Protokoll 266. Verhandlungstag – 02. März 2016

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An diesem Verhandlungstag geht es zunächst um den Überfall auf eine Postfiliale in Zwickau 2001. Dazu sagt zunächst eine ehemalige Angestellte der Postfiliale aus, die den Überfall miterlebte. Danach ist ein ehemaliger Kriminalbeamter geladen, der allerdings zur Beweisfindung nichts beitragen kann, da er sich an kaum etwas erinnert. Von Verweisen auf mangelndes Erinnerungsvermögen ist auch die erneute Vernehmung des ehemaligen V-Mann-Führers von Carsten Szczepanski alias geprägt. Er erscheint wieder verkleidet und gibt zu den meisten Fragen an, dazu nichts sagen zu können.

Zeug_innen:

  • Nadine F. (Überfall auf eine Postfiliale in Zwickau am 05.07.2001)
  • Gerhard Fi. (ehem. Kriminalbeamter, Überfall Postfiliale in Zwickau am 05.07.2001)
  • Reinhard Görlitz (LfV Brandenburg, ehem. V-Mann-Führer von V-Mann „Piatto“ / Carsten Szczepanski)

Der Beginn des Verhandlungstags ist heute auf 13 Uhr terminiert. Heute ist Fototermin. Die Angeklagten Zschäpe, Wohlleben und Schultze betreten um 13:16 Uhr den Saal, der Senat um 13:20 Uhr. Als Vertreterin für Zschäpes Verteidigerin Sturm ist heute RA Lickleder da, als Vertretung für Schultzes Verteidiger Pausch RA Prigge und RAin Hachmeister als Vertretung für Gerlachs Verteidiger Rokni-Yazdi. Nach der Präsenzfeststellung sagt Wohlleben-Verteidiger RA Nahrath: „Die Verteidigung von Herrn Wohlleben hat dringenden Beratungsbedarf aufgrund des ausgereichten Beschlusses. Wir bitten um halbe Stunde Unterbrechung.“ Götzl: „Dann setzen wir um 14 Uhr fort.“ Es folgt eine Pause bis 14:03 Uhr. Götzl: „Dann setzen wir fort.“ Auf Frage, ob die Verteidigung Wohlleben etwas beantragen wolle, sagt Nahrath: „Nein, der Senat möge fortfahren.“

Dann wird die Zeugin Nadine F. vernommen. Götzl sagt, es gehe um den Überfall auf die Postfiliale in der Max-Planck-Straße in Zwickau am 05.07.2001, F. solle zunächst von sich aus berichten. F.: „Es ist eine ganze Weile her. Also, ich war in der Postfiliale zu dem Zeitpunkt mit einer Kollegin. Es war, glaube ich, zur Mittagszeit, als zwei junge Männer, ja, sehr junge, also so Anfang 20 hätte ich sie geschätzt, rein kamen. Ich glaube, die hatten Kapuze auf, so ein Dreieckstuch, eine Pistole und haben dann irgendwas gesagt. ‚Überfall‘ und ‚Geld her‘, so was in der Art, ja. Ich glaube, ich habe das anfangs gar nicht richtig ernst genommen. Ich habe irgendwas gesagt, so was wie: ‚Was ist hier los?‘. Und einer kam direkt auf meinen Schalter zu, auf mich, ist über den Schalter drüber gekommen, hatte ich Pistole am Kopf. [phon.] Er hat mich aufgefordert die Kasse aufzumachen. Das habe ich getan dann. Zu dem Zeitpunkt war ich allein im vorderen Bereich, die Kollegin hat hinten was mit Paketen gemacht. Die Nebenkasse sollte ich noch öffnen. Ich habe mich erst geweigert: ‚Nö, habe keine Schlüssel dafür.'“

F. weiter: „Ich war perplex, habe eher Wut empfunden, habe gedacht: ‚Was ist hier los?‘ Die Kollegin kam vor, der zweite junge Mann ist auf sie halt. Er [phon.] hat dann mich weiter gedrängt, die Nebenkasse zu öffnen, habe ich auch getan. Dann haben sie uns aufgefordert, in den Tresorraum zu gehen, das Geld auch rauszugeben. Ich habe nicht realisiert, was abläuft. Ich habe ziemlich lange diskutiert mit denen, habe gedacht: ‚Nee, die kriegen das Geld nicht.‘ Die Kollegin hatte Angst und hat gesagt: ‚Gib alles raus.‘ Die sind dann den gleichen Weg raus, wie sie gekommen sind, und da habe ich dem Knopf von Kamera und Alarm ausgelöst. Das war am Anfang nicht möglich. Und beim Rausgehen haben die im Vorraum ein oder zwei Schüsse, war Tränengas oder so was, abgefeuert. Es war aber zum Glück niemand anderes als wir in der Filiale. Das ist das, woran ich mich erinnern kann.“

Götzl: „Sie sagten zwei junge Männer, Anfang 20, und gleichzeitig Dreieckstuch vor dem Gesicht. Wie kommen Sie zu der Einschätzung des Alters?“ F.: „Einfach anhand, sie waren halt groß, schlank, sportlich und so.“ Götzl fragt, ob F. die Waffe, die ihr an den Kopf gehalten worden sei, beschreiben könne. F.: „Nee, leider gar nicht. Also, ich habe das auch gar nicht so richtig wahrgenommen, das Ausmaß davon, also auch nicht drauf geachtet.“ F. verneint, noch weitere Erinnerungen an die Kleidung der Täter zu haben. Götzl fragt, was F. zu dem zweiten jungen Mann sagen könne. F.: „Eigentlich gar nicht so viel, weil der nicht direkt bei mir war, wo der erste auf mich zukam. Der war im Hintergrund, also so in diesem Vorraum, und dann ist der direkt zu der Kollegin. Und den habe ich nicht sprechen gehört. Kann ich nicht viel zu sagen.“

Götzl fragt nach der Beute. F.: „Es war schon einiges, aber ich kann es nicht mehr genau sagen. Aber es waren, keine Ahnung, wenn ich einen Anhaltspunkt hätte, ob 15, 20 oder 30, würde ich sagen, schon um die 20.“ [phon.] Götzl hält vor, dass laut der Deutschen Post AG 74.787,80 DM [phon.] erbeutet worden seien. F.: „Das es so viel war, war mir nicht mehr bewusst.“ Götzl: „Können Sie uns sagen, wohin das Geld gegeben wurde? Haben Sie es übergeben oder wurde es genommen?“ F.: „Also, aus der Kasse habe ich es gegeben, da kann ich mich erinnern. Und den Tresor, die Tresore habe ich, glaube ich, einfach nur geöffnet. Und also, ich bin der Meinung, dass sie einen Rucksack oder irgendwas dabei hatten.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung, ob der Tresor besonders gesichert war und ggf. wie? Was war notwendig, um ihn zu öffnen?“ F.: „Nicht sehr viel. Wir hatten ja die Schlüssel dazu, so konnten wir ihn einfach öffnen.“ Götzl fragt nach den Folgen des Überfalls für F. und die Kollegin. F.: „Also, ich glaube, ich war die ganze Zeit wie in einem Schockzustand. Ich habe das erst gar nicht realisiert, so das Ausmaß. Ich hatte am Anfang mehr Wut verspürt. Wo ich zu Hause war, ist mir das erst richtig bewusst geworden. Es gab auch da einen Moment vor dem Tresor, wo ich das erste Mal realisiert habe, dass ich eine Waffe am Kopf habe: Wow, also man weiß jetzt gar nicht, ob die nicht wirklich abdrücken würden. [phon.] Das Ausmaß war, dass ich den Job aufgegeben habe, weil ich nicht mehr in der Filiale arbeiten wollte.“

Götzl fragt nach den Gründen dafür. F.: „Naja, es waren einfach Angstzustände. Die alte Filiale war nicht groß gesichert. Man hat erlebt, wie leicht das geht, wie das ist, wenn einfach so jemand auf einen zukommt. [phon.]“ Die Filiale sei auch nicht gerade im besten Viertel der Stadt gewesen, so F., sie sei deswegen auch eine Weile in psychologischer Betreuung gewesen, um das zu verarbeiten. Götzl: „Haben Sie überhaupt nochmal da gearbeitet?“ F.: „Ich war schon noch ein oder zweimal da und habe mitbekommen, dass es nicht mehr ging, dass ich da unter Panik litt. Ich konnte den Job gar nicht mehr machen.“ Zu den Folgen für ihre Kollegin sagt F.: „Ich habe es leider nicht verfolgt im Nachhinein, aber ich weiß, dass sie während der Tat schon sehr aufgelöst war.“ Die Kollegin sei schon sehr ängstlich gewesen und habe sie gedrängt, alles zu geben, sei unruhig gewesen und habe gezittert. Götzl: „Ist Ihnen an der Sprache der Täter etwas aufgefallen?“ F. verneint das. Ihr sei nichts Besonderes aufgefallen, kein fremder Dialekt. Götzl: „Haben beide gesprochen?“ F.: „Nein, eigentlich mehr der, der bei mir war.“ Dann nimmt F. am Richtertisch Bilder der Tatörtlichkeit in Augenschein und erläutert sie kurz. An einer Stelle schweigt F. eine Weile. Götzl: „Ist es schwierig für Sie?“ Es ist nun auch im Zuschauerbereich zu vernehmen, dass die Zeugin weint. Götzl: „Sollen wir eine Pause machen?“ F.: „Nein, das geht schon.“ Die Inaugenscheinnahme wird abgebrochen, die Zeugin nimmt wieder Platz.

F. bejaht Götzls Frage, von der Polizei vernommen worden zu sein. Götzl sagt, laut Protokoll sei F. am 05.07.2001 vernommen worden, er wolle auf die eine oder andere Stelle in der Vernehmung eingehen. Götzl hält vor, dass F. angegeben habe, sie sei von 10:10 Uhr bis 10:15 Uhr alleine im Schalterraum gewesen [phon]. F.: „Ich weiß, dass ich alleine war, ja.“ Götzl hält vor, dass sich Frau P. [phon.] sich am Paketschalter befunden habe, und fragt, ob das der Name der Kollegin sei. F.: „Sorry, ich war auch nicht lange in der Filiale, ich weiß es nicht.“ Vorhalt: Zur genannten Zeit stürmten zwei männliche Personen in den Schalterraum. Als ich aufschaute stand einer … und bedrohte mich mit einer Waffe. Der zweite kam über den Schalter geklettert … F.: „Ja.“ Vorhalt: Der Täter vor mir schrie mehrmals: „Überfall Geld her“. F.: „Mehrmals weiß ich nicht, aber er hat es geäußert.“ Vorhalt: Der Täter, der rüber gesprungen ist, reichte mir eine Tüte, weiß-rot, weiß die Hintergrundfarbe, beschriftet mit den Buchstaben H und M. Er forderte mich auf, das Geld in die Tüte zu packen. F. sagt, sie wisse, dass sie es ihm gegeben habe, erinnere sich aber nicht mehr an die Tüte.

Vorhalt: Kollegin erschien im Raum, die mich was fragen wollte. Götzl: „Wie ging das dann weiter mit der Kollegin?“ F.: „Ich bin der Meinung, Sie stand dann mehr oder weniger in der Tür da und der andere ist direkt zu ihr. Und da sie schon vorm Tresorraum stand, ging es dann halt direkt weiter zum Tresorraum.“ Vorhalt: Der Täter, der sich mit mir beschäftigt hatte, ging sofort auf die Kollegin los und hat sie aufgefordert, die Tresore aufzuschließen. Die Kollegin antwortete mehrfach, dass sie keinen Schlüssel hat. F.: “ Ja, das habe ich dann eigentlich gemacht. Ich sagte ja, mir war das Ausmaß nicht bewusst und ich wollte denen das Geld nicht geben.“ Götzl fragt nach dem Verhalten der Männer. F.: „Naja, die haben mehrfach gesagt: Gibt es nicht, glauben wir nicht, ihr müsst den Schlüssel haben, jetzt mach den Tresor auf.“ [phon.] Götzl fragt, ob die Kollegin mit einer Waffe bedroht worden sei. F.: „Ich weiß, dass er neben ihr stand, aber ich weiß nicht, ob er auch eine Waffe hatte. Ich habe die Tresore dann auch öffnen müssen und war beschäftigt mit dem, der bei mir stand. [phon.]“

Vorhalt: Der eine hielt mir die Waffe ständig in kurzem Abstand vor den Kopf. Der andere bedrohte meine Kollegin mit einer Waffe. F.: „Möglich.“ Vorhalt: Nachdem er mehrfach gedroht hatte, habe ich den Tresor geöffnet, wo das Geld drin war, was ich für meinen Schalter benötige. Ich habe ihm das Geld aus meinem Tresor auch gegeben. F.: „Ja. Ich meine, ich habe es ihm aus der Kasse selbst gegeben und den Tresor habe ich nur aufgemacht.“ Vorhalt: Danach wurde ich aufgefordert mit den Worten: Weiter, weiter. Und er zeigte auf den anderen Tresor. F. „Ja. Also, das war das, was ich vorhin geschildert habe. Ich habe viel mit denen diskutiert, habe nur das gemacht, wozu sie mich aufgefordert haben. Deswegen habe ich das Gefühl, dass es junge Männer waren. [phon.] Und ich hatte einfach so Wut und ich dachte, das kann doch nicht sein, die versuchen hier einen Krimi nachzuspielen. Er hat aber gesagt: ‚Alles‘ und so. Und ich musste dann letztendlich alle Tresore öffnen.“

Götzl fragt nach den ein oder zwei Schüssen, die F. erwähnt habe. F.: „Ja, wo sie wieder raus gegangen sind dann. Und die sind abgefeuert worden im Vorraum, wo der Paketschalter ist. Und ich war dann der Meinung, dass es einfach war, dass wir denen nicht folgen. Bei uns haben sie nichts gemacht, aber dann beim Gehen eben zweimal geschossen.“ Götzl: „Haben Sie vorher beobachtet einen Vorfall, wo irgendwas mit Tränengas gewesen wäre?“ F.: „Vorher? Nee.“ Götzl: „Haben Sie irgendwie mitbekommen, ob Kundschaft in der Zeit, als die beiden bei Ihnen waren, in die Filiale gewollt hat?“ F.: „Nee, wir haben nichts mitgekriegt. Aber ich, ja, also ich glaube nicht, weil es war wirklich ruhig.“ Vorhalt: Bevor der zweite Täter über den Tresen gesprungen ist, ist er zur Tür gerannt und hat Kundschaft … und hat diese Kunden mit Tränengas aus der Flasche besprüht. Es hat nicht geknallt, er hat keine Gaspatronen verschossen. Die Kunden, die in die Post wollten, sind nach draußen und dann ist der zweite Täter über den Tresen und beschäftigte sich mit der Kollegin als diese in den Raum, um mich etwas zu fragen. F.: „Also, dass die von Anfang das Tränengas gesprüht oder geschossen habe, weiß ich nicht mehr. Ich kann mich wirklich nur erinnern, dass es beim Verlassen war.“

Vorhalt: Ich bin der Meinung, dass sich beide auskannten in der Poststelle, sie müssen Objektaufklärung durchgeführt haben. Der Täter, der mit mir in den Tresorraum ging, sagte: ‚Wenn kein Geld da ist, warten wir auf den Geldtransport. F.: „Sorry.“ Vorhalt: Es ist tatsächlich so, dass ein Geldtransport erwartet wurde. F.: „Die kamen natürlich immer zur selben Zeit. Ich war so drei Monate insgesamt nur in der Filiale. Es ist 15 Jahre her und ich habe, glaube ich, mit Erfolg einiges verdrängt.“ Vorhalt: Der Täter, der mich am Schalter bedrohte: 1,80, schlank, Anglerhut, beiger Stoffhut mit Krempe um den gesamten Kopf. F.: „Hut? Ich dachte, Kapuze.“ Vorhalt: Dunkle Sonnenbrille, der Täter hatte vor dem Gesicht ein weiß-schwarzes Tuch, helle Trainingsjacke oder Sommerjacke, beigefarbene Hose, Turnschuhe. F.: „Also, Hut ist mir ganz neu.“ Vorhalt: Den zweiten Täter kann ich nicht beschreiben, weil ich durch den ersten abgelenkt war, er trug ebenfalls Kapuzenbekleidung, Kapuze über Kopf gezogen. F.: „Ja.“ Vorhalt: Sprache: Keine Ausländer, akzentfrei, aber auch kein sächsisches Genuschel wie die Einheimischen, sprachen mehr Hochdeutsch, ich meine aber, dass sie in Zwickau wohnhaft sind oder sich länger hier aufhalten. F.: „Ich weiß, dass mir nichts Besonderes aufgefallen ist an der Sprache. Ob die jetzt aus Zwickau waren, keine Ahnung.“

NK-Vertreter RA Scharmer: „Eine Nachfrage. Sie sagten, der Geldtransporter sei immer zur gleichen Zeit gekommen. Haben Sie im Vorfeld zu der Tat mitbekommen, ob jemand den Vorgang des Geldtransports beobachtet hat, oder mit Kolleginnen darüber gesprochen.“ F. verneint das: „Man öffnet einfach die Tür und lässt die rein. Das konnte man nicht sehen, ob da jemand steht und das beobachtet.“ Die Zeugin wird um 14:45 Uhr entlassen.

Es folgt die Einvernahme des Zeugen Gerhard Fi., ehemals Kriminalbeamter bei der PD Zwickau. Götzl sagt, es gehe um den Überfall auf eine Postfiliale in der Max-Planck-Straße in Zwickau am 05.07.2001: „Sie sollen mit dem Tatortbefundbericht beschäftigt gewesen sein.“ Fi.: „Ja, so ist es richtig, wurde von mir gefertigt.“ Götzl sagt, Fi. solle berichten, was er gemacht habe und dann werde man Lichtbilder in Augenschein nehmen. Fi.: „Also, der Fall liegt schon 15 Jahre zurück. Ich hatte gar keine Erinnerung mehr daran. Nach Einsichtnahme kann ich sagen, dass ich Teilabdruckspuren gesichert habe, eine Faserspur und, ich glaube, drei Daktyspuren.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung, ob sie dort waren?“ Fi.: „Also, ich war vor Ort eingesetzt als Kriminaltechniker zur Spurensuche und -sicherung.“ Dann geht Fi. zur Inaugenscheinnahme der Lichtbilder vom Tatort nach vorn an den Richtertisch. Fi.: „Ja, ich kann, wie gesagt, nach 15 Jahren nichts mehr dort zu sagen, keine Details mehr.“ Dann geht Fi. die Bilder durch und sagt zu jedem einzelnen Bild, er könne dazu nichts mehr sagen. Um 14:51 Uhr wird der Zeuge entlassen.

Dann verliest Götzl die erweiterte Aussagegenehmigung des Innenministeriums Brandenburg für den Zeugen Görlitz. Demnach wird die Genehmigung erweitert auf die nachrichtendienstliche Quelle für die Zeit 30.05.2000 bis 23.05.2002. Außerdem wird Görlitz ermächtigt, den Zeitpunkt des Einzugs des Handys von Carsten Szczepanski mitzuteilen. Hierzu wird Görlitz darauf hingewiesen, dass das Handy physisch nicht mehr vorhanden sei, dass es vom VS Brandenburg nicht ausgewertet worden sei und auch keine Unterlagen vorlägen. Außerdem wird Görlitz erlaubt, den Namen des damaligen Referatsleiters, Herr Odenthal, mitzuteilen, dieser sei inzwischen verstorben.

Es folgt eine Pause bis 15:22 Uhr. Danach verkündet Götzl den Beschluss, dass dem Antrag auf Beiziehung der acht Aktenordner, die den Mitarbeitern des LfV Brandenburg, Görlitz und Meyer-Plath, im Innenministerium Brandenburg zur Vorbereitung auf ihre Vernehmungen zur Verfügung standen [228. Verhandlungstag], und den sich daran anschließenden Anträgen nicht nachgekommen wird. Begründet wird die Ablehnung im Wesentlichen damit, dass die Aufklärungspflicht des Senats nicht zu einer Beiziehung dränge.

Es folgt die Fortsetzung der Einvernahme des Zeugen Reinhard Görlitz [zuletzt 222. Verhandlungstag]. Görlitz ist erneut mit seinem Zeugenbeistand RA Peters erschienen. Görlitz ist offensichtlich wieder verkleidet, trägt eine Perücke und eine vermutlich falsche Brille und hat die Kapuze über dem Kopf gezogen. Seine Kleidungsstücke wirken wie ausgestopft. Götzl fragt, ob Görlitz die Erweiterung der Aussagegenehmigung erhalten habe, was der Zeuge bejaht. Götzl: „Es geht uns nochmal, da will ich nachfragen, um das Handy von Carsten Szczepanski. Die Frage an Sie ist, wann das Handy eingezogen wurde und von wem.“ Görlitz: „Ich habe dazu was vorbereitet, wenn ich was vorlesen darf.“ Götzl verneint das, es gehe darum, was Görlitz sagen könne: „Sie sind nicht dazu da, was vorzulesen. Bitte beiseite legen!“ Görlitz: „Ich habe es vorbereitet, also.“ Götzl: „Wenn Sie es vorbereitet haben, dann können Sie es auch sagen. Ich muss Ihnen deutlich sagen. Sie sind dazu da Auskunft zu geben als Zeuge, nicht um etwas vorzulesen. Ich möchte ganz gerne wissen, was Sie mir zu meiner Frage an Auskunft geben können, was Sie wissen.“ Görlitz: „Gut, das Handy wurde am 18., äh, 25.08.98 gegen 16 Uhr von Herrn Szczepanski …“

Götzl unterbricht Görlitz: „Was heißt: denn, ich habe was vorbereitet?“ Görlitz: „Anhand der Aktenlage, das ist über 18 Jahre her, habe ich mich mit der Geschichte befasst und habe sie als Gedankenstütze zu Papier gebracht.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Görlitz: „Ich habe einen Treffvermerk gelesen.“ Götzl: „Haben Sie Kaugummi im Mund? Sie machen Kaubewegungen. Bitte rausnehmen!“ Görlitz: „Die Frage war jetzt?“ Götzl: „Wenn Sie einen Kaugummi im Mund haben, dann bitte rausnehmen!“ Görlitz: „So jetzt bitte nochmal Ihre Frage.“ Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Ich habe zwar sehr schlechte Sicht und der Beistand macht es auch nicht besser, aber der Zeuge hat wieder ein Papier vor sich, er soll das zuklappen.“

Götzl: „Bitte zumachen! Es geht um Ihre Erinnerung. Wenn Sie sie aufgefrischt haben, dann tun sie es bitte kund. Sie sollen das kundtun, was Sie wissen und dann ggf. erklären, woher Sie die Erkenntnisse haben, ob eigene Erinnerung, Gespräche oder sonstige Fälle. Thema Handy: Können Sie zusammenhängend darstellen, was Sie dazu wissen?“ Görlitz: „Ich weiß dazu, dass am 25.08. zwei neue Handys in Potsdam mit unterschiedlichen Handynummern erstanden wurden und das bis dato von Herrn Szczepanski benutzte Handy eingezogen wurde. Im Rahmen eines Treffs wurde dieser Austausch am 25.08. etwa gegen 16 Uhr in Potsdam vorgenommen.“ Götzl: „Welches Jahr?“ Görlitz: „1998.“ Götzl: „Was ist mit dem Handy geschehen?“ Görlitz: „Das ist an einen Mitarbeiter der Verwaltung abgegeben worden inklusive Sim-Karte und dann üblicherweise vernichtet worden.“ Götzl: „Ist es vernichtet worden in dem Fall?“ Görlitz: „In diesem Fall auch vernichtet worden.“ Götzl: „Ist das Handy ausgewertet worden?“ Görlitz: „Nein, es soll nicht ausgewertet worden sein.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Görlitz: „Ich habe dazu keine Informationen gehabt. Ich habe hinterher von der Referatsleiterin erfahren, dass dieses Handy nicht ausgewertet wurde.“ Götzl: „Sie sind hier auch, ich frage das mal vorweg, gefragt worden nach dem damaligen Referatsleiter.“ Görlitz: „Der damalige Referatsleiter war ein Herr Odenthal.“ Götzl: „Wann hatten Sie zuletzt Kontakt mit ihm?“ Görlitz: „Weiß ich nicht mehr, kann ich Ihnen nicht sagen, weiß ich nicht.“ Götzl: „Lebt er noch?“ Görlitz: „Nein, er ist verstorben.“ Götzl: „Wann?“ Görlitz: „Weiß ich auch nicht.“ Götzl: „Sind von Ihnen selbst Ergänzungen anzubringen zu Ihren Aussagen bisher?“ Görlitz: „Ergänzungen, nein, wozu?“

Von Seiten der BAW gibt es keine Fragen. Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Sie sagten, Sie hätten hinterher von der Referatsleitung erfahren, dass das Handy nicht ausgewertet worden sein soll. Was heißt hinterher?“ Görlitz: „Ich habe zunächst von dieser SMS keine Kenntnis gehabt.“ Klemke: „Ich hatte gefragt: Was heißt hinterher?“ Görlitz: „Hinterher?“ Klemke: „Ist die Frage zu schwer?“ Görlitz: „Hinterher?“ Klemke: „Hier wird souffliert, stelle ich fest.“ Der Zeugenbeistand von Görlitz, RA Peters, sagt: „Es wird nicht philosophiert [phon.].“ Klemke: „Souffliert.“ Peters: „Souffliert auch nicht. Ich habe die Frage wiederholt.“ Görlitz: „Ich überlege gerade, welchen Zeitpunkt jetzt, welches Hinterher.“ Klemke: „Sie sagten, Sie hätten es hinterher erfahren von der Referatsleitung, ich habe Sie gefragt, was hinterher bedeutet. Sie eiern hier rum.“ Görlitz: „Ich eiere nicht, ich überlege. Hinterher bedeutet hinterher, nach, nach … Es ist mir jetzt nicht … Ich kann nicht präzisieren, wann hinterher. Hinterher, hinterher. Nach, nach, nach dem Vorfall, nach Abgabe.“ Klemke: „Wollen Sie mich jetzt veräppeln?“ Görlitz: „Nee, ich wollte bloß sagen …“

Klemke: „Sie sagten: hinterher erfahren, jetzt: nach Abgabe. Es geht um den Zeitpunkt. Sie wollen mich augenscheinlich nicht verstehen.“ Görlitz: „Entschuldigung, ich habe Sie nicht verstanden. Ich habe ja, wann war das, hier vor, vor, vor meiner Ladung habe ich davon erfahren, im Jahre, also letztes Jahr, 2015.“ Klemke: „Wie ist es dazu gekommen?“ Görlitz: „Es wurde mir dieser Sachverhalt mitgeteilt, dass auf dem Handy eine SMS eingegangen sein sollte: ‚Was ist mit den Bums?‘ Ich hatte darüber keinerlei Kenntnis.“ Klemke: „Wie wurde Ihnen das mitgeteilt?“ Görlitz: „Mündlich.“ Klemke: „Von wem?“ Görlitz: „Von der Referatsleiterin.“ Klemke: „Wer ist das?“ Görlitz: „Frau Dr. Wagener.“ Klemke: „Wie ist es zu dem Gespräch gekommen?“ Görlitz: „Ich weiß nicht, wie es dazu gekommen ist.“ Klemke: „Hat Frau Dr. Wagener Sie zu sich zitiert, um die Mitteilung zu machen, haben Sie Nachfrage gehalten?“ Görlitz: „Sie hat mich, sofern ich mich daran erinnere, darüber informiert.“

Klemke: „Sie haben meine Frage nicht beantwortet, wie es zu dem Treffen gekommen ist.“ Görlitz: „Aus meiner Erinnerung heraus war das eine, eine, eine Mitteilung, sage ich mal, im Vorübergehen, ohne dass jemand speziell den Termin vereinbart hat.“ Klemke fragt, wo das gewesen sei, als man aneinander vorüber gegangen sei. Görlitz: „In Ihrem Arbeitszimmer.“ [phon.] Klemke: „Aber im Vorübergehen?“ Görlitz: „Man sagt ab und zu mal: Guten Morgen.“ Klemke: „Machen Sie das jeden Tag?“ Görlitz: „Häufig, ja.“ Klemke: „Bei einem dieser häufigen Morgenwünsche hat Ihnen Frau Dr. Wagener dies im Vorübergehen gesagt?“ Görlitz: „So ist es in meiner Erinnerung.“ Klemke: „Haben Sie eine Runde um Frau Dr. Wagener gedreht?“ Görlitz: „Üblicherweise wie ein Gespräch stattfindet, dass man auf jemanden zugeht und in die Augen blickt.“ Klemke: „Sie kommen rein, schmettern ein fröhliches ‚Guten Morgen‘ und sie sagt: Ach …“ Götzl: „Herr Klemke!“ Klemke: „Ich stelle mich nur auf den Zeugen ein.“ Görlitz: „An Einzelheiten kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Klemke: „Aber dass es im Vorübergehen war beim Guten-Morgen-Gruß, ist in Erinnerung?“ Görlitz: „So ist es in Erinnerung.“

Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Können Sie etwas dazu sagen, ob Sie Erkenntnisse dazu haben, dass aufgrund der Mitteilung von V-Mann ‚Piatto‘ G10-Maßnahmen [= TKÜ durch Geheimdienste] gegen Personen eingeleitet wurden?“ Görlitz: „Darüber habe ich keine Erkenntnisse.“ Schneiders: „Haben Sie Erkenntnisse aus dem Gespräch z. B. mit Dr. Wagener oder anderen, dass aufgrund der SMS im Handy des V-Mannes [phon.] G10-Maßnahmen gegen Jan Werner eingeleitet worden sind?“ Görlitz: „Aufgrund dieser Geschichte nicht, aber mir ist bekannt, dass G10-Maßnahmen gegen Werner durchgeführt wurden.“ Schneiders: „Können Sie Näheres dazu sagen?“ Görlitz: „Ich weiß nur, dass Maßnahmen durchgeführt wurden, mehr Angaben kann ich dazu nicht machen.“ Schneiders: „Durch Ihre Behörde oder andere?“ Görlitz: „In Erinnerung ist mir, von einer anderen Behörde.“ Schneiders: „Können Sie sagen, welche Behörde?“ Görlitz: „Nein, weiß ich nicht.“ Vorhalt eines Schreibens vom 15.06.1999 an BfV, LfV Sachsen, LfV Brandenburg, LfV Mecklenburg-Vorpommern: Im Verlaufe des Jahres 1998 und des ersten Quartals 1999 waren an den Observations- und G10-Maßnahmen neben dem BfV die LfVs Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern beteiligt. Schneiders: „Die drei Geflüchteten, darum ging es. Haben Sie eine Erinnerung, dass auch vom LfV Brandenburg G10-Maßnahmen gestartet worden sind?“ Görlitz: „Dazu kann ich nichts sagen.“

Zschäpe-Verteidiger RA Stahl sagt, Görlitz habe auf Frage Götzls kurz gesagt, es seien zwei neue Handys erworben worden und nachmittags sei dann ausgetauscht worden: „Sonst nichts weiter? Ist das alles, was Sie dazu sagen können?“ Görlitz: „Konkreter bitte.“ Stahl: „Sie haben relativ viel Text vorbereitet. Deswegen frage ich, was vorbereitet wurde.“ Görlitz: „Ich kann es gerne vorlesen, ich habe es nicht auswendig gelernt.“ Götzl: „Können Sie es mir einfach geben? Dann kopieren wir es.“ Görlitz übergibt das Blatt. Es folgt eine Unterbrechung bis 16:11 Uhr.

Danach fragt Stahl: „Herr Görlitz, wer hat das verfasst?“ Görlitz: „Ich.“ Stahl: „Wann?“ Görlitz: „Im letzten Jahr.“ Stahl: „Warum?“ Görlitz: „In Vorbereitung der damaligen Ladung.“ Stahl: „Als Gedankenstütze oder wollten Sie das damals auch schon verlesen?“ Görlitz: „Ich wollte es damals auch verlesen, und Gedankenstütze.“ Stahl: „Dieser Treffbericht, von dem die Rede ist, haben Sie den vorher gelesen?“ Görlitz: „Den habe ich vorher gelesen, ja.“ Stahl: „Was stand da noch drin?“ Görlitz schweigt. Stahl: „Ist ja nicht so lange her, dass Sie den gelesen haben.“ Görlitz: „Da stand im Wesentlichen dieser Sachverhalt.“ Stahl: „Hier steht im dritten Absatz: ‚U.a. ging es darum, das alte Handy gegen ein neues auszutauschen.‘ War also im Wesentlichen Inhalt des Treffens nur der Austausch?“ Görlitz: „Nein, auch das Gespräch über nachrichtendienstlich relevante Inhalte.“ Stahl: „Dann erzählen Sie mal?“ Görlitz: „Weiß ich nicht mehr. Zu lange her.“ Stahl sagt, das habe doch in dem Bericht gestanden. Görlitz: „Habe ich vergessen, ich habe mich konzentriert auf die Handygeschichte.“ Stahl: „Konzentrieren Sie sich mal, versuchen Sie sich zu erinnern. Sie lesen den Treffbericht, um das mit der SMS ‚Was ist mit den Bums?‘ vorzubereiten. Und jetzt haben Sie vollständig vergessen, was da noch drin stand?“ Görlitz: „Ja.“ Stahl: „Im Ernst?“ Görlitz: „Im Ernst.“ Stahl: „Als Sie das gelesen haben, hatten Sie da jetzt wieder eine Erinnerung an den seinerzeitigen Vorfall mit dem Kauf von Mobiltelefonen mit der Person ‚Piatto‘ erlangt?“ Görlitz: „Nein, nicht im Detail.“ Stahl: „Was haben Sie denn noch erinnert?“ Görlitz: „Das Geschäft. Also sehr vage Dinge.“ Stahl: „Dieser Treffbericht befindet sich wo?“ Görlitz: „In einer Akte.“ Stahl: „Ach, ich bitte Sie! Wo ist denn die Akte?“ Görlitz: „In einem Regal in der Behörde.“ Stahl: „Ich habe keine Fragen mehr.“

RA Klemke: „War das Handy, das am 25.08. ausgetauscht wurde, war das das erste Handy was Szczepanski von Ihrer Behörde bekam?“ Görlitz: „Soweit ich mich erinnere, ja.“ Klemke: „Gab es einen Grund für den Austausch?“ Görlitz: „Es gab einen Grund.“ Klemke: „Welchen?“ Görlitz: „Den Grund, dass dieses Handy in einer Überwachungsmaßnahme eben auffiel als Handy des Innenministeriums.“ Klemke: „In einer G10-Maßnahme oder einer TKÜ nach StPO?“ Görlitz: „Das weiß ich nicht genau.“ Klemke: „Welche Behörde?“ Görlitz: „Das kann ich Ihnen auch nicht sagen, weiß ich nicht.“ Klemke: „Danke.“ RA Nahrath: „In welchem Laden in Potsdam haben Sie die neuen Handys gekauft?“ Görlitz: „Mir ist ein Name Kr. [phon.] in Erinnerung.“ Nahrath fragt nach der Straße. Görlitz: „In der Zeppelinstraße in Potsdam.“ Nahrath: „Warum wurden zwei gekauft?“ Görlitz: „Warum?“ Nahrath: „Ja.“ Görlitz: „Eins für Herrn Szczepanski und eins für mich.“ Nahrath: „War ihr Diensthandy auch im Rahmen einer Maßnahmen aufgefallen?“ Görlitz: „Ist mir nicht bekannt.“ Nahrath: „Haben Sie das entschieden, dass Sie auch ein neues bekommen?“
Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Wer hat das angeordnet?“ Görlitz: „Nach meiner Erinnerung war das, da wurden wohl mehrere Handys, das war eine umfassende Maßnahme die wurde zumindest von der Referatsleitung und der Verwaltung entschieden.“ Nahrath: „Haben Sie eine Erinnerung, wie viele Handys an dem Tag ausgetauscht wurden?“ Görlitz: „Nein.“

Nahrath: „Aber mehr als zwei offenbar?“ Görlitz: „In meinem Fall waren es zwei, ja.“ Nahrath: „Wissen Sie, ob die Neubeschaffung bei anderen Kollegen mit derselben Auffälligkeit als Handys des Innenministeriums zusammenhing?“ Görlitz: „Nein, das weiß ich nicht.“ Nahrath: „Als Sie von dieser SMS erfahren haben, im Jahre 2015, also letztes Jahr, haben Sie wegen dieser SMS erneut Kontakt aufgenommen zu Ihrem ehemaligen Mündel?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Ist Ihnen schon mal irgendwann von oder wegen dieser SMS etwas vorgehalten worden?“ Görlitz: „Können Sie das mal bitte …“ Nahrath: „Sie haben gesagt, Sie haben erfahren von der SMS, ‚Was ist mit den Bums?‘, vor Ihrer Ladung letztes Jahr. Sind Sie schon mal deswegen befragt worden?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Anderswo, nicht vor Gericht?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Vielleicht doch?“ Görlitz: „Nein heißt Nein.“

Nahrath: „Vielleicht mal bei einem Untersuchungsausschuss von Herrn Binninger, CDU?“ Görlitz: „Doch, stimmt.“ Nahrath: „Warum dann Nein?“ Görlitz: „Weil ich es gerade vergessen hatte.“ Nahrath: „Wissen Sie, was Sie zu Binninger gesagt haben?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Stimmt sogar, sie haben Nein gesagt. Heute sagen Sie, sie haben erstmals 2015 darüber gehört?“ Görlitz: „Dann habe ich mich da geirrt.“ Nahrath: “ Haben Sie nach dem Austausch des Handys mit Szczepanski über Herrn Werner gesprochen bei dem Treffen?“ Görlitz: „Möglich.“ Nahrath: „Können Sie sich an den Inhalt erinnern, was Szczepanski über Werner berichtet hat?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Haben Sie im Rahmen dienstlicher Tätigkeit mit Ihrem Mündel erfahren, dass Szczepanski evtl. mit Waffen zu tun hatte?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Ist Ihnen bekannt geworden, ob er wegen eines Waffendelikts eine Verurteilung erhalten hat?“ Görlitz: „Ist mir seinerzeit nicht bekannt gewesen, nein.“

Nahrath: „Waren die drei untergetauchten Skinheads, so will ich sie mal nennen, irgendwann mal Thema zwischen Ihnen?“ Görlitz: „Ja.“ Nahrath: „Vor Austausch des Handys oder danach?“ Görlitz sagt nichts, vermutlich blättert er in seinen Unterlagen. Nahrath: „Haben wir da noch ein paar Unterlagen, die uns interessieren könnten?“ Görlitz: „Die, die Sie kennen.“ Nahrath: „Wir haben eine Seite aus dem blauen Hefter.“ [phon.] Nun fragt Richter Götzl: „Haben Sie sich dazu Aufzeichnungen gemacht?“ Görlitz: „Ich habe hier die bekannten Chroniken.“ Nahrath: „Der Zeuge soll antworten.“ Zeugenbeistand Peters sagt: „Das liegt Ihnen vor. Das ist u.a. Blatt 67 der Akte, die Sie kennen. Es wurde eine Chronik erstellt, wann ist Kenntnis erlangt worden, dazu hat er die Daten vor sich liegen, weil er sich nicht erinnert. Es ist sachdienlich, wenn er reingucken kann.“ Götzl: „Es geht um die Erinnerung, danach wird gefragt.“ Peters: „1997 kann er sich nicht erinnern.“ [phon.] Götzl: „Dann soll er sagen, dass er sich nicht erinnert.“ Görlitz: „Na gut, dann kann ich mich nicht dran erinnern.“ Nahrath beantragt, die Schriftstücke zu beschlagnahmen und den Verfahrensbeteiligten vorzulegen. Peters: „Die liegen Ihnen schon vor.“ Die Blätter werden dem Senat übergeben. Götzl schaut sich die Blätter an, nennt dann Aktenfundstellen und sagt: „Das sind also die Unterlagen, um die es das letzte Mal ging, genau die Unterlagen sind es.“

Nahrath: „Um den Faden wieder aufzugreifen: Sie erinnern sich nicht, wann und wie Sie mit Szczepanski über die Untergetauchten gesprochen haben?“ Görlitz: „Das ist richtig.“ Nahrath: „Aber dass Sie drüber gesprochen haben, wissen Sie noch?“ Görlitz: „Weiß ich. Aber die exakten Daten nicht.“ [phon.] Nahrath: „Was hat Szczepanski Ihnen denn mitgeteilt über die drei Untergetauchten?“ Görlitz: „Er hat mir am 29.07.98 mitgeteilt …“ Götzl unterbricht Görlitz: „Die Unterlagen beiseite lassen!“ Nahrath: „Erinnern Sie sich, was Ihnen Szczepanski zu den drei Untergetauchten mitgeteilt hat?“ Görlitz: „Er hat, sofern ich mich erinnere, mitgeteilt, dass drei Skinheads, drei sächsische Skinheads sich nach Südafrika absetzen wollen.“ Nahrath: „Hat er sich dahingehend geäußert, woher er das weiß?“ Görlitz: „Das kann ich jetzt im Einzelnen nicht sagen. Ich weiß, dass er im Gespräch mit Jan Werner war. Ich weiß, dass er zumindest Kontakt mit hatte und mit Jan Werner.“ Nahrath: „Und mit Werner und Frau Probst über das Thema gesprochen hat?“ Görlitz: „Er hat mit Jan Werner und Antje Probst über das Thema gesprochen, sofern ich mich erinnere.“

Nahrath: „Sehen Sie eine Möglichkeit konkrete Gesprächsinhalte aus irgendwelchen Akten zu bekommen, die im Regal stehen in der Behörde?“ Görlitz: „Konkreter als hier vorliegen nicht, nein.“ Nahrath: „Als Sie von der SMS erfahren haben das erste Mal, wie haben Sie die SMS interpretiert?“ OStA Weingarten beanstandet die Frage. Nahrath fragt Görlitz: „Verstehen Sie unter ‚Bums‘ eine Waffe?“ Görlitz: „Was ich unter Bums verstehe?“ Weingarten: „Die Frage muss ich schon beanstanden, weil es in der SMS nicht ‚der Bums‘ heißt.“ Nahrath: „Hat Szczepanski in Zusammenhang mit Kontakten zu Frau Probst und Jan Werner irgendwas von Waffen erzählt?“ Görlitz: „Ja.“ Nahrath: „Können Sie konkreter sagen, was für Waffen?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Schusswaffen?“ Görlitz: „Möglicherweise. Ja.“ Nahrath: „Möglicherweise? Sie sind auf einer guten Erinnerungsspur. Weiter, erinnern Sie sich! Ging es um Schusswaffen? Kann auch ein Messer sein, eine Waffe.“ Görlitz: „Ich kann mich daran nicht erinnern.“

Nahrath: „Der Treffbericht, den Sie verfasst haben, als es um das Gespräch Szczepanski mit Antje Probst und Jan Werner ging, haben Sie den niedergelegt schriftlich?“ Görlitz: „Noch einmal bitte. Was genau?“ Nahrath: „Sie sagten, Szczepanski habe gesagt, er habe mit Probst, Werner gesprochen, Südafrika, es war auch von Waffen die Rede. Da muss es doch einen Treffbericht geben.“ Görlitz: „Ja.“ Nahrath: „Haben sie den niedergeschrieben?“ Nahrath: „Ja.“ Nahrath: „Ist es möglich, dass da mehr drinsteht, als Sie heute erinnern können, oder schließen Sie das aus?“ Görlitz: „Kann ich nicht ausschließen, nein.“ Nahrath: „Befindet sich dieser Treffbericht in den acht Ordern, die Sie zur Vorbereitung auf die Vernehmung durchforstet haben?“ Görlitz: „Ist in diesen Ordnern enthalten.“ Nahrath: „Sie wissen nicht zufälligerweise in welchem, z. B. welches Jahr?“ Görlitz: „Nein, weiß ich jetzt im Augenblick nicht.“ Nahrath: „Können Sie irgendein Jahr ausschließen?“ Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Würden Sie den Treffbericht finden, wenn Sie nochmal die Ordner durchschauen?“Görlitz: „Möglich.“ Nahrath: „Möglich oder ist das so?“ Görlitz: „Wenn er da ist, wird man ihn finden.“

RA Klemke: „Sie sagten gerade, dass Szczepanski berichtet hat von Gesprächen mit Antje Probst und Jan Werner, dass da Waffen im Gespräch waren. War das eines oder mehrere Gespräche?“ Görlitz: „Ich erinnere mich an eins, unter Umständen.“ Klemke: „Sicher?“ Görlitz: „Nein.“ RAin Schneiders hält aus den Verfahrensakten aus einer bereits bekannten Deckblattmeldung vom 19.08.1998 vor. Vorhalt: Jan Werner soll zur Zeit den Auftrag haben, die drei Skinheads mit Waffen zu versorgen. Schneiders: „Geht es um diese Deckblattmeldung oder eine andere?“ Görlitz: „Es geht um diese Deckblattmeldung.“ Schneiders: „Haben Sie Erkenntnisse zur Bezahlung dieser Waffenbeschaffung, woraus die erfolgen sollte?“ Görlitz: „Sofern ich erinnere, sollten da z. B. Konzerte stattfinden, organisiert werden.“ Schneiders: „Diese Meldung, war das für Sie etwas Neues oder kamen solche Meldungen öfter, Verwendung von Konzertgeldern für Waffenkauf?“ Görlitz: „Ob Meldungen öfter kamen? Wen, wie, was?“ Schneiders: „Haben Sie so etwas schon öfters gehört, Verwendung von Konzertgeldern für Waffenkauf, oder war das erstmalig?“ [phon.] Görlitz: „Nein, das war, sofern ich erinnere, erstmalig.“ Schneiders: „Wie sind Sie damit umgegangen?“ Görlitz: „Ich habe sie niedergeschrieben.“ Schneiders: „Haben Sie mit jemandem gesprochen darüber?“ Görlitz: „Das ist niedergeschrieben worden und dann an die Auswertung weitergeleitet worden.“ Schneiders: „Gab es vielleicht die Anregung, dass man vielleicht die Polizei informiert?“ Görlitz: „Das ist Sache der Auswertung.“ Schneiders: „Bei dem Gespräch mit Dr. Wagener, ist darüber gesprochen worden, warum das Handy nicht ausgewertet wurde?“ Görlitz: „Nein.“ Schneiders: „Haben Sie sonst mit jemanden aus der Behörde gesprochen darüber?“ Görlitz: „Nein.“ Schneiders: „Haben Sie sonstige Erkenntnisse dazu?“ Görlitz: „Nein.“

NK-Vertreter RA Bliwier: „Ich bleibe mal bei dem Handy. Ich möchte Sie fragen: Haben Sie mit dem Handy, nachdem Sie es bekommen haben von Carsten Szczepanski am 25.08., noch telefoniert?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Sie meinten ja, dass es um 16 Uhr gewesen sei.“ Görlitz: „Laut Bericht.“ Bliwier: „Seite 127 Ihrer Unterlagen, ein Schreiben, unterschrieben von Frau Wagener.“ Vorhalt: Das Handy mit der Nummer 0172-[…] wurde von der ehemaligen Quelle ‚Piatto‘ zumindest zeitweise genutzt. Die hier vorhandene Abrechnung vom 08.09.1998 belegt Gespräche von diesem Handy vom 05.08.1998, 9:24 Uhr bis zum 25.08.1998, 16:25 Uhr. Bliwier: „Haben Sie mal eine solche Abrechnung gesehen von dem Handy?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Existiert an der Dienststelle eine solche Abrechnung?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ Bliwier fragt, wie das Schreiben in die Unterlagen von Görlitz gekommen sei. Görlitz: „Das ist mir kopiert worden und ich habe es zur Akte genommen.“ Bliwier: „Wer hat Ihnen das kopiert?“ Görlitz: „Weiß ich nicht mehr.“ Bliwier: „Was war der Anlass dafür?“ Görlitz: „Ja, die Frage nach dem Bums.“ Bliwier: „Das ist ja nicht der Anlass, warum man Unterlagen kopiert. Haben Sie nach welchen gefragt, wurden Ihnen welche gegeben?“ Görlitz: „Ich habe die Kopie in meinem Eingangsfach vorgefunden.“ Bliwier: „Haben Sie eine Ahnung, wie die dahin gelangt sind?“ Görlitz: „Wird mir jemand kopiert haben, aber ich weiß nicht, wer.“

Bliwier: „Sie haben nicht danach gefragt, nach den Unterlagen?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Wussten Sie damals, dass es ein Ermittlungsverfahren gibt gegen Werner wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Seit wann wissen Sie das denn?“ Görlitz: „Ich weiß es nicht.“ Bliwier sagt, auf Blatt 126 der Unterlagen von Görlitz gebe es ein Schreiben zu einem Ermittlungsverfahren gegen Jan Botho Werner wegen des Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung. Görlitz: „Kann sein, dass ich es abgelegt habe, ich habe die Dinge …“ [phon.] Bliwier: „Teilweise nicht gelesen?“ Görlitz: „Teilweise nicht gelesen, nee.“ Bliwier sagt, es gebe einen Vermerk, gezeichnet von Wagener vom 30.01.2013 [phon.], überschrieben mit „Gespräch GBA am 28.01.2013 in Karlsruhe zum Ermittlungsverfahren Werner, Kurzvermerk, ehemalige Quelle ‚Piatto'“. Bliwier: „Können Sie zu dem Gespräch etwas sagen?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Können Sie etwas sagen zum Vermerk von Frau Wagener dazu?“ Görlitz: „Ich werde ihn überflogen haben.“ Bliwier: „Gegenstand des Vermerks?“ Görlitz: „Weiß ich nicht mehr.“ Vorhalt aus dem Vermerk: An der oben genannten Besprechung nahmen neben den Vertretern des GBA, darunter die Herren Griesbaum, Dr. Diemer und Dr. Bruns (Bundesanwälte) sowie StA Schmidt auch Vertreter des BfV (Herr Berzen, Herr Alberts) und des BKA (u.a Herr Koch) sowie für hiesige Behörde Unterzeichnerin teil. Gegenstand des Gespräches waren 1. die Anhörung (BN) und Vernehmung (BKA) des im oben genannten Verfahren als Zeugen benannten Carsten Szczepanski und die gegenseitige Abstimmung und Unterrichtung. Bliwier fragt, ob Görlitz dazu etwas sagen könne. Görlitz verneint das.

Bliwier: „Mir geht es nicht darum, ob Sie zu der Besprechung etwas sagen können, sondern zum Vermerk.“ Görlitz: „Ich habe ihn nur überflogen, kann mich an Einzelheiten nicht erinnern.“ Vorhalt: 2. die Fragen zum Handy des Carsten Szczepanski, welches ihm von hiesiger Behörde zur Verfügung gestellt wurde. Bliwier: „Dann weiter 1998, Quellentreff, Handykauf, Übergabe des neuen legendierten Handys, Schäfer-Gutachten. Sagt Ihnen das was?“ [phon.] Görlitz: „Schäfer-Gutachten habe ich mal gehört, ja.“ Bliwier: „Geht es in dem Bericht auch darum, dass man das Handy evtl. hätte orten können?“ Görlitz: „Ich weiß dazu nichts, ich kann dazu nichts sagen.“ Bliwier: „Sie sagten ja, dass Sie den Schäferbericht zur Kenntnis genommen haben.“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Okay, Missverständnis.“ Vorhalt: Dass sich die Angabe des Schäfer-Gutachtens zum Standort Chemnitz wohl nur auf das Handy des in diesem Verfahren Beschuldigten bezieht und das Gutachten insoweit ungenau wäre, der Standort des Handys von „Piatto“ folglich nicht belegt werden kann. Weiterhin wurde auf die Frage des GBA, ob die bewusste SMS ‚Was ist mit dem Bums‘ vom 25.08.1998, 19:21 Uhr, „Piatto“ überhaupt erreicht hat, vom BKA eingeräumt, dass laut den dort vorliegenden Unterlagen der Werner versucht haben soll, die ehemalige Quelle unmittelbar vor Absendung der SMS per Anruf zu erreichen. Da dies nicht gelang, wurde offensichtlich die SMS abgesetzt. Bliwier: „Sagt Ihnen das irgendwas?“ Görlitz: „Nein.“

Bliwier: „Nochmal, wenn ich Ihnen diesen Vermerk vorhalte, es geht um eine Vernehmung im Verfahren gegen Werner, was hat das in Ihrem Postfach zu tun? Können Sie sich das irgendwie erklären?“ Görlitz: „Möglicherweise als Hintergrundinfo gedacht, die ich aber nicht angenommen habe.“ Bliwier: „Was heißt das, nicht angenommen?“ Görlitz: „Ich habe sie jetzt nicht detailliert durchgesehen.“ Bliwier: „Sind diese Seiten 125 bis 128 der Akte Ihnen kommentarlos rein gelegt worden oder mit einem Anschreiben oder persönlicher Ansprache?“ Görlitz: „Kommentarlos.“ Bliwier: „Haben Sie nachgefragt,was Sie damit anfangen sollen?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „In dem Ordner befinden sich umfangreiche Fragenkataloge, richtig?“ Görlitz: „Kann sein, ja.“ Bliwier: „Was heißt, kann sein?“ Görlitz: „Ich habe es nicht vor mir liegen.“ Vorhalt: Fragenkatalog. I. Quelle: Bundestag, NSU-Untersuchungsausschuss, Zeugenvernehmung 28. Februar 2013. II. Quelle: Mitteilungen der Nebenklage im Internet über die Vernehmung von Carsten Szczepanski am 3. Dezember 2014 und 13. Januar 2015. III. Quelle: Medienberichte über die Zeugenvernehmung von Herrn G durch das OLG München am 02. Juli 2015. Bliwier: „Wer hat diese Fragenkataloge ausgearbeitet? Sie stehen unter Wahrheitspflicht!“ Görlitz: „Die habe ich mit meinem Zeugenbeistand zusammen besprochen.“

Bliwier: „Haben Sie die zu Papier gebracht?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Wer dann?“ Görlitz: „Die sind mir in Kopie so vorgelegt worden.“ Bliwier: „Also, Zeugenbeistand oder vorgelegt? Wer hat sie vorgelegt?“ Görlitz: „Mein Zeugenbeistand.“ Bliwier fragt, ob in einem Stück oder nacheinander. Görlitz: „Das kann ich genau nicht mehr sagen, es gab da ja mehrere Gespräche.“ Bliwier: „Ich kann das ja mal beispielhaft machen. Blatt 48 der Akte, unter ‚Medien allgemein‘.“ Vorhalt: 2. NSU allgemein. Lassen Sie uns über den Einsatz des V-Mannes Piatto im Chemnitz sprechen: Die großzügige Freigangsregelungen legen die Vermutung nah, dass er noch enger in der Chemnitzer Szene aktiv und näher an dem NSU dran war, als bislang eingeräumt. Vor diesem Hintergrund darf ich Sie bitten, dass Sie uns alle Erkenntnisse schildern, die Sie über den Einsatz von Piatto in Chemnitz haben. Bliwier: „Das als Beispiel. Dann auf Seite 49, zu Jan Werner.“ Vorhalt: Worum ging es: Schildern Sie uns bitte den Verlauf im Einzelnen! Wie ging es dann weiter mit der Information, dass Trio plane ‚einen weiteren Überfall‘? Was war die Quintessenz dieser Unterredung? Bliwier: „Noch einmal, wer hat diese Fragen formuliert?“ Görlitz: „Wer die formuliert hat, weiß ich nicht.“ Bliwier: „Das heißt, Sie haben diesen Fragenkatalog so von Ihrem Zeugenbeistand bekommen?“ Görlitz: „Ich habe die Fragenkataloge von meinem Zeugenbeistand vorgelegt bekommen, ja.“

Bliwier: „Das ist nicht genau die Antwort auf meine Frage. In dieser Form? Wollen Sie das nochmal sehen?“ Der Zeuge geht nach vorn an den Richtertisch und nimmt die Blätter in Augenschein. Bliwier fragt, ob es das gewesen sei, was Görlitz vom Zeugenbeistand bekommen habe. Görlitz: „Ja, in der Form.“ Bliwier: „In welcher Weise, auf Papier oder als Datei?“ Görlitz: „In Papierform.“ Bliwier: „Können Sie was zum Zeitpunkt sagen, wann Sie Fragenkatalog oder Fragenkataloge bekommen haben?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Es fällt ja auf, dass es eine dritte Quelle gibt, ‚Medienberichte zur Vernehmung Herr G.‘, das sind wohl Sie, ‚vorm OLG München‘.“ Vorhalt: Unter welcher Nummer wurde Szczepanski bei Ihnen geführt? Haben Sie mit Szczepanski über das Fanzine „United Skins“ gesprochen? Nicht gelegentlich, vielleicht einmal – über die Inhalte? Herr Szczepanski erklärte uns hier am 13. Januar als Zeuge, dass er Ihnen die Ausgaben vorher dem Verfassungsschutz vorgelegt habe, als Ihnen. Hat er uns nicht die Wahrheit gesagt? Wie lange haben Sie Szczepanski betreut? Bliwier: „Das klingt so, als wären Teile dieses Fragenkataloges jedenfalls nach Ihrer Vernehmung hier im Gericht erstellt worden. Stimmen Sie mir da zu?“ Görlitz: „Weiß ich nicht, kann ich mich nicht erinnern.“ Bliwier: „Na ja, ist nicht so kompliziert. Sie sagten ja, Sie wissen nicht, ob Sie es an einem Stück bekommen habe.“ Bliwier sagt, es werde da Bezug genommen auf die Vernehmung von Görlitz im UA des Bundestages 2013 und es gebe dann eine dritte Quelle [phon.], nämlich Medienberichte über seine Vernehmung im Juli: „Wie haben Sie die bekommen, in einem Stück würde wenig Sinn machen, weil das Bezug nimmt auf die schon erfolgte Vernehmung, oder?“ Götzl: „Die Frage ist schon beantwortet.“

Bliwier: „Kommt da noch eine bessere Erinnerung?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Haben Sie eigentlich diese Fragen, die Ihnen gestellt worden sind, haben Sie die eigentlich beantwortet?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Also, Katalog entgegengenommen und zu den Unterlagen genommen?“ Görlitz: „Ja.“ Bliwier: „Sind Sie mögliche Antworten durchgegangen? Z.B. auf die Frage: ‚Herr Szczepanski erklärte uns hier am 13. Januar als Zeuge, dass er Ihnen die Ausgaben vorher dem Verfassungsschutz vorgelegt habe, also Ihnen. Hat er uns nicht die Wahrheit gesagt?‘ Haben Sie mit Ihrem Zeugenbeistand besprochen, wie die Antwort darauf lauten würde?“ Zeugenbeistand Peters: „Ich halte die Frage für unzulässig, sie betrifft unmittelbar das Mandatsverhältnis.“ OStA Weingarten: „Ich sehe das anders. Die Frage der Vorbereitung auf die Zeugenvernehmung berührt nicht den Kern des Mandatsverhältnisses.“ RA Stahl erwidert, es sei falsch, was Weingarten sagt, als Rechtsanwalt müsse er, Stahl, sagen, dass das Mandatsverhältnis geschützt ist. Peters: „Es geht darum, was wir besprochen haben.“ [phon.] Götzl: „Aber es geht doch um die Vorbereitung.“ [phon.]

Bliwier: „Ich stelle das zurück. Hat es über die Beantwortung der Fragen Gespräche mit anderen Personen als dem Zeugenbeistand gegeben?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Können sie etwas dazu sagen: Hat Ihr Beistand zur Formulierung der Fragen an Sie Akten im Ministerium eingesehen?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Hat er nicht oder können Sie nichts dazu sagen?“ Görlitz: „Ich kann nichts dazu sagen.“ Bliwier sagt, in den Akten von Görlitz finde sich ein Reststrafenbeschluss des LG Potsdam zu Szczepanski: „Ist das richtig?“ Görlitz: „Ja.“ Bliwier: „Wie kommen Sie an den Beschluss?“ Görlitz: „Indem ich ihn kopiert habe.“ Bliwier: „Woraus?“ Görlitz: „Aus einer Akte.“ Bliwier: „Aus welcher?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ Bliwier sagt, der Beschluss habe einen Stempel ‚amtlich geheimgehalten‘: „Wenn ich Ihnen das vorhalte, bleiben Sie dabei, sich nicht mehr zu erinnern, aus welcher Akte der kommt?“ Görlitz: „Dabei bleibe ich, ja.“ Bliwier: „Aus diesen acht Ordnern?“ Görlitz: „Aus diesen Ordnern, ja.“ Bliwier: „Das hätten Sie auch sagen können. Haben Sie in Vorbereitung auf die Vernehmung heute mit irgendjemand außer Ihrem Rechtsbeistand gesprochen?“ Görlitz: „Nein.“

Bliwier: „Haben Sie eine Erklärung, wie Ihr Rechtsbeistand diese Fragen formuliert hat, woher er seine Erkenntnisse hat?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Haben Sie mit ihm darüber gesprochen? Görlitz: „Nein.“ Bliwier: „Gab es mündliche Gespräche mit Ihrem Beistand, wie Sie auf Fragen antworten könnten, Rollenspiele oder ähnliches?“ Wieder interveniert Zeugenbeistand Peters: „Das betrifft wieder das Mandatsverhältnis. Das ist geschützt. Zur Vorbereitung muss der Zeuge nichts sagen.“ RA Bliwier: „Da habe ich einen anderen Standpunkt. Ich stimme ausnahmsweise Herrn Weingarten zu. Das betrifft die Vorbereitung auf die Hauptverhandlung.“ [phon.] Es gehe um die Glaubwürdigkeit, und wenn es so umfangreiche Vorbereitungen mit Fragenkatalogen gebe, dann sei auch die Frage legitim, ob es da entsprechende Rollenspiele oder Frage- und Antwortspiele gab. Weingarten: „Es ist selbstverständlich eine krude Auffassung, ein Zeuge bräuchte Fragen zur Art und Weise der Vorbereitung der Vernehmung nicht zu beantworten, nur weil es mit einem Beistand passiert ist. [phon.] Vielleicht nennt der Zeugenbeistand dann mal die Norm aus der StPO, aus der sich ein Auskunftsverweigerungsrecht ergeben soll. Das würde die Diskussion vereinfachen. Der Zeuge muss die Frage beantworten.“

Peters sagt, das ergebe sich aus einschlägigen Kommentierungen, u.a. aus dem „Karlsruher Kommentar“; er habe das nicht im Einzelnen im Kopf, aber es solle gerade die Vorbereitung geschützt werden [phon.], weil sonst ja die Rechtsfigur des Rechtsbeistands ad absurdum geführt werde: „Das wäre ein rechtspolitischer Knieschuss.“ RA Stahl: „Dass genau dieses spezielle Auskunftsverweigerungsrecht, das er in der StPO sucht, nicht existiert, stimmt. Es existiert aber in § 203 StGB für Berufsgeheimnisträger die Verpflichtung des Rechtsanwalts über Gesprächsinhalte zu schweigen. Recht und Pflicht. [phon.] Und genau das darf durch Befragung eines Zeugen nicht untergraben werden.“

Bliwier: „Ich habe nicht nach Inhalten gefragt, sondern nach der Form. Rollenspiele. Das betrifft die Form, nicht den geschützten Bereich.“ Nahrath: „Wir haben noch gar nicht geklärt, ob der Zeuge nicht selbst aussagen will. Der Zeugenbeistand hat gleich gedrückt und gerügt. Der Zeuge muss das entscheiden.“ Götzl: „Wollen Sie etwas dazu sagen?“ Görlitz: „Juristische Erörterungen hier. Also, ich möchte dazu nichts sagen.“ NK-Vertreter RA Narin: „Ich möchte Rechtsanwalt Stahl entgegnen, dass der § 203 StGB nur das Verhältnis Rechtsanwalt, Zeuge schützt, Normadressat ist nicht der Zeuge, sondern der Rechtsanwalt.“ [phon.] Götzl fragt, ob Peters eine Unterbrechung benötige. Peters verneint das und sagt, es gebe mehrere Entscheidungen dazu, er habe die aber gerade nicht detailliert im Kopf. Klemke sagt, wenn das StGB das Vertrauensverhältnis Anwalt/Mandant unter Strafe stellt, könne nicht umgekehrt der Zeuge verpflichtet werden, daraus Angaben machen zu müssen. Dieses Rechtsgut dürfe nicht ausgehöhlt werden, indem der Zeuge verpflichtet wird, aus diesem Bereich Angaben zu machen. Götzl legt eine Pause ein.

Um 17:31 Uhr geht es weiter. Götzl verkündet den Beschluss, dass die Frage, ob Görlitz sich auf die Vernehmung mit Rollenspielen mit dem Zeugenbeistand vorbereitet habe, zulässig ist. Das Auskunftsverweigerungsrecht bestehe nur, soweit es um den Inhalt der Gespräche geht. Bliwier: „Ich frage nochmal: Hat es so etwas gegeben, Rollenspiele, Frage- und Antwortspiele mit dem Zeugenbeistand?“ Görlitz: „Nein.“ Bliwier sagt, in Görlitz‘ Akten finde sich ein Vermerk über ein Treffen vom 17.09.1998 zwischen TLfV, LfV Sachsen, Innenministerium Brandenburg: „Haben Sie eine Erinnerung, dass ein solcher Vermerk in Ihren Unterlagen ist?“ Görlitz: „Inzwischen ja.“ Bliwier: „Weil Sie in die Akten nochmal rein gesehen haben?“ Görlitz: „Ja.“ Bliwier: „Da geht es u.a. um Jan Werner. Ich will nur fragen: Wie kommt der Vermerk in Ihre Unterlagen?“ Görlitz: „Dieser Vermerk ist kopiert worden und in meinem Eingangsfach gelandet.“ Bliwier: „So wie die anderen auch, unkommentiert?“ Görlitz: „Ja.“ Bliwier: „Haben Sie mal nachgefragt, was Sie damit anfangen sollen?“ Görlitz: „Nein.“ Vorhalt: Ziel der Beratung war es, Maßnahmen festzulegen, die den Nachrichtengeber (Quelle BB) nicht gefährden. Teilnehmer: Bliwier: „Dann kommt hier eine Schwärzung. Und dann folgt, was man unternehmen möchte, im Vermerk.“

Vorhalt: Folgende Festlegungen wurden getroffen: 1. IM Brandenburg ist grundsätzlich nicht bereit, die Quellenmeldung als solches für die Polizei freizugeben. 2. Ggf. Erstellung eines Behördenzeugnisses durch BfV, da Unterstützung von dort zugesagt. 3. LfV Thüringen informiert ohne Nennung der Herkunft der Informationen das LKA Thüringen über den Sachverhalt. Behandlung der Hinweise mit hoher Sensibilität wird vorausgesetzt. Bliwier: „Was haben Sie damit anfangen können in Bezug auf Ihre Zeugenvernehmung hier?“ Görlitz: „Grundlegend eigentlich nichts.“ Bliwier: „Also, erschließt sich Ihnen nicht, warum es in Ihr Postfach gelegt wurde?“ Görlitz: „Als Hintergrundinfo vielleicht.“ Bliwier: „Haben Sie alles, was in Ihrem Posteingang war, abgeheftet?“ Görlitz: „Ist alles dort gelandet.“

NK-Vertreterin RAin von der Behrens: „Sie haben mehrfach gesagt, Sie haben nicht nachgefragt, woher die Unterlagen kommen und was Sie damit machen sollen. Warum haben Sie nicht nachgefragt?“ Görlitz: „Ich habe die Dinge mehr oder minder gelesen und das war's. Es kamen keine Nachfragen, Aufträge, Hinweise, Gespräche.“ V. d. Behrens: „Ist es üblich, dass Unterlagen unkommentiert in Ihrem Postfach landen, ohne Anschreiben und Ansprache?“ Görlitz: „Ja.“ V. d. Behrens: „Welche Unterlagen haben Sie überflogen und welche gelesen?“ Görlitz: „Ich habe sämtliche Unterlagen nur überflogen.“ V. d. Behrens: „Was ist der Grund dafür?“ Görlitz: „Zeitgründe.“ V. d. Behrens: „Wann wurde Ihnen das ungefähr in Ihr Postfach gelegt?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ V. d. Behrens: „Vor der Vernehmung im Untersuchungsausschuss?“ Görlitz: „Meine, im Nachgang.“ V. d. Behrens: „Vor Ihrer ersten Vernehmung hier in der Hauptverhandlung?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ V. d. Behrens: „Zwischen den beiden Vernehmungen, die Sie in der Hauptverhandlung getätigt haben?“ Görlitz: „Ich weiß es nicht mehr.“ V. d. Behrens: „Sie müssen doch ungefähr eine Einschätzung haben.“ Görlitz: „Ich habe daran keine Erinnerung mehr.“ V. d. Behrens: „Eine Woche her?“

Dann sagt v. d. Behrens: „Ich sehe die Gesichter auf der Richterbank. Ich finde es auch albern, aber es kann nicht sein, dass keine Erinnerung da ist. Dann müssen wir dieses Spiel spielen. Eine Woche her oder länger?“ Görlitz: „Länger.“ V. d. Behrens: „Ein Monat oder länger?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ V. d. Behrens erinnert Görlitz daran, dass er unter Wahrheitspflicht steht: „In der einen Woche, die Sie mindestens hatten, die Unterlagen zur Kenntnis zu nehmen – was nicht sein kann, weil die Unterlagen bei Ihrer letzten Aussage hier beschlagnahmt wurden, was Sie sicher noch erinnern – haben Sie in der mindestens einen Woche Zeit gehabt, diese etwa 120 Seiten zu lesen?“ [phon.] Görlitz bittet v. d. Behrens darum, die Frage zu erklären. V. d. Behrens wiederholt die Frage. Görlitz: „Ich verstehe die Frage nicht.“ V. d. Behrens: „Sie sagten, Sie hätten das überflogen. Haben Sie in dieser einen Woche die Zeit gefunden, die Unterlagen vielleicht doch gründlich zu lesen?“ Görlitz „Nein.“ V. d. Behrens: „Sie hatten keine Zeit, die 120 Seiten zu lesen?“ Görlitz: „Nicht gründlich, nein.“ V. d. Behrens: „Wäre es Ihre Dienstpflicht gewesen, sich mit den Unterlagen in Ihrem Fach zu befassen?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Ist es Ihre Pflicht, sich auf Hauptverhandlung vorzubereiten?“ Görlitz: „Ja.“ V. d. Behrens fragt, wodurch sich Görlitz vorbereiten müsse. Görlitz: „Aktenstudium.“

V. d. Behrens fragt, was Görlitz gelesen habe. Görlitz: „Ich habe Akten gelesen.“ V. d. Behrens: „Welche Akten?“ Görlitz: „Deckblattmeldungen und Vermerke.“ V. d. Behrens: „Welche?“ Görlitz: „Den Fall ‚Piatto‘ betreffend.“ V. d. Behrens: „Aber welche Vermerke?“ Görlitz: „Treffvermerke.“ V. d. Behrens: “ Sie haben ja gesagt, dass Sie dieses Schreiben, was Sie heute vortragen wollten, geschrieben haben und vortragen wollten. In welcher Hauptverhandlung wollten Sie das vorlesen?“ [phon.] Görlitz: „In der letzten.“ [phon.] V. d. Behrens: „Warum haben Sie es nicht getan?“ Görlitz: „Nach der letzten, also vor dieser.“ V. d. Behrens: „Sie haben doch gerade gesagt, Sie wollten den in der letzten Hauptverhandlung vorlesen.“ Görlitz: „Habe mich geirrt, Entschuldigung bitte.“ V. d. Behrens fragt, wann Görlitz das denn angefertigt habe. Görlitz seufzt und sagt dann: „Ich weiß es nicht genau, letztes Quartal 2015.“

V. d. Behrens: „Hatten Sie das bei der letzten Vernehmung im Saal dabei?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Warum so sicher?“ Görlitz: „Weil ich ihn danach angefertigt habe.“ V. d. Behrens: „Wie viele Treffen mit dem Beistand gab es insgesamt in Vorbereitung auf die Vernehmungen?“ Görlitz: „Etwa drei.“ V. d. Behrens: „Was war die durchschnittliche Dauer dieser Treffen?“ Görlitz: „Unterschiedlich.“ V. d. Behrens: „Sagen Sie es.“ Görlitz: „Vier Stunden, fünf Stunden. In etwa.“ V. d. Behrens: „Also kommen wir auf ungefähr 12 bis 15 Stunden insgesamt?“ Görlitz: „Möglich.“ V. d. Behrens: „Wann war das letzte Treffen?“ Görlitz: „Kurz vor der letzten Ladung.“ V. d. Behrens: „Gab es anschließend telefonische Kommunikation?“ Görlitz: „Nein.“ RA Peters: „Ich weiß nicht, was das mit dem Beweisbeschluss zu tun hat, die Frage. Der Zeuge hat sich ordentlich vorzubereiten. Er hat das gemacht.“

V. d. Behrens: „Ich kommentiere die ordnungsgemäße Vorbereitung nicht. Gab es eine Akte zu Szczepanski im Innenministerium vor dessen Anwerbung?“ Görlitz: „Das weiß ich nicht, ist mir nicht bekannt.“ V. d. Behrens: „Hintergrund meiner Frage ist eine Frage des Zeugenbeistands im Katalog.“ Klemke beanstandet, weil der Zeuge nicht gesagt habe, dass die Fragen vom Zeugenbeistand stammen, nur dass der ihm den Katalog vorgelegt habe.“ V. d. Behrens: „Dann Vorhalt des vom Beistand vorgelegten Katalogs.“ Vorhalt: Gab es eine Akte des brandenburgischen Verfassungsschutzes über Szczepanski vor dessen Anwerbung? V. d. Behrens: „Erinnern Sie sich, diese Frage gehört oder gelesen zu haben?“ Görlitz: „Erinnere mich nicht dran, nein.“ V. d. Behrens: „Kannten Sie Szczepanski vor dessen Anwerbung durch das Innenministerium?“ Görlitz: „Ich kannte ihn nicht, aber ich habe gehört von ihm.“ V. d. Behrens: „Durch wen und wann?“ Görlitz: „Durch Presseberichte.“ V. d. Behrens: „Alles?“ Görlitz: „Alles.“

V. d. Behrens: „Vorhalt aus Ihren Unterlagen, diese Chronologie, überschrieben mit ‚Chronologie‘.“ Vorhalt: G. kennt C.S. aus der Zeit aus Berlin, damals keine ND-Quelle. [phon.] Görlitz: „Ja, damit sind diese Presseberichte gemeint, keine persönlichen Kontakte.“ V. d. Behrens: „Sie sagten, dass Sie die Chronologie nicht verfasst haben. Woher wissen Sie also, dass die Presseberichte gemeint sind?“ [phon.] Peters: „Der Zeuge weiß nicht, welche Chronologie.“ V. d. Behrens: „Ihre Seite 63.“ Peters: „Vielen Dank.“ Görlitz: „Wie gesagt, ich kannte ihn nicht. Es ging nur um Pressemitteilungen [phon.] oder sein Fanzine damals, ‚‘ oder wie das hieß.“ V. d. Behrens: „Woher wissen Sie, was der Verfasser damit meinte: ‚G. kennt C.S. noch aus Berlin‘?“ Görlitz: „Ich kann Ihnen nur sagen, ich kenne nur Presseberichte und das Fanzine ‚Feuerkreuz‘, keine persönlichen Kontakte.“ [phon.] V. d. Behrens: „Woher kennen Sie das Fanzine ‚Feuerkreuz‘?“ Görlitz: „Aus der beruflichen Tätigkeit in Berlin.“ V. d. Behrens: „Wo haben Sie da gearbeitet?“ Peters: „Das ist nicht umfasst von der Aussagegenehmigung.“ V. d. Behrens: „Evtl. ist dafür ja keine Genehmigung erforderlich, das muss der Zeuge doch wissen.“ Götzl: „Letztlich muss der Zeuge das beurteilen, ggf. müssen Sie das besprechen.“ Görlitz: „Für das LfV Berlin.“ V. d. Behrens: „Waren Sie auch damals schon V-Mann-Führer von Szczepanski?“ OStA Weingarten beanstandet: „Die Frage ist beantwortet, etwa dreimal. Der Zeuge sagt, es gab keine persönlichen Kontakte, dann kann er nicht Quellenführer sein.“

V. d. Behrens: „Ist Ihnen bekannt, ob Szczepanski damals von einer anderen Behörde geführt wurde?“ Görlitz: „Das weiß ich nicht.“ V. d. Behrens: „Wissen Sie, im August/ September 1998, wie häufig Sie oder Herr Meyer-Plath Szczepanski getroffen haben?“ Görlitz: „Kann ich nicht genau sagen.“ V. d. Behrens: „Gab es eine Häufung von Treffen in der Zeit?“ Görlitz: „Kann ich mich nicht erinnern.“ V. d. Behrens: „Sie erinnern sich nicht an eine auffällige Häufung?“ Götzl beanstandet, es handele sich um eine Wiederholungsfrage. V. d. Behrens: „Das kann bei dem Zeugen Verschiedenes bedeuten.“ Götzl sagt, v. d. Behrens solle die Frage ggf. anders stellen. V. d. Behrens: „Haben Sie einer Erinnerung an die Treffhäufigkeit im August/ September 1998?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Sie hatten ja in Ihrer schriftlichen Stellungnahme zur ‚Bums‘-SMS ausgeführt, dass Sie ungefähr gegen 16 Uhr das Handy eingezogen und ausgeschaltet haben.“

Vorhalt aus dem Fragenkatalog: 4. Telefonate. Könnte ‚Piatto‘ am 25.08.1998 in Chemnitz gewesen sein? Dagegen spricht aber, dass sein Handy an diesem Tag um 19:21 Uhr in Betrieb war. V. d. Behrens: „Nach diesem Katalog soll das Handy um 19:21 Uhr in Betrieb gewesen sein. Meine Frage: Haben Sie Kenntnisse dazu, ob es um 19:21 Uhr noch eingeschaltet war?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Nach der Befragung im Untersuchungsausschuss zu der ‚Bums‘-SMS, haben Sie danach mit jemand darüber gesprochen über den Vorhalt, der im Untersuchungsausschuss gemacht worden ist?“ Görlitz: „Nein, kann ich mich nicht erinnern, nein.“ V. d. Behrens: „Wann waren Sie das nächste Mal mit dem Inhalt dieser SMS konfrontiert?“ Görlitz: „Durch die Mitteilung der Frau Dr. Wagener.“ V. d. Behrens: „Gibt es einen Grund, dass Sie nachdem Sie danach gefragt wurden im Untersuchungsausschuss nicht darüber mit jemandem gesprochen haben im Amt?“ Görlitz: „Es gab dafür keinen Grund.“ V. d. Behrens: „Haben Sie es absichtlich unterlassen, darüber zu sprechen?“ Görlitz: „Nein.“

V. d. Behrens: „Ist Ihnen bekannt, dass Szczepanski durch das BfV angehört wurde nach dem 04.11.2011?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Ist Ihnen Mitteilung gemacht worden, dass das BfV mit Szczepanski sprechen möchte?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Wie oft gab es bei Ihnen im Amt Treffen, bei denen Ihre Aussagen im Untersuchungsausschuss oder in der Hauptverhandlung Thema waren?“ Görlitz: „Keine.“ V. d. Behrens: „Kein einziges offizielles Gespräch?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Und wie viele im Vorbeigehen?“ Görlitz: „Keine.“ V. d. Behrens: „Sie wissen aber noch, was Sie vor zwei Stunden hier gesagt haben?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Brauchen Sie eine Pause?“ Görlitz: „Dann sagen Sie mir, was ich … Ach so, diese Geschichte.“ V. d. Behrens: „Entweder Sie reißen sich zusammen und strengen sich an, anscheinend haben Sie keine Sorge, dass sie ein Strafverfahren bekommen, aber es ist ziemlich nah dran, es liegt leider nicht in meiner Hand.“ Görlitz: „Entschuldigung, ich habe mich eben nicht erinnert. Ich hatte mich an die Geschichte mit Frau Dr. Wagener nicht mehr erinnert.“ V. d. Behrens: „Deswegen habe ich gefragt, ob Sie eine Pause brauchen.“ Götzl: „Brauchen Sie eine Pause?“ Görlitz: „Nein.“

V. d. Behrens: „Hat Ihnen Frau Dr. Wagener gesagt, dass Sie zu einem Gespräch in Karlsruhe war, wo es um diese SMS mit dem ‚Bums‘ ging?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Kann es sein, dass Sie systematisch aus der Kommunikation ausgeschlossen werden?“ [phon.] Görlitz: „Das war auf Referatsleiterebene, da war ich eben nicht dabei.“ V. d. Behrens: „Hochrangige Personen treffen sich und sprechen darüber, und derjenige, der das Handy entgegengenommen hat, wird nicht gehört dazu? Ich glaube Ihnen das nicht.“ Görlitz: „War aber so.“ V. d. Behrens: „Kennen Sie ? Der war in der JVA Frankfurt/Oder zur selben Zeit wie Szczepanski.“ Görlitz: „Ich kenne ihn nicht, aber den Namen habe ich mal gehört.“ V. d. Behrens: „Was wissen Sie über ihn?“ Görlitz: „Aussagegenehmigung.“ Nach kurzer Pause sagt Görlitz: „Also, ich weiß über den nichts.“ V. d. Behrens: „Also was jetzt? Sie müssen sich schon entscheiden.“ Görlitz: „Ich habe mal den Namen gehört, kann aber nichts drüber sagen.“ V. d. Behrens: „Szczepanski hat ja Briefe, die er bekommen hat, weitergeleitet ans Amt. Hat er auch das, was er geschrieben hat, weitergeleitet?“ Görlitz: „Was er geschrieben hat?“ V. d. Behrens: „Ja, etwa mit Durchschlag.“ [phon.] Görlitz: „Was er geschrieben hat?“ V. d. Behrens erläutert die Frage noch einmal. Dann sagt Görlitz: „Kann möglich gewesen sein.“ V. d. Behrens bittet darum, dass dem Zeugen zwei Seiten Text vorgelegt werden, die nicht Aktenbestandteil seien. Sie nennt die Asservatennnummer. Daraufhin legt Götzl eine Pause zum Kopieren ein.

Um 18:20 Uhr geht es weiter. V. d. Behrens bitte darum, dem Zeugen die beiden Blätter zu geben: „Ich will ihn fragen, ob das das Schriftbild der Schreibmaschine von Szczepanski ist.“ Götzl: „Das ist eine Sachverständigenfrage.“ V. d. Behrens: „Nach seiner Erinnerung nur.“ Es folgt eine Auseinandersetzung darum, ob die Frage so zulässig ist. Dann sagt v. d. Behrens: „Ich kann es auch vorlesen, aber manchmal hilft die optische Hilfe [phon.].“ Götzl: „Dann machen Sie das.“ V. d. Behrens verliest das vermutlich von Szczepanski stammende Schreiben. Vorhalt: Letzte interne Mitteilung: Geplante Vorgehensweise nach Verschubung in die JVA Branne:
– sofortiger Briefkontakt mit Dir über den Stand der Dinge
– Aufnahme der Kontakte zu interessierten Kameraden
– abwechselnder Briefkontakt bis zur Verlegung in den Vollzug
– Ausarbeitung des nun bindenden Statuts.
– Ankündigung von Besuch eines Kameraden zum Zwecke der Unterzeichnung des fertigen Statuts.
– Rücksendung des unterzeichneten Statuts an eine noch zu benennende Postfachadresse
– Anmeldung beim Amtsgericht in Frankfurt/Oder
– weiterhin ständiger Briefkontakt
– Meldung über erfolgte Anmeldung.

V. d. Behrens: „Haben Sie eine Erinnerung daran, dass Szczepanski Ihnen ein entsprechendes Schreiben übergeben hat, von ihm oder anderen verfasst?“ Görlitz: „Nein.“ Dann wird Görlitz das Schreiben gezeigt. V. d. Behrens: „Kommt eine Erinnerung zurück?“ Görlitz: „Also ich kenne dieses Schreiben nicht.“ V. d. Behrens hält weiter vor: „‚Heil Dir Norbert! Leider hat es mit den Adressen nur zum Teil geklappt.‘ Dann folgt ein längerer Text und dann: ‚Folgende Personen sind vielleicht an der Idee interessiert: ‘. Es folgt eine Adresse. ‚Über Sascha kannst Du auch die NPD-Zeitung ‚‘ beziehen. ‘. Es folgt eine Adresse. ‚Dieter ist politisch sehr aktiv, wenn Du Deine Idee verwirklichen willst, dann schreibe ihn einmal an. So hast Du gleich zur Ex- Kontakt. Tom Metzger‘. Es folgt eine Adresse in den USA. ‚Tom ist Begründer des ‚White Aryan Resistance‘ Er unterstützt jede deutsche nationalistische Gruppe. Blood & Honour‘. Es folgt eine Adresse in London. ‚Sammlungsbewegung der britischen Nationalisten und NSler. Mit dem bestem Gruße C.‘ Haben Sie eine Erinnerung an das Schreiben?“ Görlitz: „Ich habe nach 18 Jahren an diese Dinge keine Erinnerung mehr.“

V. d. Behrens: „Haben Sie eine Erinnerung daran, dass Szczepanski Ihnen berichtet hat, dass er aus der Haft versucht mit anderen Kameraden einen rechten Verein zu gründen?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Wissen Sie, wer bei Ihnen im Amt für Frankfurt/Oder zuständig war, die rechte Szene in Frankfurt/Oder und damit auch für Norbert Pilou?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens fragt, ob die Dokumente, die Görlitz im Postfach vorgefunden habe, teilweise geschwärzt gewesen seien. Görlitz: „Ist mir nicht erinnerlich.“ V. d. Behrens: „Auf dem Dokument ‚Dresden, 17.09.98‘, haben Sie da Ihren Namen gelesen auf dem Dokument?“ Görlitz: „Welcher Vermerk?“ V. d. Behrens sagt, es gehe um den Vermerk zu einem Treffen Innenministerium Brandenburg, Sachsen, Thüringen. Görlitz: „Wo es um die Weiterleitung von Informationen geht?“ V. d. Behrens: „Genau.“ Görlitz: „Da ist mein Name vermerkt.“ V. d. Behrens: „In welcher Funktion?“ Görlitz: „Funktion?“ V. d. Behrens: „Ja.“ Görlitz: „Keiner.“

V. d. Behrens: „Haben Sie an dem Treffen teilgenommen?“ Görlitz: „Das kann ich nicht sagen, das weiß ich nicht.“ V. d. Behrens: „Aber Ihr Name ist auf dem Dokument vermerkt.“ Görlitz: „Wer den drauf geschrieben hat, weiß ich nicht. Das war ein Treffen des höheren Dienstes, Referatsleiter, und da war ich garantiert nicht.“ V. d. Behrens: „Sie sind als teilnehmende Person vermerkt.“ [phon.] Görlitz: „Das mag so sein.“ V. d. Behrens: „Gehen Sie davon aus, dass jemand zu unrecht den Namen drauf geschrieben hat.“ Görlitz: „Ich gehe von gar nichts aus.“ Götzl: „Das ist eine Spekulation, die Sie da verlangen. Bei der Sache bleiben!“ V. d. Behrens: „Sie haben Ihren Namen gelesen, ist da eine Erinnerung an die Teilnahme zurückgekommen oder nicht?“ Görlitz: „Ist nicht zurückgekommen.“ V. d. Behrens: „Welche weiteren Namen haben Sie gelesen auf dem Vermerk?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ V. d. Behrens: „Auf dem Vermerk sind handschriftliche Notizen, haben sie dort handschriftliche Notizen angebracht?“ Görlitz: „Mit Sicherheit nicht.“

V. d. Behrens: „Dann gibt es in ihrer Akte einen zweiten Vermerk ‚17.09.98‘, der stammt aus Potsdam. Erinnern Sie sich an einen Vermerk aus Potsdam, selbes Datum?“ Görlitz: „Nein.“ V. d. Behrens: „Sie haben es ja vor sich, 109 in ihrer Akte.“ V. d. Behrens fragt, ob Görlitz sagen könne, woher das Dokument stammt. Görlitz: „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“ V. d. Behrens: „Lag das auch in Ihrem Postfach ein?“ Görlitz: „Weiß ich nicht, kann ich mich nicht erinnern.“ V. d. Behrens: „In diesem Vermerk, Seite 109, sind z. T. die Deckblattmeldungen von Szczepanski zum Trio zusammengefasst. Oben auf der Seite heißt es: „Sie beabsichtigen eine Ausreise nach Südafrika, der dortige Unterkunftsgeber ist bekannt, er war kürzlich in Deutschland‘. Haben Sie eine Erinnerung, dass Sie solche Informationen von Szczepanski erhalten haben?“ Görlitz: „Die geplante Ausreise nach Südafrika, daran kann ich mich erinnern.“ An „Unterkunftsgeber kürzlich in Deutschland“ könne er sich nicht erinnern, so Görlitz. V. d. Behrens: „Gab es weitere V-Leute im Innenministerium Brandenburg, die zum Trio berichtet haben und von denen diese Information stammen könnte?“ [phon.] Görlitz: „Andere V-Leute sind nicht von der Aussagegenehmigung umfasst.“ V. d. Behrens: „Die zum Trio berichtet haben!“ Görlitz: „Ist mir nicht bekannt.“ V. d. Behrens: „Sagt Ihnen der Name Dr. Nordbruch etwas?“ Görlitz: „Nein.“

NK-Vertreter RA Scharmer sagt, in den Unterlagen, die das letzte Mal hier verblieben seien, befinde sich auch das Protokoll der Vernehmung von Görlitz im UA mit handschriftlichen Anmerkungen: „Haben Sie handschriftliche Anmerkungen daran getätigt?“ Görlitz: „Muss ich sehen.“ Görlitz nimmt zwei Blätter in Augenschein und sagt, es handele sich bei den Anmerkungen um seine Handschrift. Vorhalt: ‚Clemens Binninger (CDU/CSU): Können Sie sich noch daran erinnern, ob damals schon bei diesen Erkenntnissen Namen dabei waren, die hinterher in Thüringen oder in Sachsen oder im Zusammenhang mit ‚Blood & Honour‘ noch mal eine Rolle spielen sollten? – Zeuge R.G.: Damals kamen – waren keine Namen erst mal in der Richtung bekannt. Nein‘. Scharmer: „Daneben findet sich handschriftlich: ‚J.W.‘, ‚A.P.‘. Was heißt das?“ Görlitz: „Jan Werner und Antje Probst.“

Scharmer: „Unter welchen Umständen haben Sie diese handschriftliche Anmerkung getätigt?“ Görlitz: „Kann ich nicht mehr erklären.“ [phon.] Scharmer: „Ihre damalige Antwort, da steht: ‚Damals waren keine Namen bekannt.‘ Und oben: ‚J.W.‘ und ‚A.P.‘ Was heißt das Kürzel an der Stelle, was Sie da angebracht haben?“ Görlitz: „Ich kann es Ihnen nicht mehr sagen, was ich damit bezweckt habe, oder den Hintergrund der Geschichte. Ich weiß es nicht.“ Scharmer: „Hatte diese Anmerkung inhaltlichen Bezug zu dem, was an Frage von Binninger niedergeschrieben ist?“ Görlitz: „Ich weiß es nicht, was dieser Kommentar da sollte. Ich kann mich nicht erinnern.“ Scharmer: „Das Innenministerium Brandenburg bzw. der Verfassungsschutz, haben die den Zeugenbeistand bezahlt, der hier heute sitzt?“ Görlitz: „Ja.“

NK-Vertreter RA Langer: „Zum 25.08.1998, dem Handy für Szczepanski: Wurden Handys mit neuen Nummern, Verträgen erworben oder nur Handys?“ [phon.] Götzl: „Die Frage ist beantwortet.“ Langer: „Auf wen liefen die Verträge?“ Görlitz: „Die liefen damals auf meinen Arbeitsnamen.“ Langer: „Wer sollte die Kosten tragen für den Vertrag?“ Görlitz: „Das Innenministerium.“ Langer: „Wurden an diesem Tag von dem alten Handy von Szczepanski auf das neue Daten übertragen?“ Görlitz: „Das ist mir nicht bekannt.“ Langer: „Sie haben das alte Handy an dem Tag zurückgenommen, haben Sie geprüft, ob sich dort eine Sim-Karte drin befindet?“ Görlitz: „Habe ich nicht geprüft.“ Langer: „Letzte Frage: Wusste Szczepanski vorher, dass sein Handy getauscht werden sollte?“ Görlitz: „Ja, nee, also im Vorhinein nicht, nein.“ Langer: „Sie haben es ihm an dem Tag gesagt?“ Görlitz: „Ist dann nachmittags passiert.“ Görlitz bejaht, dass Szczepanski das erst in dem Augenblick erfahren habe.“

RA Narin: „Würden Sie uns bitte nochmal sagen, wie Ihr Arbeitsname war damals?“ Görlitz: „Nein.“ Narin: „Bitte?“ Görlitz: „Nein.“ Narin: „Weil Sie sich nicht erinnern oder weil Sie nicht wollen?“ Görlitz berät sich kurz mit seinem Beistand und sagt dann: „Weil es nicht von meiner Aussagegenehmigung umfasst ist.“ Narin: „Können Sie sagen, ob nach dem Handytausch auch Jan Werner seine Sim-Karte getauscht hat oder unter einer anderen Nummer mit Szczepanski kommuniziert hat?“ Görlitz: „Weiß ich nicht, ist mir nicht bekannt.“

RAin Schneiders: „Können Sie etwas zum Kontakt Szczepanski und sagen?“ Görlitz: „Es gab einen Kontakt, ja.“ Schneiders: „Haben Sie dazu nähere Informationen?“ Görlitz: „Es gibt welche, aber ich kann mich an die Details nicht erinnern.“ Schneiders: „Wissen Sie etwas zu einem Rohrbombenfund bei Szczepanski?“ Görlitz: „Ich kann mich daran nicht erinnern.“ Schneiders: „Haben Sie Informationen dazu, dass Nick Greger in U-Haft genommen worden ist aufgrund eines Rohrbombenfundes?“ Görlitz: „Ich weiß, dass Szczepanski und Greger sich kannten, aber nähere Nick Greger Details dazu nicht mehr.“ Schneiders: „War Nick Greger ebenfalls als V-Mann tätig?“ Görlitz: „Aussagegenehmigung.“ Schneiders: „Hatten Sie beruflich mit Nick Greger zu tun?“ Görlitz: „Nein.“ Schneiders: „Wissen Sie, ob Greger mit Waffenbeschaffung zu tun hatte?“ Görlitz: „Ich kann zu Greger nichts weiter sagen.“ Schneiders: „Haben Sie Informationen von Szczepanski zu Greger erhalten?“ Görlitz: „Er kannte ihn.“ Schneiders: „Wie gut?“ Görlitz: „Kann ich mich nicht mehr erinnern.“ Schneiders: „Haben Sie in den acht Ordnern Informationen zu Greger und Szczepanski gelesen?“ Görlitz: „Ist mir nicht mehr in Erinnerung.“ Schneiders: „Haben Sie Informationen dazu, dass Nick Greger sich nach Südafrika abgesetzt haben soll?“ Görlitz: „Details zu Nick Greger sind mir nicht mehr präsent.“ Schneiders: „Wissen Sie, ob Greger und Szczepanski zusammen ‚Combat 18‘-Zellen aufbauen wollten?“ Görlitz: „Es sind mir Details zu Szczepanski und Nick Greger nicht mehr präsent.“

RA Nahrath: „Nachdem die Handys ausgetauscht wurden, gab es irgendwann mal Anweisungen ihrerseits, dass Szczepanski den Kontakt zu Jan Werner einstellen sollte?“ Görlitz: „Nein, ist mir nicht bekannt.“ Nahrath fragt, ob Görlitz die Marke, den Typ des neuen Handys wisse. Görlitz: „Nein.“ Nahrath: „Wurde das irgendwann mal eingezogen von Ihnen oder Ihrer Behörde?“ Görlitz: „Kann ich mich nicht dran erinnern.“ Nahrath: „Kamen nach dem Handytausch weitere Informationen an Sie über Jan Werner, Antje Probst evtl.?“ Görlitz: „Ich weiß es nicht mehr.“ Nahrath: „Haben Sie in den acht Ordnern bei der Vorbereitung nach dem 25.08.98 Treffberichte gelesen, in denen Jan Werner vorkommt?“ Görlitz: „Weiß ich nicht.“ Nahrath: „Schließen Sie das aus, dass das in den Ordnern steht?“ Görlitz: „Ich weiß es nicht.“ Nahrath: „Wie lange haben Sie Szczepanski nach dem Handytausch noch betreut?“

Zeugenbeistand Peters unterbricht und sagt, die Aussagegenehmigung beziehe sich zu Szczepanski auf 1997 und 1998: „Sie fragen ja nach einem Zeitraum, der möglicherweise weitergeht.“ Nahrath: „Und bis zum 31.12.1998?“ Görlitz: „Ja.“ Nahrath: „Nach dem 25.08.1998 gibt es ein paar Monate, genau in der heißen Phase. Haben Sie ihn so lange ihn betreut mindestens? [phon.]“ Görlitz: „Ja.“ Nahrath: „Nochmal die Frage: Nach dem 25.08. bis zum 31.12.1998, gab es da von Szczepanski Meldungen zu Jan Werner?“ Görlitz: „Ich weiß, ich kann mich nicht, ich weiß es nicht.“ Nahrath: „Hat er Ihnen davon berichtet, dass er mit Werner telefoniert hat z.B.?“ Görlitz: „Ich kann mich daran wirklich nicht mehr erinnern, das ist jetzt 18 Jahre her.“

Nahrath sagt in Richtung Götzl: „Herr Vorsitzender, wir und insbesondere ich habe durchaus Interesse an Erkenntnissen des LfV Brandenburg auch über den 31.12.1998 hinaus. Ich möchte anregen, dass der Zeuge auch über 1998 hinaus eine Aussagegenehmigung zu dem Komplex Carsten Szczepanski, Jan Werner, Antje Probst erhält.“ Götzl: „Dann müssten Sie aber das Beweisthema formulieren.“ Nahrath: „Es geht um die Waffenbeschaffung, wir krebsen hier rum, schlagen uns mit Formalia rum. Es geht um die Waffenbeschaffung. Wir haben von Frau Zschäpe gehört, dass wahrscheinlich Jan Werner eine Waffe für das Trio besorgt hat. Frau Zschäpes sagte, es sei von einem Schalldämpfer die Rede gewesen, das wisse sie aber nicht mehr genau. Und wir haben die SMS mit dem ‚Bums‘. Da geht es aus meiner Sicht um eine Schusswaffe, deswegen muss es doch auch im Aufklärungsinteresse des Senats sein, ob im Landesamt Informationen zu diesem Thema vorliegen. Warum soll sich sonst Werner an Szczepanski wenden mit so einer Frage?“ Götzl sagt, dann könne man es vielleicht so handhaben, dass die Verteidigung Wohlleben das formuliere. Nahrath sagt, dass Görlitz dann vielleicht nicht entlassen werden sollte. Götzl: „Dann widersprechen Sie der Entlassung, wenn ich das richtig verstehe.“ Nahrath sagt, er frage dann nicht weiter.

RAin v.d. Behrens: „War Ihr Arbeitsname ‚Dieter Borchert‘?“ Götzl: „Also, entschuldigen Sie, das ist wieder der Punkt Aussagegenehmigung.“ V. d. Behrens: „Waren Sie unter dem Namen ‚Dieter Borchert‘ der Sozialarbeiter für Szczepanski in seiner Bewährungszeit?“ Görlitz: „Aussagegenehmigung, nein.“ V. d. Behrens: „War das ein Nein?“ Görlitz: „Aussagegenehmigung.“ NK-Vertreter RA Erdal: „Waren Sie als Sozialarbeiter tätig?“ Görlitz: „Nein.“

Die Verteidigung Wohlleben widerspricht der Entlassung des Zeugen. Der Zeuge verlässt den Saal. Beim Hinausgehen sagt der Zeugenbeistand RA Peters: „Ich möchte kurz die Erwägung äußern, wir wollen ja das Verfahren mit vorantreiben, soweit es in unserer Macht liegt, und weil die Antwort auf die Frage offen ist: Ich kann versuchen, zu gucken, dass wir die Aussagegenehmigung über das Jahr 1997/1998 hinaus erweitert bekommen.“ Götzl sagt, die Verteidigung Wohlleben formuliere das, dann leite der Senat das weiter. Peters: „Der Gedanke war, das heute Abend noch in trockene Tücher bringen zu können, aber wenn das nicht als gangbar angesehen wird, dann nicht.“ [phon.] Peters verlässt den Saal. Der Verhandlungstag endet um 18:58 Uhr.

Das Blog NSU-nebenklage“: „Das Befangenheitsgesuch der Verteidigung Wohlleben wurde wie erwartet als unbegründet verworfen, da es schlicht auf einem (wohl bewussten) Missverständnis des angegriffenen Beschlusses basierte. Das Gericht verhandelte also weiter. Allerdings begann die Verhandlung erst ab 13 Uhr – einen Grund hierfür teilte das Gericht nicht mit. […] Die Vernehmung des V-Mann-Führers wäre ein (fortgesetzter) Skandal, hätte sich die Öffentlichkeit nicht längst an die Vertuschungsstrategie des Inlandsgeheimdienstes gewöhnt. So ist zunächst offensichtlich, dass die Hauptverhandlung an diesem Tage nicht wegen des Befangenheitsantrages später anfing, sondern weil der Senat vergessen hatte, über einen Antrag auf Beiziehung von Akten zu Görlitz‘ V-Mann Szczepanski zu entscheiden. Zunächst verkündete der Vorsitzende also einen Beschluss, mit dem unter anderem die Beiziehung der Akten, mit denen sich Görlitz und der zweite V-Mann-Führer von Szczepanski auf ihre Aussagen im Prozess sowie im Untersuchungsausschuss vorbereitet hatten, abgelehnt wurde. In der Begründung wird ausgeführt: ‚Anhaltspunkte dafür, dass der Zeuge Görlitz bei seinen Vernehmungen vor dem Senat insoweit die Unwahrheit gesagt habe, dass er absichtlich nicht alles gesagt habe, was er gewusst habe, sind nicht vorhanden.‘ Der brandenburgische V-Mann-Führer widerlegte diese Begründung in seiner nunmehr dritten Vernehmung – erneut – gründlich. Wieder hatte er Unterlagen dabei und versuchte ständig, darin nachzulesen, bevor er antwortete. Dabei musste er zweimal aufgefordert werden, einen Kaugummi aus dem Mund zu nehmen. Selbst klare Fragen wollte er nicht verstanden haben, überwiegend schützte er vor, keine Erinnerung zu haben, mehrfach musste er zugeben, falsche Antworten gegeben, 'sich geirrt‘ zu haben, und wenn es gar nicht mehr anders ging, verweigerte er die Antwort unter Hinweis auf seine beschränkte Aussagegenehmigung. Der Eindruck, dass der brandenburgische Verfassungsschutz um jeden Preis verhindern will, dass bekannt wird, welche Art von Aktivitäten V-Mann Szczepanski mit seinen V-Mann-Führern betrieben hat, wurde durch diesen Auftritt des Zeugen erneut bestärkt. Szczepanski war ja in engem Kontakt zu deutschen und internationalen Mitgliedern von Blood and Honour und Combat 18 und bewarb in seiner Zeitschrift ganz offen den bewaffneten Kampf. Wenn jemand zur damaligen Zeit bewaffnete Zellen hätte aufbauen können, dann Szczepanski. Der Zeuge Görlitz verstrickte sich am Ende so stark in Gedächtnisverlust und Aussageverweigerung, dass er nicht entlassen wurde. […] Das Verhalten des Senats zeigt allerdings einmal wieder, dass er keinerlei Interesse mehr an weiterer Aufklärung hat. Obwohl beim momentanen Schneckentempo der Verhandlungsführung durch die Beiziehung der Akten keine Verzögerung entstünde, soll nunmehr offensichtlich verhindert werden, dass weitere Informationen über die Verstrickung des Verfassungsschutzes oder über die Zusammenarbeit des NSU mit weiteren Gruppen und Netzwerken öffentlich werden.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/03/02/02-03-2016-2/

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