sei ihnen ja nachher auch gesagt worden von der Polizei. Sie seien damit nicht einverstanden gewesen. Götzl fragt, wann sie die Bilder von den Demonstration gesehen hätten. Böhnhardt: „Immer wenn es zu spät gewesen ist.“ Götzl fragt, was damit gemeint sei. Böhnhardt antwortet, da sei immer schon ein Verfahren gewesen. Götzl hakt nach, wofür es zu spät gewesen sei. Böhnhardt: „Dass wir so richtig eingreifen konnten.“ Götzl will wissen, was für Bilder das gewesen seien. Böhnhardt antwortet, das seien Bilder gewesen, auf denen Uwe in der Masse demonstriert habe, wo die Rechten Aufzüge gemacht hätten mit Fahnen, und der V-Mann, , in der ersten Reihe und die anderen in der nächsten. Götzl fragt, nach der Rolle seines Sohnes Böhnhardt dabei. Der sei mitten drin gewesen, antwortet Böhnhardt. Man habe das ja auch in der Zeitung gesehen, das seien „krasse Bilder“, wenn er den Mund aufgerissen habe, aber da sei er auch vielleicht auf dem Sportplatz gewesen. Man könne auch Schnappschüsse machen und die ganz anders kommentieren, sagt Böhnhardt.

Götzl fragt, ob es zu spät gewesen sei, um insgesamt zu reagieren. Böhnhardt erwidert, sie hätten ja reagiert. Sie hätten versucht, ihn dahin zu bringen, dass er ein ganz normaler Bürger wird, „nicht wird, sondern bleibt“. Er wisse auch nicht, wo er das Gedankengut her gehabt habe. Er, der Vater, kenne keinen aus der Verwandtschaft, von Freunden oder Arbeitskollegen, der so eine Meinung vertrete. Uwe habe auch nicht mit ihnen diskutiert, keiner von seinen Freunden. Götzl fragt, welche Meinung Uwe denn vertreten habe. Böhnhardt sagt, es gehe um  das, was ihm hier angekreidet werde. Das habe er, Jürgen Böhnhardt, nicht gewusst, dass Uwe sich in so eine Meinung rein entwickelt habe, als Rechtsradikaler, als Neonazi. Das hätten sie damals überhaupt nicht gewusst, dass das so schlimm gewesen ist. Auf Frage von Götzl sagt Böhnhardt, er habe mit Uwe diskutiert, wenn sie die Bilder gesehen hätten. Da habe Uwe gesagte, das dürfe der Vater nicht so ernst nehmen. Böhnhardt weiter: „Da habe ich den Ernst der Lage immer noch nicht erkannt.“ 1998 sei Uwe dann in den Untergrund gegangen, sagt Böhnhardt auf Frage, er wisse nur, dass 1997 nochmal ein Prozess gewesen sei, bei dem Uwe wohl zu zwei Jahren oder mehr verurteilt worden sei. Bis dahin habe Uwe nicht einsitzen müssen. Was im Januar frühmorgens passiert sei, wisse er nur von seiner Frau und dem Nachbar. Er selbst sei da nicht zu Hause gewesen. Was sein Sohn später bei den Treffen gesagt habe, das würde er jetzt auch nicht mehr alles glauben, aber er würde auch nicht alles verneinen.

Götzl fragt zu dem, was in den Monaten zuvor passiert ist. Sein Sohn habe keine Arbeit gehabt, viel Freizeit, sagt Böhnhardt. Sie, die Eltern, seien arbeiten gegangen und ihr Sohn habe sich irgendwo herum getrieben, er wisse es nicht so genau. Wenn sie ihn gebraucht hätten, sei er da gewesen. Götzl will wissen, was Uwe zu den Vorwürfen gesagt habe, derentwegen er zu zwei Jahren verurteilt wurde. Uwe habe gesagt, dass alles ein bisschen übertrieben sei, mit seinen Messern und Waffen, die er da gehabt haben soll. Er, Jürgen Böhnhardt, sei überhaupt kein Freund von Waffen, aber ein Taschenmesser und einen kleinen Hirschfänger würde auch er nicht als Waffe bezeichnen.  Götzl  möchte wissen, ob Böhnhardt meint, sein Sohn sei zu hart angefasst worden. Das wolle er nicht unbedingt sagen, er und seine Frau seien nicht dabei gewesen, hätten das ja nicht gesehen. Sie hätten bei den Bildern von Uwes Waffenarsenal aber den Eindruck, dass alle Waffen, die er jemals gehabt habe, immer auf einen Haufen gelegt worden seien. Er könne sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass diese Waffen alle bei ihnen raus geholt worden sein sollen. Er wisse aber sicher, dass Uwe auch mal schnell die Hand ausgerutscht sei und „vielleicht auch noch ein bisschen mehr“. Das finde er, der Vater, nicht richtig. Er sei absolut gegen Gewalt. Götzl fragt nach Beispielen. Böhnhardt sagt, er habe Uwe ihn nie geschlagen, auch keinen anderen. Vielleicht sei er auch ein bisschen feige. Weiter sagt er, dass sie Uwe vielleicht mal eine Ohrfeige hätten geben sollen, aber dann wären sie vielleicht auch mal verklagt worden wegen Körperverletzung. Götzl fragt nochmal nach Vorfällen, in die Uwe verwickelt war. Böhnhardt sagt, direkt habe er es nicht mitbekommen, aber Jahre später habe er von einer Bekannten erfahren, dass deren Sohn Angst vor Uwe gehabt habe. Er wisse nicht genau vor welchem Uwe, nehme aber an, dass es um ihren Uwe ging. Die hätten sich in die Haare gekriegt, das seien Rechte und Linke gewesen.

Götzl will wissen, von welchen Vorwürfen der Behörden Böhnhardt bis 1998 erfahren habe, und ob er mit dem Sohn darüber gesprochen habe. Wenn Durchsuchungen gewesen seien, habe er immer mit dem Sohn gesprochen, so Böhnhardt. Das Thema bei den Vorwürfen sei eigentlich immer gewesen: „Rechtsradikal, Besitz von Waffen.“ Wenn er seinen Sohn angesprochen habe, habe Uwe das immer ein bisschen negiert. Er, der Vater, habe nicht gewusst, was er davon halten solle. Böhnhardt sagt, er wolle nicht sagen, dass das nicht berechtigt gewesen sei, aber gefunden hätten sie bei den Durchsuchungen bis auf Kleinigkeiten nichts. Es habe vier oder fünf Durchsuchungen gegeben, so Böhnhardt auf Frage. Er bestätigt, dass Uwe bis zum Schluss bei ihnen gewohnt habe. Götzl will wissen, ob sich Böhnhardt mit den Antworten seines Sohnes zufrieden gegeben habe. Böhnhardt antwortet, sie hätten Kontakt zu Mundlos und Zschäpe gehabt, Zschäpe habe auch mal bei ihnen gewohnt, als sie kein Zuhause gehabt habe. Sie hätten da immer gedacht, jetzt müsse es doch besser werden und seien erstaunt gewesen, sie auch auf den Bildern zu sehen. Uwe Mundlos sei intelligent gewesen, habe studieren wollen und er, Böhnhardt, habe gehofft, dass das dann endlich mal nachlasse und sein Uwe zur Besinnung komme. Das sei leider nicht der Fall gewesen. 1997/ 98 habe er gesehen, dass auch Mundlos und Zschäpe auf den Demos waren, sagt Böhnhardt auf Frage. Er habe vergeblich versucht darüber mit Uwe und den anderen ins Gespräch zu kommen.

Götzl fordert Böhnhardt auf, Mundlos und Zschäpe zu beschreiben, die Umstände, unter denen sein Sohn die beiden kennengelernt habe und die weitere Entwicklung. Er habe das erst mitgekriegt, als sein Sohn und Zschäpe ein Pärchen gewesen seien, antwortet Böhnhardt. Das sei ihnen, den Eltern, nicht unangenehm gewesen. Zschäpe sei eine nette, freundliche junge Frau gewesen, ihnen gegenüber zurückhaltend, trotzdem aufgeschlossen. Sie habe etwas lernen wollen, „was eine Frau normalerweise so macht, kochen, backen, bügeln“. Im Saal kommt kurzzeitig Gelächter auf. Zschäpe und Mundlos habe er ab 1996/97 wahrgenommen, für ihn seien die beiden gleichzeitig als Freunde seines Sohnes aufgetreten. Mundlos sei ein netter, freundlicher, intelligenter junger Mann gewesen. Dann fragt Götzl zu den damaligen Lebensumständen Zschäpes. Er wisse, dass sie eine schwere Kindheit gehabt habe, dass sie vorwiegend bei der Großmutter gelebt habe. Als die Mutter sich eine kleinere Wohnung genommen habe, habe Beate Zschäpe eine Zeit lang bei den Böhnhardts gewohnt. Bei der Einrichtung ihrer eigenen Wohnung hätten sie Zschäpe geholfen, hätten ihr alte Möbel gegeben. Von Uwe Mundlos wisse er sonst nicht viel mehr, der habe eine eigene Wohnung und ein Auto gehabt. Ihrem Sohn hätten sie auch ein Auto gekauft, damit er nach seiner Lehre flexibler sein könne. Mundlos habe die Schule gemacht und Zschäpe, so glaube er, habe umgelernt als Gärtnerin. Er habe das Gefühl gehabt, die Arbeit hätte Zschäpe Spaß gemacht, sie habe aber keine Arbeit bekommen. Da sei sie aber auch nicht die einzige gewesen. Zschäpe sei mal zu Geburtstagen bei ihnen zu Hause gewesen. Insgesamt sei sie höchstens einmal im Monat da gewesen, Mundlos vielleicht zweimal im Jahr. Er wisse das nicht mehr, es sei sehr lange her. Er habe seinen Sohn und Zschäpe als nettes Pärchen angesehen.

Götzl fragt zur Rolle von Mundlos. Wenn er da gewesen sei, sei er ein netter junger Mann gewesen. Mundlos habe sich in in technischen Dingen, gerade Computertechnik ausgekannt. Götzl fragt, worüber mit Zschäpe gesprochen wurde. Es sei eigentlich um alles gegangen; sie seien im Garten gewesen und hätten dort gearbeitet, es sei um botanische Themen gegangen, darum, wie man eine Tafel decken könne, dass es schön aussieht. Sie hätten, so Böhnhardt weiter, nichts dagegen haben können, wenn Uwe und Beate ein richtiges Paar geworden wären. Götzl sagt, Böhnhardt habe eben von einer schweren Kindheit Zschäpes gesprochen. Böhnhardt sagt, damit sei gemeint, dass der Vater nie da gewesen sei. Das sei ein Ausländer gewesen ist, ein Rumäne wohl, die Mutter habe sie praktisch alleine aufziehen müssen. Die Mutter habe auch gearbeitet, deswegen sei Beate meistens bei der Oma gewesen. Sie habe sich selbst „Großmutterkind“ bezeichnet. Götzl fragt, wie Zschäpe ihr Verhältnis zu ihrer Mutter beschrieben habe. Als kühl, antwortet Böhnhardt, es habe kein großes, festes Verhältnis gegeben. Er wüsste nicht, dass über Zschäpes Vater gesprochen worden wäre.

Es folgt eine Pause bis 11.17 Uhr.

Danach fragt Götzl, ob bei den Gesprächen auch über politische Einstellungen, Demonstrationen oder über die Vorfälle, mit denen sie durch die Bilder konfrontiert worden seien, gesprochen wurde.  Darüber sei gesprochen worden, mehr könne er aber kaum erzählen, so Böhnhardt. Er habe auch keine Situation mehr vor Augen. Sie hätten eigentlich mit allen dreien gesprochen, wie sie auf solche Ideen kämen. Da habe es geheißen, sie könnten äußern, was sie wollten. Darauf habe er gesagt: „Aber nur im Rahmen des Gesetzes.“ Darauf hätten die drei gesagt, dass sie alles ihm Rahmen des Gesetzes machten. Es sei dann zu einem anderen Thema abgebogen worden, da habe man bohren können, soviel man wollte. Auf Frage von Götzl sagt Böhnhardt, er wisse nicht, was bei Uwe in der Haft vorgefallen sei. Sie hätten das Gefühl gehabt, dass da Sachen passiert seien, die ihn geprägt hätten, aber er habe sich dazu nicht geäußert. Götzl fragt, was „härter“ bedeute. Böhnhardt: „Dass er sich vielleicht nicht so viel gefallen lassen hat, vielleicht eher mal zu gehauen hat, ich weiß es nicht.“ Als weitere Freunde nennt Böhnhardt Holger G. und André Kapke, der mit bei ihnen im Block gewohnt habe, und spricht von „dem anderen Angeklagten“, dessen Name ihm gerade nicht einfalle. Auf Nachfrage nennt Böhnhardt den Namen Wohlleben. Götzl sagt, Böhnhardt solle doch Uwes Verhältnis zu diesen drei Freunden beschreiben. Nach seiner Kenntnis seien diese drei nie bei ihnen, den Böhnhardts, zu Gast gewesen. Er selbst habe keinen großen Kontakt gehabt, sie höchstens mal gegrüßt. Er wisse nicht einmal, ob er Holger G. und André Kapke wiedererkennen würde. Die Namen seien mal gefallen und er wisse, dass sein Sohn mit denen unterwegs gewesen sei. Manchmal sei er nicht sicher, ob er das erlebt oder in den letzten zwei Jahren gelesen habe. Er wolle Zeitungswissen nicht als sein Wissen verkaufen.

Götzl fragt, was Böhnhardt zur Flucht und zur Garagendurchsuchung von seiner Frau oder anderen erfahren habe. Seine Frau sei eine Zeit lang bei der Durchsuchung dabei gewesen, habe dann aber auch zur Arbeit gemusst, so Böhnhardt. Ihre Garage sei durchsucht worden, etwas sei auch mitgenommen worden. Uwe müsse mit der Polizei zu der Garage gefahren sein, um die es eigentlich ging, und dann sei er irgendwann verschwunden. Am Tag drauf sei die Polizei mit drei Autos mit Blaulicht in der Mittagszeit bei ihm vor dem Betrieb aufgetaucht und habe ihn raus geholt. Sie seien dann gemeinsam in den Garten gefahren, der sei durchsucht und verschiedene Sachen, die man als Kleingärtner brauche, seien mitgenommen worden. Die Polizei sei auch bei seiner Frau an der Schule gewesen während der Dienstzeit. Unerklärlich sei ihnen, dass der Garagenschlüssel oben wieder zu Hause gewesen sei. Der Uwe habe seine Papiere genommen, habe sich noch anziehen müssen. Irgendwann sei das Auto wieder da gewesen, der Schlüssel, so nehme er an, sei im Briefkasten gewesen. Polizei, LKA und aller Wahrscheinlichkeit nach auch Verfassungsschutz hätten sie ausgefragt, wo Uwe sei. Sie selbst hätten auch gefragt, wo Uwe ist, der könne doch nicht einfach so verschwinden, aber Polizei und VS hätten es auch nicht gewusst. Auf Frage von Götzl sagt Böhnhardt, mit dem Ehepaar Mundlos hätten sie sich unterhalten. Herr Mundlos habe Uwe Böhnhardt für alles verantwortlich gemacht. Das hätten sie nicht akzeptieren können. Mit der Mutter von Zschäpe hätten sie eigentlich keinen Kontakt gehabt, jedenfalls nicht er selbst, vielleicht seine Frau. Sie habe ihnen nicht helfen können, die Polizei habe nicht helfen können. Sie hätten nicht gewusst, was Sache war.

Dann fragt Götzl danach, ob Böhnhardt danach Kontakt zu seinem Sohn gehabt habe. Über den direkten Aufenthalt hätten sie nie Informationen bekommen, antwortet Böhnhardt. Einmal hätten sie eine Nachricht bekommen, dass sie an eine Telefonzelle kommen sollen um eine bestimmte Zeit, dann würden sie angerufen. Da hätten sie ihren Sohn gehört und die anderen im Hintergrund. Sie hätten beide am Hörer gehangen und damit sei die Kommunikation schlecht gewesen. Sie wollten, dass die drei sich stellen, aber von den dreien habe es geheißen, dass sie bleiben. Das sei auf jeden Fall nicht so schnell gewesen, aber das sei zeitlich schwer einzuordnen, sagt Böhnhardt auf Frage. Sie hätten erfahren, dass es ihrem Sohn gut geht. Dass sie Frau Mundlos Grüße ausrichten sollten, sei wahrscheinlich später gewesen. Götzl fragt nach Treffen. Darauf antwortet Böhnhardt, sie hätten drei, vier, fünf Telefonate geführt. 1999 hätten sie dann eine Information gekriegt, dass sie sich in Zwickau treffen könnten um eine bestimmte Zeit an einer größeren Kaufhalle. Dann korrigiert sich Böhnhardt, dass es in Chemnitz gewesen sei. Die anderen Treffen 2000 und 2002 seien auch in dem Gebiet gewesen, so Böhnhardt weiter. Die Information hätten sie durch einen Zettel im Briefkasten bekommen, er könne aber nicht mehr genau sagen, wie das war. Das sei schwierig für sie gewesen: „Machen wir das, machen wir das nicht?“ Es sei aber um ihren Sohn gegangen und letzten Endes hätten sie es gemacht. Sie hätten ein Auto geborgt, seien hin gefahren und hätten mit denen geredet. Aber nicht sehr lang, nehme er an. Da sei Angst mit im Spiel gewesen, dass man doch erwischt wird. Einer der drei Untergetauchten sei immer vornweg gekommen und habe geguckt. Das habe ihm, Jürgen Böhnhardt, überhaupt nicht behagt. Sie hätten mit allen mal gesprochen. Die drei hätten gesagt, es gehe ihnen gut, sie hätten aber nicht so sehr gut ausgesehen. Er nehme an, so Böhnhardt weiter, dass der Untergrund ihnen auch zu schaffen gemacht habe. Es sei gefragt worden, wie es dem und dem gehe, ob sie von dem und dem etwas gehört hätten, von den Eltern. Dazu hätten sie nicht viel sagen können. Zum Schluss hätten sie sich gedrückt. Und sie hätten der Mutter von Uwe Mundlos Grüße bestellen sollen, aber ja nicht dem Vater. Die Grüße hätten sie bestellt, sie hätten Frau Mundlos mal gesprochen und ihr das da gesagt, ohne dass sie da viel gesagt hätten. Warum der Vater nicht gegrüßt werden sollte, wisse er nicht, sagt Böhnhardt auf Frage. An Grüße von Beate Zschäpe könne er sich nicht erinnern.

Die drei Treffen seien immer am gleichen Ort ziemlich am Eingang von Chemnitz gewesen. Was konkret die drei machen, wie sie leben, hätten sie gefragt, sagt Böhnhardt, aber die drei hätten nichts gesagt. Sie hätten gesagt, sie hätten Arbeit. Er und seine Frau hätten sie auch versucht zu beeinflussen, dass sie sich stellen. Er habe jetzt Probleme mit der Einordnung, wann die „ganze Sache“ mit dem VS gewesen sei. Die hätten jedenfalls auch mal versucht, Kontakt zu ihnen, den Eltern Böhnhardt, aufzunehmen, dass sie preisgeben sollten, wo die drei sind. Das hätten sie aber gar nicht gewusst. Es sei dann darum gegangen, dass die drei, wenn sie mit ihnen verhandeln, eine günstigere Verurteilung bekommen könnten, einen Deal machen könnten. Der VS sei öfters da gewesen und irgendwann sei auch ein Rechtsanwalt ins Spiel gekommen, ein Herr Th.. Den hätten sie zweimal in Jena getroffen. Dabei sei es darum gegangen, ob man die drei zurückholen könne. Seine Frau sei einmal mit dem Anwalt in Gera gewesen, aber der Deal sei geplatzt. Sie hätten vom VS nichts mehr gehört. Sie hätten gewusst, dass sie abgehört werden und wahrscheinlich die Post kontrolliert wurde. Es habe öfter Anrufe gegeben, wo sich keiner gemeldet habe, vielleicht habe man erwartet, dass Uwe ran geht, dass er bei ihnen ist. Er wisse nicht, ob sie heute immer noch abgehört werden, aber wahrscheinlich sei das schon so. Sie hätten nie eine Information erhalten, dass die Aktion beendet ist. Götzl fragt, wie Böhnhardts erfahren hätten, dass der Deal nicht funktioniert. Sie hätten nochmal mit „den Kindern“ sprechen sollen und die hätten gesagt: „Nein, nicht ums Verrecken.“ Weiter hätten die drei gesagt, sie trauen der Sache nicht und würden das nicht machen. Sie hätten auch einzeln mit den dreien gesprochen und die seien sich einig gewesen, dass sie es nicht machen, dass sie zusammen bleiben. Eine Begründung hätten sie nicht abgegeben, aber sie hätten wahrscheinlich nicht in den „Bau“ gewollt. 2002 sei das Treffen an einem Wochenende gewesen und sie hätten mehr Zeit gehabt. Die drei hätten Bilder sehen wollen. Das habe er sich merken können, weil zu dem Zeitpunkt seine Enkeltochter eingeschult worden sei, mit der sich Uwe immer gut verstanden habe. Bei dem Treffen hätten die drei gesagt, dass sie fort gehen und sie sich nicht wieder treffen würden. Er wisse nicht, wo die drei hätten hingehen wollen, so Böhnhardt auf Frage, aber sie, die Eltern, seien davon ausgegangen, dass sie ins Ausland gehen.

Auf die Frage, ob die drei mal Unterstützung gewollt hätten, sagt Böhnhardt, wenn Kleidung Unterstützung sei, dann ja. Dann sagt Böhnhardt, sie hätten den dreien mal Geld gegeben und Kleidung. Wie das genau abgelaufen sei, wisse er nicht. Es sei in Plastiksäcken runter gestellt und mit einem Passwort abgeholt worden. Die Person und deren Auto habe seine Frau nicht gekannt, sie sei auch nicht in unmittelbarer Nähe gewesen. Er selbst sei nicht in der Wohnung gewesen. Wann das war, könne er nicht genau sagen. Einmal sei es auch um Geld für den Anwalt Dr. Eisenecker (siehe z. B. 57. Verhandlungstag) und noch einen anderen Anwalt gegangen. Ob das André Kapke oder jemand anderes abgeholt habe, könne er nicht sagen. Es sei um 500 bis 800 Euro gegangen. Auf Frage nach der Rolle von André Kapke sagt Böhnhardt, er nehme an, dass der nur ein Mittelsmann gewesen sei. Götzl fragt, ob die Böhnhardts nach der Flucht Kontakt zu Holger G., André Kapke oder Wohlleben aufgenommen hätten, was Jürgen Böhnhardt verneint. Er glaube, dass Holger G. mal ganz kurz zu Besuch gewesen sei und nach Uwe gefragt habe. Holger G. habe da nicht mehr in Jena, sondern, wie er meine, in Hannover gewohnt. Das sei ein „Freundschaftsbesuch“ gewesen, G. habe wissen wollen, ob sie etwas von Uwe wüssten. Sie hätten ihm nichts gesagt. G. habe nichts von einem eigenen Kontakt zu den dreien gesagt, an Grüße, die G. vielleicht bestellt habe, könne er sich nicht erinnern.

Götzl fragt, ob sie zu Wohlleben Kontakt gehabt hätten nach 1998. Es folgt ein längeres Schweigen, dann sagt Böhnhardt: „Wüsste ich jetzt nicht.“ Auf die Frage, warum Böhnhardt so lange geschwiegen habe, was er sich da jetzt für Gedanken gemacht habe, sagt Böhnhardt, das habe nichts mit Gedanken zu tun, wenn sie sich mal gesehen hätten, dann hätten sie sich gegrüßt, denn das sei der einzige, den er wieder erkannt hätte, aber das sei ja kein Kontakt. Böhnhardt erzählt von einer direkten Geldübergabe an RA Eisenecker im Harz, aber Götzl hakt nach, das Geld, von dem eben die Rede gewesen sei, sei etwas anderes. Böhnhardt habe gesagt, bei einem der Treffen seien sie darauf angesprochen worden, dass das Geld nicht angekommen sei. Böhnhard erwidert, das sei nicht beim Anwalt angekommen, sei irgendwo nicht weiter gegeben worden. Da sei es nicht um Eisenecker gegangen. Es habe noch einen anderen Anwalt gegeben, bei dem das Geld, das sie abgegeben hätten, nicht angekommen sei. Er könne nicht sagen, wie das abgelaufen sei. Götzl hakt noch einmal bezüglich Andre Kapke nach, der von Böhnhardt selbst erwähnt worden sei. Er, Böhnhardt, glaube, André Kapke habe das Geld geholt. Auf die Frage, wie Böhnhardt zu dieser Aussage komme, erwidert dieser, er könne das jetzt nicht genau sagen, er müsse da noch einmal genau nachdenken. Daraufhin legt Götzl die Mittagspause ein.

Um 13.24 Uhr geht es weiter. Götzl fragt zum Thema Geld und André Kapke. Böhnhardt sagt, Ende 1998 habe der Verteidiger von Uwe mit ihnen gesprochen und in dem Zusammenhang hätten sie auch Eisenecker das Geld gegeben, und auch das mit Beate, dass sie da was bezahlt hätten. Das müsse mit André Kapke gewesen sein, mit einer Sendung, wo auch „Sachen“ drin gewesen seien. Götzl fragt, was „das muss mit André Kapke gewesen sein“ bedeute. Böhnhardt sagt, ob er es direkt abgeholt habe oder ihnen eine Mitteilung gegeben habe, auch über das Loswort „Rippchen“, wisse er nicht mehr genau. Es könne auch sein, dass er ihnen das mal telefonisch gesagt habe. Es sei um Anziehsachen gegangen. Er verneint die Frage, ob auch Bücher, Spiele und ein Videorekorder dabei gewesen seien. Die Kleider seien dann in blaue Müllsäcke gegangen und abgeholt worden. Böhnhardt bestätigt, die Geldübergabe sei eine einmalige Angelegenheit gewesen. Böhnhardt sagt, das Geld sei mit den „Sachen“ weg gegangen. Er sei nicht dabei gewesen, aber nehme an, dass es in einem Kuvert mitgegangen sei. Er sei bei allen Telefonaten dabei gewesen, sagt Böhnhardt auf Frage, sie hätten meistens zusammen am Hörer gehangen oder sich kurz abgewechselt. Götzls Frage, ob sie denn ihrem Sohn nicht selbst Geld angeboten hätten, verneint Böhnhardt. Auf die Frage nach Böhnhardts Vorstellungen, wovon die drei leben, antwortet der, das sei ihnen schleierhaft gewesen, aber die drei hätten gesagt, sie hätten Geld zum Leben. Dann berichtet er von einer Erbschaft seines Vaters 1998, von der 800 bis 900 DM an seinen Sohn gegangen seien. Auf Frage sagt Böhnhardt, er und seine Frau hätten immer alles abgesprochen, auch wenn einmal einer nicht dabei gewesen sei. Weitere Geldzahlungen habe es nicht gegeben, weil die drei sich nicht hätten stellen wollen. Götzl fragt erneut nach, welches Geld wie übergeben wurde. Böhnhardt antwortet, 500 DM hätten sie dem Anwalt direkt gegeben. Die Erbschaft von 900 DM und 700 DM für den Anwalt seien jeweils in Kuverts in den Säcken gewesen. Vermisst worden seien die 700 DM. Die Information, dass das Geld nicht angekommen ist, sei telefonisch oder bei einem Treffen direkt von seinem Sohn gekommen, der habe aber nichts dazu gesagt, wo das Geld verblieben sei. Ihr Sohn habe sich darüber auch geärgert, aber sie, die Eltern, hätten auch nicht gewusst, was sie wegen des vermissten Geldes unternehmen sollten.

Götzl konfrontiert Böhnhardt mit der Aussage seiner Frau, es habe mehrere Geldübergaben gegeben, maximal vier, und sie habe zudem von anderen Beträgen gesprochen. Böhnhardt sagt, er wisse nicht, ob er das falsch aufgefasst habe, vielleicht seien die Säcke auch nicht zur gleichen Zeit weggekommen, er könne das nicht beschwören. Seine Frau habe auch von Büchern, Videorekorder und Spielen gesprochen, so Götzl. Böhnhardt: „Wüsste ich jetzt nicht.“ Auf Frage von Götzl verneint Böhnhardt, André Kapke in Verdacht gehabt zu haben, weil er gar nicht gewusst habe, dass dieser das Geld übergeben habe. Nach dem letzten Treffen habe er keinen Kontakt mehr zu den dreien gehabt.

Auf Nachfrage berichtet Böhnhardt vom Telefonat am Morgen des 5. November 2011. Das sei gegen 7 Uhr gewesen, er sei selber noch im Bett gewesen, habe aber über seine Frau in etwa erfahren, was passiert ist. Beim letzten Teil habe er mitbekommen, was gesprochen wurde. Sie hätten erfahren, dass die Uwes tot sind. Zschäpe habe wohl nicht viel Zeit gehabt, seine Frau habe gefragt, was los sei und Zschäpe habe gesagt, dass die beiden Uwes tot seien und dass sie, die Eltern, nachmittags die Nachrichten sehen sollen. Dann habe sie gesagt, dass sie weg müsse. Böhnhardt bestätigt, dass sie gesagt habe, sie müsse noch die Familie Mundlos anrufen. Götzl fragt, ob Böhnhardts Frau gefragt habe, wie Zschäpe das meine, wo sie hin müsse. Das verneint Böhnhardt. Aus den Nachrichten hätten sie dann erfahren, was passiert sei, dass die erschossen worden seien, der Wohnwagen gebrannt habe und es wahrscheinlich die seien, die den Einbruch in der Bank gemacht hätten.

Dann sagt Böhnhardt, er wolle bei der Gelegenheit sein Beileid ausdrücken „den Leuten, die Opfer geworden sind von den Uwes“. Sie hätten das schon einmal gemacht über Funk und Fernsehen. Er wolle sagen, dass ihm unendlich leid tue, was passiert ist. Er könne sich gut hinein versetzen. Sie hätten auch schon einen Sohn verloren, wo sie nicht gewusst hätten, was passiert ist, „unseren Peter“. Auf dem Totenschein habe „Unterkühlung“ gestanden und sie seien noch nicht einmal von der Polizei informiert worden. Uwe sei eigentlich auch erschossen worden. Das seien eigentlich zwei Sachen, Uwe habe „dumme, bösartige Sachen“ gemacht, das sei ja schon  „gemeingefährlich“, wenn es so gewesen sei, was er, Jürgen Böhnhardt, nicht abstreiten könne. Aber Uwe sei auch tot, sie würden das auch ewig haben. Sie, die Eltern, könnten sich in die Sache reindenken. Der Verlust von Angehörigen wirke ewig. In Richtung der Nebenkläger_innen sagt er, er sei sehr sehr dankbar, dass sie, die Böhnhardts, nicht zur Rechenschaft gezogen worden seien, wenn das jetzt auch vom Gericht erfolge, weil sie sich falsch verhalten hätten: „Aber Sie haben uns nicht erpresst und nicht beschimpft, da muss ich eigentlich dankbar sein.“

Böhnhardt erzählt auf Götzls Frage, wie sein Sohn Peter zu Tode gekommen ist und beschreibt das Verhältnis von Uwe und seinem Bruder als freundschaftlich. Dann kommt Götzl auf die Kontakte von Uwe Böhnhardt zu sprechen. Er hält Böhnhardt seine Aussage vor, Uwe habe während seiner Maurerlehre Wohlleben und Andre Kapke, Zschäpe und Mundlos kennengelernt. Weiter habe er ausgesagt, dass er schon damals wahrgenommen habe, dass die eine leicht absonderliche Meinung hatten. Böhnhardt sagt, es gehe darum, dass sie in der rechten Szene mitgemacht und Parolen geblökt hätten. Das sei absonderlich. Die hätten eine ganz schlechte Zeit nie mitgemacht. Er selber sei 1944 geboren, habe aber diese Zeit nicht mitbekommen. Er habe das aber von Bekannten gehört, auch von seinem Vater. Der habe nicht gerne darüber gesprochen, wie schlimm das gewesen sei. Am Anfang hätten vielleicht welche Hurra gerufen, aber dann sei es immer schlechter geworden. Sein Vater sei einige Jahre in sibirischer Gefangenschaft gewesen und erst 1949 wieder gekommen. Götzl fragt, ob die Zeit zwischen 1933 und 1945 bei ihnen zu Hause diskutiert worden sei, was Böhnhardt verneint, da sei selten darüber gesprochen worden. Er könne nicht genau erklären, warum. Es sei irgendwo mit der Wende etwas herüber geschwappt. Ob das direkt Nazis gewesen seien, die es vielleicht noch gab, oder ob das jemand von den Vertriebenengruppen war. Da habe sich ergeben, dass man drüber spricht, sagt Böhnhardt. Als Beispiel nennt Böhnhardt die Situation, als sie im Nachhinein gehört hätten, dass Uwe sich in Buchenwald im KZ daneben benommen habe. Da hätten sie ihn gefragt, ob er überhaupt wisse, was da passiert ist. Das habe Uwe verneint. Sie hätten scharf diskutiert, hätten gesagt, dass sie diese Stelle geschändet hätten, wo viele, auch Deutsche, die für Recht und Ordnung gekämpft hätten, ihr Leben gelassen hätten. Aber sie seien nicht zu ihm durchgedrungen. „Das ist alles abgeglitten an ihm.“ Auf Frage sagt Böhnhardt, er habe Uwes politische Einstellung wahrgenommen, als Uwe 16, 17 oder 18 Jahre alt war. Gewalt sei Thema gewesen, so Böhnhardt, er selbst sei absolut gegen jede Gewalt. Uwe habe daraufhin sinngemäß gesagt, ein bisschen Druck müsse heutzutage schon sein, um etwas durchzusetzen. Uwe habe gesagt, wenn man einem ein paar klebt, sei das doch nicht so schlimm. Böhnhardt verneint, dass über Waffen gesprochen worden sei. Böhnhardt bestätigt, sein Sohn sei Linkshänder gewesen, habe aber auch mit rechts gearbeitet. Götzl fragt, ob Uwe Waffen zu Hause aufbewahrt habe, z. B. eine Armbrust. Das verneint Böhnhardt: „Da hatten wir keine Kenntnis, das glaube ich auch einfach nicht.“

Dann fragt die Bundesanwaltschaft. Auf Frage von OSta Weingarten verneint Böhnhardt, mit dem Nachfolger von Eisenecker gesprochen zu haben. Böhnhardt sagt, Eisenecker sei verstorben und der Nachfolger habe das eigentlich machen sollen. Sie hätten nochmal zahlen müssen, weil das Geld schon weg gewesen sei. Der Kontakt sei, so Böhnhardt, entweder über die Uwes übers Telefon gelaufen oder der Anwalt habe sie mal angeschrieben, das wisse er nicht mehr genau. Weingarten zitiert Böhnhardt, das letzte Treffen mit den dreien sei 2002 gewesen sei, was der Zeuge bestätigt. Unterstellt, dass Eisenecker 2003 verstorben sei, könne also die Information nicht von den Uwes gekommen sein, sagt Weingarten. Böhnhardt sagt, Anwälte seien nicht mehr Thema gewesen, da habe er vielleicht etwas durcheinander gebracht. Der Nachfolger habe ein erneutes Honorar in Höhe von 700 oder 800 DM verlangt. Weingarten wendet ein, Eisenecker sei zu Euro-Zeiten verstorben. Es sei aber 1999 gewesen mit Eisenecker, erwidert Böhnhardt. Weingarten sagt, Böhnhardt habe davon gesprochen, dass er zur Kenntnis genommen habe, der Nachfolger von Eisenecker seit nicht der Richtige gewesen. Eisenecker sei, so Böhnhardt, bestellt worden von den Uwes oder deren Freunden: „Was weiß ich, wo die den Namen her haben.“ Sie hätten einen Termin bekommen, 1999, und bezahlt. Eisenecker habe aber gar nichts gemacht. Und da seien die anderen „stinkig“ gewesen, dass der nichts gemacht habe, obwohl er „einer von ihnen“ gewesen sei. Sie, die Eltern, hätten gewollt, dass Beate auch einen Anwalt kriegt. Sie hätten die Hoffnung gehabt, wenn Beate und „unser Uwe“ sich stellen, dass auch Uwe Mundlos sich stellt. Er habe vorher etwas durcheinander gebracht, aber rein von der Logik sei das so.

Nebenklagevertreter RA Narin fragt, wie genau der Kontakt zu Eisenecker zustande gekommen sei. Der sei telefonisch hergestellt worden, antwortet Böhnhardt, aber er wisse nicht von wem. Sie hätten an einem Termin zu einer Veranstaltung im Harz fahren sollen oder in der Nähe vom Harz. Dort hätten sie ihn getroffen, er müsse extra raus gekommen sein, sie hätten ihm das Geld gegeben und der Kontakt sei zu Ende gewesen. Er kenne von den Kameraden von Uwe niemanden, der Jura studierte, der Name Mario Br. sage ihm nichts, so Böhnhardt. Er sei nie in Eiseneckers Kanzlei gewesen. Auf Frage von Nebenklagevertreter RA Reinecke sagt Böhnhardt, Zschäpe sei, nachdem sie bei ihnen gewohnt habe, in eine Wohnung in Winzerla gezogen, die er selbst nie gesehen habe. Auf Frage sagt er, über Verjährung bestimmter Delikte sei nie gesprochen worden, nur der Vater Mundlos habe davon gesprochen, das könne aber nicht 2003 gewesen sein, wie RA Reinecke fragt, denn da seien die sieben Jahre noch nicht um gewesen. Er nehme an, dass es bei der Gerichtsverhandlung gegen seinen Sohn vor dem Untertauchen um das Tragen von Symbolen und um nicht zugelassene CDs, sowie um Schlägereien oder so etwas gegangen sei. Seine Frau sei bei der Verhandlung dabei gewesen, aber er wisse nicht mehr, was sie erzählt habe. RA Reinecke informiert, es sei um eine Puppe mit einem „Judenstern“ gegangen, die von der Autobahn gehängt wurde. Das sei richtig, so Böhnhardt. Sie hätten mit ihrem Sohn darüber gesprochen. Die Brücke sei nicht weit weg von da, wo ihr erster Sohn zu Tode gekommen sei. Sein Sohn habe gesagt, er habe nichts damit zu tun, solche „Kinkerlitzchen“ mache er nicht.

Auf Frage von Nebenklagevertreter RA Kuhn sagt Böhnhardt, der Name Rechtsanwalt Jauch sage ihm nichts. Kuhn hält vor, Böhnhardt habe ausgesagt, die damaligen Geldgeber, die seinem Sohn und den anderen ermöglicht hätten, mal ein Bierchen zu trinken, hätten sie in Kahla getroffen, die seien aus den alten Bundesländern gekommen. Das sei dadurch gekommen, dass sie, die Eltern Böhnhardt, im Nachhinein einiges erfahren hätten. Böhnhardt bestätigt, dass Uwe mal den Namen Kahla erwähnt habe. Einer habe dort einen Garten gehabt, da hätten die ein Gartenfest gemacht. Namen von Personen habe Uwe nicht genannt. Auf Frage von RA Kuhn schildert Böhnhardt, dass sie in der Zeit, in der öfter mal Leute von VS, LKA und Polizei bei ihnen nachgefragt hätten, aufgefordert worden seien, darauf Einfluss zu nehmen, dass die drei zurück kommen, denn, wenn die Polizei sie erwischen würde, sei die schneller mit der Waffe. Das habe seine Frau erzählt. Seine Frau habe nicht erzählt, dass die Rede davon war, dass die beiden Uwes ebenfalls bewaffnet seien, er habe auch nicht aus der Formulierung „schneller mit der Waffe“ geschlossen, dass die Uwes auch bewaffnet seien. RA Kuhn verweist auf das Interview, das Böhnhardt gemeinsam mit seiner Frau über den Sohn gegeben habe. Das bestätigt Böhnhardt, das müsse die „Welt am Sonntag“ gewesen sein. Es könne sein, dass er zum Verhältnis der beiden Uwes gesagt habe, oder dass in seiner Anwesenheit gesagt worden sei, dass einer mehr die Rolle des Gehirns und einer mehr die Rolle der Faust gehabt habe. Böhnhardt bestätigt, dass sie den Artikel vorher hätten Korrektur lesen können, die Äußerungen entsprächen weitestgehend dem, was sie gesagt hätten. Es folgt eine Pause bis 15.09 Uhr.

Danach hält Nebenklagevertreter RA Narin ein Foto vor, auf dem Uwe Böhnhardt und sein älterer Bruder neben einem Auto stehend zu sehen sind. Böhnhardt sagt, er erkenne Uwe und Jan. Auf Frage sagt er, sein älterer Sohn habe seiner Kenntnis nach keinen Kontakt mehr zu Uwe nach dem Untertauchen gehabt. Sie, die Eltern, hätten ihm allerdings Grüße bestellt. Dann werden schwarzweiße Bilder gezeigt, vermutlich aus einem Raum mit einem Geldautomaten, auf denen mehrere Personen zu sehen sind. Er wisse nicht, wer das ist, so Böhnhardt. RA Narin geht nach vorn, um auf eine bestimmte Person auf der rechten Seite eines Bildes zu zeigen und fragt, ob das Böhnhardts Sohn Jan sei. Das verneint Böhnhardt, da sei er absolut sicher. Böhnhardt bestätigt auf Frage von RA Narin, dass er sich mit seinem Sohn Jan über Waffen unterhalten habe, denn der habe einen Morgenstern und einen Säbel an der Wand angeschraubt gehabt. Das sei eine Macke seines Sohnes, der habe auch 600 kleine Schnapsfläschchen auf dem Regal stehen. Über Luftdruckgewehre oder eine Armbrust sei nicht gesprochen worden, so Jürgen Böhnhardt auf Frage.

RA Scharmer fragt, ob es mit Familie Mundlos noch weitere Treffen gegeben habe. Böhnhardt sagt, einmal habe sie Herr Mundlos an der Tankstelle angesprochen und nochmal gesagt, sein Sohn sei nicht schuld. Seine Frau habe Mundlos dann stehen lassen und er habe Mundlos gesagt, er könne es sich nicht so einfach machen. Dann sei Mundlos nach sieben Jahren nochmal da gewesen wegen einer Vermisstenmeldung. Sie hätten sich im Treppenhaus unterhalten. Ihm selbst, so Böhnhardt, sei das aber komisch vorgekommen, eine Vermisstenmeldung für seinen Sohn aufzugeben, wenn der seit sieben Jahren von der Polizei gesucht werde. Drei Tage nach dem Tod der Uwes sei Frau Mundlos abends bei ihnen gewesen und habe sich mit ihnen gemeinsam ausgeweint. Am Tag davor sei noch einer vom LKA da gewesen und habe sie, die Böhnhardts, ausgefragt. Ihm sei im Gedächtnis geblieben, dass der Polizist gefragt habe: „Wollen Sie nicht wissen, wer Ihren Sohn erschossen hat?“ Am nächsten Tag sei die Kripo Gotha wegen einer DNA-Probe da gewesen, die hätten sie dumm angeguckt, weil sie noch weniger gewusst hätten als das LKA. Er und seine Frau  hätten die erst aufgeklärt, warum sie nichts da hätten. Am Abend sei Frau Mundlos gekommen und ca. zwei Stunden da geblieben, bis ihr Mann sie auf dem Handy angerufen habe, der sei die ganze Zeit unten gewesen. Über die Verjährung sei beim Treffen im Treppenhaus gesprochen worden, das könne also 2005 gewesen sein, sagt Böhnhardt auf Frage. RA Scharmer fragt, ob sie zu dem Zeitpunkt versucht hätten, mit ihrem Sohn in Kontakt zu kommen. Böhnhardt verneint das. Sie seien, sagt Böhnhardt, auf Frage von RA Scharmer, vom Rechtsanwalt informiert worden, dass die Verjährung eingetreten sei. Bei den Treffen mit den dreien sei nicht über Verjährung gesprochen worden, auch bei den Telefonaten nicht. RA Scharmer verweist auf die Aussage von Böhnhardts Frau, wonach sie, nachdem ein Schreiben eingegangen sei, Wohlleben kontaktiert habe. Das sei ihm nicht bekannt, so Böhnhardt.

Die Vertreterin der Nebenklage, RAin Wierig bedankt sich zuerst im Namen ihrer Mandantin für seine Worte. Dann sagt sie, es gebe ein Fernsehinterview, wo das letzte Treffen beschrieben wurde. Seine Frau sei mit Zschäpe zurück geblieben und er, der Vater, mit den Uwes zu einer Wanderung aufgebrochen. Das sei eine ganz normale Sache gewesen, so Böhnhardt, sie seien immer nur ein paar Schritte weg gewesen, immer als Gruppe zusammen geblieben. RAin Wierig fragt, ob es in der ganzen Zeit nicht einen Moment gegeben habe, wo der Sohn mit dem Vater vertraulich habe sprechen wollen. Man könne auch vertraulich sprechen, wenn man fünf Meter entfernt sei, sagt Böhnhardt. Es sei immer nur darum gegangen, die drei zum Aufgeben zu bewegen. Auf die Frage, ob sein Sohn angegeben habe, warum er sich nicht habe stellen wollen, sagt Böhnhardt, sein Sohn habe kein Vertrauen mehr zur Polizei gehabt. Damit habe er sich zufrieden gegeben.

Dann hält RA Kuhn aus dem „Welt“-Artikel vor, wo die Eltern Böhnhardt Uwe Mundlos als Kopf und Uwe Böhnhardt als Faust beschrieben haben. RA Kuhn möchte wissen, worauf sich diese Wertung stütze. Böhnhardt sagt, sein Sohn habe, als er noch zu Hause gelebt habe, gerne kräftig mit gearbeitet, im Garten umgegraben, sofort zugepackt. Andere würden erstmal reden, wie man das macht. Nebenklagevertreterin RAin Lex fragt, wie das bei der Geldübergabe gewesen sei, ob sie da soviel Geld zu Hause gehabt hätten. Das verneint Böhnhardt. Er denke, dass sie zuerst die Anfrage gehabt hätten und dann das Geld abgehoben hätten. Böhnhardt verneint, dass er zu diesem Zweck Geld abgehoben habe, sie hätten gemeinsam besprochen, dass sie sie unterstützen, aber wer das Geld abgehoben habe, wisse er nicht. Es könne sein, dass sie, wenn eine Anfrage kam, den entsprechenden Betrag abgehoben hätten, sie hätten aber immer auch etwas Geld da, öfters auch Beträge zwischen 500 und 800 DM. RAin Lex hält vor, Böhnhardts Frau habe von zweimal 500 DM gesprochen und das Wort „wir“ benutzt. Er sei bei den Übergaben nicht dabei gewesen, sagt Böhnhardt, seine Frau habe zwar über die Geldübergaben berichtet, aber nie so genau. Die Parole sei „Rippchen“ gewesen, sagt Böhnhardt auf Frage, es könne sein, dass die Parole telefonisch abgesprochen worden sei. Die Personen bei der Übergabe seien unbekannt gewesen, so Böhnhardt, deswegen habe es die Parole gegeben. Seine Frau habe ausgesagt, so Lex, dass eine Person vollkommen unbekannt gewesen sei, evtl. nicht aus Jena, einer sei aber André Kapke gewesen. Das könne sein, so Böhnhardt. Lex sagt, Böhnhardt habe eben lange gezögert und dann André Kapke genannt. Sie fragt, ob es da vielleicht um Geldübergaben gegangen sei. Das könne so gewesen sein, sagt Böhnhardt, konkrete Erinnerungen habe er aber nicht. Die Rückholung des Sohnes von der Drückerkolonne habe seine Frau organisiert, so Böhnhardt auf Frage. Uwe habe sich eine Woche nicht gemeldet, dann habe seine Frau ihn erreicht und erfahren, dass er an der französischen Grenze sei. Seine Frau habe sich André Kapke herangezogen, weil sie gewusst habe, dass der ein kräftiger junger Mann ist, sie habe ihn wohl telefonisch gefragt und alles bezahlt. André Kapke habe Uwe dann geholt. Lex fragt zur Situation, als Uwe zurück gekommen sei. Er habe Uwe erst gesehen, als er wieder da war, sagt Böhnhardt. Man müsse froh sein, dass man einen habe, auf den man sich verlassen könne. André Kapke sei arbeitslos gewesen, so seine Vermutung. Die meisten seien arbeitslos gewesen. Böhnhardt bestätigt, dass der Zeitpunkt des letzten Treffens 2002 auch der Zeitpunkt gewesen sei, wo sie sich als Eltern entschieden hätten, die drei nicht mehr zu unterstützen: „Was sollten wir machen, wenn die nicht wollten? Sollten wir in Afrika suchen, in Australien?“ Lex fragt, ob es Hinweise auf Afrika gegeben habe. Die könne es mal gegeben haben, sagt Böhnhardt, das wisse er aber nicht mehr. Es sei ein Land, wo man gut untertauchen könne, es hätte auch Südamerika sein können.

RAin von der Behrens hält aus einer Aussage von Brigitte Böhnhardt beim Thüringischen Untersuchungsausschuss vor. Dort habe sie über das Treffen mit dem LKA, bei dem die Äußerung „wir ziehen schneller“ gefallen sei, gesagt, der LKA-Beamte habe von Kenntnissen gesprochen, dass die drei bewaffnet seien. Da sei sie, Brigitte Böhnhardt, vollkommen aus dem Häuschen gewesen, denn das habe eine rote Linie überschritten. RAin von der Behrens fragt, ob Böhnhardts Frau ihm davon berichtet habe. Er wisse nur, dass der Polizist gesagt habe, „wir sind schneller“. Er habe die Vermutung, dass ihnen da Angst eingejagt werden sollte, aber sie hätten nicht gewusst, wo die drei sind. Er verneint, dass es einen Grund gebe, warum seine Frau das nicht weiter gegeben habe, er habe auch nicht erfahren, dass seine Frau andere Informationen nicht weiter gegeben hätte. Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe sei ungefähr im Herbst 1997 erfolgt, so Böhnhardt auf Frage. Sie hätten in der Familie gewusst, dass er die Haft antreten muss und es nur eine Frage der Zeit sei, bestätigt Böhnhardt. RAin Dierbach fragt, ob sich Böhnhardt mit Zschäpe darüber unterhalten habe, warum sie einen Ausstieg und ein Zurückkehren ablehne, was Böhnhardt verneint. Nach seinem Dafürhalten sei zwischen den dreien immer ein gutes Klima gewesen, sagt Böhnhardt auf Frage von RAin Dierbach. RA Heer, Verteidiger von Zschäpe, bittet um fünf Minuten Pause zur internen Beratung. Es folgt eine Unterbrechung bis 16.05 Uhr.

Auf Frage von RA Heer sagt Böhnhardt, sie hätten sich mit Zschäpe über Politik unterhalten, es sei aber relativ wenig gewesen, weil sie Zschäpe am wenigsten im Verdacht gehabt hätten, in der Runde aktiv zu sein. Sie hätten sie auf Bildern gesehen, wer die Bilder gemacht habe, wisse er nicht. Auf Frage von Heer sagt Böhnhardt, sie hätten Zschäpe am wenigsten in Verdacht gehabt, weil er das einer Frau nicht zutraue, auch wenn es sicher Ausnahmen gebe. Dann fragt RAin Sturm, ob Böhnhardt den dreien beim Treffen davon erzählt habe, dass der LKA-Beamte gesagt habe, dass sie schneller ziehen würden. Böhnhardt verneint das zunächst. Nachdem Sturm sagt, seine Frau habe das aber berichtet, sagt Böhnhardt, es könne sein, er habe keine Erinnerung. RA Pausch, Verteidiger von Carsten S., fragt nach den Interaktionen zwischen Böhnhardt und seinem Sohn. Pausch führt aus, er wolle wissen, wie viel Zeit Böhnhardt überhaupt gehabt habe, sich mit seinem Sohn zu beschäftigen, er sei ja berufstätig gewesen und viel weg. Böhnhardt sagt, er habe ein gutes Verhältnis zu Uwe gehabt, da gebe es keinen Zweifel. Gerade, wenn etwas gewesen sei, z.B. Gerichtsverhandlungen, habe Uwe versprochen, sich zu bessern, aber dann nach einiger Zeit sei es wieder so gewesen. Er habe argumentiert, so Böhnhardt, dass Uwe ein gesetzestreuer Bürger bleiben sollte. Er selbst sei etwas kürzer angebunden, die Mutter habe da einen längeren Atem, manchmal zu lang, aber das sei eine andere Geschichte. Er selbst, seine Frau und manchmal auch der andere Sohn hätten gesagt, so gehe das einfach nicht, man könne sich nicht über die Gesetze  hinweg setzen. Das sei schon bei den Diebstählen los gegangen. Einmal habe Uwe in Mecklenburg ein Auto im wahrsten Sinne des Wortes „in den Sand gesetzt“, sei dann mit der Bahn zurück gefahren und von der Bahnpolizei erwischt worden. Der Besitzer des Autos habe gesagt, ihm fehlten ein Fernglas, ein Fotoapparat, ein Computer und eine Taschenlampe. Sein Sohn habe gesagt, die Taschenlampe sei er gewesen, das andere nicht. Die Lehre habe er gut bestanden, aber dann sei es das schon wieder gewesen. Pausch fragt, ob Uwe mal um Rat gefragt habe, als er keine Arbeit hatte. Uwe habe nicht richtig um Rat gefragt, aber wenn er, der Vater, gesagt habe, heute wird im Garten gearbeitet, heute wird das Auto geputzt, habe Uwe das gemacht. Sie seien mit Uwe in Betriebe gegangen, das habe aber nicht geklappt. In Urlaub sei Uwe nur mit gefahren, bis er 14 oder 15 war.

Dann fragt Pausch zu „“. Er könne nicht sagen, welche Bedeutung der für seinen Sohn gehabt habe, so Böhnhardt. Der habe Videos gemacht. Wenn „Kaktus“ gewusst habe, dass sich dort Rechte breit machen, hätte er, so Böhnhardt, den Eltern Bescheid sagen können, sie hätten ja gar nicht gewusst, dass die da so aktiv sind. Sie hätten Uwe auch mal gefragt, wo er heute gewesen sei, bestätigt Böhnhardt. Sie hätten gewusst, dass er teilweise auswärts war. Deshalb sei auch nach Kahla gefragt worden: „Das ist vielleicht ein Vorwurf an uns, speziell an mich, dass ich sehr wenig Zeit für meinen Sohn habe.“

Dann fragt Pausch zu Eisenecker. Böhnhardt sagt, Eisenecker habe bei dem Treffen im Harz nur gesagt, er wisse Bescheid, habe das Geld genommen und sei wieder in seine Veranstaltung gegangen. Sie hätten gedacht, der Anwalt sei ehrlich. Von den Begegnungen mit dem Trio nach dem Abtauchen habe außer seiner Frau niemand gewusst. Wenn sie Grüße ausgerichtet hätten, dann hätten sie gesagt, dass sie es gehört hätten und weiter geben sollten. Frau Mundlos werde nicht nachgefragt haben, weil sie nicht gewusst habe, was sie ihrem Mann hätten erzählen sollen, und Jan habe auch nicht nachgefragt. Pausch fragt, ob ihn außer seiner Frau noch jemand begleitet bei den Treffen habe. Er wisse nicht, ob sie verfolgt worden seien, so Böhnhardt. Wohlleben hätten sie vorneweg schon gekannt, der sei nach ihrer Meinung ein ganz normaler junger Mann gewesen, sagt Böhnhardt auf Frage. Nachher sei er zur NPD gegangen, da sei er, Jürgen Böhnhardt, ein bisschen enttäuscht von ihm gewesen. Schriftliche Zusagen zum Deal werde es wahrscheinlich nicht gegeben haben, er habe auf jeden Fall keine im Gedächtnis. Sie hätten dann erfahren, dass der Deal, auch wenn der VS ausmache, dass Uwe nur die halbe Zeit oder weniger sitzen muss, für die Landespolizei nicht gelten muss. Er wisse nicht, ob das so rechtens sei, dass einer einen Deal macht und der andere sagt, das sei ihm egal. Pausch fragt, um welchen Straferlass es gegangen sei. Böhnhardt sagt, er glaube, dass es um 5 Jahre statt 8 Jahren gegangen sei. Die Information habe er von seiner Frau. Es könne sein, dass Wohlleben möglicherweise über seine Frau von dem Deal informiert worden sei, er wisse es nicht genau. Pausch fragt, ob es sein könne, dass seine Frau einmal ein Schriftstück übergeben hat. Klemke beanstandet die Frage. Auf Frage von Pausch sagt Böhnhardt, selbstverständlich kenne er den Namen Tino Brandt. Pausch hält aus einem Bericht von Tino Brandt vor, demzufolge Wohlleben gesagt habe, er habe ganz guten Kontakt mit der Mutter Böhnhardt und habe das Trio zusammen mit der Mutter besucht. Böhnhardt: „Ich glaube, das ist ein Witz. Das würde meine Frau nicht machen.“ Nebenklagevertreter RA Prosotowitz möchte wissen, warum Mundlos und Zschäpe bei den Treffen dabei gewesen seien. Böhnhardt sagt, die drei seien zusammen weg gegangen und zusammen dort gewesen. Prosotowitz sagt, die Böhnhardts seien ja z. B. nicht die Eltern der beiden. Das seien Freunde gewesen, so Böhnhardt, ob gute oder schlechte sei dahin gestellt, sie hätten mit dazu gehört.

Dann fragt der psychiatrische Sachverständige Saß. Auf dessen Frage sagt Böhnhardt, als Peter gestorben ist, sei Uwe mit den Eltern unterwegs gewesen. Bei Uwe seien die Tränen geflossen, er habe lange nicht verstanden, dass sein Bruder tot ist, dass er nicht mehr mit ihm spielen und Spaß haben kann. Er wisse nicht, ob Uwe das generell vergessen hat, aber das habe jedenfalls viele Jahr nachgewirkt. Vor Zschäpe habe Uwe höchstens Bekanntschaften gehabt, Zschäpe sei die erste Freundin gewesen. Saß fragt, ob der Zeuge den Eindruck gehabt habe, dass die beiden gleichberechtigt waren. Er wisse nicht, was die Frage solle, erwidert Böhnhardt. In der Ehe solle man gleichberechtigt sein, einer habe bei bestimmten Sachen Stärken, der andere Schwächen. Daraus zu machen, dass sie ein „Mannweib“ sei, weil sie vielleicht mehr zu sagen gehabt habe, sei komisch. Gleichberechtigt sei doch nichts Schlechtes. Das habe noch lange nichts damit zu tun, dass sie jetzt die Waffe geführt habe oder so etwas. Saß fragt, was die Stärken des einen und des anderen gewesen seien. Sein Sohn habe etwas zum Anpacken gebraucht, so Böhnhardt. Zschäpe habe auch gerne gearbeitet, hätten sie das Gefühl gehabt, aber als Gärtnerin. Sie habe etwas Kreativeres zu tun gehabt, als sein Uwe bei dessen Arbeit. Eine Situation, wo es zwischen den dreien eine Verstimmung gegeben habe, habe er nicht erlebt. Bei den Zusammentreffen habe es zwischen den dreien eigentlich keine Unterschiede gegeben, es habe nur geheißen, dass sie sich nicht stellen wollen. Auf Frage von Saß sagt Böhnhardt, als Zschäpe bei ihnen eingezogen sei, sei es ihr nicht so übermäßig gut gegangen, sie sei ein wenig bedrückt gewesen, das habe vielleicht eine Woche angehalten. An eine andere Situation, wo sie bedrückt wirkte, könne er sich nicht erinnern.

RA Narin fragt, ob Böhnhardt mal Gelegenheit gehabt habe, Akten aus diesem Verfahren einzusehen. Das verneint Böhnhardt. Auf Frage von Narin sagt Böhnhardt, er wisse nicht, ob sein Sohn Jan vielleicht Akten eingesehen habe. Er selbst sei auch nicht im Internet, wisse aber nicht, ob vielleicht sein Sohn, der sei aber nicht übermäßig an Schriftstücken interessiert.

Der Verhandlungstag endet um 16.50 Uhr.

Nebenklagevertreter RA Scharmer: „Die Aussage des Vaters von Uwe Böhnhardt belegt, dass alle Drei, also auch Beate Zschäpe, gemeinsam entschieden haben, im Untergrund zu bleiben, sich nicht zu stellen, ihr Leben nicht zu legalisieren. Er schildert aus den Treffen eine Entscheidung, die alle Drei gleichermaßen getroffen haben. Einen Meinungsführer gab es nicht. Das stützt als weiteres Indiz die Anklage, die Zschäpe eine gleichberechtigte Rolle in der Gruppe beimisst.“

Nebenklagevertreter RA Hoffmann: „Böhnhardt entschuldigte sich ausdrücklich und ergreifend bei den Opfern des NSU. Seine Entschuldigung ist die erste in diesem Prozess, die ganz gerade heraus und ohne jede Verharmlosung erfolgte. Die Taten, die sein Sohn gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern des NSU begangen hat, bezeichnete er als bösartig und gemeingefährlich und gestand eigene Fehler ein.“

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