Brandermittlungen in Eisenach – Bericht aus dem BT-UA

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In der Sitzung am 28.04.2016 standen erneut die Ermittlungen in , besonders in dem ausgebrannten Wohnmobil, im Fokus. Geladen waren dazu zwei LKA-Beamte aus Baden-Württemberg und eine Sachverständige des BKA.

Der 2. NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestag tagt. (Foto von der Sitzung am 18.2.2016) Copyright: Christian-Ditsch.de

von NSU-Watch

Zeug_innen:

  • Dipl.-Chem. Dr. Tilmann Halder (LKA Baden-Württemberg), Brandermittler
  • KOK Manfred Nordgauer (LKA Baden-Württemberg), auch schon bei Mordermittlungen bzgl. beteiligt, Mitglied der
  • Dipl.-Phys. Sandra Kruse (BKA)

Brandentwicklung im Wohnmobil

Als erster Zeuge sagte Tilmann Halder aus. Er berichtete, am 4.11.2011 abends informiert worden zu sein, dass er und KOK Nordgauer am folgenden Morgen nach Eisenach fahren und die Ermittlungen am Wohnmobil unterstützen würden. In dem ausgebrannten Wohnmobil, in dem sich Böhnhardt und Mundlos erschossen hatten, sei die Dienstwaffe der ermordeten Polizistin Michèle Kiesewetter gefunden worden.
Arbeitsauftrag war es, Brandursache und -verlauf zu klären. Als Ursache machte er Kleidung auf der Sitzgruppe im Wohnmobil aus, die angezündet wurde, wahrscheinlich mit einem Feuerzeug. Das entzündete Kleidungsstück selbst ist rückstandslos verbrannt, dies hält Halder durchaus für möglich. Die starken Brandspuren an dieser Seite des Wohnmobils, die auch von außen zu sehen waren, bestätigen einen starken Brandherd. Im weiteren Brandverlauf entwickelte sich das Feuer zunächst Richtung Dach und sorgte für starke Beschädigungen (teilweises Durchschmelzen und Herunterbrechen des Daches).

Auf Frage von Sylvia Jörrißen (CDU) berichtete Halder, dass an dem gegenüber der Sitzgruppe befindlichen Gasherd zwar zwei von drei Drehknöpfe aufgedreht waren, es aber nachträglich nicht auszumachen war, ob während des Brandes Gas ausströmte. Damit überhaupt eine Explosion möglich sei, müsste für längere Zeit Gas ausströmen.

Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger (CDU) fragte anschließend noch nach der Dauer vom Entzünden bis zur Intensivierung des Brandes und ob eine Person nach Entstehung des Brandes noch im Wohnmobil hätte agieren können. Dr. Halder schätzte die Dauer als relativ kurz und im Bereich von wenigen Minuten ein. Auf die zweite Frage erwiderte er, da sich der Brand und die dabei entstehenden giftigen Gase von oben im Bereich des Daches nach unten verlagerte, gab es im unteren Bereich noch wenige Minuten atembare Luft. Damit sei es auch zu erklären, warum sich in den Lungen von Böhnhardt und Mundlos keine Rußspuren fanden.

Frank Tempel (Die Linke) wollte wissen, ob Brandbeschleuniger im Wohnmobil verwendet wurde. Dies verneinte Dr. Halder – es seien keine Spuren von Brandbeschleuniger gefunden worden.

Mehrere Abgeordnete fanden es ungewöhnlich, dass bei Brandermittlungen in Thüringen ein Brandsachverständiger des LKA Baden-Württemberg angefordert wurde. So meinte Irene Mihalic (Grüne), dass eigentlich sonst erst, wenn notwendig, Kolleg_innen aus den benachbarten Bundesländern oder vom BKA angefordert würden. Dr. Halder sagte dazu, dass er sich auch gewundert hatte, für ihn aber mit dem Fund der Dienstwaffe von Michèle Kiesewetter im Wohnmobil der Bezug deutlich gewesen war. Die Thüringer Kolleg_innen hätten ihn nicht unfreundlich aufgenommen.

Die Frage von Uli Grötsch (SPD), ob Dr. Halder Kritik an dem damaligen Leitenden PD Menzel wahrgenommen habe, verneint er. Irene Mihalic (Grüne) erwähnte eine Aussage Menzels, die dieser im Lagezentrum in Gotha getätigt haben soll: „ist mir scheißegal, was der Staatsschutz meint – ich zieh das jetzt durch“ und fragt nach dem Zusammenhang, in dem diese gefallen sei. Halder vermutet, dass es eher eine Selbstdarstellung sei und keine Erwiderung. Ebenso kann er sich nicht daran erinnern, dass Beamt_innen der Verfassungsschutzbehörden bei einer Besprechung im Lagezentrum dabei gewesen seien.

Da Dr. Halder KOK Sopuschek bei der Spurensicherung half, fragte Irene Mihalic (Grüne) nach einem evtl. besonderen Umgang mit durch Löschwasser geschädigte Unterlagen und Gegenstände sowie Geweberesten von Böhnhardt und Mundlos. Gegenstände aus den Schränken und Fächern des Wohnmobils seien nahezu unbeschädigt gewesen, erwiderte Halder. Daher war kein besonderer Umgang damit notwendig. Gewebereste seien im ganzen Wohnmobil verteilt gewesen, da allerdings die Leichenbergung abgeschlossen und zudem nicht sein Tätigkeitsbereich war, habe er sich nicht dafür interessiert.
Ein möglicher Zusammenhang mit Rechtsextremismus habe Halder durchaus interessiert, allerdings habe für ihn die Brandermittlung im Vordergrund gestanden.

Namen des Trios fielen bereits am 05.11.

Der zweite Zeuge des Tages war Kriminaloberkommissar Manfred Nordgauer, Kriminaltechniker des LKA Baden-Württemberg. Dieser war zusammen mit Dr. Halder nach Eisenach gekommen. Er ist als Mitglied der SOKO Parkplatz bereits in die Mordermittlungen im Fall Kiesewetter involviert gewesen. Im Zuge der weiteren Ermittlungen war er sowohl in Eisenach als auch in eingesetzt. In Eisenach war er mit der Sammlung und Auswertung von Asservaten beschäftigt. Auch DVDs habe er dort gesehen, diese aber für Musik-CDs mit neonazistischem Inhalt gehalten. Eine Auswertung erfolgte zunächst nicht. Der Bezug zur Neonaziszene war durch die Identifizierung von Mundlos' Leiche schnell bekannt. Dieser konnte anhand von Fingerabdrücken und entsprechenden Übereinstimmungen in der Datenbank des BKA identifiziert werden.
Bei Nordgauers Aussage wurde deutlich, dass die Ermittler_innen in Thüringen anscheinend schon sehr früh in ihren Hypothesen Verbindungen zu den seit 1998 abgetauchten RechtsterroristInnen Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe zogen. Der Zeuge gab an, dass bereits am 5. November bei der morgendlichen Einsatzbesprechung alle drei Namen fielen. Eine Verbindung zum Tatort Frühlingstraße in Zwickau offenbarte sich erst im Laufe des Tages.

Befragt nach dem Abtransport des Wohnmobils und der damit einhergehenden Veränderung des Tatortes, gab der Zeuge an, dies habe keinen nennenswerten negativen Einfluss auf die Verwertbarkeit kriminaltechnischer Spuren gehabt. Aufgrund der Hitze sei alles im Inneren des Fahrzeug „total festgebacken“ gewesen sei.

In Zwickau war Nordgauer vom 7. bis zum 11. November vor Ort. In seiner Aussage beschrieb er das Auffinden der Ceska durch einen Kollegen der Bereitschaftspolizei. Da im Bauschutt zuvor diverse gesammelte Zeitungsartikel zur Ceska-Mordserie gefunden worden waren, war sich der Zeuge beim Auffinden der Pistole sicher: „Jetzt haben wir auch noch die Waffe“. Völlig unreflektiert sprach er vor dem Untersuchungsausschuss im Zusammenhang mit der rassistischen Mordserie von „Türkenmorden“ und „Bosporusmorden“.

Auswertung des Motorsteuergeräts des Wohnmobils

Als letzte Zeugin des Tages war Dipl.-Physikerin Sandra Kruse vom BKA geladen. In ihrer Befragung ging es erneut um die Zuordnung der gefundenen Fahrzeugschlüssel in Eisenach und die Überprüfung, ob diese zum Wohnmobil gehörten. Warum eine solche Auswertung überhaupt nötig war, konnte nicht geklärt werden. Bereits durch einfaches Ausprobieren der Schlüssel im Wohnmobil hätte diese Zuordnung erfolgen können. Desweiteren gab die Zeugin an, dass eine Auswertung des Motorsteuergerätes keine Auskunft darüber geben könne, welche Strecken mit dem Fahrzeug zuvor gefahren worden seien.

Themenkomplex Eisenach soll abgeschlossen werden

Die Ereignisse in Eisenach sind auch Thema in der nächsten Sitzung. Der Komplex soll dort nach Möglichkeit abgeschlossen werden. Am 11. Mai wird unter anderem der Einsatzleiter der KPI Gotha Michael Menzel aussagen. Dieser sagte bereits im Prozess in München sowie im April diesen Jahres vor dem Untersuchungsausschuss in Thüringen aus. Wirkliche Neuigkeiten sind also kaum zu erwarten.