Protokoll 283. Verhandlungstag – 12. Mai 2016

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Am heutigen Verhandlungstag lässt Beate Zschäpe Antworten auf die Fragen des Senats verlesen. Zudem wird noch der Zeuge Thomas Mü. des BKA Meckenheim befragt zu einer Vernehmung, in der es um Waffenbeschaffungen ging.

Zeuge:

  • Thomas Mü., (BKA Meckenheim zur Vernehmung des Zeugen Jens L.)

Die Zuschauer_innentribüne ist aufgrund verschiedener Delegationen und Exkursionen voll. Die Verhandlung beginnt um 09:47 Uhr. Ein Zuschauer, der sehr häufig da ist und in der ersten Reihe sitzt, bleibt stehen, auch nachdem die Richter_innen in den Saal gekommen sind und alle Platz genommen haben. Der Aufforderung Götzls, er solle sich setzen, kommt er nicht nach, sondern sagt, er wolle einen Antrag stellen. Nachdem Götzl das nicht zulässt, verlässt er mit knallender Tür den Zuschauer_innenraum.

Nach der Präsenzfeststellung wird als erster Zeuge Thomas Mü. [zuletzt 158. Verhandlungstag] vom BKA Meckenheim gehört. Es geht um die Vernehmung des Zeugen Jens L. [zuletzt 275. Verhandlungstag], Mü. soll Ablauf, Inhalt und Verhalten schildern. Thomas Mü. beginnt mit seiner Aussage. Der Zeuge L. sei auf schriftliche Vorladung des GBA geladen worden, es sei eine staatsanwaltschaftliche Zeugenvernehmung gewesen, insgesamt die dritte des Zeugen. Dieser sei mit seinem Rechtsanwalt gekommen, OStA Weingarten, sein Kollege We. und er selbst seien bei der Vernehmung anwesend gewesen. OStA Weingarten und We. führten die Vernehmung, er selbst habe protokolliert. Zuerst seien dem Zeugen drei Namen genannt worden, zu denen er sich habe äußern sollen. Zu Hans-Ulrich Mü. habe er angegeben, der Name komme ihm bekannt vor, er könne ihn aber nicht zuordnen. Zu : Dieser sei ein Randmitglied der Gruppierung von Ron E., er sei einer der „Soldaten“ gewesen, er habe Aufträge erledigt. Zu : Ohne Bild habe er nichts weiter zu der Person sagen können. Dann sei das Hauptthema abgehandelt worden: Waffenbeschaffung in der Gruppierung der E.s.

Der Zeuge L. habe zu diesem Thema folgendes angegeben: Die Zuständigkeit habe bei E. gelegen, die Waffen seien in Teilen aus der Schweiz und von einem Russen beschafft worden. Der Auftrag sei bei den E.s eingegangen, die Waffen seien im Vorhinein bezahlt worden und Leute hätten das ausgeführt. Auf Nachfrage habe er gesagt, das seien u.a. Mü. gewesen. Zu Mü. habe er nur gesagt, dass dieser aus Apolda komme, den Vornamen kenne er nicht. Der hätte bei der Waffenbeschaffung eine Rolle gespielt. Und aus anderen Gesprächen hätte er mitbekommen, dass es nun nicht mehr über Mü. aus Apolda laufe, dass man aber nun Waffen aus der Schweiz beschaffen könne. Die Frage, ob er selbst mal eine Waffe aus der Schweiz besessen habe, habe L. bejaht. Er habe diese aber zeitnah weiterverkauft an eine Person, die später abgeschoben worden sei. Er wisse von einer Lieferung von Waffen aus der Schweiz, über zwei weitere sei gesprochen worden. Jeden Freitag habe einen Besprechung stattgefunden. Die Waffe, die L. selbst aus der Schweiz hatte, sei ihm von einer Person namens G. übergeben worden.

Danach sei er zum Thema Schiesskugelschreiber angesprochen worden. Es seien ihm entsprechende Bilder vorgelegt worden. Der Zeuge meinte, dass fünf oder sechs dieser Schiesskugelschreiber aus der Schweiz beschafft worden seien, er habe in Erinnerung, dass Theile sich mal einen solchen Schiesskugelschreiber abgeholt habe und auch eine normale Waffe habe besorgen lassen. Auf die Frage, ob Theile eine Waffe mit Schalldämpfer gehabt habe, habe L. ausgesagt, alle hätten eine Waffe mit Schalldämpfer gehabt, außer ihm und Gil E. Zu einem Waffendepot der Brüder E. habe er angegeben, das gebe es heute noch und hätte sich damals auf dem Gelände gegenüber des Hauses von Ron E. befunden, in einem Brunnen oder Schacht. Auf die Frage, ob er Bedenken um seine persönliche Sicherheit habe, hab L. angegeben, mit der Geburt seiner Tochter habe sich sein Leben geändert. Mit seiner Aussage würde er in Jena einen Krieg anfangen und sein Leben und das seiner Tochter in Gefahr bringen. Das habe er später noch einmal wiederholt und häufiger das Wort Krieg in den Mund genommen.

Zu habe er angegeben, er habe dem rechten Spektrum angehört, die E.s seien auch aus dem rechten Spektrum und hätten sich daher gern aus dem rechten Spektrum bedient. Auf Andreas Schulz angesprochen, habe L. angegeben, dass er keine schlafenden Hunde wecken wolle. Er müsse einen Krieg führen, wenn er mit der Polizei zusammenarbeiten würde. L. habe bestätigt, dass es damals bekannt gewesen sein, dass es untergetauchte Rechtsextreme aus Jena gegeben und sich die rechte Szene bewaffnet habe. Zu einem Treffen zwischen Uwe Böhnhardt und E. habe er nicht sagen können, nur dass der Name Böhnhardt mal in der Wasserelse gefallen wäre und Liebau mal den Kontakt zwischen Mundlos, Böhnhard und E. hergestellt habe. Es sei wohl um ein Darlehen gegangen.

L. selbst habe den letzten Kontakt zu Enrico Theile er 1999 gehabt, L. habe Theile als „Mafiosi-Kontakt“ bezeichnet. Dem Zeugen seien drei Lichtbilder vorgelegt worden und er sei gefragt worden, ob er Personen erkenne. Über Hans-Ulrich Mü. habe er angegeben, dieser käme ihm bekannt vor, er könne ihn aber nicht zuordnen. Jürgen Länger habe er für Enrico Theile gehalten, über diesen wiederum habe er angegeben, er kenne ihn, sei mit ihm in Kontakt gestanden, können ihn aber nicht namentlich nennen. Den Vorhalt aus einer früheren Vernehmung, er hätte bis heute Kontakt zu Theile, verneinte er. Er habe angegeben, Theile und Mü. hätten ein freundschaftliches Verhältnis gehabt. Das Verhältnis von Theile zu Liebau habe er als kumpelhaft bezeichnet, da sie in der Wasserelse gemeinsam rumgehangen hätten.

Zum Vernehmungsverlauf gibt Thomas Mü. an: Der Zeuge habe ihnen mehrfach zu verstehen gegeben, dass er das beenden wolle, dass er kein Interesse daran habe, mit der Polizei oder der Staatsanwaltschaft zusammenzuarbeiten. Es sei zu keinem Moment laut verlaufen, sondern ruhig und sachlich. Aber man habe den Eindruck bekommen können, dass er die Sache an dem Tag habe beenden wollen. Das mache er an den Aussagen fest. Am Verhalten von L. habe es überhaupt keine Besonderheiten gegeben. Götzl fragt nach der Belehrung. Der Zeuge sei, so Thomas Mü., von Herrn Weingarten entsprechend belehrt worden, auch dass es sich um eine Aussage im Verfahren gegen Unbekannt handle, zur Ermittlung auch eventuell weiterer Straftäter. Eine Belehrung nach §55 sei erfolgt. Götzl fragt nach dem Verhalten des Rechtsanwalts von L., RA Str. Dieser sei, so Thomas Mü., vollkommen zurückhaltend gewesen, er habe zum Schluss der Vernehmung die Vernehmung zum Lesen bekommen. Auch wenn man mit dem Schreiben kaum hinterher gekommen sein, sei es laut vorgelesen worden, ob es seine Richtigkeit hatte.

Vorhalte von Aussagen von L.: Dass zum damaligen Zeitpunkt in Jena ohne Wissen von Ron und Gil nichts lief; das ist zu groß, dass ich mich an jede Person und den Mü. erinnere; Theile war Randmitglied in der Gruppe von Ron E., ein Soldat, dem auch ich Aufträge erteilt habe;Wir haben mit vielen Gruppen zusammengearbeitet, und Rocker. Thomas Mü. bestätigt alles.
Vorhalt zur Aussage von L. zu Jürgen Länger: Auch hier hab ich wiederum kein Bild im Kopf. Vorhalt aus der Vernehmung: Wann haben Sie zuletzt Kontakt zu einem der E.-Brüder gehabt? Etwa vor einem Jahr, die Bande hat sich aufgelöst. Haben Sie über Ihre Aussagen mit Ron und Gil gesprochen? Nein, ich habe aber der A. Böhnhardt berichtet, die hat hie und da Kontakt zu den E.s. Thomas Mü. bestätigt das.

Weitere Vorhalte aus der Vernehmung: Wie die Waffen wiederum beschafft wurden, weiß ich nicht, zuständig waren Ron und Gil E.; Welchen Mü. meinen Sie? – Ich weiß gar nicht mehr wie der mit Vornamen hieß, der war aus Apolda. Ich weiß nur dass er öfters in der Wasserelse war; Können Sie sagen, um was für Waffen es sich damals handelte? – Nein, ich erinnere mich nur, dass mal von einem Mü. aus Apolda die Rede war, vielleicht hab ich den ein oder zwei mal gesehen.
Thomas Mü. bestätigt alle Vorhalte. Götzl will wissen, wie die Protokollierung von statten ging. Er habe, so Thomas Mü., soweit es ihm möglich sei, versucht mitzuschreiben, aber er sei keine ausgebildete Schreibkraft. Wenn es einfach zuviel geworden sei, sei es dem Zeugen vorgetragen und überprüft worden, ob Inhalt so stimmig sei. Vorhalt: Woher wissen Sie, dass ein Teil der Waffen aus der Schweiz kam? – Das ergab sich aus einem Gespräch, das der Ron oder Gil damals geführt hat. Götzl will wissen, ob ‚damals‘ näher eingegrenzt worden sei, was der Zeuge Thomas Mü. verneint.

Vorhalte aus der Vernehmung: Ich erinnere mich noch, dass es über den Mü. nicht mehr so lief und dass man dann Waffen aus der Schweiz beschaffen konnte. Zu Theile und Mü.: Ich meine, die waren Kumpels. Haupttreffpunkte Wasserelse, Beloho und das B88. – Was wissen Sie den zu Waffen, die aus der Schweiz kamen? – Ich erinnere mich an eine Lieferung, die auch gelaufen ist. Und von zwei, bei denen ich nicht weiß, ob sie auch stattgefunden haben. An Konkretes erinnere ich mich nicht. – Hatten Sie auch eine Waffe, die aus der Schweiz kam? – Ich habe eine Waffe aus der Schweiz gehabt, die war nur kurz in einem Besitz und die hab ich dann an A. weiterverkauft. Die Waffe aus der Schweiz müsste ich von Gil oder Ron erhalten haben, ich meine der G. hat sie mir gebracht; eigentlich hätte ich mir die Waffe von Be. besorgt, aber der hatte damals keine. Thomas Mü. bestätigt das. Götzls Frage, ob es eine zeitliche Angabe dazu gegeben habe, verneint er. Vorhalt zu den Schießkugelschreibern: Ich meine, ein solcher Kugelschreiber wäre damals irgendwo beschlagnahmt worden, die kamen damals auch aus der Schweiz. Götzl will wissen, ob das näher erläutert worden sei. Das verneint Thomas Mü., er könne sich nicht erinnern, das Jahreszahlen gefallen seien, außer beim Kontakt zu Theile.

Es folgt die Inaugenscheinnahme der Lichtbilder, auf denen Schießkugelschreiber zu sehen sind und die dem Zeugen damals bei der Vernehmung vorgelegt worden sind. Thomas Mü. gibt an, der Zeuge habe sich an keine Details erinnern können. Vorhalt aus der Vernehmung: Da ich solche aber nicht genommen habe, kann ich nicht genau sagen, ob das genau die waren, die Ron und Gil besorgt haben. Thomas Mü. bestätigt die Aussage. Vorhalt dazu, ob Theile oder Mü. im Besitz eines solchen Kugelschreibers war: Das kann sogar sein, dass Theile so ein Ding damals hatte; Theile hat damals auch ne normale Waffe gehabt, die er auch von Mü. bezogen hat. Thomas Mü. bestätigt das.

Weitere Vorhalte, die der Zeuge alle bestätigt:

    • Nils F. und Sie haben von einem Waffendepot erzählt. – Ob dieses Depot heute noch besteht, weiß ich nicht;
    • Ich kann Ihnen nur sagen, dass sich mein Leben mit der Geburt meiner Tochter geändert hat. Ich spiele hier mit meinem Leben. Sie fahren nach Karlsruhe und ich fange einen Krieg an. Mir bringt die Zusammenarbeit nichts, warum soll ich dann mein Leben aufs Spiel setzen;
      F. hat beim LKA angegeben, dass er ne Waffe mit Schalldämpfer hatte – die hatten alle ne Waffe mit Schalldämpfer soweit ich mich erinnere. Ich meine, der hätte auch ne Waffe mit Schalldämpfer gehabt.
    • Sie gaben an, dass Sie mit Theile befreundet waren. Heute geben Sie an, dass Sie ihm nur Aufträge erteilt haben. – Wir haben alle Kontakte, die Justiz lässt das ja gar nicht zu;
      Was können Sie zu Frank Liebau sagen? – Er war selbst aus dem rechten Spektrum, wir zählten selbst zu den Arischen und haben uns gern mal aus den rechten Leuten bedient;
    • Bei der letzten Vernehmung gaben Sie an, dass Liebau Waffen besorgen könne. – Ich bin der Meinung, dass Liebau Waffen besorgen konnte, aber das weiß ich nicht mehr genau;
    • Zu Andreas Schulz: Ich sagte Ihnen bereits, ich möchte hier keine schlafenden Hunde wecken. Sie fahren nach Hause und ich beginne ein Krieg. Warum sollte ich mit einer Behörde zusammenarbeiten.Sie haben genug Informationen, die Leute dingfest zu machen;
    • War Ihnen bekannt damals, dass es drei untergetauchte Rechtsextremisten gab? – Ja, es wurde uns alles zugetragen, gefühlt war uns jeder Kleinkriminelle bekannt; zum damaligen Zeitpunkt fand eine Bewaffnung der rechten Szene Jena statt, jeder von denen wollte damals eine Waffe haben;
      Sie haben in Raum gestellt, dass sie von einem Treffen mit E., Mundlos und Böhnhardt wissen. – Ich erinnere mich nicht genau, nur dass der Name Böhnhardt mir ein Begriff war, also wird der Name mal in der Wasserelse gefallen sein;
    • Kennen Sie Mundlos und Böhnhardt? – Nicht dass ich mich erinnere, die waren mir zu jung;
      Sie gaben an, dass Gil E. über Liebau den Mundlos und Böhnhardt kannte. – Ich meine, Liebau hätte die beiden mal mitgebracht, da ging es um ein Darlehen;
    • Was können Sie über Waffengeschäfte des Hans-Ulrich Mü. noch sagen? – Ich weiß nicht, ob ich damals nicht auch den Mü. aus Apolda meinte. Ich erinnere mich nicht an Konkretes;
    • Können Sie was zum Verhältnis Theile Liebau sagen? – Ich meine, die hatten ein freundschaftliches Verhältnis. – Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Theile – 1999. Ich hab Angst, dass mir meine Tochter weggenommen wird, daher versuch ich, jeden Mafiosi-Kontakt zu vermeiden.
    • Sagt Ihnen Jürgen Länger was? – Etwas, aber wie ich das einordnen soll, weiß ich nicht.

Götzl will wissen, ob L. das Ganze nochmal durchgelesen habe, was Thomas Mü. bestätigt, sowohl L. als auch sein Anwalt hätten das Protokoll unterschrieben.

Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders will wissen, ob der Zeuge L. nach einer Beschreibung des als Mü. bezeichneten Waffenlieferanten gefragt worden sei. Thomas Mü. verneint das ebenso wie die Frage, ob bei der Verwechslung Theiles auf dem Foto keine Nachfragen zur Diskrepanz gestellt worden seien. Thomas Mü. bestätigt, dass in Bezug auf die Schießkugelschreiber nur diese beiden hier gezeigten Bilder vorgelegt worden seien. Schneiders will wissen, ob nachgefragt worden sei, woher L. die Informationen gehabt habe, dass Theile seine Waffe von Mü. bezogen habe, was es bedeute, dass alle Kontakt gehabt hätten, aber die Justiz das nicht zulasse, wie der Drogenkonsum zum konkreten Zeitpunkt der Waffengeschäfte ausgesehen habe und woher er die Informationen gehabt habe, dass jeder in der rechten Szene eine Waffe hätte haben wollen. Thomas Mü. verneint, dass dazu genauer nachgefragt worden sei.

Schneiders will wissen, ob der Zeuge zu seinen Bezügen zur rechten Szene gefragt worden sei. Thomas Mü. gibt an, außer zu seinen Kontakten zu Theile sei nichts weiter thematisiert worden. Schneiders fragt, ob beim Lichtbild Mü. konkret nachgefragt worden sei, ob er der derjenige sei, den er mit den Waffengeschäften in Verbindung bringe. Thomas Mü. verneint das. Wohlleben-Verteidiger RA Narath will wissen, ob genaueres zu den Waffen gefragt wurde, Waffentypen oder Produzenten. Der Zeuge verneint das. Auf die Frage, ob die Verfolgungsbehörden den Auftrag erhalten hätten, nach dem Waffendepot zu suchen, verweist Thomas Mü. darauf, das sei von seiner Aussagegenehmigung nicht gedeckt. Narath fragt nach Gründen, Weingarten und Götzl bestätigen, der Zeuge müsse darauf nicht antworten und das auch nicht begründen. Um 10:45 Uhr wird der Zeuge entlassen.

Danach beantwortet Zschäpe-Verteidiger RA Borchert die Fragen des Senats an Beate Zschäpe. Er möchte zuvor eine Beschwerde verlesen, Götzl stellt diese Verlesung hintenan. Zunächst sollen die Fragen beantwortet werden:

Ich beantworte die mir gestellten Fragen des Senats wie folgt: Fragen vom 05.04.2016

Frage: Wie verlief der Kontakt von Ihnen und Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos zu Holger Gerlach nach ihrem Untertauchen bis zu ihrer Festnahme?

Antwort: Im Jahre 1994 lernte ich Holger Gerlach über Uwe Böhnhardt kennen. Wir freundeten uns an. Bis Sommer 1997 trafen wir uns an den Wochenenden, weil Holger Gerlach in Seeligenstädt auf Fortbildung war. Nachdem Holger Gerlach 1997 nach Hannover verzogen war, trafen wir uns etwa alle drei Monate, wenn er nach Jena kam. Zum Jahreswechsel 1999/2000 wollte Holger Gerlach nach Chemnitz kommen, um mit uns gemeinsam Silvester zu feiern. Dies war telefonisch besprochen worden. Ich fuhr mit der Bahn zum Bahnhof nach Chemnitz; Holger Gerlach kam jedoch nicht. Als wir in die Wohnung in der Heisenbergstraße in Zwickau eingezogen waren (Juli 2000 bis Mai 2001) besuchte uns Holger Gerlach ein oder zweimal. Es war ein freundschaftliches Wiedersehen, ohne dass ein besonderer Grund vorgelegen hätte. Nach unserem Einzug in die in Zwickau trafen wir uns bis zum Jahr 2004 ein bis zwei Mal pro Jahr, entweder bei einem gemeinsamen Urlaub oder bei uns zu Hause. Zwischen 2005 und 2009 fanden nur noch Treffen zwischen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Holger Gerlach statt. Es gab keinen gemeinsamen Urlaub mehr und von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt weiß ich, dass sie sich pro Jahr ein bis zwei Mal mit ihm getroffen hatten. Zwischen 2009 und November 2011 war ich etwa drei Mal bei Treffen zwischen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Holger Gerlach dabei. Die Treffen fanden in Lauenau statt, wo Holger Gerlach mittlerweile wohnte. Die zwei letzten Treffen fanden im Frühjahr/Sommer 2011 statt. Der Grund der Treffen bestand darin, dass Uwe Böhnhardt einen neuen Reisepass brauchte. Der im Juni 2001 ausgestellte Reisepass verlor seine Gültigkeit. Deshalb fand im Frühjahr ein Treffen statt, um ein geeignetes Foto für den Reisepass zu fertigen. Im Sommer 2011 holte ich den Reisepass bei Holger Gerlach ab und übergab ihn an Uwe Böhnhardt, der krank war und mich darum gebeten hatte. Während unseres Aufenthaltes in der hatte uns Holger Gerlach niemals besucht. Gegenüber Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatte er dies damit begründet, dass er eine Freundin kennengelernt habe und diese ihn voll und ganz „beanspruche“. Uwe Böhnhardt wollte den Kontakt zu Holger Gerlach aufrechterhalten. Er wollte sicher sein, dass mit den auf Holger Gerlach ausgestellten Ausweisen alles in Ordnung und ihm der Führerschein nicht entzogen worden ist. Er wollte dies nicht telefonisch regeln.

Frage: Hat Holger Gerlach von ihrer Seite oder von Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos Informationen über die Taten bekommen?

Antwort: Ich hatte Holger Gerlach weder von den Morden noch von den Bombenanschlägen erzählt. Ich wollte über dieses Thema nicht reden, nicht mit Uwe Böhnhardt und nicht mit Uwe Mundlos, und schon gar nicht mit Holger Gerlach, dem ich nicht vertraute, worauf ich bereits in meinen Erklärungen vom 09. Dezember 2015 und 16. März 2016 eingegangen bin. Meine diesbezüglichen Gefühle hatte ich in meinen Stellungnahmen vom 09. Dezember 2015, Seite 25 ff. sowie vom 21. Januar 2016, Seite 15 versucht zu beschreiben. Ich weiß nicht, ob Uwe Mundlos und/oder Uwe Böhnhardt ihm von den Mordtaten und von den Bombenanschlägen erzählt hatten. Er wusste jedoch, dass wir von Banküberfällen lebten. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten ihm etwa im Jahr 2000/2001 davon berichtet, nachdem Uwe Böhnhardt ihm 10.000 DM zur Aufbewahrung gegeben hatte. Ich selbst war weder bei der Übergabe des Geldes noch bei den Gesprächen über Banküberfälle dabei. Beide hatten mir damals davon berichtet. Ich weiß noch genau, dass ich Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt Vorwürfe gemacht hatte, wie sie einem Spielsüchtigen 10.000 DM anvertrauen konnten. Heute weiß ich nicht mehr, ob mir Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos damals gesagt hatten, von welchen konkreten Raubüberfällen sie Holger Gerlach informiert hatten. In den folgenden Jahren sprachen wir nie wieder darüber, ob Uwe Mundlos und/oder Uwe Böhnhardt den Holger Gerlach über weitere Raubüberfälle informiert hatten.

Frage: Woher stammten die 10.000 DM, die Uwe Böhnhardt an Holger Gerlach übergeben hat?

Antwort: Dieses Geld stammt aus einem Raubüberfall, wobei ich heute nicht weiß, aus welchem.

Frage: Welche Informationen haben Sie, ob und ggf. inwiefern Holger Gerlach von Seiten Uwe
Böhnhardt oder sonstiger Personen über die Herkunft des Geldes informiert wurde?

Antwort: Ich weiß nicht, in welchem Umfang und in welchen Einzelheiten Holger Gerlach durch Uwe Böhnhardt oder durch eine sonstige Person über die Herkunft des Geldes informiert wurde.

Frage: Fuhren Sie und Uwe Böhnhardt oder Uwe Mundlos nach dem Untertauchen 1998 nach Hannover zu Holger Gerlach?

Antwort: Ein paar Wochen nach unserem Untertauchen wollten Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und ich Holger Gerlach in seiner Wohnung in Hannover aufsuchen. Mit unserer Fahrt hatte es folgende Bewandtnis. Mit Hilfe des waren wir in der Wohnung des in der Friedrich-Viertel-Straße 85 in Chemnitz untergekommen. Am 22. Februar 1998 (das Datum habe ich der Ermittlungsakte entnommen, weil ich keine konkrete Erinnerung daran habe) lief in der Sendung des MDR „Kripo Live“ eine Fahndung nach uns dreien. Thomas Rothe hatte dies mitbekommen und wollte, dass wir alsbald aus der Wohnung ausziehen. Deshalb sind wir nach Hannover gefahren, um Holger Gerlach zu fragen, ob er uns eine Wohnung besorgen könne. Wir konnten ihn in seiner Wohnung nicht antreffen. In der Innenstadt von Hannover gerieten wir in eine Drogenkontrolle. Uwe Mundlos wies sich mit dem Ausweis des Volker [He]. aus, den dieser ihm zuvor überlassen hatte. Darüber hinaus wurde das Kennzeichen des Pkw, mit welchem wir unterwegs waren, per Computerabfrage überprüft. Das Kennzeichen war gestohlen und wir befürchteten, dass wir nun verhaftet würden. Dies geschah jedoch nicht und wir konnten unbehelligt weiterfahren.

Frage: Gab es sonstige Treffen mit Holger Gerlach, gegebenenfalls wann und wo? Was war gegebenenfalls der Zweck derartiger Treffen mit Holger Gerlach ?

Antwort: Diese Frage habe ich bereits beantwortet. Wenn Holger Gerlach in seiner Stellungnahme vom 06. Juni 2013 von „Systemchecks“ spricht, so möchte ich dieser Einschätzung nicht widersprechen.

Frage: Könnten Sie bitte die in der Wette verwendeten Begriffe „Killer“ und „Cleaner“ erläutern?

Antwort: Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt haben die Begriffe „Killer“ und „Cleaner“ für sogenannte „Ballerspiele“ im Rahmen von Computerspielen verwendet. Die zwei Begriffe stehen für „Spielernamen“, die man bei solchen Computerspielen eingeben muss. Unter diesen Namen hatten sie auch Spielstände abgespeichert.

Frage: Was haben Sie am 04.11.2011 gewogen?

Antwort: Ich habe etwa zwischen 58 kg und 60 kg gewogen.

Fragen vom 19.04.2016

Frage: Wandten Sie sich mit Wissen von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos an RA Eisenecker? Wie verhielten sich diese gegebenenfalls dazu?

Antwort: Sowohl Uwe Böhnhardt als auch Uwe Mundlos waren damit einverstanden, dass ich mich an Rechtsanwalt Dr. Eisenecker wandte. Die beiden wollten ebenfalls wissen, was sie im Falle einer Verurteilung zu erwarten hätten.

Frage: Welche Erinnerung haben Sie an die Umstände einer Empfehlung durch ?

Antwort: Meiner Erinnerung bekam ich die Empfehlung nicht direkt von Tino Brandt, sondern Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt hatte mir erzählt, dass Tino Brandt ihnen im Rahmen eines ihrer Telefonate Rechtsanwalt Dr. Eisenecker als bekannten Szeneanwalt empfohlen hätte.

Frage: Durch wen und auf welche Weise erfolgte von Ihrer Seite die Kontaktaufnahme mit Ralf Wohlleben oder Carsten Schultze, um Rechtsanwalt Dr. Eisenecker zu kontaktieren?

Antwort: Der Kontakt kam nicht über mich zustande, sondern über Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt während einer ihrer Telefongespräche mit Ralf Wohlleben oder Carsten Schultze. Heute habe ich keine genauere Erinnerung an die Kontaktaufnahme.

Frage: Wer hat das erbeutete Geld an welcher Stelle in der Wohnung versteckt bzw. aufbewahrt?

Antwort: Im Abstellraum befand sich eine Geldkassette. In dieser befanden sich in der Regel einige tausend Euro, um die Anschaffungen des täglichen Lebens zu finanzieren. Wir bezahlten davon die Miete, Lebensmittel und so weiter. In meinem Zimmer hatte ich kein Geld aufbewahrt. Das Geld, das ich benötigte, entnahm ich der Geldkassette. Uwe Mundlos hatte Geld hinter seinem Schrank deponiert, Uwe Böhnhardt unter seinem Bettkasten. Am 04. November 2011 konnte ich mit viel Mühe den Bettkasten hochheben und wollte das von mir dort vermutete Geld mitnehmen, konnte jedoch keines finden, was ich heute meiner damaligen Hektik zuschreibe.

Frage: Wer hatte auf das erbeutete Geld auf welche Art und Weise Zugriff?

Antwort: In der Polenzstraße hatte jeder Zugriff auf das Geld, welches sich in der Couch im Wohnzimmer befand. In der Frühlingsstraße hatte ich Zugriff auf die Geldkassette und bekam Geld von den beiden, wenn ich danach gefragt hatte. Entweder Uwe Mundlos oder Uwe Böhnhardt füllten die Geldkassette auf, so dass der Inhalt immer zwischen 5.000,- € und 10.000,- Euro betrug.

Frage: Wie wurde im Übrigen mit dem erbeuteten Geld verfahren?

Antwort: Das Geld wurde für den täglichen Lebensbedarf, für die Urlaube und insbesondere für technische Anschaffungen, wie Computer, Fernseher u.s.w. verwendet.

Frage: Führten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos bei ihrem Überfall am 04.11.2011 in Eisenach im Wohnmobil erbeutetes Geld aus früheren Überfällen mit sich, ggf. in welcher Höhe und zu welchem Zweck?

Antwort: Ich wusste nicht, wie viel Geld Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am Wochenende vor dem 04. November 2011 mitgenommen hatten. Ich kann deshalb auch nicht sagen, zu welchem Zweck sie es mitgenommen hatten. Ich wusste zwar, dass sie immer Geld bei sich hatten, wenn sie das Haus verließen, wusste jedoch nicht, in welcher Höhe. Deshalb bin ich heute mehr als erstaunt darüber, dass im Wohnmobil 112.207, 29 € gefunden wurden. Abzüglich der Beute vom gleichen Tag hatten Sie vorher anscheinend etwa 40.000, 00 € von zuhause mitgenommen. Damals wusste ich nicht, dass sie einen solch hohen Betrag mitgenommen hatten und ich kenne den Grund dafür nicht.

Frage: Zu Ralf Wohlleben. Seit wann kennen Sie Ralf Wohlleben? Wie häufig und zu welchen Gelegenheiten hatten Sie Kontakt zu ihm ? Wie war ihr Verhältnis zu ihm ?

Antwort: Mit Kennenlernen des Uwe Böhnhardt hatte ich auch Ralf Wohlleben kennengelernt, weil diese miteinander befreundet waren. Zwischen 1994 und 1998 trafen wir uns anfangs sehr oft, auch ab und zu während der Woche, in der letzten Zeit bis 1998 dann etwas weniger, jeweils an den Wochenenden. Das Verhältnis würde ich als gut, beziehungsweise freundschaftlich bezeichnen. Nach 1998 hatte ich ihn zwar noch zwei bis dreimal gesehen, aber zu einem persönlichen Beisammensein kam es nicht mehr.

Frage: Zu Holger Gerlach. Seit wann kennen Sie Holger Gerlach? Wie häufig und bei welchen Gelegenheiten hatten Sie Kontakt zu ihm? Wie war ihr Verhältnis zu ihm?

Antwort: Holger Gerlach lernte ich zur gleichen Zeit und unter den gleichen Umständen wie Ralf Wohlleben kennen, nämlich über Uwe Böhnhardt und dessen Clique. Meine Kontakte und mein Verhältnis zu ihm habe ich bereits dargestellt.

Frage: Bei welcher Gelegenheit und unter welchen Umständen erfolgte die Rückzahlung der von Holger Gerlach übergebenen 3.000 DM durch Uwe Böhnhardt?

Antwort: Ich kann nicht mehr genau sagen, wann das Geld zurückgegeben wurde; ich vermute im Jahr 2000/2001, eher Mitte des Jahres 2001. Uwe Böhnhardt gab Holger Gerlach das Geld zurück. Ich war nicht dabei, so dass ich zu den Umständen nichts sagen kann.

Frage: Haben Sie von Holger Gerlach eine Versichertenkarte für Arztbesuche erhalten und haben sie diese gegebenenfalls benutzt?

Antwort: Holger Gerlach hatte mir etwa im Jahr 2006 eine Krankenversicherungskarte, ausgestellt auf den Namen Silvia Ro., besorgt. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hatten ihn mit der Begründung darum gebeten, dass es mir gesundheitlich sehr schlecht gehe. Mit dieser Krankenversicherungskarte hatte ich zwei bis drei Mal einen Zahnarzt aufgesucht.

Frage: Weswegen hielten sie sich zusammen mit Uwe Böhnhardt in der in Jena angemieteten Garage auf? Welche Situation fanden Sie dort vor? Was befand sich in der Garage?

Antwort: Ich war mit Uwe Böhnhardt geschätzte drei bis vier Mal an der Garage. Ich erinnere mich, dass Uwe Böhnhardt einmal sein Auto vor der Garage gewaschen hatte. Ich erinnere mich an ein weiteres Mal, dass er dort Werkzeug deponiert hatte und wir anschließend sofort wieder weiterfuhren. Wie bereits in meiner Stellungnahme vom 09. Dezember 2015 geschildert sah ich die Garage als Aufbewahrungsort für Propagandamaterial, wobei ich ab Frühjahr/Sommer 1997 wusste, dass auch Schwarzpulver dort gelagert wurde. Heute habe ich kein Bild mehr vor Augen, wie es in der Garage damals ausgesehen hatte. Ich kann nicht mehr sagen, welche Gegenstände sich in der Garage befunden hatten.

Frage: Welche Informationen haben Sie zu Aufenthalten und/oder Aktivitäten von Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos in dieser Garage?

Antwort: Dazu kann ich nichts sagen, weil ich nie dabei war, wenn beide in der Garage waren. Sie haben mir auch nie gesagt, wann und zu welchem Zweck sie zur Garage fahren. Ich wusste jedoch nachträglich von beiden, dass sie in der Garage eine Holzkiste und eine Bombenattrappe gebaut hatten/die den Eindruck erwecken sollten, dass es sich um eine „Kofferbombe“ handelt. Dies war Anfang Oktober 1996, wie ich bereits in meinen Ausführungen vom 09. Dezember 2015 dargelegt habe.

Frage: Wie häufig besuchte Sie Holger Gerlach in Zwickau? Wie waren die näheren Umstände dieser Besuche? Zu welchem Zweck erfolgten sie?

Antwort: Der jeweilige Grund der Besuche war, dass wir zusammen Doppelkopf gespielt hatten. Er kam entweder über ein verlängertes Wochenende oder von Mittwoch bis Sonntag und während dieser Zeit spielten wir fast durchgehend Doppelkopf. Ich denke, dass uns Holger Gerlach etwa sieben bis achtmal in Zwickau besucht hat.

Frage: Wie lief der Besuch Holger Gerlach's im Sommer 2001 in der Wohnung in der Polenzstraße in Zwickau ab?

Antwort: Weitere Einzelheiten als diejenigen, die ich in meiner Stellungnahme vom 16.03.2016, Seite 7 dargelegt hatte, sind mir nicht bekannt und ich kann nichts weiter dazu sagen. Der Geschehensablauf, wie von Holger Gerlach in seiner Einlassung zur Sache vom 06.06.2013 dargestellt, entspricht zum Teil nicht den Tatsachen. Ich war bei der Übergabe der Waffe nicht dabei. Wenn Holger Gerlach davon spricht, wir drei hätten ihn für den Transport der Waffe benutzt, wir drei hätten ihn beschwichtigt und beruhigt und ihm zu verstehen gegeben, dass dies eine Ausnahme gewesen sei, und wir drei hätten uns bei ihm entschuldigt, so möchte ich betonen, dass ich bei einem solchen Gespräch ebenfalls nicht dabei war.

Frage: Waren Sie, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos nach dem Untertauchen im Besitz eines Motorrades bzw. Motorrädern und gegebenenfalls wann? Zu welchem Zweck wurde es/wurden sie gegebenenfalls verwendet? Kamen Motorräder bei Straftaten zum Einsatz?

Antwort: Ich weiß, dass Uwe Böhnhardt ganz zu Anfang unseres Untertauchens ein Moped gestohlen hatte. Nach seiner Erzählung hatte er es bei einem Überfall in Chemnitz benutzt. Vor dem Überfall hatte er das Moped irgendwo versteckt und nach dem Überfall entsorgt, wobei er mir nicht erzählt hatte wie. Abgesehen von diesem Überfall hatte Uwe Böhnhardt das Moped nicht benutzt, jedenfalls hatte er mir nicht davon berichtet. Ich habe dieses Moped niemals gesehen und ich weiß nur von dem einen Einsatz.

Nach der Verlesung fragt Götzl die Angeklagte, ob das ihre Antwort sei. Sie nickt.

Im Anschluss verliest Zschäpe-Verteidiger Borchert seinen Beschwerdeschriftsatz. Dieser bezieht sich auf die Frage der Akteneinsicht und der Möglichkeit des Vertrauens der Verteidigung darauf, dass der Senat die Akten vollständig zur Verfügung stelle. RA Borchert sei eine Festplatte zur Verfügung gestellt worden. Der Senat habe keinen Hinweis gegeben, dass die Akten darauf unvollständig sein könnten, noch habe der Senat die Verantwortung dafür übernommen, die Vollständigkeit zu gewährleisten (z.B. Scan- oder Brennfehler). Im Sinne eines fairen Verfahrens sei es der Verteidigung nicht zuzumuten, die Vollständigkeit selbst sicherzustellen. Der beantragten Aussetzung des Verfahrens zur Einarbeitung der neuen Verteidiger sei nicht in vollem Umfang stattgegeben worden, nur so hätte die Einsicht in die Originalakten erfolgen können. Das Vorgehen lasse darauf schließen, dass das Recht der Verteidigung auf vollständige Akteneinsicht verletzt worden sei. Die Einlassungen seiner Mandantin seien auf Basis der Aktenbestände auf der Festplatte erfolgt. Es sei nicht auszuschließen, dass bei vollständiger Akteneinsicht noch auf den ein oder anderen Aktenbestandteil hätte eingegangen werden können. Das Vorgehen lasse nicht auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Gericht schließen. Götzl lässt sich den Schriftsatz aushändigen und schlägt vor, ihn über die Mittagspause zu kopieren. 11:16 Uhr: Mittagspause für eine Stunde.

Um 12:21 Uhr wird die Sitzung fortgesetzt. Götzl bittet um Stellungnahmen zur Beschwerde. Die BAW hält die Beschwerde für unzulässig. Die Verfügung regele nur die Modalitäten der Akteneinsicht. Der Paragraf und die Entscheidung des BGH würden keine Beschwerde vorsehen. NK-Vertreter RA Reinecke fügt an, es gehe ja nicht um Spurenakten, sondern nur um die schlichte Frage, ob man als Scans das bekommen habe, was das Gericht an Akten habe: „Und es ist in drei Jahren nie zu einem Vorhalt gekommen, wo jemand sagte: Huch, da zitieren Sie ja eine Seite, die wir nicht kennen.“ Es gebe keinen Anhaltspunkt, dass der Scan unvollständig ist. Es wäre, so Reinecke, auch absurd, dass der Vorsitzende, der verfügt, dass die Akte gescannt wird, das anschließend das überprüfen müsste. Hier werde wird eine Mücke zum Elefanten aufgeblasen. Er finde das alles überflüssig.

Danach nimmt Bundesanwalt Diemer Stellung zu zwei Beweisanträgen der Verteidigung Wohlleben und sagt, die BAW trete den Anträgen nicht entgegen. Schultze-Verteidiger RA Pausch sagt, man wolle nach der zweiwöchigen Unterbrechung Stellung nehmen und fragt Götzl: „Reicht Ihnen das?“ Götzl: „Ich behalte mir aber schon vor, unter Umständen Ladungen vorzunehmen. Die Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen, besteht ja.“ Pausch: „Die Verteidigung Wohlleben hat in den Beweisanträgen mehrfach Äußerungen von Herrn Schultze vorgetragen und wir wollen einfach mal sammeln, was Herr Schultze tatsächlich gesagt hat“ Diemer: „Es ist ja noch beantragt, den KHK Ko. zur Finanzsituation Wohlleben zu vernehmen, auch dem treten wir nicht entgegen.“

Dann verkündet Götzl den Beschluss, dass es beim Beschuss vom 11.05., mit dem die Verlesung der Niederschrift der Vernehmung von Brigitte Ge. angeordnet wurde, „sein Bewenden“ hat. Nach der Verlesung des Beschlusses sagt Götzl: „Dann kommt zur Verlesung das Protokoll der Vernehmung der Zeugin Brigitte Ge.“

[Hinweis: Da es in schweizer Vernehmungsprotokollen üblich ist, gemachte Vorhalte nur mit den jeweiligen Zeilennummern zu vermerken und nicht auszuführen, fehlen die konkreten Vorhalte in der Mitschrift.]

Richter Lang verliest das Protokoll der Vernehmung, die am 31.03.2016 am Regionalgericht Oberland in Thun stattgefunden hat. Bei der Vernehmung waren laut Protokoll auch verschiedene Beteiligte des hiesigen Verfahrens anwesend, u.a. OStA Weingarten, RA Heer, RAin Schneiders, RA Pausch, RA Hösl, RA Hoffmann, RA Matt. Zum Inhalt hier die Mitschrift der Verlesung: „Gibt es im Haushalt Schusswaffen? – Nein, auch nicht in der Vergangenheit. – Mitglied im Schützenverein? – Mein Mann war im Militär. Sonst nicht. – Absicht, in Schützenverein einzutreten? – Ja, im Flüehli Leist, das Schießen hat aber nicht stattgefunden. – Wann? – Weiß ich nicht mehr, in den 80er Jahren. – Wussten Sie, ob Ihr Ehemann Waffenerwerbsscheine beantragt hat? – Da weiß ich nichts davon. – Wann wurde Ihr Ehemann wegen der Waffensache in Haft genommen? – Vor vier, fünf Jahren. – Wann entlassen? – Zwei, drei Tage später. – Hat er was zum Vorwurf berichtet? – Nein. – Zum Waffenerwerb? – Nein. – Hat er berichtet, ob er Waffenerwerbsscheine erhalten hat? – Nein. – Haben Sie Wahrnehmungen gemacht, die auf Lieferungen von Waffen hindeuten können? – Nein. – Haben sie an Ihrem Ehemann nach Haftentlassung Änderungen festgestellt? – [zuckt mit den Schultern]– Es war für mich ein schwieriger Tag; er war sehr traurig und geschockt. – Was hat er in Zusammenhang mit der Haft erzählt? – Ich weiß das nicht mehr. – Um was ist es gegangen, als er zurückkam? – Ich war sehr geschockt, ich weiß es nicht mehr. – Um was es gegangen ist. – Die Geschichte um die Waffen und Scheine [gemeint sind vermutlich Waffenbeschaffungsscheine]. Er war nicht schuldig, er war auch sehr perplex, ich wollte nichts Näheres wissen. Ich wollte es nicht wahrhaben. – RA Pausch: Hat ihr Ehemann jemals von Waffenlieferungen berichtet? – Nein. – OStA Weingarten: Wurden Sie polizeilich vernommen in Zusammenhang mit der Verhaftung Ihres Mannes? – Ja, in der Nacht. – Und nochmal? – Ja. – Erinnern Sie sich, was Sie dabei angegeben haben? – Nein. – Sagten Sie damals die Wahrheit? – Hoffentlich. – Erinnern Sie sich daran, dass Sie zu Paketen befragt wurden und ob Sie die Wahrheit gesagt haben? – Ich erinnere mich nicht mehr. – Kennen Sie Hans-Ulrich Mü.? – Ja. – Hatten sie oder ihr Mann insbesondere Mitte der 90er Jahre jemals die Absicht, Pistolen für sich und Ihren Mann zu beschaffen? – Nein. – Heer: Haben Sie heute wahrheitsgemäß ausgesagt? – Habe ich. – Sind Sie einverstanden, dass das Protokoll dem OLG zugestellt wird? – Ja.

Danach sagt Götzl: „Festgestellt wird, dass keine Vereidigung durchgeführt wurde und sie weiterhin unterbleibt.“ Der Verhandlungstag endet um 12:50 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage„: „Der Beamte gab an, dass der Zeuge bei der Polizei einen ‚Müller aus Apolda‘ als einen der Waffenlieferanten für die organisierten Jenaer Kriminellen in den 2000er Jahren angegeben hatte. Die Beschreibung passt auf den als Käufer der Mord- identifizierten Schweizer Hans Ulrich [Mü.]. Der Zeuge hatte auch über die Zusammenarbeit der kriminellen Szene, die sich selbst als Nazis sahen, mit den politischen Nazis berichtet. Möglicherweise habe es auch ein Treffen von Böhnhardt und Mundlos mit den Anführern der Gruppierung gegeben, es sei vermutlich um ein ‚Darlehen‘ gegangen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Mord-Ceska einen anderen als den bisher nachgewiesenen Lieferweg von [Mü.] über weitere Personen zu Schultze und Wohlleben genommen hat, ergab auch diese Vernehmung nicht. Anschließend trug Rechtsanwalt Borchert Antworten von Beate Zschäpe auf Fragen des Vorsitzenden vom 5.4.2016 und 19.4.2016 vor. Die Antworten folgen der Linie der bisherigen Einlassung Zschäpes und wirkten wenig erlebnisbezogen, völlig konstruiert, ohne irgendwie den Lebensalltag oder soziale Elemente des Geschehenen darzustellen. Susan und André Eminger finden keinerlei Erwähnung. Zschäpe stellt sich weiter dumm und belastet keine/n ihrer früheren KameradInnen. Das Gericht hat vor den nun folgenden Pfingstferien die Marschroute für die Zukunft bestimmt: Aufklärungsbemühungen bezüglich der Verantwortung des Inlandsgeheimdienstes wird es nicht – jedenfalls nicht freiwillig – entfalten, es hat sich insofern vollständig der Linie der Bundesanwaltschaft angeschlossen. Bemühungen, das Verfahren nun etwas beschleunigter voranzutreiben, sind allerdings trotzdem nicht zu erkennen, im Gegenteil verhandelt das Gericht weiter mit angezogener Handbremse. Es müssen auch noch eine Vielzahl von Zeugen befragt und Urkunden eingeführt werden.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2016/05/12/12-05-2016

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