Protokoll 121. Verhandlungstag – 1. Juli 2014

0

Anwesend waren heute wieder drei Neonazis, darunter . Die angekündigte Zeugenaussage von Thomas Gerlach begann erst mittags, da zuvor die Verteidigung von einen Befangenheitsantrag stellte. Gerlach, bestens vernetzter Neonazi, wollte sich an wenig erinnern können und zu seiner Mitgliedschaft bei den keine Aussagen treffen – das verbiete ihm sein „selbst gestelltes Wertegefühl“. Götzl drohte zwar mal wieder mit Ordnungsmitteln, durchgesetzt wurden aber keine.

Zeuge:

  • Thomas Gerlach (Neonazi, Mitglied der Hammerskins)

Auf der Besucherempore befinden sich der Zwillingsbruder des Angeklagten André Eminger, Maik Eminger, und der Neonazi Enrico Marx aus Sachsen-Anhalt sowie ein weiterer Begleiter. Marx trägt ein Shirt mit Zeilen aus einem Song der Neonazi-Band „Moshpit“ als Aufdruck. Maik Eminger trägt ein Shirt der neonazistischen „Gefangenenhilfe“.

Der Verhandlungstag beginnt um 9.52 Uhr. Anwesend ist als Nebenkläger der Bruder des am 25.02.2004 in Rostock ermordeten Mehmet Turgut. Gleich nach Beginn bittet RA Klemke, Verteidiger von Wohlleben, um das Wort. Klemke sagt, er beantrage, zu unterbrechen. Grund sei der Senatsbeschluss über die Haftfortdauer seines Mandanten vom 25.6.14, welcher ihm am Samstag zugegangen sei. Sie seien dabei, ihrem Mandanten das zu lesen zu geben, zu erörtern und das weitere prozessuale  Vorgehen abzustimmen. Götzl fragt, ob eine halbe Stunde ausreiche, was Klemke bejaht. Dann wird unterbrochen. Die Unterbrechung wird noch einmal verlängert und um 10.47 Uhr wird fortgesetzt. Dann sagt Klemke, sie würden eine weitere Unterbrechung von zwei Stunden benötigen, um ein Ablehnungsgesuch zu formulieren. Götzl sagt, dann werde man bis 13 Uhr unterbrechen.

Die Sitzung wird unterbrochen und um 13.05 Uhr fortgesetzt. RAin Schneiders, Verteidigerin von Wohlleben, verliest den Befangenheitsantrag. Der Angeklagte Wohlleben lehne die Richter Götzl, Fischer, Kuchenbauer, Odersky und Land wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 25.06.2014 hätten diese die Fortdauer der Untersuchungshaft gegen Wohlleben angeordnet. Wohlleben stütze die Ablehnung auf den Beschluss vom 25.6. Die abgelehnten Richter würden bei der Begründung des dringenden Tatverdachts, in Bezug auf den objektiven und auf den subjektiven Tatbestand die Aussagen von Mitangeklagten und Zeugen nur unvollständig würdigen und sich mit entlastenden Momenten nicht auseinandersetzen.

Schneiders nennt als ersten Punkt, dass die Richter die Angaben des Angeklagten Carsten Schultze zur Geldübergabe selektiv und damit verzerrt wiedergeben würden. Zu Beginn seiner Vernehmung habe Schultze zwar angegeben, Wohlleben über die mögliche Lieferung einer osteuropäischen Waffe mit Schalldämpfer und den Kaufpreis informiert zu haben. Am 8. Verhandlungstag habe Schultze diese Aussage aber relativiert, und gesagt, er habe sich die Beschaffung der konkret angebotenen Waffe und die Höhe des Preises nicht noch einmal von Wohlleben absegnen lassen. Diese Angaben habe er in seiner Befragung durch die Verteidigung Wohlleben noch weiter relativiert und angegeben, keine tatsächliche Erinnerung an eine Geldübergabe durch Wohlleben zu haben. Es habe sich lediglich um Schlussfolgerungen gehandelt habe. In der Befragung durch OStA Weingarten habe sich Schultze außerdem nicht daran erinnern können, dass angeblich von Wohlleben erhaltene Geld diesem nach dem Erhalt des Kaufpreises von den beiden Uwes zurückerstattet zu haben. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass das BKA es habe ausschließen können, dass Wohlleben aus eigenen Mitteln Geld für den Waffenkauf hätte vorschießen können. Auch werde nicht berücksichtigt, dass der Verkauf des „Pogromoly-Spiels“ höchstens bis Anfang 1999 durchgeführt worden sei. Da sich das sogenannte Trio nach den Angaben von Schultze in ständigen Geldnöten befunden habe, erscheine es unwahrscheinlich, dass Erlöse aus dem Verkauf der Spiele von Anfang 1999 bis 2000 aufbewahrt worden sind. Dies alles stehe einer Übergabe des Kaufpreises durch Wohlleben entgegen.

Als zweiten Punkt nennt Schneiders die Identifizierung der Waffe. Die Beweiswürdigung der „angeblich sicheren Identifizierung“ der Waffe durch Schultze sei lückenhaft. Mit weiteren Angaben von Schultze, die die Zuverlässigkeit seiner Waffenidentifizierung relativieren würden, setze sich der Senat nicht einmal ansatzweise auseinander. Auch mit der Möglichkeit, dass ein etwaiges vages Erinnerungsbild von den Mediendarstellungen der Tatwaffe überlagert worden ist, werde sich nicht auseinander gesetzt. Drittens, so Schneiders weiter, unterstelle der Senat, dass es sich bei der von Schultze verschafften Waffe um eine funktionsfähige Waffe gehandelt habe. Dies werde weder von den Angaben von Schultze noch durch die Angaben der Vernehmungsbeamten des Zeugen Andreas Sch. getragen. Es gebe keine Berichte über eine Funktionsprüfung der Waffe.

Als Viertes nennt Schneiders die Genese zur Aussage über Handschuhe. Die abgelehnten Richter würden der Aussage von Schultze Gewicht beimessen, Wohlleben habe beim Aufschrauben des Schalldämpfers Lederhandschuhe getragen. Sie würden sich nicht mit der Aussagegenese befassen. Schultze habe in seiner Befragung durch die Verteidigung Wohlleben einräumen müssen, dass er dieses Detail in seinen ersten beiden Vernehmungen nicht erwähnt habe und erst auf eine Nachfrage durch OStA Weingarten in einer Folgevernehmung geglaubt habe sich daran erinnern zu können. In der Hauptverhandlung seien aus den  Handschuhen dann sogar schwarze Lederhandschuhe geworden. Widersprüche in den Angaben von Schultze und Relativierungen ursprünglicher Aussageteile würden die abgelehnten Richter schlicht nicht zur Kenntnis nehmen, obwohl sie sich aufdrängten. Deshalb entstehe bei Wohlleben der Eindruck, dass es den Richtern bei ihrer vorläufigen Würdigung der Angaben von Schultze nur darum gegangen sei, Wohlleben belastende Angaben auszuwerten, entlastende Angaben jedoch zu ignorieren.

Die Sitzung wird bis 13.37 Uhr unterbrochen, dann sagt Bundesanwalt Diemer, ein Verwerfungsgrund liege nach Auffassung der BAW nicht vor, so dass darüber von einem anderen Senat zu entscheiden sei, diesem Senat gegenüber würden man Stellung nehmen. Hier gelte das Beschleunigungsgebot und das bedeute, dass man die Hauptverhandlung fortzusetzen solle. Götzl teilt mit, dass die Hauptverhandlung fortgesetzt wird. Dann beantragt NK-Vertreter RA Kaplan, den heute anwesenden Maik Eminger zum Verlassen des Gerichtssaals aufzufordern. Einzelne Personen könne das Gericht des Saals verweisen, wenn sie als Zeugen in Betracht kommen. Der BGH habe das für zulässig erklärt. Bundesanwalt Diemer sagt, die BAW habe Maik Eminger nicht als Zeugen benannt, er sehe im Moment auch keinen Grund dafür, daher sei wohl mit Blick auf den Öffentlichkeitsgrundsatz ein Verweis aus dem Saal nicht möglich. Erneut wird die Sitzung unterbrochen. Währenddessen fordert André Eminger seinen Bruder Maik von unten aus dem Saal mit Kopfnicken auf, raus zu kommen. Maik Eminger verlässt die Besucherempore. Kurz darauf kommt er wieder auf die Empore, spricht mit Enrico Marx. Beide verabschieden sich von der dritten Person und gehen aus dem Saal. Um 13.55 Uhr geht es weiter. Götzl sagt, der Antrag habe sich erledigt, nachdem Maik Eminger, wie er gehört habe, den Sitzungssaal verlassen hat.

Es folgt der Zeuge Thomas Gerlach. Götzl belehrt den Zeugen auch nach § 55 StPO und sagt, es gehe um Kontakte zu den Angeklagten des vorliegenden Verfahrens und um Kontakte zu Mundlos und Böhnhardt. Gerlach sagt, er kenne bewusst nur den Herrn Wohlleben, den habe er Anfang 2000 kennengelernt in Jena. Bei den anderen Angeklagten sei ihm nicht bewusst, dass er die kenne. Götzl fragt nach den Umständen des Kennenlernens von Wohlleben, und wie sich der Kontakt bis heute entwickelt hat. Das sei damals über das Haus gegangen, so Gerlach, was die da in Jena gehabt hätten. Weil sie politisch angefangen hätten sich zu organisieren, sei man zusammengekommen mit anderen Gruppen. Und daraus habe sich eine Freundschaft entwickelt abseits vom Politischen. Man habe am Wochenende öfters was zusammen gemacht. Auf Frage sagt Gerlach, die hätten ja damals, er wisse nicht genau wann, dieses Haus in Jena gekauft, diese Wohngemeinschaft. Er sei von 2001 bis 2004 in Haft gewesen. Und nach seiner Haftentlassung habe er versucht, politisch mehr zu machen und sei mit den Gruppen in Jena öfters zusammengekommen, sei öfters „dorten“ gewesen, um politische Aktivitäten zu besprechen. Und da habe sich das halt entwickelt, Kameradschaftsabende und was da so entstanden sei.

Götzl bittet Gerlach, mal darzustellen, was er damit meine, wenn er sage, er habe mit Wohlleben politisch mehr gemacht. Es sei hauptsächlich um Kampagnenvorbereitung gegangen, so Gerlach, die „Antikapitalismuskampagne“, sie hätten das „Fest der Völker“ [Rechtsrock-Veranstaltung] zusammen organisiert, und es sei um Demonstrationen, Flugblattaktionen gegangen, „solche Sachen halt“. Götzl möchte wissen, welche Ziele Gerlach verfolgt habe. Der Zeuge sagt, er habe verfolgt: einen sozialistischen Staat, der auf das Volk begrenzt ist, also quasi einen nationalen Sozialismus. Nicht europa- oder weltweit, wie das mit dem Kapitalismus sei, sondern innerhalb der Nationalgrenzen organisiert. Götzl fragt, um welche Organisationen es gegangen sei. Organisationen seien erstmal egal gewesen, antwortet Gerlach. Sie hätten versucht, sich so breit wie möglich zu vernetzen, die Aktionen abzusprechen, dass nicht jedes Grüppchen seins macht, sondern es so ein bisschen koordiniert und organisiert läuft. Götzl: „Was heißt: wir?“ Das seien die verschiedenen Gruppen in den verschiedenen Regionen, sagt Gerlach, und nennt Jena, Altenburg, Dresden. Götzl fragt nach Namen der Gruppen. Gerlach sagt, das sei jeder Gruppe selbst überlassen geblieben. Manche seien in der gewesen, manche nicht, manche hätten sich „Kameradschaft XY“ genannt. Als sie ein bisschen besser organisiert gewesen, hätten sie sich „“ genannt, weil es offenes Netz gewesen sei, wo jeder habe mitarbeiten können. Er selbst habe sich in Altenburg bewegt, sie hätten sich „Freies Netz Altenburg“ genannt. Er habe noch in überregionalen Organisationen mitgearbeitet, „Kampfbund Deutscher Sozialisten“, „“.

Wohlleben sei seines Wissens, so Gerlach auf Frage, damals in der NPD gewesen und parallel in dieser „KS Jena“ oder „“ oder wie das geheißen habe. Götzl fragt nach sonstigen Gruppierungen bei Wohlleben. Gerlach sagt, hauptsächlich sei Wohlleben ihm bekannt durch die NPD, aber diese „Antikapitalismuskampagne“ sei überparteilich gewesen. Götzl fragt, wie die Vernetzung ausgesehen habe. Gerlach sagt, sie hätten Aktionen besser koordinieren wollen, dass nicht gleichzeitig total gegensätzliche Aktionen laufen, bspw. zwei Demos in nahen Regionen, die sich die Teilnehmer wegnehmen, und dass man das flankieren könne durch Flugblätter, Mobilisierungsaktionen usw. Götzl: „Wie sahen Wohllebens Ziele aus?“ In den Sachen wie „Antikapitalismuskampagne“ seien sie einer Meinung gewesen, so Gerlach. Sie hätten schon den Kapitalismus erstmal demaskieren und Alternativen aufzeigen wollen. Er, Gerlach, gehe davon aus, dass Wohlleben sich schon „sozialistisch“ positioniert hat. Das sei seine Ansicht von Wohlleben gewesen. Götzl fragt, was Gerlach mit „Demaskierung“ meine und was konkret verfolgt wurde. Gerlach sagt, sie hätten sich  zusammengesetzt und versucht, die Fehler vom Kapitalismus aufzuarbeiten für sich und Alternativen zu erarbeiten. Und sie hätten versucht, das in Propaganda aufzuarbeiten, um das den Menschen nahezubringen.

Götzl: „Mich würden die Inhalte interessieren.“ Gerlach sagt, die könne man doch auch alle noch abrufen. Sie hätten versucht, die Wirtschaftskreisläufe aufzuarbeiten, dass es nicht funktioniere, die Menschen zu entwurzeln und als Arbeitskräfte hin und herzufahren. Sie hätten gesagt, es könne oder müsse anders gehen, „oder die Finanzflüsse zum Beispiel“. Götzl fragt nach den Alternativen. Gerlach sagt, dass man sich wieder auf die Volkswirtschaften konzentrieren solle, und dass Europa eine Einheit unter den Nationalstaaten bilde, und nicht eine Auflösung der Nationalstaaten, wie es heute betrieben werde. Götzl: „Was sollte konkret getan werden?“ Gerlach spricht von einer „Renationalisierung“, dass man Brüssel, und was man alles habe, wieder entflechtet, dass man überstaatliche Instrumente habe, die aber nicht diese Macht hätten. Dann spricht er davon, dass man „Selbstbestimmung“ in Deutschland nicht habe, und dass man in der Bundesrepublik das in eine Bahn lenke, wo der Mensch Mitspracherecht hat, das habe er ja nicht.

Götzl will wissen, was Gerlach damit meint, wenn er sage, Wohlleben sei sozialistisch gewesen. Wieder beginnt Gerlach und spricht davon, dass das Wirtschaftssystem in einer gewissen Form staatlich kontrolliert werden solle, dass nicht so Riesenkonzerne entstehen. Dann sagt er, da gebe es schon zwei, drei verschiedene Strömungen innerhalb „nationaler Kreise“, aber er nehme an, dass Wohlleben das schon so gesehen hat. Sie hätten ja innerhalb der „Antikapitalismuskampagne“ diskutiert. Das sei ja schon viele Jahre her, aber wenn sie total anderer Meinung gewesen wären, dann hätten sie nicht so lange zusammengearbeitet. Er habe mit Wohlleben von 2004 bis 2010 zusammengearbeitet, dann habe er, Gerlach aufgehört, politisch aktiv zu sein, sagt der Zeuge auf Frage. Er sehe halt aktuell in einer „politischen Aktivierung meinerseits“ keinen Sinn, er habe Familie und kümmere sich um seine familiären Angelegenheiten. Götzl: „Hat sich ihre politische Einstellung geändert?“ Gerlach verneint das.

Götzl fragt, wie denn die Zusammenarbeit im Einzelnen ausgesehen habe. Gerlach sagt, sie hätten halt diese Sachen koordiniert wie Demonstrationen, wer macht wann wo Demos, wie bestellt man Flugblätter, wie werden sie verteilt, wann und wo gibt es Aktionen. Das Fest der Völker habe auch organisiert werden müssen, das sei ja schon ein erheblicher Aufwand. Da hätten z.B. Reden übersetzt werden müssen für die Polizei, denn die habe die Inhalte haben wollen. Das habe zum Teil er, Gerlach, gemacht. Wohlleben oder der „Herr Kapke“ hätten das angemeldet, er hab das übersetzt und zurückgeschickt. Oder es habe mal eine Diskussion gegeben, das ein Redner das so nicht sagen könne, denn in der Bundesrepublik funktioniere das nicht, in Spanien vielleicht doch: „Solche Sachen halt.“ Götzl: „Was muss ich mir darunter vorstellen, was wäre das zum Beispiel?“ Wenn jetzt zum Beispiel ein Redner aus Spanien eingeladen werde und auch über Kapitalismus reden wolle, dann finde der andere Worte und würde sich alleine vom Ausdruck schon anders äußern, antwortet Gerlach. Und man müsse den Leuten erklären dass es Paragraphen gebe, die es in anderen Ländern nicht gebe, und dass man hier weniger offen seine Meinung sagen könne als in anderen Ländern.

Götzl fragt, wie das Verhältnis zu Wohlleben ab 2010 gewesen sei. Das sei noch rein persönlicher Natur gewesen, so der Zeuge. Sie hätten sich über Familie unterhalten, die Kinder, die Frauen. Auf Frage zum Verhältnis zwischen Wohlleben und seiner Frau antwortet Gerlach, da könne er nur sagen, dass sein Eindruck gewesen sei, dass es gut gepasst hat. Er habe auch jetzt noch Kontakt, es sei halt eine normale Familie. Zur derzeitigen Familiensituation sagt er, er könne persönlich nichts sagen, das solle man doch Wohllebens Frau in zwei oder drei Tagen selbst fragen. Die Frau sei mit zwei Kindern alleine zu Hause und der Mann seit zwei Jahren im Knast. Aber sein Eindruck sei, dass sie stark zusammenhalten. Götzl fragt, ob Gerlach die Familie unterstütze und Wohlleben in der Haft. Er sei mit seiner eigenen Frau zeitweise bei der Familie und sie würden halt Briefe  schreiben oder mal eine Karte, antwortet der Zeuge.

Götzl: „Was können Sie zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos sagen?“ Da könne er auch nichts sagen, antwortet Gerlach. Er werde ja nicht der erste sein, der sagt, dass es Berührungspunkte gegeben haben könnte. Wenn man die in der Zeitung sehe, dann kämen sie einem natürlich irgendwann bekannt vor irgendwann. Er habe ein schlechtes Namensgedächtnis. Ihm sei nicht erinnerlich, Kontakt mit denen gehabt zu haben. Götzl: „Haben Ihnen denn die Namen etwas gesagt?“ Gerlach: „Nein.“ Götzl fragt, ob Gerlach etwas erfahren habe, als die untergetaucht seien, ob das mal besprochen worden sei in der Szene. Gerlach sagt, das habe man sicherlich mitgekriegt, zumindest über die Reportagen, die laufend im Fernsehen gekommen seien, oder durch Antifa-Berichte. Aber ihm sei nicht bekannt, dass das Thema gewesen sei vor 2011, „wo dann dieser Stress losging hier“. Er könne sich an kein Gespräch darüber erinnern, wisse aber, dass diese Koffer oder diese komische Puppe von „Antifa-Seite“ thematisiert worden seien. Das sei immer als Aufhänger genommen worden, wenn es um die Szene in Jena ging. Er könne sich nicht an ein Gespräch erinnern über die drei Leute, wo die seien. Götzl: „Haben Sie sich mal mit Wohlleben darüber unterhalten?“ Gerlach: „Nein.“ Götzl: „Sicher?“ Gerlach: „Ja.“

Er bejaht, André Kapke zu kennen, das sei bis vor zwei Wochen sein Arbeitgeber gewesen und er sei mit ihm befreundet. Das sei im Grunde genommen die selbe Geschichte wie bei Wohlleben, über das Haus. Über die Koordinierung habe sich die Freundschaft entwickelt. Mit Kapke habe er mehr Kontakt gehabt. Wenn es darum gegangen sei, andere Gruppen, im Westen z.B., zu treffen, dann sei das mit Kapke gewesen. Mit Kapke sei das Verhältnis noch enger gewesen bzw. man habe im Verhältnis halt mehr Zeit miteinander verbracht. Kapke habe er richtig bewusst 2004 kennengelernt, als er, Gerlach, entlassen wurde. Im Oktober sei er entlassen worden, dann sei das recht schnell gegangen. Wenn sie irgendwas gemacht hätten, dann hätten sie das meistens zu dritt zusammen gemacht, sagt Gerlach auf Frage. Wenn er mit Jenaern zusammengearbeitet habe, dann immer mit Wohlleben und Kapke, das seien die Ansprechpartner gewesen. Götzl fragt, inwiefern Gerlach vor der Verhaftung politisch engagiert war. Gerlach sagt, da habe er sich Richtung Thüringen weniger interessiert, sie seien ja durch ihre Geschichte mehr nach Sachsen orientiert und er habe mehr in Richtung Leipzig, Dresden gemacht. Zumindest Führungspositionen habe er damals noch nicht so viel gemacht, wenn eher organisatorische Sachen Richtung Sachsen, Leipzig, Dresden, in Richtung Thüringen eigentlich gar nichts. Götzl: „Was war dann der Grund, dass sie sich mehr engagiert haben nach Ihrer Entlassung?“ Das sei ein „positiver Nebeneffekt“ von einer Haftzeit, man könne sich da weiterbilden, man könne viele Sachen reflektieren aus einer Position, die man draußen nicht habe, und sich Gedanken machen, sagt Gerlach. Und er sei zu dem Schluss gekommen, dass er mehr machen kann und muss. Er habe schon während der Haft viel Kontakte geknüpft, geschrieben und gelesen.

Götzl fragt, ob ihm HNG etwas sage, was Gerlach bejaht, er sei auch schon vor der Haft Mitglied gewesen und während der Haft auch betreut worden. (zuletzt 105. Verhandlungstag) habe er während der Haft kennengelernt, sie habe ihm Briefe geschrieben, es habe sich ein persönlicherer Kontakt ergeben, nach der Haft sei er ein paar Monate mit ihr liiert gewesen, das habe aber nicht gepasst und man habe sich getrennt. Götzl fragt, ob Gerlach noch weiter Kontakt zu Struck hatte. Er habe nicht direkt Kontakt gehabt, so der Zeuge, er habe sie danach nochmal auf einer Demonstration gesehen, in Halbe beim Heldengedenken 2006 oder so, er wisse es aber nicht mehr genau. Er habe sie nochmal gesehen, aber Kontakt habe er nicht mehr gehabt. Liiert gewesen sei er mit ihr nach der Haft bis Anfang, Mitte 2005. Zu den Gründen der Trennung sagt Gerlach, er sei dann mit einer Freundin zusammengekommen, die er schon länger gekannt habe, mit der er jetzt auch zwei Kinder habe: „Da hat das nicht mehr gepasst, das ist ja logisch, man muss sich da entscheiden.“ Er persönlich habe nicht mitgekriegt, dass Struck politisch aktiv war. Wenn er wo hingefahren sei, sei sie halt mitgekommen. Selbst politisch aktiv sei sie nicht gewesen in der Zeit, wo er sie kennengelernt habe.

Götzl fragt, ob der Zeuge mal den Namen von Struck als Passwort benutzt hat. Gerlach: „Ja, das ist ja mittlerweile bekannt.“ Das habe er für Online-Foren verwendet, er sei da nicht so, dass er sich das gut merken könne. Für zwei, drei Foren, er glaube „Freier Widerstand“. Gerlach sagt, Götzl habe das bestimmt vorliegen, er wisse nicht mehr welche Foren. Götzl fragt, ob er Daten von Struck, Adressen, an andere Personen weitergegeben oder ihn jemand dazu aufgefordert hat. Gerlach: „Nein.“ Götzl: „Oder Daten zu recherchieren, gab es da mal eine Situation?“ Gerlach: „Nein.“ Götzl: „Welchen Spitznamen hatten Sie?“ Den habe er jetzt noch, sagt Gerlach: „“. Zur Frage nach der Bedeutung des Spitznamens sagt Gerlach, er komme ja aus Altenburg, sie hätten ja das Skatspiel, er habe früher ein Heft gemacht, „Ace of Spades“, also Pik-Ass. Daher komme das, den habe er in den Foren als Nickname gehabt.

Götzl fragt, ob es Diskussion um die Anwendung von Gewalt bei politischer Betätigung gegeben und wenn ja welchen Inhalts. Das sei bei ihnen eigentlich Konsens gewesen, so Gerlach, dass das nicht funktioniere. Götzl fragt, mit wem Gerlach darüber diskutiert habe, und Gerlach antwortet, es habe da keine Diskussionen gegeben, das sei Konsens gewesen. Götzl hakt nach. Gerlach sagt, ihm sei keine Situation erinnerlich, wo davon die Rede war, man müsse zu den Waffen greifen. Götzl fragt mit wem. Gerlach sagt, mit den Leuten, mit denen er zusammengearbeitet habe. Im KDS [Kampfbund Deutscher Sozialisten] sei das Leitlinie gewesen, dass darüber nicht diskutiert werden kann, das seien ja „alte Kühnen Leute“ gewesen. Und beim „Freien Netz“ sei es genauso gewesen. Und er müsse auch dazu sagen, diese Foren seien ja veröffentlicht worden, und jeder habe einen unterschiedlichen Humor. Wenn er schreibe über eine Polizeiwache, die man abfackeln müsse, dann sei das für ihn Humor, den aber nicht jeder teile. Götzl: „Was meinen Sie damit?“ Gerlach sagt, es habe mal ein Thema in dem Forum gegeben, das sie als „Freies Netz“ gehabt hätten, und es sei irgendwie eine Diskussion aufgekommen und da habe er wohl geschrieben: „Ich zieh los und fackel ne Polizeiwache ab.“ Und jeder, zumindest in dem Forum, habe gemerkt, dass das humoristisch gemeint sei. Das sei in seinen Augen ein Scherz und die anderen hätten humoristisch geantwortet. Götzl fragt, inwiefern das humoristisch gemeint sei. Gerlach antwortet, es werde ja unterstellt, dass man solche Aktionen mache oder plane, zumindest wenn man manche Antifa-Seiten lese. Das habe das ein bisschen „konterkarieren“ sollen. Und es sei, wie gesagt, ein internes Forum gewesen und die Leute hätten denselben Humor gehabt.

Götzl fragt, ob Gerlach mal mit Wohlleben über Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung diskutiert habe. Gerlach sagt, daran könne er sich nicht erinnern. Aber wenn im Haus einer gewalttätig geworden sei, dann habe Wohlleben den aus dem Haus geworfen. Auch als mal ein Taxifahrer zu Gewalt angestachelt habe, da sei Wohlleben als erster dazwischen gegangen. Aber an Diskussionen, ob es sinnvoll ist Gewalt anzuwenden, könne er sich nicht erinnern. Deswegen sage er ja, dass das Konsens gewesen sei. Auch mit Kapke habe es keine Diskussion dazu gegeben, sagt Gerlach auf Frage. Der sei früher zwar cholerischer gewesen, oder habe so gewirkt. Aber der sei auch „unserer“ Meinung gewesen und habe nie in die Richtung tendiert, man müsse das und das machen in gewalttätiger Form. Auf Frage sagt Gerlach, er sei wegen Körperverletzung in Haft gewesen. Er habe es eben am eigenen Leib erfahren. Das sei auch sinnvoll gewesen, er sage nicht, dass er unschuldig war. Er habe erfahren, dass das nichts bringt, weder ihm und niemandem in seinem Umfeld. Auf Nachfrage sagt Gerlach, er sei wegen mehrerer  Körperverletzungen verurteilt worden, das sei in angetrunkenem Zustand gewesen, er sei jung gewesen, habe die Situation falsch eingeschätzt und zugeschlagen. Er könne und wolle es nicht leugnen. Götzl: „Gab es da politische Hintergründe?“ Gerlach: „Nö, das hat jetzt…“

Nach einer Unterbrechung geht es um 15 Uhr weiter. Dann sagt Götzl, es gehe nun um zeitliche Einordnungen und macht einen Vorhalt aus einer Erkenntniszusammenstellung des TLfV: Die erste Information über Gerlach sei von 1997, er habe eine rot-weiße Flagge mit Keltenkreuz geschwungen und gerufen: „Heß, Märtyrer für den Frieden“. Gerlach sagt, er habe die Fahne so nicht geschwenkt und das nicht gerufen, aber er sei dafür verurteilt worden, die Zeit passe. Vorhalt: 1998  sei Gerlach bei einem Skinkonzert im Landkreis Radebeul festgestellt worden. Gerlach: „Wird schon so sein.“ Vorhalt: Am 30.1.1998 [phon.] sei er in die HNG eingetreten. Gerlach sagt dazu, das könne schon stimmen. Vorhalt: Am 20.4.2000 sei er in Meuselwitz mit einem T-Shirt „Blood and Honour“ festgestellt worden. Gerlach sagt, das werde schon stimmen. Götzl fragt, was das Shirt für eine Bedeutung hatte für Gerlach. Gerlach: „Gar keine.“ Die T-Shirts habe es ja überall zu kaufen gegeben. Götzl fragt, warum er das kaufe. Gerlach sagt, das habe es auf Konzerten und in einschlägigen Versänden gegeben. Er habe Shirts getragen, da wisse er auch nicht, warum er sie getragen hat.

Götzl fragt, was Gerlach mit B&H verbindet. Gerlach: „Das war ein loser Zusammenschluss von Musikbands, also damals.“ Götzl: „Was verbinden Sie mit dem Begriff Hammerskins?“ Gerlach: „Was wollen Sie da von mir hören?“ Götzl: „Das was ich gefragt habe.“ Gerlach: „Keine Ahnung.“ Götzl sagt, Gerlach weiche aus. Darauf sagt Gerlach: „Ist halt auch ein Freundeskreis von, keine Ahnung, nationalen Skins, wie auch immer.“ Götzl: „Waren Sie Mitglied?“ Nach einer Pause sagt Gerlach: „Die Frage ist, ob man da Mitglied werden kann, das sind Fragen, weiß ich nicht.“ Götzl fragt, was Gerlach über die Mitgliedschaft bei den Hammerskins weiß, wer da Mitglied werden darf, ob man drüber reden darf. Gerlach antwortet, dass Götzl da von ihm nichts anderes hören werde, als er auf einschlägigen Internetseiten oder von „Ihren“ VS-Ämtern hören könne. Götzl sagt, ihm gehe es darum, was Gerlach weiß. Gerlach: „Ein Zusammenschluss von Skinheads, gegründet in Amerika, was weiß ich.“ Götzl hält aus der Erkenntniszusammenstellung zu Verbindungen zu den Hammerskins vor: In einem im August 2002 während der Haft in Hohenleuben festgestellten Brief habe sich Gerlach als Hammerskin bezeichnet und sei bis heute offenbar Mitglied im Chapter Sachsen/Westsachsen. Götzl: „Was sagen Sie denn dazu?“ Gerlach schweigt und sagt dann: „Wenn Sie den Brief haben, dann wird das schon stimmen, was da drinne steht.“ Götzl: „Bitte?“ Gerlach sagt, dass Götzl, wenn der Brief sichergestellt worden sei, die Antwort doch eigentlich habe. Götzl erwidert, es sei eine Frage, die er an Gerlach stelle. Gerlach sagt, das sei ihm klar, aber da werde Götzl keine Antwort von ihm bekommen, auch wenn Götzl das nicht gefalle. Götzl: „Warum nicht?“ Gerlach: „Weil ich das halt jetzt nicht sagen möchte, ist halt so.“

Vorhalt aus der Beschuldigtenvernehmung Mandy Struck vom 30.12.2011: St. habe auf die Frage, in welcher Organisation Gerlach Mitglied war, gesagt, bei den Hammerskins. Gerlach: „Wenn das die Frau Struck sagt.“ Götzl: „Ja, dürfen Sie nicht darüber reden?“ Gerlach: „Ich möchte nicht drüber reden.“ Götzl: „Sehen Sie sich verpflichtet, nicht darüber zu sprechen?“ Gerlach: „Ja, mir gegenüber. Ich weiß, dass Ihnen das nicht gefällt, aber ich möchte es nicht.“ Götzl ruft dem Zeugen die Belehrung in Erinnerung. Gerlach sagt, er sage dazu trotzdem nichts. Götzl erwidert, es sei nicht ersichtlich, dass ein Grund zur Auskunftsverweigerung vorliegt, Gerlach müsse dann damit rechnen, dass gegen ihn Ordnungsmittel ergriffen werden. Dann sagt Götzl, man komme auf das Thema nochmal zurück, man könne ja noch allgemein zu den Hammerskins gehen. Er fragt, was Gerlach darüber wisse, unter welchen Umständen man da aufgenommen wird. Gerlach antwortet, dazu könne er nichts sagen, da habe er keine Information zu. Vorhalt aus der Vernehmung von Struck: Einmal habe Gerlach sie auf ein Hammerskin-Konzert mitgenommen, sie wisse nicht mehr wo, da seien italienische Hammerskins gewesen, bei den Hammerskins dürfe eigentlich keiner wissen, wer dabei ist. Gerlach sagt dazu, das könne schon sein, dass er mit Struck auf einem Konzert war, er könne sich nicht erinnern, aber es könne sein. Götzl fragt, was Gerlach zu der Aussage sage, dass eigentlich keiner wissen dürfe, wer dabei ist. Gerlach: „Keine Ahnung, das ist ja ihr Eindruck.“ Er verneint, mit St. über die Hammerskins gesprochen zu haben.

Vorhalt aus der Vernehmung von Struck: Thüringen und Sachsen seien bei den Hammerskins zusammengelegt, da seien sechs oder sieben Mann dabei, es gebe eine lange Probezeit, wo die Leute unter die Lupe genommen würden, die seien dann wie Sklaven, würden zu allen Konzerten und Demos gehen, Gerlach sei vor der Haft Anwärter gewesen und  dann aufgenommen worden. Götzl: „Was sagen Sie dazu?“ Dazu könne er nichts sagen, das seien ja die Aussagen von Struck, so Gerlach. Götzl fragt, ob das denn stimme, was Struck gesagt hat. Gerlach: „Ich möchte zu dem Thema Hammerskins gar nichts sagen.“ Götzl hält aus Strucks Vernehmung vor: Struck blicke da nicht so richtig durch bei den Hammerskins; alles was sie oben gesagt habe, habe ihr der Gerlach erzählt, mehr wisse sie nicht. Götzl: „Was sagen Sie dazu, ist das richtig?“ Gerlach: „Nein.“ Er verneint, mit Struck über die Hammerskins gesprochen und ihr diese Informationen gegeben zu haben. Götzl: „Waren Sie Mitglied bei den Hammerskins?“ Gerlach: „Dazu möchte ich nichts sagen.“ Dann hält Götzl vor, dass Struck angegeben habe, Gerlach habe ihr erzählt, dass er viele Leute durch die Hammerskins kennt. Gerlach sagt, dazu könne er nichts sagen, er kenne allgemein viele Leute. Götzl: „Ist es nicht zutreffend?“ Mit dem Bezug ‚über die Hammerskins‘ wisse er nicht, wo der Zusammenhang besteht, sagt Gerlach. Er kenne viele Leute, aber das habe mit „HS“ [Gerlach benutzt diese Abkürzung] gar nichts zu tun.

Götzl fragt erneut, ob Gerlach eine entsprechende Aussage gegenüber Struck gemacht hat, und Gerlach sagt, da könne er sich nicht erinnern. Götzl sagt, in der schon zitierten Erkenntniszusammenstellung des TLfV heiße es: Auch in der Hammerskin-Szene verfüge Gerlach über weitreichende Kontakte in Europa und sogar bis Nordamerika, bis zuletzt habe er regelmäßig an Veranstaltungen der Hammerskin-Szene teilgenommen. Gerlach sagt, er wolle zu dem Thema allgemein nichts sagen. Sein „an mich selbst gestelltes Wertegefühl“ verbiete ihm, da hier drüber zu reden. Götzl: „Ist das nicht eine Aussage, dass sie sich den Hammerskins gegenüber verpflichtet fühlen, und beinhaltet das nicht, dass sie Mitglied sind, denn warum dürfen sie sonst nicht darüber sprechen?“ Gerlach sagt, er könne sich nur wiederholen, dass er sich selbst und seinem „Wertegefüge“ gegenüber dazu nichts sagen wolle. Götzl fragt, was Gerlach denn – losgelöst von der Frage, ob er Mitglied ist oder nicht – wisse über Folgen, wenn über Mitgliedschaft gesprochen wird: „Welche Kenntnisse haben Sie zu diesem Punkt?“ Gerlach: „Keine.“

Götzl fragt zum . Gerlach sagt, er persönlich kenne den nur aus der Presse ab Oktober 2011. Der THS sei ihm natürlich vorher schon bekannt gewesen, aber nicht, dass er damit groß in Berührung gekommen wäre. Sie seien in ihrem Landkreis in den 90ern nicht groß aktiv gewesen in Richtung Thüringen. Götzl fragt, welche Personen Gerlach damit verbinde. Gerlach nennt „den V-Mann Tino Brandt“ und „diese Thüringer Namen“, die da immer in der Presse genannt würden. Götzl erwidert, es gehe nicht um die Presse, sondern um das, was er aus der damaligen Zeit wisse. Da müsse er ehrlich sagen, so Gerlach, dass er das nicht mehr auseinanderhalten könne, er könne nicht mehr hundertprozentig sagen, ob er das von früher wissen oder aus dem, was ich mittlerweile gelesen habe. Seiner Meinung nach habe er nicht viel Kontakt gehabt, er kenne das Transparent, was die auf Demonstrationen gehabt hätten. Aber direkten Kontakt hätten sie, die Altenburger, mit den „Aktionsgruppen“ da eigentlich nicht gehabt. Götzl fragt nach weiteren Namen außer Brandt. Gerlach nennt Kapke, Wohlleben, Wieschke, aber das sei das, was er im Verlauf der letzten zwei Jahre gelesen habe.

Götzl fragt nach Kontakten ins Ausland. Gerlach sagt, er habe eigentlich viele Kontakte ins Ausland gehabt, „von Italien bis Ungarn, was weiß ich wohin“. Das habe hauptsächlich politische Hintergründe gehabt fürs „Fest der Völker“, oder man habe auf Konzerten Leute kennengelernt. Auf Frage sagt der Zeuge, er habe mehrere Kontakte in die Schweiz. Es sei ja durch die Medien gewandert, so Gerlach auf Nachfrage, dass er mit Mario Friso befreundet sei von der PNOS. Götzl fragt, ob Gerlach Reisen gemacht habe in die Schweiz. Gerlach sagt, er habe öfter mal Reisen dahin gemacht, er habe da mal gesprochen bei der Partei. Götzl zitiert aus der Erkenntniszusammenstellung: Gerlach habe an einem Bundesparteitag der PNOS im September 2006 [phon.] als Vertreter von KDS und FKH [Freundeskreis Halbe] teilgenommen und sei als Redner aufgetreten; die Schweiz habe aufgrund der sich abzeichnenden tieferen Zusammenarbeit eine Einreisesperre von drei Jahren verhängt. Gerlach sagt, er habe kein Einreiseverbot bekommen.

Götzl fragt nach Portugal. Gerlach sagt, er habe Kontakte gehabt zu Mário Machado [portugiesischer Hammerskin]und anderen Leuten da. Götzl fragt, ob denn mal das Besorgen von irgendwelchen Waffen thematisiert worden sei. Gerlach: „Nein.“ Götzl: „Also definitiv nicht?“ Gerlach: „Nein.“ Götzl fragt, ob Thema gewesen sei, dass Gerlach Waffen nach Deutschland bringen solle. Auch das verneint Gerlach. Er habe das in der Presse gelesen. Und auch in Karlsruhe sei ihm das vorgehalten worden, aber umgedreht, dass er Waffen nach Portugal gebracht haben solle. Das ergebe ja überhaupt keinen Sinn. Aber es sei, wie gesagt, nicht drüber gesprochen worden oder sonst was. Götzl sagt, in der Erkenntniszusammenfassung heiße es, dass Gerlach 2007 im Email-Verteiler des THS enthalten gewesen sei. Gerlach sagt, er sei sicherlich in einigen Verteilern gewesen durch die Koordinationsarbeiten. Wer die Emails unter welchem Account herum geschickt habe, könne er nicht mehr sagen. Aber direkt mit dem THS hätten sie nichts zu tun gehabt. Ihm sei es aber auch nicht um Gruppennamen gegangen.

Dann hält Götzl aus der Vernehmung Gerlachs aus 2013 vor: Auf die Frage, ob „nationaler Sozialist“ nicht vielleicht passender wäre, habe Gerlach gesagt, das sei eine Definitionssache, er definiere sich als „Sozialist“, würde es aber nicht als ehrenrührig betrachten, wenn ihm unterstellt würde, er bewege sich in der rechtsextremistischen Szene. Da sei eine halbe Stunde drüber diskutiert worden, sagt Gerlach. Der Staatsanwalt habe von ihm unbedingt hören wollen, nationaler Sozialist oder Nationalsozialist. Früher habe er, Gerlach, gesagt, „nationaler Sozialist“, heute würde er sagen „Sozialist“, aber das sei für ihn keine großer Unterschied. Wenn ihn jemand fragen würde, würde er sagen, er sei „Sozialist“, das würde ihm erstmal reichen. Götzl fragt, ob sich Gerlach denn in der rechtsextremen Szene bewege. Gerlach bejaht das, „was Sie und sicherlich auch der Herr GBA darunter verstehen“. Und deshalb sei das für ihn auch nicht ehrenrührig. Götzl sagt, er wolle nochmal auf die Begriffe „Sozialist“ und „nationaler Sozialist“ eingehen. Früher hätte er das extra betont, so Gerlach, dass er „nationaler Sozialist“ sei. Heute sehe er das aber als Voraussetzung, dass ein Sozialist zuerst zu seinem Volk und Land stehe. Und die, die sich sonst als Sozialisten bezeichnen, bezeichne er als „Internationalisten“. Deshalb würde er sich heute nicht mehr „nationaler Sozialist“ nennen, man müsse es nicht extra betonen, weil es eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Das seien Diskussionen, die sinnlos seien, die er aber gerne führe.

Götzl möchte wissen, ob Gerlach Kontakte mit Hammerskins in Portugal hatte. Gerlach antwortet, er habe mit Mário Machado Urlaub gemacht, er habe auf einer Konferenz gesprochen und viel unternommen. Er habe die in Deutschland auf einem Konzert getroffen, so sei der Kontakt entstanden. Er bzw. er und seine Frau seien ab und zu unten gewesen damals. Götzl sagt, dass man über die Thematik Hammerskins werde sprechen müssen. Er mache nochmal zehn Minuten Pause, es seien keine Gründe ersichtlich, dass Gerlach die Aussage da verweigern könne. Gerlach sagt, da werde sich in zehn Minuten nichts ändern. Götzl sagt, Gerlach solle es sich durch den Kopf gehen lassen, Zwangsmittel seien möglich.

Nach der Unterbrechung geht es um 15.57 Uhr weiter. Götzl fragt, ob es von Gerlachs Seite etwas zu ergänzen gibt, was der verneint. Dann fragt Götzl, ob Gerlach Maik Eminger kenne. Gerlach sagt, das sei der Bruder vom Angeklagten, der sei ihm von früher erinnerlich. Seiner Erinnerung nach hätten sie früher mit dem zusammengearbeitet, politisch. Götzl: „Wann?“ Gerlach sagt, er schätze so 2008, 2009 [phon.], er könne es nicht hundertprozentig sagen. Maik Eminger habe irgendeiner Aktionsgruppe oder Kameradschaft angehört und sei auf Demonstrationen und Vorträgen gewesen. André Eminger sei ihm nicht bekannt, so Gerlach, jedenfalls nicht bewusst, in ihren Kreisen laufe man vielen übern Weg. Götzl fragt, ob der Zeuge Kontakt zu André Eminger hatte in jüngster Zeit. Das verneint Gerlach. Götzl fragt, ob Gerlach einen Robert He. kenne. Mit dem habe er schon zusammengearbeitet, so Gerlach, das sei 2012 gewesen: „Oder, das sind ja mehrere Brüder, ich glaub, da gibt es mehrere von der Familie, oder? “ Götzl sagt, es gehe ihm um einen Robert. Mit dem Robert, habe er, glaube er mal zusammengearbeitet und mit dem Bruder auch mal, es gebe zwei oder drei. Götzl möchte wissen, ob Gerlach einen Jugendclub „Impuls“ in Jena kenne. Das sei ihm nicht bewusst jetzt, so Gerlach. Vorhalt aus der Zeugenvernehmung von Robert He.: Thomas Gerlach kenne He. nur aus der Presse, er habe ihn mal vor dem Jugendclub Impuls in Jena gesehen. Gerlach sagt dazu, dass He. vielleicht den Angeklagten Holger Gerlach meine. He. und er hätten zusammengearbeitet, Trockenbau gemacht, das könne nicht sein. Vorhalt aus der Vernehmung von He.: Soweit sich He. erinnere, habe ihn die Beate Zschäpe ihm vorgestellt. Darauf sagt Gerlach, wenn er in Jena unterwegs gewesen sei, dann mit Kapke oder Wohlleben. Vorhalt: Zschäpe habe allerdings nur gesagt, dass es der Gerlach sei, der solle damals außerhalb studiert haben. Gerlach sagt, studiert habe er leider so und so nicht. Götzl sagt, die Zeit sei fortgeschritten, Gerlach müsse nochmal wiederkommen: „Dann darf ich mich für heute bedanken.“

Der Verhandlungstag endet um 16.03 Uhr.

Das Blog NSU-Nebenklage“:
„Der (Befangenheits-) Antrag war eine eher verzweifelte Reaktion auf einen Haftfortdauerbeschluss des Senats vom 25. Juni, der der Verteidigung am vergangenen Freitag zugestellt wurde. Die Verteidigung hatte die Aufhebung bzw. Aussetzung des Haftbefehls gegen Wohlleben beantragt. In seinem Beschluss stellt das Gericht nun ziemlich klar dar, dass sich nach vorläufiger Bewertung der bislang erfolgten Beweisaufnahme der Anklagevorwurf gegen Wohlleben – Beihilfe zu neun Fällen des Mordes – in vollem Umfang bestätigt hat. Ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot oder andere Umstände, die zur Aufhebung oder Aussetzung des Haftbefehls führen müssten, seien ebenfalls nicht ersichtlich. (…) Gerlach versuchte, sich nach dem hier im Prozess immer wiederkehrenden Motto ‚Leugnen und Verharmlosen‘ herauszureden. (…) Verräterisch war, wenn Thomas Gerlach – der übrigens mit dem Angeklagten Holger Gerlach nicht verwandt ist – von „Kameradschaften und Aktionsgruppen“ sprach, ein Begriff, der vor allem in Zusammenhang mit dem Aufbau eines „führerlosen“ militärischen Widerstandes benutzt wird, wie er von amerikanischen Nazis entwickelt und von „Blood and Honour“ und den Hammerskins verwendet wird. (…) Der Zeuge „Ace“ Gerlach wird also erneut nach München reisen und dann ggf. beweisen müssen, ob er bereit ist, für sein „an sich selbst gestelltes Wertegefühl“ in Ordnungshaft zu gehen.“

    » «