Protokoll 142. Verhandlungstag – 23. September 2014

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An diesen Prozesstag wird zunächst der Vernehmungsbeamte P. zur Aussage von Charlotte E. befragt. Sie war die Nachbarin der Frühlingsstraße 26, die durch die mutmaßliche Brandstiftung Zschäpes in Gefahr gebracht wurde. Er vernahm E. am 11.11.2011, einem Zeitpunkt, an dem die Zeugin, die um die 90 Jahre alt ist, sich noch an das Ereignis erinnern konnte. Danach wird Roland Noback als Zeuge gehört, auch er vernahm E. Allerdings war diese da schon in einem Pflegeheim und sehr eingeschränkt vernehmungsfähig und konnte kaum noch Themenkomplexe einordnen. Der Tag wird abgeschlossen mit der fortgesetzten Vernehmung von Tino Brandt, dem Gründer des Thüringer Heimatschutz.

Zeugen:

  • André P. (KHM, Vernehmung Charlotte E., Nachbarin Zschäpe)
  • Roland Noback (RiAG, Vernehmung von Charlotte E., Nachbarin Zschäpe, 2014)
  • Tino Brandt (Umfeld Angeklagte, Neonazi und früherer VM 2045 und VM 2150 des TLfV)

Der Verhandlungstag beginnt mit der Vernehmung des Zwickauer Kriminalbeamten P. P. war zuletzt am 45. Verhandlungstag zum Gesundheitszustand von Charlotte E., Nachbarin von Zschäpe in der Zwickauer Frühlingsstraße, befragt worden. Nun wird er auch zu den Inhalten der Vernehmung am 11.11.2011 gehört. P. berichtet, dass Zschäpe durch ihren Anwalt den Antrag gestellt habe, E. als Entlastungszeugin zu vernehmen. Er habe E. am 11.11.11 nachmittags bei einem Neffen E.s in der Nähe von Annaberg, wo sie untergekommen war, besucht und die Vernehmung durchgeführt. Er habe E. das erste Mal gesehen. Sie sei am Gehstock gegangen und geführt worden, er habe schon gedacht, dass ihr Gesundheitszustand schlecht ist. Es sei eine gute Vernehmungssituation gewesen. Er habe E. erklärt, wie er vorhabe, die Vernehmung durchzuführen, dass sie selbst erzählt und seine Frage beantwortet, er das Besprochene auf ein Diktiergerät aufspricht und dann das Aufgenommene noch einmal vorspiele. Er habe E. dann gesagt, dass es um Wahrnehmungen am Brandtag geht, der genau eine Woche vorher gewesen sei. E. habe mitgeteilt bekommen, dass es um den Verdacht der schweren Brandstiftung gegen Zschäpe geht. E. habe aus Medien erfahren, um welche Personen es sich bei ihren Nachbarn gehandelt hat. E. habe dann von alleine einiges zu ihrer allgemeinen Situation erzählt, dass sie gesundheitlich nicht gut dran sei, schlecht zu Fuß, Pausen machen müsse, meistens in der Wohnung sei, kaum noch raus gehe, wenn nur in Begleitung, dass sie schwerhörig sei.

Zur Schilderung des Brandtags habe E. gesagt, dass es nachmittags gegen 14 Uhr es an ihrer Wohnungstür geklingelt habe, sie habe sich in der Küche aufgehalten, Radio gehört: Sie habe sich zur Wohnungstür begeben, durch den Spion geschaut, dort niemanden gesehen. Dann habe sie den Hörer in die Hand genommen, gefragt, ob jemand unten ist. Es habe niemand geantwortet. Sie habe dann aus dem Fenster nach unten geschaut, dort auch niemanden gesehen, habe in der Küche Qualm wahrgenommen, von da ab sei sie verwirrt gewesen, habe das nicht mit einem Brand in Verbindung gebracht, die Fenster geöffnet, um Durchzug zu schaffen. Auf der Straße habe ihre Nichte ihr zugerufen, dass es brennt, und sie zusehen solle, dass sie aus der Wohnung raus kommt. Kurze Zeit drauf sei sie von ihrer Nichte und einer weiteren Person herausgebracht worden. Bei der Person, so P., könne es sich um einen der Bauarbeiter handeln, die hier auch schon vernommen worden seien: „Das war das, was sie selbst zum Geschehen angegeben hat.“

E. habe gesagt, dass es sich bei ihren Nachbarn um zwei junge Männer und eine Frau gehandelt habe. Sie habe die an dem Tattag nicht gesehen und sonst die Männer nur sporadisch und aus der Ferne, und mit allen dreien noch kein Wort gewechselt. Die Frau habe sie oft beim Wäsche aufhängen gesehen, wenn sie aus ihrem Küchenfenster auf den Hof geschaut habe. Was E. bemerkt habe, sei gewesen, dass in der Woche vorher, da habe schönes Wetter geherrscht, ihre Nachbarin nicht beim Wäsche aufhängen gesehen habe. Und E. habe gesagt, dass sie zu Kleidung, Besonderheiten, Fahrzeugen nichts sagen könne. Sie sei von Natur aus nicht besonders neugierig. Er habe E. den Inhalt der Vernehmung nochmal vorgespielt. E.s Personalausweis habe nicht vorgelegen, sie habe ihre Personalien, die er ins Deckblatt eingetragen habe, diktiert.

Götzl fragt zum Eindruck P.s zum Gesundheitszustand von E. P. sagt, er wisse ja jetzt, dass E. dement sei. Diesen Eindruck habe er von E. überhaupt nicht gehabt. E. habe der Vernehmung folgen und ohne große Nachfragen und Erklärungen antworten können. Götzl fragt, ob E. berichtet habe, dass sie Geräusche wahrgenommen hat. In der Vernehmung stehe, so P., dass E. keine Geräusche wahrgenommen hat. Aber das habe er sich nur jetzt wieder angelesen. Er habe sie natürlich gefragt, das falle ihm jetzt ein, ob sie einen Telefonanruf bekommen hat und das Telefon klingeln gehört hat. Das habe sie auch verneint. Götzl fragt zu Zeitangaben. E. habe von nachmittags 14 Uhr gesprochen, so P., habe das aber nicht genauer einordnen können. E. habe gesagt, dass es nicht später gewesen sei, weil ihre Nichten immer so gegen halb Vier zum Kaffeeklatsch gekommen sei. Und sie habe betont, dass es glückliche Umstände seien, dass diese Personen nicht zugegen waren. Der Kaffeeklatsch habe wohl immer freitags stattgefunden, so P. auf Frage, ob der Kaffeeklatsch auch an diesem Freitag habe stattfinden sollen.

Auf Frage sagt P., er habe E. gefragt, wieviel Zeit vergangen ist vom Klingeln bis sie an der Wohnungstür war, oder bis sie festgestellt hat, dass die Küche verqualmt ist. Und da habe sie gesagt, eine Viertelstunde vom Klingeln bis sie den Qualm festgestellt habe. Götzl fragt, ob E. zu irgendeiner Zeit dann den Brand wahrgenommen hat. Später, so P., erst als ihre Nichte von außen gerufen habe, dass es brennt. E. habe gesagt, dass sie bis zu dem Wohnungsklingeln keinerlei Wahrnehmungen hatte, und als sie zurückgekommen sei vom Nachschauen habe sie dann den Qualm festgestellt. P. bejaht, dass er E. gefragt habe, ob sie sich in der Lage fühlt der Vernehmung zu folgen.

Götzl beginnt mit Vorhalten aus dem Protokoll: Durch ihre gesundheitliche Beeinträchtigungen liege sie, E., die meiste Zeit im Bett in der Schlafstube, sie habe eine defekte Herzklappe und fühle sich schwach, müsse oft Pause machen, wenn sie sich in der Wohnung bewege, dann nur langsam und mit dem Gehstock als Hilfe. P.: „Genau.“ Auf die Frage, ob E. etwas zu dem Fenster und dem Hinausschauen gesagt hat. Sie habe gesagt, so P., dass sie am Küchenfenster Blumen stehen habe und dass sie nur einmal am Tag, morgens, weil das so beschwerlich sei, die Wohnung lüftet oder die Küche lüftet. Vorhalt: Manchmal schaue sie tagsüber aus dem Fenster der Küche hinters Haus zur Wäsche, aus dem anderen Fenster zur Straße sehe sie selten. P. bestätigt das. Dann hält Götzl E.s Aussage vor, sie habe weder einen Knall noch sonstige Geräusche gehört, die sie gewarnt hätten, sie sei schwerhörig und das Radio sei gelaufen. Zschäpes Verteidige Heer fragt Götzl, warum dieser das dem Zeugen vorhalte, der sein Erinnerungsvermögen mustergültig gezeigt habe. Es folgt eine kurze Auseinandersetzung zwischen Götzl und Heer.

Danach sagt Götzl., P. habe eben gesagt, die Zeugin hätte das Ganze gegen 14 Uhr eingeordnet, jetzt heißt es hier aber, dass es nach 14 Uhr gewesen sei, als an der Wohnungstür geklingelt habe. P. sagt, genauso habe E. es gesagt. Auf die Frage, ob sie die Nichte auf der Straße namentlich bezeichnet hat, sagt P., es sei die schräg gegenüber wohnende Nichte Monika M. (29. Verhandlungstag) gewesen, E. werde „Nichte Monika“ gesagt haben. Götzl sagt, im Protokoll sei die Rede davon, dass bis zum Feststellen des Qualms etwa 15 Minuten vergangen sein werden. Diese Zeit, die dort im Protokoll steht, habe E. angegeben, sagt P. Und er habe nachgefragt, wieviel Zeit vergangen ist vom Klingeln bis sie an der Wohnungstür nachgesehen hat. Das sei ihm nachvollziehbar erschienen, wenn sie immer Pause machen müsse nach wenigen Schritten. Dazu heiße es im Protokoll, dass das „mindestens vier Minuten“ gedauert habe. P. bestätigt das. Vorhalt: Sie habe verneint, aus dem Wohnzimmerfenster gesehen zu habe, wo es brennt, sie habe sich nicht aus dem Fenster gelehnt, sei dann ziemlich verwirrt gewesen; sie habe verneint, dass zu dieser Zeit die Feuerwehr schon vor Ort war. P. bestätigt das. Zu der weiteren Person neben M., die E. rausgebracht habe, sei in der Vernehmung nichts gesagt worden, so P., aus Ermittlungen denke er zu wissen, dass es einer der Bauarbeiter war. Vorhalt: Sie hätten sich dann in die Wohnung der Monika M. begeben, von dort aus habe sie das das ganze Ausmaß des Brandes sehen können. P. sagt, vorher habe E. beim aus dem Fenster schauen gesagt, sie habe gar nicht gesehen, dass es brennt, von dort aus habe sie dann auf ihr Haus schauen können.

P. bejaht, dass E. geschildert habe, dass wohl später jemand in der Wohnung gewesen sei und Medikamente und Brille herausgeholt habe, das sei genehmigt worden durch die Feuerwehr. Auf Frage sagt P., dass E. angegeben habe, dass sie gesagt bekommen habe, dass sie nicht zurück kann in ihre Wohnung, weil die Brandmauer beschädigt worden sei. Zum Alter der Nachbarn habe E. angegeben, dass es zwei junge Männer und eine junge Frau gewesen seien. E. sei 89 Jahre alt gewesen, da sei man, denke er, auch mit 50 vielleicht noch jung. P. verneint, dass in der Vernehmung thematisiert wurde, ob sie die Namen kennt. Vorhalt: Die Männer würde E. überhaupt nicht wiedererkennen. P. bestätigt das.

Götzl sagt, es gehe noch um Ermittlungen zu den Wohnverhältnissen in Frühlingsstraße 26 und 26a. P. sagt, er habe im Melderegister eine Abfrage gemacht und dabei die Auskunft erhalten, dass dort die im Protokoll aufgeführten Personen wohnhaft waren. Im einzelnen wisse er das jetzt nicht. Götzl verliest, dass als aktueller Bestand ein „“ aufgeführt sei. P.: „Dann habe ich diese Auskunft erhalten und habe das so niedergeschrieben.“ Vorhalt: Beginn des Mietverhältnisses 2.4.2008. Götzl fragt, ob da auch inaktuelle Bestand erfragt worden sei. P. sagt, er erinnere sich, dass da ein Herr Ki. bekannt geworden sei. Götzl hält Mietdaten von 2008 [phon.] bis 2010 vor. Dann verliest er die weitere Namen und Mietdaten zu Olaf B. (27. Verhandlungstag), Lutz W. und zu Frau E. vor. P. sagt, wenn es so drin stehe, werde so die Auskunft gewesen sein.

Dann fragt Zschäpes Verteidiger Stahl. Er frag, was P. darüber wisse, dass der Verteidiger den Antrag gestellt habe, E. als Entlastungszeugin zu vernehmen. P. antwortet, als er den Ermittlungsauftrag erhalten habe, dass der damalige Rechtsanwalt von Zschäpe beim Ermittlungsrichter in Zwickau den Antrag gestellt hat, E. als Entlastungszeugin zu vernehmen, habe er selber für sich den Schluss gezogen, dass Zschäpe an der Wohnungstür geklingelt hat, warum auch immer. Stahl: „Das verstehe ich. Aber was wussten Sie über den seinerzeitigen Antrag des Verteidigers. Wenn Sie wussten “als Entlastungszeugin”, was sollte daran entlastend sein?“ Da habe er keine weiteren Erkenntnisse zu, so P. Er habe den Antrag nicht gesehen, sondern den Ermittlungsauftrag erhalten, Kontakt mit E. aufzunehmen, weil der Antrag des Anwalts besteht, sie als Entlastungszeugin zu vernehmen, mehr sei ihm nicht bekannt.

Stahl sagt, er wolle zurückgehen zu dem Antrag des Verteidigers: „Ist denn bis zu diesem Zeitpunkt keiner auf die Idee gekommen im K11, Frau E. mal zu befragen?“ Das sei natürlich eine heftige Frage, so P., auf alle Fälle seien Ermittlungsaufträge verteilt worden, die von ihnen wahrgenommen wurden. Mehr könne er dazu nicht sagen. Stahl sagt, er könne nur vorhalten, dass sich aus den Akten kein Vermerk einer Befragung von E. bis zu diesem Zeitpunkt ergebe. P. sagt, da werde E. auch nicht mehr am Ort gewesen sein. Stahl: „Aber wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist sie doch nochmal in die Wohnung reingegangen.“ Götzl: „Das haben Sie falsch verstanden.“

Stahl fragt, ob P. etwas davon wisse, ob der Umstand, dass K. wohl bei E. geklingelt hat, in irgendeiner Weise aktenkundig war oder dem Verteidiger von Zschäpe mitgeteilt worden ist. P. verneint das. Vorhalt aus der Vernehmung des Zeugen K. vom 7.11.2011: Auf dem Weg zum Ereignisort habe er, K., in der Frühlingsstraße 26, also in der linken Haushälfte, die nicht beschädigt wurde, eine ältere Frau bemerkt, aus diesem Grund sei er zurückgegangen und habe hinten an der Klingelanlage überall geklingelt, in diesem Augenblick seien zwei weitere Personen gekommen, die erklärt hätten, dass es sich um ihre Tante handeln würde und sie sich um sie kümmern würden. Stahl fragt, ob P. diese Aussage kannte. Das könne er aus der Erinnerung nicht sagen, so P., aber es könne sein, dass er die Vernehmung sogar durchgeführt habe. Stahl: „Da muss ich Sie enttäuschen.“ Es gehe ihm nur darum, ob P. diese Vernehmungsniederschrift bekannt gewesen ist. Er denke schon, antwortet P. Stahl sagt, da habe K. ja angegeben, dass er überall, also auch bei E. geklingelt hat. Er fragt, ob P. diese Information nicht zum Anlass genommen hat, E. zu befragen, wann genau sie das Klingeln gehört hat. P. sagt, es sei so niedergeschrieben worden, wie E. es erzählt habe, wenn sie erzählt hätte, dass es ein zweites Mal geklingelt habe, dann hätte er es so niedergelegt.

Stahl fragt, ob P. nach Vernehmung E.s eine Bewertung der Ermittlungsergebnisse angestellt habe. Er habe für sich die Schlussfolgerung gezogen, dass es anders keinen Sinn macht, als dass Zschäpe an der Tür geklingelt hat, um E. zu warnen, so P. Das sei aber seine Schlussfolgerung, demgegenüber stehe das Objektive, dass E. niemanden gesehen habe, der geklingelt hat. Stahl sagt, ob P. seine Bewertung aktenkundig gemacht hat. Das könne er nicht sagen, weil er nicht mehr alles wisse, was er im Ergebnis der Zeugenvernehmung geschrieben habe, so P. Stahl sagt, in der Tat gebe es in den Akten eine Kopie der Vernehmung E.s und einen handschriftlichen Vermerk. Der handschriftliche Vermerk wird von P. in Augenschein genommen. P.: „Also, zum einen ist das meine Schrift und zum anderen ist das die von mir eben erwähnte Schlussfolgerung.“ Stahl fragt, ob es insoweit richtig ist, dass P. zu dem Zeitpunkt, dem Ergebnis der Befragung, davon ausgegangen ist, dass zweimal geklingelt wurde. P.: Wenn ihm die Vernehmung von K. bekannt gewesen sei, so P., dann werde er das sicherlich mit auf den Weg genommen haben zur Vernehmung. Stahl sagt, nach dem was er aus der Vernehmung von K. vorgehalten habe, habe K. geklingelt kurz bevor E. dann aus der Wohnung gebracht worden sei.

Es gibt offenbar Beanstandungen von anderen Verfahrensbeteiligten. Götzl: „Zu Recht.“ Stahl sagt, er wolle wissen, warum. Das störe ihn in seiner Fragestellung, er sei halt „nicht so helle“, das ärgere ihn jetzt ungeheuerlich. Götzl sagt, Stahl habe gesagt, dass K. geklingelt habe, kurz bevor E. das Haus verlassen hat: „Woher soll der Zeuge das wissen?“ Stahl sagt, er habe Bezug auf die Vernehmungsniederschrift genommen. Götzl: „Und was ist jetzt ihre Frage?“ Stahl sagt, die habe er noch nicht gestellt und er wolle wissen, warum beanstandet wird. Götzl: „Überlegen Sie doch mal, Herr Stahl!“ Wenn der Zeuge sage, er wisse nicht, ob er überhaupt diese Aussage kennt, dann müsse Stahl anders anknüpfen. P. wird aus dem Saal geschickt. Dann sagt Stahl, der Tatvorwurf, der auf diese Befragungen des Zeugen gestützt werde, sei u. a. versuchter Mord. Stahl spricht von einem „kapitalen Schlag ins Kontor“, der „unterbliebenen Vernehmung“ von E. Und dass Götzl sage, es werde zu Recht beanstandet, wo er die Frage noch gar nicht gestellt habe. Götzl sagt, das sei doch als Frage formuliert worden. Stahl erwidert, dass es ein Vorhalt gewesen sei. Und er sei jetzt draußen, müsse sich wieder sammeln. Es gehe um einen ganz entscheidenden Punkt, ob man darauf einen Mordvorwurf stützen könne. Stahl bittet um eine Unterbrechung.

Um 11.16 Uhr geht es weiter. Stahl fragt P., wie lange der als Mitglied des K11 mit Ermittlungen betraut war, ob er nach der Befragung von E. noch weitere Ermittlungen getätigt hat. P. bejaht das. Stahl fragt, ob P. während der Ermittlungstätigkeiten jeweils aktualisiert auf den neuesten Stand gebracht worden ist. P. sagt, es habe natürlich Besprechungen gegeben. Stahl sagt, wenn er sich P.s handschriftlichen Vermerk ansehe, dann sei der aufgebracht auf einer Kopie der Niederschrift der Vernehmung. Er fragt, wann der Vermerk entstanden ist. Eine Kopie in dem Sinne sei es nicht, so P., sondern es sei so, dass das BKA noch keinen Zugang gehabt habe zum sächsischen Daten- und Verwaltungssystem [phon.]. Er habe jederzeit auf seinem Sachsen-Rechner von ihm erstellte Protokolle noch einmal ausdrucken können, die seien dann logischerweise nicht mit der Originalunterschrift versehen. Das habe er dann getan auf Anordnung des Ermittlungsleiters des BKA, er denke Herrn B. (18. Verhandlungstag). Er könne sich vorstellen, dass B. gefragt habe, was P. für Schlussfolgerungen aus der Zeugenvernehmung ziehe. Deswegen stehe das drauf und sei nicht unterschrieben. Das Original sei schon in der Hauptakte gewesen, das sei vorne vermerkt. Zum Zeitpunkt könne er sich nicht erinnern, so P. weiter, aber er denke, der B. habe auf die erste Seite ein Datum geschrieben.

Es folgt eine weitere Inaugenscheinnahme. P. sagt, dass es so sei, dass er auf dem ersten Blatt vermerkt habe, dass die Zeugenvernehmung bereits vorliegt und schon in der Hauptakte ist. Und B. habe drauf geschrieben, dass er diese Kopie von ihm, P., am 26.11. erhalten hat. Stahl fragt, ob sich P. erinnere, ob der handschriftliche Vermerk, dass die Vernehmung in der Hauptakte sei, zum selben Zeitpunkt entstand wie die Bemerkung, dass er davon ausgehe, dass Zschäpe geklingelt hat. Da gehe er von aus, so P. Stahl fragt, ob sich P. erinnere, dass er diese Notizen zu dem Zeitpunkt drauf angebracht hat, als diese Kopie an B. ging. Er gehe davon aus, so P., aber an den Zeitpunkt, wann er das übergeben habe, erinnere er sich nicht mehr. Es werde auf B.s Anforderung passiert sein. Er denke, so P., dass es auch nicht geeignet war, in die Hauptakte zu gelangen, sondern dass das nur interner Informationsverkehr gewesen ist.

Stahl fragt, ob P. eine Erinnerung daran hat, ob nach dem 26.11. weitere Ermittlungen angestellt worden sind oder werden sollten im Hinblick auf die Frage, wer bei E. geklingelt haben könnte. Davon habe er keine Kenntnis, so P., er wisse aber, dass Beamte des BKA E. später erneut aufgesucht haben. Stahl fragt, ob P. nach der Befragung von E. rekapituliert hat, wann das von E. geschilderte Klingeln gewesen ist. Das könne er nicht sagen, so P., denn er habe die Vernehmung an seine Ermittlungsführung gegeben und das sei deren Aufgabe, die Schlussfolgerungen zu ziehen. Stahl fragt, ob Thema gewesen sei, ob es häufiger unangekündigt bei E. klingelte. Daran habe er keine Erinnerung, so P.

NK-Vertreter RA Reinecke sagt, wenn er das richtig gesehen habe, sei P. auch bei der Vorführung von Zschäpe und der Verkündung des Haftbefehls anwesend gewesen. P. sagt, er habe Zschäpe dorthin begleitet. Reinecke fragt, ob P. im Anschluss an die Verkündung des Haftbefehls mit Herrn Liebtrau [erster Rechtsanwalt von Zschäpe nach der Selbststellung]gesprochen hat. Daran könne er sich nicht erinnern, so P. Reinecke fragt, ob P. mitbekommen habe, ob OStA Illing ein Gespräch mit Liebtrau geführt hat.

Eminger-Verteidiger Kaiser will die Frage beanstanden. Die NK habe hier keine Frageberechtigung, es gehe ausschließlich um einen Tatvorwurf gegen Zschäpe. Reinecke erwidert, es gehe um die Frage der Mittäterschaft, die Frage sei uneingeschränkt zulässig. Kaiser sagt, eine „Mittäterschaft post mortem“ lasse sich nicht feststellen. Götzl: „Was meinen Sie?“ Kaiser erwidert, Zschäpe sei hier alleinhandelnd angeklagt und das „sogenannte Trio“ sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden gewesen. Reinecke sagt, das verstehe er nicht, Zschäpe würden Tatbeiträge von Böhnhardt und Mundlos zugerechnet und deswegen sei es von erheblicher indizieller Bedeutung, was sie am 4.11. gemacht hat. Kaiser sagt, eine davor liegende Mittäterschaft verschaffe keine Frageberechtigung. OStAin Greger sagt, die Befragung des Zeugen beinhalte die Beschuldigtenvernehmung der Angeklagten, deshalb sei auch die NK berechtigt, diese Fragen zu stellen.

NK-Vertreter Scharmer sagt, die Ereignisse am 4.11. seien unstrittig Grundlage, weiter zu ermitteln, auch zur Aufklärung den vorangehenden Taten, zweitens gehe es um die Vernehmung und drittens sei die Verteidigung Eminger, wenn man der Argumentation von Kaiser folge, gar nicht antragsberechtigt. Götzl lässt die Frage zu. P. sagt, daran habe er keine Erinnerung. Reinecke sagt, in dem Antrag, den Liebtrau zur Vernehmung E. gestellt habe, sage er, dass E. nach Erkenntnissen der Verteidigung wesentliche entlastende Angaben für die Beschuldigte machen, insofern nehme er Bezug auf die im Anschluss an die Verkündung des Haftbefehls gemachte Rücksprache. Reinecke: „Fällt Ihnen dazu etwas ein?“ P.: „Nein.“ Auf Frage sagt P., der Auftrag zur Vernehmung sei von der StA zur Polizei gegangen und er habe den Auftrag von seinem Ermittlungsleiter bekommen. Er verneint, dass der StA selbst noch etwas erzählt habe. Der Zeuge wird um 11.35 Uhr entlassen.

Zeuge: Noback, Richter am Amtsgericht Zwickau

Es folgt der Zeuge Noback, Richter am Amtsgericht Zwickau. Götzl sagt, es gehe um die Vernehmung der Zeugin E. am 16.05.2014 durch Noback. Noback berichtet, dass ihm das Ersuchen des OLG vorgelegen habe, eine Liste der Prozessbeteiligten, auch eine Zeugenvernehmung E.s. Er habe sich die Örtlichkeiten im Pflegeheim angeschaut. Am Folgetag sei ein Zimmer zurechtgemacht gewesen. Die Verteidiger von Zschäpe und sechs NK-Vertreter hätten ihr Kommen angekündigt, für die habe man Platz geschaffen. Die Heimleiterin habe berichtete, E. sei recht gut zusammen, man könne mit ihr sprechen. Erschienen seien nur die Verteidigung Zschäpe und OStAin Greger, ansonsten niemand. Man habe eine Zeit lang gewartet und nach dem akademischen Viertel begonnen. E. sei im Rollstuhl hereingebracht worden. Die Heimleiterin sei gefragt worden, ob ob sie dabei bleiben würde als Vertrauensperson, habe zugesagt und E. sei einverstanden gewesen. Zum körperlichen Zustand E.s sagt Noback, hinfällig könne man schlecht sagen, aber E. habe im Rollstuhl gesessen, habe gesagt, sie habe Schmerzen, es gehe ihr nicht gut. Aber E. sei ansprechbar gewesen, er habe sie belehrt über die Zeugenpflicht. Sicher nicht so ausführlich wie Götzl, denn man habe, und das sei mit den Verteidigern und OStAin Greger besprochen gewesen, die Konzentrationsfähigkeit nicht durch Formalia strapazieren wollen.

Ihren Namen habe E. sagen könne, aber beim Alter habe E. gesagt, sie sei 80 Jahre alt und er habe Zweifel angemeldet. Dann habe gesagt, sie sei „02“ geboren. Und als er das angezweifelt habe, habe E. gesagt, sie sei um die 90. Die Frage, wo und was das Pflegeheim sei, habe E. nicht beantworten können. Es habe sich dann in der Befragung heraus ergeben, dass E. noch geringfügig zeitlich und räumlich orientiert ist. Die Frage, ob sie aus Zwickau stammt, habe E. bejaht, aber sie sei dann nach Westen und dann sei sie wiedergekommen und dann habe sie in der Frühlingsstraße gewohnt. Er wisse nicht mehr, so Noback, ob er ihr das habe vorhalten müssen. Die Fragen, was für ein Haus das gewesen sei, ob es ein großes Haus gewesen sei, wo sie gewohnt habe etc., habe sie nicht beantworten können. Auf die Frage, warum sie dort ausgezogen ist, habe E. gemeint, sie sei nicht mehr zurecht gekommen. Die Frage, ob es äußere Umstände, ein Unglück, einen Brand gegeben habe, habe E. verneint. E. habe die Frage, ob sie das Haus habe verlassen können, bejaht, sie sei in den Garten gegangen, habe einen Stock dabei gehabt und noch allein sich vorwärtsbewegen können. Und sie sei allein die Treppen runtergegangen. Aber wieviele Treppen das waren, habe E. nicht erinnern können.

Nachdem das ein bisschen schwierig gewesen sei, habe er E. gefragt, ob dort junge Leute waren, um überzuleiten auf die drei ehemaligen Wohnungsnachbarn. Das habe E. bejaht, junge Leute seien dort gewesen: „Aber zu mehr ließ sie sich nicht bewegen.“ Bei der Frage, ob mal eine junge Frau Wäsche aufgehängt habe, habe sie sich nicht festgelegt, und junge Männer habe sie gar nicht gesehen. Um ihr Gedächtnis zu stärken habe er ihr eine Lichtbildvorlage vorgehalten. Sie habe sich die Frauen dort angeschaut und gemeint, sie kenne keine davon. Er habe ihr vorgehalten, aber die junge Frau hier solle ihre Nachbarin im Nachbarhaus gewesen sein. E. habe angegeben, die kenne sie auch nicht. Sie hätten dann mal eine Pause gemacht, er wisse nicht mehr, ob wegen der Konzentration oder einer internen Verständigung der Verteidiger. Es sei dann weitergegangen und er habe versucht, andere Dinge anzusprechen.

Auf die Frage, ob sie bei einem Neffen in Königswalde untergekommen sei, habe E. gesagt, dass sie dort nicht gewohnt habe. Er habe ihr den Namen gesagt, da habe sie gemeint, das sei wohl einer ihrer Verwandten. Dann habe sie gesagt: „Da habe ich mal gewohnt“. Mit Fragezeichen und Ausrufezeichen, so Noback. Das sei nicht klar gewesen. Dann habe die OStAin nach anderen Verwandten gefragt, die z.B. bei der Videovernehmung mal dabei waren. Da habe E. noch einen Namen gewusst, die anderen nicht mehr. Der „junge Kollege, Herr Heer“ habe dann die Möglichkeit gehabt, Fragen zu stellen, habe das sehr geschickt gemacht, habe aber auch nichts besseres erfahren können. Heer habe konkrete Fragen gestellt und E. habe mit Schulterzucken und „ich weiß es nicht“ geantwortet. Es sei zu merken gewesen, dass E. bei der Konzentration „ihr Pulver verschossen“ habe hatte. Es sei nicht mehr gegangen, man habe dann nach einer Stunde die Vernehmung abgebrochen.

Zum Eindruck sagt Noback, E. habe sich bemüht, versucht, in ihrem Gedächtnis zu kramen, sei willig gewesen, aber er habe den Eindruck gehabt; dass sie nicht mehr so recht weiß, worum es eigentlich geht. Er habe noch gefragt, ob da mal jemand geklingelt hat, weil das seiner Meinung nach einen erhebliche Rolle gespielt habe. Aber auch da habe sich E. nicht erinnern können. Dann habe er sie auf Vernehmungen eines Polizeibeamten angesprochen. Daran habe sich E. erinnern können, aber was der wollte, das habe sie nicht mehr gewusst. Götzl fragt zur Protokollierung. Er habe eine recht gute Protokollantin gehabt, die dort geschrieben habe, so Noback. Im Protokoll sei alles drin gewesen, sie habe fast wörtlich mitgeschrieben. Es seien auch keine Anträge auf Protokollberichtigung gekommen. Götzl: „Wie muss ich mir es von der Abfolge vorstellen von der Protokollierung?“ Es sei im Prinzip fast ein Frage-Antwortspiel gewesen, so Noback, viel habe E. nicht von sich aus erzählt. Man habe ihr fast alles vorhalten müssen. Das sei bei dem Zustand sicher normal. Die Heimleiterin habe ihm noch gesagt, E. sei ungewöhnlich gut drauf, mehr sei es nie gewesen in dem letzten halben Jahr. Im Vorfeld sei ja auch diese Videovernehmung gelaufen und deshalb habe sie sich immer mal wieder mit E. befasst. Es folgt die Mittagspause bis 13.07 Uhr.

Auf Frage sagt Noback, die Protokollführerin habe selbständig mitgeschrieben. Er verneint, etwas diktiert zu haben, es sei nichts zu verändern gewesen. Götzl fragt, ob die Zeugin unvereidigt blieb. Noback bejaht das. Er habe die Verteidigung gefragt, es sei kein Antrag gestellt worden, man sei sich da einig gewesen. Er habe das Gefühl gehabt, E. werde es sowieso nicht verstehen. Auf Frage, ob der Stadtteil Thema war, in dem E. wohnte, sagt Noback: „Ich dachte, sie hat gesagt, Weißenborn, aber da bin ich mir nicht ganz sicher.“ Den Namen „Frühlingsstraße“ habe er ihr vorgehalten, denke er, so Noback auf Frage, und E. habe es seiner Erinnerung nach bejaht. Götzl fragt, ob zur Sprache gekommen ist, wie lange sie dort wohnte. Noback sagt, sei Eindruck sei gewesen, dass sie zu Zeiträumen keine Angaben machen kann.

Götzl möchte wissen, ob die Umstände angesprochen worden sind, dass und wie sie ins Heim gekommen ist. Noback sagt, E. habe sich nicht so recht erinnern können an die Zwischenetappe zwischen dem Auszug aus dem Haus und dem Heim. Das habe für ihn ein Rolle gespielt habe, dass sie sich hätte erinnern können, was in diesem Haus passierte. Aber E. sei immer drauf gekommen, dass sie ausziehen musste, weil sie nicht mehr zurecht kam. Dass sie mal bei einem Verwandten gewohnt haben könnte, habe sie mit einem Fragezeichen versehen. Götzl fragt, was Noback damit meint, dass E. das mit Fragezeichen versehen habe. E. habe es bejaht, so Noback, aber er habe das Gefühl gehabt, dass sie es nicht mehr genau wusste. Das habe den Anschein gemacht, kein echtes Erinnern zu sein an die Wohnung bei dem Verwandten. Deshalb sei es auch im Protokoll dieses „fragende Bejahen“, oder „bejahende Fragen“, wie man es nennen könne. Zum Besuch des Polizeibeamten habe E. gesagt, da sei mal ein Polizist da gewesen oder Polizei, so Noback auf Frage, aber was der von ihr wollte, was er gefragt hat, das habe E, ihm nicht mehr sagen können.

Auf Frage sagt Noback, E. habe sich an die junge Frau erinnern können, aber nicht dass sie mit ihr gesprochen haben könnte. Deswegen habe er ihr die Lichtbildmappe vorgehalten, auch konkret nochmal auf Zschäpe getippt, dass die neben ihr gewohnt haben solle. „Weiß ich nicht“, sei als Antwort gekommen. Götzl fragt, ob E. sich selbst zum Gesundheitszustand geäußert hat, Noback bejaht das. Sie habe angegeben, das es ihr früher besser ging und dass sie früher auch noch ganz gut zu Fuß war. Aber er habe das Gefühl gehabt, dass sie das nicht mehr ganz genau wusste. Sie habe gesagt, sie sei immer gern in den Garten gegangen und der sei wohl ein Stück weg gewesen von dem Haus. Da habe er gewisse Zweifel gehabt, ob das wirklich die jüngere Vergangenheit ist. Zumal das nicht dazu gepasst habe, dass sie gemeint habe, sie wohne in einem kleinen Häuschen ohne Nachbarn. Ansonsten habe E. gesagt, es gehe ihr nicht gut, sie habe Schmerzen und in einer Situation: „jetzt ist alles leer in meinem Kopf”.

Götzl fragt, ob angesprochen wurde, wie lange sie sich schon im Heim aufhält. Das wisse er nicht, so Noback, aber sie habe eigentlich nicht mal gewusst, wo das ist. Es sei auf jeden Fall lange, so Noback, aber einen konkreten Zeitraum habe sie mit Sicherheit nicht genannt. Götzl fragt, ob im Hinblick auf die Nachbarin mal ein Name gefragt oder geäußert wurde. Er sei sich unsicher, so Noback, aber er meine, er habe ihr nur das Bild gezeigt, ihr den Namen nicht vorgehalten. Götzl fragt, ob Noback weiß, wonach die Verteidigung gefragt hat. Er könne sich daran erinnern, so Noback, dass E. auch keinerlei konkrete Antworten gegeben habe auf Fragen der Verteidigung, aber er wisse die konkreten Fragen jetzt nicht mehr. Götzl: „Ist bspw. zum Gesundheitszustand gefragt worden?“ Noback sagt, er glaube, „der Herr Sturm“ habe gefragt, wie sie sich fühlt.

Götzl sagt, es würden sich Angaben zur Person finden, und fragt, ob das die Angaben von E. sind. Charlotte E. schon, so Noback, Alter und Geburtsdatum nicht, das stehe schon vorgefertigt im Protokoll. Götzl sagt, es liege eine Stellungnahme des RAs Heer vor zum Inhalt des Protokolls vor, so dass man das durchgehen müsse, sowohl den Inhalt des Protokolls als auch das was von der Verteidigung mitgeschrieben worden sei. Noback: „Gern.“ Es sei so gewesen, dass drei Laptops gegen einen gestanden hätten, deswegen habe er es geahnt. Dann verliest Götzl immer zunächst den Passus aus dem Vernehmungsprotokoll, dann die entsprechende Stelle aus der Mitschrift der Verteidigung Zschäpe. Dabei wird v.a. deutlich, dass laut Mitschrift der Verteidigung Zschäpe bei E. häufiger nachgefragt werden musste, die Angaben weniger flüssig gekommen sind, auch mehr Vorhalte gemacht wurden.

Nachdem Götzl die Stellungnahme durchgegangen ist, sagt RA Heer, er habe nur noch wenige Fragen. Er fragt, welche Unterlagen Noback vorlagen. Noback nennt das Ersuchen um die Vernehmung, Listen der Prozessbeteiligten und eine einzelne polizeiliche Vernehmung, unterschrieben mit P. Er wolle hinzufügen, dass gesagt worden sei, dass ein Protokoll mit einem Zusatz existiere. Er habe gesagt, das kenne er nicht, habe OStAin Greger angeschaut und die habe gesagt, dass es da etwas gebe. Er habe auch gesagt, dass er eine weitere Vernehmung außerhalb des vorliegenden Protokolls nicht kenne. Das sei außerhalb des Protokolls gefragt worden, aber er habe wahrheitsgemäß geantwortet, dass er nur das Protokoll ohne Zusätze kenne. Er verneint, dass ihm eine Ermittlungsakte zum Brand vorlag. Die hätte ja wahrscheinlich, so Noback, aus hunderten Bänden bestanden, es wäre wahrscheinlich nicht sehr sinnvoll gewesen. Heer fragt, ob Noback Überlegungen dazu angestellt hat, ob eine Vernehmung durch jemand anderen sinnvoll hätte durchgeführt werden können. OStA Weingarten beanstandet. RA Heer hält die Frage aufrecht. Es folgt eine Pause bis 14.34 Uhr.

Danach lässt Götzl die Frage zu. Heer fragt, ob Noback Überlegungen für sich angestellt hat, ob es sinnvoll ist, dass die Vernehmung durch ihn als ersuchten Richter durchgeführt wird. Als er sie vorbereitet habe, nicht, so Noback, aber am Tag selbst schon. Aber das stehe ihm nicht zu, er habe das in Vertretung eines Kollegen gemacht und da gebe es keine Diskussion. Wenn er ersucht werde, mache er das. Während der Vernehmung sei ihm der Gedanke gekommen, dass er ja das Verfahren nicht kenne. Heer fragt, ob Noback erwogen habe, dass eine Vernehmung durch einen beauftragten Richter des erkennenden Senats sinnvoller wäre. Noback sagt, das stehe ihm nicht zu. Auf Nachfrage sagt er, dass es sinnvoll gewesen wäre, wenn ein Richter nach Zwickau kommt, der das Verfahren kennt. Er bejaht, sich mit der Heimleiterin über die Entwicklung des Gesundheitszustands von E. unterhalten zu haben, er habe gefragt, wie E. drauf ist. Und die Heimleiterin habe gesagt, recht gut, E. sei schon schlechter drauf gewesen, sie habe gegessen, mit anderen gesprochen, man könne mit ihr reden. In einem kurzen Vorgespräch hätten sie gesagt, dass es eine kurze Zeit der Konzentration geben werde, E. schnell abbauen werde von der Konzentration her. Heer sagt, es gehe ihm nicht um die Tagesform, sondern ob ein Gespräch geführt wurde über die Entwicklung des Gesundheitszustandes von E. seit die Heimleiterin sie kennt. Noback verneint das. Die Vernehmung endet um 14.37 Uhr.

Zeuge: Tino Brandt (Fortsetzung vom 128. Verhandlungstag)

Nach einer kurzen Pause wird die Vernehmung von Tino Brandt fortgesetzt. Brandt, der in U-Haft sitzt, wird von einem Polizeibeamten an den Zeugentisch geführt. Götzl ruft Brandt die Belehrung in Erinnerung, dann bittet er den Zeugen nach vorn, damit dieser Bilder in Augenschein nimmt. Es werden Demonstrationsbilder gezeigt. Brandt sagt, er denke, das könne mglw. in Neuhaus bei einem „Sandro-Weilkes-Gedenkmarsch“ gewesen sein. Götzl: „Erkennen Sie jemanden?“ Er denke, rechts im Hintergrund sei Beate zu sehen. Es folgt ein Bild, auf dem eine Fahne und mehrere Personen zu sehen sind, u.a. Holger Gerlach, Wohlleben und Zschäpe. Da wisse er nicht, wo das ist, so Brandt, das eine könne Gerlach sein, er sei sich aber nicht sicher, könne es nicht genau erkennen. Auf dem nächsten Bild erkenne er Kapke und Zschäpe, so Brandt. Auf dem folgenden Bild ist Zschäpe zu sehen. Brandt erkennt sie und eine weitere Person, deren Namen er aber nicht kenne. Den Anlass wisse er nicht mehr. Bei Bild 5 sagt er, er denke, dass eine Person Jens Pühse [Neonazi-Kader, ] ist, und da sei auch Beate wieder, er habe keine Ahnung, was für eine Veranstaltung das war. Bei einem Bild von sitzenden Personen sagt Brandt, da erkenne er sich selbst, Beate, Mundlos. Das müsse der „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ in Worms sein, das Jahr wisse er jetzt nicht mehr. Auf Bild 7 erkenne er niemanden. Auf dem nächsten Bild erkenne er hinten Holger Apfel [Ex-NPD-Bundesvorsitzender], sich selbst, Beate, Uwe. Es müsse Worms sein. Götzl fragt, ob Brandt das zeitlich einordnen könne. Brandt sagt, Rudolstadt sei 1992 gewesen, er denke, es müsse 1996 oder 1997 gewesen sein.

Dann hält Götzl aus dem Protokoll der Vernehmung Brandts vor der Schäfer-Kommission vor: Dort habe Brandt auf die Frage nach einer Charakterisierung von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe gesagt, Böhnhardt sei ein Waffennarr gewesen, aber nicht total durchgeknallt, sei militärisch sehr interessiert gewesen, das habe bei ihm immer im Vordergrund gestanden. Götzl: „Was haben Sie damit gemeint?“ Brandt: „Gute Frage.“ Er habe gemeint, dass eben dann das politische nicht so im Vordergrund war, Mundlos habe sich stärker politisch interessiert. Götzl sagt, das sei eine Negativformulierung, es gehe ihm darum, was „militärisch sehr interessiert“ meint. Er wisse nicht mehr wie es zu der Äußerung gekommen ist, so Brandt. Er habe da nichts besonderes gemeint: „Da interpretieren Sie womöglich mehr rein als da ist.“ Götzl sagt, er interpretiere gar nichts, er frage, was Brandt damit gemeint habe. Brandt: „Kann ich Ihnen heute so nicht mehr sagen.“ Götzl: „Sie bewerten es sogar: ‚das stand bei ihm in Vordergrund‘.“ Brandt sagt, bei den einen habe mehr Politik im Vordergrund gestanden, das sei bei Böhnhardt nicht so gewesen. Götzl fragt, was denn dann im Vordergrund stand. Brandt: „Diese militärische Geschichte, mehr Uniformen und ähnliches.“ Götzl: „Ähnliches?“ Brandt spricht von Uniformierung, Bomberjacken, Stahlkappenschuhen usw., „generell immer in die Richtung Uniformierung“.

Vorhalt: Mundlos sei eher so ein Schwiegermuttertyp gewesen, besonnener, habe aber sehr viel geredet, sein Name sei Programm gewesen. Brandt sagt, Mundlos habe sich schnell integrieren können. Vorhalt: Manchmal sei seine Neigung zum Uniformfetischisten durchgebrochen, braune Hemden usw. Götzl fragt, was „usw.“ bedeutet. Brandt sagt, da falle ihm jetzt nichts dazu ein, es habe Zeiten gegeben, wo Mundlos braune Hemden getragen habe. Vorhalt: Zschäpe sei nicht dumm gewesen, sei immer dabei gewesen und habe politisch gut mitreden können, allerdings habe sie diese Klischees bezogen auf Kleidung und Frisur total abgelehnt. Es habe viele Mädchen gegeben, die dieses Skinoutfit hatten, so Brandt, das habe Zschäpe nie gehabt. Die sei immer zivil herumgelaufen, immer hübsch, habe nicht dem Klischee eines Skinheadmädchens entsprochen, immer ganz normal. Er verneint, dass das mal verbalisiert worden ist in einem Gespräch. Vorhalt: Seiner, Brandts, Ansicht nach sei von den dreien der Wortführer Mundlos gewesen. Brandt bestätigt das. Vorhalt: Brehme sei der Meinung, dass Böhnhardt der Wortführer war. Brandt sagt, da seien die Ansichten auseinander gegangen. Götzl: „Hat er das begründet?“ Brandt verneint, er selbst sei der Meinung, dass eher Mundlos am besten habe reden können. Götzl fragt, ob Brehme für seine Meinung nichts angeführt habe. Das wisse er nicht, so Brandt, das sei ja nicht unüblich gewesen, sie hätten meistens eine „pluralistische Meinungsbildung“ gehabt. Er könne nur seine Meinung dazu kundtun. Er wisse nicht warum das damals zum Gespräch geworden sei.

Götzl fragt, wie das Verhalten anderer, zunächst mal Wohllebens, nach Brandts Enttarnung war. Brandt sagt, der Kontakt nach Jena sei nach der Enttarnung 2001 komplett abgerissen. Er habe Wohlleben ein, zweimal noch gesehen, aber das Verhältnis sei total gestört gewesen. „Man“ sei halt zur Unperson geworden und dementsprechend habe es keine weitere Basis für ein persönliches Gespräch oder ähnliches gegeben. Auf Frage, weswegen es noch zu Kontakten mit Wohlleben kam, sagt Brandt, er wisse es nicht mehr. Götzl: „Haben Sie mal versucht, Ihm eine Versicherung zu verkaufen?“ Das sei nicht ausgeschlossen, er habe einige Versicherungskunden aus dem damaligen Umfeld gehabt. Vorhalt: Er glaube, er habe Wohlleben eine Versicherung verkaufen wollen, aber daraus sei wohl nichts geworden; Wohlleben sei nicht aggressiv gewesen, habe ihm keine Vorwürfe gemacht. Er sei zumindest nicht angegriffen worden, so Brandt, sonst könne er sich mit Sicherheit noch erinnern. Zu Schultze und Kapke habe er keinen Kontakt mehr gehabt. Vorhalt: Ganz anders sei es mit Kapke gewesen, wenn der ihn gesehen habe, habe der gleich los gebrüllt, er, Brandt, sei ein Verräter. Er habe den ein, zweimal von Weitem gesehen, so Brandt dazu.

Götzl fragt, ob es Diskussionen gab, was Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, nachdem sie geflüchtet waren, machen und wo sie sich aufhalten. Er könne sich nur an die Geschichte erinnern, wo Polizisten erzählt hätten, dass die auf Kreta seien, so Brandt, sonst sei das kein Thema gewesen. Götzl fragt, ob es Überlegungen zum Verjährungszeitpunkt gab. Die Verjährung sei nach 2001 gewesen, nach seiner Enttarnung, sagt Brandt. Vorhalt: Die Frage, ob er damals von Banküberfällen erfahren habe, habe Brandt verneint, aber in der Szene habe man sich kurz vor dem Eintritt der Verjährung schon Gedanken gemacht, warum sie denn nicht zurück kommen. Brandt: „Ja, mit ein, zwei Freunden, aber ich war dann ja nicht mehr in der rechten Szene aktiv als die Verjährung war.“ Vorhalt: In dem Zusammenhang hab man sich überlegt, ob sie neue Überfälle und Straftaten begangen haben. Das sei eine private Ansicht gewesen, so Brandt: Götzl fragt, mit wem sich Brandt unterhalten hat. Das wisse er nicht mehr, sagt Brandt, er sei 2001 nicht mehr politisch aktiv gewesen, die Verjährungsgeschichte sei mit Sicherheit danach gewesen.

Götzl fragt zu B&H. Brandt sagt, das sei eine Organisation, die zwischenzeitlich verboten sei, der hauptsächlich Skinheads angehört hätten. Vorhalt: Sie in Rudolstadt hätten keinen Kontakt zu B&H gehabt, die seien eher Konkurrenz gewesen, die hätten großes wirtschaftliches Interesse, die Sektionsführer hätten sich eine goldene Nase verdient. Götzl fragt, an wen Brandt da denke. Brandt: „Da habe ich jetzt keinen Namen im Kopf.“ Götzl: „Aber Sie erwähnten Sektionsführer.“ In Bayern habe er ein, zwei kennengelernt, so Brandt. Götzl fragt, ob Brandt überhaupt keine Namen einfallen. Brandt sagt, er habe kein Namensgedächtnis: „Sie schütteln den Kopf, aber da hat sich damals schon der VS drüber beschwert.“ Götzl: „Sie wissen gar keinen einzigen Namen?“ Mit B&H habe er wenig zu tun gehabt, so Brandt, da habe er sich keine Namen gemerkt.

Zschäpe-Verteidiger Stahl fragt, ob Brandt bei der Vernehmung bei der Schäfer-Kommission in Bezug auf Zschäpe wahrheitsgemäße Angaben gemacht hat. Brandt: „Ich denke schon.“ Er wüsste nicht, sagt Brandt auf Nachfrage, was da gelogen war, bei Sachen, die lange her seien, sei er sich nicht mehr so sicher. Stahl fragt, woran Brandt festmache, dass Zschäpe politisch interessiert gewesen sei, sich nicht im Hintergrund gehalten habe. Das sei eine persönliche Meinung, so Brandt, die sich gebildet habe. Stahl sagt, er wolle Tatsachen genannt bekommen. Brandt: „Mag sein, dass sie das wissen wollen, aber ich kann das an Sachen von damals nicht mehr festmachen.“ Stahl sagt, Brandt habe Zschäpe bei der letzten Vernehmung hier als ruhig und zurückhaltend beschrieben, außer wenn Schulungen gewesen seien zu Germanentum, sie habe aber nie im Vordergrund gestanden. Das beiße sich mit dem, was Brandt in der Schäfer-Kommission gesagt habe, führt Stahl weiter aus. Er fragt, woran Brandt das festmache. Brandt sagt, er wisse das nicht, Stahl könne versuchen, aus jeder Wortsilbe was herauszuholen, ihm falle dazu nichts ein. Bei politischen Veranstaltungen oder Schulungen habe Zschäpe jetzt nicht im Vordergrund gestanden, sie habe Wissen gehabt aber habe nie vorne gestanden oder Reden gehalten. Stahl sagt, bei der Schäfer-Kommission habe Brandt aber gesagt, sie habe sich nicht im Hintergrund gehalten, was damit gemeint sei. Brandt sagt, man könne da sitzen als „Mauerblümchen“. Und das sei Zschäpe auch nicht gewesen, dass sie sich gelangweilt hätte, da gesessen und gar nichts gemacht hätte.

Stahl: „Mal was ganz Allgemeines, Herr Brandt.“ Stahl fragt, ob Brandt dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (TLfV) als V-Mann immer wahrheitsgemäß alles gesagt hat, was er gefragt wurde. Brandt antwortet, man habe denen erzählt, die hätten weniger gefragt, sondern man habe erzählt, was alles so passiert ist: „Aber zu allem und ausführlich ist da nie geredet worden.“ Stahl sagt, dass Brandt erwähnt habe, dass in der Szene mal der Verdacht geäußert wurde, dass er was mit dem VS zu tun haben könnte. Brandt erwidert, das Thema sei immer mal aufgetaucht. Er habe geantwortet, dass es Unsinn sei. Stahl: „War das die Wahrheit?“ Brandt: „Logischerweise nicht, ging ja schlecht.“ Stahl fragt, was Brandt dem VS geantwortet hat, wenn er Sachen gefragt wurde, die er nicht habe sagen wollen. Er habe versucht denen das mitzuteilen, wenn es nicht um Straftaten gegangen sei, denn da hätten sie eine Vereinbarung gehabt, dass das Landesamt das nichts angeht. Stahl fragt, ob Brandt dem LfV Dinge bewusst verschwiegen hat. Sicher sei denen nicht alles gesagt worden, so Brandt, aber wenn er etwas gesagt habe, dann immer wahrheitsgemäß. Stahl: „Sind Sie mal gefragt worden, ob sie denn noch weitere Erkenntnisse haben?“ Da falle ihm kein konkreter Fall ein, antwortet Brandt. Stahl: „Ich hätte schwören können, dass diese Antwort jetzt kommt.“

Stahl fragt, warum Brandt die V-Mann-Tätigkeit gemacht hat, Das habe sich 1994 leider so entwickelt, so Brandt, das Amt sei an ihn im Zuge einer Anti-Gewalt-Kampagne herangetreten. Und er habe festgestellt, dass die Politik mit dem Geld des VS viel leichter ging. Man sei da so reingeglitten in diese Geschichte und irgendwann sei man gefangen gewesen. Das habe sich 1994 nach einem Konzert ergeben. Da sei ein Interview gewesen, dafür habe es Geld gegeben und dadurch habe sich das entwickelt. Stahl fragt, ob er richtig verstanden habe, dass Brandt gedacht habe, mit dem Geld könne man was für die politische Sache machen. Brandt bejaht das, mit dem ersten Geld habe er Aufkleber und Flugblätter gemacht. Und das habe sich so entwickelt und festgefahren. Anfangs seien es längere Abstände gewesen, später kürzere.

Stahl fragt, warum Brandt das nicht den „Kameraden“ in der Szene erzählt hat. Brandt sagt, es habe eine Anweisung gegeben, dass wenn jemand angesprochen wird, das man einen Führungskameraden unterrichten soll. Das sei bei ihm gewesen und das habe er auch gemacht. Heute wisse man, dass der für das LfV in Bayern gearbeitet habe. Und von da sei gekommen, dass es er es gemeldet habe und er soll das weitermachen. Stahl sagt, dann sei doch alles geritzt gewesen, dann könne doch keiner böse auf Brandt gewesen sein. Das sei Ansichtssache, so Brandt, aber in der rechten Szene sei es wie bei allen Geschichten: „der Verrat wird geliebt, der Verräter nicht“. Nach der Enttarnung sei man natürlich sauer auf ihn gewesen. Stahl: „Wem, haben Sie das noch erzählt?“ Er habe es dem Kai Dalek gemeldet, es habe ein paar Anspielungen gegeben, aber definitiv weitergegeben habe er das keinem. Stahl fragt, auf welcher Seite Brandt denn stand, ob er sich zum VS hingezogen fühlte oder zu den „Kameraden“. Heute müsse er sagen, antwortet Brandt, dass er sich durch das Landesamt missbraucht fühle und das als falschen Weg sehe.

Es gehe um Brandts damalige Sicht, erwidert Stahl. Brandt sagt, er habe sich damals der rechten Szene zugehörig gefühlt. Stahl sagt, das habe Brandt aber nicht davon abgehalten, dem VS Informationen aus dieser rechten Szene zu geben. Er sei davon ausgegangen, dass diese Informationen nicht problematisch sind und dass man damit leben kann, so Brandt. Er habe das damals für sich so entschieden und sei der Meinung gewesen, dass das funktioniert. Stahl fragt, ob der VS nicht nachgefragt habe. Nach seiner Ansicht habe es bei ihnen in Thüringen nichts Problematisches gegeben, so Brandt, er wisse nicht, worauf Stahl hinaus wolle: „Was hätte ich denn denen Problematisches berichten sollen?“ Sie seien eine „junge patriotische Truppe“ gewesen, es sei nicht so, dass sie mit Bomben durch die Gegend gezogen seien und Rathäuser zum Einsturz gebracht hätten. Als er mit dem LfV geredet habe, so Brandt auf Nachfrage, habe er sich nicht zu Straftaten geäußert. Da gehe es aber nicht um eine terroristische Vereinigung, sondern um normale Straftaten oder Körperverletzungen, da habe er sich nicht geäußert. Aber der VS sei kein Polizeiorgan und habe sich nicht dafür interessiert. Wie Leute organisiert sind und zusammenarbeiten, das habe die interessiert. Stahl fragt, ob Brandt also dem VS immer frank und frei berichtet hat, wer wie zusammengearbeitet hat. Alles, was die ihn gefragt hätten, hätten die von ihm zu hören gekriegt, so Brandt. Und vom politischen Standpunkt sei das auch kein Problem gewesen. Stahl: „Und der VS hat sich nicht für Straftaten interessiert?“ Das habe die nicht interessiert, wiederholt Brandt, die interessierten politische Veranstaltungen, Propaganda. Stahl fragt, ob es so ist, dass Brandt vom VS nie nach Straftaten befragt wurde. Brandt: „Soweit ich mich erinnere, ja.“

Wohllebens Verteidiger Klemke fragt, was die „“ so gemacht habe. Anti-Antifa-Arbeit sei im Normalfall, den politischen Gegner aufzuklären, Adressen zu sammeln, so Brandt. Sie hätten das teilweise gemacht, aber auch schon politische Arbeit gemacht. Der Begriff „Ostthüringen“ sei zu klein gewesen und deswegen hätten sie sich umbenannt in . Klemke fragt, zu welchem Zweck Adressen des politischen Gegners gesammelt wurden. Sie hätten damals ziemlich viele Probleme gehabt, so Brandt, in Saalfeld habe es eine sehr starke Antifabewegung gegeben, die die Plakate runtergerupft habe, ihre Leute angegriffen habe: „Dass, wenn ein Vorfall war, dass wir wissen, welche Person angezeigt werden muss, deswegen sind die Adressen gesammelt worden.“ Er verneint, dass sich „Anti-Antifa“ an Wahlkämpfen beteiligt habe, man habe nur Plakate von DVU und so aufgehangen. Er sei selber mal beim Plakatieren von „Linksextremisten“ angegriffen worden, da sei ihm eine Bohrmaschine an den Kopf geworfen worden. Deswegen hätten sie die Anti-Antifa-Arbeit angefangen. Klemke fragt, ob er richtig verstanden habe, dass die Daten gesammelt worden seien, um im Falle von Straftaten Anzeigen zu stellen. Brandt: „Ja.“ Klemke fragt, ob diese Informationen auch anderen Zwecken dienen sollten. Brandt: „Nein.“

Auf Frage, was die Antifa gemacht habe, gerade in Rudolstadt, sagt Brandt, die hätten hauptsächlich Flugblätter verteilt, versucht Demonstrationen zu verhindern, auch selber Demonstrationen gemacht. Aber hauptsächlich hätten die „bei uns versucht zu stören“. Es seien Leute mit einem Morgenstern angegriffen, Autos zerstört worden. Vor allem hätten versucht, ihnen finanziell zu schaden. Klemke fragt, womit die angegriffen hätten. Einmal hätten sie mit einem Morgenstern ein Auto angegriffen und entglast und die Reifen zerstört, so Brandt. Klemke fragt, ob Brandt weiß, ob die Antifa in Rudolstadt auch was anders gemacht habe. Brandt sagt, die hätten Adressen gesammelt, bei Demonstrationen Fotos gemacht, hätten den Vorteil gehabt, dass sie in der Stadtverordnetenversammlung befreundete Leute gehabt hätten, PDS und andere. Die Antifa habe in Saalfeld damals ein eigenes Haus gehabt. Auf Frage sagt Brandt, die Adressen habe die Antifa teilweise veröffentlicht, Flugblätter und ähnliches, wo dargestellt worden sei: „Führungsfigur aus der rechten Szene, wohnt da und und da, arbeitet dort.“ Die seien beim Arbeitsplatz aufgetaucht oder hätten sich beim Chef beschwert, dass der Faschisten beschäftige. Klemke fragt, ob Brandt auch Ähnliches gemacht habe, zu Arbeitgebern gegangen sei. Brandt: „Nein, kann mir auch nicht vorstellen, dass das Arbeitgeber groß interessiert hätte.“

Klemke fragt, wie oft Demonstrationen im Zeitraum, in dem der THS bestand, stattgefunden haben. Sie hätten zwei, drei Spontandemonstrationen gemacht, sagt Brandt, ansonsten habe sich der Freistaat Thüringen generell entschlossen, ihre Demonstrationen zu verbieten. Demos, wo Anhänger des THS teilgenommen haben, seien es mit Sicherheit über 100. Er selbst sei teilweise jedes zweite Wochenende auf einer Demonstration gewesen. Klemke fragt nach Themen außer Rudolf Heß. Brandt: „Gegen Drogen, für die Freiheit von jemand, der gerade inhaftiert war, Wahldemonstrationen, wenn irgendwo ein Willkürakt stattgefunden hat in unseren Augen, haben wir darauf hingewiesen, zu allen möglichen Themen.“ Klemke: „Anlassbezogen oder programmatisch?“ Beides, sagt Brandt. Klemke fragt, welche Themen denn programmatische Kundgebungen hatten. Brandt: „Gute Frage.“ Klemke: „Sie hatten ja schon Drogenmissbrauch genannt.“ Es sei gegen Überfremdung aufmarschiert worden, solche Themen, so Brandt.

Klemke sagt, Brandt habe beim letzten Mal hier gesagt, dass Mundlos für die Ideale der NSDAP eingetreten sei: „Welche Ideale meinten Sie damit?“ Brandt: „Gemeinnutz vor Eigennutz zum Beispiel.“ Weiter falle ihm spezifisch dazu nichts ein. Klemke sagt, das sei ein bisschen wenig, wenn er sich nur das 25-Punkte-Programm ansehe, dann fehlten da 24. Brandt: „Zinsknechtschaft, keine Ahnung. Das sind ja nur die Punkte des NSDAP-Programms, Ideale gibt es da schon ein paar mehr.“ Er könne es jetzt an nichts festmachen. Klemke fragt, wie man für „Gemeinnutz vor Eigennutz“ eingetreten sei. Das lasse sich schlecht darstellen, er könne es jetzt nicht mehr sagen, antwortet Brandt. Klemke hält vor, Brandt habe Carsten Schultze als selbstständig beschrieben, eine Führungskraft. Der habe ja den Landesverband der übernommen, so Brandt dazu, und die Veranstaltungen selber geführt, habe da geredet, daran habe er, Brandt, das festgemacht. Am Anfang habe Schultze mit Sicherheit Hilfe gehabt, sagt Brandt auf Nachfrage, aber dann habe er Veranstaltungen allein zu Wege gebracht: „Ich wüsste das heute nicht mehr so genau.“ Auf Frage, ob es viele Veranstaltungen des Landesverbands der JN gab, solange Schultze da war, sagt Brandt, er habe an einigen teilgenommen. Klemke fragt, ob Schultze in der JN war, bevor Brandt in der NPD war. Er glaube ja, so Brandt, aber sicher sei er sich da nicht mehr.

Klemke fragt, ob sich Brandt mal Gedanken gemacht hat, ob er mit seiner V-Mann-Tätigkeit Freunden geschadet haben kann, denn er habe ja selbst erwähnt, dass viele Demos faktisch verboten worden seien, ob er sich die Frage gestellt habe, ob da vielleicht ein Zusammenhang besteht zwischen seiner Berichtstätigkeit und dem Unterbinden von Kundgebungen. Das verneint Brandt, die Unterbindung habe ja von der Verwaltung stattgefunden, und die Informationen seien meistens von der Polizei gewesen, sehr vage und sehr unstimmig, Das habe nichts mit dem LfV zu tun gehabt. Mit Sicherheit hätten ein paar Konzerte nicht stattgefunden, aber auf Demonstrationen habe das keine Auswirkungen gehabt. Auf die Frage, ob es keinen Informationsfluss vom VS zur Verwaltung gebe, sagt Brandt, den habe es sicher gegeben, aber die hätten das auch so gewusst. Dafür sei ja die Anmeldung da gewesen. Klemke fragt, ob Brandt sich über sonstige negative Auswirkungen keine Gedanken gemacht hat. Mit Sicherheit, so Brandt, das sei schon ein Problem gewesen. Man habe das irgendwie kompensieren müssen. Er sei damals der Ansicht gewesen, dass es funktioniert. Bis 2001 habe es ja funktioniert, nach seiner Meinung habe Thüringen ja auch nicht schlecht da gestanden bundesweit.

Klemke sagt, Kai Dalek sei zu dieser Thematik befragt worden im Rahmen des Verfahrens und habe gesagt, es sei nicht so gewesen, Brandt habe ihm nichts gesagt. Er habe Dalek seinerzeit direkt angerufen, erwidert Brandt und ihm das mitgeteilt. Klemke sagt, dass Dalek das so darstelle, dass er selbst mal drauf gekommen sei, als er einen PC von Brandt repariert habe. Er könne nur sagen, dass er Dalek seinerzeit angerufen habe. Das sei seiner Meinung nach auch im Untersuchungsausschuss (UA) festgestellt worden. Klemke fragt, woher Brandt das weiß und über welchen UA man jetzt rede. Brandt: „Thüringen, der interessanteste.“ Das sei derjenige UA, der am Ausführlichsten versucht habe, diese Sache aufzuklären. Klemke sagt, so ein Spitzelgeständnis sei also über Telefon abgegeben worden. Er habe Dalek damals direkt angerufen, wiederholt Brandt. Auf die Frage nach Daleks Reaktion sagt Brandt, der habe gesagt, dass das im Endeffekt seine, Brandts, Entscheidung sei, was er da mache. Wortwörtlich könne er das nicht mehr wiedergeben, es sei 20 Jahre her. Klemke fragt, ob er richtig verstanden habe, dass Brandt vom VS selbst die Anweisung erhalten habe, die Führungskameraden zu informieren. Brandt: „Nein.“ Klemke: „Dann habe ich mich verhört.“ Er fragt, ob das von Dalek kam. Dalek habe gesagt, er, Brandt, müsse wissen, was er tut. Klemke: „Hat er sich nicht empört?“ Brandt verneint. Man wisse, das Dalek einen Grund gehabt habe, so Klemke.

Dann fragt er, was Brandt damit meine, dass er Bauernopfer eines internen Streits im LfV geworden sei. Im LfV sei der Herr Roewer geschasst worden, so Brandt, der habe ihn abgeschaltet und sein Nachfolger habe ihn wieder aktiviert. Roewer und seinen Anhängern habe das nicht gefallen und man habe diese Information einem Redakteur der Thüringer Landeszeitung gegeben, der ein Treffen fotografiert habe. Klemke fragt, ob sich Brandt mal vor seiner Abschaltung mit Wohlleben über dessen politische Ansichten unterhalten hat. Brandt sagt, ein Einzelgespräch habe es, glaube er, nicht gegeben. Klemke fragt, ob die Thematik Anwendung von Gewalt mit Wohlleben thematisiert wurde. Brandt: „Nicht dass ich jetzt wüsste.“ Für sie sei damals der politische Weg derjenige gewesen, deswegen seien sie in die NPD gegangen und hätten Abgeordnete werden wollen. Ralf sei, glaube er, der erste lokale Abgeordnete der NPD geworden in Winzerla: „Der Weg war für uns eindeutig ein politischer Weg.“ Diskussionen mit Wohlleben über Gewalt wüsste er jetzt nicht, so Brandt, es habe auch keinen Grund gegeben. Ihm sei Wohlleben nie als gewaltbereit aufgefallen.

Klemke fragt, wie das Verhältnis Wohllebens zu Böhnhardt, Zschäpe, Mundlos war. Nach seiner Meinung seien damals die ganzen Jenaer, die zu ihnen zum Stammtisch kamen, kameradschaftlich untereinander befreundet gewesen. Es habe keinen gegeben, der versucht habe, den anderen auszustechen, es sei immer „eine Truppe“ gewesen. Aber er könne nur den Zeitpunkt beurteilen, wo alle noch da waren. Die Frage, ob er auch Geld vom LfV in die politische Arbeit gesteckt hat, bejaht Brandt. Er bejaht auch, dass immer mal Thema gewesen sei, dass er über viele Mittel verfügt. Aber er habe gesagt, sein Vater habe eine gut gehende Versicherungskanzlei und dass er bei Nation & Europa sehr viel verdienen würde. Er bejaht, dass er versucht habe, das zu verschleiern.

Klemke fragt, ob Brandt im Zusammenhang mit Berichten über den NSU auch Verlautbarungen, Nachrichten, Kommentare zur Kenntnis genommen hat, was er selbst als V-Person berichtet haben soll. Wenn über den Thüringer UA berichtet worden sei, so Brandt, habe er die Sachen immer gelesen. Da sei er ja mehrfach drin vorgekommen. Klemke fragt, ob sich Brandt bei den Gesprächen mit dem VS selbst auch ein Protokoll gemacht hat. Brandt verneint das, er habe auch in den vielen Jahren nur zwei oder dreimal etwas Schriftliches abgegeben, ansonsten sei nur im Gespräch beim Mittagessen die Sache kurz behandelt worden. Klemke fragt, wie das Verhältnis des THS zu den war. In Thüringen sei nur Gera so ein Ort gewesen, wo es Hammerskins und B&H gegeben habe, sagt Brandt. In den Kameradschaften, die mit ihnen zu tun gehabt hätten, habe es so Gruppierungen nicht gegeben. Und mit den meisten rechten Gruppierungen hätten sie keine Probleme gehabt, das sei ein Nebeneinanderher gewesen. Solange die nicht versucht hätten, bei ihnen im Gebiet zu wildern, sei das kein Problem gewesen. Auf Konzerte von B&H und Hammerskins seien sie ja genauso gegangen. Personelle Überschneidungen könne es durchaus gegeben haben, aber die Leute, mit denen er zu tun gehabt habe, das seien Neonazis gewesen, die mit diesen Skinheadgruppierungen wenig zu tun gehabt hätten.

Klemke: „Kannten Sie jemanden von den Hammerskins?“ Brandt: „Mit Sicherheit, aber die sind nicht mit Hammerskins-Anstecker rumgelaufen.“ Ihm falle jetzt aus dem Stegreif niemand ein. Klemke fragt, ob es mit der Organisation Hammerskins eine Zusammenarbeit des THS gab. Er glaube nicht, dass es da eine politische Zusammenarbeit gegeben hat, so Brandt. Klemke fragt, ob von den Geldern vom LfV mal etwas an den NPD-Kreisverband Jena geflossen ist. In Jena glaube er nicht, so Brandt, in Saalfeld seien Beiträge davon bezahlt worden. In Jena habe er zigmal Strafbefehle von Kapke bezahlt. Klemke fragt, ob Kapke in der NPD war. Er glaube, sagt Brandt, der sei später mal Mitglied geworden. Klemke fragt, warum Brandt für Rudolstadt Beiträge gezahlt hat. Da sei es um Stimmen auf Landesebene gegangen, je mehr Mitglieder man habe, desto höher sei das Stimmrecht. Klemke: „Also sie haben die Beiträge übernommen, dass sie auf Bundesebene ein höheres Stimmengewicht haben?“ Klemke: „Nein, auf Landesebene.“ Es sei um politischen Einfluss von mehreren Kreisverbänden gegangen, sie seien in die NPD Thüringen als junge Leute eingetreten. Da sei ein Vorsitzender gewesen, der habe irre Ansichten gehabt, den hätten sie schnell loswerden wollen. Da hätten sie in mehreren Kreisverbänden gearbeitet und dann auch die Stimmen gehabt. Er habe das nur in Saalfeld-Rudolstadt gemacht. Es folgt eine kurze Pause bis 16.08 Uhr.

Dann hält Klemke einen Vermerk vor, demzufolge Brandt beim LfV angegeben habe, dass er 2001 unter dem Vorwand einer Lohnsteuerrückerstattung gegenüber Wohlleben angeboten habe, 500 DM zu spenden, und Wohlleben solle geantwortet haben, die Drei bräuchten kein Geld mehr, die hätten so viele Sachen gemacht, was genau müsse Brandt nicht wissen zum Eigenschutz: „Können Sie sich noch an das Treffen erinnern?“ Brandt: „Nein.“ Er verneint auch, sich an das Gespräch mit Wohlleben zu erinnern. Die Geschichte, so Brandt weiter, sei ja in der Presse rumgegangen. Aber an das Treffen könne er sich nicht erinnern. Klemke sagt, Brandt sei bei der Schäfer-Kommission befragt worden, was er gedacht habe, wie die Drei zu Geld gekommen sind, und ob er wisse, was der VS dazu dachte. Er habe das damals nicht so aufgefasst, wie man es heute auffassen könne, so Brandt, sondern sei davon ausgegangen, dass sie T-Shirts herstellen lassen oder andere Ideen hatten. An Banküberfälle habe er nicht mal im Ansatz gedacht. Im Protokoll der Schäfer-Kommission stehe, so Klemke, er habe an den Vertrieb von CDs oder Propagandamitteln gedacht. Brandt sagt, er habe an T-Shirts und solche Dinge gedacht.

Weiter stehe in diesem Protokoll, so Klemke, dass Brandt gegenüber dem VS Hinweise gegeben habe auf den möglichen Aufenthalt des Trios in Chemnitz. Er fragt, ob sich Brandt noch erinnere, ob und wenn ja wie oft er dem LfV Hinweise gegeben habe, dass die Drei sich in Chemnitz aufhalten. Eigene Erinnerungen habe er gar nicht, antwortet Brandt, aber im UA Thüringen habe der so genannte V-Mann-Führer ausgesagt, dass da Leute aus Chemnitz ausgesagt hätten, dass es den Dreien gut gehe. Klemke fragt, ob Brandt weiß in welchen finanziellen Verhältnissen Kapke und Wohlleben zum Zeitpunkt 1998/ 99 lebten. Brandt sagt, er könne nur in Richtung Kapke sagen, dass da nie Geld da gewesen sei, den habe man immer mit unterstützen müssen. Zum Wohlleben könne er nichts sagen, Geld sei eigentlich nicht Thema gewesen, wenn sie sich gesehen hätten. Er könne sich nicht erinnern, dass Wohlleben selber Geld gebraucht hat. Bei André sei immer das Problem mit Strafbefehlen gewesen, bei habe der Sachen nicht bezahlen können, die er, Brandt, dann habe auslegen müssen. Er wisse nicht mehr, was Wohlleben 98/99 gemacht hat, so Brandt auf Frage. Er könne heute auch nicht mehr sagen, ob Wohlleben in diesem Zeitraum viel oder wenig Zeit in die politische Arbeit gesteckt hat.

Klemke fragt, ob Brandt im Zusammenhang mit der Flucht des Trios ein mögliches Interview oder Pläne für ein Interview bekannt sind. Irgendjemand habe erzählt, dass der Stern Geld geboten hätte, so Brandt. Aber an ihn selber sei nichts herangetragen worden, er habe auch keinen Kontakt zum Stern gehabt. Interviewsachen habe ja meistens er selbst gemacht. Er habe mal gehört, dass der Stern was angeboten habe, aber das sei nicht über ihn gelaufen. Und ob es stimmt oder nicht, könne er nicht sagen. Er verneint, zu wissen, um welche Beträge es geht. Vorhalt aus einem Bericht des VS zur V-Mann 2150 [Brandt]: Der Jenaer Aktivist Ralf „Wolle“ Wohlleben habe den THS-Aktivisten Brandt, Brehme und Kapke mitgeteilt, dass er am 25.10.2000 von einem Stern-Journalisten aus der Berliner Redaktion bezüglich der drei Flüchtigen angesprochen worden sei; der sei an einem Live-Interview sehr interessiert und sei bereit 50-60.000 DM für die Vermittlung zu zahlen; Wohlleben habe um Bedenkzeit gebeten, was vom Sternreporter akzeptiert worden sei. Brandt: „Kann sein, ich erinnere mich wirklich nicht dran.“ Da müsse er passen, es sei, wie gesagt, nicht wichtig für ihn gewesen. Wenn das damals gewesen sei, dann sei das erzählt worden und damit habe es sich gehabt. Vorhalt einer Anmerkung von „Quelle“: Während Kapke und Wohlleben zur Annahme tendiert hätten, sei es von Brehme für problematisch gehalten worden. Klemke fragt, wie Brandt sich positioniert hat. Brandt sagt, er habe keine Ahnung.

Wohllebens Verteidigerin Schneiders fragt nach Kontakten in Sonneberg und Umgebung im Zeitraum 1997/98 von Brandt und den Personen aus Jena. Er habe gute Kontakte nach Sonneberg gehabt, sagt Brandt, da er in Coburg gearbeitet habe und da fahre man über Sonneberg. In Sonneberg hätten sie eine große Skin-Kameradschaft gehabt, das sei ein Sonderfall gewesen. Die Jenaer hätten die gesehen, wenn Rennicke-Konzert in Höhe Coburg, Sonneberg gewesen sei. Aber die Sonneberger seien bei politischen Veranstaltungen selten zu sehen gewesen. Und die Jenaer hätten wenig Kontakt gehabt, würde er sagen. Schneiders fragt speziell zu Wohlleben. Das könne er nicht sagen, antwortet Brandt. Schneiders sagt, andere V-Personen seien zur Mitarbeit bewogen worden, weil man ihnen Straftaten vorgehalten und sie zu einer Zusammenarbeit gedrungen habe: „Gab es bei Ihnen auch so eine Drucksituation?“ Brandt verneint, 1994 sei ihm keine Straftat vorgeworfen worden.

Emingers Verteidiger Kaiser fragt, ob Brandt jemals „im stillen Kämmerlein“ Skrupel gehabt habe, mit dem VS zusammenarbeiten. Brandt: „Ja, öfters.“ Einerseits sei er froh gewesen, als das beendet gewesen sei. Kaiser sagt, es gehe um Ende der 90er. Man habe sich unwohl gefühlt mit dem LfV zusammenzuarbeiten, so Brandt, es sei eine Gratwanderung gewesen, die ihm persönlich nicht behagt habe. Kaiser fragt, ob Brandt Skrupel gegenüber „Kameraden“ gehabt habe, z.B. als er es so dargestellt habe, dass die Gelder aus dem Versicherungsbüro kämen. Mit Sicherheit sei das ärgerlich gewesen, so Brandt, wie gesagt, wohlgefühlt habe man sich bei der ganzen Geschichte nie. Kaiser: „Haben Sie mal von sich aus daran gedacht, die Zusammenarbeit zu beenden?“ Das wäre nicht gegangen, so Brandt, die Überlegungen habe ich öfters gehabt, aber es sei nicht dazu gekommen.

RA Stahl fragt, ob die Zusammenarbeit mit dem LfV unter irgendwie gearteten Regeln stand. Hauptregel sei gewesen, dass er sich nirgendwo habe offenbaren dürfen, sagt Brandt, weder in der Szene noch bei Polizei noch bei Gericht. Stahl sagt, dass Brandt sich Dalek aber offenbart habe. Da habe er noch nicht zusammengearbeitet, erwidert Brandt, das sei gewesen, als die ihn angesprochen hätten. Stahl sagt, Brandt habe gesagt, das sei Führungskamerad gewesen: „Was ist denn ein Führungskamerad?“ Sie seien jung gewesen, die „Anti-Antifa Ostthüringen“ klein und unbekannt. Dalek sei aus Franken gekommen, von [Christian] Worch und der GdNF [Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front, Neonazi-Kaderorganisation] sei der Führungskamerad gewesen, der für Thüringen zuständig war, regelmäßig in Thüringen war, die Zeitschriften und Prospekte der GdNf dabei hatte. Der sei seit 1991/92 in Thüringen gewesen, habe Flugblätter gemacht für Saalfeld-Rudolstadt. Durch andere Rudolstädter sei der ihm vorgestellt worden seinerzeit. Der habe zur GdNF gehört, die seien in Bayern aktiv gewesen als . Der sei für sie der Zuständige gewesen. Stahl sagt, Brandt habe erläutert, dieses Ansprechen durch das LfV habe er Dalek gleich gesagt. Brandt sagt, er habe eine Telefonzelle ausgesucht und habe Dalek das mitgeteilt. So sei das Gespräch gelaufen.

Er habe sich mit dem LfV getroffen, die hätten davon gesprochen dass sie ein Interview zu Konzerten und Gewalt machen wollen. Stahl fragt, ob Brandt Dalek eine Zusammenarbeit mit dem LfV als V-Mann gemeldet hat oder nicht. Brandt antwortet, er habe Dalek mitgeteilt, dass ihn das LfV angesprochen habe und der habe ihm mitgeteilt, dass das seine Sache wäre. Zu einer weiteren Absprache sei es nicht mehr gekommen. Stahl: „Dann haben Sie ihm nicht gesagt, dass sie als V-Mann tätig sind?“ Es reiche aus von einem Anwerbegespräch zu reden, so Brandt. Stahl: „Ich finde das ein starkes Stück.“ Er habe jetzt erfragt, dass Brandt nur jemandem vom Anwerbegespräch berichtet habe. Auf die Frage, ob er irgendjemandem in der rechten Szene gesagt habe, dass er für den VS arbeite, müsse die Antwort doch dann lauten: „Nein.“ Brandt: „Sie können das spitzfindig so sehen, ich sehe das nicht so.“

Stahl fragt, wer im THS Führungskamerad war. Mit Sicherheit er selber, so Brandt, in Jena Kapke. Das komme auf die Region an. Stahl sagt, eben habe Brandt gesagt, nachdem diese Verjährungsproblematik bekannt gewesen sie, habe er mit Freunden gesprochen nach der Enttarnung. Brandt nennt den Namen Thomas Se. [phon.], der sei damals an dem Gespräch beteiligt gewesen, mehr würden ihm heute nicht mehr einfallen. Als es in der Bild-Zeitung seinerzeit gestanden habe, dass es verjährt ist, sie aber nicht aufgetaucht sind. Sonst hätten sie gar nicht gewusst, wann das verjährt ist. Stahl fragt, wer Brandts Freunde nach der Enttarnung waren. Brandt nennt den Namen Sven Bö. [phon], wer damals zu seinem Freundeskreis gehört habe könne er nicht sagen. Auf Nachfrage sagt Brandt, nach der Enttarnung seien 95 Prozent seiner Freunde weggebrochen. Er erinnere sich nur noch an Se., der sie auf jeden Fall bei dem Gespräch dabei gewesen. Das sei in einer Gaststätte beim Biertrinken gewesen, welche Gaststätte wisse er nicht mehr, aber es sei in Rudolstadt gewesen. Die Vernehmung Brandts wird unterbrochen.

Der Verhandlungstag endet gegen 16.30 Uhr.

Der Blog NSU Nebenklage kommtiert: „Die Verteidigung Zschäpe versuchte mit großem Aufwand, die richterliche Vernehmung als fehlerhaft darzustellen, obwohl sich aus dieser lediglich ergibt, dass die alte Dame nicht mehr aussagefähig war. Dem Vernehmungsbeamten, der die Frau kurz nach der Tat vernommen hatte, versuchten die Zschäpe-Verteidiger eine Bestätigung zu entlocken, dass Zschäpe beim Verlassen des Hauses noch kurz bei der alten Dame geklingelt hatte. Juristisch könnte eine solche Feststellung allerdings nur ergeben, dass Zschäpe davon ausging, dass die alte Frau zu Hause war – und damit in dem Bewusstsein handelte, dass die alte Frau sterben könnte. Ein strafbefreiender Rücktritt kann aus einem einfachen Klingeln an der Haustür jedenfalls nicht abgeleitet werden. […]
Zu seiner „Nachrichtenehrlichkeit“ gab Brandt an, er habe sich in den Gesprächen mit dem LfV nicht weiter zu Straftaten geäußert. Den Verfassungsschutz habe das auch nicht interessiert, für den sei die Aufklärung von „Diskoschlägereien“ nicht interessant gewesen und habe nie nach Straftaten der Naziszene gefragt.“

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