Protokoll 253. Verhandlungstag – 12. Januar 2016

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Am heutigen Prozesstag gibt es keine geladenen Zeug_innen. Stattdessen geht es zunächst um Verlesungen von daktyloskopischen Spuren. Dann werden Anträge der Nebenklage abgewiesen. Darunter der Antrag, die ehemaligen V-Mann Michael See alias „“ zu vernehmen. Zum Einen befände sich dieser im Ausland, zum Anderen würde seine Aussage, laut Ablehnung, nichts zur weiteren Wahrheitsfindung beitragen.

 

Heute ist wieder Foto- und Kameratermin. Die Besucherempore ist gut gefüllt. Die Angeklagten Zschäpe, Wohlleben und Schultze betreten um 09:50 Uhr den Saal. Zschäpe dreht sich wie schon bei den letzten Fototerminen nicht von den Kameras weg. Anwesend ist heute neben ihren anderen VerteidigerInnen auch RA Borchert. Um 09:53 Uhr betritt das Gericht den Saal. Götzl: „Dann darf ich Sie alle zur ersten Sitzung im neuen Jahr begrüßen.“

Nach der Präsenzfeststellung sagt Götzl: „Es ist heute noch von Ihnen, Frau Zschäpe, eine Stellungnahme zu den Entbindungsanträgen eingegangen. Das bekommen Sie dann in der Pause. [gerichtet an die anderen Verfahrensbeteiligten]. Herr Klemke, Sie hatten gesagt, dass noch Besprechungsbedarf besteht, so dass wir die Befragung von Herrn Wohlleben zurückstellen bis morgen.“ Daher gehe es, so Götzl weiter, zunächst um Feststellungen zum Selbstleseverfahren [durch das in der StPO geregelte Selbstleseverfahren können größere Mengen von Schriftstücken in die Hauptverhandlung eingeführt werden, ohne dass jedes einzelne verlesen werden muss; stattdessen wird festgestellt, dass die Richter_innen vom Wortlaut der Urkunde bzw. des Schriftstücks Kenntnis genommen haben und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit hatten]. Dann gehe es um Verlesungen, da habe er den Beteiligten bereits eine Liste zukommen lassen, so Götzl. Zum Thema Selbstleseverfahren spricht Götzl von einer Verfügung vom 26.03.2015 [phon.] in der Fassung des Beschlusses am 29.04.2015 [phon.] nach Widerspruch und sagt, dass die erkennenden Richter und die Ergänzungsrichter von den in der Urkundenliste 2 genannten Schriftstücken Kenntnis genommen hätten und die übrigen Beteiligten hierzu Gelegenheit gehabt hätten; die Liste werde zu Protokoll genommen.

Zschäpe-Verteidigerin Sturm sagt, dass unter Bezugnahme auf den Widerspruch der Verwertung widersprochen werde. [Es geht vermutlich um Schriftstücke, die am 26.01.1998 in der von Zschäpe angemieteten sichergestellt wurden.] NK-Vertreterin RAin von der Behrens sagt, sie behalte sich eine Erklärung zu einigen Schriftstücken wie den „Turner-Tagebüchern“ und dem Mietvertrag der Garage vor. Götzl: „Dann das Selbstleseverfahren, angeordnet am 06.08.2014.“ Er sagt, die erkennenden Richter und die Ergänzungsrichter hätten vom Wortlaut der Schriftstücke in Urkundenliste 1 Kenntnis genommen, die übrigen Beteiligten hätten die Gelegenheit gehabt; die Liste werde zum Protokoll genommen.

Götzl sagt es gehe dann um Verlesungen und Augenschein zu einem Ermittlungsvermerk vom 22.10.2015. Er nennt die Fundstelle und sagt, es gehe um den Kopfblock, dann auf der nächsten Seite um die Fragen 3 und 4 und den Bereich Unterschrift und um die letzte Seite komplett. Richter Lang verliest den Vermerk zu einem Nachermittlungsauftrag des Gerichts. In der sequenziellen Wahllichtbildvorlage zu Degner vom 27.08.2015 [phon.] sei die Person auf Lichtbild 6 abgebildet, dies sei auch der Legende zu entnehmen. Das verwendete Lichtbild sei im November 1997 von der Meldebehörde an thüringische Sicherheitsbehörden übergeben worden. Dann verliest Lang weiter die Antwort auf die Frage nach den Klarnamen der Abkürzungen für DNA-Profile in einem anderen Vermerk, z. B.: steht „M.K.“ für Michèle Kiesewetter: „Status: Opfer.“ „J.W.“ steht für : „Status: Beschuldigter“. „P18“ [phon.] steht für einen leiblichen Sohn des André Eminger („A.E.“) und der („S. E.“).

Im Folgenden geht es um eine Verlesung im Zusammenhang mit der so genannten „“ [siehe z. B. 45. und 107. Verhandlungstag]. Das Asservat sei bei André Kapke sichergestellt worden am 05.02.2013 [phon.], so Götzl. Es gehe zunächst um den Spurensicherungsbericht, dann das Spurenverzeichnis, dann um den Augenschein der Skizzen und Fotos und dann schließlich um Behördengutachten zu daktyloskopischen Spuren [Fingerabdruckspuren]. Götzl nennt jeweils die Fundstellen. Dann beginnt Richterin Odersky mit der Verlesung des Spurensicherungsberichts. Dabei werden die Beamten genannt, die die Spuren sichtbar gemacht haben und wann sie dies getan haben. Dann verliest Odersky, dass 27 daktyloskopische Spuren festgestellt worden seien. Im Folgenden wird verlesen, an welchen Asservaten wo Fingerabdruckspuren gefunden wurden. Dabei werden die Asservatennummern genannt und eine Beschreibung: entweder „transparente Prospekthülle DIN A 4“ oder „Blatt DIN A4“. Bei den Asservaten mit „Blatt DIN A 4“ wird jeweils ein Satz bzw. etwas Prägnantes von dem Blatt genannt: „Geburtstagspost an André Kapke“; „Extraausgabe, Herausgeber Wolle und Jana“; „Thüringer Bauern können wieder lachen“; „Neue Staatsschutz-Einheit“; „Bekanntschaften“; „Die drei von die Tankstelle“; „Topterrorist schwört Rache“; „Den Mitmenschen leben lassen“; „Kinder immer krimineller“; „Anzeige “; „Anzeige vom Verfassungsschutz“ [alles phon.]. Danach werden jeweils die Spurennummern und die Untersuchungsmethoden genannt.

Im Anschluss verliest Richter Lang das Spurenverzeichnis. Hier geht es jeweils um die Lage der Spuren auf den Asservaten, also ob die Fingerabdruckspur auf der Vorder- oder Rückseite zu finden ist. Danach werden die Skizzen und Fotos, die in dem Bericht enthalten sind, in Augenschein genommen. Zu sehen sind Aktenseiten mit Tabellen, auf denen neben Text, Skizzen zur Lage der Spuren sowie Fotos von den sichtbar gemachten Spuren zu sehen sind. Dann folgt das Behördengutachten zur Auswertung, das Richter Lang verliest. Es seien 14 für daktyloskopische Zwecke nicht geeignete Spuren gefunden worden und 13 für daktyloskopische Zwecke geeignete Spuren, so das Gutachten. Diese 13 Spuren seien mit der Sammlung verglichen worden. Drei Spuren seien identifiziert worden, zwei seien geeignet für einen Nichtausschluss, acht hätten nicht zugeordnet werden können. Es werden jeweils die Spurennummern genannt. Es folgt die Verlesung eines Behördengutachtens, dass besagt, dass einer der Spurenverursacher die „am 05.02.2013 in Bochum letztmalig erkennungsdienstlich behandelte Person“ André Kapke ist. Danach wird von Richterin Feistkorn ein Behördengutachten verlesen, das besagt, dass ein anderer Spurenverursacher die „am 24.11.2011 in Jena letztmalig erkennungsdienstlich behandelte Person“ Ralf Wohlleben ist.

Zum eben verlesenen Identifizierungsbericht gibt Wohlleben-Verteidiger RA Klemke eine Erklärung ab: „Zum einen ist erstmal grundsätzlich festzuhalten, dass für mich das Gutachten keinerlei Beweiswert hat, hier wird lediglich ein Ergebnis festgestellt, niemand kann nachvollziehen wie diese Übereinstimmung auf dem Blatt Papier mit dem Fingerabdruck meines Mandanten vollzogen wurde. Weder ich und auch nicht der Senat, weil er nicht über hellseherische Fähigkeiten verfügt, kann nachvollziehen, wie die Identität festgestellt worden ist, worauf das beruhen soll. Wenn es ein vernünftiges Gutachten wäre, würde sich daraus auch nichts Verwertbares ergeben.“ Wohlleben habe bereits ausgesagt, so Klemke, dass er die Geburtstagszeitung kenne, aber nicht mehr wisse, ob bevor oder nachdem sie zu André Kapke gelangt ist; es würden sich so zwanglos Fingerabdruckspuren erklären lassen. Klemke weiter: „Bezüglich der Urheberschaft an dieser Geburtstagszeitung ist damit überhaupt nichts gewonnen. Was mir in diesem Komplex auffällt ist, dass die acht nicht zuzuordnenden Fingerabdruckspuren nicht mit denjenigen verglichen worden sind, die von Jana A. [107. Verhandlungstag] hätten genommen werden können, was nicht passiert ist. Da hat das BKA eigenartigerweise keinerlei Aufklärungsinteresse gezeigt. Danke.“ Es folgt ein weiteres Behördengutachten zu diesem Thema, das durch Richter Lang verlesen wird. Hier geht es darum, dass André Kapke als Spurenverursacher nicht ausgeschlossen werden könne.

Götzl kündigt dann die Verlesung von Schriftstücken zu daktyloskopischen Spuren im Zusammenhang mit einer Zeugenvernehmung von André Eminger und „Susann Eminger“ am 11.01.2007 [phon.] beim Regionalen Einsatzabschnitt Sachsen [phon.] und im Zusammenhang mit einer Wohnmobilanmietung bei der Firma H. an. Die folgenden Verlesungen folgen wieder dem Schema, dass zunächst der Spurensicherungsbericht und dann der Spurenbericht verlesen werden, dass dann die Skizzen und Fotos aus dem Spurenbericht in Augenschein genommen werden, und schließlich die Behördengutachten zur Zahl der verwertbaren und nicht verwertbaren Spuren und zur Identifizierung von Spuren verlesen werden. Die Verlesungen übernehmen wieder Odersky, Feistkorn und Lang. Dabei wird verlesen, dass es sich bei den ersten Asservaten um mehrere DIN-A4-Blätter einer „Zeugenvernehmung Eminger, Andre; Eminger, Susann“ vom 11.01.2007 gehe [es handelt sich vermutlich um eine Zeugenvernehmung im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen einen Bewohner der Polenzstraße 2 in Zwickau; vermutlich sind André Eminger und Beate Zschäpe gemeinsam zu dieser Vernehmung gegangen, wo sich Zschäpe als Susann Eminger ausgegeben hat; siehe z.B. 56., 66. und 67. Verhandlungstag]. Weiter gehe es um die Auftragsbestätigung einer Wohnmobilanmietung durch André Eminger vom 22.09.2003 [phon.] bei der Firma H. An den Asservaten gebe es 35 Spuren, von denen 13 für daktyloskopische Zwecke nicht geeignet und 22 für Vergleichszwecke geeignet seien. Von diesen 22 seien 19 nicht zugeordnet worden, drei Spuren seien identifiziert worden. Es sei festgestellt worden, dass die „am 20.11.2011 in Frankfurt/Main letztmalig erkennungsdienstlich behandelte Person“ André Eminger Spurenverursacher ist. Götzl: „Dann werden wir jetzt eine Pause einlegen von 20 Minuten, wir setzen fort um 11:20 Uhr.“

Um 11:30 Uhr geht es weiter mit Verlesungen zum Thema eines Beweisantrags der NK-Vertreter RA Schön und RA Reinecke vom 129. Verhandlungstag. Dabei geht es um Fingerabdruckspuren am Wohnmobil, in dem am 04.11.2011 die Leichname von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gefunden wurden. Wieder folgen die Verlesungen dem bereits bekannten Schema. Untersuchungsmaterial sind diesmal Folienabzüge von Fingerabdruckspuren, die an verschiedenen Stellen des Wohnmobils genommen wurden, etwa an der Beifahrertür im Fahrerhaus, an der Außenseite des Zugangs zum Wohnbereich. Zwei Spuren seien für daktyloskopische Zwecke nicht geeignet, sieben seien geeignet, davon seien fünf identifiziert worden, eine sei geeignet zum Nichtausschluss, eine sei nicht zugeordnet. Bei der vergleichenden Untersuchung sei festgestellt worden, dass die „am 08.11.2011 in Jena letztmalig erkennungsdienstlich behandelte Person Zschäpe, Beate“ Spurenverursacherin ist. Es handele sich um einen Abdruck des rechten Zeigefingers, des rechten Mittelfingers und des rechten Kleinfingers.

Götzl sagt, es komme dann noch zur Verlesung des Behördengutachtens zur Identifizierung weiterer daktyloskopischer Spuren am Wohnmobil [phon]. Richterin Feistkorn verliest, dass bei der vergleichenden Untersuchung festgestellt worden sei, dass die „am 04.11.2011 in Erfurt letztmals erkennungsdienstlich behandelte Person Mundlos, Uwe“ Spurenverursacher ist. Es gehe um einen Abdruck des rechten Zeigefingers und einen Abdruck der rechten Hand.

Danach verkündet Götzl den Beschluss, dass die Anträge aus der NK auf Vernehmung von Michael von Dolsperg [geb. See] abgelehnt sind. Die Einvernahme des Zeugen sei zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich. Ein Beweisantrag auf Einvernahme eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu erwirken wäre, könne abgelehnt werden, wenn dessen Einvernahme zur Erforschung der Wahrheit nicht geboten ist. Dies bestimme sich nach der Aufklärungspflicht des Gerichts. Das Gericht habe die Bedeutung und den Beweiswert des Zeugen zu würdigen. Komme es unter Berücksichtigung des Vorbringens zur Begründung und der bisherigen Erkenntnisse aus der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis, dass ein Einfluss des Zeugen auf seine Überzeugungsbildung sicher ausgeschlossen ist, auch bei einer Bestätigung der unter Beweis gestellten Tatsachen, sei eine Ablehnung in aller Regel nicht zu beanstanden.

Der Umstand, dass der Zeuge sich 2012 einmal mit Beamten des BfV traf, ändere nichts daran, dass dessen Ladung im Ausland bewirkt werden müsse. Die Aufklärungspflicht gebiete Sees Vernehmung nicht. Dass der Zeuge das Heft „“ herausgab und unter Pseudonym den Artikel „Strategien der Zukunft“ schrieb und das „Agieren aus dem Untergrund“ in autonomen Zellen beschrieb, dass er von 1994 bis 2003 als V-Mann arbeitete und dass er nach 2002 noch Kontakte zu Neonazis hielt, ließen keinen Schluss zur Schuld- und Straffrage zu. Ein Zusammenhang zu den angeklagten Taten sei nicht erkennbar. Auch für eine Relevanz bzgl. der Glaubhaftigkeit von Zeugen [phon.] seien keine Anhaltspunkte erkennbar, ebenso sei keine indizielle Bedeutung erkennbar. Die Begründung verhalte sich nicht dazu, welche Schlüsse aus dem Nachweis der unter Beweis gestellten Umstände zu ziehen seien. Keine weitere Sachaufklärung sei zu erwarten im Zusammenhang mit Gesprächen über Zellenorganisation. Der Umstand, dass neonazistische Strukturen in Thüringen und im THS darüber gesprochen haben, führe zu keinem Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Angeklagten in diesem Verfahren und der angeklagten Taten.

Keine weitere Sachaufklärung sei zu erwarten durch den Nachweis der unter Beweis gestellten Tatsachen, dass der Zeuge Mundlos, Böhnhardt, Wohlleben, Kapke von Liederabenden kannte. Die Relevanz sei weder erkennbar noch von den Antragstellern behauptet worden. Gleiches gelte für das Kennverhältnis zwischen dem Zeugen und den benannten Personen. Eine weitere Sachaufklärung sei auch deshalb nicht zu erwarten, weil der Zeuge bei der staatsanwaltschaftlichen Vernehmung zwar angegeben habe, dass er Kapke kenne und nicht ausschließe, dass Wohlleben einmal auf einer seiner Veranstaltung war, die Namen Zschäpe, Böhnhardt, Mundlos würden ihm aber nichts sagen. Keine weitere Sachaufklärung sei zu erwarten durch den Nachweis der Tatsachen in Zusammenhang mit André Kapke und der Unterbringung der flüchtigen Personen Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe. Prognostisch sei zu erwarten, dass, wenn der Zeuge die Informationen bestätigen würde, dies für die Schuld- und Straffrage bei den Angeklagten keine Bedeutung habe. Kapkes bloße Anfrage nach einem Versteck habe für die Schuld- und Straffrage keine Bedeutung, sie sei auch nicht für die Frage der Glaubwürdigkeit des Zeugen Kapke als Indiz anzusehen, denn der habe sich immer wieder darauf berufen, sich nicht mehr an viel von vor 16 Jahren erinnern zu können. Die unter Beweis gestellten Tatsachen seien auch nicht für den Rechtsfolgenausspruch relevant. Der Umstand, dass Behörden die Gelegenheit gehabt hätten, die Drei 1998 festzunehmen, sei lediglich hypothetischer Natur.

Dann verliest Götzl den Beschluss, dass die Anträge abgelehnt sind, Michael See dazu zu vernehmen, ob er an einem oder einem in Kolding teilgenommen hat, ob er gefilmt hat, ob er André Eminger oder andere Neonazis traf, ob er Treffen der „Artgemeinschaft“ teilnahm und dort André, Maik oder Susann Eminger traf, ob er Filmaufnahmen an von einem oder beiden Märschen an André Eminger übergeben hat, ob er Zschäpe, Mundlos, Böhnhardt in Kiel getroffen hat oder ob ihm bekannt ist, welche Personen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in Kiel getroffen haben, abgelehnt sind. Es handele sich um Beweisermittlungsanträge.
Die Aufklärungspflicht dränge bei der gegebenen Prozesslage nicht dazu, See zu laden und zu den Fragekomplexen zu vernehmen. In seiner ausführlichen Zeugenvernehmung vom 10.03.2014, die im Freibeweisverfahren in die Hauptverhandlung eingeführt worden sei, gehe der Zeuge auf diese Komplexe nicht ein. Es würden sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass er Kenntnisse dazu haben würde. Der Zeuge stamme aus Thüringen, Berührungspunkte zu den in den Anträgen genannten Fragestellungen würden sich lediglich in geografischer und ideologischer Hinsicht ergeben. Ähnliches gelte in Bezug auf die Treffen der „Artgemeinschaft“. Es sei nicht ersichtlich, welcher Aufklärungsgewinn hinsichtlich der Schuld- und Rechtsfolgenfrage bzgl. der Angeklagten sich hieraus ergeben würde.

Dann verliest Götzl den Beschluss, dass den Anträgen, die Ausgaben 1, 2 und 3 des Fanzines „White Supremacy“ anzufordern und folgende Artikel in der Hauptverhandlung zu verlesen: „Vorwort“, „‚Fortress‘ in der Schweiz/ 11.04.“, „Auch für mich?!“, „Neue Organisation“, „Marsch im Erzgebirge“ und Fotos in Augenschein zu nehmen, nicht nachgekommen wird. Die Artikel „Gedanken zur Szene“, „Farbe des Rassismus“ und „Solidaritätsaufruf“ seien bereits beigezogen. Es handele sich um Beweisermittlungsanträge. Die Aufklärungspflicht erfordere es lediglich, die Artikel „Gedanken zur Szene“, „Farbe des Rassismus“ und „Solidaritätsaufruf“ zu verlesen, weil es hier Hinweise gebe, dass Uwe Mundlos der Autor gewesen sein könnte. Eine Autorenschaft des verstorbenen Mundlos habe Jan Werner bestätigen sollen. Dieser habe aber von seinem Recht zur Auskunftsverweigerung Gebrauch gemacht. Eine weitere Sachaufklärung sei nicht zu erwarten.

Schließlich verliest Götzl den Beschluss, dass dem Antrag, eine Gegenüberstellung zwischen den Zeuge Jürgen Zweigert und vorzunehmen, nicht nachgekommen wird. Zweigert habe in der Lichtbildvorlage Degner als die Person erkannt, die er als V-Mann geführt hat. Das werde bestätigt durch die Angaben Tom Turners, der Degner auf der Lichtbildvorlage ebenfalls erkannt habe. Der Verhandlungstag endet um 12:15 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage“:
„Das Gericht meint, die Fragen, ob Tarif den THS mit Anleitungen zum bewaffneten Kampf versorgt habe und ob er seinem V-Mann-Führer mitgeteilt habe, dass er nach einer Unterkunft für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt gefragt worden war, hätten mit der Tat- und Schuldfrage in diesem Verfahren nichts zu tun. Für die Opfer des NSU spielt es allerdings eine erhebliche Rolle, ob die Morde des NSU durch eine schnelle Festnahme hätten verhindert werden können. Solche Fragen schieben sich die verschiedenen Institutionen bei der Aufklärung der Morde allerdings immer wieder gegenseitig zu – Aufklärung sieht anders aus.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/01/12/12-01-2016

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