Protokoll 239. Verhandlungstag – 21. Oktober 2015

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Am heutigen Verhandlungstag werden Polizeibeamt_innen vernommen. Der erste, Tu., sagt zu der Vernehmung von aus. Diese war zum Zeitpunkt des Untertauchens der drei mit Ralf Wohlleben liiert und berichtete dem Thüringer Verfassungsschutz. Danach geht es in beiden Aussagen um Ausspähmaterial und Adresslisten des NSU, die ein weiteres Mal das Ausmaß der Planungen deutlich machen.

 

Zeug_innen:

  • Roberto Tu. (KPI Jena, Vernehmung von Juliane Walther 2012)
  • Ellen Bu. (BKA Wiesbaden, Ausspähmaterial des NSU für Banküberfälle)
  • Roman Gl. (BKA Meckenheim, Ausspähmaterial und Adresslisten des NSU )

Der Verhandlungstag beginnt um 09:43 Uhr. Als erstes wird der Zeuge Roberto Tu. gehört. Götzl: „Es geht uns um die Vernehmung der Zeugin Juliane Walther am 24. Januar 2012, wie die Situation war, um welche Themen es ging, wie das Verhalten Juliane Walthers war, all die Umstände.“ Tu.: „Also der KM Wi. und meine Person wurden vom BKA beauftragt, Juliane Walther als Zeugin zu vernehmen. Wir waren damals in die Ermittlungen integriert und dem BKA unterstellt. Als sie kam, erklärte ich ihr, warum sie da ist. Weil sie damals bei der Durchsuchung Mundlos festgestellt worden ist, dass es darum geht, zu klären, was ist an dem Tag damals passiert, was kann sie uns sagen. Sie hat gleich gesagt, sie kann sich eigentlich an nichts erinnern. Ich habe ihr erklärt,dass wir alles ruhig durchgehen werden. Ich habe sie belehrt, zur Person befragt, was man immer so macht, und habe sie dann gefragt, ob sie Kontakt zu den Personen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe hatte. Sie hat angegeben, dass sie 1997 Ralf Wohlleben kennengelernt hat und im Jugendclub ‚Impuls‘ in Lobeda-West verkehrt hat und die Drei kennengelernt hat. Wohlleben kannte die drei Personen wohl schon vorher.“

Tu. fährt er fort, dass Walther gesagt habe, sie sei am Tag des Untertauchens in einer Berufsschule gewesen, dass dorthin Uwe Böhnhardt gekommen sei und mitgeteilt habe, dass sie mitkommen soll, es könne sein, dass sonst der Ralf verhaftet wird. Tu.: „Sie hat sich in der Schule abgemeldet und vor der Schule den Volker He. festgestellt, mit dem sie dann nach Erfurt gefahren ist, wo Ralf in die Berufsschule gegangen ist. Mit einem roten PKW, weitere Angaben konnte sie zum PKW nicht machen. In Erfurt verblieb sie im Auto und Volker He. ist in die Schule gegangen. Als er zurück kam, hat er gesagt, er hat ihn nicht angetroffen. Sie sind nach Jena gefahren in die Prüssingstraße, wo sie den Ralf angetroffen hat. Er hat gesagt, er muss gleich weg, einige Sachen erledigen.“

Tu. weiter: „Sie ist dann nach ihren Angaben mit Volker He. gegen 15 Uhr in die Wohnung von Beate Zschäpe gefahren, um dort Sachen zu holen. Sie hatte wohl einen Schlüssel gehabt, woher, konnte sie damals nicht sagen. Sie hat dann Anziehsachen in einem blauen Müllbeutel mitgenommen. Dann sind sie nach ihrem Wissen mit dem PKW zur Wohnung Uwe Mundlos gefahren, wo sie gegen sechs Uhr eintrafen, aber als sie ankamen, war die Polizei schon da. Da konnte sie sich so gar nicht an was erinnern. Sie weiß, dass sie wieder weg ist, aber sie wusste nicht genau, ob sie danach in die Prüssingstraße mit Straßenbahn oder PKW gefahren ist. Und in den Abendstunden kam dann Ralf Wohlleben wieder in die Wohnung und sagte: Die Drei mussten verschwinden, aber sie muss sich keine Sorgen machen. Sie hat wohl einen Schlüssel zur Wohnung Uwe Mundlos damals gehabt, aber was sie mit dem Schlüssel gemacht hat, konnte sie nicht sagen. Sie sagte, sie wurde beauftragt, sie wegzuschmeißen. Wer sie beauftragt hat, konnte sie nicht mitteilen.“

Tu. fährt fort: „Sie hat dann wohl nochmal Ralf Wohlleben drauf angesprochen und er hat gesagt, dass er keinen Kontakt hat zu den Dreien und nicht weiß, was sie machen. Sie hat dann erzählt, dass sie vom Verfassungsschutz angesprochen worden ist. Das kam für uns überraschend, weil wir nicht danach gefragt haben. [phon.] Sie hat mehrmals Geld bekommen und jeweils gesagt, dass sie nicht weiß, wo die drei Personen sind. Sie hat Ralf mehrmals angesprochen, aber der hat auch immer gesagt, er weiß nicht, wo die Drei sind, er hat keinen Kontakt. Zum Bombenbau verneinte sie, dass sie Kenntnis davon hat. Es ging damals um den Tag, als die Drei untergetaucht sind, ob es weitere Unterstützer gab. Sie hat gesagt, dass sie nur mit dem Uwe Böhnhardt, Volker He. und Ralf Wohlleben Kontakt hatte. Wir haben gefragt, ob es in der rechten Szene Hinweise gab oder Gespräche darüber. Sie hat dann erzählt, dass sie eigentlich gar keine rechte Gesinnung hat, eigentlich nur mit Ralf Wohlleben war. Es gab wohl Besuche von Personen aus der rechten Szene in der Wohnung Ralf Wohlleben in der Prüssingstraße: André Kapke, , , Holger Gerlach, Volker He. und Robert He. Aber es sei eben nicht darüber gesprochen worden. Sie habe an einer Sonnwendfeier teilgenommen, Sommer 1998, aber da wurde da drüber auch nicht gesprochen, über die Drei.“

Tu. weiter: „Sie hat sich im Dezember 1998 von Ralf Wohlleben aus persönlichen Gründen getrennt, hat sie erzählt, und ist dann zu ihrer Mutter gezogen. Hatte noch sporadischen Kontakt zu Ralf Wohlleben, aber da war das dann auch nie wieder ein Thema. Wir haben gefragt, ob sie nach dem Untertauchen noch Kontakt hatte zu den drei Personen Mundlos, Böhnhardt, Zschäpe, was sie verneinte. Wir haben sie damit konfrontiert, dass sie am 27.01. auf der Polizei erschienen ist mit Vollmacht, dass sie den Schlüssel will für die Wohnung Beate Zschäpe. Sie sagte, das kann nicht so gewesen sein. Nach ihren Angaben, hat ihr jemand die Vollmacht gegeben, sie wüsste aber nicht wer. Wir haben gesagt, dass eine Aussage vorliegt, dass sie bei Frau Mundlos auf der Arbeit erschienen sein soll, dass die ein Konto einrichten lassen soll und die Kreditkarte Uwe Mundlos zukommen lassen. Sie hat gesagt, dass das nicht stimmt, sie wisse gar nicht, wo Frau Mundlos arbeitet. Nur dass der Vater Mundlos mal bei ihr gewesen ist und sie nach dem Aufenthaltsort gefragt hat.“

Auf den Vorhalt, dass sie das Trio bis 1999 unterstützt haben solle, logistisch, habe Walther gesagt, dass das totaler Blödsinn sei, so Tu. Walther habe gesagt, sie habe Wohlleben darauf angesprochen, dass dessen PKW längere Zeit nicht da gewesen sei, darauf habe Wohlleben laut Walther gesagt, das gehe sie nichts an. „Ein weißer Golf oder Peugeot zu der Zeit, genau konnte sie das nicht sagen. Ob sie weiß, ob andere Unterstützer noch Kontakt hatten, das hat sie auch verneint. Wir haben sie zur Paulchen-Panther-DVD gefragt, ob sie die kennt. Da hat sie gesagt, kennt sie nur aus den Medien, konnte sie auch nicht mehr zu sagen. Dann haben wir sie zum Komplex Michael [!] Kiesewetter, dem Polizistenmord, vernommen. Konnte sie auch nichts sagen, sie hat gesagt, dass sie den nicht kennt, nie in Oberweißbach war.“ Sie hätten gefragt, was sie dazu sagt, dass Wohlleben in Verdacht steht, Beihilfe zu Morden geleistet zu haben, so Tu. Tu. weiter: „Sie sagte, das kann sie gar nicht verstehen, er habe nie was mit Waffen zu tun gehabt, und sie hat gesagt, sie wusste auch nicht, dass er noch Kontakt zu den Drei hatte. Wir haben sie zu André Kapke gefragt. Sie wusste, dass André Kapke mit Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe befreundet war.“

Tu. fährt fort: „Wir haben zu Personen gefragt, ob sie die kennt. Zu den meisten hat sie gesagt, dass sie die nicht kennt. Nur Holger Gerlach, dass man den in Hannover besucht hat. Zu dem hat sie nur gesagt, dass er aus Saalfeld war. Hat sie vorher schon erwähnt, bei den Besuchen in der Wohnung, das Brehme aus Saalfeld dabei war. Von Maximilian Le. hat sie gesagt, dass der auch zu Besuch war, der hat Gitarre gespielt. Zu , dass der in der NPD war und Ralf zu dem Kontakt hatte. Und dass Tino Brandt in der NPD war und Ralf auch Kontakt hatte. Wir haben gefragt, ob sie das „“-Spiel kennt. Sagte sie, nur aus den Medien. Dann wurde die Vernehmung soweit beendet. Es war eine schwere Vernehmung, hat sich sehr lang hingezogen, weil ihr Wissen doch sehr gering war, meine Einschätzung. Wir haben öfters probiert, sie soll sich weiter erinnern.“

Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Sie sagten, Sie seien damals vom BKA beauftragt worden, Frau Walther zu vernehmen. Bei welcher Dienststelle waren Sie damals?“ Tu.: „KPI Jena, aber damals dem BKA unterstellt, Herr Wi. und meine Person.“ Auf Frage, seit wann er Kriminalbeamter bei der KPI Jena sei, sagt Tu., seit dem 1. Juni 1988. Er bejaht, im Rahmen seiner Unterstellung unter das BKA noch weitere Zeugen vernommen zu haben. Auf Nachfrage nennt er und einen Thomas Wa. Bei sei er auch mit dabei gewesen. Tu.: „Da fällt mir noch ein, das die Frau Walther erzählt hat, dass Jürgen Helbig auch ab und zu zu Besuch kam mit Frau und Schwester und dass Ralf Wohlleben ein freundschaftliches Verhältnis zu Herrn Helbig hatte.“

Klemke fragt, ob Tu. der Name Marco Do. M. Das verneint Tu. Klemke: „Bei den Befragungen, die Sie durchgeführt haben, kam da das Gespräch von einem Zeugen mal auf Ron E.?“ Tu. schweigt kurz und sagt dann: „Ich weiß, dass es im Rahmen von Ermittlungen um Brüder E. mal ging, im Rahmen von Ermittlungen.“ Klemke: „Wie heißt der andere Bruder?“ Tu.: „Ron und Gil, wenn es um die geht.“ Klemke: „Welche Rolle haben die gespielt?“ Tu.: „Ich habe da keine Ermittlungen geführt. Ich weiß, dass sie Kontakte in die Schweiz hatten. Da war ich nicht Ermittlungsführer. Es geht ja jetzt um die Vernehmung Juliane Walther, da hat das keine Rolle gespielt.“ Klemke: „Ich frage aber nach Ron und Gil E. Welcher Art waren denn die Kontakte von Ron und Gil E. in die Schweiz?“ Tu. verneint, dass ihm von Kollegen Einzelheiten bekannt geworden seien zu den Beziehungen der Brüder E. in die Schweiz.

Auf Frage sagt Tu., er sei Mitte, Ende der 90er Jahre in der Abteilung Staatsschutz der KPI Jena gewesen. Klemke: „Mit welchen Personen, die verfahrensrelevant sind, haben Sie sich im Rahmen Ihrer Tätigkeit beim Staatsschutz beschäftigt?“ Tu.: „1998?“ Klemke: „Mitte, Ende der 90er Jahre.“ Tu.: „Kann ich nicht mehr sagen, ob es da Verfahren gab, die ich bearbeitet habe, oder ob es da Verfahren gab.“ Klemke fragt nach der KS Jena. Tu.: „Das war eine lose Vereinigung, ja.“ Klemke: „Eine lose Vereinigung?“ Tu.: „Ja, das war keine Partei oder so.“ Klemke: „Warum war die Vereinigung lose?“ Tu.: „Es war kein eingetragener Verein, es war keine Partei.“ Klemke: „Was ist Ihnen noch bekannt zur Kameradschaft Jena?“ Tu.: „Es sollen in der Kameradschaft verschiedene Personen gewesen sein: Tino Brandt, Ralf Wohlleben, André Kapke.“ Klemke: „Also Tino Brandt setzen Sie in Verbindung mit der Kameradschaft Jena?“ Tu.: „Ja.“

Klemke: „Was für eine Rolle spielte nach ihren Erkenntnissen Tino Brandt in der Kameradschaft Jena?“ Tu.: „Er war einer der Wortführer in der Kameradschaft Jena, das ist mir erinnerlich, aber was konkret kann ich nichts mehr dazu sagen.“ Klemke: „Waren Sie auch eingebunden in Ermittlungen gegen den so genannten ?“ Tu.: „Auch ein Begriff, wo die auch- Das war auch keine Partei und kein eingetragener Verein, und dort waren diese Personen-, wurden da- Also, Ermittlungen in dem Sinne gab es dazu nicht, aber es war bekannt, dass die Personen dazu gehören: André Kapke, Ralf Wohlleben, Tino Brandt.“ Klemke: „Aufgrund welcher Tatsachen ist Ihnen das bekannt geworden?“ Tu. sagt, er könne sich nicht mehr erinnern. Klemke: „Was ist Ihnen über Aktivitäten der Kameradschaft Jena Mitte, Ende der 90er Jahre bekannt, natürlich im Rahmen Ihrer dienstlichen Tätigkeit?“ Tu.: „Also ich weiß, dass es Ermittlungsverfahren gab, wo eine Puppe aufgehangen wurde an der Autobahn. Und dass man am Theaterplatz eine Bombe gefunden hat, also einen Koffer, wo man in die Richtung ermittelt hat gegen Personen.“

Klemke: „Gegen Einzelpersonen oder ganz pauschal?“ Tu.: „Es wird ja immer in alle Richtungen ermittelt.“ Klemke sagt, die Frage sei nicht beantwortet: „Gegen Personen oder pauschal gegen die Kameradschaft Jena?“ Tu.: „Gegen Personen der rechten Szene in dem Sinne. Da gab es ja auch andere Personen, nicht bloß Wohlleben oder Kapke, auch andere Personen. Auch eine Person aus Stadtroda spielte damals eine Rolle, auf den Namen komme ich jetzt nicht, den wir überprüft haben, der hatte aber mit dem THS nichts zu tun gehabt.“ Klemke: „Wer war damals Leiter der Abteilung Staatsschutz in Jena?“ Tu.: „Das war Herr Kö.“ Er selber habe da 1995 angefangen, da sei Kö. schon Leiter gewesen, bis zu dessen Rente 2012, so Tu. auf Frage. Klemke bittet um eine Unterbrechung, es gebe Beratungsbedarf. Es folgt eine Pause bis 10:45 Uhr.

Danach fragt Klemke: „Ich hatte vorher ja schon mal den Namen M. erwähnt. Waren Sie in Zusammenhang mit Ermittlungen im Komplex des sogenannten NSU mal beauftragt, eine mögliche Treffwohnung zu ermitteln?“ Tu. schweigt kurz und sagt dann: „Meinen Sie das in Lobeda?“ Klemke: „In der Nähe des Klinikums, heißt es in den Akten.“ Tu.: „Ja.“ Klemke sagt, Tu. solle mit einem Kriminalbeamten Wi. dort gewesen sein. Tu.: „Ja.“ Klemke: „Was können Sie dazu sagen?“ Götzl bittet um Fundstelle, die ihm Klemke zunächst nicht sagen möchte. Dann nennt Klemke aber doch eine Aktenfundstelle. Klemke: „Was haben Sie für eine Erinnerung, Herr Tu.?“ Tu. sagt nach kurzem Schweigen: „Ich kann mich da jetzt nicht dran erinnern, nur dass wir da ermittelt haben.“ Klemke: „Soll etwas mit dem Herrn M. zu tun gehabt haben, der angegeben haben soll gegenüber der KPI Jena, 2006 dort Frau Zschäpe getroffen zu haben oder mit ihr zusammengetroffen zu sein, jedenfalls sie dort gesehen zu haben.“ Tu.: „Wenn, dann hat da das BKA sicherlich ermittelt und wir haben wahrscheinlich versucht rauszubekommen, wo diese Wohnung gewesen sein könnte.“ Auf Nachfrage sagt Tu.: „Konkret konnten wir die Wohnung nicht feststellen.“

Klemke: „Haben Sie im Rahmen der Ermittlungen im Komplex des so genannten NSU sonstige Ermittlungen durchgeführt?“ Tu.: „Ich habe viele Ermittlungsaufträge erhalten, sicherlich.“ Tu.: „Es ging auch damals drum, zu ermitteln, die Fliegerhalle, weil dort mögliche Unterlagen von Frau Zschäpe liegen könnten. Daran kann ich mich erinnern.“ Klemke fragt nach dem Ergebnis. Tu.: „Da war ich in Urlaub, aber ich weiß, dass da Gegenstände gefunden wurden bei der Suche.“ Er selber sei da nicht vor Ort gewesen. Klemke: „Und sonst? Ich frage Sie nach weiteren Ermittlungen.“ Tu.: „Bei Feuerwehren [phon.] haben wir ermittelt, ich weiß die Hintergründe nicht mehr. Dann Energieanbieter, wo es drum ging, die Wohnung rauszubekommen.“ Es seien verschiedene Aufträge gekommen, es sei ein größerer Komplex gewesen. Klemke: „Haben Sie auch Administrativmaßnahmen durchgeführt?“ Tu.: „Heißt?“ Klemke: „Zum Beispiel Durchsuchungen.“ Tu.: „Also, ich war dann bei der Durchsuchung Länger. Aber da war ich, glaube ich, nicht direkt beteiligt, aber ich war dann vor Ort kurzzeitig.“ Klemke fragt nach weiteren Durchsuchungen.“ Tu.: „Bei dem Herrn Liebau war ich dann noch.“

Klemke: „Der Name Ralf Wohlleben, sagt der Ihnen was im Zusammenhang Durchsuchungen?“ Tu.: „Bei Wohlleben war ich natürlich auch.“ Klemke: „Was heißt: natürlich?“ Tu. sagt, das sei die Anfangszeit gewesen, er habe den Kollegen gezeigt, wo Wohlleben wohnte. Klemke: „Wie lief die Durchsuchung ab?“ Tu.: „Die wurde vom BKA geleitet, ich war da nur mit.“ Klemke: „Was haben Sie da gemacht?“ Tu.: „Ich habe dort mit durchsucht, soweit ich weiß.“ Klemke: „Welche Erinnerung haben Sie daran?“ Tu. schweigt zunächst etwas, dann sagt er: „Dass es frühmorgens war, den Tag kann ich nicht sagen. Dass der Herr Wohlleben, die Frau Wohlleben und auch die Kinder anwesend waren, das weiß ich. Dass durch mehrere Personen die Wohnung durchsucht wurde.“

Klemke: „Waren Sie an diesem Tage nur in der Wohnung des Herrn Wohlleben und dessen Familie oder auch noch woanders?“ Tu.: „Soweit ich mich erinnere, sind wir dann noch in die Jenaer Straße 25 gefahren, zu den Garagen. ‚Braunes Haus‘ hieß das damals und da gab es Garagen, das wurde durchsucht.“ Klemke fragt, ob da „Braunes Haus“ dran gestanden habe. Tu.: „Nein, bei uns hieß das so, weil das ein Treffpunkt der rechten Szene war.“ Klemke: „Von wem stammte der Begriff?“ Tu.: „Kann ich nicht sagen.“ Klemke: „War das die offizielle Bezeichnung dieses Objekts in Ihrer Dienststelle?“ Tu. „Nein, das war die Jenaer Straße 25.“ Klemke: „Und da sind lediglich Garagen durchsucht worden?“ Tu.: „An dem Tag, ja.“ Klemke: „Und das Wohngebäude ist völlig unbehelligt geblieben?“ Tu,: „Ich kann mich daran nicht erinnern, dass das Gebäude mit durchsucht worden ist.“ Klemke: „Sind denn bei den Durchsuchungen irgendwelche verbotenen Gegenstände gefunden worden, insbesondere Waffen?“ Tu.: „Was sichergestellt worden ist, hat vielleicht das BKA aufgelistet, da habe ich keine Kenntnis drüber, was gefunden wurde.“

Klemke: „Sie sagten, dass Sie Mitte, Ende der 90er Jahre bei der KPI Jena beim polizeilichen Staatsschutz waren. War das dort nach gewissen Schwerpunkten aufgeteilt?“ Tu.: „Nein.“ Klemke: „Also, Sie haben alles gemacht, was Staatsschutz anbelangt?“ Tu. „Ja.“ Klemke. „Unabhängig von der vermuteten politischen Zielrichtung?“ Tu.: „Richtig. Das ist immer noch so.“ Klemke: „Hat es bei den Ermittlungen zu dieser Bombenattrappe Theaterplatz usw. gegen mutmaßliche Mitglieder der Kameradschaft Jena geheime Ermittlungsmaßnahmen gegeben?“ Tu. sagt, er sei vor Ort gewesen, als die Theaterbombe festgestellt worden sei, aber das Verfahren habe dann aber das TLKA übernommen. Klemke: „Sind Ihnen irgendwelche Ermittlungsverfahren bekannt durch mutmaßliche Mitglieder der KS Jena wegen des Verdachts von Gewaltstraftaten gegen Ausländer?“ Tu.: „Kann ich im Moment nicht, nein, habe ich keine Erinnerungen.“ Klemke: „Sind Ihnen Ermittlungsverfahren bekannt wegen Volksverhetzungsdelikten gegen Ausländer?“ Tu.: „Ich habe jetzt keine Erinnerungen mehr.“ Klemke: „Die gleiche Frage hinsichtlich Personen, die dem THS zuzurechnen waren damals.“ Tu.: „Ich kann mich an ein Verfahren erinnern, gegen André Kapke wegen einer Körperverletzung in Winzerla. Weiß nicht mehr, wann das war. “ Klemke: „War das mutmaßliche Opfer ein Ausländer?“ Tu.: „Ich glaube, das war eine Person der linken Szene, nicht Ausländer.“ Klemke: „Eben, ich habe nach Ausländern gefragt.“

Klemke fragt nach diesbezüglichen Verfahren gegen dem Nationalen Widerstand Jena zuzurechnende Personen. Tu.: „Wie gesagt, ich habe da jetzt keine Erinnerungen daran.“ Klemke: „Gab es denn derlei Ermittlungsverfahren, die ausgegangen sein sollen von Bewohnern oder Gästen der Jenaischen Straße 25 in Jena, von Ihnen scherzhaft ‚Braunes Haus‘ genannt?“ Tu.: „Wir sind jetzt immer noch in den 90er Jahren?“ Klemke sagt, das „Braunes Haus“ sei natürlich später gewesen, wohl in den 2000ern. Tu.: „Es gab Straftaten dahingehend, wo mal eine Versammlung der linken Szene war, wo der Ralf Kaiser [gemeint ist wohl Christian Kaiser]da mal Leute mit dem Feuerlöscher besprüht hat. Dann gab es ein Raubdelikt, wo die Täter aus dem Grundstück der Jenaischen Straße 25 kamen, wo eine Person, ich sage mal, geschlagen wurde und ausgezogen wurde. Musste die Sachen ausziehen. Daran kann ich mich erinnern, dass es da ein Raubdelikt gab. Das ist im Rahmen einer Feier da passiert.“ Klemke: „Richteten sich die beiden Ereignisse gegen einen Ausländer?“ Tu.: „Ausländer nicht, daran kann ich mich nicht erinnern.“ Klemke: „Haben Sie meine Frage nicht verstanden? Ich hatte nach Straftaten gegen Ausländer gefragt.“ Tu.: „Ich habe verstanden, ob es überhaupt Straftaten gab.“ Klemke: „Also gar nichts in Bezug auf Ausländer? Gut. Danke.“

Dann fragt Zschäpe-Verteidiger RA Stahl, ob es bei der Vernehmung von Juliane Walther 2012 eine irgend geartete Ermittlungshypothese gegeben habe, was Walther wissen könnte oder müsste. Tu.: „Wie gesagt, ich kann ja vorher nicht wissen, was die Frau Walther weiß. Es ist da schwer, Hypothesen aufzustellen, wo sie vielleicht Angaben dazu machen könnte.“ Stahl sagt, im Vernehmungsprotokoll sei die Frage, ob Walther nach dem Untertauchen mit den Dreien noch Kontakt gehabt habe, notiert und dann würden sich da im Protokoll in Klammern Hinweise auf den Wohnungsschlüssel Mundlos und den Besuch bei Frau Mundlos in der Kaufhalle finden. Stahl fragt, was es damit auf sich habe. Tu.: „Das war einen Gedankenstütze für uns, das hatten wir vorher aufgeschrieben.“ Stahl: „Was macht die denn in der Vernehmungsniederschrift?“ Tu.: „Eigentlich nichts.“ Stahl: „Versehentlich rein gekommen?“ Tu.: „Ja, kann man sagen.“ Stahl: „Wissen Sie, was Frau Walther darauf geantwortet hat?“ Tu.: „Wie gesagt, wir haben ja dann die Fragen gestellt zu Frau Mundlos und der Situation, wo es um die Kreditkarte ging und die Vollmacht der Beate Zschäpe.“

Stahl sagt, er habe sich auf die Frage bezogen, ob Walther nach dem Untertauchen noch Kontakt gehabt habe. Tu.: „Sie hat gesagt, nein.“ Stahl: „Haben Sie ihr das nicht geglaubt?“ Tu.: „Nein, warum? Ich habe die Antwort so genommen, wie sie es gesagt hat. Das hat sie uns dazu gesagt, was ihr erinnerlich war zu den Fragen.“ Vorhalt: Frage: Nach vorliegenden Erkenntnissen sollen Sie mindestens bis 1999 die Drei logistisch und finanziell unterstützt haben. Tu. sagt, da habe es einen Vermerk eines Kollegen Ko. gegeben, wo das drin gestanden habe. Die Erkenntnisse seien vom VS gewesen, soweit er sich erinnere: „Wir sind aber nicht näher drauf eingegangen, weil sie sagte, dass es Blödsinn ist. Und nachdem sie uns gesagt hatte, dass sie vom Verfassungsschutz angesprochen worden ist und Geld bekommen hat, was wir vorher auch nicht wussten, sind wir dann nicht näher drauf eingegangen.“ Stahl: „Ja, hat Frau Walther irgendwann mal gesagt in der Vernehmung, dass sie nach dem Untertauchen der Drei Kontakt hatte?“ Tu. „Nein.“

Stahl: „Frau Walther hat gesagt, dass sie selbst nicht in der rechten Szene war?“ Tu.: „Das hat sie gesagt, ja.“ Stahl: „Protokolliert ist dann aber: ‚Waren die Aktionen der Drei in der Szene bekannt, wurde darüber gesprochen?'“ Tu.: „Ja, ob sie Erkenntnisse hat dahingehend, ob sie Erkenntnisse erlangt hat. Und da hat sie gesagt, dass sie in der rechten Szene nicht verkehrt ist und dazu nichts sagen kann.“ Stahl fragt, ob Tu. neben der Vernehmungsniederschrift weitere Dokumente angefertigt habe, z. B. Eindrucksvermerke. Das verneint Tu. Stahl fragt, ob Tu. dem BKA außerhalb schriftlicher Niederlegung etwas mitgeteilt habe zur Vernehmung. Auch das verneint Tu. NKRA Scharmer sagt, Tu. sei auch im Thüringer UA vernommen worden, und hält vor, dass Tu. dort angegeben habe, dass er der Meinung sei, dass diese ganzen Verfahren, die Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe betreffen, beim TLKA gelaufen seien, die „Soko Rex“, z. B. sei er beim Bombenfund auf dem Theaterplatz beim ersten Angriff dabei gewesen, das Verfahren sei an das TLKA abgegeben worden. Scharmer: „Ist das zutreffend?“ Tu.: „Ja, so ist es gelaufen.“ Der Zeuge wird um 11:21 Uhr entlassen.

Es folgt die Einvernahme der Zeugin Ellen Bu. vom BKA. Götzl sagt, es gehe um die Auswertung von Kartenmaterial, Bu. solle berichten, womit sie in dem Zusammenhang befasst war, wie die Auswertung vorgenommen wurde. Bu. sagt, es seien damals bei der Tatortarbeit in dem Wohnmobil in einem Klappfach über dem Tisch diverse Papierunterlagen sichergestellt worden: 9 Teilstadtpläne von Erfurt, Eisenach, Altenburg, Arnstadt und Weimar. Darauf seien diverse Bankinstitute markiert, weiterhin handschriftliche Notizen auf den Unterlagen und auf den Rückseiten teilweise Skizzen von Grundrissen und weitere handschriftliche Notizen. Bu.: „Ich habe damals die Auswertungen vorgenommen, einzelne Städte, und die Markierungen begutachtet. Und festgestellt, dass sich in zwei Teilstadtplänen Karten befanden, wo Banken markiert waren, die Geschädigte 2011 waren.“ Es handele sich um die am 07.09.2011 überfallene Sparkasse in Arnstadt und die am 04.11.2011 überfallene Sparkasse in Eisenach. Bu.: „Die Aufgabe an sich für die Auswertung der Asservate war festzustellen, inwiefern die handschriftlichen Notizen Ausspähversuchen zugeordnet werden konnten und welchen Bankfilialen die handschriftlichen Grundrisse auf der Rückseite zugeordnet werden konnten.“

Sie habe erstmal geschaut, welche Filialen existent waren und Kontakt aufgenommen mit den Bankfilialen vor Ort, um zu schauen, welche Grundrisse zu welchen Banken passen. Dann folgt die Inaugenscheinnahmen von Fotos der Asservate. Die Fotos werden an die Leinwände projiziert. Bu.: „Ja, also auf der Vorderseite des Asservats ist ein Auszug Stadtplan Stadt Altenburg zu erkennen mit Markierungen von Bankgesellschaften. Auf der Rückseite ist eine handschriftliche Skizze eines Grundrisses zu erkennen, mutmaßlich auf den ersten Blick eine Bankfiliale, weil Inneneinrichtungen wie Markierung des Geldautomaten, Schalter, Kasse zu erkennen sind, Markierungen für die Türen, sowie unten rechts: ‚Öffnungszeiten von Montag bis Freitag‘ Das Dokument ist beschriftet mit: ‚Arnstadt Top Gebäude‘.“ Bei der Begehung der betreffenden Filiale in der Goethestraße in Arnstadt sei festgestellt worden, so Bu. weiter, dass es sich um einen Grundriss genau dieser Filiale handelt.

Zu den nächsten zwei Bildern sagt Bu., dass es sich um den Auszug eines Stadtplans der Stadt Arnstadt handele mit Markierungen von Bankfilialen; eine Bankfiliale links im Bild sei handschriftlich umrandet. Dabei handele es sich um die Sparkassenfiliale Arnstadt, Goethestraße, von der der gezeigte Grundriss gewesen sei. Bu.: „Und die handschriftliche Notiz ‚Goethestraße‘ ist zu sehen. Und die handschriftliche Notiz ‚Polizei‘ außerhalb des Kartenausschnittes, aber grob an der Stelle, wo die Polizei in Arnstadt auch ansässig ist. Auf der Rückseite des Asservats ist nichts Handschriftliches zu sehen, nur leichte Brandschäden sind zu erkennen.“ Bei den nächsten zwei Bildern handele es sich, so Bu., um den Ausschnitt eines Stadtplanes Eisenach, erneut seien diverse Bankinstitute markiert. Es gebe eine handschriftliche Notiz bei der Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße, die auf die Wartburgallee stoße und raus führe, man gelange von der Straße in den Stadtwald. [phon.] Dann gebe es hier eine handschriftliche Skizze eines Grundrisses und Notierungen: „Gotha, Böhnerstraße“ und „Polizei“ sowie „Öffnungszeiten Montag bis Freitag“.

Die Überprüfung habe ergeben, dass es in Gotha tatsächlich eine Sparkassenfiliale in der Humboldtstraße, Nähe Böhnerstraße und Bendastraße gibt. Eine gemeinsame Begehung mit der Filialleiterin habe ergeben, dass der Grundriss der dortigen Filiale auch entspricht. Es handele sich um eine Filiale in einem Wohngebiet, die entsprechend der Skizze aufgebaut sei. Die Öffnungszeiten entsprächen auch den Öffnungszeiten 2011. Bu.: „Zur Notiz ‚Schubertstraße‘ und ‚Polizei‘ ist anzumerken, dass sich die Polizei in Gotha tatsächlich in der Schubertstraße 6 befindet. Darüber hinaus ist auf dem Asservat oben links ein weiterer Grundriss eines Objekts.“ Sie hätten festgestellt, dass das nicht Teil der Bankfiliale ist, aber es könne sein, dass es sich um die Lage weiterer Geschäfte handelt. Zu den nächsten zwei Bildern sagt Bu.: „Auf der Vorderseite Teilstadtplan Erfurt mit Markierungen von zwei Bankinstituten. Handschriftliche Notizen nicht auf der Vorderseite, aber wohl Markierungen von der Rückseite scheinen durch Wasserspuren durch das Papier durch.“

Auf der Rückseite seien zwei Skizzen erkennbar. Rechts mutmaßlich die Skizze eines Grundrisses einer Bankfiliale, es seien Inneneinrichtungen zu erkennen: Schalter, Geldautomaten. Links eine Skizze überschrieben mit „Stregdaer Allee“, „Am Gebräun“ und „Eisenacher Neubaugebiet“. Die Überprüfung der Skizze mit der Bankfiliale Eisenach am Nordplatz habe ergeben, dass es sich rechts um einen Grundriss der geschädigten Filiale handelt. In dem Raum zwischen Eingangsbereich und Kundenbereich sei die Notiz zu sehen: „Vermutlich Tresor, 200 Euro Schein geholt“. Eine Befragung des Filialleiters habe ergeben, dass es durchaus möglich sei, dass bei Abhebungen größerer Summen die Mitarbeiter größere Geldscheine aus diesem Raum entnehmen. Zu einem Bild sagt Bu.: „Hier ebenfalls ein Grundriss, mutmaßlich die gleiche Filiale, aber gröber skizziert und um 180 Grad gedreht.“ Zu den Bildern des nächsten Asservats sagt Bu.: „Bei dem Asservat handelt es sich um einen weiteren Auszug Stadtplan Eisenach beschriftet mit ‚Eisenach Polizei‘ [phon.].“ Es seien zwei Polizeistationen markiert: Polizeistation und Kriminalpolizei Eisenach. Auf der Rückseite sehe man keine handschriftlichen oder weiteren Notizen.

Götzl geht zu den Bildern vom nächsten Asservat über. Bu. sagt, es handele sich erneut um den Auszug eines Stadtplanes Erfurt mit Markierungen von vier Geldinstituten, es seien keine weiteren handschriftlichen Notizen auf dem Asservat. Zu einem Bild sagt Bu.: „Hier ein weiterer Auszug eines Stadtplanes Erfurt, diesmal Innenstadtbereich, ebenfalls mit Markierungen von Geldinstituten.“ Die Rückseite sei auch hier ohne Notizen oder Sonstiges. Es folgt ein weiteres Asservat, bei dem, so Bu., es sich um den Auszug eines Stadtplanes von Erfurt mit Markierungen von Geldinstituten handele, ohne Markierungen und handschriftliche Notizen. Beim letzten Asservat, so Bu. auf Frage, handele es sich um den Auszug eines Stadtplanes von Weimar, ebenfalls mit Markierungen von Geldinstituten, Rückseite ohne Notizen oder Sonstiges.

RA Stahl: „Sie haben bei der Recherche auch Kontakt mit einzelnen Filialen aufgenommen und Ortsbegehungen durchgeführt. Haben Sie da auch mit Mitarbeitern entsprechend darüber gesprochen, ob Erkenntnisse in den Filialen vorliegen, dass da jemand Ausspähungen vorgenommen hat?“ Bu.: „Wir haben bei der Identifizierung der Grundrisse bereits mit den Filialleitern gesprochen und sie auch da schon auf verdächtige Wahrnehmungen angesprochen. Zu der Zeit konnten sie keine Angaben dazu machen.“ Stahl fragt, ob Bu. die betreffenden Personen mit den den mutmaßlich Tatverdächtigen Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe konfrontiert habe. Bu.: „Nein, haben wir nicht, zu der Zeit ging es vorrangig um die Zuordnung der Skizzen zu den Filialen.“ Stahl: „Haben Sie Feststellungen über die Urheberschaft der handschriftlichen Notizen getroffen?“ Bu. sagt, sie sei selber nicht damit befasst gewesen. Stahl: „Haben Sie Kenntnisse darüber, wer Urheber ist?“ Bu.: „Nein, bei mir ging es um die Auswertung, die objektive Betrachtung der Orte und Skizzen.“ Stahl: „Haben Sie Erkenntnisse, was die daktyloskopische oder DNA-Untersuchung der Asservate erbracht hat?“ Bu. „Liegt mir nicht vor, wurde erst im Anschluss gemacht.“ Die Zeugin wird um 12:02 Uhr entlassen.

Nach der Mittagspause bis 13:15 Uhr folgt die Einvernahme des Zeugen Roman Gl. Götzl sagt, es gehe um die Auswertung von Asservaten, Kartenmaterial, Gl. solle zunächst seinen Aufgabenbereich beschreiben, welche Ermittlungen er gemacht habe und dann die Ergebnisse. Gl.: „Es war so, dass in der Frühlingsstraße 26 Asservate aufgefunden wurden, darunter Kartenmaterial zu Nürnberg, München und auch Zwickau. Das Material wurde von eingesetzten Beamten fotografiert, diese Fotos wurden uns zur Verfügung gestellt, wir haben die Fotos begutachtet und einen Abgleich durchgeführt, insbesondere mit Google-Karten, um die Markierungen verorten zu können, welche Adressen wohl gemeint sein könnten. Dann haben wir einen Abgleich durchgeführt mit den elektronischen Adresslisten des NSU, die bereitgestellt wurden für uns in tabellarischer Form, um zu schauen, ob markierte Objekte auf den Karten ebenfalls in den Listen vorhanden sind. Die Erkenntnisse haben wir anschließend bewertet, ob sich daraus Ermittlungsansätze ergeben könnten und haben das weitergeleitet, um gegebenenfalls weitere Schritte durchzuführen. Kartenmaterial hatten wir gefunden, eine DVD mit Kartenmaterial. Für Nürnberg und München waren das Faltpläne in Papierform und Zwickau auch. Die elektronische Karte waren Ausschnitte von Nürnberg.“

Dann werden die Asservatenfotos in Augenschein genommen, dazu geht Gl. nach vorn. Zum ersten Bild sagt Gl.: „Da wäre zunächst diese Karte zu Zwickau, offenbar ein Werbematerial, was man dort in Touristikbüros oder ähnlichem erhalten könnte. Man sieht Markierungen, z. B. dieses Kreuz. Da ergab ein Abgleich, dass es die Frühlingsstraße 26 wohl bezeichnen soll. Des weiteren hier oben ist die Straße der Einheit markiert worden, Nr. 91, das haben wir abgeglichen. Das ist letztendlich ein Bereich einer Grünfläche. Genaue Erkenntnisse, was dort für eine genaue Örtlichkeit eventuell gewesen sein könnte, konnte man anhand Karten und Google nicht erkennen. Des weiteren hatte man zunächst auf der anderen Seite eine Markierung an der Äußeren Dresdener Straße, eine Linie durch die Grünfläche, ein Fragezeichen und ein Kreuz. Auf Satellitenfotos konnten wir auch nur eine Grünfläche sehen. Neben dem Kreuz ist eine Lagerhalle mit Freifläche. Laut dem Straßenverzeichnis ist hier ein Gerichtsgebäude Zwickaus. Des weiteren sieht man noch hier unten die Fichtestraße eingekreist, daneben ein Rasensportplatz mit einem Kreuz und daneben ein P. Das ist eine Rasenfläche direkt am Strandbad Planitz und, wie gesagt die Fichtestraße. Es wurden Überlegungen angestellt, warum die Stellen markiert sind. In der Fichtestraße war damals ein Fahrradgeschäft, die markierten Bereich wurden evtl. als Parkmöglichkeiten für Fahrzeuge angesehen.“

Dann sagt er zum nächsten Bild: „Hier ist das Straßenverzeichnis zu diesem Plan, da waren für uns keine Auffälligkeiten zu sehen. Die Farbabtragungen hier durch Löschwasser wurden unbeabsichtigt übertragen auf andere Seiten.“ Zu den nächsten Bildern sagt er, man sehe hier nochmal die Straße der Einheit mit der Kreuzmarkierung, die Frühlingsstraßen-Markierungen in groß, und die eben erwähnte Diagonale durch die Grünfläche als unbeabsichtigter Abdruck auf dieser Seite. Gl.: „An dieser Stelle ist vielleicht noch zu erwähnen: Recherchen einer Kollegin kamen wohl zum Ergebnis, dass dieser Plan von 2006 stammt.“ Das sei, so Gl. auf Frage, seiner Erinnerung nach die Kollegin Se. gewesen, die habe in Kontakt mit der Stadt oder Angestellten der Stadt gestanden.

Dann folgt die Inaugenscheinnahme einer Kopie. Gl.: „Das ist die Karte mit der Bezeichnung ‚Nürn.bmp‘ [phon.], zeigt die Stadtteile Gostenhof, St. Johannis, St. Leonhard, die wurde auf einer DVD-R entdeckt: ‚Treiber und Programme‘ [phon.]“ Laut Zeitstempel sei die „5/2005“ erstellt worden. Gl. weiter: „In der Originalkarte sind die Punkte blau eingezeichnet und hier Smileys mit Sonnenbrille. Die Punkte bezeichnen offenbar Punkte, die täterseitig zur Abklärung erstellt wurden, oder im Nachgang von Abklärungen.“ Sie hätten, so Gl., immer die Abgleichungen gemacht mit den Adresslisten des NSU. Es seien hier entsprechend drei Waffengeschäfte eingezeichnet. U.a. nennt Gl. den „Frankonia Waffenhandel“ Gl.: „Was ich noch aus der Erinnerung sagen kann, wäre hier der Rathausplatz 2, da ist in den elektronischen Adresslisten des NSU ein ‚Stadtratsbüro SPD und CSU‘ [phon.] gespeichert gewesen. Und auf der eben erwähnten DVD, wo die Karte auch entdeckt wurde, gab es eine Datei ‚Partei.rtf‘ und in der ist auch dieser Rathausplatz 2 aufgeführt, aber mit dem Zusatz ‚Bündnis 90/ Grüne und SPD-Stadtratsfraktion‘ [phon.].“

Dann wird die nächste Kopie in Augenschein genommen. Gl.: „Das ist die Datei ‚Partei.rtf. Hier sieht man verschiedene Parteien aufgelistet, die einzige die fehlt, ist die CDU [phon.], aber die hat man in einer Excel-Tabelle gefunden. Hier sind Objekte drauf, die zum Teil noch nicht in den elektronischen Listen des NSU vorhanden waren. Letzten Endes sind das Daten, wie sie in den elektronischen Adresslisten des NSU sehr ähnlich sind: Anschrift, Telefonnummer, Bezeichnung. Ich habe mir angeschaut, ob es neue Objekte gab, die eine Erweiterung des Zielspektrums bedingen würden, aber das war nicht der Fall, denn mehrere tausend Adressen und Objekte waren ja schon in den Adresslisten. Man könnte diese Datei eher als Teilbereich dieser größeren Liste bezeichnen. Erstellt worden ist die Datei laut Zeitstempel am 31.12.2004.“

Dann werden weitere Asservatenfotos in Augenschein genommen. Gl.: „Das ist ein ADAC-Stadtplan, der aufgefunden wurde, aus dem Jahr 2005, auch hier diverse Markierungen.“ [Es geht offensichtlich um einen Plan von München.] Gl. zu den nächsten Fotos: „Man erkennt in diesem Bereich verschiedene Kreuze und Hausnummern, die hier markiert wurden, das waren Objekte, die ebenfalls in den elektronischen Adresslisten des NSU vorhanden sind. Die Objekte sind vor allem türkische Vereine gewesen bzw. muslimische Vereine, die hier bezeichnet wurden. Hier sieht man das etwas besser. Die Objekte hier ließen sich auch in den elektronischen Adresslisten tatsächlich zuordnen. Hier oben im linken Bereich sind ebenfalls weitere erkennbar.“ Dann sagt Gl.: „Das ist eine Markierung die etwas aus der Reihe fällt. Dieses Kreuz findet sich auch auf einem elektronischen Ausdruck ‚map & guide‘ [phon.] mit handschriftlich: ‚Berliner Straße, Schinkelstraße‘. Das ist aber nicht in den elektronischen Liste enthalten. Was das genau bezeichnet, ließ sich anhand Satellitenaufnahmen nicht erkennen.“

Zu einer weiteren Markierung sagt Gl., da sei in den Adresslisten „Jakob Deffner, MdL“ aufgeführt. Gl.: „Es gibt in einem Papierstapel dazu auch eine handschriftliche Ausspähnotiz, da ist ein Haken gesetzt und der Hinweis: ‚Privat, guter Fluchtweg‘.“ Dann nennt Götzl die nächste Asservatennnummer. Es werden Fotos von teilweise verbrannten Stadtplanteilen in Augenschein genommen. Gl.: „Hier sieht man Fürth, also Teile eines Plans Erlangen-Fürth [phon.], ein ADAC-Faltplan, der im Zeitraum November 2002 bis Sommer 2005 aufgelegt wurde. Zehn Markierungen meines Wissens nach hierauf. Hier zum Beispiel, aber es gibt, glaube ich, auch eine größere Aufnahme davon.“ Zu der Donato-Polli-Straße in Erlangen sei in den Adresslisten des NSU eine Waffenhandlung verzeichnet. Gl. fährt fort: „Hier Übersichtskarten, auf denen keinen Markierungen festgestellt werden konnten. Aber natürlich schwierig zu erkennen.“ [Die Stadtplanteile sind sehr zerfetzt und verbrannt.] Gl.: „Wir haben die Fotos für uns selbst massiv vergrößert. Denn in der Originalauflösung hätte man die Markierungen nicht erkannt.“

Beim nächsten Asservat handelt es sich um einen Stadtplan von Nürnberg, der, so Gl., zu dem Gesamtplan mit Erlangen und Fürth gehöre, hier seien auch wieder zahlreiche Markierungen vorhanden, aber auch zahlreiche Farbabtragungen. Gl.: „Hier oben ein gut zu erkennendes Kreuz mit handschriftlich: ‚Anlaufstelle‘. Da befindet sich das türkische Generalkonsulat.“ Es gebe ein Asservat, da seien verschiedene Objekte in Ausspähnotizen abgedruckt worden, z. B. das „Asylheim 2“, „keine Hausnummer und linkes Gebäude direkt vor Tunnel und Innenhof“ [phon.]. Das solle wohl ein vom Täter gemeintes „Asylheim“ bezeichnen, so Gl. Ähnlich sei das beim Industriegebiet Sandreuth, wo ein Asylheim wohl habe bezeichnet werden sollen: „Asylheim 1, Tür offen ohne Schloss, Keller zugänglich“ [phon.]. Gl.: „So dass eine Person wohl vor Ort gewesen ist und Überprüfungen durchgeführt hat.“ Es folgt die Inaugenscheinnahme von Fotos eines weiteren Asservats. Gl. dazu: „Herausragend war die handschriftlich eingefügte Adresse 'neben Scharrerstraße, Imbiss‘. Das ist eine exakte Beschreibung des Tatorts, an dem der Mord stattgefunden hat. Der Imbiss hat tatsächlich an die Scharrerstraße gegrenzt. Das ist eine von den Tätern vorgenommene Bezeichnung des Tatorts gewesen, am Zeitstempel 2005 hier sieht man: relativ kurz vor dem stattgefundenen Mord.“

RA Stahl: „Sind Ihnen im Rahmen Ihrer Befassung Erkenntnisse bekannt geworden, wer Urheber der handschriftlichen Markierungen ist?“ Gl.: „Schon, das sind aber keine von mir gewonnenen Erkenntnisse. Ich weiß aber aus der Erinnerung raus, dass die entweder die Person Uwe Mundlos und/oder Uwe Böhnhardt betroffen haben.“ NK-Vertreter RA Narin fragt zum Stadtplan von Zwickau: „Sie berichteten über Markierungen auf Grünflächen oder Rasenflächen. Haben da weitere Ermittlungen stattgefunden, sind Ausgrabungen, Untersuchungen mit einem Metalldetektor vorgenommen worden?“ Gl.: „Die weitere Bearbeitung oblag anderen Bereichen. Aus der Erinnerung heraus, aber nicht mit definitiver Sicherheit wäre das möglich, dass es da Schritte gegeben hat. Aber ob und wann genau die stattgefunden haben, das kann ich nicht sagen.“ Der Zeuge wird entlassen. Der Verhandlungstag endet um 14:05 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage“:
„Wohlleben-Verteidiger Klemke stellte dem Zeugen [Tu.] eine Reihe von Fragen zu seiner früheren Tätigkeit im Jenaer Staatschutz. Der Zeuge machte einen sehr unglücklichen Eindruck, konnte selbst grundlegende Fragen nur vage und ungenau beantworten. Für Klemke und seinen Mandanten Wohlleben war damit aber nichts relevantes erreicht: Denn die Aussage des Zeugen zeigt zwar deutlich, dass und warum Jenaer Neonazis in den 1990ern ihre Aktivitäten weitgehend ungestört durch die Polizei entfalten konnten – aber mit der Vernehmung der Zeugin Walther im Jahre 2012 hat all das natürlich gar nichts zu tun. […] Diese Notizen, die alle etwa aus der Zeit Ende 2004/2005 stammen, erlauben einen Einblick in die weiteren Ziele und Pläne des NSU: während man bis dahin türkeistämmige Kleingewerbetreibende ermordet und Sprengstoffanschläge gegen ‚Ausländer‘ gemacht hatte, rücken jetzt mit Asylsuchenden einerseits und VertreterInnen des Staates bzw. des ‚Systems‘ andererseits neue Ziele in den Blick. Auffällig ist auch, wie viele Waffengeschäfte sich in der Liste finden – dabei hatte der NSU für seine eigenen Zwecke mehr als genug Waffen zur Verfügung und hatte diese auch, soweit feststellbar, in Waffengeschäften weder gekauft noch dort gestohlen oder geraubt. All dies lässt den Schluss zu, dass es hier darum ging, den nächsten Schritt nach der Ceska-Mordserie zu planen. Die Vielzahl der gesuchten Ziele in verschiedensten Städten sowie die Markierung von Waffengeschäften lässt es naheliegend erscheinen, dass der NSU sich selbst in Zukunft in der Rolle einer „Superzelle“ sah, die andere Zelle anleitet – ähnlich wie im Roman ‚Die Turner-Tagebücher‘ von William Pierce beschrieben, wo eine geheime Kommandozentrale, dort ‚The Order‘ genannt, den einzelnen ‚Zellen‘ Anschlagsziele vorgibt und gemeinsame Aktionen koordiniert.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/10/21/21-10-2015/

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