Protokoll 254. Verhandlungstag – 13. Januar 2016

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An diesem Verhandlungstag stellt Richter Götzl Nachfragen zu der Einlassung von Ralf Wohlleben. Dieser spricht schnell und spekuliert viel. Er macht Angaben über die Zeit vor und nach dem Untertauchen der drei. Er spricht darüber, wie die Hilfe für die drei im Untergrund organisiert wurde. Es geht auch um die Waffenbeschaffung.

Der Verhandlungstag beginnt um 09:47 Uhr. Nach der Präsenzfeststellung sagt Götzl: „Ja, dann würden wir, Herr Wohlleben, zu Ihnen kommen.“ Götzl sagt, er habe ein paar ergänzende Fragen, es gehe ihm zunächst um das, was Wohlleben unter die Überschrift „Politischer Werdegang“ gestellt habe: „Da wollte ich das eine oder andere nachfragen und um Erklärung bitten, was ich darunter zu verstehen habe.“ Zunächst hält Götzl vor, dass Wohlleben angegeben habe, dass man sich nach der Wiedervereinigung Lagern angeschlossen habe, ohne dass eine gefestigte Meinung dahinter gestanden habe. Götzl: „Was damit gemeint?“ Wohlleben: „Ist ein bisschen schwer, das zu sagen. Also ich hatte das Gefühl gehabt, – wobei Gefühl nicht das richtige Wort ist -, den Eindruck, dass die Jugendlichen sich in zwei Langer aufteilen: Leute, die sich eher zu ihrer Nationalität bekennen oder der Sache eher ablehnend gegenüber stehen. Abhängig vom Wohngebiet. Z.B. Lobeda war eins, wo es relativ viele Jugendliche gab, die sich als rechts bezeichnen würden. Und das aber meiner Meinung nach keinen gefestigten Hintergrund hatte, die haben sich so bezeichnet [phon.]. Hat sich geäußert, welche Musik und welche Klamotten. [phon.]“ Wenn man durch Lobeda gefahren sei, und jemanden mit „Chevignon“ oder „Replay“ gesehen habe, dann habe man gewusst, dass die sich eher dem rechten Lager [phon.] zugeordnet hätten.

Götzl fragt, wie das bei Wohlleben selbst gewesen sei. Wohlleben sagt, das sei ja das, was er in seiner Einlassung ausgesagt habe: „Ich hatte früher Freunde, zu DDR-Zeiten, die sich nach der Wende dem linken Klientel angeschlossen haben. Die sind ins ‚Kassablanca‘ gegangen. [phon.] Als wir uns relativ zwanglos unterhalten haben, waren die der Meinung, dass jeder, der eine BRD-Fahne trug, ein Nazi wäre. Das war nicht meine Meinung. Deswegen bin ich nicht in die Stadt gefahren. Ich habe mich in Lobeda wohlgefühlt und mich da angeschlossen. [phon.]“ Auf Frage nach seiner eigenen Kleidung sagt Wohlleben: „Ich hatte Replay-Klamotten, Chevignon, das schon. Aber Springerstiefel nicht. Später dann schon, Zehn-Loch. Aber Bomberjacken habe ich nicht angehabt.“ [phon.] Götzl hält vor, dass Wohlleben von einer Wahlkampfveranstaltung einer nationalen Partei berichtet habe, bei der er beeindruckt gewesen sei, wie organisiert das war: „Was ist damit gemeint?“ Wohlleben: „Man muss sich das so vorstellen: Man hat als Jugendlicher eine Vorstellung, wenn man sich einem politischen Spektrum zugehörig fühlt. Ich habe durch Zufall erfahren, es gab keine Handys, dass es eine Wahlkampfveranstaltung gibt. Man steht da, hat eine Erwartungshaltung. Dann kam ein VW-Bus, tarnfarben meiner Meinung nach. Und dann sind Leute aus dem Bus gesprungen, bauen diesen Wahlkampfstand auf und es kommen immer mehr [phon.] Leute, die sich beteiligen. Das war für mich beeindruckend. [phon.] Ich habe mich drum gekümmert, dass ich ein Plakat von denen hoch halten kann, weil ich es wichtig fand, um nach außen zu zeigen, dass man sich der Gruppe zugehörig fühlt. Den Inhalt der Reden und alles habe ich gar nicht mehr in Erinnerung, auch nicht, was auf dem Plakat stand. Ich habe das für imposant gefunden – wobei imposant auch nicht das richtige Wort ist.“

Götzl bittet Wohlleben das zu beschreiben. Wohlleben: „Ich war begeistert, wie das alles ablief, dass es ziemlich diszipliniert ist. Das klingt immer so, wenn man es mit DDR vergleicht; hat mich erinnert an die DDR, Fahnenappell und was da alles ablief. [phon.] Mir hat das gefallen, ich fand das gut.“ Götzl: „Sie hatten gesagt, dass Sie auch Mitglied der waren. Was bedeutete da Mitgliedschaft?“ Wohlleben: „Mitgliedschaft ist in erster Linie mal das Zahlen des Mitgliedsbeitrages. Es gab keine Mitgliedsausweise. Und es gab Kameradschaftsabende, aber ich habe keine Erinnerung, dass das großartig politisch war.“ Es sei „so ein Halbzwang“ gewesen, so Wohlleben. Da seien Jugendliche in der Stadt, „die sich dem rechten Spektrum zugehörig fühlen“, in anderen Städten gebe es auch Kameradschaften und dann mache man auch eine Kameradschaft. Wohlleben weiter: „Da wurden auch so sinnlose Diskussionen geführt, ob man während der Kameradschaftssitzung raucht und trinkt. Und wir waren der Meinung, dass man nicht trinkt, weil Alkohol die Zunge lockert und kein Gespräch mehr geht [phon.].“

Götzl fragt nach der Freundschaft zu André Kapke, wie intensiv die gewesen sei, welche Rolle Kapke für die KS Jena gespielt habe, ob der die KS geführt habe [phon.]. Wohlleben sagt, er habe Kapke seiner Erinnerung nach schon vor der Wende oder zum Zeitpunkt der Wende kennengelernt. Er selber sei Lobeda-Ost gewesen, Kapke sei aus Lobeda-West gekommen. Er glaube, den dort kennengelernt zu haben. 1994 habe er den irgendwie wiedergetroffen, er wisse es jetzt gar nicht mehr: „Ich hatte den Führerschein gemacht und hatte mir einen Trabant gekauft. André Kapke und ich, wir sind relativ viel mit den Autos rumgefahren. Ich erinnere mich, dass bei André Kapkes Trabant der Anlasser kaputt war und ich ihn angeschoben habe, ein Auto zu einem Auto.“ Sie seien sinnlos mit zwei Autos rumgefahren, man habe den Führerschein neu gehabt und habe Kilometer machen müssen. Wohlleben weiter: „In der Kameradschaft habe ich einen Führer direkt nicht wahrgenommen. Ich habe ihn wahrgenommen als jemanden, der Talent hatte die Leute hin oder her zu schicken. Würde nicht von Führerrolle von André Kapke sprechen, das wäre nicht das, was ich wahrgenommen habe. André Kapke hatte Kontakte. Wie die sich entwickelt haben, weiß ich nicht. Wir sind zu Konzerten [phon.] gefahren. Und ich bin der Meinung, André Kapke kannte da schon und dass wir deshalb die Plätze auf der Empore zugewiesen bekommen haben. Und er hatte Infomaterial. Das hatte ich überhaupt nicht, weil ich entsprechende Leute gar nicht kannte [phon.]. Ich kam aus einer Clique, wo es kein Infomaterial gab.“

Götzl: „Wie war Ihre Rolle?“ Wohlleben: „Einfaches Mitglied. Nicht als hervorgehoben, auch nicht als Superorganisationstalent, wie es einer hier gesagt hatte, das würde ich auch nicht sagen. Ich würde sagen, dass ich damals einfach dabei gewesen bin.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben, dass er noch etwas dazu sagen wolle, dass hier erwähnt worden sei, sie hätten sich als „autoritärer Kreis“ verstanden: „Wir wollten eben einfach mehr Qualität, während die Rudolstädter mehr auf Quantität gesetzt haben.“ Man habe nur nicht wie Rudolstadt ein großer Haufen sein wollen, das nicht unter Kontrolle haben können [phon.], man habe nicht gewollt, dass jeder „Kaufhallen-Skin“ sich Mitglied der KSJ habe nennen können, so Wohlleben. Götzl hält vor, dass Wohlleben angegeben habe, Carsten Schultze sei erster Vorsitzender der Jena gewesen, er selbst Stellvertreter, es habe aber wegen des Alters von Schultze Zweifel gegeben und dann er, Wohlleben, das habe übernommen sollen. Götzl: „Von wem ging die Initiative aus?“ Wohlleben: „Weiß ich nicht mehr. Ich hätte auch bis zur Einsicht in die Akten nicht mehr gewusst, dass Carsten Schultze erster Vorsitzender war. Ich hätte gedacht, ich war erster Vorsitzender. Aber es wurden Probleme angezeigt, dass Carsten Schultze zu jung sei und dass ich besser übernehmen soll.“ Götzl: „Wer hat darüber gesprochen?“ Wohlleben: „Könnte André gewesen sein, weiß ich aber nicht genau.“

Götzl: „Es geht mir um das Stichwort Enttarnung Brandt: Wie war da Ihr Kenntnisstand? Wann haben Sie was und wie erfahren?“ Wohlleben sagt, V-Männer habe es immer gegeben, man habe immer mal spekuliert: „V-Mann-Gerüchte sind im nationalen Lager keine Seltenheit, da kann man schnell drunter fallen. Ist mir im Verfahren auch passiert. Ich gehe davon aus, aber nicht sicher, dass ich von Schwerdt erfahren habe, dass ein Artikel kursiert, dass Brandt V-Mann wäre. Der Weg wäre gewesen, Landesvorstandssitzung oder zumindest -treffen und bereden, wie wir mit Situation umgehen. Es kann aber auch sein, dass es über Telefon entschieden wurde, dass wir einfach gesagt haben, wir wechseln den Pressesprecher aus, dass er das nicht selber raus geben muss.“ [phon.] Er sei dann gefragt worden, so Wohlleben weiter, ob er den Posten übernehmen könne, obwohl er nicht der geeignete Pressesprecher gewesen sei, weil er rhetorisch schwach und nicht gut im Schreiben sei [phon.]. Es hätten nicht immer die geeigneten Leute die Jobs gemacht, sondern die, die es halt gemacht hätten.

Götzl: „Haben Sie mit Tino Brandt über die Enttarnung gesprochen?“ Wohlleben: „Nachdem klar war, dass Brandt V-Mann war, habe ich keinen Kontakt mehr gesucht, überhaupt nicht mehr, nicht gesprochen, was er gemacht hat. Hat mich alles nicht interessiert. Ich habe den Verrat gesehen, der war für mich unakzeptabel, vor allem in der Position, die er hatte. Ich hatte an Aufklärung kein Interesse, ich habe ihn nicht mehr gesprochen. [phon.]“ Götzl fragt, wann das zeitlich gewesen sei. Wohlleben: „Da kann ich nur aus den Akten sagen, dass es April oder Mai 2001 gewesen sein muss.“ Götzl: „Sie sagten, Sie seien 2010 aus persönlichen Gründen aus der Partei ausgetreten, welche waren das?“ Wohlleben: „Die möchte ich nicht nennen.“ Götzl: „Dass wir eine Vorstellung haben.“ Wohlleben: „Es waren persönliche Gründe, die für mich die Mitgliedschaft in der Partei nicht mehr akzeptabel gemacht haben.“ Götzl sagt, Wohlleben sei in Bezug auf Holger Gerlach und sich selbst auf Glücksspiele eingegangen, und fragt nach näheren Einzelheiten, Intensität, Dauer. Wohlleben: „Die Intensität hängt damit zusammen, was für Finanzmittel man hat, das ist beim Glücksspiel immer so, dass man nur einmal im Monat Zocken geht, immer wenn man Geld bekommt. So war das meiner Erinnerung nach auch bei Holger und mir. Ich habe damals noch zu Hause gewohnt. Zigaretten und so habe ich alles von meinen Großeltern bekommen. [phon.] Ich habe nicht viel Geld gebraucht. Ich habe monatlich mein Arbeitslosengeld oder Lehrlingsgeld abgeholt und bin mit Holger [phon.] in die Spielothek gegangen. Dann kann es kann passieren, dass es am selben Tag alle war oder man hat gewonnen und am nächsten Tag war alles weg. [phon.] Meiner Meinung nach hatte das pathologische Züge, wie gesagt. Durch die eigene Wohnung ist es mir gelungen, davon los zu kommen.“

Götzl fragt, ob mit den pathologischen Zügen auch Gerlach gemeint sei oder nur Wohlleben selbst. Wohlleben: „Da gehe ich nur von mir aus. [phon.] Ich weiß, dass er auch Probleme hatte.“ Gerlach habe einen Dispo gehabt, so Wohlleben, also habe der nicht nur mit eigenem Geld gespielt, sondern auch mit Geld von der Bank. Sie hätten teilweise alles Geld verspielt, sofort als sie es bekommen hätten. [phon.] Man stehe nicht nur an einem Automaten, wenn man diesbezüglich krank ist, man werfe da 10er in den Automaten, was noch unsinniger sei. [phon.] Götzl fragt nach dem Zeitraum. Wohlleben: „Ich kann es nur an meiner Wohnung festmachen. 1997 habe ich meine Wohnung bekommen und dann wurde es schlagartig weniger. Was nicht heißt aufgehört, aber es wurde weniger, viel weniger. Ab und zu habe ich zwar schon noch gezockt, aber nicht mehr so exzessiv.“ Auf Frage, wann er damit begonnen habe, sagt Wohlleben: „Als ich noch keine 18 Jahre alt war. Da wo ich gewohnt habe, war eine Gaststätte, hieß ‚Balkan‘, glaube ich. Da hing ein Spielautomat drinne. Man ist rein, hat sich ein Wasser oder eine Cola geholt, hat 5, 10 Mark in den Automaten geworfen und gehofft, dass man Glück hat.“

Götzl: „Warum war die Wohnung wichtig?“ Wohlleben: „Ich musste ja die Wohnung finanzieren. Und dann hat mir meine damalige Freundin, die , zum Geburtstag den Spielautomaten geschenkt und dann habe ich halt bei mir zu Hause weiter gespielt.“ Götzl: „Was haben Sie verspielt?“ Wohlleben: „Kann ich nur spekulieren, weiß es nicht. Ich würde insgesamt auf jeden Fall auf eine fünfstellige Zahl tippen. Nicht oberer Bereich, eher unterer, aber schon relativ viel Geld für die Verhältnisse, die mir zur Verfügung standen.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Vielleicht noch als Hinweis: Wenn ich mit Holger Gerlach spielen gegangen bin, und wir haben gewonnen, haben wir das Geld geteilt. War aber im Endeffekt egal, weil wir es eh wieder zusammen verspielt haben.“ Götzl fragt, um welche Beträge es gegangen sei. Wohlleben: „Bei einer normalen Serie 100 Mark, bei einer guten Serie konnten es auch mal 200 Mark [phon.] gewesen sein.“ Götzl fragt, wie es bei Gerlach gewesen sei. Wohlleben: „Ich weiß, dass er die Vorliebe geteilt hat, mitgegangen ist [phon.] und nicht nur eigenes Geld verspielt hat, sondern auch relativ tief in den Dispo rein geklettert ist.“ Götzl: „Wie viel?“ Wohlleben: „Denke, gängiger Sparkassendispo, 1.000 Mark.“ Götzl fragt nach dem Zeitraum bei Holger Gerlach. Wohlleben: „Schwierig zu sagen. Vermute so ’94, ’95, ’96. Ich glaube, dann hat er eine Umschulung angefangen und war nicht mehr in Jena. Ja, diese zwei Jahre, ’94, ’95, ’96, also drei Jahre.“

Götzl fragt, was mit „krankhaft“ gemeint sei. Wohlleben: „Das ist quasi wie ein Zwang. Man will das eigentlich gar nicht. Ich hatte mir mal vorgenommen, ich hatte mir 100 Mark geholt, du willst nur 50 verspielen. Aber ich hatte noch 50 und dachte dann, scheiß drauf, irgendwann muss der ja mal Geld ausspucken, der Automat, und habe weitergemacht. [phon.] Also ich betrachte das schon als krankhaft.“ Götzl: „Bezüglich Holger Gerlach hatten Sie gesagt, der hätte länger damit gekämpft?“ Wohlleben: „Also, der Holger war ja, nachdem er nach Hannover gezogen ist und Führerschein und PKW hatte, öfters wieder bei mir und hat das erzählt. Ich glaube, er hat sogar eine Therapie mal angesprochen, die er anfangen will oder angefangen hat. Er hat gefragt, ob wir noch wo spielen wollen, ich habe dann Nein gesagt, ich habe kein Geld. [phon.] Und er hat gesagt, er hat Geld. [phon.] Er hing also länger dran als ich. [phon.]“ Götzl sagt, Wohlleben habe ’94, ’95, ’96 gesprochen, das passe nicht ganz zusammen. [phon.] Wohlleben: „Ich kann es zeitlich nicht mehr einordnen. Ich würde halt so 2001, 2002 sagen, dass er bei mir war und gefragt hat und wir spielen gegangen sind [phon.]. Vermute ich. Also da, wo er dann schon in Hannover war. Aber eine genaue Festlegung wäre spekulativ.“

Götzl sagt, Wohlleben habe zu Gerlach geäußert, dass der Drogen genommen habe: „Haben Sie das selber mal beobachtet?“ Wohlleben: „Nee, gar nicht. Wie gesagt, ist schwierig zeitlich einzuordnen. Aber ich bin der Meinung, ich habe damals den Golf 2 gehabt, den hatte ich erst nach der Geburt meiner zweiten Tochter. Ich bin zu Holgers Schwester aufs Dorf [phon.] gefahren, habe mich mit Holger unterhalten und er hat gesagt, er nimmt Drogen. Ich weiß es nicht mehr genau, aber das Schlagwort war Drogen. Und da habe ich mir gesagt: ‚Was willste da noch mit dem?‘ [phon.]“ Auf Nachfrage, ob es um bestimmte Drogen gegangen sei, sagt Wohlleben, er habe nur das Schlagwort Drogen im Kopf. Götzl fragt, ob Wohlleben vorher schon mal den Verdacht gehabt habe, dass Gerlach Drogen nimmt. Wohlleben: „Nee, er war immer ein Zappelphilipp, konnte sein Bein nicht stillhalten. Aber ich habe nicht bewusst wahrgenommen, dass er auf Drogen war. Er hat relativ viel geraucht, aber ansonsten.“ Götzl sagt, Wohlleben habe in seiner Einlassung von Gerlachs Tolpatschigkeit und der Verwechslung eines Flusses mit einer Straße auf einer Landkarte gesprochen: „Können Sie näher beschreiben, was Sie meinen?“ Wohlleben: „Mehr Beispiele sind mir nicht eingefallen, aber Holger war jemand, der in jedes Fettnäpfchen rein getreten ist. Wenn man sagt, da vorne ist wieder eins, er: Arschbombe und rein.“ Götzl fragt nach weiteren Beispielen. Wohlleben: „Vielleicht noch ein Stolpern, aber das würde ich auch spekulieren.“

Götzl sagt, Wohlleben habe in seiner Einlassung davon gesprochen, dass Uwe Böhnhardt Interesse für Waffen und Militaria gehabt habe: „Inwiefern?“ Wohlleben: „Also, Böhnhardt, als ich den kennengelernt hatte, ist der schon so mit Militärhosen rumgerannt. Da war er nicht politisch positioniert, da war er nur Autodieb. Sein Lieblingsauto damals war ein Nissan Patrol, glaube ich, also ein Jeep eher. Ich weiß nur, dass ich den Eindruck hatte, dass er sich für Waffen interessierte und er sich da mit anderen ausgetauscht hat. [phon.] Da war ich ein völlig falscher Ansprechpartner, weil mich Waffen überhaupt nicht interessiert haben.“ Götzl: „Für welche Waffen hat er Interesse gezeigt?“ Wohlleben: „Von der Axt bis zur Zwille. Dem war egal, was das war. Ich erinnere mich an eine Geschichte mit einem Wurfanker. Ich habe ihn gefragt: Was willste damit? Da hat er gesagt: ‚Weiß ich auch nicht, es hat mir gefallen, da habe ich es mir halt gekauft.‘ [phon.]“ Götzl. „Welche Waffen mochte er?“ Wohlleben: „Ich erinnere definitiv Messer, dann ein Wurfstern war, glaube ich, noch mit dabei, und eine CO2-Pistole erinnere ich auch noch, dass er so was hatte.“ Auf Frage, ob Böhnhardt vor dem Untertauchen mal eine scharfe Waffe gehabt habe, sagt Wohlleben: „Nein, also nicht dass ich es wüsste.“

Götzl fragt, ob das mal Gesprächsthema gewesen sei. Wohlleben: „Nein. Ich könnte mich nicht erinnern, dass scharfe Waffen oder Sprengstoff Thema gewesen wären. Das mit den Waffen ist jedem selbst überlassen worden. Es gab die Überfälle der Linken. Dass sich Leute dann bewaffnen oder passiv bewaffnen, da habe ich kein Problem gesehen, zur Selbstverteidigung.“ Wohlleben sagt, das sei keine Diskussion gewesen, maximal ein Erfahrungsaustausch [phon.]. Wohlleben: „Wenn ich was gesucht hätten, hätte ich den Böhnhardt gefragt, welche Schreckschusspistole ich nehmen soll. [phon.] Aber nicht scharfe Waffen.“ Irgendwann hätten die Leute auch angefangen, sich Paintball-Waffen zu kaufen, weil sie es toll gefunden hätten, so Wohlleben weiter. Götzl: „Hatten Sie selbst eine Waffe?“ Wohlleben: „Nein.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Außer, Sie rechnen das Luftgewehr bei meinem Opa dazu.“

Götzl: „Sie haben Frau Zschäpe als schlagfertig bezeichnet. Können Sie das näher ausführen? Haben Sie ein Beispiel?“ Wohlleben: „Beispiel nicht, aber wenn ihr jemand dumm gekommen ist, wusste sie schon, wie man damit umgeht. Wenn jemand jetzt zu ihr hingegangen wäre und gesagt hätte, du bist ’ne blöde Kuh, dann wäre sie nicht weggelaufen. [phon.] Sie hätte darauf eine Antwort gehabt, auf jeden Fall.“ Götzl fragt, was mit „offener, direkter Art“ gemeint sei. Wohlleben: „Dieses ‚direkt‘ zählt dazu, dass man dann halt quasi schlagfertig ist. Ich hatte nie das Gefühl, dass, wenn sie jemanden nicht leiden konnte, dass sie da hinterm Berg gehalten hat. Wenn sie mich nicht gemocht hätte, hätte ich das sicher erfahren.“ Götzl fragt nach dem Umgang zwischen Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos. Wohlleben: „Ja, schon freundschaftlich. Man muss aber die Freundschaft auch so sehen, schwer zu erklären, dass, ähm, wir in dem Kreis, in dem wir uns bewegt haben – der Freundeskreis Kapke, Gerlach, die Uwes und ich [phon.] – einen schwarzen Humor gepflegt haben. Ich glaube, der Zeuge Ha. hat das auch gesagt. Das war grenzwertig bei uns. Also ich hatte z. B. Neurodermitis, dass ich überall meine Hautfetzen verliere, dass ich nirgendwo mit hingehen kann deshalb. [phon.] Solche Sachen. Aber für uns war das normal, der Ton, nichts Außergewöhnliches bei den Dreien. [phon.] Ich wusste, dass Beate mal mit Uwe Mundlos zusammen war, kennengelernt habe ich sie, als sie mit Uwe Böhnhardt zusammen war. Später waren sie mal getrennt, dann nochmal zusammen [phon.], aber nicht sicher. Eine Zeit lang haben sie keinen Kontakt gehabt, meine ich, aber zeitlich einordnen kann ich das ganz schlecht.“ Götzl: „Auf wen bezieht sich das?“ Wohlleben: „Auf Beate und die zwei Uwes.“

Götzl: „Wie lange?“ Wohlleben: „Kann ich ganz schwer zu sagen. Ich weiß, dass ich mich unterhalten habe mit Beate. Ich habe nur in Erinnerung, dass ich zu der Zeit viel Zeit mit ihr verbracht habe, wir viel gesprochen haben. [phon.]“ Götzl fragt, ob Wohlleben etwas zum Ablauf sagen könne. Wohlleben: „Nee, also auch nicht. Ich verbinde das nur mit dem Winzerclub und dass wir nach dem Club rumgezogen sind, weil wir nicht nach Hause wollten. Und die beiden Uwes waren nicht dabei. Deswegen erinnere ich mich daran.“ Götzl fragt, wo Wohlleben die Zeit, wo kein Kontakt bestanden habe, zeitlich einordne. Wohlleben: „Schon nach der Beziehung mit Böhnhardt, danach, aber es kann sein, dass es auch damit zusammen hängt, dass Böhnhardt schon arbeiten war [phon.] und Mundlos im Ilmenau-Kolleg.“ Götzl fragt nach dem Grund dafür. Wohlleben: „Mir ist kein Grund erinnerlich, ich habe nur noch im Kopf, dass ich viel Zeit mit Beate verbracht habe, und dass wir dann halt viel gesprochen haben.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Ich kann zu dem Thema vielleicht noch was sagen: Es gab bei Beate im Haus [phon.] ein Mädchen, den Namen weiß ich nicht mehr, die wollte was von mir, aber ich nicht von ihr. Beate meinte, dass das Mädchen nicht so schlecht wäre für mich. Darum ging es viel.“

Götzl sagt, Wohlleben habe angegeben, Zschäpe sei mit Mundlos und mit Böhnhardt liiert gewesen und fragt nach der Zeit dazwischen. Wohlleben „Das erste Mal habe ich sie im Winzerclub kennengelernt, da war sie schon mit Uwe Böhnhardt zusammen. Kann sein, dass ich sie mit Mundlos auch schon früher mal auf Dorfdiskos gesehen habe. [phon.] Der Cousin von der Beate war ja auf den Dorfdiskos mit unterwegs, kann sein, dass Beate dort auch aufgetaucht ist.“ Götzl sagt, Wohlleben habe in Bezug auf die KS Jena davon gesprochen, dass diese „nicht unpolitisch“ gewesen sei, das sei eine Negativformulierung: „Was meinen Sie damit?“ Wohlleben: „Ich habe das deshalb erwähnt, weil ich mich an keine großartigen politischen Diskussionen erinnern kann. Ich will es nicht so hinstellen, dass es unpolitisch war, es war schon politisch. Aber ich habe keine Erinnerung, was wir für Flugblätter verteilt haben. Ich weiß, dass wir verteilt haben, aber was da genau drauf stand und von welcher Partei oder Organisation die waren, erinnere ich nicht. Aber ich würde André Kapke widersprechen, dass wir die zusammen geschrieben haben; an der Asservatenliste aus der Garage sieht man, dass das nichts geworden wäre, auch wegen Rechtschreibung und Grammatik. [phon.] Die Wurfschnippsel vom Riesenrad erinnere ich nur deshalb, weil ich noch nie gesehen habe, dass Menschen so dahin gesprungen sind. Die dachten vielleicht, dass es was umsonst gibt. Im Endeffekt stand nur drauf, dass wir den Jenensern und Jenaern ein schönes Weihnachtsfest wünschen.“

Götzl: „Tino Brandt, wann haben Sie den kennengelernt? Welche Rolle hatte der im Verhältnis zu Ihnen?“ Wohlleben: „Also, Tino Brandt muss ich bei dem Konzert in Rudolstadt kennengelernt haben. Ich weiß nur, dass wir auf diese Empore geführt worden sind, oben standen und irgendwann wieder nach Hause gefahren sind. Ich erinnere mich, dass das der ausschlaggebende Punkt gewesen ist, warum wir da immer nach Rudolstadt zu den Stammtischen gefahren sind. [phon.] Meine Beziehung? [phon.] Schwierig. [phon.] Er hat immer eher den Kontakt zu Kapke gesucht, das ist erstmal Fakt. Wir haben uns auch mal unterhalten, aber auch nicht so intensiv. Keine Ahnung, wie ich das beschreiben soll.“ Auf Nachfrage sagt Wohlleben: „Weil ich immer mit Kapke unterwegs war, habe ich Brandt schon öfter gesehen, aber nicht viel mit ihm geredet. [phon.] Und bei den Stammtischen war er auch nicht der, den man ansprechen konnte, weil er immer durch den Raum und von Tisch zu Tisch gehüpft ist.“

Götzl bittet Wohlleben Näheres zu den Gerüchten um Brandts V-Mann-Tätigkeit auszuführen. Wohlleben: „Es gab damals immer wieder Gerüchte, nicht nur Brandt, betrifft auch viele andere, dass gesagt wurde, der ist V-Mann. Ob es einen Grund gab, weiß ich nicht mehr. Ich weiß auch nicht, wer das gesagt hat. Es gab die Gerüchte, die aber nicht wahrgenommen wurden. Ich habe die schon wahrgenommen, aber nicht für ernst genommen. Ich konnte mir das bei Brandt am wenigsten vorstellen.“ Götzl: „Wenn Sie sagen, Sie hätten die Gerüchte nicht für ernst genommen: Durchgängig bis zur Enttarnung?“ Wohlleben: „Ja, ich habe das bis zum Schluss nicht geglaubt, dass der Brandt V-Mann war. Weil Brandt war schon jemand, der ziemlich engagiert war, dass sich was bewegt innerhalb der nationalen Szene. Das war für mich ein Grund: Warum soll der VS so was fördern oder steuern. Das einzige, was für mich Sinn machen würde: Man sieht es als ABM, das würde dem schon gleichkommen. [phon.]“ Götzl: „Zur Person Brandt; die Rolle, die er in Bezug auf den Nationalen Widerstand Jena gespielt hat. Sie hatten auch Ziele beschrieben: Volk steht im Vordergrund, Kultur des Volkes erhalten. Was ist damit gemeint?“ Wohlleben liest nochmal aus der Selbstdarstellung des NWJ vor [vgl. 251. Verhandlungstag]. Dann sagt er: „Da ist alles drin enthalten.“

Götzl fragt, was damit gemeint sei, dass man sich zur „jedem Teil unserer Geschichte“ bekenne. Wohlleben: „Dass ich mich nicht von irgendeinem Geschichtsteil abwende und sage, der muss jetzt verteufelt werden.“ Götzl: „Können Sie das konkretisieren?“ Wohlleben: „Das ist die Wahrnehmung, die man macht, dass man die deutsche Geschichte auf 12 Jahre reduziert, uns den NS-Staat anlastet. Es hat vorher hunderte, tausende Jahre Geschichte gegeben hat, die dieses Volk existiert, die dieses Volk ausmachen. [phon.]“ Götzl: „Wie stehen Sie zu den 12 Jahren?“ Wohlleben: „Wie gesagt, ich bin niemand, der die Geschichte auf die 12 Jahre reduziert, aber auch niemand, der sie verherrlicht. Ich beschäftige mich damit zwangsläufig, weil es immer wieder Thema ist, man wird ja immer wieder auf die 12 Jahre reduziert.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Aber ich bin auch der Meinung, dass die Aufarbeitung diesbezüglich relativ einseitig verläuft.“ Götzl: „Was meinen Sie?“ Wohlleben: „Dass man immer nur guckt, welche Schuld der Deutsche trägt, und nicht, welche Schuld der Amerikaner, der Engländer, der Franzose, der Pole [phon., Aufzählung evtl. unvollständig] bspw. trägt. Das sieht man, wenn man sich z. B. Beispiel Dresden ansieht, wo man meiner Meinung nach die Opferzahlen runter rechnet, von einem relativ hohen sechsstelligen Betrag auf einen niedrigen fünfstelligen.“

Götzl fragt nach Wohllebens Aussage, zur Mitgliederstruktur des NWJ sei es schwierig Angaben zu machen. Wohlleben: „Das ist das, was auch aus der Definition des NWJ hervorgeht, dass er sich nicht als Verein betrachtete, sondern als Zusammenschluss von Jugendlichen [phon.], die entweder der NPD zugehören oder damals den JN oder sich dem THS damals, der Sektion Jena, zugehörig verstanden. Es gab auch keine Kameradschaftstreffen oder irgendwas, die ich mit dem NWJ verbinde. Wobei man auch sagen muss, dass es auch eine reine, nicht reine, aber auch eine Vorsichtsmaßnahme ist, dass man sich nicht in Strukturen verfängt, die dann vom Staat wieder verboten werden können.“ Götzl: „Vorsichtsmaßnahme, nicht verboten werden können. Wer hat sich damit beschäftigt?“ Wohlleben: „Ich hatte den ersten Entwurf noch unter dem Namen KSJ gemacht. Dann kam aber Brandt und hat mit den Ordner ‚NWJ‘ zugewiesen, was ausgeschrieben ‚Nationaler Widerstand Jena‘ heißt. Für mich war der Name dann gegeben und ich habe dann auch gesehen, dass es sinnvoller ist so vorzugehen, weil man sich dann nicht Verbotsbemühungen aussetzt, die in Bezug auf den THS im Gespräch waren damals.“

Götzl: „Wenn wir weitergehen im Hinblick auf ihre Einlassung: THS, Sonntagstreffen.“ Götzl hält vor, dass Wohlleben davon gesprochen habe, dass dort besprochen worden sei, welche Gruppen, welche Aktivitäten man unterstützt, dass rechtliche Schritte besprochen worden seien. Götzl: „Von wem sprechen Sie da jetzt? Wer hat das besprochen?“ Wohlleben: „Ich erinnere personell den Tino Brandt, Mario Brehme, , , André Kapke, von Gera den . Den habe ich nicht immer in Erinnerung, aber ab und zu. Thüringen. Die Leute habe ich namentlich nicht unbedingt in Erinnerung. Also, ich habe es als Koordinierungstreffen empfunden.“ Götzl fragt nach Böhnhardt, Zschäpe, Mundlos, Gerlach. Wohlleben: „Ich habe keine Erinnerung, dass die da mit waren. Ich kann es nicht ausschließen, aber weiß ich nicht. [phon.] Man hat sich hingesetzt, eine Tasse Kaffee bestellt, meistens waren das Ausflugslokale in der Nähre von Rudolstadt [phon.], und da wurden dann halt die Sachen besprochen.“ Götzl: „Zur Reaktivierung des THS hatten Sie Mario Brehme erwähnt, 2005. Sie haben angegeben, dass Kapke und Sie das wegen der Verbotsgefahr abgelehnt hatten. Inwiefern spielen Sie da eine Rolle und inwiefern André Kapke und Mario Brehme?“ Wohlleben: „Ich habe das so in Erinnerung, dass Brehme die Koordinierungstreffen wieder reaktivieren wollte, obwohl wir in Thüringen ein Koordinierungstreffen hatten. Dass er das halt wieder unter THS machen wollte. [phon.] Er hatte, glaube ich, auch eine [phon.] THS-Adresse oder keine Ahnung. Er ist nicht an uns rangetreten, hat andere angeschrieben, wir haben das über andere erfahren; Brehme war vielen bekannt. [phon.] Dann haben wir das kommuniziert. [phon.] Er hatte auch noch einen Text ’10 Jahre THS‚ auf die NPD-Seite gesetzt. Wir haben uns bemüht das runterzunehmen, weil es nach wie vor Verbotsgründe gegeben hätte. Das hätte Leute betroffen, die gar nicht mehr politisch tätig waren.“

Es folgt eine Pause bis 11:21 Uhr. Danach sagt Wohlleben: „Bevor Sie fortfahren. Ich habe mir überlegt, doch was zu dem Punkt zu sagen bzgl. Austritt aus der NPD. Es hat den Hintergrund gehabt, dass ich die fehlende Solidarität kritisiert habe und dass sich daran aber auch nichts geändert hat. Das Wohn- und Schulungsobjekt wurde durchs Bauamt [phon.] gesperrt. Die Partei, die vorher unsere Infrastruktur genutzt hat, hat uns eben nicht geholfen. Deswegen habe ich gesagt, ich trete jetzt aus, weil ich die Solidarität vermisst habe, die ich erwartet hatte.“ Dann sagt Götzl, dass Wohlleben angegeben habe, er sei mit Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, Gerlach gemeinsam im Urlaub gewesen, einmal auch mit Kay St. in Tschechien: „Wann war das zeitlich, wie häufig und wohin sind Sie gefahren?“ Wohlleben: „Dadurch, dass ich ’97 relativ wenig Kontakt hatte, denke ich, zumindest der Ungarn-Urlaub war ’95, ’96 [phon.]. Ich vermute es. Und vorher waren wir ein paar Mal in der tschechischen Republik. Ich glaube, der Ort heißt Königsberg, in der Nähe von Eger. Das war so ein kleines Garni-Hotel. In dem Ort befand sich eine Diskothek, wo wir abends hin sind.“ Götzl fragt, wie viele Reisen es gewesen seien, Wohlleben: „Ich erinnere zwei. Und ein Silvesterabend, da waren welche aus Rostock dabei. Das erinnere ich aber nur, weil die Heizung kaputt war in deren Auto [phon.], und die Räucherkerzen [phon.] angemacht haben, um es warm zu bekommen. Völlig sinnlos eigentlich. Hat gut gerochen.“

Götzl: „Sie hatten das letzte Mal zum Thema Angaben gemacht, das sei eine Reaktion gewesen auf Journalisten, die nicht mehr berichteten. Was war denn die Erwartung?“ Wohlleben: „Also, ich habe das so in Erinnerung: Damals ist auch viel geschrieben worden. Es gab irgendwann die Absichtserklärung der Jenaer Journalisten, wir berichten gar nicht mehr drüber, ignorieren es. Das war meiner Meinung nach falsch. Wir haben auch immer ein Flugblatt bei denen bei der Redaktion eingeschmissen. Dann diese Absichtserklärung und für mich war es eine Trotzreaktion: Na, okay, dann machen wir halt eine Aktion, über die ihr auf jeden Fall berichten müsst.“ Götzl: „Wie kam es dazu, dass dieser Puppentorso aufgehängt wurde? Von wem ging die Initiative aus, wie war der Ablauf?“ Wohlleben: „Keine Erinnerung mehr. Ich weiß nur, dass ich gefragt wurde. Ich habe es erst abgelehnt, aber dann wurde gesagt: ‚Du kannst doch Schmiere stehen und du hast das Abhörgerät für die Polizei.‘ Das habe ich dann gemacht.“ Götzl:“ Wer hat das gefragt?“ Wohlleben: „Ja, einer der beiden Uwes wahrscheinlich. St. auf jeden Fall nicht und Frau Zschäpe kann ich auch ausschließen.“

Götzl fragt, wie da der Stand gewesen sei, wann Wohlleben damit befasst gewesen sei. Wohlleben: „Ich glaube; das war fertig geplant. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir besprochen haben, das machen wir so oder so. Ich kann mich nur erinnern, dass ich Schmiere stehen sollte und, wenn ein Alibi gebraucht wird, fürs Alibi zur Verfügung stehen.“ Götzl: „Wann ist über das Alibi gesprochen worden?“ Wohlleben: „Ich glaube, im Vorfeld schon, weil wir davon ausgehen mussten, vermute ich, dass so oder so auf die entsprechenden Leute zurückgegriffen wird. Oder dass, wenn ein Alibi gebraucht wird, ein Alibi da ist. [phon.] Ich glaube nicht, dass Uwe Böhnhardt gesagt hat, ich mache absichtlich einen Fingerabdruck drauf und dann habe ich ein Alibi. [phon.]“ Götzl fragt, was vorher besprochen worden sei und mit wem. Wohlleben: „Alle, die beteiligt waren.“ Götzl: „Das heißt?“ Wohlleben: „Alle die mit dem PKW nach Schwarzbach gefahren sind: Frau Zschäpe, Herr Mundlos, Herr Böhnhardt, St. und ich.“ Die Feier in Schwarzbach habe es tatsächlich gegeben, so Wohlleben: „Ich habe das so in Erinnerung, dass wir mit dem Auto der Eltern von Böhnhardt [phon.] zu der Geburtstagsfeier gefahren sind, dann nach Jena, dann kurz bei der Wohnung von Beate Zschäpe vorbei [phon.] und dann mit dem Auto von Mundlos zur Brücke und dann wurde halt die Puppe dort aufgehängt.“

Götzl: „Warum ist Frau Zschäpe nicht mitgefahren?“ Wohlleben: „Weil es keinen Sinn hätte. Welchen Auftrag hätte Frau Zschäpe übernehmen sollen? Der Kay St. hat schon nur Hütchen aufgestellt. Das hätte ich zur Not auch noch machen können. Also er war ja nur Alibizeuge und ist deswegen mitgekommen“ Götzl: „Sie haben keine Hütchen aufgestellt?“ Wohlleben: „Meiner Meinung nach stand ich mit dem Funkgerät da und habe aufgepasst, dass kein Auto kommt. Weil das aber eine Sackgasse war, war das eine einfache Aufgabe.“ Götzl sagt, dass St. angegeben habe, Wohlleben habe die Hütchen aufgestellt. Wohlleben: „Nee, da habe ich überhaupt gar keine Erinnerung dran. Ich stand, wie gesagt, am Auto, ich bin nicht auf der Brücke mit rumgesprungen.“

Götzl: „Zur Garage: Wie kam es dazu? Was wissen Sie über die Garage, die Anmietung, was dort gemacht wurde?“ Wohlleben: „Also meiner Meinung nach kam die Idee von Uwe Böhnhardt, dass man sich eine Garage besorgt, wenn bei Durchsuchungen wieder was beschlagnahmt wird. Das ist ja heute noch gängige Praxis, auch bei Nichtstrafbarem, dass da ganz viel beschlagnahmt wird. [phon.] Dann hieß es irgendwann, es gäbe eine Garage, ob ich was zu verstecken hätte. Ich habe gesagt: ‚Ich habe nichts, interessiert mich nicht.‘ Ich habe ja auch noch bei meinen Eltern gewohnt. Ich habe keinen Sinn drin gesehen. Wer die gemietet hat, wie das abgelaufen ist, weiß ich nicht. Ich war mindestens einmal da, vielleicht zweimal. Die Garagengemeinschaft hat eine Bühne gehabt für unters Auto. [phon.] Da habe ich mal mit Uwe Böhnhardt unter seinem Hyundai gelegen. Da war ich in der Garage, aber das war für mich eine ganz normale Garage und da hätte auch ein Auto reingepasst. [phon.] Ich habe das auch nicht gesehen, wie man das auf den Fotos bei der Durchsuchung sieht, dass da alles wild umeinander liegt.“ Götzl: „Wer war dabei, als sie da waren?“ Wohlleben: „Nur Uwe Böhnhardt und ich.“

Götzl: „Haben Sie Informationen in Bezug auf Frau Zschäpe und die Garage?“ Wohlleben: „Ich habe erst nach ’98 mitbekommen, dass Sie das gemietet hat. Es wurde ja dann gesagt, dass die Garage von Frau Zschäpe gemietet wurde.“ Götzl: „Sie hatten das letzte Mal auch gesagt, Stichwort Bombenattrappen am Theater, dass einer der Uwes das später erzählt hätte nach dem Untertauchen, dass das eine Provokation sein sollte. Was ist damit gemeint?“ Wohlleben: „Ich vermute, dass es nach Untertauchen war. Provokation halt. Erregt noch mehr Aufmerksamkeit. Wenn TNT drin ist, dann erregt man schon Aufmerksamkeit, egal welche Menge. [phon.] Man hat es erst zurückgehalten von Seiten der Polizei oder erst nicht wahrgenommen, aber dann war ja TNT drin, und dann wurde man schon aktiv.“ Götzl fragt, was Wohlleben erfahren habe. Wohlleben: „Nur, dass es ganz wenig TNT war, im Milligrammbereich, dass da nichts passieren konnte. Aber vielleicht habe ich das auch aus den Akten.“ Wohlleben sagt, er erinnere nur, dass darüber gesprochen worden sei, dass man damit eine größere Aufmerksamkeit erreichen könne. Götzl fragt, wann das gewesen sei. Wohlleben: „Ich vermute, nach dem Untertauchen.“ Götzl: „Haben Sie Weiteres von Uwe Böhnhardt erfahren? “ Wohlleben: „Nein. Es war ja das brisante Thema, die sind ja nicht wegen der Attrappen untergetaucht, sondern weil das TNT in der Garage gefunden wurde.“

Götzl: „Dann bei dem Thema Untertauchen: Mich würde interessieren, was Sie noch zur Abholung Ihres Autos sagen können.“ Wohlleben: „Gar nichts, wirklich gar nichts. Ich habe nur die Erinnerung, dass ich abends zu Helbig gefahren bin mit Juliane. [phon.] Ich weiß nicht wo, geschweige denn an wen das übergeben wurde. [phon.] Ich habe lange nachgedacht, aber überhaupt keine Erinnerung. Ich weiß, dass ich in der Berufsschule war, irgendwann in Jena war, danach keine Ahnung, und dann am nächsten Tag nach Erfurt gefahren bin mit dem PKW von Mundlos.“ Götzl fragt, wann Wohlleben den PKW erhalten habe. Wohlleben: „Ich weiß nicht, wie ich an den PKW von Mundlos gekommen bin, keine Ahnung, wirklich überhaupt nicht.“ Auf Frage, was das für ein Fahrzeug gewesen sei, sagt Wohlleben: „Ein Ford Escort.“ Götzl: „Wie kam es zur Übernachtung bei Helbig?“ Wohlleben: „Es war damals nicht unüblich, wenn eine Durchsuchung war, dass weitere Durchsuchungen am Folgetag bei anderen nachgeschoben wurden. Ich hatte immer mehrere Leute aus Jena und aus Gera im Auto und um da nicht aufzufallen, habe ich bei Helbig übernachtet, weil der in der Ecke gewohnt hat, da hat sich das angeboten. [phon.]“ Götzl fragt, wer bei Helbig gewesen sei. Wohlleben: „Die Juliane, ich, der Herr Helbig und seine Freundin.“

Götzl: „Wie ging es denn dann weiter?“ Wohlleben: „Naja, ich weiß, dass es dieses Telefonzellensystem gab. Das gab es vorher auch schon. Da wurde gesagt, Jena 4, 19 Uhr. Jena 4 war eine Telefonzelle, die vorher definiert war. Eine war am Maxx-Hotel, eine am ehemaligen Arbeitsamt, glaube ich. Da wurden Veranstaltungssachen [phon.] besprochen, die nicht über Funktelefone laufen sollten. Ich vermute, jemand hat mir bei der Abreise der Drei gesagt, wir telefonieren dann und dann Jena 4, oder so. [phon.] Es wurde eine Zeitverzögerung eingebaut, wenn es beim ersten Mal nicht klappt: Wenn 19 Uhr nicht, dann 19.30 Uhr oder 20 Uhr oder, wenn das nicht klappt, dann gar nicht. Das ist aber Spekulation, nur so, wie es früher halt gehandhabt wurde.“ Götzl fragt, wie viele Telefonzellen es gegeben habe. Wohlleben: „Ich erinnere nur Maxx-Hotel, Arbeitsamt, aber es waren mehr. Kaufhalle in Winzerla kam dazu, aber die hat nicht zu dem System gehört.“ Götzl fragt, wer dazu gehört habe. Wohlleben: „Die politisch Aktiven, die halt auch zu Veranstaltungen gefahren sind, zu Demos. Ich gehe davon aus, Mundlos und Böhnhardt, Kapke, logischerweise ich. Dann hört es wahrscheinlich auch schon auf.“ Götzl fragt, ob Zschäpe dazu gehört habe. Wohlleben sagt, er habe keine Erinnerung. Götzl: „Holger Gerlach?“ Wohlleben: „Keine Erinnerung. Aber bei ihm wäre es Quatsch gewesen, weil es das Telefonzellensystem erst, glaube ich, ’97 gab. Da war er schon nicht mehr da.“

Götzl fragt nach dem konkreten Ablauf: „Übernachtung bei Helbig, wie ging es am nächsten Tag weiter?“ Wohlleben: „Schwierig. Ich weiß, dass ich ganz normal zur Schule gefahren bin und habe dann irgendwann jedenfalls mal telefoniert. Kann auch sein, dass ich denen gesagt habe, der Helbig stellt sein Telefon zur Verfügung. Der war ja nicht auffällig, hat nur Zeit mit mir verbracht. [phon.] Kann sein, dass ich denen gesagt habe, der gibt sein Telefon, wenn was ist, hinterlasst eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. [phon.] Aber das ist alles Spekulation. Ich erinnere mich nur noch, dass ich dann irgendwann nach Chemnitz gefahren bin. Wir hatten ein paar Mal telefoniert. Aber ich wusste nicht, dass Helbig nach Chemnitz gefahren ist. Dass er was auf einem Autobahnrastplatz übergeben haben soll, weiß ich auch nicht mehr. Ich weiß nur, dass ich bei Frau Mundlos war, um ihr zu erklären, dass ihr Sohn verschwunden bleibt. Mit Frau Böhnhardt habe ich auch gesprochen, da habe ich eine Erinnerung dran. [phon.] Ich weiß gar nicht, ob jemand bei Beates Oma war. Kann sein, dass ich bei Beates Oma war, kann alles möglich sein.“ Götzl fragt, um was es gegangen sei, wenn Wohlleben sagt, es sei etwas organisiert [phon.] worden. Wohlleben: „Klamotten, Videorekorder, was man halt so braucht, wenn man weg ist. Ich weiß gar nicht, ob da gleich am Anfang Auslandspläne geschmiedet wurden oder wie das gelaufen ist. Ich weiß nur, dass irgendwann gesagt wurde, die wollen ins Ausland, und dann wurde sich um irgendwelche Auslandskontakte bemüht.“

Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Ich weiß auf jeden Fall, dass ich am Anfang nicht nur mit Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos telefoniert habe, sondern dass definitiv eine andere, unbekannte Person dabei war.“ Götzl: Was können Sie dazu sagen?“ Wohlleben: „Ich weiß nur, dass es eine unbekannte Person war, die gesagt hat: ‚Ich rufe im Auftrag der Uwes an, die brauchen das und das.‘ Aber mehr weiß ich dazu nicht. Ich weiß nur, dass ich kein Gesicht dazu hatte.“ Götzl fragt, warum Wohlleben denn nicht misstrauisch geworden sei, wenn da eine unbekannte Person anruft. Wohlleben: „Also, ich weiß nicht, aber es ist ja nun mal so, wenn jemand auf einer Telefonzelle anruft, kann es nur jemand Eingeweihtes sein. Ich bin noch nie an einer Zelle vorbei gelaufen, die dann klingelt plötzlich. [phon.]“ Götzl: „Wie lief das ab mit der unbekannten Person?“ Wohlleben: „Ich vermute, dass er gesagt hat: ‚Ich rufe im Auftrag der Uwes oder drei Drei an, die brauchen das und das.'“ Aber was es genau gewesen sei, wisse er nicht mehr, vielleicht noch, ob er zu den Eltern gehen könne.

Götzl: „Und wie kam es zu dem Anruf? “ Wohlleben: „Das muss vorher ausgemacht gewesen sein, also z. B. Montag 19 Uhr Telefonzelle, was weiß ich, 4 oder 5. Dann wurde angerufen, manchmal habe ich zurückgerufen auch. Das ist alles nur noch konfus vorhanden. Irgendwann hat sich das gebessert, dass ich nur auf Handy angerufen habe. [phon.] Dann gab es eine Nachricht übers Handy, wir telefonieren Mittwoch um 19 Uhr, und die haben die Nummer von der Telefonzelle genannt, wo sie stehen, und dann habe ich da angerufen, damit es halt günstiger wird. [phon.]“ Götzl: „Welche Rolle spielte jetzt Helbig, können Sie das zusammenfassend darstellen?“ Wohlleben: „Schwer zu sagen. Ich glaube, eine Telefonzelle aus dem System, die wir benutzt haben, war direkt in der Nähe von der Wohnung, Eigentumswohnung in Jena-Ost [phon.], da stand eine Zelle, glaube ich, um die Ecke. Ich glaube, er hat da mal telefoniert. [phon.] Am Anfang auch den Anrufbeantworter benutzt [phon.], später nur noch über Telefonzellen und irgendwann war der Helbig dann raus. Aber ich verbinde das auch mit nichts, dass er dann raus war, aber er war raus.“ Götzl fragt, ob Wohlleben einen Grund dafür nennen könne. Wohlleben: „Nein, ich verbinde das mit nichts. Und bei Helbig war es tatsächlich so, er hat ja – weiß nicht, ob direkt an dem Abend, wo ich bei ihm geschlafen habe, aber irgendwann – gesagt: ‚Wenn du was brauchst, frag mich.‘ Ich musste nicht bitten und betteln, er hat das von sich aus gemacht, hat sich mit Böhnhardt auch freundschaftlich verbunden gefühlt. [phon.]“

Götzl: „Ja, jetzt hatten Sie angesprochen, diese Fahrt nach Chemnitz, die Sie gemacht haben. Was war denn da vereinbart worden?“ Wohlleben: „Ich habe da relativ wenige Erinnerungen. Ich weiß, dass ich an die Tankstelle rangefahren bin. Was vorher vereinbart wurde, weiß ich nicht. Ich bin zur Tankstelle, die linker Hand an der Autobahn lag. Ich habe nicht direkt an der Tankstelle geparkt [phon.] und dann in der Tankstelle gewartet. Dann kam der Typ rein, hat mich angesprochen, ich glaube, mit Vornamen. Vielleicht hatten wir auch ein Codewort ausgemacht, kann sein. Dann sind wir in sein Auto eingestiegen, ein VW Polo. Bin ich auch gefahren später, so ein Fahrzeug. Und dann sind wir nach Chemnitz in die Altbauwohnung gefahren. Und dann kam halt dieser Kommentar, dass mein Auto ja wieder fährt.“ Götzl fragt, was der Grund für die Fahrt nach Chemnitz gewesen sei. Wohlleben: „Ich vermute, dass ich irgendwelche Sachen mitgenommen habe, aber wie gesagt: Vermutung. Vielleicht auch nur Treffen, dass man sich wiedersieht oder irgendwelche Sachen bespricht. Aber da kann ich nur spekulieren dazu.“

Götzl: „In welcher Verfassung waren die Personen, die Sie getroffen haben?“ Wohlleben: „Ich habe keine Feststellungen gemacht, die mir jetzt erinnerlich wären. Ich war natürlich ein bisschen angespannt, weil ich dachte, evtl. habe ich jemanden mitgebracht, der nicht mitkommen sollte. Das war das Hauptaugenmerk, wo ich drauf geachtet habe, dass man alleine hinfährt. Und dann erinnere ich nur noch, ich bin durch ein größeres Zimmer durchgegangen in so ein Schlauchzimmer, da standen zwei oder drei Liegen, und das muss wohl das Quartier gewesen sein.“ Götzl fragt, ob Wohlleben etwas dazu sagen könne, wo die Wohnung gewesen sei. Wohlleben: „Ich kenne mich in Chemnitz auch überhaupt nicht aus, dass ich da irgendwas sagen kann.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Ich habe bei den Wohnungen geguckt, die Aktenbestandteil sind, aber die entsprechen nicht der Wohnung, die Lagepläne. Aber es sind auch nicht bei allen Lagepläne drin, kann sein, dass es eine der bekannten Wohnungen war.“ Götzl: „Habe ich richtig verstanden, dass Sie mit Ihrem reparierten Fahrzeug dorthin gefahren sind?“ Wohlleben: „Genau, da hat mich ja auch der Typ mit dem Polo drauf angesprochen, dass mein Fahrzeug wieder fährt. Weil, wie gesagt, ich hatte mein Auto auch nicht an der Tankstelle geparkt, sondern ein Stückchen weiter weg. [phon.]“

Götzl fragt, ob sich die Person, die Wohlleben abgeholt habe, vorgestellt habe oder ihm in der Wohnung vorgestellt worden sei. Wohlleben: „Gar nicht. Ich habe die, die als Zeugen geladen waren, geguckt, ob da jemand dabei war, aber nee. Ich habe auch bei den Fotos in den Akten geschaut, aber keinen erkannt. Ich habe aber auch nichts in Erinnerung, was wahnsinnig prägnant gewesen wäre. Er hatte halt Glatze, aber das war jetzt in Chemnitz wahrscheinlich nichts Außergewöhnliches.“ Götzl: „Wie lange haben Sie sich in Chemnitz aufgehalten?“ Wohlleben: „Keine Erinnerung, an die zeitliche Abfolge überhaupt. Ich weiß, dass ich Angst hatte, jemanden mitgebracht zu haben. Da war der Hauptfokus drauf. Kann lang, kann kurz gewesen sein, keine Erinnerung. Ich habe auf jeden Fall nicht dort geschlafen, das kann ich eingrenzen [phon.].“ Götzl fragt nach dem Gesprächsinhalt, ob gesagt wurde, wie es ihnen geht, ob sie Erwartungen haben, ob es Aufträge gab. Wohlleben: „Mit Sicherheit, aber ich habe da keine Erinnerung dran.“ Götzl: „Wie ging es denn jetzt weiter bezogen auf Frau Zschäpe, Herrn Böhnhardt, Herrn Mundlos und Sie?“ Wohlleben: „Irgendwann muss das dann gewechselt haben mit dem Telefonkontakt, dass den Carsten Schultze übernommen hat. Aber ich habe auch an das Ansprechen keine Erinnerung mit André Kapke. Das ist irgendwie nicht präsent. Wobei sich mir die Frage stellt, ob ich ihn mit Kapke angesprochen habe, weil der relativ schnell raus war. [phon.] Ist aber alles nur Vermutung.“

Götzl: „Wie viele Treffen gab es mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe?“ Wohlleben: „Drei Stück. Nach dem Untertauchen.“ Götzl: „Bezogen jetzt auf die Person Helbigs: War denn in Bezug auf Helbig die Rede davon, ob er eine Waffe zu den Dreien transportieren sollte oder hat?“ Wohlleben: „Nie.“ Er habe erst im Zuge der Ermittlungen erfahren, so Wohlleben, dass Helbig vermutet, dass er eine Waffe transportiert hat: „Wo soll die hergekommen sein, von der Frau Böhnhardt? Nee, eher nicht. Er hat meistens die Sachen von den Eltern gefahren. [phon.]“ Wohlleben sagt, er könne sich nur an das Zip-Laufwerk erinnern, das sei der einzige Gegenstand, wo er, Wohlleben, sagen würde, Helbig hat was Hartes transportiert. Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Zumal der Wunsch nach der Waffe von dem Uwe Böhnhardt, der kam auch erst, wo Helbig nicht mehr mitgemacht hat, da wurde erst der Wunsch nach dieser Waffe geäußert.“ Götzl: „Dieses erste Treffen, wann würden Sie das zeitlich einordnen?“ Wohlleben: „Ich glaube, ich hatte ja geschrieben, der 30. März. [phon.] Das muss irgendwann zwischen März und Mai gewesen sein, zwischen 3. März und 1. Mai ’98. Das weiß ich, weil ich den Glatzkopf auf der 1.-Mai-Demonstration in Leipzig wiedergesehen hatte, zumindest habe ich geglaubt, dass er das war. Ich habe ihn nicht angesprochen, nur eine Person gesehen, die der Person ähnlich sah.“ Götzl: „Sie haben ihn nicht angesprochen?“ Wohlleben sagt, es sei eine Demonstration gewesen oder, besser gesagt, eine Kundgebung: „Der stand da in so einem Trupp drin. Ich habe ihn nur gesehen. Es gab keinen Anlass nochmal hinzugehen. War ja auch mächtig viel Polizei dort.“ Götzl legt die Mittagspause ein

Um 13:17 Uhr geht es weiter. Götzl: „Sie hatten gesagt, drei persönliche Treffen gab es, haben Sie gesagt. Dann würden wir jetzt zum zweiten Treffen kommen. Anfang ’99, ist das dieses zweite Treffen?“ Wohlleben nickt. Götzl: „Ja? Was war denn der Zweck dieses Treffens?“ Wohlleben: „Ich weiß gar nicht, habe ich Anfang ’99 gesagt?“ Götzl: „Hatte ich so verstanden.“ Wohlleben: „Ah ja, muss so Anfang ’99 gewesen sein. Es ging um die Vollmachten, definitiv um die von Zschäpe, wobei ich nicht ausschließen kann, dass ich auch eine für Böhnhardt und Mundlos bekommen habe. Es war die Idee [phon.], dass man sich evtl. doch den Strafvollstreckungsbehörden stellt und, ja, dazu sollte das dienen.“ Götzl: „War das im Vorfeld bereits besprochen, bevor Sie hingefahren sind?“ Wohlleben: „Ich gehe davon aus und ich gehe auch davon aus, dass ich Vollmachten dabei hatte, die dann unterschrieben werden, oder ich habe sie da gekriegt [phon.]. Das ist aber Spekulation, ich habe nichts, woran ich das festmachen könnte.“ Götzl: „Was war der Hintergrund der Unterzeichnung der Vollmachten, welche Infos hatten Sie?“ Wohlleben: „Ist auch wieder ein Ausgehen. Also ich gehe davon aus, dass abgesprochen war, dass Frau Zschäpe von Dr. Eisenecker vertreten wird. Der Böhnhardt wird sich entschieden haben, bei seinem Anwalt Thaut zu bleiben, davon gehe ich aus. Und bei Mundlos weiß ich nicht, wie das war [phon.]. Das ist auch nur eine Vermutung, dass ich die Vollmacht von Frau Zschäpe zu Dr. Eisenecker gebracht habe. Ich weiß nur, dass ich bei Dr. Eisenecker war und das Gespräch fast ausschließlich um die Drei ging und um eine Strafsache von mir nebenbei.“

Götzl fragt, worum es inhaltlich konkret gegangen sei in Bezug auf die Drei. Wohlleben: „Ob er überhaupt erstmal bereit ist, die anwaltliche Vertretung zu übernehmen, und wie das dann alles gehandhabt wird mit dem Kontakt [phon.]. Aber das ist auch wieder nur eine Spekulation. Was ich erinnere, das hatte ich ja schon gesagt, das ist dieser komische Stein, der da im Flur lag. Dieser Findling. Das ist das einzige, was ich wirklich erinnere von dem Gespräch. Und auch nur, dass es so außergewöhnlich ist; ich wusste nicht, dass es bei einem Findling eine Stelle gibt, die man treffen muss, dass er auseinanderfällt. [phon.]“ Götzl: „Wie lief denn jetzt dieses Treffen ab: Zeitpunkt, Örtlichkeit des Treffens?“ Wohlleben: „Ich habe gerade unten in der Wartezelle nochmal überlegt. Ich glaube mich zu erinnern, dass es drei verschiedene Treffpunkte gab, die vorher schon abgesprochen waren. 1, 2 und 3; eins war auf jeden Fall eine Tankstelle. [phon.] Ich gehe davon aus, dass mir ein Treffpunkt gesagt wurde und dass ich abgeholt wurde von einem der Uwes [phon.] und ich zum eigentlichen Treffpunkt gebracht wurde [phon.]. Ich weiß nur noch, dass es ein Einkaufszentrum war, kein großes Gebäude [phon.], in L-Form. Außen ging es zu den Geschäften so Stahltreppen hoch. Da in der Nähe gab es einen Park mit Spielgeräten für Kinder oder Erwachsene auch [phon.], und dann habe ich noch einen Tunnel in Erinnerung.“

Götzl: „Wie lief das Treffen ab?“ Wohlleben: „Es gab Gespräche, aber die Inhalte habe ich jetzt auch wieder nicht präsent. Das einzige, was ich in Erinnerung habe, ist dieser doch recht ungewöhnliche Wunsch von Herrn Böhnhardt.“ Götzl: „Sie hatten angegeben, dass von einem deutschen Fabrikat die Rede war. Hat Böhnhardt das erläutert, warum das wesentlich gewesen wäre?“ Wohlleben: „Nein, ich habe ihm sofort mitgeteilt, dass ich von solchen Sachen keine Ahnung habe. Mir hätte man auch eine Schreckschusswaffe verkaufen können. Da hat er gesagt: Mach dir keinen Gedanken, guck halt, dass es ein deutsches Fabrikat ist. Und dass es eine Pistole sein sollte, kein Revolver, warum auch immer. Und dass man es zur Not, falls das Ding nichts taugt, weil ich keine Ahnung habe, dass man es weiter verkaufen kann. Da wurde gesagt: Können wir zur Not ja noch weiterverkaufen. [phon.] Wobei ich jetzt nicht weiß, ob er da in der Wir-Form gesprochen hat.“

Götzl: „Sie schilderten das als Gespräch mit Uwe Böhnhardt. Waren die anderen beiden zugegen?“ Wohlleben: „Nee, das war ein separat geführtes Gespräch. Wie wir uns von der Gruppe getrennt haben, da habe ich auch wieder keine Erinnerung dran. Ich weiß noch, dass ich mit Böhnhardt alleine stand. Es war aber jetzt auch nichts Außergewöhnliches. Man ist mal Spazieren gegangen in dem Park. Ich weiß auch, dass ich mal mit Beate alleine gesprochen habe. Aber Gesprächsinhalte sind mir auch nicht erinnerlich. Wahrscheinlich werde ich sie gefragt haben, wie es ihr geht, solche Sachen halt.“ Götzl sagt zur Finanzierung der Waffe habe Wohlleben angegeben, Böhnhardt habe gesagt, er solle bei Brandt nachfragen. Wohlleben: „Genau. Nicht, ich krieg‘ das Geld von Brandt, sondern es war mehr so ein Beisatz: ‚Frag doch mal bei Brandt nach.'“ [phon.] Götzl: „War denn von einem Betrag die Rede?“ Wohlleben: „Ich weiß es nicht, ob das eingegrenzt wurde, aber ich vermute es. Inwieweit das eingegrenzt war, weiß ich nicht. Götzl: „Ja, ist denn das mit dem Nachfragen bei Brandt hinterfragt worden von Ihnen oder erläutert worden von Uwe Böhnhardt?“ Wohlleben: „Ich wusste ja, dass Brandt über Geld verfügt ständig. Er hat ja auch für Kapke Geldstrafen bezahlt. Das klang für mich logisch, das hat keine Nachfragen hervorgerufen. Die Waffe schon eher, ja.“

Götzl hält vor, dass Wohlleben zu der Nachfrage, warum Böhnhardt die Waffe benötige, angegeben habe, dass Böhnhardt gesagt habe, dass er nicht mehr in Haft gehe und falls er verhaftet werde, erschieße er sich. Götzl fragt, ob Wohlleben dazu Näheres ausführen könne. Wohlleben: „Ich habe es nur so in Erinnerung. Ich weiß nicht, ob ich direkt nachgefragt habe oder mich gefragt habe: Was will er jetzt mit einer Waffe? [phon.] Ich weiß nur, im weiteren Verlauf des Gesprächs hat er gesagt, dass er sich nicht der Polizei stellen würde, dass er sich lieber erschießen würde.“ Götzl: „Ist denn damals darüber gesprochen worden, welche Haftstrafen möglicherweise zu erwarten wären?“ Wohlleben: „Ich habe es in den Akten gelesen, aber eine eigene Erinnerung habe ich nicht. Ist aber gut möglich, dass drüber gesprochen wurde.“ Götzl: „Auch zu anderen Zeitpunkten oder mal am Telefon?“ [phon.] Wohlleben: „Ich selber habe keine Erinnerung, habe es nur in den Akten wiedergefunden. Ich kann aber nicht ausschließen, dass man darüber gesprochen hat. Ich gehe auch davon aus. Es kann auch sein, dass ich den Dr. Eisenecker gefragt habe und er mir eine Zahl genannt hat [phon.]. Ich habe aber keine Erinnerung daran.“ Götzl fragt, wie Eisenecker das eingeordnet habe, welche Strafe im Raum stand. Wohlleben sagt, er habe an das Gespräch mit Dr. Eisenecker inhaltlich keine Erinnerung. [phon.]

Götzl: „Wie sind Sie denn dann nach diesem Treffen oder bei diesen Treffen verblieben, was diese Waffe anbelangt?“ Wohlleben: „Ich habe gesagt, ich gucke, was sich machen lässt, und dann war das eigentlich soweit gut. So hinhalten war damals übrigens eine gängige Taktik von mir, dass ich die hingehalten habe. Das war mit dem Motorrad genau das Gleiche.“ Götzl: „War da von einem Zeitrahmen die Rede?“ Wohlleben: „Nein, es war der Wunsch nach der Waffe und da wurde nicht gesagt: ‚Ich brauche die die nächste Woche‘, ‚Ich brauche die in drei Monaten‘.“ Götzl: „Haben Sie dann etwas unternommen zur Besorgung einer Waffe?“ Wohlleben: „Nee, gar nichts. Der einzige Ansprechpartner wäre Tino Brandt gewesen und wenn ich den gefragt hätte, wüssten wir es jetzt.“ Götzl: „Haben Sie mal mit ihm darüber gesprochen?“ Wohlleben: „Nein, für mich war dann klar: Ich will keine Waffe besorgen. Am Anfang dachte ich, der Böhnhardt redet jetzt nur, der erschießt sich nicht. [phon.] Aber auf der Heimfahrt ist mir dann schon eingefallen: Dreieinhalb Jahre Haft und dann kam ja noch das dazu [phon.]. Das klang plausibel für mich. Und da war für mich klar, dass ich mich an keiner Waffenbeschaffung beteiligen möchte.“

Götzl: „Sie sagten, dass Herr Schultze den Telefonkontakt ab einem bestimmten Zeitpunkt übernahm. Wie war das damals zum Zeitpunkt des Besuchs?“ Wohlleben: „Ich vermute, dass Carsten Schultze die Telefonate damals schon führte, aus dem Grund, dass er auch mit zum Dr. Eisenecker gefahren ist. Er war schon eingebunden in die Geschichten [phon.] und aus dem Grund gehe ich davon aus, dass er da schon den Kontakt gehalten hat.“ Götzl: „Sind Sie von Uwe Böhnhardt oder auch von Uwe Mundlos oder Beate Zschäpe nochmal auf das Besorgen der Waffe angesprochen worden?“ Wohlleben: „Telefonisch ja, ob sich was ergeben hätte. Deswegen bin ich auch der Meinung, dass Carsten Schultze wusste, dass ich den Auftrag hatte und es bis dato nicht gemacht hatte.“ Götzl: „Von wem?“ [phon.] Wohlleben: „Von einem der beiden Uwes, vermutlich Böhnhardt. Da wurde nachgefragt: Und, hat sich schon was ergeben? Und da war die Standardantwort halt: Nein.“ Götzl: „Ist die Art und Weise, wie die Waffe besorgt werden könnte, angesprochen worden von Uwe Böhnhardt?“ Wohlleben: „Nee, da ist gesagt worden: ‚Kümmer dich drum‘, nicht: ‚Fahr zu dem und dem‘.“ Götzl fragt, ob Wohlleben das thematisiert habe. Wohlleben: „Nee. Ich habe irgendwann gesagt, ich habe jemand an der Hand oder so, und habe da irgendwelchen Kakao erzählt, um die halt hinzuhalten.“ Götzl: „Was haben Sie erzählt?“ Wohlleben: „Weiß nicht mehr. Die fragen ja schon nach, aber ich erinnere mich jetzt nicht, dass sie gesagt haben: Frag‘ mal den.“ [phon.]

Götzl: „Wie ging die Sache – Thema Waffe – weiter. Inwiefern kommt auch Herr Schultze in die Geschichte mit der Waffe?“ Wohlleben: „Irgendwann kam dann Carsten Schultze und sagte mir, dass er jetzt auch den Auftrag hat, eine Waffe zu besorgen. Weiß nicht, ob das sogar zwei Telefonate waren, eins mit Carsten und eins mit mir, oder dass es ein Telefonat war und ich war dabei. [phon.] Ich habe gesagt: Wenn ich schon keine besorgen kann, wie soll es Schultz [phon.] dann schaffen? Und einer der beiden Uwes sagte dann, er soll es mal beim Schultz im probieren. [phon.] Aber es klang nicht so, als ob sie wüssten, dass es da welche gibt. [phon.]. Aber ich erinnere nicht, dass der Schultze mir gesagt hätte, wie das im Einzelnen war, [phon.] Aber kann sein, dass ich gesagt habe: Geh zum Schultz. [phon.] Wie gesagt, das ist relativ schwierig, das konkret wiederzugeben. Aber ich bin definitiv nicht mitgegangen zum Schultz. Es kann sein, dass ich gesagt habe: ‚Sag, du kommst von mir, falls der komische Fragen stellt.‘ Das kann sein. Aber nicht, dass ich gesagt hätte, ich komme mit, oder so oder da im Detail noch was gesagt hätte. [phon.] Falls ich Schultze und Schultz durcheinanderbringe, einfach nochmal nachfragen.“

Götzl: „Haben Sie mit Carsten Schultze darüber gesprochen, dass Sie schon Kontakt hatten insofern und Uwe Böhnhardt das Thema schon an Sie herangetragen hatte?“ Wohlleben: „Ich gehe davon aus, dass Carsten Schultze wusste, dass ich eine Waffe besorgen sollte. In einem Telefonat muss das mal abgefragt worden sein, ob ich jetzt schon was erreicht hätte. Der muss positive Kenntnis davon gehabt haben. Deswegen wusste ich jetzt nicht, wie sie darauf kamen, dass sie ihn jetzt einbinden. Keine Ahnung.“ Götzl: „Wann ordnen Sie das zeitlich ein, dieses Telefonat mit Ihnen und Carsten Schultze?“ Wohlleben: „Ich habe da keinen Anker, wo ich sagen kann, das war der und der Zeitpunkt, nein.“ Götzl fragt nach einer Größenordnung, einem Jahr. Wohlleben: „Müsste ich auch spekulieren. Ich habe auf jeden Fall schon in Winzerla gewohnt, aber gut, das ist jetzt kein Anhaltspunkt, das habe ich seit ’99.“ Götzl: „Haben Sie mit Carsten Schultze über die Finanzierung der Waffe gesprochen?“ Wohlleben: „Nein, mir ist nichts erinnerlich. Mir ist auch nicht erinnerlich, dass ich Geld gegeben habe. Mir ist auch nicht klar, wo ich das Geld hätte her haben sollen. Auf dem Konto hatte ich es definitiv nicht.“

Götzl: „Haben Sie Kenntnisse, wie die Waffe finanziert wurde?“ Wohlleben: „Nein, ich kann da nur vermuten, und die Vermutung habe ich schon geäußert.“ Götzl: „Was ist Grundlage der Vermutung?“ Wohlleben: „Erst dieses Ansprechen von Uwe Böhnhardt, dass ich halt zu Brandt gehen soll. Und dann diese Bitte von Rechtsanwalt Jauch, dass er bitte Brandt als Zeugenbeistand beigeordnet wird, was in den Gerichtsakten ist. Wo also wohl eine Beihilfehandlung in Betracht kommt. Ich habe mir die Quelle sogar aufgeschrieben, die Fundstelle besser gesagt.“ Wohlleben sucht die Fundstelle und sagt dann: „SAO 616, Seite 7341.“ Götzl: „Sie schilderten dann, dass Carsten Schultze mit der Waffe zu Ihnen kam und sie Ihnen auch gezeigt hat. Wie viel Zeit ist da vergangen?“ Wohlleben: „Auch ganz schwer, da habe ich auch keine Erinnerung. Da fehlen halt auch immer die Ankerpunkte, dass man das zeitlich einordnen kann.“ Götzl: „Was haben Sie denn jetzt hinsichtlich der Vorgehensweise von Carsten Schultze erfahren? Haben Sie Informationen bekommen hinsichtlich des Besorgens, bevor er mit der Waffe bei Ihnen war?“ Wohlleben: „Ich kann nur vermuten dass er mir zwischendurch gesagt hat, er ist jetzt so und so weit, aber das ist nur eine Vermutung. Ich habe da kein festes Erinnern. Ich weiß hundertprozentig sicher, dass wir solche Sachen nie in meiner Wohnung besprochen haben. Das habe ich in Göschwitz so gemacht und auch in Winzerla. Denn ich bin von einer permanenten Überwachung ausgegangen und ich habe aufgrund der Erfahrungen in der DDR gedacht, dass solche Sachen in der BRD natürlich genauso möglich sind. Und hinter meinem Haus war ein Schulgebäude, da wäre es leicht gewesen, mich optisch und akustisch zu überwachen.“ Götzl: „Und die Gespräche mit Carsten Schultze, wo fanden die statt?“ Wohlleben: „Die haben nie in meiner Wohnung stattgefunden, dann sind wir spazieren gegangen, ohne Funktelefone, meistens auf einer Wiese oder irgendwas.“

Götzl: „In dem Zusammenhang eine Nachfrage zu : War denn jemals im Vorfeld die Rede davon, dass bei ihm Waffen zu bekommen sind?“ Wohlleben: „Nee, ich bin auch der Meinung, dass Mundlos und Böhnhardt nicht wussten, dass es da was gibt. Ich gehe davon aus, dass die Carsten da blindlings losgeschickt haben oder mir das gesagt haben. Ich hatte auch mit dem Madleys nichts zu tun, ich habe da vielleicht ein oder zwei Mal was gekauft, aber ich weiß nicht was.“ Götzl: „Wie kommen Sie zu der Meinung, dass Mundlos und Böhnhardt auch nicht wussten, dass es da Waffen gibt?“ Wohlleben: „Aufgrund des Telefonats: ‚Dann soll er’s halt beim Schultz probieren.‘ [phon.] Ich habe das so verworren im Hinterkopf [phon.]. Das klang halt nicht so, als ob die das jetzt wussten. Dass es mehr so ein Versuch ist, so ein Rettungsanker: ‚Dann probier’s halt dort.'“ Götzl bittet Wohlleben, die Situation als Carsten Schultze zu Wohlleben gekommen sei mit der Waffe, konkret zu schildern. Wohlleben: „Also, ich weiß, dass ich definitiv nicht darüber erfreut war, dass er mit dem Ding plötzlich da stand. Ich weiß auch nicht, ob [phon.] was gesprochen wurde. Ich weiß nicht mal, wer das Gerät letztlich ausgepackt hat. Es war definitiv nicht in meinem Arbeitszimmer, das war auch nicht so eingerichtet, wie er das beschreibt. Zum anderen war diese Essecke so ein toter Winkel in der Wohnung. Da stand ein Tisch, da hätte man was ablegen können. [phon.] Und da wurde halt diese Waffe ausgepackt, aber wer sie ausgepackt hat, weiß ich nicht. Das kann ich gewesen sein, das kann Carsten Schultze gewesen sein. Was ich auch noch weiß, ist, dass ich überrascht war, dass dieser Schalldämpfer dabei war. Und dann, vermutlich aus der Überraschung heraus, habe ich das Ding genommen und drauf geschraubt, einfach um zu gucken, wie das Ding dann aussieht. Ich habe mir auch die Waffe nicht näher angeguckt, weil ich damit hätte eh nichts näher anfangen können.“

Götzl: „Sie hatten angegeben, Sie hätten keine Handschuhe angehabt.“ Wohlleben: „Nee, die hätte ich ja erst holen müssen.“ Götzl fragt, ob da Überlegungen hinsichtlich Fingerabdrücken eine Rolle gespielt hätten. Wohlleben: „Ich habe in Erinnerung, dass die Waffe in einem Tuch eingepackt war, da hätten sich Fingerabdrücke sowieso erledigt gehabt.“ Götzl: „Haben Sie die Waffe angefasst?“ Wohlleben: „Ja, ich habe die angefasst, ich habe ja den Schalldämpfer aufgeschraubt.“ Götzl: „War vorher mal zwischen Ihnen, Carsten Schultze, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos mal die Rede von einem Schalldämpfer?“ Wohlleben: „Nein, wie gesagt, ich war überrascht, dass der Schalldämpfer dabei war. Ich habe das auch so in Erinnerung, wie es Carsten Schultze hier gesagt hat, das war einfach so dabei. Er bezeichnet es als Gimnick [sic!], wie ein Leuchtspuraufsatz bei einer Schreckschusspistole. [phon.] Heute würde ich anders denken, aber damals habe ich mir gar keine Gedanken dazu gemacht. [phon.]“ Götzl: „Haben Sie bei der Gelegenheit mit Carsten Schultze über den Schalldämpfer gesprochen?“ Wohlleben: „Nee, wir haben in der Wohnung gar nichts gesprochen. Ich habe auch kein Gespräch in Erinnerung. Auch im Nachgang nicht.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Das einzige Gespräch,was ich noch in Erinnerung habe, ist das Gespräch, wo es telefonisch die Beschwerde gab, dass die Waffe ‚Schrott‘ wäre. Und es kann sein, dass ich mit Carsten besprochen habe, dass die sich jetzt noch aufregen würden, dass die Waffe nicht funktionieren würde. Kann auch sein, dass ich das von Carsten habe. [phon.]“ Götzl fragt, was mit „Schrott“ gemeint sei. Wohlleben: „Wahrscheinlich hat sie nicht funktioniert.“ Götzl: „Wann war denn dieses Gespräch, die Waffe sei Schrott?“ Wohlleben: „Das ist wieder schwer einzuordnen. Ich weiß nicht, ob Carsten mir das gesagt hat, oder ich das Gespräch hatte. Irgendwann kurze Zeit später war das Thema, dass das Ding nichts taugt.“

Götzl: „Ist bei der Situation in der Wohnung oder danach im Gespräch mit Carsten Schultze die Rede davon gewesen, was mit der Waffe geschieht?“ Wohlleben: „Wie, ‚was mit der Waffe geschieht‘? Wofür die verwendet wird?“ Götzl: „Nein. Was Carsten Schultze mit dieser Waffe macht.“ Wohlleben: „Ich gehe davon aus, dass er die mit nach Hause nimmt und dann telefonisch ausgemacht wird, dass er das Ding nach Chemnitz bringt.“ [phon.] Götzl: „Haben Sie Informationen dazu?“ Wohlleben: „Nein, aber ist für mich die logische Abfolge.“ Götzl: „Ist zu irgendeinem Zeitpunkt von Seiten Carsten Schultzes die Rede davon gewesen, wie die Waffe jetzt bezahlt wurde?“ Wohlleben: „Nee, ich habe da keine Erinnerung dran.“ Götzl: „Hat Carsten Schultze Ihnen gegenüber etwas gesagt, ob er Geld von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe bekommen hat?“ Wohlleben: „Ich weiß, wo er dann nicht mehr telefoniert hat, hat er mir Geld gegeben und, glaube, auch gesagt, dass es von den Dreien ist.“ Götzl: „Um welchen Betrag ging es da?“ Wohlleben: „Dreistellig. Nicht vierstellig auf jeden Fall, aber oberer dreistelliger Bereich könnte es schon gewesen sein.“ Götzl: „Für welchen Zweck?“ Wohlleben: „Einfach weil er nicht mehr telefoniert. Er sieht die ja nicht mehr. Dass ich das Geld jetzt habe.“ Götzl: „Hat er gesagt, warum er das Geld hatte?“ Wohlleben: „Habe ich keine Erinnerung dran, dass darüber gesprochen wurde.“

Götzl: „Haben Sie denn – mal außerhalb der Situation in der Wohnung, als die Waffe von Carsten Schultze mitgebracht worden war-, haben Sie denn danach mit ihm mal gesprochen, warum jetzt ein Schalldämpfer?“ Wohlleben: „Nein, ich glaube, das war kein Gesprächsthema. Dieser Begriff Gimnick [sic!] kommt mir da in dem Zusammenhang bekannt vor. Kann sein, dass der mal Gesprächsthema war zwischen Carsten und mir, aber, wie gesagt, das Ding war halt dabei.“ Götzl: „Hat Ihnen denn Carsten Schultze berichtet, was er mit der Waffe gemacht hat?“ Wohlleben: „Ich weiß, dass er irgendwann mal erwähnt hat, dass er in Chemnitz war. Da wird’s wohl um die Übergabe der Waffe gegangen sein. Also, das werde ich schon gewusst haben, dass er da hingefahren ist. Ich weiß nicht mal mehr, ob wir drüber gesprochen haben, wie es in Chemnitz war. Es kann sein, dass ich gefragt habe: ‚Und, wie war’s? Wie geht’s denen?'“ Götzl: „Ja, haben Sie eine Erinnerung daran?“ Wohlleben: „Nein, ich gehe davon aus, dass das so stattgefunden hat, aber eine Erinnerung an das Gespräch habe ich nicht, nein.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Und ich habe mir da viele Gedanken drüber gemacht, da können Sie wirklich davon ausgehen. Zeit hatte ich ja.“

Götzl: „Das letzte Mal haben Sie gesagt, Sie seien davon ausgegangen, dass Böhnhardt die Waffe für sich wollte, um sich zu töten. Gab es da, außer dem Gespräch, sonst nochmal Gespräche, Äußerungen?“ Wohlleben: „Nee, habe ich keine Erinnerung dran, auch bei dem letzten Treffen dann nicht.“ Götzl: „Ist denn bei dem letzten Treffen die Waffe angesprochen worden?“ Wohlleben: „Auch nicht, da ging’s tatsächlich fast ausschließlich um Brandt. Und da habe ich nur Gesprächsfetzen in Erinnerung. Ich hätte nicht mal gewusst, dass das letzte Treffen in Zwickau war. Ich wusste die Stadt nicht mehr, aber hier wo die Fotos gezeigt wurden, wo Gerlach nach Zwickau gefahren wurde, habe ich die Fotos vom Bahnhofsvorplatz wiedererkannt. Ich wusste nur noch, dass ich mit dem Zug da hingefahren bin.“ Götzl: „Das letzte Treffen, da ging es nur worum?“ Wohlleben: „Um Tino Brandt und seine Enttarnung als V-Mann.“ Götzl: „Wenn wir nochmal beim Thema Waffen bleiben, mir geht’s jetzt aber um die Person Holger Gerlachs. Inwiefern war mit Holger Gerlach das Thema Waffen oder das Besorgen von Waffen ein Thema?“ Wohlleben: „Ich weiß nicht, ob ich das von Holger erfahren habe oder von Uwe oder von einem der Uwes. Ich weiß nur noch, dass nicht nur ich den Auftrag hatte, eine Waffe zu besorgen, sondern auch der Holger. Es kann sein, dass da mit Holger drüber gesprochen worden ist, aber ein Erinnern ist da nicht vorhanden.“ Götzl: „Wann war das, wann hatte Holger Gerlach diesen Auftrag? Wann hatten Sie Kenntnis davon?“ Wohlleben: „Da fehlt mir auch wieder der Anker, dass ich das festmachen könnte zeitlich. Das ist halt schwierig.“

Götzl: „Ist Ihnen da hinsichtlich Einzelheiten, was da mit Holger Gerlach gesprochen wurde, Näheres bekannt?“ Wohlleben: „Ich glaube, das war mit Sicherheit ein Thema, wo man sich nicht gerne unterhalten hat drüber. Da ging es um die Suizidpläne eines Freundes. Also ich werde da definitiv nicht das Gespräch gesucht haben.“ Götzl: „Wann haben Sie jetzt davon erfahren, dass auch Holger Gerlach gebeten wurde, eine Waffe zu besorgen?“ Wohlleben: „Das kann ich nicht einordnen. Ich weiß nicht mal, von wem ich das erfahren habe. Ich weiß nur, dass Holger auch eine Waffe besorgen sollte. Und ich glaube mich zu erinnern, dass ich Holger gesagt habe, dass eine Waffe beschafft wurde und dass die übers Madley kam, dass er diese Kenntnis hatte.“ [phon.] Götzl: „Diese Informationen und Gespräche, war das bei einer Gelegenheit?“ Wohlleben: „Das kann eine, können unterschiedliche Gelegenheiten gewesen sein. Ich habe da kein Gesprächsumfeld irgendwie in Erinnerung. Ich weiß nur, dass diese Kenntnis vorhanden war bei ihm.“

Götzl: „Da muss ich nochmal nachfragen, weil ich es noch nicht einordnen kann: Haben Sie mit Holger Gerlach selbst über den Umstand gesprochen, dass er eine Waffe besorgen soll?“ Wohlleben: „Das weiß ich nicht. Aber über die beschaffte Waffe übers Madleys, da werde ich mit Holger Gerlach gesprochen haben. Wobei ich da nicht weiß, ob da jetzt beispielsweise der Schalldämpfer erwähnt wurde.“ Nach kurzem Schweigen sagt Wohlleben: „Aber, wie gesagt, der war ja für uns jetzt nichts Besonderes.“ Götzl: „Haben Sie jetzt Informationen dazu, ob Holger Gerlach jetzt etwas unternommen hat, eine Waffe zu besorgen?“ Wohlleben: „Nein. Wie gesagt, ich gehe davon aus, dass das Thema Waffen eher selten besprochen wurde, weil’s halt ein unangenehmes Thema war.“ Es folgt ein etwas längeres Schweigen, dann sagt Wohlleben: „Herr Vorsitzender, könnten wir dann erstmal eine Pause machen jetzt?“ Götzl: „Dann unterbrechen wir bis fünf vor halb.“

Um 14:36 Uhr geht es weiter. Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Wir bitten, die Vernehmung unseres Mandanten abzubrechen, er leidet seit der Mittagspause an Rückenschmerzen und Kopfschmerzen und kann sich nicht mehr konzentrieren, Wir bitten, morgen fortzusetzen.“ Götzl: „Na gut, dann werden wir so verfahren. Wenn dann für heute keinen Anträge mehr sind, wird unterbrochen und fortgesetzt morgen um 09:30 Uhr.“ Der Verhandlungstag endet um 14:37 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage„: „Die Befragung durch den Vorsitzenden Richter Götzl musste […] gegen 14.30 Uhr unterbrochen werden, denn Rechtsanwalt Klemke gab an, sein Mandant leide an Kopf- und Rückenschmerzen und könne sich nicht mehr konzentrieren. Klemkes Intervention kam kurz nachdem sich Wohlleben auf Fragen zur Beschaffung der Mordwaffe zunehmend um Kopf und Kragen geredet hatte. Aber von Beginn: Der Vorsitzende beschränkte sich mit seiner Befragung darauf, Unklarheiten der von Wohlleben am 16.12.2015 verlesenen Erklärung nachzufragen. Am Vormittag ging es daher zunächst um den politischen Werdegang Wohllebens, die ‚Kameradschaft Jena‘, den ‚Thüringer Heimatschutz‘ usw. Wohlleben hielt sich mit propagandistischen Aussagen überraschend zurück, bemühte sich vor allem, die Aktivitäten der diversen Neonazi-Gruppierungen als unspektakulär und vor allem als strikt gewaltfrei darzustellen. An ein oder zwei Stellen blitzte dann aber doch der Nazi-Propagandist durch, etwa wenn er auf die Frage nach dem Programm des ‚Nationalen Widerstands Jena‘ […] deren Selbstdarstellung verlas und geschichtsrevisionistische Thesen zu den Bombenangriffen auf Dresden verbreitete. Gegen Nachmittag dann kam der Vorsitzende langsam zum Kern, nämlich zu der Beschaffung der Mordwaffe Ceska für Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt, wegen derer Wohlleben auf der Anklagebank sitzt. Nachdem er anfangs noch betont hatte, er habe gar keine Waffe besorgen wollen und ‚die Drei‘ nur hingehalten, gab er dann doch nach und nach objektive Teile der Vorwürfe zu: Böhnhardt habe ihm gesagt, er solle doch mal im Szeneladen Madleys nachfragen, es könne schon sein, dass er das auch dem Angeklagten Schultze mitgeteilt habe, es könne auch sein, dass er Schultze gesagt habe, der solle sich dort auf ihn beziehen. Und ja, er habe die Waffe mit Schultze zusammen angesehen, auch den Schalldämpfer auf die Waffe geschraubt – er habe sich dabei aber nichts gedacht, sondern das für einen ‚Gimmick‘ gehalten, für ein einfaches Zubehörteil. Damit schildert Wohlleben einen objektiven Geschehensablauf, der sehr stark der Schilderung Schultzes ähnelt: der hatte angegeben, Wohlleben habe ihn zum Betreiber des Madleys geschickt, wo er die Waffe auch erhalten habe. Dann habe er Wohlleben die Waffe gebracht und der habe ihn damit zu den Dreien geschickt. Wohlleben streitet weiter ab, irgendwelche Kenntnisse davon gehabt zu haben, was mit der Waffe geschehen würde [….]. Nun vermag ja schon eine Einlassung, die am 251. Verhandlungstag, also nach dem größten Teil der Beweisaufnahme, abgegeben wird, nur schwer Glaubhaftigkeit auszustrahlen – umso mehr, wenn sie sich auf simples Bestreiten beschränkt und daher auch kein nachvollziehbarer verteidigungstaktischer Grund ersichtlich ist, sie nicht zu Beginn der Hauptverhandlung oder sogar direkt nach der Festnahme abzugeben. Wenn dann der Hauptinhalt einer solchen Erklärung direkt an die nur zwei Verhandlungstage zuvor abgegebene Erklärung Zschäpes anknüpft, Böhnhardt hätte sich umbringen wollen, so fällt es bereits schwer, sich mit dieser Aussage überhaupt ernsthaft auseinanderzusetzen. Wohllebens Verteidigungsstrategie setzt offensichtlich darauf, das Gericht für dumm verkaufen zu wollen.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/01/13/13-01-2016/

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