Protokoll 52. Verhandlungstag – 6. November 2013

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An diesem Verhandlungstag stand die Zeugenaussage des Leitenden Polizeidirektors Michael Menzel im Mittelpunkt. Er leitete die Ermittlungen ab dem Fund des Wohnmobils am 4.11.2011 in Eisenach. Es sollte geklärt werden, wann genau das LKA von der Identität von Uwe und Uwe Mundlos erfahren hat, welche weiteren Ermittlungsschritte eingeleitet wurden und wie andere Behörden, wie beispielsweise das Landesamt für Verfassungsschutz, in die Ermittlungen einbezogen wurden .Widersprüchlich blieben seine Angaben zum genauen Zeitpunkt der Identifizierung Uwe Mundlos.

Zeugen und Sachverständige:

  • Sachverständiger Dr. Ansgar Japes (Chemische Untersuchung von Spuren aus der und von Kleidung Zschäpes; Ottokraftstoff)
  • Leitender Polizeidirektor Gotha Michael Menzel (leitete zu Beginn die Ermittlungen ab dem Fund des Wohnmobils am 4. November 2011)
  • Sachverständiger Dr. Cornelis Stadtland (Psychiater, Vernehmungsfähigkeit der Zeugin E.)
  • KHK Ralf Ba. (hat Ermittlungen zum Mord an Kubaşık durchgeführt)
  • KHK Michael Sch., geb. L. (leitender Ermittler der Mordkommission Dortmund)

Gamze Kubaşık, Tochter des ermordeten Mehmet Kubaşık, nimmt als Nebenklägerin am Prozess teil. Der Verhandlungstag beginnt um 9.49 Uhr. Nach elf Uhr sitzt ein junger Neonazi aus München-Obermenzing im Publikum.

Zuerst wird heute der Sachverständige Dr. Japes, Chemiker beim sächsischen Landeskriminalamt in Dresden, gehört. Im Zuge der Ermittlungen um die Brandstiftung in der Zwickauer Frühlingsstraße 26 hatte das LKA am 9. November 2011 einen Antrag auf Untersuchung mehrerer Gegenstände bekommen. Dabei sollten vor allem Stücke aus den Fußbodenbelägen diverser Zimmer auf das Vorhandensein brennbarer Flüssigkeiten untersucht werden. Begutachtet werden sollten aber auch verschiedene „Vergleichsmaterialien“ wie eine Flüssigkeitsprobe aus einem Kraftstoffkanister und Kleidungsstücke, die bei Beate Zschäpes Festnahme gesichert werden konnten. In vielen der Proben und Vergleichsstücke seien, so der Sachverständige, tatsächlich „deutlich Kohlenwasserstoffgemische nachweisbar“ und als „Einzelkomponenten von Ottokraftstoff“ detektierbar gewesen, auch in den untersuchten Socken. Bei der eingesandten Flüssigkeit habe es sich um „Ottokraftstoff, ohne Zumischung von Motoröl“ gehandelt, der „in der Luft explosionsfähige Gemische” bilde. Bei zwei Proben habe man zwei “deutlich unterschiedliche” Kraftstoffzusätze nachweisen können.

Am 2.12 sei ein weiterer Untersuchungsantrag für ein Stück weißer Substanz aus einem aufgefundenen Weithalsglas eingegangen, die sich als eine Mischung aus Stärke und Kohlenwasserstoffen , als eine Art Modelliermasse/Plastilin, herausgestellt habe. Außerdem sollten einige Bücher, ein Stück Wellpappe und ein Fußbodenbelagstück ebenfalls nach dem Vorhandensein brennbarer Flüssigkeiten geprüft werden. Bei den Büchern und dem Fußbodenbelagstück seien wieder Kohlenwasserstoffe aus Ottokraftstoff nachgewiesen worden, deren Zusammensetzung der bei den früheren Spuren entsprach. Bei der Pappe könne Ottokraftstoff zumindest „nicht ausgeschlossen“ werden, aber die nachweisbaren aromatischen Komponenten könnten theoretisch auch in Verdünner oder Lösungsmittelgemischen vorkommen.

Auf Frage Götzls erwähnt Dr. Japes seine Untersuchungsmethoden: Gaschromatographie, teilweise Massenspektrometrie; die Probenentnahme sei über die Gasphase erfolgt, indem Absorbermaterial über das gasdicht verpackte Material geführt wurde. Auf Frage von Seiten des Senats bekräftigt der Sachverständige, dass die Brennbarkeit eventueller Lösungsmittel ziemlich ähnlich der von Ottokraftstoff sei. Je größer die Konzentration der detektierten Verbindung, desto eher sei zu vermuten, dass der Stoff mit dem flüssigen Kraftstoff in Berührung gekommen sei. Bei manchen der Proben sei aber auch ein gasförmiger Kontakt nicht auszuschließen. Wie lang sich die Spuren von Ottokraftstoff an dem Material der Socken beispielsweise halten, will nun Rechtsanwalt Stahl wissen. Dr. Japes sagt, dies sei abhängig von Umgebungstemperatur und einer eventuellen Kapselung bzw. Verpackung, genauere Aussagen zu der Verweildauer seien daher nicht möglich. Da aber auch leichtflüchtige Komponenten gefunden worden seien, sei nicht von einer langen Zeitdauer auszugehen. Nach einem Auswaschen und einer anschließenden Trocknung wären diese leichtflüchtigen Komponenten nicht mehr zu finden. Die schwerflüchtigen Verbindungen könnten dagegen auch noch nach einer Wäsche vorhanden sein. Allerdings hänge das davon ab, ob der Stoff getränkt worden sei oder nur ein paar Tropfen abbekommen habe.

Rechtsanwältin Sturm will Details wissen, wann die Untersuchung begonnen habe und wie das Material verpackt gewesen sei. Direkt nach Eingang des Materials am 9.11. [2011] hätten sie begonnen, antwortet Japes. Die Asservate seien in gasdichten Folienverpackungen oder in gasdichten Einmachgläsern mit Schraubdeckelverschluss gewesen, die Socken z. B. einzeln in gasdichten Asservatenbeuteln. Rechtsanwältin Sturm fragt dann zu den sogenannten „schweren“ Verbindungen, inwieweit sie durch Wasser übertragen oder verteilt werden könnten. Japes erklärt dazu, bei den „schwer flüchtigen“ Verbindungen sinke die Wahrscheinlichkeit der Wasserlöslichkeit, diese Verbindungen hafteten daher sehr stark an den Materialien. Sturm wiederholt dann mehrfach Fragen zur „Verweildauer“ der nachweisbaren Komponenten. Der Sachverständige gibt an, er beziehe sich auf seine „bisherige Erfahrung, wie stark die Abdunstung erfolgt“. Es gebe eine starke Abhängigkeit von den konkreten Materialeigenschaften und einen großen Einfluss durch Luftflüsse und Temperaturen. Sturm verlangt, eine Art „Grenzwert“ genannt zu bekommen zur Unterscheidung, ob der Kontakt durch Flüssigkeit oder gasförmig erfolgt sei. Japes erläutert, dass es einen solchen Grenzwert nicht gebe, da die Intensität von der Menge, Probenbeschaffenheit etc. abhänge. Die Zschäpe-Verteidigung lässt sich vom Sachverständigen die Einheit des verwendeten Detektionsverfahren (Picoampere) und den genauen Gerätetyp geben. Zur Funktionsweise erklärt Japes, dass beim verwendeten Detektor am Ende Einzelverbindungen ausgewiesen würden, im Ottokraftstoff gebe es mehrere 100 bis zu 1.000 Verbindungen. Es sei möglich, jede Verbindung einzeln zu betrachten, erklärt der geladene Sachverständige das verwendete Gerät. Rechtsanwältin Sturm sagt: „dann bleibt trotzdem meine Frage, ob es sich um eine Methode handelt, mit der sie zuverlässig Aussagen treffen können, ob Kontakt mit flüssiger oder gasförmiger Substanz stattgefunden hat, oder nur eine Schätzung?“ Eine Schätzung will Japes es nicht nennen, denn sie hätten [beim LKA]eine Validierung durchgeführt, ob die Menge aufgetragenen Ottokraftstoffs in Verbindung gebracht werden könnte mit den Analysedaten. Erst bei höheren Flüssigkeitsmengen würden Ergebnisse erzeugt, die dem hier Festgestellten entsprechen. Eine feste Grenze gebe es aber nicht. Bei der Erstellung habe er die Art und Beschaffenheit der jeweiligen Träger berücksichtigt, antwortet Japes auf Frage der Rechtsanwältin. Sturm fragt dann zur Verteilung des Ottokraftstoffs bei einer Explosion. Explosion und Brand würden eigentlich immer nur in der Gasphase stattfinden, versucht der Chemiker zu erklären, „wenn Sie hier eine Lache Ottokraftstoffs haben und hier eine am Ende des Tisches, wird in sehr kurzer Zeit in jedem Punkt des Raumes eine vergleichbare Konzentration herrschen. Was nach einer Explosion erfolgt, ist nur bedingt abschätzbar. Rund um die Lachen herum ist die Wahrscheinlichkeit auf Material wohl am größten“.

Dann übernimmt wieder Rechtsanwalt Stahl die Befragung. Auch er interessiert sich für die untersuchten Socken Zschäpes: Ob man eine Untersuchung durchführen könnte, wie lange die “Ausgasung” bei vollkommener Durchtränkung mit dem Ottokraftstoff dauere. Der Sachverständige sagt, dass bei einem festen Umgebungsszenario Vergleiche möglich wären, schränkt dies aber zugleich ein: “geringe Veränderungen können einen starken Effekt haben”. RA Stahl fragt nach: “Wie lang dauert es, bis nur noch minimale Nachweise festgestellt werden können?” Japes gibt dazu an: “Die schwerflüchtigen Verbindungen sind nach einer Woche noch nachweisbar, die leichtflüchtigen Verbindungen, z. B. Feuerzeugbenzin, sind schon nach kurzer Zeit weg”. Eine belastbare vergleichende Laboruntersuchung zu dem Szenario eines Tragens einer Socke halte er nicht für möglich, zu viele Variablen hätten darauf einen Einfluss, die Aufnahme ins Körperfett, eine Aufnahme durch die Haut, die Temperaturen von Körperteilen und der Umgebungen. Weshalb bei den Proben 9 und 10 nichts festgestellt werden konnte, interessiert nun die Zschäpe-Verteidigung. Und der Sachverständige bestätigt das: ”Ja, da war nichts zu finden”, es seien eine Art Lederschuhe gewesen, mit glatter Oberfläche und dicken Schnürsenkeln. Die Socken hätten natürlich eine stärkere Kapselung – im Schuh – während der Schuh mehr Luftaustausch nach außen habe. Rechtsanwältin Sturm knüpft daran an: Ob von den getränkten Socken durch Ausdünstung nicht eine Übertragung an die Schuhinnenseite erfolgen müsste? Der Sachverständige pflichtet ihr bei, schränkt aber gleichzeitig ein, es erfolge bei geringen Mengen natürlich nur eine überschaubare Abdünstung und eine überschaubare Aufnahme am umgebenden Material. Insgesamt habe man zwei deutlich verschiedene Kohlenwasserstoff-Zusammensetzungen gefunden. Die Äther- und Kraftstoffzusammensetzungen interessieren nun den im Saal anwesende Sachverständigen Dr. Setzensack im Detail. Nach einem kurzen Fachdialog sagt Japes aus, dass wegen dieser Unterschiede auch wahrscheinlich mindestens zwei Gefäße im Spiel gewesen seien.

Nach einer viertelstündigen Pause steht die Befragung des Zeugen Michael Menzel an, heute Leitender Polizeidirektor in Thüringen.

Er erzählt, wie er als Leiter einer Sonderkommission nach einem Überfall auf eine Sparkassenfiliale am 7. September [2011] in Arnstadt umfangreiche Ermittlungen getätigt hatte. Die Soko habe es wegen einer Banküberfallserie in den Jahren 2008 bis 2011 gegeben. Über die Erkenntnisse zur Tat am 7.9. hätten sie bundesweit am 13. September eine “Erkenntnismitteilung rausgesteuert”: “zwei Täter, maskiert, bewaffnet, Fahrräder bei der Tatausführung. Einer der Täter Linkshänder”. Die Kripo Chemnitz habe gemeldet, dass es durch die selben Täter mehrere Überfälle gegeben habe. Menzel sagt: “die Parallelitäten waren verblüffend”. Sie hätten daraufhin ein neues Fahndungssystem aufgelegt, um so schnell wie möglich die Abgangswege zu besetzen, ohne die bekannte Ringalarmfahndung zu vernachlässigen, die in der Regel weiter außerhalb liege.

Am Freitag, 4.11. hätten sie die Meldung von einen Überfall auf die Sparkasse Eisenach erhalten. Da es eine für die Serie “typische Überfallzeit” gewesen sei, hätten sie genügend Kräfte vorrätig gehabt, die dann alle nach Eisenach gefahren seien. Da die neue Autobahnanbindung dort eine Schleife um die Berge mache, sei vor allem die Ausfallstraße zur alten Autobahn besetzt worden. Da vom ersten Fall her bekannt gewesen sei, dass die Täter eventuell mit einem Transporter o.ä. vom Tatort geflüchtet seien, seien insbesondere Transporter in die Fahndung genommen worden. Gegen 10 Uhr habe eine Streife auf dem Weg ins Gewerbegebiet Stregda Zeugen befragt. Einer von ihnen hätte zwei männliche Personen gesehen, die mit Fahrrädern auf den OBI-Parkplatz dort gefahren seien und die Räder dann in ein weißes Wohnmobil mit dem Kennzeichen “V” für Vogtland geladen hätten. Menzel: “Diese Information ist sofort weitergeleitet worden. Eisenach wurde eigentlich fast abgeriegelt. Wir haben versucht, die Außenstraßen zu besetzen und systematisch Eisenach zu durchkämmen”. Aufgrund der Größe (35.000 Einwohner_innen) sei das auch realistisch gewesen. Um 12 Uhr habe eine Streife ein Wohnmobil mit dem Anfangsbuchstaben V im Kennzeichen gesehen. Bei der Annäherung seien zwei Schüsse gefallen, die Beamten seien an einer kleinen Mauer in Deckung gegangen, hätten aber unmittelbar Sichtkontakt gehabt. „Genau, wo das Wohnmobil stand, war eine alte Baugrube, so dass man gut sehen konnte, was da ist.“ Die Kollegen hätten Verstärkung gerufen und dann sei es zum Brand gekommen. Die Feuerwehr sei verständigt worden. „Das war 12.05, 12.06 Uhr.“ Das habe auch ihn veranlasst, von Gotha nach Eisenach zu verlegen: “Ich musste annehmen, dass das Fahrzeug in unmittelbarem Tatzusammenhang steht und die Täter sich im Fahrzeug befinden“. Es habe sich auch die Frage nach der Gefahr einer Geiselnahme gestellt, “da hat in Thüringen der höhere Dienst die Maßnahmen zu übernehmen”. Als er eingetroffen sei, sei der Brand schon weitgehend abgelöscht gewesen. Im vom Eingang aus linken Bereich hätten sich zwei tote, männliche Personen befunden. Es seien die “Standardmaßnahmen” wie z. B. Spurensicherung gefolgt.

„Gleichwohl war die Innensituation für mich nicht abschließend geklärt”, sagt Polizeidirektor Menzel aus, „denn die Beamten sagten, sie hätten nicht geschossen.“ Seine Aufgabe sei es gewesen, „zu prüfen, gibt es diese dritte Person“. Man habe an den beiden Personen großflächige Kopfverletzungen feststellen können und eine „Pump-Action“ habe auf dem Boden gelegen. Die Brandzehrung habe das Dach zerstört und Brandschuttteile seien herum gelegen. Nach der Halterermittlungen sei gegen 12.45 Uhr die Kripo gebeten worden, beim Halter nach der Anmietung nachzufragen. Am Nachmittag habe er dann gehört, dass eine männliche Person in Begleitung einer weiblichen Person und eines Kindes den Wagen angemietet hätte.

Bei der Waffe, die auf dem Tisch lag, sei der Magazinboden geschmolzen gewesen und eine Patrone ausgetreten: „Ich konnte sie als Patrone identifizieren, wie sie auch von Polizeibeamten verschossen wird.“ Die Gesamtsituation und die mögliche Polizeimunition habe ihn veranlasst, die Ermittlungen zu diesen Personen und Waffen voranzutreiben. Er habe die Soko zusammengerufen und Aufgaben verteilt. Gegen 16.00 Uhr habe die Waffe als diejenige der Kollegin Kiesewetter identifiziert werden können. Das, sagt Menzel, sei der erste entscheidende Punkt der berechtigten Annahme gewesen, „dass man es hier nicht mit normalen Banküberfalltätern zu tun hat“. Er habe deswegen veranlasst, die Ermittlungen „nicht nach Tatortprinzip, sondern nach dem Täterprinzip“ zu führen.

Aus der Anmietung seien dann die Personalien von Holger G. bekannt geworden, die Identifizierung der Personen am Tatort habe hingegen gedauert, „weil man so weit wie möglich spurenschonend die Personen aus dem Wohnmobil entfernen wollte“. Die Leichen seien zur Gerichtsmedizin nach Jena verbracht worden. Von der Polizeiinspektion Bad Nenndorf sei unter anderem die Beobachtung des Hauses von G. veranlasst worden, der Kriminaldauerdienst in Hannover habe von Unterlagen berichtet, in denen Holger G. als rechtsmotiviert eingeschätzt worden sei. Vor allem sein Geburtsort sei ein entscheidender Punkt gewesen: Jena. Die Lebensgefährtin G.s sei gegen 00.30 Uhr am Haus eingetroffen, habe ausgesagt, Holger G. würde sich auf der Arbeit befinden. Gegen 1.30 Uhr sei er dort festgenommen worden.

Er, Menzel, habe um 8.00 oder 8.30 wieder zu arbeiten begonnen, da sei ihm das vorläufige Sektionsergebnis aus Jena überbracht worden. Eine Person habe identifiziert werden können: Uwe Mundlos. Aus Unterlagen einer Vermisstenanzeige des Vaters von 2005 seien Fingerabdrücke vorhanden gewesen. Daraus habe sich am Samstag „ein ganz neues Bild ergeben: die Ereignisse 1998 in Jena”. Es habe damals die These gegeben, dass er vielleicht weiterhin in Begleitung von Herrn Böhnhardt und Frau Zschäpe ist: „Wir wollten also wissen, ob die zweite Person Böhnhardt ist und wo Frau Zschäpe aufhältig ist.“ Die Identifizierung sei von den Zielfahndern des LKA mit Bildmaterial eines Tattoos an der linken Wade unterstützt worden: „Man konnte schlussfolgern, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um B handelt.“ Er habe seinen Erkenntnisstand auch gleich der “Soko Parkplatz” in Heilbronn mitgeteilt, damit schon am Samstag Früh „die Spuren vom Mord Heilbronn und die Spuren hier am Tatort ‚gegenlaufen‘ können“. Die Soko “Parkplatz” habe zwei Beamte nach Zwickau geschickt, darunter einen Phantombilderzeichner. Bei den Vermietern des Wohnmobils sollten so Hinweise gesammelt werden, ob „die weibliche Person Frau Zschäpe“ ist. Derjenige Beamte, der am Freitag die “Abprüfung” des Kennzeichens gemacht hätte, habe am Samstag gegen 12.30 Uhr telefonisch mitgeteilt, dass es am Freitag Nachmittag in Zwickau in der Frühlingsstraße 26 zu einer Explosion gekommen sei. Es existiere eine Zeugenaussage, dass dort in der Vergangenheit ein weißes Wohnmobil gesehen worden sein soll. Laut Menzel sei dies Anlass für eine Verknüpfung gewesen: „Ist die Frühlingsstraße 26 ein Wohnunterschlupf gewesen von Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe?“ Die sächsischen Kollegen hätten im Laufe des Tages mitgeteilt, dass die Wohnung unter dem Namen “” angemietet wurde und zwei männliche und eine weibliche Person dort gewohnt hätten. Menzel: „Das hat das Bild abgerundet: die Überfallserie, die Identifizierung der Personen, die Unterkunft des Trios in der Frühlingsstraße 26 und das dort im Vorfeld gesehene Wohnmobil.“

Richter Götzl fragt, ab wann am 4.11.2011 Informationen über die Toten im Wohnmobil an die Medien gegangen seien. Es gebe immer wieder das Problem, sagt Menzel aus, dass die Medien relativ schnell am Tatort seien. Wegen der befürchteten Geiselnahme sei aber so weit abgesperrt worden, dass die Medien “wohl nicht aus der Nähe ins Wohnmobil reingucken” konnten. Ihm sei jedoch mitgeteilt worden, dass die Presse schon vor Ort war, als das Wohnmobil gebrannt habe. Das Auffinden des Wohnmobils hätten sie von Seiten der Polizei gegenüber der Presse bestätigt, „aber es war darin noch vollkommen offen, ob das Wohnmobil mit dem Überfall zu tun hat“. Es gebe darüber eine Dokumentation, denn er habe angewiesen, dass alle Informationen schriftlich rausgehen müssen, unter jeweiliger Angabe der Uhrzeit. In diesem Pressekalender sei auch dokumentiert, wann sie bestätigt hätten, dass im Wohnmobil Tote aufgefunden worden seien. Jetzt sei er sich da in der Uhrzeit nicht sicher. Gegen 14.00 oder 15.00 Uhr sei das Wohnmobil schließlich in einen “gesicherten Bereich” verbracht worden. Götzl bittet den Zeugen, bis 13.30 Uhr nachzufragen, welche Zeiten genau im Ablaufkalender vermerkt sind. Solange wird die Vernehmung des Ltd. Polizeidirektors Menzel unterbrochen. Rechtsanwalt Stahl zeigt sich verwundert darüber, dass ein solcher Kalender existiere, aber sich nicht in den Prozessakten befinde. Götzl pflichtet ihm bei: ”Ja, ich erfahre das auch erst jetzt”.

Nach einer zehnminütigen Pause beginnt die Vernehmung des Sachverständigen PD Dr. Stadtland, Facharzt für Psychiatrie an der LMU München, zur Frage der Vernehmungsfähgkeit der Zeugin Charlotte E.

Stadtland erzählt, er habe die Zeugin nach Telefonaten mit deren Nichte Monika M. (siehe Protokoll zum 29. Verhandlungstag) im C.-Pflegeheim in Zwickau aufgesucht. Er habe sowohl mit Frau E. gesprochen als auch mit einer weiteren Nichte von ihr und – mit Einverständnis der Zeugin – auch mit der Heimleiterin. An Akten habe ihm ein Telefonat des Gerichts mit der behandelnden Ärztin vorgelegen: Frau E. sei auf den Rollstuhl angewiesen und die Demenz sei ein Problem. Dazu gebe es ein ärztliches Attest der Ärztin, wonach die Zeugin aus gesundheitlichen Gründen ihrer Ladung nicht mehr nachkommen könne: Es schließt sich eine Aufzählung einer Vielzahl von Diagnosen an, unter anderem sei sie nach einer operativen Versorgung einer Femurfraktur noch nicht vollständig mobilisiert. Er habe auch den Verordnungsplan eingesehen, Stadtland nennt mehrere Medikamente, die E. einnehmen müsse. Der Sachverständige erzählt, er habe Frau E. am 23.10 aufgesucht, die Nichten hätten die Einschätzung der Ärztin bestätigt. Die Zeugin sei um 9.20 „gepflegt gekleidet“ auf dem Bett gelegen. Gemeinsam mit ihrer Nichte habe er sie in einen Rollstuhl mobilisieren können, ein selbständiges Aufstehen sei nicht möglich gewesen. Für eine Stunde habe man sich mit ihr zu vielen Punkten unterhalten können, „sie war voll orientiert zur Person und Situation“. Sie habe aber spontan angegeben, dass sie sich die Reise nach München nicht vorstellen könne, „sie bekomme dann keine Luft mehr“, sagt Stadtland, und Frau E. sei dann auch schnell unkonzentrierter und wortkarger geworden. Er habe den Vorfall nicht exploriert, eine Nichte habe dazu angegeben, dass Frau E., wenn man sie im Rollstuhl am Ort ihres früheren Hauses vorbei geschoben habe, geweint hätte. Sie habe sich von dem Vorfall nie wirklich erholt. Beide Nichten hätten erklärten, dass der momentan relativ gute Zustand der Zeugin E. kein Dauerzustand sei, sie sei zwischenzeitlich desorientiert, spreche von der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und von Personen, die nicht mehr am Leben sind. Beide Beteiligten hätten die Befürchtung geäußert, das Frau E. durch eine Reise nach München sterben könnte. Auch einen Liegendtransport nach München hielten sie für undurchführbar. Das Hauptproblem sei dabei ihre Angst, seitdem sie die Wohnung verloren habe, sie rege sich schnell auf. Aus gutachterlicher Sicht kommt Stadtland zu der Einschätzung, dass am 23. Oktober 2013 zwar noch eine Vernehmungsfähigkeit gegeben gewesen sei, dabei aber nicht von einem Dauerzustand ausgegangen werden könne und die Risiken eines Transportes nach München unkalkulierbar seine. Er schlage daher eine Videovernehmung in Anwesenheit ihrer Nichte oder vertrautem Pflegepersonal vor. Götzl fragt nach seiner Einschätzung zu einer „Vernehmung in Anwesenheit der Verfahrensbeteiligten“. Eine Kombination aus körperlichen Erkrankungen und Angst läge hier vor, das verstärke sich gegenseitig und könne die Vernehmungsfähigkeit einschränken, sagt Stadtland. Bei einer Videovernehmung seien die Belastungen geringer als bei der Konfrontation mit den Verfahrensbeteiligten. Von den Vertreter_innen der Nebenklage fragt Rechtsanwalt Schön nach den Risiken auch einer Videovernehmung. Stadtland schickt voraus, dass Vernehmungen grundsätzlich eine gewisse Belastung darstellten, sehe aber bei einer Videovernehmung die geringste Belastung. Ob er das nur mutmaße? Nein, das sei eine Einschätzung aufgrund der medizinischen Befunde. Er habe der Zeugin gegenüber aber den Vorfall bewusst nicht angesprochen, um ihre Aussage nicht zu beeinflussen. Also habe er das letztlich nicht ausgetestet. Götzl erkundigt sich noch danach, ob bei persönlicher Anwesenheit eine detailliertere Erinnerung reproduzierbar sei. Ganz im Gegenteil, sagt der Sachverständige, eine direkte Befragung mit Blickkontakt könne die Angstsymptomatik erhöhen. Da sei die Videovernehmung „das mildere Mittel“.

Auf Antrag von RA Heer unterbricht Richter Götzl die Verhandlung für zehn Minuten. Dann fragt RA Heer, worauf die Hypothese einer besonderen Belastung im Sinne eines psychopathologischen Zustandes basiere. Stadtland verweist auf seine eben getätigte Aussage. RA Heer fragt nach, ob in der Gesprächszeit von 1:05 Stunden die Unterredung mit den Verwandten enthalten sei. Stadtland schildert den genauen Verlauf des Gesprächs. RA Heer fragt, ob auch die Möglichkeit einer kommissarischen Befragung diskutiert worden sei. Stadtland wiederholt, seiner Meinung nach seien die Belastungen bei einer Videovernehmung am geringsten. Er habe nicht erörtert, ob Frau E. mit den technischen Mitteln der Videovernehmung vertraut ist. Die Frage von RAin Sturm, ob E. auch über den Prozessgegenstand informiert gewesen sei, konnte Stadtland nicht beantworten. Ganz offensichtlich sei gewesen, dass Frau E. mit der Nichte über eine Reise nach München gesprochen habe und dass es um die Frühlingsstraße ginge. RAin Sturm fragt, woran Stadtland die spürbare Ängstlichkeit festgemacht habe. Sie habe, so Stadtland, weniger gesprochen und sei stiller geworden sei. Es sei ihr anzumerken gewesen, dass sie über den Vorfall nicht habe sprechen wollen. Dann will RAin Sturm wissen, ob sich die Angst auf die Reise nach München oder auf den Vernehmungsgegenstand beziehe. Das könne man schwer differenzieren, erwidert Stadtland. Auf Frage von RAin Sturm sagt Stadtland, die Nichte M. habe mehr Informationen geliefert als E. Frau E. spreche leise, kurz und irgendwann gar nicht mehr. Dann könne man sie aber wieder etwas fragen. RAin Sturm fragt, ob Stadtland angeben könne, inwieweit Frau E. durch den Vorfall traumatisiert sei. Dazu habe er keine Diagnose gestellt, so Stadtland. Er habe, wie die Nichte, nur wenige Zentimeter entfernt von E. gesessen und habe durchgängig Blickkontakt mit ihr halten können, sagt Stadtland auf Frage von RAin Sturm. Dann schildert er die Risiken eines Transports. RA Stahl sagt, eine Reise sei also ein großes Problem, aber die Vernehmungsfähigkeit, die Aussagetüchtigkeit sei gegeben. Das bestätigt Stadtland. Dann will RA Stahl wissen, warum eine Vernehmung durch einen beauftragten Richter nicht so gut sei wie eine Videovernehmung. Das habe er nicht gesagt, so Stadtland, welches Verfahren gewählt wird, entscheide das Gericht. RA Stahl hakt nach und will wissen, ob es Unterschiede, möglicherweise größere Probleme gebe. Stadtland sieht bei einer kommissarischen Befragung Belastungen, aber bei weitem keine so großen wie bei einem Transport. Götzl unterstreicht nach einer weiteren Nachfrage von RA Schön nach der Einschätzung des Sachverständigen die Entscheidungshoheit des Gerichts und die Beraterfunktion des Sachverständigen.

Nach der Mittagspause geht es um 14.25 Uhr weiter mit der Vernehmung des Leitenden Polizeidirektors Menzel. Götzl greift die Frage auf, wann bekannt wurde, dass im Wohnmobil zwei Tote gefunden wurden. Laut Menzel habe es um 12.31 Uhr ein Gespräch mit einem Team von „Wichmann TV“ gegeben. Die erste Pressemitteilung sei um 12.55 Uhr veröffentlicht worden, dort sei von dem Raubüberfall mit zwei Tätern mit Schusswaffe die Rede gewesen. Um 14.18 Uhr habe es eine Ergänzungsmeldung gegeben, in der das erste Mal die Rede von zwei Leichen im Wohnmobil mit ungeklärter Identität gewesen sei. Die schriftliche Bestätigung der Polizei Gotha sei dann um 14.18 Uhr gekommen.

Nebenklagevertreterin RAin von der Behrens fragt nach der Identifizierung von Mundlos. Menzel verweist auf seine Aussage des Vormittags. In der Nacht sei Mundlos anhand von Abdrücken über den Vermisstenvorgang, der 2005 angelegt worden sei, identifiziert worden. Auf Nachfrage sagt Menzel, er habe Dauertelefonate in der Nacht gehabt und man habe ihn um 3.15 Uhr nicht noch einmal anrufen wollen. Von der Behrens will wissen, ob schon vor 3.15 Uhr Personen die Identität Mundlos bekannt war. Menzel: „Die, die ihn identifiziert haben, haben das vor mir gewusst.“ Von der Behrens sagt, die Obduktion sei um 11.30 Uhr gewesen. Menzel erwidert, es sei zunächst um die Identifizierung gegangen, die finde im Rahmen einer Obduktion statt. Von der Behrens fragt, ob vor der Identifizierung Feststellungen zur Identität von Mundlos getroffen worden seien, vielleicht nicht offiziell. Menzel verneint, weder von ihm noch von anderen Personen. Von der Behrens hält die Aussage des ehemaligen thüringischen Verfassungsschützers Norbert Wießner in der 56. Sitzung des NSU-Untersuchungsausschusses des Bundestags vor, derzufolge Wießner am Nachmittag des 4. November 2011 von Menzel angerufen worden sei. Menzel habe ihm mitgeteilt, dass es sich bei den Toten um Mundlos und Böhnhardt handele. Menzel sagt, er kenne die Aussage und wolle sie „mit Verlaub gesagt“ stehen lassen. Er habe dann andere Maßnahmen ergriffen.

Am Freitagnachmittag sei die mehrheitliche Meinung der Beteiligten gewesen, es gebe einen Zusammenhang zum Banküberfall, aber Identität oder Wissen über die Personen habe es nicht gegeben. Von der Behrens hält weiter vor, Wießner habe ausgesagt, er werde das sein ganzes Leben nicht vergessen, er sei bereits in Pension gewesen, dass am 4. November Böhnhardt und Mundlos gefunden worden seien. Menzel sagt, er nehme das zur Kenntnis. Von der Behrens fragt, wann Menzel mit Wießner Kontakt gehabt habe. Menzel sagt, die Identifizierung sei ihm im Wohnwagen nicht gelungen. Auch mit Bildmaterial sei die Identifizierung nicht möglich gewesen. Um 16 Uhr sei die Waffe der Polizeibeamtin Kiesewetter identifiziert worden, deswegen sei es um die schnellstmögliche Identitätsklärung der Personen gegangen. Die Kriminalpolizeiinspektion Jena sei beauftragt worden, die Vermisstenakte zu beschaffen, die sei zusammen mit Leichnamen zur Gerichtsmedizin gegangen. Mundlos sei am Samstag früh identifiziert worden, dann sei es um die Identifizierung des zweiten Leichnams gegangen, welche aufgrund einer Tätowierung gelang. Das Zielfahndungskommando sei um 9.30 Uhr informiert worden. Der Zielfahnder, Kriminalhauptkommissar Wunderlich kenne Zschäpe und hätte sie bei Antreffen identifizieren können, so Menzel. Wunderlich habe ihm den Hinweis gegeben, Wießner kenne diesen Sachverhalt wohl aus den Jahren 1998/ 1999, Wießner sei V-Mann-Führer gewesen. Deswegen habe er, Menzel, sich entschlossen, „weit nach dem Mittagessen am 5.11.“ anzurufen. Er habe Wießner gefragt, ob dieser Erkenntnisse zu möglichen Aufenthaltsorten Zschäpes habe. Wießner habe vom Großraum Chemnitz gesprochen. Sonst habe das keinen Informationswert gehabt. Von der Behrens hält vor, Wießner habe angegeben, Menzel solle bei Wohlleben suchen. Das habe Wießner nicht gesagt, so Menzel, der Name sei später gefallen. Auf Nachfrage sagt Menzel, am 5. November um 14.10 Uhr sei der Hinweis aus der Einvernahme Holger G.s gekommen, dass Wohlleben möglicherweise Kontaktmann sei. Von der Behrens fragt, ob Menzel Wießner dazu befragt habe. Menzel sagt, er könne den Inhalt nicht wirklich wiedergeben. Wießner habe sinngemäß gesagt, Wohlleben, André K., das sei alles das Umfeld, „so in der Grundstimmung“.

Jürgen Dressler [Zielfahnder des LKA Thüringen] kenne er, bestätigt Menzel, wisse aber nicht, wann dieser von der Sache erfahren habe. RAin Von der Behrens verweist auf eine Aussage Dresslers, nach der er am Abend des 4. November in einem privaten Gespräch mit einem Kollegen der Polizeidirektion Gotha von Mundlos oder Böhnhardt im Wohnmobil erfahren habe. Diese kenne er nicht, sagt Menzel. Wenn er selbst erst am Samstag früh um 9 Uhr davon erfahren habe, halte er es für ausgeschlossen, dass jemand anderes das vorher habe wissen können. Die Namen Mundlos oder Böhnhardt seien am 4. November nicht gefallen: „Punkt.“ Von der Behrens möchte wissen, wann der erste offizielle Kontakt zu einem der Verfassungsschutzämter gewesen sei. Wießner sei ihm, so Menzel, nicht vom LfV, sondern vom LKA bekannt. Dort sei Wießner im verdeckten Bereich tätig gewesen. Von dessen Pensionierung habe er nichts gewusst. Er habe ihn auf die Aussage von Wunderlich hin angerufen. Der Anruf habe den Charakter gehabt, Informationen zu bekommen. Er habe mit dem LfV überhaupt keinen Kontakt aufgenommen: „Null!“ Bis Montag früh seien überhaupt nur sehr spärlich Infos nach außen getragen worden. Von der Behrens fragt, ob es dafür einen speziellen Grund gegeben habe. Es habe keinen speziellen Grund gegeben, er habe auch das LKA nicht informiert. Er habe auch keinen Anlass gehabt, das LfV zu informieren: „Warum? Warum?“ Wießner habe er eingeschaltet, weil er ein Informationsbedürfnis gehabt habe: „Ich hätte auch den Teufel angerufen.“ Auf die Frage RAin von der Behrens , ob er den Staatsschutz des LKA eingeschaltet habe, antwortet Menzel: „Welche Veranlassung hätte ich gehabt haben sollen?“ Wenn er es gewusst hätte, hätte er den Staatsschutz am Freitag angerufen. Von der Behrens korrigiert, sie rede vom 5. November und wolle wissen, warum nicht der Staatsschutz oder der Verfassungsschutz eingeschaltet worden sei, sondern nur Wießner auf unklare, private Art. Menzel sagt, er habe einen eigenen Staatsschutz bei der PD Gotha, der sei eingebunden gewesen, am Samstag. Ob dieser mit Staatsschutzermittlern aus dem LKA Kontakt gehabt habe, wisse er nicht, er habe sich nur an den ihm unterstellten Staatsschutz gewandt. Den Verfassungsschutz habe er gar nicht informiert, auch in den Folgetagen nicht.

Von der Behrens fragt nach dem Namen des Beamten, der auf die Explosion in Zwickau hingewiesen habe. Menzel nennt aus dem Gedächtnis den Namen Le., den er aber nicht persönlich gesprochen habe. Was unternommen worden sei, um Zschäpe nach dem Aufdecken der Wohnung in der Frühlingsstraße zu finden, will RAin von der Behrens wissen. Es habe konkrete Maßnahmen im Bereich der Fahndung gegeben, so Menzel. Es habe eine ganze Reihe von Ansätzen gegeben. Aus Altverfahren habe es Kontaktadressen gegeben, es habe aber auch aktuelle Ansätze gegeben. Aus dem Wohnmobil habe es Hinweise zu Personen und Adressen gegeben. Das habe der Fahndungsbereich abgeprüft. Von der Behrens fragt, ob versucht worden sei, an eine Telefonnummer zu kommen, die möglicherweise von Zschäpe benutzt wurde. Menzel sagt, er habe immer vergeblich eine Nummer wissen wollen. Auf die Frage, ob er die sächsischen Kollegen gefragt habe, sagt Menzel, er sei Leiter der Soko gewesen, ihm seien 50 Mann unterstellt gewesen. Wahrscheinlich habe die Nummer eine Rolle gespielt habe, aber wann das gewesen sei, übersteige sein Gedächtnis. Er wisse, dass sie nicht bekannt gewesen sei. Es habe Kontakt zum LKA Sachsen gegeben. Er wisse, dass Kollegen nach Zwickau gefahren seien wegen des Wohnmobils, und dass die Fahndung auch versucht habe, Nummern zu ermitteln. Aber wann genau, das wisse er nicht. Jedenfalls sei die Zielfahndung nach Zschäpe am 5. November vormittags beauftragt worden. Von der Behrens fragt, ob das aktenkundig gemacht worden sei, was Menzel bestätigt. Ihr sei das aus den Akten nicht bekannt, erwidert RAin von der Behrens. Menzel sagt, er habe aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung den Fall nicht zu Ende führen können. Er gehe davon aus, dass es ein Protokoll mit den grundsätzlichen Verfahrensschritten gebe. Von der Behrens beginnt, eine Frage zu stellen, doch Götzl unterbricht sie. Von der Behrens sagt, es gebe ja Anrufe auf das Handy Zschäpes am Nachmittag des 4. November. Sie interessiere, wer wann die Nummer von Zschäpe gehabt habe. Götzl sagt, er habe den Eindruck gehabt, sie wolle nach einzelnen Fahndungsschritten fragen. Von der Behrens will wissen, ob Menzel den Zielfahnder Wunderlich am 8. November beauftragt habe, Zschäpe zu identifizieren, was der bestätigt. Richter Götzl fragt nach der Relevanz für die Schuld- und Tatfrage. Von der Behrens sagt, Zschäpe habe bis heute keine Angaben gemacht und sei bis jetzt nicht identifiziert worden. Götzl wiederholt die Frage nach der Relevanz. Von der Behrens sagt, es gehe um die Identität Zschäpes. Menzel sagt, er habe Wunderlich beauftragt, nach Jena zu fahren und Zschäpe zu identifizieren. Wunderlich habe Zschäpes Identität geklärt. Ob Menzel Wunderlich untersagt habe, Zschäpe zu befragen, will RAin von der Behrens wissen. Wunderlich habe den Auftrag der Identifizierung gehabt, so Menzel, er wisse nicht, ob er das ausdrücklich untersagt habe. Von der Behrens sagt, Wunderlich habe ausgesagt, es sei ihm von Menzel untersagt worden, Zschäpe Fragen zu stellen und er habe den Eindruck gehabt, dass Zschäpe bei einer zeitnahen Befragung etwas gesagt hätte. Daran habe er keine Erinnerung, so Menzel. Vernehmung und Befragung seien verschiedene Sachen. Von der Behrens unterbricht und sagt, sie habe keine Fragen mehr. Götzl fragt, ob Menzel noch etwas habe sagen wollen. Menzel: „Nein, ich versuche mein Bestes zu geben hier.“

Nebenklagevertreterin RAin Pinar fragt, in welcher Form die Veröffentlichungen am 4. November raus gegangen seien. Die Pressemitteilungen um 12.55 Uhr und 14.18 Uhr seien, so Menzel, an den allgemein üblichen großen Presseverteiler gegangen. Auf der Internetseite hätten die Information zu dem Zeitpunkt wohl noch nicht gestanden, vielleicht später. Dann fragt RA Narin. Menzel sagt, er sei vor dem 4. November dienstlich nicht mit dem Trio befasst gewesen. Er sei auch nicht Mitglied der EG TEX [= Ermittlungsgruppe Terrorismus/Extremismus] gewesen. Narin hält eine Aussage aus dem thüringischen Untersuchungsausschuss vor, derzufolge Menzel Mitglied der EG TEX gewesen sei. Menzel sagt, er sei nie Mitglied dieser Ermittlungsgruppe gewesen. Er sei viele Jahre Leiter mehrerer Kriminalpolizei-Dienstellen und dann Referent für Verbrechensbekämpfung im Innenministerium gewesen. Er habe über den Aufgabenbereich der EG TEX Bescheid gewusst, sei aber nie Mitglied gewesen und habe nie deren Arbeitsergebnisse vertreten. Auf die Frage, ob Menzel vielleicht andere Nachrichtenbehörden als die Landesämter für Verfassungsschutz informiert habe, sagt Menzel, er habe die Information auf das geringste Maß gehalten. Da seien nicht alle begeistert gewesen. Auch vorgesetzte Dienststellen seien nur im Mindestmaß informiert worden. Es sei um ein zügiges, konzentriertes Vorantreiben der Ermittlungen wegen des Fahndungsvorsprungs gegangen. Er habe keine Behörden informiert. Wahrscheinlich sei das am 7. November im Innenministerium diskutiert worden. Da sitze das LfV mit am Tisch. Er selber habe nicht mit dem LfV gesprochen. RA Narin will wissen, ob es am 4. November bereits Mutmaßungen oder Hinweise gegeben habe, was Menzel verneint.

RA Narin fragt, wann Menzel das erste Mal den Tatort aufgesucht habe. RA Stahl beanstandet diese Frage. Es gehe um den Tat- und Schuldvorwurf. Fragen nach vermeintlichen Ermittlungsfehlern aufzudecken, seien zurückzuweisen. RA Narin erwidert, es gehe um weitere Zeugen. Götzl interveniert. RA Narin verändert die Frage und will wissen, ob noch andere Personen zugegen waren, als Menzel das Wohnmobil betreten habe. Das Wohnmobil sei um 12.05 Uhr gefunden worden, so Menzel, er sei um 12.30 Uhr gekommen, da seien Rettungskräfte und uniformierte Kräfte vor Ort gewesen. Menzel habe das Wohnmobil nicht sofort betreten, sondern sich die Lage eingeholt beim verantwortlichen Polizeiführer. Es sei wohl schon eine Leiche gesehen worden und es habe die Annahme gegeben, dass es im Wohnmobil vielleicht weitere Brände oder Auslöser für Brände gebe, deswegen habe man sich in Entfernung aufgehalten. Es seien dann Fragen nach der Brandursache zu klären gewesen, wie viele Personen im Fahrzeug seien, ob es einen Zusammenhang zum Banküberfall gebe, wie sie zu Tode gekommen seien und ob vielleicht noch jemand lebe. Die ersten Kollegen am Tatort seien von der Schutzpolizei gewesen, deswegen habe er seine Kenntnis angeboten. Götzl: „Herr Menzel war der Chef in Eisenach, um es mal so zu sagen.“ RA Narin will wissen, ob sich Menzel beim Betreten des Wohnmobils lautstark über Wießner geäußert habe. Nach seiner Erinnerung nicht, so Menzel. RA Narin fragt nach einer heftigen Diskussion mit Wießner. Götzl verlangt, präzise Fragen zu stellen. Es gehe darum, die Erinnerung aufzufrischen. Götzl fragt nach der Relevanz der Frage. RA Narin sagt, es gehe um eine mögliche frühere Identifizierung der Täter, daran wolle sich der Zeuge nicht erinnern. Oberstaatsanwalt Weingarten wirft ein, die Formulierung, der Zeuge wolle sich nicht erinnern, sei eine Unverschämtheit. RA Narin entschuldigt sich. Menzel wiederholt, er habe Wießner am 4. November weder angerufen noch kontaktiert, habe aber am 5. November mit ihm gesprochen. Er habe am 4. November anderes im Kopf gehabt. Er hätte, so Menzel, am 4. November andere Maßnahmen treffen können, wenn er es gewusst hätte. Menzel: „Sie kennen den Zustand der Personen im Wohnwagen. Den Böhnhardt hätte man auch nicht erkennen können, wenn man ihn gekannt hätte.“

RA Narin fragt nach der Thüringer Banküberfallreihe, von der Menzel gesprochen habe. Menzel sagt, es sei reiner Zufall, dass die BAO, die ihm vorher dazu anvertraut worden sei, „Trio“ geheißen habe. Auf Frage von RA Narin erläutert Menzel das Täterprinzip bei der Tatortarbeit. Das sei eine Frage der Taktik, des Herangehens, welche Spur präferiert werde, welche später gesichert. Zunächst habe er das Tatortprinzip angeordnet. Erstmal sei der Tatort fotografisch gesichert worden. Das Wohnmobil sei so spurenschonend wie möglich weggebracht worden, um dann eine sinnvolle Tatortarbeit durchführen zu können. Die Umstellung des Prinzips habe nichts mit verlorenen Spuren zu tun, es gehe nur um die Präferenz der Spuren. Nach der Identifizierung der Kiesewetter-Waffe sei das umgestellt worden. RA Narin fragt, ob in der Soko „Capron“ von einem dritten Projektil die Rede gewesen sei. Menzel sagt, Narin meine vielleicht „Hülse“. Es sei nicht die Rede davon gewesen.

RA Kuhn fragt nach den konkreten Anhaltspunkten für die Heranziehung der Vermisstensache Mundlos. Nach einer längeren Pause sagt Menzel, das seien mehrere Punkte gewesen, unter anderem die Auffindesituation der zwei Personen und es habe Erkenntnisse gegeben zu möglichen drei Personen. Daher sei diskutiert worden, wie die Identifizierung an schnellsten geschehen könne. Weil Gotha über keine eigenen Unterlagen verfügt habe, habe man sich wegen der Vermisstenanzeige an die Kriminalpolizeiinspektion Jena gewandt. Kuhn sagt, das sei am Nachmittag des 4. November gewesen, warum man dann von einer dritten Person ausgegangen sei. Menzel sagt, das sei am Abend gewesen. Auf eine dritte Person habe es keine Hinweise gegeben. Es sei nichts Ungewöhnliches, dass es Aussagen über dritte Personen gebe, das habe aber nicht nachgewiesen werden können. Aufgrund der Aussagen der Polizeibeamten und des Standortes des Wohnmobils könne man das ausschließen. RA Kuhn möchte wissen, ob andere Unterlagen hinzugezogen worden seien. Menzel sagt, zur Person Mundlos habe es Fingerabdrücke gegeben. Man sei davon ausgegangen, dass die zweite Person vielleicht Böhnhardt sei. Da habe man Hinweise auf Tätowierungen gehabt, dazu seien Bilder herangezogen worden, und man habe ihn anhand von DNA der Familie Böhnhardt identifizieren können. RA Kuhn wendet ein, er habe verstanden, Menzel hätte die Vermisstensache Mundlos am Abend beiziehen lassen. Seine Frage sei nun, ob Menzel weitere Erkenntnisquellen mit Merkmalen der Leiche habe beiziehen lassen. Er kenne die Vermisstenakte nicht, so Menzel, vielleicht seien da Fotos drin. Es sei nichts anderes beigezogen worden.
RA Kuhn fragt, wie Menzel zu jenem Zeitpunkt auf eine Vermisstensache Mundlos gekommen sei, die Auffindesituation und eine mögliche dritte Person seien keine Hinweise auf Mundlos. Nach einer Pause sagt Menzel, die Fortentwicklung bei der Soko vor Ort sei so gewesen, dass mehrere Informationen dort zusammen gezogen worden seien wie die zu den Wohnmobilanmietern und die Personenerkenntnisse zu Holger G. und dass es Unterlagen mit Bezug Rechts gebe und er aus Thüringen komme. Auch die Auffindesituation und die gefundene Dienstwaffe hätten eine Rolle gespielt. Diese Information seien dann in zwei bis drei Stunden in einem „Brainstorming“ zusammen getragen worden. Die Gerichtsmedizin habe den Auftrag gehabt, Fingerabdrücke zu nehmen. Nach der Abnahme lasse man das durch Datenbestand des BKA laufen. Da sei die Zusammenführung gewesen. Menzel: „Wenn ich Hellseher wäre, würde ich mich nicht als Polizeibeamter bezahlen lassen.“ RA Hoffmann sagt, es gehe nicht um das Unterjubeln von Fehlern oder eine Gedächtnisprüfung. Er will wissen, was dafür gesprochen habe, dass keine dritte Person vor Ort gewesen sei. Menzel sagt, die Situation sei sehr komplex gewesen. Das Wohnmobil sei geschlossen gewesen, was nicht für die Annahme spreche, dass ein Dritter weggelaufen sei. Eine Tatwaffe würde bei einer Flucht weggeschmissen werden, so Menzel, es sei aber alles akribisch abgesucht worden. Es seien Autoinhaber und Anwohner befragt worden und es gebe das „Schwergewicht der Aussagen der Polizisten“. Auch die Auffindesituation, die Stellung und Zuordnung der Waffen habe den Eindruck gemacht, dass die Personen sich selbst erschossen haben. Das sei sein Eindruck bei Betreten des Wohnmobils gewesen, er habe sich gleichwohl fachliche Hilfe genommen. Es sei diskutiert worden, ob es das gebe, was sie mit dem Fachbegriff „Situationsfehler“ bezeichneten, Fehler, die die Situation nicht erklären ließen. Es sei nicht ganz einfach gewesen, in das Wohnmobil zu kommen, so Menzel. Teile des Daches seien ins Innere hinein gefallen und es habe sich Löschwasser auf dem Boden befunden. Er habe sich einen Standplatz schaffen müssen. Um den Aufbau der abgelagerten Brandzehrungsteile nicht zu verändern, habe er eine Autofußmatte genommen und hingelegt. Er habe keine Sicherungsmaßnahmen an Waffen vorgenommen, die Waffen seien weder in Lage noch Zustand verändert worden. Wer die Waffe als erstes gesichert habe, könne er im Detail nicht sagen, aber das sei der Einsatzbereich Tatortarbeit gewesen, so Menzel auf Frage von RA Hoffmann. Das Wohnmobil sei im Ganzen abgeschleppt worden, und dann sei die Tatortarbeit gemacht worden. Hoffmann will wissen, ob Menzel wegen der Bankraubserie an dem Wochenende extra Personal parat gehabt habe. Menzel sagt, die Einsatzkräfte seien im Dienstplan gewesen. Es habe aber kein örtliches Konzept gegeben, sie seien nur für den Fall eines Einlaufs eines Überfalls vorgehalten worden.
RA , Verteidiger von Wohlleben, fragt zu den Aussagen zu einer dritten Person. Menzel sagt, die Prüfung laufe immer so ab, dass man eine einzelne Zeugenaussage habe, dann befrage man die Polizei-Kollegen, wenn eine Streife da sei. Es gebe immer wieder Infos, die sich zum Schluss in Luft auflösten oder nicht weiter führten. Eine Zeugin habe gesagt, dass sie, nicht zur Tatzeit, sondern vor der Tatzeit, eine Frau und zwei Männer gesehen habe. Die Polizeibeamten hätten sich eindeutig festgelegt. Sie hätten den Bereich einwandfrei einsehen können, auch unterhalb des Wohnmobils. Daher sei das unwahrscheinlich. Auf Klemkes Frage nach der Anzahl von Zeugenaussagen zu einer dritten Person am Tatort, verweist Menzel auf eine zweite Geschichte. Ein Zeuge habe ausgesagt, dass an einer Autobahnanschlussstelle eine Person als Anhalter habe mit genommen werden wollen. Das sei geprüft worden, auch mit dem Hubschrauber, und habe sich nicht bestätigt. Die Einvernahme sei später gewesen, das Ergebnis kenne er nicht.

RA Klemke will wissen, wann zum ersten Mal festgestellt worden sei, dass sich verstorbene Personen im Wohnmobil befinden. Mit seinem Eintreffen habe ihm der Polizeiführer vor Ort gesagt, dass die Feuerwehr rein geschaut habe, so Menzel. Der Brand sei wohl 12.06 Uhr gemeldet worden, die Ablöschung habe gegen 12.20 Uhr stattgefunden. Es müsse zwischen 12.20 Uhr und 12.40 Uhr gewesen sein. Die Feuerwehr habe mitgeteilt, dass sie hinein gegangen sei, um von innen zu löschen. Eine Person sei tot festgestellt, bei dem zweiten hätten sie es nicht so genau gewusst. Er denke, so Menzel auf RA Klemkes Frage, dass er die Rechtsmedizin kurz nach seinem Eintreffen angefordert habe, so gegen 13 Uhr. Das sei eine kriminalpolizeiliche Standardmaßnahme. Die Rechtsmedizin sei vor dem Abtransport vor Ort gewesen. Wann die Rechtsmedizin da gewesen sei, könne er nicht mit Sicherheit sagen, wohl um 14 Uhr herum. Klemke hält vor, Kriminaloberkommissar Lo. habe vermerkt, die Rechtsmedizin sei um 13.12 Uhr eingetroffen. Das könne sein, so Menzel. Es seien keine weiteren Sicherheitsbehörden vor Ort gewesen, antwortet Menzel auf Frage von RA Klemke. „Wichmann TV“ und die Presse hätten Aufnahmen gemacht, auch davon, wer im Absperrbereich war, das sei alles zuzuordnen. Dort habe keine Person Zutritt gehabt, von der er nicht gewusst hätte. Menzel bestätigt, dass diese Einschätzung den inneren Bereich betrifft.

RAin Schneiders, Verteidigerin von , will wissen, warum die Rechtsmedizin Jena angefordert worden sei. Seit der Zentralisierung sei das, so Menzel, die einzige Rechtsmedizin in Thüringen, die dafür zuständig sei. RAin Schneiders sagt, Wießner habe im Bundestags-Untersuchungsausschuss angegeben, Menzel habe am 5. November gesagt, wenn er jetzt nichts sage, gehe er, Menzel, ins LfV und beschlagnahme die Akten. Schneiders will wissen, ob Menzel eine solche Aussage getroffen habe. Menzel verneint das. Er habe am 5. November mit Wießner gesprochen in der Frage, ob dieser Hinweise geben könne auf den Aufenthaltsort von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe. Es sei ihm nicht erinnerlich, dass eine Aktenbeschlagnahme eine Rolle gespielt habe. Das könne er sich nicht erklären. Er sei auch nicht davon ausgegangen, dass das LfV vom Aufenthalt der drei gewusst habe. RAin Schneiders hält vor, Wießner habe angegeben, der PD-Leiter Gotha habe vermutet, dass das LfV all die Jahre ganz genau gewusst habe, wo die drei waren. Menzel sagt, damit sei nicht er gemeint.
Auf Frage von Nebenklagevertreter RA Stolle sagt Menzel, gegen 17 Uhr am 4. November habe er den Auftrag gegeben, mit der Polizei in Bad Nenndorf Kontakt aufzunehmen zur Prüfung der Wohnanschrift von Holger G. Gegen 19 Uhr sei die Information gekommen, dass G. dort wohnhaft sei und dass Erkenntnisse vorlägen zu rechtsorientiertem Verhalten. Es gebe einen Bezug nach rechts und G. sei in Thüringen geboren, da sei der Zusammenhang. Es habe keinen speziellen Auftrag gegeben, nach rechts zu schauen, bei einer Personenaufklärung würden alle Erkenntnisse mitgeteilt. Auch in Thüringen sei das nochmal abgefragt worden.

RA Stolle sagt, Menzel habe ausgesagt, Mundlos sei am 5. November um 3.15 Uhr identifiziert worden aufgrund von Fingerabdrücken in der Verbunddatenbank des BKA. Unklar sei, warum dann schon am 4. November die Vermisstenakte beigezogen worden sei. Götzl weist darauf hin, die Frage sei schon beantwortet. RA Stolle erwidert, es gebe hier einen Widerspruch in den Aussagen. Menzel sagt, durch den Abgleich der Fingerabdrücke sei der Hinweis gekommen, dass es sich um Mundlos handele. Dann sei auch die Akte beigezogen worden. Erst sei der Abgleich der Fingerabdrücke gekommen, dann die Akte, nicht umgekehrt. Er habe nicht gewusst, um wen es sich handelt. RA Klemke will wissen, ob die Rechtsmedizin Menzel schon am Tatort habe helfen können. Menzel sagt, die Verletzungen seien so groß gewesen, dass es keine kleinkalibrige Waffe gewesen sein könne. Bei Böhnhardt sei das Gesichtsfeld zerstört gewesen. In der Nähe habe ein „Pump-Action-Gewehr“ gelegt. Ein ähnliches Bild habe sich bei Mundlos gefunden. Das sei eigentlich bei Erstbefund klar gewesen, er habe sich aber eine Zweitmeinung einholen wollen. RA Klemke fragt nach weiteren Beschädigungen am Wohnmobil. Das Dach sei, so Menzel, im großen Teil durchgebrannt, das sei eine Aluminiumhaut. Die Außenfenster seien beschädigt gewesen. Die linke Scheibe sei wegen thermischer Belastung zerstört worden, die rechte Scheibe sei von der Feuerwehr zerstört worden. Die habe die Tür nicht öffnen könne, deshalb sei der Löschstrahl dort eingebracht worden. Auf Frage von RA Narin sagt Menzel, er habe am Körper von Mundlos keine Verletzung festgestellt, die nicht mit der Schussverletzung korrespondiere. Die Rechtsmedizin habe drei Aussagen getroffen: Die Verletzungen passten zur Winchester, es habe keine Abwehrverletzungen gegeben und es handele sich um eine Tötung durch Suizid. Er wisse nicht, ob später eine erneute Obduktion angeordnet wurde, er habe veranlasst, die Leichen einfrieren zu lassen.

Die Vernehmung endet um 16.14 Uhr.

Nach einer Pause folgt um 16.38 Uhr der Zeuge Ba., dessen Vernehmung fortgesetzt wird (siehe Protokoll zum 36. Verhandlungstag). RA Scharmer fragt, ob die Zeugin Dz. (siehe Protokoll zum 51. Verhandlungstag) Ba. gegenüber Junkies oder Nazis erwähnt habe, was Ba. bestätigt. Dann geht es um eine Spurenauswertung zu einem Zeugen namens Ahmed So. An die Vernehmung des Zeugen kann sich Ba. zunächst nicht erinnern. RA Scharmer sagt, es handele sich um einen türkischen Polizeibeamten, der sich in Abschiebehaft befunden habe. Er hält vor, So. habe sich per Mail gemeldet, bei der Vernehmung habe er angegeben, dass die Täter keine Türken seien, sondern türkenfeindliche Deutsche mit rechtsradikalem Hintergrund, Türken würden so etwas nicht machen. Weiter habe So. angegeben, einen 21-Jährigen wie bei der letzten Tat zu töten, würden türkische Kreise und Mafia nicht machen. Außerdem habe So. von einem Schalldämpfer gesprochen, und davon, dass die Waffe mit einer Plastiktüte umwickelt gewesen sein könne. Die Waffe würde trotz Schalldämpfer noch Knallgeräusche machen, deswegen sei vielleicht Spezialmunition verwendet worden, habe So. ausgesagt, außerdem wolle er angeben, dass die Phantombilder von einem der Tatorte mit Köln übereinstimmten. RA Scharmer datiert das auf Ende April [2006]. Ba. sagt, er erinnere sich an eine Vernehmung in Büren in der Abschiebehaftanstalt, aber nicht an Inhalte. Danach befragt, ob es Ermittlungen in diese Richtung gegeben habe, sagt Ba., er sei selbst nur temporär in der Mordkommission gewesen, habe einen eigenen „herausragenden Mordfall“ gehabt und nicht alle Spuren bis zum Ende durchgearbeitet. RA Stolle fragt nach der 2. Operativen Fallanalyse aus Bayern. Ba. sagt, auch damit sei er nicht befasst gewesen. RA Sidiropoulos fragt nach der äußerlichen Beschreibung der Männer durch die Zeugin Dz. Ba. sagt, Dz. habe von Junkies oder Nazis gesprochen und von einem grimmigen Gesichtsausdruck. Er meine, sie habe bei den Männern von heller Kleidung und hellen Haaren gesprochen. Dann will Sidiropoulos wissen, ob die Äußerungen der Zeugin zum Aussehen der Männer bei der Auswahl der Bilder bei der Wahllichtbildvorlage eine Rolle gespielt hätten. Ba.: „Ja, natürlich.“ Die Vernehmung endet um 16.49 Uhr.

Es folgt der Zeuge Sch. (siehe Protokoll zum 36. Verhandlungstag). Nebenklagevertreter RA Ilius sagt, Sch. habe angegeben, Leiter der Mordkommission gewesen zu sein, und will wissen, ob dort auch Staatsschutzbeamte einbezogen worden seien. Sch. bestätigt das, diese seien aber nicht als Staatsschützer einbezogen worden. Dann will Ilius wissen, wer von der BAO „Bosporus“ nach Dortmund gekommen sei. Sch., nennt den Namen Mi., aber weitere Beamte könne er nicht aufzählen. Ilius fragt, ob die BAO damals über die Beobachtungen von Dz. informiert worden seien. Bei der ersten Absprache nicht, so Sch., aber im weiteren Verlauf. RA Ilius hakt weiter nach, Sch. habe gesagt, dass Mehmet Kubaşık eine völlig weiße Weste gehabt habe, was im Widerspruch zur Organisationstheorie stehe. RA Ilius fragt, wann Sch. zu dieser Auffassung gekommen sei. Das könne, er nicht mehr sagen, so Sch. Er bestätigt, dass Elif Kubaşık darauf hingewiesen habe, dass es sich um ein fremdenfeindliches Motiv handeln müsse. RA Ilius zitiert aus einem Bericht der „Westfälischen Rundschau“ vom 26. März 2007, demzufolge das Motiv im Dunkeln liege und für Elif Kubaşık nur ein fremdenfeindlicher Hintergrund denkbar sei. Sch. verweist auf den Zeitpunkt fast ein Jahr nach der Tat. RA Ilius: „Richtig, aber die Ermittlungen sind ja weiter gegangen.“

RA Stolle möchte wissen, welche Ermittlungsschritte eingeleitet worden seien, nach dem Sch. ja angegeben habe, dass nach den Taten in Dortmund und Kassel auch die Einzeltätertheorie mit einem ausländerfeindlichen Täter verfolgt worden sei. Sch. sagt, es sei versucht worden, elektronische Spuren zu erfassen: Verbindungsdaten, Funkzellenauswertungen, EC-Karten-Einsätze, Radarüberprüfungen und Autovermietungen. Dabei sei nach Doppeltreffern gesucht worden. Das seien Ermittlungen unabhängig von der Theorie, erwidert RA Stolle, es gehe ja um einen ausländerfeindlichen Serienkiller. Sch. sagt, in der Analyse seit es nicht nur um ausländerfeindliches Gedankengut gegangen, sondern auch um einen möglichen Anker in Nürnberg. Die Auswertung elektronischer Daten gehe schon in Richtung der Operative Fallanalyse. RA Stolle fragt, ob der zuständige Staatsanwalt Artkämper Ermittlungsanregungen gegeben habe, was Sch. verneint. Stolle will aus einem „Spiegel“-Artikel zitieren, Götzl unterbricht und sagt, es solle nicht gefragt werden, „was Sie alles mal interessiert hätte“. Er droht an, die Fragen zu beanstanden.

Aus der Nebenklage wird Sch. gefragt, ob die Beschreibung als Junkietypen die einzige Beschreibung der Zeugin Dz. gewesen sei. Sch. sagt, zu einem späterem Zeitpunkt sei die Beschreibung „Nazi“ aufgetaucht. Sch.: „Ich weiß nicht, wie das da rein gekommen ist.“ RAin von der Behrens hakt hier nach. Sch. sagt, Dz. sei nochmal vernommen worden und habe da von „Nazi“ gesprochen, er wissen nicht, wie das da rein kommt. Von der Behrens fragt Sch., ob er bezweifle, dass das was er geschrieben habe, von der Zeugin gesagt wurde. Sch., sagt, er nehme an, dass die Zeugin das so erwähnt habe. Er habe dem die Bedeutung beigemessen, dass ein ausländerfeindliches Motiv nicht außer Acht zu lassen sei. Es seien aber aber keine weiteren Schritte möglich gewesen. Von der Behrens fragt, ob die Ermittler in Dortmund wie in Nürnberg, beim LfV angefragt hätten, was Sch. verneint. Von der Behrens fragt nach den Gründen. Sch. antwortet, weil Nürnberg das gemacht habe. Dann fragt RAin von der Behrens, ob Sch. wisse, ob aus Nürnberg Anfragen zu Nazis aus Dortmund gemacht wurden und ob für ihn selbst die Neonaziszene in Dortmund relevant gewesen sei. Sch. verneint beides. Von der Behrens fragt, welche Ermittlungen sich nach der 2. Operativen Fallanalyse angeschlossen hätten. Götzl beanstandet, das sei eine hypothetische Frage. Dann fragt RAin von der Behrens, ob Sch. bekannt ist, dass es in Dortmund vor dem Mord an Kubaşık vier Morde von Neonazis gegeben hat, drei Polizistenmorde durch den Neonazi Berger [Juni 2000] und 2005 den Mord an einem Punker [März 2005]. Es sei ihm bekannt, so Sch. Dass es in Dortmund eine Szene um die Band „“ gibt, die sich als „“ begreift und den „führerlosen Widerstand“ propagiert, wisse er nicht. Von der Behrens fragt, ob Sch. aufgrund der Morde Anlass gehabt habe, auch in der Dortmunder Naziszene zu ermitteln, was der verneint. Es seien auch keine Nazis abgeprüft worden, die in der Nähe des Tatortes gewohnt hätten, so Sch.. Nachdem Götzl erneut eine Frage von RAin von der Behrens beanstandet hat, fragt diese, ob Sch. bekannt sei, dass [Neonazi, V-Mann] in der Nähe gewohnt habe. Das sei erst 2011 bekannt geworden, so Sch.. Dann fragt die Anwältin weiter, ob Sch. bekannt sei, dass [Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt, bekannter Dortmunder Neonazi] in der Malinckrodtstraße gewohnt habe. Götzl beanstandet die Frage. Auf Frage von RAin von der Behrens, ob untersucht worden sei, ob in zeitlicher Nähe zu dem Mord Anschläge auf türkische Personen verübt worden seien, sagt Sch., es seien „sämtliche Kleinbetriebe in der Nordstadt“ überprüft worden, ob sie angegangen wurden. Die Anwältin will wissen, ob Sch. bekannt ist, dass es einen Brandanschlag auf ein türkisches Bildungszentrum in Dortmund gegeben habe. Götzl beanstandet die Frage. Von der Behrens sagt, der Tatort finde sich in den Ausspähnotizen des Trios, das sei vier Tage vor der Tat gewesen. Götzl fragt wieder nach der Relevanz. Von der Behrens antwortet, die Relevanz seien die fehlenden diesbezüglichen Ermittlungen. Es folgt eine erneute Infragestellung durch Götzl. RAin von der Behrens macht deutlich, aufgrund fehlender Ermittlungen hätten die Täter gewusst, dass der nächste Mord ohne Bekennerschreiben wieder dazu führen würde, dass gegen die Opfer ermittelt wird. Bundesanwalt Diemer sagt, der Prozess sei kein Untersuchungsausschuss, die Nebenklagevertreter seien „keine frei gewählten Abgeordneten, die fragen können, was sie wollen“. Es gehe um Schuld und Strafe, Aufgabe der Nebenklage sei, hieran mitzuwirken. Die Beschleunigung sei ein verfassungsmäßiger Grundsatz. Es könne nicht um Ermittlungsfehler gehen. RA Scharmer betont, der Unterschied sei der Nebenklage bewusst. Zeitungsausschnitte belegten, dass die Täter über die Ermittlungen Bescheid wussten. Die Tatfolgen, so RA Scharmer, bezögen sich auch darauf, welche Ermittlungen geführt wurden. Die Frage müsse erlaubt sein. RA Scharmer fragt dann, ob sich Sch. erinnere, dass die Zeugin Dz. nochmals von Junkies oder Nazis gesprochen habe. Sch. sagt, er habe das Video vorgeführt und dann den Vermerk geschrieben. Er gehe davon aus, dass sie es so gesagt hat. Dann hält Scharmer eine Aussage eines Zeugen Kü. vor, der angegeben habe, er sei gegen 13.30 Uhr nach Schulschluss in der Nähe des Internetcafés in der Malinckrodtstraße gewesen, alles sei abgesperrt gewesen, an der gegenüberliegenden Hausecke habe eine männliche Person gestanden, eine Frau sei dazu gekommen. Die Frau habe gesagt: ‚Lass uns jetzt schnell verschwinden.‘ Das sei ihm komisch vorgekommen und habe vielleicht mit der Tat zu tun. Die sei 20 bis 25 Jahre alt gewesen, auffallend dünn und habe schulterlange Haare gehabt, der Mann sei 30 bis 36 gewesen, einen Kopf größer als die Frau, von normale Statur und habe kurze rasierte Haare gehabt. Sch. sagt, er erinnere sich an die Spur. RA Scharmer hält vor, Sch. habe dieser Spur nicht in Tatzusammenhang gebracht. Sch.: „Wenn das so da drin steht, wird das wohl so gewesen sein.“ Dann fragt RA Scharmer nach den Angaben des schon erwähnten Zeugen So. Unter anderem hält RA Scharmer vor, So. habe angegeben, die Täter wohnten weit weg von den Tatorten, das sage ihm seine kriminalistische Erfahrung. Sch. sagt, der Zeuge spekuliere. RA Scharmer sagt, So. habe im April 2006 von einem Schalldämpfer gesprochen, seiner Kenntnis nach sei das aber erst im Juni bekannt geworden. Er wisse nicht, dass das vorher Thema gewesen sei, so Sch.. RA Scharmer sagt, Sch. habe die Spur als erledigt bewertet. Weder die Erwähnung von Nazis noch diese beiden Spuren tauchten im vorläufigen Abschlussbericht auf, daher will RA Scharmer wissen, ob die Spuren an die BAO „Bosporus“ weiter geleiten worden seien. Sie hätten alle Spuren turnusmäßig vorgestellt, so Sch.. RA Erdal fragt, ob die Auswahl und Zahl der Opfer kein Anlass gewesen sei, in der Naziszene zu ermitteln. Sch.: „Das ist wohl richtig.“ RA Erdals Frage, ob Sch. die Brandanschläge in Mölln und Solingen bekannt seien, beanstandet RA Klemke. RA Erdal ändert seine Frage und will von Sch. wissen, ob ihm bekannt sei, dass in Deutschland Neonazis Anschläge auf Ausländer verüben. Das sei ihm bekannt, man rede hier aber von unterschiedlichen Taten. Einziges verbindendes Element sei die Ceska gewesen. RAin Schneiders fragt, ob die Zeugin Dz. ihm gegenüber zeitliche Angaben zu ihrer Wahrnehmung gemacht habe. Das bestätigt Sch., er könne sich aber nicht erinnern. Die Vernehmung endet um 17.26 Uhr.

Götzl sagt, der für heute vorgesehene Zeuge Enrico Th. werde für den 4. Dezember neu geladen. Dann verliest Nebenklagevertreterin RAin Seda Basay eine Stellungnahme zum Antrag der Verteidigung Zschäpe, die Vernehmung der Zeugin E. an deren Wohnort durchzuführen. Durch die Videovernehmung sei das Unmittelbarkeitsprinzip gewahrt. Das Gericht könne sich einen eigenen Eindruck machen. Es gebe eine direkte Kommunikation zwischen den Beteiligten, die wesentlichen körperlichen Reaktionen könnten wahrgenommen werden, spontane Nachfragen seien möglich. Die durch die Verteidigung Zschäpe zitierte BGH-Entscheidung betreffe einen völlig anderen Sachverhalt, nämlich den der Auslandszeugen. Bei der Videovernehmung sei auch ein Einfluss auf Befragung durch die Verteidigung möglich. Warum eine konfrontative Befragung nicht möglich sein sollte, erschließt sich nicht. Bundesanwalt stimmt dem zu. Zur kommissarischen Befragung sagt Diemer, diese helfe bei der weiteren Aufklärung nicht – auch nicht im Interesse der Angeklagten. Das sehe er auch so, sagt Götzl, bei einer kommissarischen Befragung habe man einen Urkundenbeweis, in der Hauptverhandlung liege nur das Protokoll vor. Das sei „nicht ganz unrichtig“, so RA Stahl, es sei aber nur eines von mehreren denkbaren Szenarien. Fakt sei, dass die Verteidigung ein Anrecht auf Anwesenheit auch bei einer kommissarischer Befragung habe. RA Schön sagt, es gebe den Antrag, die Zeugin nicht zu vernehmen. Es drohten weitere gesundheitliche Schäden, dieses Risiko sei nicht zu rechtfertigen. Dann könne die Verteidigung einen Beweisantrag stellen und erklären, was überhaupt von der Zeugin zu erfahren sei.

RA Klemke stellt zwei Beweisanträge. Zum einen solle der Dortmunder Polizeibeamte geladen werden, der am 5. April 2006 das Telefonat angenommen hat, bei dem sich eine Frau mit dem Namen Dz. gemeldet und von zwei besoffenen Junkies am 3. April um 00.30 Uhr berichtet habe. Zum anderen solle der Beamte geladen werden, der die Vernehmung durchgeführt hat, bei der Zeugin Dz. von zwei besoffenen Junkies am 3. April gesprochen habe, die „definitiv keinen rechtsradikaler Eindruck“ gemacht hätten.

Der Verhandlungstag endet um 17.38 Uhr.

Auf dem Blog NSU-Nebenklage kommentieren die Nebenklagevertreter Alexander Hoffmann und Dr. Björn Elberling die Widersprüchlichkeiten in der Aussage Menzels zu der Identifizierung von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos:

„Damit bleibt weiter der Verdacht, dass die Polizei bereits sehr viel früher als bislang zugegeben wusste, dass sie dem „Trio“ auf der Spur war. Nachfragen zu diesem Widerspruch wurden immer wieder vom Vorsitzenden Götzl beanstandet, der zu verhindern versuchte, dass die positive Darstellung der Fahndung nach dem 4.11.2011 in Frage gestellt wird.“

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