Protokoll 32. Verhandlungstag – 6. Aug. 2013

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Am 32. Verhandlungstag, dem letzten vor der einmonatigen Sommerpause, wurde zunächst der Rechtsmediziner befragt, der den Leichnam des Mordopfers Mehmet Turgut obduziert hat. Dann ging es um den Mord an İsmail Yaşar am 9. Juni 2005 in Nürnberg. Dazu wurden sechs Polizeibeamt_innen gehört. Deutlich wurde bei einer Befragung, wie akribisch der seine Mordtaten vorbereitet hat. Die Vernehmung eines Beamten ergab, dass gleich mehrere Zeug_innen zum Tatzeitpunkt zwei Fahrradfahrer bzw. Fahrräder in der Nähe des Tatortes gesehen hatten. Bei der Befragung des Kriminalhauptkommissars Hänßler, der auch schon vom bayrischen Untersuchungsausschuss befragt worden war, stellte sich erneut heraus, wie intensiv auch beim Mord an Yaşar gegen die Familie des Opfers ermittelt wurde. Hänßler und ein weiterer Beamter flogen sogar in die Türkei, um gemeinsam mit der lokalen Staatsanwaltschaft in der Türkei lebende Angehörige zu verhören. Dennoch behauptete Hänßler, er sei schon 2005 von einem rassistischen Motiv ausgegangen und auch im Rest der „BAO Bosporus“ sei diese Einschätzung grundsätzlich geteilt worden. Zudem stellte sich heraus, dass die Nürnberger Ermittler_innen vom Verfassungsschutz nicht alle Daten über Neonazis erhalten haben, die sie angefordert hatten.

Zeug_innen und Sachverständiger:

  • Prof. Dr. Rudolf Wegener (Sachverständiger, Obduktion des Leichnams von Mehmet Turgut)
  • Sindy J. (POM, mit einem Kollegen erste Streife am Tatort des Mordes an İsmail Yaşar)
  • Manfred Wi. (KHK, Ermittlungen Mordfall Yaşar)
  • Hans Karl Ru. (Polizeibeamter, Ermittlungen Mordfall Yaşar)
  • Karl Ri. (KHK, Ermittlungen Mordfall Yaşar)
  • Christian Bö. (KK, BKA, Auswertung von Asservaten aus der , Kartenmaterial, Ausspähnotizen, Mordfall Yaşar)
  • Manfred Hänßler (KHK, Leiter Mordkommission 2 Nürnberg, Ermittlungen Mordfall Yaşar)

Der Verhandlungstag beginnt um 9.43 Uhr. Als erstes wird der Sachverständige Prof. Wegener, pensionierter Rechtsmediziner an der Uni Rostock, gehört. Er hat die Obduktion des Leichnams von Mehmet Turgut durchgeführt. Bei Turgut seien drei Schüsse nachgewiesen worden, ein Kopfschuss, ein Halsschuss und ein Nackenschuss. Der Kopfschuss sei im rechten Schädelbereich eingetreten. Wegener schildert massive Hirn- und Schädelknochenverletzungen, der Schusskanal habe sich jedoch eindeutig dokumentieren lassen. Der Halsschuss an der rechten Halsseite eingetreten unterhalb des Ohrmuschelansatzes. Hinter dem Kehldeckel sei der Racheneingang kanalartig zerstört worden. Darum seien größere Mengen Blut im Magen gefunden worden und es habe massive Bluteinatmungsherde in den Lungen gegeben. Das werte er als „vitale Reaktionen“, dass also die Schüsse zu Lebzeiten gesetzt worden seien. Der dritte Schuss sei im Nackenbereich etwa in Höhe des Haaransatzes ein- und ausgetreten. Außerdem habe es Blutauftragungen auf Armen und Beinen. Der Verstorbene sei über 70 Minuten hinweg intensiv reanimiert worden, im Zuge der Reanimation sei es auch zur Rasur der Kopfhaare gekommen. Die drei Schüsse seien alle von rechts nach links mit geringen Abweichungen horizontal verlaufen, es habe keine Anhaltspunkte für Nahschüsse gegeben, mit Kenntnis der Waffe könne man davon ausgehen, dass die Schüsse aus mehr 50 cm Entfernung abgegeben worden seien. Es habe geringfügige Nebenverletzungen gegeben, wahrscheinlich durch den Transport des Opfers entstanden seien, es habe ansonsten keine Anhaltspunkte für weitere gröbere gezielte Verletzungen gegeben. Das Opfer sei gesund gewesen, Tests auf Alkohol und Betäubungsmittel seinen negativ ausgefallen. Todesursächlich sei die Schädelverletzung gewesen, die massive Bluteinatmung habe den Tod möglicherweise beschleunigt. Anzeichen für einen Suizid habe es nicht gegeben. Es seien auch keine Stichverletzungen festgestellt worden.Von Stichverletzungen, so Wegener, sei die Rettungsmedizinerin bei den Verletzungen Turguts ausgegangen. Dann fragt , ob die Nackenverletzung lebensgefährlich gewesen sei, was Wegener verneint. Der Kopf- und der Halsschuss hätten jedoch für sich genommen zum Tode geführt, so Wegener, der Halsschuss wegen der Einatmung von Blut. Zur Lage des Opfers bei Schussabgabe könne er nur spekulieren, sagt Wegener auf Frage Götzls. Anhand des „uniformen Verletzungsbildes“ gehe er davon aus, dass  rechtsseitig gezielt geschossen worden sei. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass nach dem ersten Schuss, wenn es der Kopfschuss gewesen sei, der zweite Schuss auf das liegende Opfer abgegeben worden sei. Im Folgenden geht es um die kleineren äußerlichen Verletzungen. Diese seien frisch gewesen, so Wegener, aber oberflächlich und hätten in der Gewebstiefe keine sichtbaren Blutungen hinterlassen. Es sei, bestätigt er auf Nachfrage Götzls, möglich, dass sie durch
den Transport im Rettungswagen, durch das bei Kopfschüssen mögliche Muskelzucken passiert sei, oder als die Person, die Turgut gefunden habe, den Körper bewegt habe. Götzl fragt nach der Körpergröße des Opfers, diese sei mit „ca. 1,65 m“  angegeben. Wegener bestätigt das, sagt aber, das sei ein Standardproblem der Gerichtsmedizin, durch die Totenstarre ließe sich die Körpergröße nicht exakt bestimmen. Nebenklagevertreter RA Behnke fragt nach den Anwesenden bei der Obduktion. Wegener nennt einen weiteren Rechtsmediziner, einen Sektionsassistenten und zwei Polizeibeamte, Studenten seien nicht dabei gewesen. Auf Frage aus der Nebenklage sagt Wegener, zur Position des Opfers könne er keine genauen Angaben machen, er gehe aber davon aus, dass das Opfer gestanden habe. Einen Vermerk über eine  Besprechung mit der Polizei, bei der er gesagt haben solle,  der Kopfschuss sei am wahrscheinlichsten auf das liegende Opfer abgefeuert worden, kenne er nicht. Das sei zwar möglich, so Wegener, aber so dezidiert habe er diese Aussage aber sicher nicht getroffen. Er sei selber nicht am Tatort gewesen, so Wegener, das habe ein Kollege übernommen. Eine gerichtsmedizinische Leichenschau sei nicht möglich gewesen, weil der Leichnam sich schon im Rettungswagen befunden habe. Wegener gibt auf Nachfrage von RA Behnke an, die Obduktion sei noch am 25. April 2004 nachmittags begonnen worden, weil es um die schnelle Identifizierung des Opfers gegangen sei. Der eigentliche Obduktionsvorgang sei dann am Folgetag vonstatten gegangen. Da sei ihnen mitgeteilt worden, der Verstorbene sei Yunus Turgut, weswegen die Obduktion als „Turgut, Yunus“ beschrieben worden sei. Dass es sich bei dem Verstorbenen um Mehmet Turgut gehandelt habe, habe er erst aus den Medien im Vorfeld dieser Hauptverhandlung erfahren.

Bei den folgenden Zeug_innen geht es um den Mord an İsmail Yaşar am 9. Juni 2005 in der Scharrerstraße in Nürnberg. Die erste Zeugin zu diesem Komplex ist die Polizeiobermeisterin Sindy J. Sie berichtet, sie sei mit ihrem Streifenpartner auf Streife gewesen. Dann hätten sie die Information erhalten, dass in der Scharrerstraße ein Mann blutüberströmt in einer Dönerbude liege. Sie seien nah am Tatort gewesen und daher die erste Streife gewesen. Sie habe sich in die Bude hinein gebeugt und den Mann dort blutüberströmt liegen sehen. Die Tür sei unversperrt gewesen und ihr Kollege sei in die Bude hinein gegangen, sie selber sei draußen geblieben. Dann sei der Notarzt gekommen und habe festgestellt, „dass die Person ex ist“. Sie habe eine Zeugin befragt, eine Frau, die im Bereich des Edeka-Parkplatzes sauber gemacht habe. Diese Zeugin habe gesagt, dass sie 15 Minuten zuvor einen dumpfen Knall gehört habe. Der Chef des Edeka habe von einem BMW mit Laufer Kennzeichen mit vier jungen Leuten darin berichtet. Dieser sei dann kurze Zeit später wieder an der Dönerbude vorbei gefahren, dabei seien die Personalien der Insassen festgestellt worden. Der Mitteiler sei vor Ort gewesen, so J. auf Frage Götzls, dieser sei bei dem Imbiss häufiger Essen gegangen, habe dort gewartet, habe sich dann rüber gebeugt und die Person am Boden gesehen. Wenn man direkt davor stehe, sehe man das nicht, so J. Götzl hält J. vor, sie habe vermerkt, die Person gehe einmal pro Woche zum Imbiss und habe gegen 10.15 Uhr einen Döner kaufen wollen. J.: „Dann wird es so gewesen sein.“ Sie kann sich erinnern, eine Patronenhülse gesehen zu haben, diese habe sie aber nicht angefasst. Zur Lage des Opfers sagt sie, er habe am Boden hinter dem Verkaufstresen gelegen, die Füße in Richtung der hinteren Eingangstür. Ein Arm habe schräg über dem Kopf gelegen, das Opfer habe mit Oberkörper und Kopf in einer großen Blutlache gelegen. Götzl hält vor, sie habe angegeben, sich an eine leicht blutende Wunde an der rechten Schläfe erinnern. Zu einem Bürostuhl befragt, sagt sie, könne sich jetzt nicht erinnern, aber sie habe im Sachverhaltsbericht gelesen, dass da ein Blutfleck auf der Sitzfläche gewesen sei. RA Heer, Verteidiger von , sagt, er wolle daran erinnern, dass es darauf ankomme, was die Zeugin heute sage. Götzl erwidert: „Sie können sich sicher sein, ich bin ganz Ohr.“ Götzl fragt nach den Hülsen. J. sagt, es könne aber auch sein, dass da eine zweite gewesen sei, aber an  eine Hülse könne sie sich sicher erinnern. Götzl fragt nach dem Ort, J. antwortet, in Höhe des Gesäßes. J. bestätigt, dass ihr Kollege den Tatort betreten habe, er sei auf die Schürze getreten und wieder raus gegangen, die Sanitäter seien aber drin gewesen. Der Notarzt sei fünf bis zehn Minuten später da gewesen. Danach wäre die Mordkommission gekommen und sie hätten Absperrmaßnahmen vorgenommen. Götzl hält ihr vor, sie habe vermerkt, die Patronenhülse sei von einem Sanitäter aufgehoben und wieder zu Boden gelegt worden. J. bestätigt das, dafür habe es später einen „Anschiss“ gegeben. Kontakt zu weiteren Personen vor Ort habe sie gehabt, als die Jugendlichen im PKW angehalten worden seien, außerdem habe sie die Frau des Verstorbenen gesehen, aber nicht gesprochen. Die Frau sei ziemlich fertig mit den Nerven gewesen und etwas lauter geworden. Dann geht J. nach vorne und erläutert einen Kartenausschnitt, auf dem der Tatort eingetragen ist. Dann fragt Nebenklagevertreter RA Narin, ob neben dem erwähnten BMW mit den Jugendlichen auch von einem bordeauxfarbenen BMW die Rede gewesen sei, was J. verneint. Narin hält aus einem Vermerk vor, es habe Angaben zu einem BMW-Kombi gegeben, es handele sich laut Vermerk um ein Fahrzeug eines Polizeibeamten, das nichts mit der Tat zu tun habe. J. „Das ist das erste, was ich davon höre.“

Es folgt der Zeuge Manfred Wi., Kriminalhauptkommissar in Nürnberg. Er berichtet zu Ermittlungen zur Person Yaşars, die er angestellt habe. Quelle sei die Ausländerakte der Stadt Nürnberg gewesen. Yaşar sei 1955 in Urfa in der Türkei geboren worden und im April 1978 zunächst unter einem anderen Namen über Berlin eingereist. Er habe einen  Asylantrag gestellt und für die nächsten vier Monate bei einem Onkel in Berlin gewohnt. Dann sei er nach Zirndorf in die Zentrale Aufnahmestelle gezogen und schließlich nach Nürnberg. 1980 habe er geheiratet, die Ehe sei zwei Monate später geschieden worden. Der Asylantrag sei zunächst abgelehnt worden, unter seinem anderen Namen habe Yaşar Rechtsmittel eingelegt , die Duldung sei verlängert worden bis 1983. Yaşar sei nach Fürth umgezogen und habe dort Hildegard Sch. kennengelernt und 1982 geheiratet. Dann habe er die Rechtsmittel zurück genommen und zunächst eine befristete, später eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Mit Sch. habe Yaşar bis 1989 zusammengelebt, dann sei die Ehe geschieden worden. Er habe dann wieder geheiratet, die Frau habe in der in Türkei gewohnt und sei nach einem halben Jahr mit der Tochter nach Nürnberg gezogen. Auch diese Ehe sei 2005 im März geschieden worden. Götzl hält Wi. vor, er habe geschrieben, es sei eine Namensänderung vermerkt, da er im gesamten Bekanntenkreis unter dem Namen Yaşar bekannt sei, diesem Antrag sei 1987 stattgegeben worden. Wi. bestätigt das. Zum beruflichen Werdegang sagt Wi., dass Yaşar zunächst Schweißer gewesen sein, dann ab 1984 arbeitslos, später sei er in verschiedenen Firmen erwerbstätig gewesen bis 1999. Yaşar habe dann angefangen, in Adelsdorf ein stehendes Gewerbe mit türkischen Spezialitäten einzurichten, und später einen Imbissstand in Ebermannstadt aufgemacht. Dort habe auch seine Frau einen Dönerstand gehabt, der verkauft worden sei. Ab Februar 2003 sei Yaşar mit dem Dönerstand in der Scharrerstraße, Ecke Velburger Straße selbstständig gewesen. Götzl fragt nach Plänen für eine Einbürgerung bis 1996. Wi. sagt, da seien Unterlagen in der Akte, die aber nicht unterschrieben seien.

Es folgt der Zeuge Ru., ebenfalls Polizeibeamter. Dabei geht es um Ermittlungen zu wesentlichen Ereignissen im Leben Yaşars, die Ru. durchgeführt hat. Es sei darum gegangen, zu erfahren, mit wem man es zu tun habe, in welchen Kreisen er sich bewegt habe, so Ru. Er habe die Ausländerakte und Informationen vom Standes- und vom Einwohnermeldeamt gehabt. Götzl fragt zum „Scharrerimbiss“, Ru. möchte seine Unterlagen zu Rate ziehen, Götzl bitte ihn darum, zunächst aus der Erinnerung zu berichten. Aus dem Stegreif wisse er nur noch, dass Yaşar zuvor in Ebermannstadt einen Imbiss betrieben habe, das sei aber organisatorisch und familiär nicht auf die Reihe zu kriegen gewesen. Daher habe Yaşar nur den Imbiss in der Scharrerstraße weiter betrieben. Götzl hält Ru. vor, er habe vermerkt, dass der Mietvertrag für den Imbiss in Ebermannstadt 2000 abgeschlossen worden sei. Woher er die Information habe, will Götzl von Ru. wissen. Der antwortet, er könne sich nicht mehr genau entsinnen, vielleicht seien das Unterlagen von der Frau gewesen. Götzl hält ihm vor, er habe angegeben, dass der „Scharrerimbiss“ im Januar 2001 durch Frau Yaşar gekauft worden sei. Dann sei das so, sagt Ru., woher die Information komme, könne er jedoch nicht sagen. Ob er wisse, ob dieser Imbiss mal beim Gewerbeamt auf Herrn Yaşar umgemeldet wurde, will Götzl wissen. Ru. sagt, das könne er ohne Unterlagen nicht. Götzl hält vor, das Gewerbe sei im November 2004 umgemeldet worden. Das sei dann wohl die Auskunft vom Gewerbeamt gewesen, so Ru. Auch woher die Information stammt, dass im März 2005 die Scheidung der Yaşar s auch nach türkischem Recht vollzogen worden sei, kann Ru. nicht sicher sagen, möglicherweise von Frau Yaşar. Zur Übernahme des Mietvertrags durch İsmail Yaşar kann Ru. ebenfalls nichts sagen. Götzl fragt sehr schnell ab, ob noch andere Verfahrensbeteiligte Fragen hätten; nachdem dies verneint wird, beendet er die Befragung des Zeugen.

Nach einer Pause geht es um 11.30 Uhr weiter mit dem Zeugen Kriminalhauptkommissar Ri., der bei einer Überarbeitung des Falles Yaşar 2009 Rekonstruktionen zu vier Aussagen von Zeug_innen durchgeführt hat. Nach den Berichten über die Aussage geht Ri. jeweils nach vorne an den Richtertisch und erläutert die Wege der der Zeug_innen anhand eines Kartenausschnitts. Die erste Zeugin sei Frau N. gewesen. Diese habe geschildert, dass sie mit dem PKW am Dönerstand vorbeigefahren und in die Tiefgarage des Goldbachcenters gefahren sei. Sie habe zur Rekonstruktion ihren PKW zur Verfügung gestellt. Es sei darum gegangen, zu sehen, welche Sichtmöglichkeit sie von ihrem PKW aus gehabt habe und dann sei sie an expliziten Orten nochmal befragt worden. N. habe angegeben, sie sei mit 30 km/h in die Scharrerstraße eingebogen und habe bremsen und stehenbleiben müssen. Nach dem erneuten Losfahren habe sie dann erstmalig einen schwarz gekleideten Mann auf Höhe des Dönerstands gesehen. Der Stand sei zwischenzeitlich abgebaut worden und bei der Rekonstruktion durch einen  Transporter der Polizei symbolisiert worden, erläutert Ri. Links habe laut N. ein Mann durchs Fenster geblickt und neben diesem ersten Mann habe ein zweiter Mann gestanden, der sich umgedreht habe zur Zeugin. Dabei habe N. von einem stechendem Blick gesprochen. Sie sei dann nach rechts abgebogen und habe an einer roten Ampel anhalten müssen. Hier habe sie fünf Geräusche wahrgenommen, die sie als Schüsse klassifiziert habe, als Musiklehrerin könne sie so etwas mit ihrem guten Gehör. Den Gedanken habe sie dann wieder verworfen und sei eingefahren in die Tiefgarage. Dort habe sie auf die Uhr ihres PKW geschaut, es sei 9.57 Uhr gewesen. Götzl fragt nach weiteren Erkenntnissen N.s nach dem Wegfahren. Ri. berichtet, sie habe eine große Menge gesehen und Männer in weißen Overalls. Sie sei von einem Unfall ausgegangen und habe erst nach den Meldungen in Medien realisiert, was sie möglicherweise mitbekommen habe.
Der zweite Zeuge sei Prof. Be. gewesen, so Ri. Dieser sei in der Bundesagentur für Arbeit in der Regensburger Straße tätig. Be. habe angegeben, er sei von der S-Bahn gekommen, also quasi den gleichen Weg gegangen, den die Zeugin N. mit dem PKW befahren habe, nur in die entgegengesetzte Richtung. Be. sei dann links in die Scharrerstraße und am Dönerstand vorbei gegangen. Um 10.03 Uhr habe er am Sparkassenautomaten an der Ecke Velburger Straße Geld abgehoben, das hätten die Journaldaten ergeben, so Ri. Be. habe angegeben, dass er eine Lehrveranstaltung gehabt habe und den Aufhänger noch habe vorbereiten wollen. Dafür habe er den Dönerstand, an dem er jeden Tag vorbei laufe, nutzen wollen, um zu beschreiben, wieviel Vorbereitungshandlungen es braucht, bis man verkaufen kann. Er sei also bewusst stehen geblieben und habe in das Innere geschaut, aber den Betreiber nicht wahrnehmen können. Wahrgenommen habe er aber zwei Fahrräder, die eher achtlos gegen den Dönerstand abgestellt gewesen seien. Be. habe angegeben, dass sich geärgert hätte, denn er habe vom Gehweg runter und an den Rädern vorbei gemusst. Er sei davon ausgegangen, dass der Stand noch nicht geöffnet gewesen sei.
Die nächste Zeugin sei Frau K. gewesen. Sie sei an ihrer Wohnung in der Schlossstraße abgeholt worden. K. habe die Beamten auf Neuerungen am Weg, den sie am Tattag gefahren sei, hingewiesen. Der Neubau an der Ecke Schlossstraße, Zerzabelshofstraße sei 2005 noch nicht da gewesen, so habe sie eine größere Blickmöglichkeit gehabt; auch gebe es jetzt eine neue Führung des Radwegs. Zwischen Schloss- und Scharrerstraße gebe es eine Litfaßsäule. Dort, so habe K. angegeben, habe sie am Tattag zwei Radfahrer beobachtet, die sich anhand eines Stadtplans versucht hätten, zu orientieren. Normalerweise hätte sie ihre Hilfe angeboten, aber nachdem die Turmuhr der Scharrerschule 9.40 Uhr angezeigt habe und sie um 9.45 Uhr einen Termin am Gymnasium an der Hainstraße gehabt habe, habe sie sich entschieden, nicht stehenzubleiben. Nach der Besprechung sei sie zurück gefahren aus Richtung Regensburger Straße in die Scharrerstraße. In der Einmündung Zerzabelshofstraße sei sie links eingebogen und dann in die Schlossstraße. Auf dem Rückweg habe sie die beiden Fahrradfahrer wiederum gesehen; ein Mann sei vom Eingang Dönerstand zum anderen Mann bei den Fahrrädern gelaufen. Sie habe angegeben, nur Schrittgeschwindigkeit gefahren zu sein und festgestellt zu haben, dass der Mann, der aus dem Dönerstand kam, seinem Partner eine Plastiktüte, gelb mit farbiger Aufschrift, in halb gebückter Haltung in dessen schwarzen Rucksack packte. Für K. sei es, so Ri, am wahrscheinlichsten gewesen, dass der Mann an einem Fahrradschloss hantiert habe. K. habe angegeben, immer öffentliche Uhren zu nutzen. Die Uhr an der Scharrerschule habe 10 Uhr oder ein bis zwei Minuten nach 10 Uhr gezeigt. Zuhause habe sie, so referiert Ri. K.s Aussage, später vom Sohn erfahren, dass der Betreiber umgebracht worden sei.
Der vierte Zeuge über den der Polizist Ri. berichtet ist Herr Z. Dieser sei mit einem Kleintransporter unterwegs gewesen und habe eine überlange Arbeitsplatte transportiert. Er sei aus der Regensburger Straße in die Scharrerstraße gefahren. Auf Höhe des Fußgängerüberwegs am Dönerstand sei eine Frau mit Kinderwagen über die Straße gegangen und dann zwei Fahrradfahrer. Der erste sei auf den Pedalen stehend zum Dönerstand gefahren, habe ein Bein abgesetzt und über die Schulter zu seinem Partner zurückgeblickt, der erst dann losgefahren sei, als der erste die Straße überquert hatte. Auch der zweite sei im Zeitlupentempo über die Straße gefahren: Z. habe angegeben, ihn mit der Lichthupe angeblinkt zu haben. Dann sei Z. an der Ampel an der Zerzabelshofstraße stehengeblieben und habe dabei ganz eindeutig Schussgeräusche wahrgenommen, zwei in kurzer Abfolge, nach einer kurzen Pause wieder zwei oder drei dumpfe Geräusche. Z. habe angegeben, Bassgitarre zu hören und im Auto sein Lieblingsstück gehört zu haben. Die Geräusche hätten dort nicht rein gehört. Er habe in Süleymania im Irak studiert, da seien Schüsse an der Tagesordnung und er könne eine Browning von einer Kalaschnikow am Geräusch unterscheiden. Er sei dann zu seinem Ladengeschäft an der Stephanstraße gefahren, so Ri. über Z.s Angaben.
Als nächstes wird Ri. eine Übersichtsaufnahme vom Tatort gezeigt. Die Aufnahme wurde offenbar kurz nach dem Mord gemacht. Es ist eine größere Menschenmenge hinter Absperrungen zu sehen sowie Polizeifahrzeuge und der „Scharrerimbiss“. Ri. erläutert, wo die Zeug_innen sich ihren Aussagen zufolge befunden hätten. Ein zweites Bild zeigt den Imbiss in einer näheren Aufnahme. Anhand dieses Bildes erläutert Ri. wo die Räder laut der Aussage des Zeugen Be. gestanden hätten und wo die Männer mit den Rädern laut der Aussage der Zeugin K. Die Angaben hätten sich nicht vollständig entsprochen, letztlich seien die Standorte aber fast deckungsgleich gewesen. Die Einvernahme des Zeugen wird unterbrochen, er wird zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal zu einem anderen Thema gehört werden.

Nebenklagevertreter RA Daimagüler sagt, dass er auf seine angekündigte Erklärung verzichtet. Es folgen zwei Beweisanträge der RAin Basay. Basay sagt, auf der Festplatte von Carsten S. sei unter dem Namen eine Handynummer gespeichert gewesen. Ermittlungen des BKA zufolge sei diese Nummer seit 2000 an einen Frank H. vergeben, einen Blumenhändler aus Nürnberg. Der Tatort Şimşek liege laut BKA zwischen dessen Wohnung und seinen Blumengeschäften. Auch die  Tatorte Özüdoğru und Yaşar befänden sich im Umfeld der Blumenläden H.s. Die BAW habe daraufhin im Juni 2013 Nachermittlungen angestellt und der Presse mitgeteilt, dass der Blumenhändler die Telefonnummer erst 2008, nicht 2000 vom Telefonanbieter zugewiesen bekommen habe. In der Presse sei zu lesen gewesen, dass die Nummer von Tino Brandt bis 2006 benutzt worden sei. Basay beantragt, die Ergebnisse der Nachermittlungen zu übermitteln. Dies habe die BAW angekündigt, sie seien aber bis heute nicht bei Gericht eingegangen. Der zweite Beweisantrag bezieht sich auf den Mord an Enver Şimşek. Die Zeugin Le. habe sich bei der Polizei gemeldet mitgeteilt, dass sie am 9. September 2000 zwei Männer am Lieferwagen Şimşek gesehen habe. Gegenüber KHK S. habe sie angegeben, die zwei Männer hätten mit dem Gesicht zur Schiebetür gestanden, der Arm eines weiteren im Fahrzeug sitzenden Mannes sei nach hinten geschnalzt, als ob er ins Fahrzeug gestoßen worden wäre. Die beiden Männer seien dunkel gekleidet gewesen. Weder Le. noch KHK S. seien von Seiten der BAW als Zeug_innen genannt oder geladen worden. Oberstaatsanwältin Greger erwidert zum ersten Antrag, ihres Wissens seien die Ermittlungsergebnisse bereits in einer Aktennachlieferung enthalten.

Nach der Mittagspause folgt um 13.40 Uhr der Zeuge Kriminalkommissar Bö. vom BKA Wiesbaden. Bö. hat zwei Asservate aus der Brandwohnung in der Zwickauer Frühlingsstraße ausgewertet. Es handele sich beim Asservat 2.7.4 um einen „handelsüblichen“ Kartenausschnitt aus Nürnberg, auf dem sich mehrere Markierungen und Kreuze sowie ein eingekreistes Objekt befinden. Und beim Asservat 12.2.80 um ein ausgedrucktes A4-Blatt, auf dessen einer Seite ein Kartenausschnitt aus Nürnberg, das mit einem „X“ und einer „7“ markiert sei, auf der anderen Seite seien sechs Adressen in Maschinenschrift und eine Adresse in Handschrift. Beide Asservate hätten ihm nur als Ablichtungen vorgelegen, so Bö. Aus den Markierungen auf 2.7.4. seien Adressen herauslesbar, die sich auch in den elektronischen Listen des NSU wiederfänden. Manche Markierungen habe er nicht  genau bestimmen können, es sei aber davon auszugehen, dass auch sie in den Listen zu finden seien. Beim Asservat 12.2.80 seien die ersten sechs Adressen Örtlichkeiten, die teils zu Markierungen auf 2.7.4. passten. Zu den Adressen seien in Maschinenschrift Hinweise auf Örtlichkeiten hinzugefügt, die vor Ort erhoben worden sein müssten. Beispiele seien „Eingang offen“ oder „Tür ohne Schloss“. Die Adresse „X7“ stimme in Näherung mit der Vorderseite überein, es sei die Scharrerstraße in Nürnberg. Händisch sei vermerkt: „Imbiss neben Post“. Götzl fragt nach dem Datum 26. Mai 2005, das auf 12.2.80 angegeben sei. Bö. sagt, das sei wohl das Datum des Ausdrucks, der sei also vor dem Mord an Yaşar gefertigt worden. Götzl will wissen, welche Adressen aufgeführt seien. In Erinnerung geblieben sei ihm die Scharrerstraße, so Bö. Die anderen erinnere er nicht mehr, aber zu all den Objekten seien Ausspähnotizen gefertigt worden. Auf Nachfrage nennt Bö. Asylheime und ein Büro der Kommunistischen Partei sowie eine Kneipe. Götzl hält ihm dann einige Notizen vor: Es werden mehrere Asylheime genannt, bei einem sage die Notiz, die Tür sei offen, ohne Schloss und der Keller zugänglich. Zu einem Imbiss stehe dort: „Tankstelle nebenan. Türke aus Tankstelle geht in jeder freien Minute zu Reden rüber. Imbiss mit Vorraum.“ Bö. bestätigt das und sagt, bei einer Kneipe gebe es eine Notiz, die besagt, die Straße sei wie in Köln. Götzl hält vor: „Café wie in Köln, Straße wirkt auch etwas so“. Außerdem sei ein Büro der Deutschen Kommunistische Partei genannt. Dann wird das Asservat 2.12.80, Vorder- und Rückseite, in Augenschein genommen, Bö. erläutert es. Zu einer Spalte auf der Rückseite, die „ADAC“ benannt ist und in der Ziffern stehen, sagt Bö, es könne sich dabei um Planquadrate einer Karte handeln, gegebenenfalls 2.7.4, das sei aber nicht zweifelsfrei festgestellt worden. Es folgt die Inaugenscheinnahme des Asservats 2.7.4. Es seien Teilabschnitte einer handelsüblichen Landkarte, so Bö. An den Rändern der Teile sieht man Brandeinwirkungen, die Markierungen seien wohl händisch mit Kugelschreiber hinzugefügt worden. Bö. gibt an, er habe sich die Markierungen anhand der Näherung der Straßen notiert und mit den Listen des NSU, die ihm digital vorgelegen hätten, verglichen. Er habe alle gefunden. Auf einigen Teilen sind keine Markierungen zu sehen. RA Narin fragt, ob ermittelt worden sei, ob die Handschriften einer Person zuzuordnen sind. Bö. sagt, er sei nur für die erste Auswertung zuständig gewesen. Auf Frage von RA Langer sagt Bö., er könne nicht sagen, ob ermittelt worden sei, um welchen Stadtplan es sich handele. Das habe nicht in seinem Einflussbereich gelegen. RAin , Verteidigerin von , fragt, ob Bö. die Ablichtungen mal mit dem Originalasservat verglichen habe. Bö. verneint, er habe das Asservat was die weiteren Untersuchungen angeht, wie DNA, nicht bearbeitet. RAin , Verteidigerin von Zschäpe fragt, wie das Ausdruckdatum zustande komme. Bö. antwortet, er könne nicht sagen, ob es möglich ist, das zu verifizieren.

Es folgt der Zeuge Kriminalhauptkommissar Hänßler, Leiter der Mordkommission 2 in Nürnberg. Hänßler berichtet zunächst, im Jahr 2009 seien noch einmal die Licht- und Geräuschverhältnisse am Tatort untersucht worden, Die Polizeibeamten und Rettungssanitäter seien befragt worden, ob Licht gebrannt habe oder nicht. Das sei aber nicht mehr mit Sicherheit zu klären gewesen. Zu den Geräuschen sagt er, es hätten Bauarbeiten in der Scharrerstraße und in der Zerzabelshofstraße stattgefunden. Direkt am Stand seien nicht so laute Bauarbeiten gewesen, da seien Kabel verlegt worden. Vorne an der Zerzabelshofstraße habe ein Radlader ständig Lärm gemacht. Es sei darum gegangen, ob die Schüsse gehört werden konnten. Das Ergebnis sei gewesen, dass die Schüsse wahrnehmbar gewesen seien. Es sei auch ein Schallgutachter befragt worden, ob die Zeugin Neumann die Schüsse habe hören können und welche Rolle vielleicht der Wind spiele. Laut dem Gutachter spiele der Wind dort keine dominante Rolle, weswegen man davon ausgehen könne, dass die Zeugen die Schüsse auch gehört hätten. Auf ein Gutachten sei dann in Absprache mit der Staatsanwaltschaft verzichtet worden. Götzl fragt nach einem Bauarbeiter in weißer Arbeitskleidung. Hänßler antwortet, eine Zeugin habe einen Mann gesehen, der vermutlich einen Döner gegessen habe. Es seien Firmen aus dem Maler- und Stukkateurgewerbe abgefragt worden, aber bis heute sei dieser Mann nicht gefunden worden. Den Imbiss habe Yaşar üblicherweise um zehn Uhr geöffnet, er sei aber mindestens eine Stunde vorher am Ort gewesen, teilweise auch schon ab acht Uhr. Hänßler sagt, die Halter von Fahrzeugen, die in der Scharrerstraße gestanden hätten, seien befragt worden, ohne Ergebnis. Außerdem seien die Journaldaten der naheliegenden Sparkasse und der Postbank abgeglichen worden. Dabei seien sie auf einen weiteren Zeugen gestoßen. Götzl fragt, wer der Zeuge sei, Hänßler nennt den Namen des Zeugen Be. Götzl fragt nach einer „Berlin-Spur“. Hänßler erläutert, Yaşar sei in Berlin eingereist und dort bei einem Onkel untergekommen, den sie hätten ausfindig machen wollen. Diese Person sei aber wieder in die Türkei zurück gegangen. Es habe sich herausgestellt, dass das damals wohl eine Scheinehe gewesen sei und es kein leiblicher Onkel gewesen sei. Das sei eher eine Anlaufstelle gewesen. Zwei Frauen hätten dort Scheinehen vermittelt vor allem für Personen „aus dem Kurdenland“. Hänßler bestätigt, er sei auch wegen der Ermittlungen in der Türkei gewesen, dabei sei es darum gegangen, mit der Familie zu sprechen und die Lebensumstände kennen zu lernen: „das ist man den Leuten auch schuldig“.  Er habe dort mit einem Kollegen und einem örtlichen Staatsanwalt acht Personen befragen wollen, Vater, Mutter und Schwestern; einer sei nicht gekommen. Einige Spekulationen seien geschlossen worden, etwa, dass es den Onkel nicht gebe. Yaşar sei unter dem Namen Yusan [phonetisch]eingereist. Das sei ein Eintragungsfehler gewesen, der mit dem Personenstandsregister und dem Vater abgeklärt worden sei. Der Vater habe dafür gesorgt, dass alle Angehörigen den Namen Yaşar bekommen. İsmail Yaşar habe sich in Deutschland selber darum gekümmert. Zu den Lebensumständen sagt Hänßler, es sei ein ziemlich armes Gebiet. Die Leute seien einfach und sprächen teilweise einen sehr seltenen kurdischen Dialekt. Dort gebe es hierarchische Strukturen, in denen „die Männer absolut das Sagen“ haben. Am meisten Auskunft habe Yaşars Bruder gegeben.
Es sei auch zu möglichen „Racheakten“ oder zum Militär befragt worden, aber das habe alles keine neuen Spuren erbracht. Nebenklagevertreter RA Narin fragt, ob auch Videoaufzeichnungen aus Köln Gegenstand der Ermittlungen gewesen seien. Hänßler bestätigt das, das sei „der zweite große Anker“ gewesen, ein Kollege We. aus Köln habe sich mehrfach an die Ermittler im Fall Yaşar gewandt. Das sei zum ersten Mal 2004 gewesen und dann 2005, er wolle sich aber nicht festlegen. Er glaube, dass er selber 2006 an einer Besprechung teilgenommen habe. Narin hält Hänßler vor, er habe vor dem bayerischen NSU-Untersuchungsausschuss gesagt, dass man 2005 nicht mehr allzu viel Phantasie gebraucht habe, um anzunehmen, dass dahinter ausländerfeindliche Motive liegen. Hänßler sagt, das habe nahe gelegen, sie hätten damals schon den sechsten Fall gehabt und Köln sei aus seiner Sicht auch ausländerfeindlich motiviert gewesen. Narin fragt nochmal nach, ob für Hänßler 2005 ausländerfeindliche Motive feststanden. Hänßler bestätigt das, in der Ermittlungsgruppe habe es unterschiedliche Ansichten gegeben, aber grundsätzlich habe es in der Ermittlungsgruppe keine Zweifel am ausländerfeindlichen Motiv gegeben. Narin fragt nach Auffälligkeiten beim Datum der Tatbegehung. Hänßler antwortet, der Mord an Yaşar habe genau ein Jahr nach dem Anschlag in der Kölner Keupstraße stattgefunden. Narin fragt, welche Ermittlungen angestrengt worden seien. Hänßler antwortet, es seien Zeugen befragt, Videos vorgelegt und die Öffentlichkeit einbezogen worden. Er bestätigt, dass Funkzellendaten erhoben worden seien, ob sie welche aus Köln gehabt hätten, könne er nicht mehr sagen. Narin fragt, ob der Zeugin K. Videos vorgelegt worden seien, was Hänßler bejaht. Narin fragt nach einer Besprechung der Ermittlungseinheit im März 2007, bei der laut Unterlagen des Untersuchungsausschusses des Bundestags gefallen sei, dass eine Vergleichsanalyse zwischen dem Anschlag in der Keupstraße und den Morden nicht gefertigt werde, weil man „Äpfel nicht mit Birnen vergleichen“ könne. Hänßler sagt, er könne sich nicht konkret an diese Besprechung erinnern. Narin möchte wissen, ob Hänßler unabhängig von Köln auf ein ausländerfeindliches Motiv gekommen sei. Hänßler sagt, die Opferauswahl sei besonders gewesen. Die Ermittlungen, Rasterfahndungen usw., hätten sie in verschiedene Richtungen gebracht, in die politische Richtung und Serientäter oder einer Organisation. Außerdem sei die Tat eiskalt, eine Hinrichtung gewesen, das sei schon sehr aussagekräftig. Narin sagt, im bayerischen Untersuchungsausschuss habe Hänßler gesagt, ausschlaggebender Grund sei gewesen, dass es bei Yaşar zum ersten Mal richtig konkrete Hinweise auf Radfahrer gegeben habe. Dann fragt Narin, ob es tatsächlich zum erstem Mal Hinweise auf Radfahrer gegeben habe. Hänßler antwortet, auch bei Şimşek und bei Kılıç habe es Hinweise auf Radfahrer gegeben, aber bei Yasar habe es zum ersten Mal gute Zeugenaussagen zu Radfahrern gegeben. RA Seifert sagt, der Zeugin K. seien die Videos aus Köln gezeigt worden, und will wissen, ob die Videos auch dem Zeugen Be. und dem Zeugen Me. [heute noch nicht erwähnt]gezeigt worden seien. Hänßler sagt, er könne das nicht genau sagen. Seifert fragt nach dem Unterschied zur Zeugin K. Hänßler antwortet, die Zeugin habe die Radfahrer zweimal gesehen. Götzl interveniert in Richtung Seifert, ob denn der Zeuge Be. überhaupt Männer gesehen habe. Seifert sagt, es gehe auch um den Zeugen Me. Hänßler sagt, der Zeuge Me. habe gesehen, wie Räder in einen Van geladen worden seien, aber er, Hänßler, wisse nicht, ob Me. das Video gezeigt worden sei. Dann will Seifert wissen, ob den Ermittlungsbehörden bekannt gewesen sei, dass Yasar unabhängig von der Mordserie einmal in der Bild-Zeitung als Dönerbudenbesitzer abgebildet gewesen sei. Hänßler sagt, das wisse er nicht. RAin Wierig fragt, ob Hänßler gesagt habe, die „ganze“ oder die „große“ Ermittlungsgruppe sei von einer ausländerfeindlichen Motivation ausgegangen. Hänßler sagt, er habe von der großen Gruppe gesprochen und meine damit die „BAO Bosporus“ mit allen beteiligten Dienststellen. RA Erdal fragt, ob auch dabei gewesen sei. Hänßler antwortet, er wisse das nicht, es sei aber eine Ermittlungsgruppe München involviert gewesen. Dann nennt er die Namen der  Chefermittler in München und Nürnberg. RA Daimagüler möchte wissen, ob Hänßler die Operative Fallanalyse aus Baden-Württemberg bekannt sei, was Hänßler bejaht. Dann hält Daimagüler Hänßler vor, dort stehe, dass vor dem Hintergrund, dass die Tötung von Menschen „in unserem Kulturraum“ mit „einem hohen Tabu belegt“ sei, abzuleiten sei, dass der Täter außerhalb des „hiesigen Normen- und Wertesystems“ verortet sei. Hänßler antwortet, so im Detail kenne er das nicht, den Satz habe er nicht im Kopf. RA Erdal möchte wissen, ob, da es 2005 keinen Zweifel an einem politischen Motiv gegeben habe, der Verfassungsschutz bei den Besprechungen dabei gewesen sei. Hänßler antwortet, er habe nicht gesagt, dass es ein politisches Motiv gegeben habe, er habe gesagt, dass für ihn festgestanden habe, dass es ein ausländerfeindliches Motiv gebe. Bei den Besprechungen sei er nicht dabei gewesen, und wisse daher nicht, ob der Verfassungsschutz dabei gewesen sei. Auf Frage aus der Nebenklage sagt Hänßler, der erste Ansatz zum Kontakt sei wohl von Seiten der Kölner Ermittler_innen gekommen. Man habe sich mit dem Kollegen We. und auch mal mit einer Kölner Kollegin selbstverständlich über ausländerfeindliche Hintergründe unterhalten, wie oft könne er jedoch nicht sagen. Ob beim erstem Treffen der mögliche ausländerfeindliche Hintergrund Thema gewesen sei, könne er nicht sagen, weil er bei den ersten Gesprächen nicht dabei gewesen sei, zuständig sei der Kollege Vögeler (siehe Protokoll zum 31. Verhandlungstag) gewesen. RA Hoffmann fragt, ob die Erkenntnis, dass es sich um einen ausländerfeindlichen Hintergrund gehandelt habe, dazu geführt habe, dass die militante Neonazi-Szene untersucht wurde. Hänßler sagt, es habe eine Ermittlungsgruppe gegeben, die sich ausschließlich um die Rechtsradikalen gekümmert habe. Er selbst habe zwar nicht dazu gehört, sei aber über die „Gesamtinformationslage“ unterrichtet gewesen. Leiter dieser Gruppe, die sich um den „Serientäterkomplex“ gekümmert habe, sei ein Beamter Sch. gewesen. Hoffmann fragt, auf welche Regionen sich die Ermittlungen erstreckt hätten. Hänßler antwortet, es sei in Bayern angefangen worden, sie hätten aber nicht alle Datensätze bekommen und dann im Nürnberger Süden angefangen. Hoffmann hakt nach, ob er richtig verstanden habe, dass die Ermittler nicht alle Datensätze erhalten hätten. Hänßler sagt, sie hätten beim Verfassungsschutz angefragt und dann die Infos bekommen, mit denen sei weiter gearbeitet hätten. Hoffmann fragt, ob es eine Weigerung gegeben habe, die Datensätze zu übermitteln. Hänßler sagt, es seien höhere Datenmengen angefordert worden als dann angeliefert wurden, der Verfassungsschutz habe nicht alles raus gerückt, was sie angefordert hätten. Die Anfrage sei an das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz gestellt worden. Es hätten Begründungen für die geringere Datenmenge vorgelegen, im Einzelnen könne er die Argumente aber nicht mehr wieder geben. Es seien 682 Personen gewesen, die unter bestimmten Gesichtspunkten herausgesucht worden seien. Zu den Gründen müsse man den Beamten Sch. oder die Soko-Leitung fragen. Im Groben sei es bei den Personen um den Postleitzahlenbereich 90 gegangen. Hoffmann will wissen, ob es eine Anforderung nach Regionen gegeben habe oder auch Datensätze etwa nach Verurteilungen wegen Sprengstoff angefordert worden seien. Hänßler antwortet, ermittlungstechnische Filterungen hätten sie selbst vorgenommen, was das Landesamt gefiltert habe, wisse er nicht. Hoffmann fragt, ob auch länderübergreifende Anfragen gestellt worden seien. Hänßler sagt, sie hätten sich hauptsächlich an Bayern gewandt, konkret könne er die Frage aber nicht beantworten. Ob mit den Kölner Ermittlern darüber diskutiert worden sei, könne er nicht sagen, so Hänßler. Auch ob nach den ersten Datensätzen weitere Informationen vom Landesamt oder dem Bundesamt für Verfassungsschutz gekommen seien, wisse er nicht. Es hätten sich aus aus den Datensätzen Ermittlungsansätze ergeben, aus Funkzellenabfragen usw., so Hänßler. Hoffmann fragt, ob diese alle hätten geklärt werden können. Hänßler sagt, er wisse nicht, ob eine kleine Menge übrig geblieben sei, das müsse man bei den Kollegen erfragen. RA Sariya fragt nach der Reise in die Türkei und will wissen, ob die Reise auch dazu gedient habe, zu ermitteln, ob es sich um einen  „kriminellen Familienclan“ handele. Hänßler sagt, das spiele immer eine Rolle, es sei immer geschaut worden, ob etwa Drogen eine Rolle spielten. Die Familie habe aber nichts mit Drogenhandel und nichts mit kriminellen Machenschaften zu tun gehabt. Yaşar sei ein „ganz honoriger Mann“ gewesen. Auch Zusammenhänge mit der PKK oder Schutzgeld seien auszuschließen.

Nach der Vernehmung Hänßlers weist Götzl darauf hin, dass am 5. September ein weiterer Vernehmungsbeamter von Holger G. befragt werde, es seien auch weitere Akten gekommen, die G. beträfen. Götzl möchte wissen, ob sich G. noch einmal selbstständig einlassen werde, bei einer schriftlichen Erklärung sei die Schwierigkeit, dass man nichts hinterfragen könne. RA , Verteidiger von G., antwortet, man habe den Hinweis verstanden, man behalte sich das vor diskutiere es ernsthaft, aber er könne nicht sagen, wie sich G. entscheiden werde.

Es wird beschlossen, dass die Hauptverhandlung bis zum 5. September 2013 unterbrochen wird. Der Verhandlungstag endet um 14. 57 Uhr.

Nebenklagevertreter RA Scharmer erklärt in einer Pressemitteilung: „Die Ermittler flogen in die Türkei und ließen dort von der türkischen Staatsanwaltschaft jedes einzelne Mitglied der kurdischen Familie zur Vernehmung vorladen. Zudem wurde die Spur nach einem rassistischen Motiv, wenn überhaupt, nur halbherzig und nicht bundesweit überprüft. Wiedereinmal ist klar geworden, dass institutioneller Rassismus der Ermittlungsbehörden den Blick für notwendige Ermittlungen versperrt hat.“

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