Protokoll 218. Verhandlungstag – 15. Juli 2015

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An diesem Verhandlungstag sagt zunächst ein Zeuge aus, der Zschäpe 2000 in ihrem damaligen Wohnhaus im Treppenhaus mehrfach gesehen hat. Seine Mutter hatte sich über Lärm aus ihrer Wohnung beschwert. Die zwei darauf folgenden Polizeibeamt_innen sagen zum und zu Alias-Identitäten des NSU aus. Als weiterer Zeuge ist geladen. Er ist Mitglied des THS gewesen. Brehme sagt nur sehr bruchstückhaft aus und muss dabei ständig vom Vorsitzenden Richter angetrieben werden.

Zeug_innen:

  • Jürgen Ba. (Erkenntnisse zur Wohnung von Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe in der Wolgograder Allee in Chemnitz)
  • Ottmar Ei. (Polizeibeamter, Auswerteberichte zum THS)
  • Annika Al. (BKA Meckenheim, Ermittlungen zu Aliaspersonalien des NSU)
  • Mario Brehme (Neonazi, ehem. Mitglied des THS, Erkenntnisse zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, Wohlleben)

Der Verhandlungstag beginnt um 09:47 Uhr. Nach der Präsenzfeststellung sagt Götzl, dass man mit Verlesungen beginne. Es geht zunächst um Verlesung und Inaugenscheinnahme von Kündigungsschreiben von Carsten Ri. für die Wohnung in der Altchemnitzer Straße 12 und von André Eminger für die Wohnung in der Wolgograder Allee 76 und entsprechenden Einlieferungsbelegen (siehe Beweisantrag von NK-Vertreter RA Reinecke vom 100. Verhandlungstag). Götzl verliest zunächst die Fundstellen, dann werden die Asservate verlesen und in Augenschein genommen. Danach wird eine Erkenntniszusammenstellung des TLfV vom 14.11.2011 an das BKA, „BAO Trio“ zur Auswertung der „Vorgangsakte Drilling, Maßnahmen zur Aufenthaltsermittlung Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, Erkenntnisse des TLfV über die Person Wohlleben, Ralf“ verlesen. In der Erkenntnismitteilung werden Punkte aufgeführt, die belegen sollen, dass für die Jahre 1998 und 1999 Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass Wohlleben als Fluchthelfer und Unterstützer fungierte, und dass für 2000 und 2001 Erkenntnisse vorliegen würden, dass Wohlleben als Mitwisser des Verbleibs der Flüchtigen fungiert haben, und dass ihm zumindest zeitweise eine steuernde Rolle zugekommen sein könnte.

Es folgt dann die Einvernahme des Zeugen Jürgen Ba. Götzl: „Es geht uns um Beobachtungen im Anwesen Wolgograder Allee 76 in Chemnitz. Schildern Sie uns, welche Beobachtungen Sie gemacht haben, zunächst von sich aus.“ Ba.: „Was ich gesehen habe? Die Frau Zschäpe habe ich gesehen. Zwei- bis dreimal im Haus, weil meine Mutter dort gewohnt hat, die habe ich regelmäßig besucht.“ Götzl: „Welche Zeit war das?“ Ba. sagt, das müsse 2000 gewesen sein. Ich bin jede Woche einmal zu meiner Mutter, da ist sie mir im Treppenhaus entgegengekommen: Guten Tag. Und mehr war da auch nicht. Ich kann mich nur erinnern, weil meine Mutter sich da beschwert hat, was da los ist. Ich wollte erst hochgehen, habe dann aber gesagt, sie soll sich doch an die Wohnungsgenossenschaft wenden. Das hat sie wohl gemacht.“ Götzl fragt, in welchem Bereich des Treppenhauses Ba. Zschäpe getroffen habe. Ba.: „Auf der Höhe der Wohnung meiner Mutter. Sie ist von oben runter gekommen, an mir vorbei und dann raus.“ Götzl: „Sie sagen, diese Frau sei Frau Zschäpe gewesen. Wie kam es zu dieser Zuordnung?“ Ba.: „Das kam ja erst viel später, nachdem die Fahndungsfotos im Fernsehen kamen. Da habe ich zu meiner Frau gesagt: Die Frau kenne ich. Die habe ich bei meiner Mutter im Haus gesehen. Und dann kam es, dass raus kam, dass die dort drinne gewohnt haben. Da war meine Mutter schon im Pflegeheim, da ist die Polizei im Pflegeheim gewesen. Da hat die Polizei eine Nachricht für mich hinterlassen, ich solle mich doch mal melden.“

Götzl: „Haben Sie sie einer bestimmten Wohnung zugeordnet oder haben Sie Informationen über eine bestimmte Wohnung gehabt?“ Ba.: „Es ging darum, weil meine Mutter sich immer beschwert hatte, dass von oben Zigarettenkippen runter kamen und mehrere Männer hätten dort draußen auf dem Balkon gestanden, rumgegrölt und Bier runter geschüttet. Das ist alles bei ihr auf den Balkon gegangen. Und da hat sie sich bei mir beschwert. Naja, was soll denn da ich machen? So wie das meine Mutter mir erzählt hat, muss es wahrscheinlich mehrere Male Zusammenstöße gegeben haben in dem Haus. Aber das hat sie mir ja nur erzählt, ich persönlich habe es ja nicht gesehen [phon.].“ Götzl: „Sind da Namen gefallen, Beschreibungen?“ Ba.: „Nee, also ich kann mich nicht mehr erinnern.“

RA Narin: „Sie deuteten an, es habe Zusammenstöße oder einen Konflikt mit den Personen zwei Stock über der Wohnung Ihrer Mutter gegeben. Gab es da noch andere Dinge, die Ihnen Ihre Mutter erzählt hat, vom Hörensagen?“ Ba.: „Nur vom Hörensagen, dass sie sich wahrscheinlich im Haus mit jemand getroffen hat, und die hat sich beschwert und die ist dann – wie sagt man? – abgekanzelt worden.“ Narin: „Abgekanzelt?“ Ba.: „Die ist beschimpft worden, sie soll sich um ihr eigenes Zeug kümmern.“ Narin: „Von wem sie beschimpft wurde, hat sie das berichtet?“ Ba.: „Ja, das hat sie berichtet, von der Frau Zschäpe.“ Narin: „In welcher Weise? Hat sie das berichtet?“ Ba.: „Nee, nur dass es einen Zusammenstoß gab und dass sie beschimpft worden ist, weil sie gesagt hat, dass es so laut ist und die Zigarettenkippen rumliegen. Da ist sie beschimpft worden, sie soll sich um ihr eigenes Zeug kümmern.“ Götzl: „Sie sagen jetzt, sie sei von Frau Zschäpe beschimpft worden. Fiel der Name?“ Ba.: „Nee.“ Götzl: „Wie kommt dann die Zuordnung zum Namen?“ Ba.: „Sie sagte, die Frau, die du im Treppenhaus gesehen hast.“

Nach einer Unterbrechung bis 11:13 Uhr wird Ottmar Ei. einvernommen. Götzl sagt, es gehe um Erkenntnisse zum THS: „Da würde mich interessieren, welche Feststellungen von Ihrer Seite getroffen wurde und aus welchen Quellen.“ Ei.: „Laut Vorladung geht es da um zwei Schreiben vom 09.11.2011 und 28.11.2011, Berichte, die ich gefertigt habe fürs BKA bzw. für unsere Führung. Das sind Auswerteberichte, nix Spektakuläres, wo man eigene Erkenntnisse einbringt, sondern wie eine Hausarbeit aus Unterlagen, die mir zur Verfügung gestellt wurden.“ Bei den Unterlagen handele es sich Berichte des TLfV und Halbjahres- und Jahresberichte des polizeilichen Staatsschutzes beim TLKA. Götzl: „Welche Informationen haben Sie daraus entnommen?“ Ei.: „Alles seit Bestehen des THS bzw. der vorherigen Organisation ‚‘ bis zum Datum, wo letzten Endes die Feststellungen gemacht wurden, der 04.11.“ Er habe die Erkenntnisse zusammengetragen, die bei ihnen in der Dienststelle oder in den Jahresberichten des TLfV aufzufinden gewesen seien. Ei.: „Am 09.11. war ja der Bericht von mir erstellt worden, weil ein unheimliches Informationsdefizit bestand.“

Daraus resultierte der erstere kürzere Bericht, der sei für die Führungskräfte des Hauses gewesen, damit die in die Lage versetzt würden, nachzuvollziehen, was der THS war. Beim zweiten Bericht, da sei das BKA an sie herangetreten für einen ausführlicheren Bericht. Götzl „Ja, was war der THS?“ Ei.: „Ausweislich der Unterlagen eine Organisation von anfänglich um die 70, 80 Personen bis hin in Spitzenzeiten zu 170 Personen, die also aus dem rechtsextremistischen Klientel sich im Bereich Thüringen zusammengetan haben und als Organisation aufgetreten sind.“ Führer des THS sei bis zum Schluss gewesen. Götzl: „Ich muss nachfragen, haben Sie nur diese Berichte ausgewertet oder hatten sie sonstige Informationen?“ Ei.: „Die Berichte, Halbjahresberichte und Jahresberichte. Daraus hab ich den Bericht erstellt, praktisch wie eine Hausarbeit.“

NK-Vertreter RA Elberling: „Nach den Altakten waren Sie in den 90er auch mit Ermittlungen gegen Mitglieder des THS beteiligt.“ Ei.: „Zeitweise, ja.“ Elberling: „Es gibt Aktenvermerke, wonach Sie Asservate bei Hausdurchsuchungen ausgewertet haben. Können Sie sich noch erinnern?“ Ei.: „En detail nicht, aber es ist durchaus möglich.“ Vorhalt aus einem Vermerk in einer Altakte der StA Gera: Beim Beschuldigten Uwe Böhnhardt sei eine Computerdiskette mit der Aufschrift „Kripokennzeichen“ gefunden worden. Elberling: „Können Sie sich dran erinnern, eine solche Diskette ausgewertet zu haben?“ Ei.: „Nein, tut mir leid.“ Vorhalt: Diese Diskette beinhaltet Listen mit Fahrzeugen und Kennzeichen der Thüringer Polizei. Elberling: „Kommt da eine Erinnerung, dass Sie einen solche Diskette mal behandelt haben?“ Das verneint Ei., es sei aber möglich, dass er da eine Auswertung getätigt habe. Vorhalt: Beschlagnahmte Gegenstände bei Ralf Wohlleben. Ei. verneint, sich zu erinnern. Vorhalt: Ein Handscanner und Auflistung von Funkfrequenzen auf Notizzetteln. Ei.: „Ich erinnere mich nicht explizit dran, aber es kann durchaus sein.“ Elberling fragt nach einer Vorladung an Mundlos wegen Hausfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte aus 1997: „Können Sie sich an diese Ermittlung erinnern?“ Ei.: „Nein, leider nicht.“ Götzl: „Das wäre sinnvoll, dass Sie solche Fragen vorher ankündigen, damit der Zeuge sich letztlich vorbereiten kann.“

NK-Vertreter RA Narin: „Ist Ihnen erinnerlich, dass durch einen Marc Se. im Jahr 2003 mal ein Hinweis auf die Anwesenheit des Uwe Böhnhardt gegeben wurde in Jena?“ Ei.: „Sie sprechen auf den Beitrag an, der in den Medien gelaufen ist und im Untersuchungsausschuss Thüringen behandelt wurde.“ Ei. sagt, er habe dazu um Thüringer UA ausgesagt und bejaht, damals damit befasst gewesen zu sein. Narin: „Und was haben Sie herausgefunden?“ Ei.: „Dass die Aussage des Herrn Se., die er getätigt hat, nicht den Tatsachen entsprach.“ Narin: „Haben Sie Ermittlungen durchgeführt?“ Ei.: „Ja, da sind Ermittlungen von uns, einem Kollegen und mir, durchgeführt worden. Wir haben den Herrn Se. dazu gehört, ob weitere Ermittlungen weiß ich nicht mehr.“ Narin: „Was hat der denn berichtet?“ Ei.: „En detail hab ich die Aussage nicht mehr im Kopf. Aber sinngemäß: Er habe den Böhnhardt in Jena mit seinem Fahrzeug gesehen [phon.].“ Narin: „Wann, wo?“ Ei.: „Ich habe die Daten jetzt nicht im Kopf, tut mir leid. Ich kann mich an das Jahr nicht genau erinnern, bin aber auch nicht vorbereitet. Aber nach dem Verschwinden auf jeden Fall.“ Narin: „2002, 2003?“ Ei.: „Das könnte hinkommen.“ Narin: „Mehr wissen Sie nicht dazu im Moment?“ Ei.: „Nein, im Moment nicht.“ Der Zeuge wird entlassen.

Danach wird die BKA-Beamtin Annika Al. vernommen. Götzl sagt, es gehe um Ermittlungen im Hinblick auf Aliaspersonalien von Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe. Al: „In der Asservatenauswertung wurden eine Vielzahl von Personalien festgestellt , diese wurden überprüft, ob sie von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe als Aliaspersonalien benutzt wurden, z. B. Kontounterlagen, Ausweise, Rechnungen.“ Man könne das unterteilen. Zum einen in die Aliaspersonalien, die von Beschuldigten zur Verfügung gestellt wurden: „Max-Florian B.“, „“, „André und “, „Holger Gerlach“ und „“. Dann Personalien von weiteren existierenden Personen: Ralph Be., und Silvia Ro. Zum anderen gebe es die Aliaspersonalien, zu denen Sie keine reale Person hätten ermitteln können: „Lisa Dienelt“, „Lisa Pohl“, „Gerri Müller“.

Dann gebe es Personalien, die sie nicht hätten ermitteln können: Personalausweise auf „Michael Fr.[von Red. abgekürzt]“ und „Grimm“. Zu Uwe Böhnhardt seien mehrere Aliaspersonalien festgestellt worden: „Matthias Dienelt“, „André Eminger“ und „Holger Gerlach“. Zur Aliaspersonalie „Dienelt“ seien im Brandschutt Mietverträge zu den Wohnungen Polenzstraße 2 und Frühlingsstraße 26, eine Prepaidcreditcarte und Kaufverträge und Rechnungen sichergestellt worden. Zu „André Eminger“ seien im Wohnmobil und in der Frühlingsstraße mehrere Bahncards mit dem Bild von Böhnhardt sowie Unterlagen zur Anmietung der Wohnung Wolgograder Allee 76 und Unterlagen zur Anmietung von Wohnmobilen sichergestellt worden. Zu „Holger Gerlach“: Im Brandschutt Wohnmobil und Frühlingsstraße zwei Reisepässe und ein Führerschein, die u.a. zur Anmietung von Kfz und Wohnmobilen genutzt worden seien und mit denen auch Campingplatzaufenthalte gebucht worden seien.

Uwe Mundlos habe die Aliaspersonalien „Max-Florian B.“ und „Max Müller“ benutzt. Zu „Max-Florian B.“ seien im Brandschutt Wohnmobil und Frühlingsstraße ein Reisepass und mehrere Bahncards mit dem Bild von Mundlos sichergestellt worden, außerdem eine Geburtsurkunde und Untermietverträge für die Polenzstraße 2 und die Frühlingsstraße 26. Zu „Max Müller“: Im Brandschutt Frühlingsstraße sei eine Liste mit Zugangsdaten für Onlinedienste sichergestellt worden, da tauche mehrmals „Max“ bzw. „Max Müller“ auf, u. a. für einen ICQ-Account. „Max Müller“ sei auch für eine Campingplatzbuchung genutzt worden. Aus Zeugenaussagen sei bekannt, dass Mundlos sich ggü. Urlaubsbekanntschaften „Max“ genannt habe. „Max Müller“ sei vermutlich eine Abwandlung von „Max-Florian B.“, weil für „Max Müller“ teilweise das gleiche Geburtsdatum verwendet worden sei.

Beate Zschäpe habe als Aliaspersonalien „Susann Eminger“, „Lisa Dienelt“ und „Mandy Struck“ benutzt. Zu „Susann Eminger“: Bei den von Zschäpe am Tag der Selbststellung mitgeführten Gegenständen hätten sich ein Zugfahrschein und eine Fahrradservicekarte auf den Namen „Susann Eminger“ gefunden, im Brandschutt Frühlingsstraße eine Bahncard mit Lichtbild von Zschäpe, auf den Namen seien auch Campingplatzbuchungen getätigt worden. Zur Aliaspersonalie „Lisa Dienelt“ sagt Al., dass auf „Susann Dienelt“ Brillenpässe und Einzahlungsbelege gefunden worden seien. Bei den Nachbarn in der Polenzstraße sei Zschäpe als „Susann“, „Lisa“ oder „Lisa Dienelt“ bekannt gewesen, als „Lisa“ auch bei den Urlaubsbekanntschaften. Zu „Mandy Struck“ seien zwei Katzenimpfpässe und zwei Mitgliedsausweise für Tennisclubs sichergestellt worden. Außerdem habe Mandy Struck selbst ausgesagt, dass sie Zschäpe einmal ihre Versichertenkarte für einen Arztbesuch zur Verfügung gestellt habe. Weitere Aliaspersonalien, die keinem der Drei direkt hätten zugeordnet werden können, seien u.a. auf Rechnungen: „Ralph Be.“, „Andreas Fr.“, „Carsten Ri.“ und „Sven Ri.“ [von der Redaktion abgekürzt]gewesen. Es folgt die Mittagspause bis 12:50 Uhr.

Danach sagt Götzl: „Ich möchte jetzt auf einzelne Asservate und Personalien kommen, zunächst auf Bärbel B., Stichwort: Bundespersonalausweis.“ Al.: „Diese Personalie gehört zu denjenigen, wo wir keine Nutzung feststellen konnten. Der Personalausweis wurde im Brandschutt Frühlingsstraße festgestellt. Frau B. wurde vernommen. Sie wohnt in Braunschweig und hat ausgesagt, dass sie mit Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe keinen Kontakt hatte und nie in Zwickau war. Weitere Informationen haben wir eigentlich gar nicht dazu.“ Götzl fragt nach „Max-Florian B.“. Es ist so, dass u.a. im Brandschutt der Frühlingsstraße 26 eine Geburtsurkunde sichergestellt wurde. Mit der wurde wahrscheinlich der Reisepass beantragt, mit dem Lichtbild des Uwe Mundlos. Das hat die kriminaltechnische Untersuchung ergeben.“ Außerdem hätten sie eine EC-Karte auf den Namen „Max-Florian B.“ im Brandschutt Frühlingsstraße gefunden und weitere schriftliche Unterlagen zu diesem Konto.

Vorhalt aus Al.s Bericht: Im Wohnmobil befand sich außerdem eine EC-Karte auf „Max-Florian B.“ bei der Commerzbank Dresden, das Konto wurde unter Verwendung des Reisepasses am 06.06.2000 eröffnet. Es wurden vom Konto des existenten B. Zahlungen zum Saldenausgleich festgestellt. Götzl: „Sind entsprechende Feststellungen getroffen worden?“ Al: „Wenn das da so steht, natürlich.“ Vorhalt: Weiterhin wurde im Wohnmobil eine Bahncard mit Bild des Uwe Mundlos ausgestellt auf „Max B.“ [Geburtsdatum, gekürzt von der Redaktion – abweichendes Geburtsdatum] – wohnhaft Frühlingsstraße 26 aufgefunden. Laut DB wurde die erste Bahncard 2005 beantragt. Al.: „Dann ist das so richtig.“ Vorhalt: Es erfolgten dann jährliche Verlängerungen bis 2011, mit einer Gültigkeit bis zum 30.06.2012 … zu dieser Bahncard konnten weitere schriftliche Unterlagen sichergestellt werden. Al.: „Ja.“ Götzl hält vor, dass auf den Namen „Max-Florian B.“ ein Mietvertrag für die Heisenbergstraße 6 in Zwickau festgestellt worden sei. Al.: „Wenn das so da steht, ist es korrekt.“

Götzl hält vor, dass dem Mietvertrag Gehaltsbescheinigungen von Max-Florian B. beigelegt seien. Al.: „Wir haben festgestellt, dass Max-Florian B. aktiv Unterlagen gegeben haben muss, dazu gehören auch die Gehaltsbescheinigungen, die man beim Mietvertrag meistens vorzeigen muss.“ Auf Frage sagt Al., dass B., soweit sie sich erinnern könne, bei den genannten Firmen tatsächlich gearbeitet habe. Götzl: „Sind denn Unterlagen aufgefunden worden zur Wohnung in der Heisenbergstraße?“ Al.: „Es sind weitere Unterlagen im Brandschutt aufgefunden worden, aber die kann ich einzeln jetzt nicht nennen.“ Götzl nennt die Personalie „Andreas D.“. Al.: „Ein schwieriger Fall, weil wir einen handschriftlichen Notizzettel mit Namen und Anschrift im Brandschutt der Frühlingsstraße gefunden haben, aber wir haben keine Anhaltspunkte, dass diese Personalie genutzt wurde. Wir kamen zu dem Schluss, dass der Name aufgeschrieben wurde, weil er ein Nachbar des Gunter Frank Fiedler war. Und zu Fiedler wurden ja auch handschriftliche Notizen zu seiner Familie festgestellt. Wir sind davon ausgegangen, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe Informationen zu den Aliaspersonalien gesammelt haben, um Aussagen zum Umfeld treffen zu können. Wir konnten aber keine Nutzung dieser Personalie feststellen.“

Götzl fragt, ob zu den Notizen ein Gutachten eingeholt worden sei zur Urheberschaft. Al.: „Ich gehe schwer davon aus, dass es einen Handschriftenvergleich gegeben hat, weil wir das eigentlich bei allen Asservaten gemacht haben. Ich kann es aber nicht aus der Erinnerung raus sagen.“ Vorhalt: Mit leicht überwiegender Wahrscheinlichkeit ist Beate Zschäpe die Urheberin der Notizen zu Andreas D. Al.: „Ja. Ich habe mir alle Vermerke, die ich in den Fußnoten zitiere, auch selber angeschaut.“ Götzl: „Und ‚Matthias Dienelt‘, Stichwort Wohnung Polenzstraße 2, was können Sie zur Anmietung sagen?“ Al.: „Es fällt mir schwer, was Konkretes zu sagen. Es kann sein, dass ich Personalien vermische, es waren so viele. Es könnte sein, dass es da Untermietverträge und Mietverträge gab.“

Götzl: „Asservat bestehend aus Schreiben der Deutschen Bank, sagt Ihnen das was?“ Al.: „Wir haben ja zu den Mietverträgen, die wir im Brandschutt Frühlingsstraße 26 sichergestellt haben, haben wir schriftliche Unterlagen gefunden, Einzahlungsbelege, Schreiben von der Bank, die sich alle auf die Anmietung von den Wohnungen beziehen. Sei es ein Internetvertrag oder Schreiben von den Energieversorgern.“ Vorhalt: Es handelt sich um 14 Schreiben der Deutschen Bank Chemnitz aus 2010 und 2011 an „Matthias Dienelt“, Frühlingsstraße 26. Die Schreiben beinhalten Einzahlungsbestätigungen auf das Konto des Fl. bis 2011 Götzl: „Sagt Ihnen das was?“ Al.: „Grundsätzlich schon. Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe haben diese Personalie genutzt, um die Anmietung der Wohnung möglich zu machen. Nach unseren Informationen ist Matthias Dienelt teilweise eigenständig aufgetreten. Also es ist ja zu unterscheiden, ob Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe die Aliaspersonalie selbst benutzt haben oder ob die Personen selbst ihre Personalien zur Verfügung gestellt haben, um das zu ermöglichen. Hier haben Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe die Personalie genutzt, ohne dass Matthias Dienelt aufgetreten wäre.“

Götzl: „Wissen Sie, ob beim Schreiben der Deutschen Bank eine kriminaltechnische Untersuchungen vorgenommen wurden?“ Al.: „Weiß ich nicht mehr.“ Vorhalt: Eine kriminaltechnische Untersuchung ergab auswertbare daktyloskopische Spuren von Beate Zschäpe. Al.: „Dann wird das so gewesen sein.“ Götzl hält vor, dass zur Personalie „Susann Eminger“ im Brandschutt der Frühlingsstraße 26 eine Bahncard sichergestellt worden sei. Al.: „Diese Bahncard hat das Lichtbild der Beate Zschäpe. Das wurde durch unsere Kriminaltechnik festgestellt. Soweit ich weiß, war die 2011 aktuell gültig. Vorhalt: Für den Zeitraum 25.06.2009 bis 24.06.2010, ausgestellt auf „Susann Eminger“ mit dem Bild der Beate Zschäpe. Al.: „Wenn das so steht, dann wird das so gewesen sein.“ Götzl fragt nach einem Anschreiben einer Strandhausvermietung. Al. sagt, der Name „Susann Eminger“ sei für verschiedene Buchungen genutzt worden, sei es für das Strandhaus, das, glaube sie, in Neustadt sei, oder auch für Campingplätze: „Da wurden im EDV-System Buchungen zwischen, glaube ich, 2005 und 2011 festgestellt.“ Diese Buchungen seien mit unterschiedlichen Namen festgestellt worden: „‚Susann und André Eminger‘, mal mit ‚Holger Gerlach‘ oder eben mit ‚Max Müller‘, da gibt es unterschiedliche Konstellationen.“

Götzl: „Wissen Sie, ob insofern eine Telefonnummer eine Rolle gespielt hat?“ Al.: „Soweit ich mich erinnern kann, wurde die Mobilfunknummer ‚Mobil 03‘ genutzt.“ Al. sagt, diese Nummer sei durch Beate Zschäpe genutzt worden. Vorhalt: Buchung Ferienhaus 2010 auf den Namen „Susann Eminger“, als Telefon wurde 0162-7000587 angegeben, welche Beate Zschäpe zugeordnet werden kann. Al.: „Ja, genau, diese Telefonnummer meinte ich.“ Götzl: „Sind insofern weitergehende Befragungen mit Vorlagen von Lichtbildern durchgeführt worden?“ Al.: „An den Campingplätzen wurden die Mitarbeiter befragt und das EDV-System durchleuchtet. Wir haben entsprechende Treffer gehabt und die Kollegen haben die Mitarbeiter vor Ort befragt und, soweit ich weiß, auch Lichtbildvorlagen gemacht.“ Vorhalt: Es konnte weiter festgestellt werden, dass die Anmietung durch Gisela P. bearbeitet wurde. Sie erkannte Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe anhand der vorgelegten Wahllichtbildmappe als die Personen, welche die Ferienwohnung angemietet hatten. Al.: „Ja.“ Das Strandhaus sei in Neustadt gewesen, so Al., aber die Campingplätze in Fehmarn.

Auf Frage sagt sie, beim Campingplatz Wulfener Hals seien Mitarbeiter befragt und EDV-Systeme und schriftliche Unterlagen durchgegangen worden, um festzustellen, wann Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe dort ihren Urlaub verbracht haben. Götzl: „Können Sie was dazu sagen, ob für 2012 auch eine Reservierung vorgenommen wurde?“ Al.: „Ja, wurde es. Da gab es schriftliche Unterlagen dazu in der Frühlingsstraße 26. Aber es wurde auch festgestellt, dass André Eminger kurz nach der Selbststellung der Beate Zschäpe diese Reservierung abgesagt hat.“ Vorhalt: Für 05.07. bis 29.07.2012 lag eine weitere Reservierung auf den Namen „Susann Eminger“ vor, welche am 21.11.2011 durch André Eminger mit gmx.de-E-Mail-Account gekündigt wurde.

Götzl: „Dann geht es mir um die Personalie ‚Gunter Frank Fiedler‘.“ Al.: „Wir haben zu ‚Gunter Frank Fiedler mehrere Bahncards auch sicherstellen können im Brandschutt Frühlingsstraße 26. Die Aliaspersonalie wurde eher am Anfang, ab 1998 bis Mitte der 2000er Jahre benutzt. In diesem Zeitraum war auch die Gültigkeit dieser Bahncards mit dem Lichtbild des Uwe Böhnhardt. Wir haben diese handschriftlichen Notizen zu seiner Familie sichergestellt, weiteres müssten Sie mir vorhalten.“ Vorhalt: Fünf Bahncards auf „Gunter Frank Fiedler“ 1999 bis 2004. Ein Vergleich der Lichtbilder auf den Bahncards mit Bildern von Gunter Frank Fiedler und Uwe Böhnhardt ergab, dass die Bilder wahrscheinlich Uwe Böhnhardt zeigen. Götzl: „Und dann ging's um einen Antrag auf einen Reisepass.“ Al.: „Ja, dieser Antrag für einen Reisepass konnte bei der Stadt sichergestellt werden und dabei lag auch ein Lichtbild des Uwe Böhnhardt. Die Bahncards wurden wahrscheinlich auch mit dem Reisepass beantragt, wir haben den Reisepass selber aber nicht sicherstellen können.“

Nach der Pause bis 13:38 Uhr sagt Götzl, dass man die Einvernahme von Al. unterbreche und mit Mario Brehme fortfahre. Nachdem Al. den Saal verlassen hat, betritt Brehme mit seinem Zeugenbeistand, Stefan Böhmer [Szeneanwalt] den Saal. Bei der Personalienfeststellung sagt Brehme auf Frage nach seinem Beruf: „Angestellter.“ Götzl: „In welchem Bereich?“ Brehme sagt nichts. [Offenbar redet er mit Böhmer.] Dann sagt Brehme: „Danke, so passt das. Das war schon die Antwort.“ Götzl erwidert, dass „Angestellter“ nicht den Beruf als solches wiedergebe, sondern nur das Beschäftigungsverhältnis. Brehme sagt, er sei Pharmareferent. Götzl fragt nach Brehmes Adresse. Brehme sagt, das sei die Adresse über die er geladen worden sei. Götzl: „Was sollen die Mätzchen?“ Brehme zu Götzl: „Beruhigen Sie sich mal!“ Götzl sagt zu RA Böhmer, der solle nicht auf den Zeugen einreden, er sei als Zeugenbeistand nicht gefragt. Böhmer: „Ich gebe keine Antworten an des Zeugen statt, ich war gerade dabei auf den Zeugen einzuwirken.“ Brehme nennt dann eine Adresse in Rudolstadt.

Götzl stellt die obligatorische Frage, ob Brehme mit den Angeklagten verwandt oder verschwägert sei. Brehme: „Nicht bewusst.“ Götzl: „Ja, sind Sie verwandt oder verschwägert?“ Brehme: „Nicht bewusst.“ Götzl: „Das ist das erste Mal in diesem Verfahren dass wir bei den Personalien diese Probleme haben.“ Dann sagt Götzl, dass es um Erkenntnisse zu Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe, Wohlleben gehe, um Fragen hinsichtlich der Vermittlung eines Interviews mit der Zeitschrift Stern, auch um Brehmes Verhältnis zu Wohlleben, die Einstellung Wohllebens, auch im Hinblick auf Gewalt. Mich würde mal zunächst interessieren, dass Sie uns im Zusammenhang berichten, was es damit auf sich hat.“ Brehme: „Konkret, bitte.“ RA Böhmer: „Es hat noch keine Belehrung stattgefunden.“ Götzl: „Natürlich hat eine stattgefunden. Eingangs, bevor wir zu den Personalien gekommen sind. Ich bitte um mehr Aufmerksamkeit.“

Brehme: „Bitte die erste Frage!“ Götzl: „Ich will, dass Sie zum Beweisthema berichten. Und ich hatte gesagt, Sie sollen überhaupt erstmal Stellung nehmen, inwiefern Sie die genannten Personen kennen?“ Brehme: „Also, den Ralf Wohlleben kenne ich seit mehreren Jahren, die Beate Zschäpe habe ich damals auch gekannt, mehrere Jahre, den Uwe Böhnhardt habe ich natürlich auch gekannt und den Uwe Mundlos auch.“ Götzl: „Berichten Sie uns, wann Sie sie kennengelernt haben, wie im Weiteren das Verhältnis verlaufen ist.“ Brehme: „Ich habe sie kennengelernt Mitte der 90er Jahre. Aber wo genau, kann ich nicht mehr sagen, entweder in Rudolstadt, oder im Landkreis Rudolstadt oder in Jena.“ Götzl: „Zu den einzelnen Personen, was können Sie zu denen jeweils sagen?“ Brehme: „Der Uwe Böhnhardt ist mein Jahrgang, wir hatten einen recht guten Kontakt, standen positiv zueinander. Ich war auch auf einer Geburtstagsparty von ihm, der letzten vor seinem Verschwinden. Mit Uwe Mundlos verbindet mich, dass wir im selben Jahr Abitur gemacht haben, er war ja älter. [phon.] Und Beate Zschäpe kenne ich halt auch.“ Götzl: „Woher?“ Brehme: „Wie vorher genannt: Ich kann es nicht weiter konkretisieren. Irgendwo zwischen Jena und Rudolstadt gab es einen Erstkontakt. Ich kann die Zeit noch eingrenzen. Ich habe die Drei erst kennengelernt ab dem 3. Januar 1994. '94, '95 oder '96 dann. Jedenfalls nicht vorher.“

Götzl: „Warum benennen Sie das Datum?“ Brehme: „Weil ich da Tino Brandt kennengelernt habe.“ Götzl fragt, wie der Kontakt zu den Personen verlaufen sei. Brehme: „Der Kontakt war gut. Schätze, ich habe in den damaligen Jahren einen der vier Genannten bestimmt einmal pro Woche gesehen, trotz der Entfernung von Jena nach Rudolstadt. Wobei die vier nicht als Vierergruppe aufgetreten sind und die Drei nicht als Dreiergruppe.“ Götzl: „Sondern?“ Brehme: „Mal eine Person, mal zwei, mal drei, mal sechs Jenaer. Wir haben die nicht wie später das LKA als ‚Drilling‘ oder ‚Trio‘ bezeichnet.“ Götzl: „Bei welchen Gelegenheiten?“ Brehme: „Ich hatte das eine oder andere Sportereignis mit dem Uwe Böhnhardt alleine zum Beispiel. Und bei anderen Veranstaltungen wie Wintersonnwendfeiern, Sommersonnwendfeiern waren dann halt fünf, sechs, sieben Jenaer dabei.“

Götzl: „Und Wohlleben: Was können Sie uns zu ihm sagen?“ Brehme: „Also, ich kann sagen, dass er erst im Lauf der 90er Jahre in verantwortungsvolle Position geraten ist, und konkret erst ab 2001. Mit dem Bekanntwerden Brandts als V-Mann sind halt Wohlleben und andere in leitende Position gekommen. Zuvor hatten sie nicht diese Tragweite. [phon.] Es entstand nach dem Bekanntwerden Brandts als V-Mann ein Vakuum und das wurde dann wiederbesetzt.“ Götzl fragt, bei welchen Organisationen Wohlleben leitende Positionen gehabt habe. Brehme: „Im Einzelnen weiß ich das nicht. Ich denke, er ist zu einer demokratischen Partei gegangen. Ich denke, es war wohl die NPD.“ Götzl: „Wo noch?“ Brehme: „Dadurch dass er diesen Werdegang gegangen ist, hat sich das für uns getrennt, weil ich da nicht so orientiert war.“

Götzl: „Wie war es denn vorher gewesen, vor 2001?“ Brehme: „Vorher war es so, dass er gleichberechtigtes Mitglied der Kameradschaft Jena gewesen ist und keine Führungsverantwortung übernommen hat.“ Götzl fragt, was Brehme zur KS Jena sagen könne. Brehme: „Die war eine typische Kameradschaft Mitte der 90er Jahre auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Man konnte sie definieren durch ein Kommen und Gehen, wie bei anderen Kameradschaften. Die Leute sind mit 15, 16 Jahren gekommen und haben sie mit Ende der Lehre, Berufseintritt oder Wohnortwechsel wieder verlassen [phon.].“ Götzl: „Wer gehörte dazu“? Brehme: „Das kann ich nicht bis auf den letzten Mann wiedergeben.“ Götzl: „Mir geht es um Personen, mit denen Sie Kontakt hatten.“ Brehme: „Vor Augen habe ich schon den ein oder anderen. Namen haben wir damals auch nicht unbedingt gekannt.“ Götzl: „Wen ordnen Sie zu?“ Brehme nennt Wohlleben. Götzl: „Und sonst?“ Brehme schweigt. Götzl: „Ja, Sie sprechen von einem gleichberechtigten Mitglied der Kameradschaft Jena. Jetzt frage ich Sie nach Mitgliedern.“ Brehme: „Ich war nicht für Jena zuständig.“ Götzl: „Ja, dann müssen Sie sagen, wie Sie zu dieser Einordnung kommen, von einem gleichberechtigten Mitglied der Kameradschaft Jena zu sprechen.“ Brehme: „Weil er keine Führungsverantwortung hatte.“

Götzl: „Das ist eine Negativbeschreibung, Herr Brehme. Da habe ich meine Probleme damit.“ Brehme schweigt kurz und sagt dann: „Ich war für Rudolstadt zuständig, aber zu Jena, Jena ist ziemlich groß.“ Götzl: „Nein, ich will das erläutert wissen, was Sie mir gesagt haben. Inwiefern können Sie sagen, dass Wohlleben ein gleichberechtigtes Mitglied der Kameradschaft Jena war.“ Brehme: „Er kam aus Jena, er war ein Kamerad, er hat versucht sich zu organisieren und ist nicht nach oben abgewichen. Damit war er einfaches Mitglied der Kameradschaft Jena.“ Götzl: „Gab es andere Mitglieder, welche waren das, und wie sah das aus?“ Brehme: „Ich kann zu Jena in den 90er Jahren nicht viel sagen.“ Götzl: „Wie sah die Struktur der Kameradschaft Jena aus?“ Brehme: „Kann ich nicht sagen. Ich weiß nur, dass Jena ziemlich groß ist und die verschiedenen Stadtviertel sich teilweise selbst organisiert hatten.“ Götzl fragt, ob es jemanden gegeben habe, der zur Führungsebene gehörte. Brehme: „Habe ich zu dem Zeitpunkt in Jena nicht wahrgenommen.“ Auf Frage sagt Brehme, dass er von Mitte der 90er spreche, 1994 bis 1996 ungefähr.

Götzl: „Hat sich das geändert?“ Brehme: „Ab 2001 würde ich schon sagen, dass der Herr Wohlleben Einfluss hatte.“ Götzl: „Und vor 2001, wie sahen da die Strukturen aus?“ Brehme: „Irgendwann bilden sich erste Kameradschaften. Es gab ja mit der Wende strukturlose Bekanntschaften, das heißt Sie hatten in Jena ja alles Mögliche vertreten.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Brehme: „Sie hatten verschiedene Szenen parallel, verschiedene Kameradschaften parallel, wie sich das in Jena geordnet hat, kann ich nicht sagen. Ich kann es nur für Saalfeld-Rudolstadt sagen.“ Götzl fragt, ob Mundlos in der KS Jena eine Rolle gespielt habe. Brehme: „Ich denke schon, ja.“ Götzl: „Worauf gründet das?“ Brehme: „Weil er aus Jena kam.“ Götzl: „Ist das das einzige Kriterium?“ Brehme: „Das Hauptkriterium.“ Götzl fragt nach den weiteren Kriterien. Brehme: „Er war ein Kamerad.“ Götzl: „Wie war es mit Uwe Böhnhardt?“ Brehme: „Gleichfalls.“ Götzl: „Wie war es mit Frau Zschäpe?“ Brehme: „Kann ich so nicht sagen, ob sie sich direkt der Kameradschaft zugeordnet gefühlt hat. Die Ränder waren ja eher fließend.“ Götzl fragt, was damit gemeint sei. Brehme: „Es gab keinen abgeschlossenen Personenkreis.“

Götzl: „Wie war es mit André Kapke?“ Brehme: „Der hatte zunehmende Bedeutung ab 2001.“ Götzl: „Welche Bedeutung?“ Brehme: „Richtungsweisend.“ Götzl: „Im Hinblick worauf?“ Brehme: „Die Kameradschaft Jena.“ Götzl: „Inwieweit?“ Brehme: „Kann ich auch nicht weiter sagen, weil ich auch da nicht in Jena war.“ Götzl entgegnet, dass Brehme doch Ausführungen gemacht habe, dass Kapke im Hinblick auf die KS Jena richtungsweisend gewesen sei: „Jetzt sagen Sie: Kann ich nicht sagen.“ Brehme: „Formulieren Sie Ihre Frage um.“ Götzl: „Ich formuliere die Frage nicht um. Ich frage nur ab, was Sie gesagt haben.“ Brehme: „Konkret die Straftaten wurden weniger, auch durch seine Hilfe. Die Straftaten, die durch einzelne Mitglieder begangen wurden in Jena, wurden weniger. Auch durch seine Richtungsvorgaben.“ Götzl: „Können Sie das erläutern?“ Brehme: „Es stellte sich so dar, dass der Staat einen ziemlich starken Verfolgungsdruck an den Tag gelegt hat und Jugendliche bei Nichtwissen vor die Gerichte gezerrt hat. Und Kapke hat dafür gesorgt, dass möglichst wenig Jugendliche in diese Strickfallen treten.“ Götzl: „Wie hat er das gemacht?“ Brehme: „Er hat sie darauf hingewiesen.“

Er bejaht, Holger Gerlach zu kennen: „Ungefähr selbe Zeit, auch aus Jena.“ Götzl: „Und Herrn Schultze?“ Brehme: „Ja.“ Götzl: „Können Sie dazu bitte auch noch etwas sagen?“ Brehme: „Auch aus Jena, aber später.“ Das sei 1998 wahrscheinlich gewesen. Er verneint, André Eminger zu kennen. Götzl: „Können Sie uns die Rolle Brandts beschreiben und wie der Kontakt zu ihm war?“ Brehme: „Bis 2001 war der Kontakt zu ihm sehr gut. Tino Brandt war die Schlüsselfigur der damaligen Zeit in Saalfeld-Rudolstadt und in ganz Thüringen. Mit zunehmender Bedeutung bundesweit durch den Eintritt in die NPD und die Gründung der Revolutionären Plattform in der NPD.“ Götzl: „Wie war Ihr Kontakt zu ihm?“ Brehme: „Sehr gut.“ Götzl fragt, wie intensiv der Kontakt gewesen sei. Brehme: „Wir sind ja beide aus Rudolstadt. Man hatte ihm aus politischen Gründen die Arbeit gekündigt in Regensburg, daraufhin ist er nach Rudolstadt verzogen und da habe ich ihn kennengelernt. Seither hatten wir mehrfach die Woche Kontakt.“ Götzl: „Welche Rolle spielte Tino Brandt für die Kameradschaft Jena?“ Brehme: „Zunächst keine. Anfang der 90er war die Kameradschaftsstruktur in Jena nicht fassbar, es war ein Kommen und Gehen. Erst später als die Kameradschaftsstruktur etwas enger wurde, kann man sagen, dass Brandt auch da Einfluss gewonnen hat in Jena, ja.“

Götzl fragt, wann das gewesen sei. Brehme: „Beim Übergang von der ‚Anti-Antifa-Ostthüringen‘ zum THS.“ Das sei 1996, in der Zeit, gewesen. Götzl: „Was bedeutet: ‚Strukturen enger geworden‘?“ Brehme: „Wenn ich für Saalfeld-Rudolstadt reden darf: Wir hatten die ‚Anti-Antifa Ostthüringen‘ gegründet in Reaktion auf die vielen Übergriffe der Linksextremisten. Auch die Personen, die im Abschlussbericht des Untersuchungsausschuss Thüringen genannt werden, das waren keinen Sachverständigen, sondern Gewalttäter. Die haben die Eltern zusammengeschlagen, die Kameraden in der Wohnung zusammengeschlossen [phon.], unsere Reifen abgestochen. Der Sache musste man Herr werden. Letzten Endes war das Brandts Idee als Teil einer Gesamt-Anti-Antifa [phon.]. Und Brandt hatte halt damals den Kontakt zur [Gesinnungsgemeinschaft der Neuen Front, Neonazi-Kaderorganisation in den 80er und 90er Jahren] und wir nicht.“

Götzl: „Wie muss ich mir den Übergang von der Kameradschaft Jena zum THS vorstellen?“ Brehme: „Es gab eine Mitwirkungserklärung. Die haben sich bereit erklärt da mitzuwirken. Weil sie der Sache eine andere Bedeutung gegeben haben als der einzelnen Kameradschaft. Und als die Anti-Antifa-Arbeit Früchte getragen hat, war der Zeitpunkt, aus der Region rauszutreten und sich gauweit zu organisieren.“ Zu dem Zeitpunkt des Übergangs von der „Anti-Antifa Ostthüringen“ zum THS seien, so Brehme, die „Viktimisierungsvorgänge“ abgeschlossen gewesen: „Das heißt, wir brauchten uns nicht mehr um die Linken kümmern, sondern hatten eine andere Zielrichtung.“ Götzl: „Wie sah die aus?“ Brehme: „Der gewaltbereite Linke war nicht mehr der Hauptfeind, den hatten wir in den Griff bekommen. Und konnten uns um andere Sachen kümmern, die den Menschen stören [phon.].“ Götzl: „Um was?“ Brehme: „Um ein besseres Deutschland.“ Götzl: „Was ist damit gemeint?“ Brehme: „Ein Deutschland, in dem die Umwelt geschützt wird und die Heimat, in dem die Arbeit dem Menschen dient und nicht der Mensch der Arbeit, ein Land, das sich nicht an Auslandskriegen beteiligt, in dem die Bürger nicht überwacht werden, in dem es keine Gefangenschaften gibt von drei Jahren ohne Urteil.“

Götzl: „Was wurde konkret unternommen?“ Brehme: „Wir waren ja Jugendliche, wir hatten natürlich keinen abgeschlossenen Plan. Wir hatten nur eine Idee, eine Idee des Besseren.“ Götzl sagt, seine Frage sei gewesen, ob jetzt etwas unternommen worden sei, um die Idee umzusetzen. Brehme: „Wir haben uns öffentlich ausgesprochen gegen die Beteiligung der Bundeswehr am Krieg in Serbien, für einen Sofortaustritt aus der NATO, gegen den Einfall der Amerikaner im Irak.“ Götzl: „Bei welcher Gelegenheit haben Sie sich dagegen ausgesprochen?“ Brehme: „Öffentliche und nichtöffentliche Gelegenheiten.“ Götzl sagt, Brehme solle konkret werden. Brehme: „Bei Podiumsdiskussionen, bei Ständen, Unterhaltungen, Stammtischen.“ Götzl: „Was bedeutet ‚wir‘?“ Brehme: „Die Idee des Wirs.“ Götzl: „Bitte?“ Brehme: „‚Wir‘ als Idee.“ Götzl sagt, man spreche ja vom THS. Brehme: „Das von mir verwendete ‚Wir‘ beschränkt sich nicht auf den THS.“ Götzl: „Dann beschränken Sie sich mal auf die Personen des THS!“ Brehme: „Brandt hat sich auch ausgesprochen gegen den Bundeswehreinsatz.“ Götzl: „Sie weichen mir aus.“ Brehme: „Konkret Brandt und ich haben uns gegen den Krieg gegen Serbien ausgesprochen.“ Götzl: „Ja, bestand der THS aus Ihnen und Brandt?“ Brehme: „Auf alle Fälle.“

Auf Frage sagt er: „Ich kann mich durchaus an verschiedene weitere Personen erinnern, aber keine Namen.“ Auf Nachfrage sagt Brehme: „Wenn Sie mir einen nennen, kann ich versuchen zu rekonstruieren. [phon.] Und ich kann nicht wissen, wer V-Mann war.“ Götzl: „Es ist eine einfache Frage: Wer gehörte zum THS außer Ihnen und Brandt?“ Brehme: „Definitiv Brandt und ich .“ Götzl: „Sie weichen mir aus. Ich habe Sie belehrt. Ihr Zeugenbeistand hat es wohl überhört, aber ich hatte Sie belehrt, dass Sie nichts verschweigen dürfen.“ Brehme: „Ich werde nur wiedergeben was ich zu 100 Prozent rekonstruieren kann.“ Götzl: „Sie werden einfach die Wahrheit sagen, es geht um wahrheitsgemäße Antworten. Deswegen nochmal: Wer gehörte zum THS?“ Brehme: „Das kann ich nicht mit letzter Gewissheit beantworten, bevor ich eine Falschaussage mache.“ Götzl: „Also, Sie können keine weitere Person nennen?“ Brehme: „Vom Sehen bestimmt, aber nicht mit Namen.“ Götzl: „Dann beschreiben Sie mir mal Personen, die Sie in Erinnerung haben und die Umstände dazu, irgendwelche Besonderheiten.“ Brehme: „Dann legen Sie mir doch Fotos vor.“ Götzl: „Sie gehen bitte auf meine Fragen ein. Bisher antworten Sie nicht drauf, sondern Sie machen mir Vorschläge. Meine Fragen sind klipp und klar.“ Brehme: „Zum THS zählten definitiv Brandt und ich.“ Dann schweigt Brehme.

Götzl: „Nochmal die letzte Nachfrage: Sind Ihnen Namen von weiteren Mitgliedern des THS bekannt? Bitte die Frage beantworten.“ Brehme: „Der THS war ja ein Zusammenschluss von Kameradschaften oder Netzwerken zu einem großen Netzwerk. Da waren die Übergänge fließend.“ Da hätten sich auch Personen zugerechnet, die Brandt oder er selbst nicht zugerechnet hätten. Götzl: „Dann haben Sie ein Abgrenzungsproblem und da müssten Sie ja noch mehr Namen kennen. Aber Sie gehen ja nicht drauf ein. Meine Frage geht im Hinblick auf die konkreten Personen. Wird die Frage beantwortet?“ Brehme: „Auch eine Teilnahme auf THS-Tagungen oder Veranstaltungen hat nicht zwingend eine Mitgliedschaft zufolge.“ Götzl: „Danach hatte ich Sie nicht gefragt. Meine Frage ist: Wer zählte noch zum THS?“ Brehme: „Und ich versuche es wahrheitsgemäß zu beantworten.“ Er wolle nichts sagen, was er nicht mit letzter Gewissheit rekonstruieren könne. Götzl: „Vielleicht wollen Sie die Frage nicht beantworten.“ Brehme: „Vielleicht verstehe ich Ihre Frage nicht.“ Götzl: „Die Frage ist doch klipp und klar!“ Brehme: „Wenn mir Namen einfallen, werde ich sie selbstständig einfügen.“ Götzl: „Ja, können Sie jetzt Namen nennen?“ Brehme verneint das.

OStA Weingarten: „Nach meinem Eindruck unterliegt der Zeuge einem Rechtsirrtum. Er glaubt offenbar, dass er nur Umstände bekunden muss, die er hundertprozentig weiß. Ich rege an, ihn darauf hinzuweisen, dass er nur seine Erinnerung wiedergeben muss, die ist naturgemäß unsicher.“ Götzl: „Er war durchaus in der Lage das klarzumachen. Er hat die Unterscheidung ja auch vorgenommen. Um das abzuschließen: Weitere Namen, die Sie zum THS zählen, können Sie nicht sagen?“ Brehme: „Aktuell fallen mir keine ein. Ich werde das nachholen, wenn sie mir selbstständig einfallen.“ Götzl sagt, er habe auch danach gefragt, ob Brehme ihm Personen beschreiben könne, mit Funktionen, Spitznamen oder Umstände, Erlebnisse, sonstige Ereignisse. Brehme schweigt. Götzl: „Gibt's da jemanden?“ Brehme: „Letzten Endes nur Brandt. Brandt hat meines Erachtens den Namen [phon.] erfunden und hat die Umstrukturierung herbeigeführt von der ‚Anti-Antifa Ostthüringen‘ zum ‚Thüringer Heimatschutz‘. Ob die Wortwahl von ihm direkt stammt, kann ich nicht sagen. Mir wurde sie von ihm bekannt.“

Götzl: „Jetzt haben wir uns heute schon über Namen unterhalten außer Brandt. Was ist denn mit diesen Personen: Ralf Wohlleben, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe, Holger Gerlach, Carsten Schultze?“ Brehme: „Also, die Personen befanden sich damals in der Szene. Man muss von einer Szenenhaftigkeit sprechen. Und ich kann nicht mit letzter Gewissheit sagen, dass sie selbst der Kameradschaft Jena zuzuordnen sind oder dem THS, auch wenn sie zu Stammtischen oder Wochenendlagern gekommen sind.“ Götzl: „Was war denn notwendig, um Mitglied zu sein?“ Brehme: „Man durfte entscheiden.“ Götzl: „Ja, was denn?“ Brehme: „Über die eine oder andere Richtungsweisung, Stellungnahmen.“ Götzl fragt nach einem Beispiel. Brehme: „Der Einsatz gegen Serbien.“ Götzl: „Wer hat denn jetzt entschieden?“ Brehme: „Wir haben uns zusammengesetzt und diskutiert, wie wir uns eine bessere Welt vorstellen. Und das ist ja das Gegenteil.“ Götzl: „Und wer war da dabei?“ Brehme: „Brandt und ich. Wie bei den Stammtischen zum Teil.“ Götzl: „Wer war bei den Stammtischen dabei?“ Brehme: „Nicht alle beim Stammtisch waren THS-Mitglieder.“ Götzl: „Sagen Sie mir einfach mal, wer dabei war?“ Brehme: „Welchen Stammtisch meinen Sie denn?“ Götzl: „Wir können das einzeln durchgehen.“ Brehme: „Nennen Sie mir das erste Datum und dann fange ich an.“ Götzl: „So nicht!“

Nach kurzem Schweigen sagt Brehme: „Also, war zum Beispiel bei Stammtischen der dabei. Der wiederum kein Mitglied des THS war.“ Götzl: „Ja, machen Sie doch weiter mit Namen!“ Brehme: „An den kann ich mich erinnern.“ Götzl: „Ist das der einzige, an den Sie sich erinnern?“ Brehme: „Ich kenne nicht von allen den Namen.“ Götzl: „Sie tun so, also ob das jetzt ein besonderes Ereignis wäre, dass Sie mir den Namen Kai Dalek nennen. Nicht drumrum reden! Es geht drum, dass Sie die Namen nennen, dann muss ich nicht nachfragen.“ Brehme: „Ich bin ja dabei.“ Götzl: „Jaja, machen Sie mal! Sie sind dran, nicht ich. Nennen Sie mir ein paar Namen!“ Brehme: „Die Stammtische waren besetzt von zwei Personen bis 60. Mal waren Brandt und ich zu zweit, mal waren 60 da.“ Götzl: „Dann müssten ja jede Menge Namen da sein.“ Brehme: „Ich habe nur Gesichter im Kopf, keine Namen.“ Götzl: „Dann Ralf Wohlleben, Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Frau Zschäpe, Holger Gerlach, Carsten Schultze: Was war mit denen, waren die zugegen?“ Brehme: „Die waren gelegentlich Teilnehmer der Stammtische. Mal zwei, mal fünf, sechs, sieben Jenaer, mal ein, mal zwei Autos.“

Götzl: „Ja, sind das keinen Namen? Sind das nur Gesichter?“ Brehme: “ Das sind aber nicht zwangsweise Mitglieder des THS.“ Götzl: „Was bedeutet: 'nicht zwangsweise‘?“ Brehme: „Nicht jeder ist Mitglied des THS gewesen, nur weil er auf dem Stammtisch war.“ Götzl: „Die Genannten, waren die Mitglied im THS?“ Brehme: „Ich kann mich zumindest nicht an Funktionen erinnern.“ Götzl: „Was meinen Sie?“ Brehme: „Dass wer eine tragende Funktion hatte.“ Götzl: „Was waren denn andere Funktionen als tragende? Schildern Sie mir Funktionen, Aufbau und Strukturen beim THS, bitte! Oder insgesamt, gleich mit Personen.“ Brehme: „Nicht jede Struktur erschloss sich jedem Mitglied oder auf jeder Ebene. Es gab Entscheidungsgremien etwas höher und es gab einfache Kameraden, ohne Aufgabe und ohne Verpflichtung [phon.]. Und einfache Teilnahme an einem Stammtisch: da können Sie nix drauf bauen.“ Götzl: „Welche Personen rechnen Sie welchem Bereich zu?“ Brehme: „Letzten Endes rechne ich dem THS Brandt zu und mich.“ Götzl: „Und die anderen Personen?“ Brehme: „Kann ich nicht mit letzter Gewissheit sagen.“ Götzl: „Was?“ Brehme: „Ob sie Funktionen hatten. Weil sie für mich nicht ersichtlich waren.“

Götzl: „Was haben Sie in Erinnerung?“ Brehme: „Ich habe an Einzelpersonen in Erinnerung, eine Sommersonnwendfeier mit dem Herrn Gerlach. Das ist keine Funktion des THS.“ Götzl: „Dann handeln Sie die einzelnen Personen ab und was Sie im Hinblick auf das Thema sagen können. Sonst werden wir heute nicht fertig werden. Ich bitte um Beschleunigung.“ Brehme: „Ich möchte meine Zeugenaussage nicht beschränken.“ Götzl: „Ich räume Ihnen die Zeit ein. Gehen Sie auf meine Fragen ein, dann geht es schneller. Aber die Zeit, die wir brauchen, die nehmen wir uns.“ Brehme: „Danke schön.“ Götzl: „Wenn Sie sich bei mir bedanken, wäre ich Ihnen auch dankbar, wenn Sie die Frage beantworten würden.“ Brehme: „Also, ich kann mich an eine Sommersonnwende erinnern, wo Herr Gerlach dabei war, in der Nähe von Nürnberg. Und Wintersonnwenden zwischen Rudolstadt und Jena, wo die anderen dabei waren, Beate und die beiden Uwes.“ Götzl: „Sie nicken mir so schön zu, ich weiß es nicht.“ Brehme: „Also, vorwiegend Sommer- und Wintersonnwendveranstaltungen.“ Götzl: „Von welchen Personen sprechen Sie?“ Brehme: „Beate Zschäpe, die beiden Uwes, teilweise Ralf Wohlleben und teilweise von Holger Gerlach.“

Götzl: „Sonstige Ereignisse?“ Brehme: „An Sportveranstaltungen kann ich mich noch erinnern, mit Uwe Böhnhardt.“ Götzl: „Sonst etwas?“ Brehme: „Das sind die Sachen die ich im Kopf habe.“ Götzl: „Und im Hinblick auf Ralf Wohlleben?“ Brehme: „Der ist ja irgendwann in die Partei, die NPD, eingetreten. Und das war nicht die Hauptausrichtung des THS.“ Götzl: „Sondern?“ Brehme: „Der THS halt sich als frei verstanden und die NPD hat ja das Wort ‚demokratisch‘ bereits im Namen. Und das war für uns nicht zielführend für eine bessere Welt.“ Götzl: „Erzählen Sie weiter, was Wohlleben anbelangt!“ Brehme: „Das Eintreten in die bestimmte Politik [phon.] war beim Kameraden Wohlleben ab 2001, nachdem Brandt weg war. Vorher kamen und gingen Personen.“ Es habe da noch ein kriminelles Milieu um Jena herum gegeben, mit dem es Überschneidungen gegeben habe: „Und aus dem ganzen Umfeld löste sich der Kamerad Wohlleben und hat den demokratischen, rechtstreuen Weg beschritten, gewollt.“ Götzl: „Was heißt das?“ Brehme: „Viele von den jungen Kameraden haben damals Straftaten begangen und sind ins kriminelle Milieu abgerutscht und hängen geblieben.“ Götzl: „Und vor 2001, was Herrn Wohlleben anbelangt?“ Brehme: „Ich kann mich nur erinnern, dass er nicht die übermäßige Rolle gespielt hat, sondern ein gleichberechtigter Kamerad war, ohne Funktion, ohne übermäßiges Vertrauen, er war einfach dabei.“

Götzl: „Wie war Ihr Verhältnis zu Wohlleben?“ Brehme: „Gut, wie auch zu den anderen.“ Götzl: „Wie gut kannten Sie ihn?“ Brehme: „Das Verhältnis war nicht ganz so eng wie zu Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos.“ Götzl: „Sie neigen zu Negativabgrenzungen. Umschreiben Sie es positiv.“ Brehme: „Ich bitte weiter nachzufragen, wenn es wieder passiert, gelobe aber Besserung.“ Götzl: „Nicht so eng wie zu Böhnhardt und Mundlos‘. Wenn Sie das sagen, dann muss ich nach dem Verhältnis zu Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt fragen.“ Brehme: „Weil ich einen von den beiden bestimmt einmal pro Woche gesehen, an den Mittwochsstammtischen oder am Wochenende, von 1995 bis 1997, um den Dreh.“ Götzl: „Wie eng war das Verhältnis zu Beate Zschäpe?“ Brehme: „Ich kannte sie, das Verhältnis war an sich gut, ich kann jetzt nichts Negatives sagen. Sie hat sich jetzt nicht nach oben hervorgetan und keine leitende Funktion übernommen. Es war eher so, dass, als bekannt war das sich die drei Jenaer auf der Flucht befanden, als die aufgezählt wurden, da kam eher die Frage auf: Wer noch? Also, wenn schon Beate Zschäpe mit denen auf der Flucht war, wer dann noch alles? Habe sie nicht so als Dreiergruppe wahrgenommen. Ich hätte ihr auch keine tiefergehende Vertrauensstellung eingeräumt zwischen den beiden [phon.]. Als es dann hieß, sie soll die Garage angemietet haben, dachte ich: Ja aber sie wusste wahrscheinlich nicht was drinne ist.“

Götzl fragt nach dem Begriff „Vertrauensstellung“. Brehme: „Die von mir zu Brandt war wesentlich fester.“ Götzl unterbricht: „Mir geht es um Beate Zschäpe, die Sie gerade bewerten hinsichtlich einer Vertrauensstellung.“ Brehme: „Ich hatte ja nicht weitere Veranstaltungen mit ihr konkret, wo ich sagen könnte, das Vertrauen ist gestiegen oder ich hätte ihr einen verantwortlichere Rolle zuspielen wollen. Das Verhältnis war einfach gut, aber das war's dann auch.“ Götzl: „Wie oft haben Sie Frau Zschäpe gesehen?“ Brehme: „Bestimmt weniger als die anderen beiden, Böhni und Uwe Mundlos. Vielleicht einmal im Monat, in der damaligen Zeit.“ Götzl fragt, wann und in welcher Form Brehme Kontakt zu Mundlos und Böhnhardt gehabt habe. Brehme: „Mittwochsstammtisch oder Wochenendveranstaltungen.“ Götzl: „Können Sie uns jetzt sagen, wie Ihr Verhältnis zu Ralf Wohlleben war?“ Brehme: „Etwas distanzierter.“ Auf Nachfrage sagt Brehme: „Die Vertrauensbasis zu den beiden Uwes war einfach besser, weil wir auf Veranstaltungen den Kontakt zueinander gesucht haben und uns unterhalten haben. Und Ralf Wohlleben halt andere Gesprächspartner gesucht hat.“ Auf Frage sagt Brehme, er habe vielleicht auch einmal im Monat zu Wohlleben Kontakt gehabt. Götzl: „Und bei welchen Gelegenheiten war jetzt der Kontakt zu Herrn Wohlleben?“ Brehme: „Ich glaube, bei verschiedenen Seminaren.“

Götzl: „Können Sie denn mit dem Stichwort ‚Interview Zeitschrift Stern‘ etwas anfangen?“ Brehme : „Beim Verhör beim BKA wurde das auch erwähnt, da wurde das Datum 28.10.1998 oder 2000, helfen Sie mir kurz, genannt.“ Götzl: „Was hat es damit auf sich?“ Brehme: „Damals war es halt so: Dewes war Innenminister, der öfter damit rauspolterte, eine Datei von Rechtsextremisten anzulegen und den THS zu verbieten. Es war also etwas Sorgfalt vonnöten, dass es nicht zu einem Verbot kommt.“ Von irgendeinem Innenminister sei immer was verboten worden „in der freiheitlichen BRD“. Brehme weiter: „Und da kam das Angebot, ich weiß nicht von wem, für ein Interview zwischen 50.000 und 60.000 zu zahlen. Dann wird abgewogen. Und letzten Endes haben wir uns bei einem zweiten Treffen dagegen entschieden, um eben die Sicherheit des THS nicht zu gefährden.“

Götzl: „Worum sollte es bei der Interviewanfrage gehen?“ Brehme: „Es sollte darum gehen, dass die drei Jenaer, die sich auf der Flucht befanden, dass sie einfach zeigen wollen, sie können Kontakt aufnehmen und der Staat schafft es nicht [phon.]. Und dass sie nicht verhaftet werden, sondern sozusagen freies Geleit kriegen. Sagen, was sie gemacht haben oder nicht gemacht haben und dann wieder gehen.“ Götzl: „Welche drei?“ Brehme: „Die drei Jenaer, die sich ab '98 auf der Flucht befanden.“ Götzl: „Wen meinen Sie damit?“ Brehme sagt, er habe vorhin schon erklärt, dass erst seit Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe von Jena weg seien, man sie erst dann zusammengefasst habe als „die drei Jenaer“: „Das verbindende Element war ‚Jena‘.“ Götzl: „Wer hat das Interview geführt?“ Brehme: „Es kam nicht zustande.“ Götzl: „Wer hat die Kontakte aufgenommen? Wer hat mit wem gesprochen?“ Brehme: „Mit dem Stern-Reporter?“ Götzl: „Ja.“ Brehme: „Weiß nicht. Welcher Stern-Reporter war es denn?“ Götzl: „Ich beantworte hier keine Fragen.“ Brehme: „Wenn Sie einen Namen genannt hätten, wär's mir vielleicht eingefallen, aber jetzt kann ich es nicht sagen. Der Vorteil wäre eine finanzielle Entlastung mit Erwerb eines Grundstücks. Nachteil wäre ein Gesamtverbot des THS mit Auflagen, die wir für die Zukunft nicht absehen konnten. Es wurde abgewägt: Nein, Nachteile überwiegen. Und weil wir nicht wollten, hat irgendwer dem Stern-Reporter abgesagt.“

Götzl: „Wer war derjenige?“ Brehme: „Kann ich nicht sagen. Weil ich nicht weiß, wer der Stern-Reporter war.“ Götzl: „Ich habe nicht nach dem Stern-Reporter gefragt.“ Brehme: „Wir hatten damals gelegentlich Kontakt zu verschiedenen Reportern. Ich kann es nicht sagen.“ Brandt habe Kontakt zu einem „Haus- und Hofreporter“ gehabt. Götzl: „Von wem wurden die Vor- und Nachteile abgewogen?“ Brehme: „Definitiv von Brandt und mir. Wer noch dabei war, kann ich nicht mit Gewissheit sagen.“ Götzl: „Wer war noch dabei?“ Brehme: „Kann ich nicht sagen.“ Götzl: „Ja, war noch jemand dabei?“ Brehme: „Ich habe es gelesen, aber ich kann mich nicht mehr dran erinnern. Ich kann auch nicht sagen, wie die Anfrage zustande kam. Vielleicht über zwei, drei Personen, das war nicht unüblich damals.“ Götzl: „Von wem haben Sie die Information bekommen zu dem Interview?“ Brehme: „Ich gehe davon aus, dass mich Brandt rangeholt hat.“ Götzl: „Hat hier Herr Wohlleben eine Rolle gespielt?“ Brehme: „Ralf Wohlleben hat das Ganze vorgetragen in der kleinen Gruppe und das war's von seiner Seite. Eine weitere tragende Rolle hat er da nicht gespielt.“

Götzl: „Jetzt bleiben wieder zwei Punkte offen: Was hat Ralf Wohlleben vorgetragen? Und welche kleine Gruppe?“ Brehme: „Das meine ich, den Sachverhalt. Das Angebot zwischen 50 und 60.000 DM.“ Götzl: „Wie hätte der Kontakt aufgenommen werden sollen zu den Drei?“ Brehme: „Das hätten wir in einem weiteren Gespräch geklärt.“ Götzl: „Dann informieren Sie mich.“ Brehme: „Wir müssen uns erstmal Gedanken machen: Wollen wir es realisieren? Und wenn wir uns einigen, nein, wir realisieren das nicht, dann brauchen wir kein drittes Gespräch.“ Götzl: „Vor allem braucht man kein Gespräch zu führen, wenn die Möglichkeit des Kontakts nicht besteht.“ Brehme: „Das Entscheidende ist, Ralf Wohlleben hat die Information weitergegeben und die wurde diskutiert.“ Götzl: „Wer gehörte jetzt zu dieser kleinen Gruppe?“ Brehme: „Ich kann mich nicht erinnern, hab's nur gelesen. Brandt hat mich dazu geholt, Wohlleben hat es vorgelesen. Beim zweiten Mal war Wohlleben nicht mehr dabei, aber Brandt definitiv und ich auch.“

Götzl legt eine Pause ein bis 15:15 Uhr. Dann fragt er: „Wer hat denn die Entscheidung getroffen, dass das Interview nicht durchgeführt wird?“ Brehme: „Denke, das war basisdemokratisch.“ Götzl: „Mir genügt, wenn Sie sagen, wer.“ Brehme: „Ich denke, wahrscheinlich Brandt und ich.“ Götzl: „Wer war denn zugegen?“ Brehme: „Ich kann mich an Brandt erinnern und an mich. Ich habe auch gelesen, wer dabei gewesen sein soll, kann mich aber daran nicht mehr erinnern.“ Götzl: „Was meinen Sie damit? Wo haben Sie was gelesen?“ Brehme: „In öffentlich zugänglichen Quellen?“ Götzl: „Welche meinen Sie?“ Brehme: „Ich führe im Kopf kein Quellenregister.“ Götzl: „Das interessiert mich nicht. Ich möchte einfach wissen, was die Quelle ist. Dann nennen Sie es mir. Wir müssen nicht über etwas reden, was ich nicht gefragt habe.“ Brehme: „Fahren Sie bitte fort.“ Götzl: „Sie sind dran!“ Brehme: „Ich kann mich nur an Brandt und mich erinnern. Und es gab kein drittes Gespräch, weil es obsolet war. Beim zweiten haben wir beschlossen, dass wir kein drittes mehr brauchen.“

Götzl: „Nochmal nachgefragt, weil Sie auf die Frage nicht eingegangen sind: Hatten Sie Informationen dahingehend, dass der Kontakt zu den drei Jenaern, dass dieser Kontakt herstellbar war?“ Brehme: „Das stand nicht zur Debatte zu dem Zeitpunkt.“ Götzl: „Hat Herr Kapke beim Interview eine Rolle gespielt?“ Brehme: „Kann ich nicht mit letzter Gewissheit sagen.“ Götzl: „Was haben Sie noch in Erinnerung?“ Brehme: „Also, ausschließen kann ich es nicht, weder beim ersten noch beim zweiten Gespräch.“ Götzl: „Was haben Sie dazu in Erinnerung?“ Brehme: „Ich habe nicht mehr in Erinnerung, ob er teilgenommen hat oder nicht.“ Vorhalt aus einer Erkenntnismitteilung zum THS: Der Jenaer Aktivist Ralf Wohlleben, Spitzname: Wolle, habe den THS-Aktivisten Brehme, Brandt und Kapke in einem persönlichen Gespräch mitgeteilt, dass er am 25.10.2000 von einem Stern-Journalisten aus der Berliner Redaktion auf die drei Flüchtigen angesprochen wurde. Er sei an einem Interview interessiert und sei bereit 50-60.000 DM für die Vermittlung zu bezahlen. Wohlleben habe um Bedenkzeit gebeten, was von ihm akzeptiert worden wäre. Götzl: „Was sagen Sie dazu?“ Brehme: „Die zeitliche Einordnung kann zutreffen, habe ich ja vorher versucht zu rekonstruieren, kann hinhauen. Dass Wohlleben nicht zugesagt hat, ist ebenso plausibel. Er hat um Zeit gebeten, das kann ich nachvollziehen, er musste ja uns erstmal anhören und konnte nicht frei entscheiden. Das klingt plausibel.“

Götzl: „Aber da ist auch von André Kapke die Rede.“ Brehme: „Ich habe den Text nicht verfasst.“ Götzl: „Mir geht's darum, ob Herr Wohlleben Ihnen dreien das mitgeteilt hat?“ Brehme: „Vielleicht waren wir auch zu viert oder fünft. Ich weiß es nicht mehr. Es kann schon sein, dass er uns dreien das mitgeteilt hat, ja.“ Vorhalt: Während Kapke und Wohlleben durch die Höhe des finanziellen Gebots zur Annahme tendierten, sei es durch Brehme gleich als unsicher und politisch gewagt abgelehnt worden. Brehme: „Könnte so sich dargestellt haben. Hab ich ja vorhin versucht darzulegen.“ Vorhalt: Nachdem der Stern-Reporter am 01.11. in gleicher Sache André Kapke unter dessen Festnetznummer angerufen habe, seien Mario Brehme und Brandt unterrichtet worden und hätten sich spontan mit Kapke zu einem Gespräch in einem Rudolstädter Café verabredet. Brehme: „Kann ich mich nicht erinnern.“ Vorhalt: Kapke sei gemeinsam mit Jana Ap. gekommen. Brehme: „Der Name sagt mir nichts.“

Vorhalt: Brehme habe das Gespräch als gefährlich bezeichnet, weil allein die Kontaktherstellung schon einen Verbotsgrund liefere, er und Brandt lehnten den Kontakt ab, auch wenn ein Kontakt nicht in Deutschland, sondern auch in Weißrussland stattfinden könne. Götzl: „Was sagen Sie dazu?“ Brehme: „Ich kann mich an Kapkes Worte nicht mehr erinnern.“ Vorhalt: André Kapke sei aufgefordert worden, Brehmes Meinung Ralf Wohlleben mitzuteilen und den Kontakt zu dem Journalisten abzubrechen. Brehme: „Klingt plausibel.“ Götzl: „Es geht gerade um André Kapke. Was heißt: ‚klingt plausibel‘?“ Brehme: „Das klingt doch sehr basisdemokratisch, finde ich.“ Götzl: „Es geht um die Rolle Kapkes.“ Brehme: „Ich kann mich an Kapkes Zutun nicht erinnern. Aber an sich ist das der normale Weg, wenn man was ablehnt, dass mitgeteilt werden muss, dass ein Angebot abgelehnt wird. Ob das Bote X übernimmt oder Bote Y spielt ja keine Rolle.“

Götzl fragt, welche Rolle die Diskussion über Gewalt in der Szene, im Rahmen des THS, gespielt habe. Brehme: „Die Diskussion hatte zu diesem Thema eine untergeordnete Bedeutung.“ Götzl: „Dann sprechen Sie aber von Bedeutung: Welche Bedeutung hatte das?“ Brehme: „Man hat schon durchdiskutiert, welche Möglichkeiten die Polizei hat, gegen meinungsfremde Personen vorzugehen.“ Götzl: „Und Gewalt für das Erreichen von politischen Zielen?“ Brehme: „Die Polizei wollte immer mit derartigen Maßnahmen ihre Ziele durchsetzen.“ Götzl: „Ich habe nicht nach der Polizei gefragt.“ Brehme: „Das erste, was ich assoziiert habe, war die Polizei.“ Götzl: „Die Rolle von Gewalt zur Durchsetzung Ihrer Ziele!“ Brehme: „Ich habe keine Gewalt ausgeübt.“ Götzl: „Wurde darüber diskutiert?“ Brehme:“ Ja, ich wurde überfallen von fünf Antifaschisten, erlitt einen Nasenbeinbruch durch einen Stiefel und mit einem Teleskopschlagstock wurde mein Finger gebrochen. Das wurde diskutiert.“ Götzl: „Wurde diskutiert, ob man zum Erreichen politischer Ziele Gewalt anwendet?“ Brehme: „Zu welchem Ziel denn konkret?“ Götzl: „Welche hatten Sie denn?“ Brehme: „Eine bessere Welt ohne Gewalt [phon.]. Dafür brauchen wir keine Gewalt.“

Götzl: „Ist diskutiert worden?“ Brehme: „Ja, dass wir uns bedeutend zurückhaltender verhalten, als der Polizei Rechte eingeräumt werden.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Brehme: Ich denke, ich habe Kapke bei den Stammtischen kennengelernt, spätestens 1996; André war ein Typ, mit dem man diskutieren konnte. Ich meine, dass es im Spektrum Leute gab, die Gewalt anderen gegenüber nicht abgeneigt waren. Götzl: „Was ist damit gemeint?“ Brehme: „Das Wort Gewalt wurde von dem Beamten ins Spiel gebracht, ich habe das nicht verwendet und auch nicht mit André Kapke in Verbindung gebracht.“ Götzl fragt, ob Brehme das nicht gesagt habe. Brehme: „Wenn, dann nicht auf Kapke bezogen.“ Er habe Gewalt nicht mit André Kapke in Verbindung gebracht. Götzl fragt, ob Brehme das Protokoll durchgelesen habe. Brehme: „Ich habe mir selber ein Gedächtnisprotokoll erstellt.“ Götzl: „Haben Sie es abgezeichnet?“ Brehme sagt nichts. Götzl: „Wer war denn noch dabei bei der Vernehmung?“ Brehme: „Ein Zeugenbeistand.“ Götzl: „Ja, haben Sie es durchgelesen?“ Brehme: „Ich habe es durchgelesen, ob ich es unterzeichnet habe, kann ich nicht mit Gewissheit sagen.“ Götzl: „Haben Sie einzelne Seiten abgezeichnet?“ Brehme: „Ich habe beim ersten Verhör auf einzelnen Seiten Rechtschreibfehler angemarkert, aber beim zweiten Verhör das nicht mehr korrigiert.“ Brehme geht an den Richtertisch, um das Vernehmungsprotokoll in Augenschein zu nehmen. Götzl: „Unten rechts, ist das Ihr Namenskürzel?“ Brehme: „Jawoll.“ Götzl: „Deswegen die Nachfrage: Haben Sie das so gesagt?“ Brehme: „Ihre Frage war auf Kapke bezogen. Auf die anderen Teilnehmer kann es gelegentlich zugetroffen haben.“ Götzl: „Ja, haben Sie das so gesagt, wie es hier steht?“ Brehme: „An die genaue Wortwahl kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich erinnere mich aber, dass ich vom BKA-Beamte beim zweiten Verhör eine Blanko-A4-Seite bekommen habe zum Unterschreiben.“

Götzl: „Jetzt reden wir ja über die erste Vernehmung. Wie haben Sie denn erfahren vom Untertauchen der drei Personen?“ Brehme: „Ich wurde ca. fünf Tage später angerufen. Das heißt, die ersten Radiomeldungen kamen zehn Tage später.“ Götzl: „Was haben Sie erfahren?“ Brehme: „Ich habe erfahren, dass die drei weg sind, also Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Die erste Reaktion war: Wer noch, wenn Beate Zschäpe weg ist? Hat sich mir nicht erschlossen, warum alle drei. Dann gab es die Mitteilung, dass es um eine Garage ging, dass sie von der Polizei gesucht werden, weil sie gefährlich wäre, und dass sie angeblich in einem Labor Sprengstoff selbst hergestellt hätten. Mittlerweile habe ich mir angelesen, dass das kein Thema war. Aber damals hieß es so.“ Götzl: „Haben Sie denn was über den Aufenthaltsort erfahren?“ Brehme: „Anfangs nicht, irgendwann später hieß es bei einem kleinen Zusammentreffen in Bad Blankenburg, dass Böhnhardt und Mundlos erschossen auf Kreta aufgefunden worden seien.“ Das sei Jahre später gewesen und diese Information solle von einem Bereitschaftspolizisten aus Rudolstadt gekommen sein: „Ansonsten war Tenor: Sie sind im Ausland. Und es hieß: Beate Zschäpe kommt zurück und stellt sich, weil sie nichts zu erwarten hat.“ Götzl fragt, von wem diese letztgenannten Informationen gekommen seien. Brehme: „Von Brandt.“

Götzl: „Können Sie es zeitlich einordnen?“ Brehme: „Im ersten Vierteljahr irgendwann. Also Februar bis April, Mai 1998.“ Götzl: „Zu dieser Information ‚Im Ausland‘ gab es dazu konkretere Informationen?“ Brehme: „Nee, nur dass sie im Ausland wären, wovon auch alle ausgegangen sind. Also sowohl wir als auch die Polizei.“ Götzl: „Wer ist denn ‚wir‘?“ Brehme: „‚Wir‘ sind in dem Fall eine nicht bestimmte Personengruppe mit Gemeinschaftsgefühl.“ Götzl fragt, wie Brehme denn sagen könne, was Leute unbestimmter Art denken. Brehme: „Ich denke, Sie orten das ‚wir‘ falsch ein. Wir unterliegen ja nicht dem Individualismus der heutigen Gesellschaftsform. [phon.]“ Götzl: „Bitte lauter!“ Brehme: „Im ersten Vierteljahr sind alle, mit denen man davon gesprochen hat, Flucht, davon ausgegangen, dass die drei Jenaer – das verbindende Element war die Stadt Jena – sich im Ausland aufhalten. Was wiederum nicht unüblich war bei Personen, die sich auf der Flucht befanden.“ Götzl: „War mal von Südafrika die Rede?“ Brehme: „Das war nicht der Fall, nein.“

Götzl: „Waren Sie mal in Südafrika?“ Brehme: „Jawohl.“ Götzl: „Wann denn?“ Brehme: „Ich denke 1998, Sommer 1998. Also Sommer in Deutschland, 1998.“ Götzl: „Waren Sie allein dort?“ Brehme: „Nee, das Land war voll.“ Götzl: „Das habe ich nicht verstanden.“ Brehme: „Südafrika war voll.“ Götzl: „Sie sollten sich solche Unverschämtheiten sparen.“ Brehme: „Ich war nicht alleine im Staate Südafrika.“ Götzl: „Mit wem waren Sie dort?“ Brehme: „Ich bin mit André Kapke hingeflogen.“ Götzl: „Wo waren Sie?“ Brehme: „Wir haben mehrere Orte und Personen besucht.“ Götzl: „Ja, wen?“ Brehme: „Wir haben uns zum Beispiel mehrere Tage im Krüger Nationalpark aufgehalten.“ Götzl: „Warum ein Ort, wenn ich nach Namen frage. Haben Sie ein Problem in der Hinsicht? Warum ist es nicht möglich, die Frage präzise zu beantworten, haben Sie da irgendwelche Schwierigkeiten?“ Brehme: „Ich versuche es doch die ganze Zeit.“ Götzl: „Mit dem Ausweichen auf ganz Südafrika haben Sie kein Problem. Wen haben Sie besucht, welche Personen?“ Brehme: „An Namen kann ich mich nicht erinnern.“ Götzl: „Gut, das nehme ich mal zu Kenntnis. Fällt Ihnen ein Name ein?“ Brehme: „Wenn Sie mir behilflich wären.“ Götzl: „Nein, ich will Namen wissen.“ Brehme: „Fällt mir augenblicklich keiner ein.“

Götzl: „Was war der Zweck der Reise?“ Brehme: „Urlaub.“ Götzl: „Wie lang?“ Brehme: „Mehrere Wochen.“ Götzl: „Wurde zwischen Ihnen und Kapke mal diskutiert, ob Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos, Beate Zschäpe nach Südafrika ausreisen könnten?“ Brehme: „Ich kann mich nicht daran erinnern, ich kann es aber als theoretische Frage nicht ausschließen.“ Götzl: „Kennen Sie einen Herrn Dr. Nordbruch?“ Brehme: „Ist mir bekannt.“ Götzl: „Woher?“ Brehme: „Von verschiedenen Seminaren und Kongressen. Beispielhaft, das Jahr kann ich nicht nennen, in Gera, da kann ich mich dran erinnern, weil wir das Kongresshotel verlassen mussten aufgrund einer Bombendrohung durch die Antifa.“ Götzl: „Wie gut kennen Sie ihn?“ Brehme: „Ich kenne ihn, aber nicht weitergehend.“ Auf Nachfrage sagt Brehme: „Ich denke, ich kannte ihn schon vor Gera. Aber an Gera kann ich mich konkret erinnern.“ Götzl: „Wo lebt er?“ Brehme: „Ist mir aktuell nicht bekannt.“ Götzl sagt, dass es im Vernehmungsprotokoll heiße, dass Nordbruch Brehmes Gastgeber in Südafrika gewesen sei. Brehme: „Unter anderen Umständen auch. [phon.] Wir waren ja bei verschiedenen Personen an verschiedenen Orten.“

Götzl: „Können Sie mir Uwe Böhnhardt mal beschreiben, wie er sich verhalten hat?“ Brehme: „In welcher Situation denn?“ Götzl sagt, es gehe ihm um besondere Verhaltensweisen. Brehme: „Wir hatten ähnliche Charakterzüge. Ich kann es jetzt nicht weiter ausführen, aber wir hatten jetzt auch keine Angst vor der Polizei. Wenn jetzt zwei Thüringer Polizisten vor der Haustür stehen, dann hätte er mit Sicherheit keinen Selbstmord gemacht.“ Götzl: „Sonstiges?“ Brehme: „Ich habe mit ihm Sport gemacht, er war auch für Sportveranstaltungen offen. Im Gegensatz zu Brandt zum Beispiel. Oder auch Wohlleben oder auch mit Kapke war kein Sport zu machen.“ Götzl: „Was können Sie sonst noch zu Böhnhardt sagen?“ Brehme: „Er war eine emotionale Person, die sich in der Jugendreife befand, auf dem Weg der totalen Selbstfindung, angenehmer Zeitgeselle.“ Götzl fragt, ob es sonst noch was zu Böhnhardt zu sagen gebe. Brehme: „Können Sie mir einen Anhaltspunkt geben? Dann kann ich es versuchen.“ Götzl: „Von sich aus. Ich möchte nichts vorgeben und gebe auch nichts vor.“ Brehme: „Dann fällt mir momentan nix weiter ein.“ Götzl: „Was meinen Sie damit: Er war eine emotionale Person?“ Brehme: „Dass er Gefühlsregungen zugelassen hat und auf Gefühle von anderen reagiert hat. Dass er lachen konnte. Mundlos hat noch mehr gelacht, auch mehr geredet, ich dachte auch ursprünglich, ‚Mundlos‘ wäre der Spitzname.“

Götzl: „Beschreiben Sie ihn.“ Brehme: „Ich kann mich noch erinnern, dass bei irgendeinem Lagerfeuer er halt Quatsch gemacht hat. Dabei sind auch Fotos gemacht worden.“ Auf Nachfrage sagt Brehme: „Er kam bei den Mädels gut an. Er ist so'n Schwiegermuttertyp. Und hatte einen deutlich erweiterten Horizont.“ Götzl: „Zurück zu Böhnhardt: ‚Auf dem Weg zur totalen Selbstfindung‘. Was meinen Sie damit?“ Brehme: „Er befand sich ja im jugendlichen Alter und musste seinen Platz in der neu entstehenden, sich verändernden Gesellschaft erstmal finden. Und die Szene in Jena und die Szene in Rudolstadt war nicht gleich. Und deswegen denke ich auch, dass sich der Kontakt von Jena nach Rudolstadt sich vertieft und verstärkt hat.“ Götzl fragt, was Brehme mit „angenehmer Zeitgeselle“ meine. Brehme: „Er war mir gegenüber korrekt, höflich, freundlich. Ich habe ihn als Freund wahrgenommen, nicht nur als Kameraden. Er war mein Jahrgang, das heißt wir hatten eh mehr miteinander zu tun. Da sich so eine Jugendszene auch dadurch aufbaut, dass Ältere oder Personen, die länger dabei sind oder gewalttätiger mehr Einfluss haben. Wir waren zu dem Zeitpunkt noch jünger und so entstand der Kontakt zwischen uns beiden. Hinzu traten später Mundlos und die anderen Jenaer, in gleicher Art und Weise.“

Götzl fragt nach dem Verhältnis von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe untereinander. Brehme: „Also, ich habe ja vorher schon gesagt, dass ich die drei Jenaer nicht als Einheit betrachtet habe. Später ist mir erst bekannt geworden, dass sie mit dem einen oder anderen liiert war, ich weiß nicht mit wem, das hat sich nach außen für mich nicht dargestellt, keine Rolle gespielt.“ Götzl: „Von wem haben Sie das erfahren?“ Brehme: „Von Brandt.“ Götzl fragt nach dem Verhältnis von Mundlos und Böhnhardt untereinander. Brehme: „Ich glaube, die haben sich schon gut verstanden. Das Vertrauen untereinander war stärker als das Vertrauensverhältnis zur Beate.“ Vorhalt: Man könnte schon sagen, dass das Trio irgendwie enger unter sich verbunden war, woran festgemacht weiß ich nicht genau, wahrscheinlich an der Art wie die drei miteinander interagierten. Brehme: „Das Wort ‚Trio‘ kam durch das BKA ins Spiel. Das Wort wurde auch deswegen eingebracht, um nicht alle drei Namen nennen zu müssen. Als Worterleichterung, nicht als Einheit.“ Götzl: „Ja, haben Sie es so gesagt, wie es hier steht?“ Brehme: „Sicherlich gesagt in dem Fall. Wobei das nicht heißt, dass die drei oder die zwei, die beiden Uwes, nicht mit den anderen interagiert haben.“ Götzl: „Was ist mit der ‚Art wie die drei miteinander interagierten‘ gemeint?“ Brehme: „Wer sucht den Kontakt miteinander, wer sucht das Gespräch, wer hört zu?“

Götzl: „Mich interessiert, welche Verhaltensweisen der drei Personen gemeint sind.“ Brehme: „Der freundschaftliche Hintergrund neben dem Kameradschaftsbezug. Ist ja nicht jeder Kamerad gleich ein Freund oder guter Freund. Und ich denke, dass die drei schon befreundet waren. Aber auf politischer Ebene oder Kameradschaftsebene waren sie nicht gleichberechtigt.“ Götzl sagt, Brehme solle das erklären. Brehme: „Beate Zschäpe hat sich einfach nicht eingebracht.“ Götzl: „Was ist damit gemeint?“ Brehme: „Sie war auch auf Stammtischen oder so was, aber sie hat sich darüber hinaus nicht eingebracht. Sie hat nichts organisiert, war keine Entscheidungsträgerin, wurde dazu auch nicht berufen, wollte es auch gar nicht wahrscheinlich.“ Götzl fragt, ob Brehme etwas mitbekommen habe, ob den drei untergetauchten Personen Zahlungen, Gelder zugeflossen sind. Brehme: „Das wurde diskutiert, das ist korrekt, es wurden Gelder gesammelt, unter anderem auch in Heilsberg auf Konzerten, die von unterschiedlichen Verbänden organisiert waren. Die Gesamtsumme, die sich über alle Veranstaltungen und Sammlungen erstreckt hat, kam nicht zur Übergabe, die ist verschwunden irgendwann, aus dem Auto heraus in Ilmenau.“

Götzl fragt, bei welcher Person. Brehme: „Das Auto war zum Zeitpunkt des Entwendens des Geldes leer und ich war nicht dabei.“ Götzl: „Von wem haben Sie denn diese Informationen bekommen?“ Brehme: „Von Brandt.“ Götzl: „Wer hat das Geld aufbewahrt, haben Sie dazu Informationen?“ Brehme: „Nein.“ Götzl: „Wann war das zeitlich?“ Brehme: „'98, '99. Also ich habe es festgemacht an Heilsberg. In Heilsberg wurde gesammelt und Heilsberg haben wir übergeben am 30. April 1998 an die Gemeinde.“ Götzl: „Zur Südafrikareise: Wer hat die Reise finanziert?“ Brehme: „Ich habe sie vorfinanziert.“ Er habe für André Kapke und sich die beiden Tickets gekauft. Kapke hat es in Teilbeträgen zurückgezahlt. Auf Nachfrage sagt Brehme: „Ich habe auf einen Schlag erstmal beide Tickets bezahlt, also habe ich die Reise erstmal vorfinanziert.“ Götzl: „Wie ist das dann von der Finanzierung her abgelaufen?“ Brehme: „Ich habe die Tickets geholt, ganz normal im Reisebüro.“ Götzl: „Ich meine: Wer hat letztlich den Flug bezahlt für Sie beide?“ Brehme: „Ja, ich habe den Flug bezahlt.“ Götzl: „Hat Kapke gezahlt?“ Brehme: „Habe ich doch gesagt: Er hat begonnen, Ratenzahlungen zu leisten.“

Götzl: „Können Sie mir den Herrn Kapke beschreiben?“ Brehme: „Er war ein angenehmer Zeitgeselle. Sonst wäre ich nicht in den Urlaub gefahren mit ihm. Man konnte es längere Zeit mit ihm aushalten an einem Ort zusammen.“ Götzl: „Ist denn damals, Ende der 90er Jahre, das Thema Waffen ein Thema gewesen?“ Brehme: „Wir haben uns über die Bewaffnung der Polizei unterhalten und über die Bewaffnung der Linksextremisten, jawoll.“ Götzl fragt, ob in der rechten Szene Beschaffung von Waffen oder überhaupt Waffen ein Thema gewesen sei. Das sei bestimmt von dem ein oder anderen verfolgt worden, so Brehme: „In Rudolstadt gibt es ja ein Schützenfest.“ Götzl fragt, wie es bei Brehme selbst sei. Brehme: „Ich finde Waffen auch okay.“ Götzl: „Kennen Sie sich mit Waffen aus?“ Brehme: „Nicht zur Genüge, nein.“ Götzl: „Was bedeutet das?“ Brehme: „Worauf wollen Sie denn raus?“ Götzl sagt, er wolle auf gar nichts raus, Brehme solle seine Frage beantworten. Brehme: „Ich habe die Einstellung: Nicht Waffen töten Menschen, sondern Menschen töten Menschen.“ Götzl: „Ja, und wie ist ihr Verhältnis zu Waffen?“ Brehme: „Ich denke, Sie sind erforderlich. Sonst würde sie ja wohl die Polizei nicht tragen.“ Götzl: „Wie gut kennen Sie sich jetzt aus mit Waffen?“ Brehme: „Nicht zur Genüge.“ Götzl: „Das ist auch wieder eine Antwort, da muss ich nachfragen. Das ist eine Frage des Standards. Was meinen Sie?“ Brehme: „Ich würde bestimmt den Waffentest [phon.] der Bundeswehr jetzt in der Wiederholung nicht bestehen.“

Götzl: „Sie haben ja über die zweite Vernehmung kurz gesprochen, 15.03.2012. Erinnern Sie sich, ob in der Vernehmung das Thema Waffen angesprochen wurde?“ Brehme: „Kann sein. Wahrscheinlich um die Tatwaffen in dem Prozess.“ Götzl fragt, welche Rolle das gespielt habe. Brehme: „Hat bestimmt der BKA-Beamte eingebracht.“ Vorhalt: Fällt Ihnen sonst noch etwas zu Wohlleben oder Schultze oder dem Trio ein? – Ich weiß aus der Presse, dass Schultze die Waffe in Jena für das Trio gekauft haben soll, mehrere Varianten. – Wissen Sie,was für eine Waffe? – Ja, eine tschechische Ceska, ich traue dem Schultze aber nicht zu, dass er eine Ceska von einer Radom unterscheiden kann. Brehme: „Ich denke, dass er gar keine Ahnung von Waffen hat. Ich denke, er kann eine Schreckschuss- nicht von einer scharfen Waffe unterscheiden.“ Götzl: „Warum kann das Herr Schultze nicht?“ Brehme: „Schultze kam später in die Szene. Anfang der 90er war es durch Gewaltbereitschaft geprägt, das baute sich jedes Jahr ab.“ Der „Wehrhaftigkeitsgedanke“ sei weniger geworden und als Schultze dazu gekommen sei, sei das kein Thema mehr gewesen.

Götzl: „Haben Sie konkrete Informationen zur Kenntnis von Herrn Schultze von Waffen?“ Brehme: „Ich weiß nicht, ob er im Schützenverein ist oder nicht.“ Götzl: „Wie ist Ihr Kenntnisstand bezüglich Ceska und Radom?“ Brehme: „Da war die Presse ja recht hilfreich mit Fotos.“ Vorhalt: Was für Details fallen Ihnen ein? – Die hatte einen Schalldämpfer, gibt es nicht serienmäßig, außerdem beschädigt, stand in Presse, meine gelesen zu haben durch Brand, irgendwas mit Plastiktüte. Götzl: „Welche Kenntnisse haben Sie oder hatten Sie zur Frage der Ausrüstung von Waffen mit Schalldämpfer?“ Brehme: „Ich habe keine große Ahnung, mein Kenntnisstand ist nur, es ist nicht serienmäßig dabei, auch nichts um es aufzuschrauben.“ Götzl: „Woher haben Sie die Information?“ Brehme: „Habe mich mir angelesen.“ Götzl: „In welchem Zusammenhang?“ Brehme: „Mit der Prozessberichterstattung.“ Götzl: „Es geht ja um Äußerungen in der Vernehmung.“ Brehme: „Ja, gerade zu dem Zeitpunkt.“ Götzl wiederholt das Datum der Vernehmung: 15.03.12. Brehme: „Da war die Berichterstattung ja voll mit Fotos, ja.“

Vorhalt: Ich glaube, dass eine serienmäßige Ceska gar keine Vorrichtung für einen Schalldämpfer hat. Brehme: „Ich führe kein Quellenverzeichnis, aber ich habe es mir angelesen.“ Götzl: „Können Sie Herrn Wohlleben noch beschreiben?“ Brehme: „Bis 2001 eher zurückhaltend, und ab dann hat er schon Verantwortung übernommen. Meine Kenntnis ist, er hat sich in diesen Teilstadtrat in Jena wählen lassen, hat sich, schätze ich, für die Bürger in Jena eingesetzt, hat Familie gegründet. Das heißt, er ist zukunftsorientiert. Er ist kein Typ für Gewalt. Und kein Typ für Sport.“ Wohlleben sei keiner, der zu Gewalt anhält, eher immer beschwichtigt habe: „Mehr fällt mir aktuell nicht ein.“ Götzl sagt, man werde Brehmes Einvernahme für heute unterbrechen müssen. Brehme und Böhmer verlassen den Saal. Der Verhandlungstag endet um 16:24 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage“:

„Schließlich sagte eine BKA-Beamtin aus, die zu den Aliaspersonalien der Drei ermittelt hatte. Spannend war, dass die drei von den Personen, die ihnen Pässe und anderes beschafft hatten, zahlreiche Informationen zum privaten Umfeld erhalten hatten, um besser in diese „Rollen“ schlüpfen zu können. Die Anbindung des Unterstützerumfeldes muss insgesamt sehr eng gewesen sein. Warum die Bundesanwaltschaft trotz dieses Wissens bis heute an der Mär der isolierten Gruppe dreier Täter festhält, ist immer weniger nachzuvollziehen. […] Mario Brehme, […] versuchte angestrengt, alle bisher dagewesenen Nazizeugen an Dreistigkeit zu übertreffen. […] Dem heute bürgerlich auftretenden Brehme kam der Jargon des neo-nationalsozialistischen Agitators sehr flüssig von den Lippen. Er griff auch das Gericht direkt an: im Thüringer Heimatschutz habe er sich eingesetzt für eine Welt, „in der es keine Gefangenschaften gibt über drei Jahre ohne Urteile“ – ein klarer Verweis auf die andauernde Untersuchungshaft gegen Wohlleben. Bezogen auf den Tod von Uwe Böhnhardt, zweifelte er dessen Selbstmord an: „Er hatte auch keine Angst vor der Polizei. Also wenn zwei Thüringer Polizisten vor der Haustür stehen, hätte er sicher keinen Selbstmord gemacht.“ Durch sein bisheriges Verhalten ist der Zeuge insgesamt vollkommen unglaubwürdig und deshalb auch für die Verteidigung Wohlleben unbrauchbar. Es wird einmal mehr deutlich, dass die Zeugen aus dem NSU-Umfeld längst erkannt haben, dass das Gericht eine harte Auseinandersetzung selbst mit dreist lügenden Zeugen aus der Naziszene scheut.“

http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/07/15/15-07-2015/

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