Protokoll 217. Verhandlungstag – 14. Juli 2015

0

Am heutigen Prozesstag geht es zunächst um einen Reisepass, der 2011 auf Holger Gerlach ausgestellt wurde, den dieser an das Trio weitergab. Dann geht es um eine Wohnmobilanmietung, ebenfalls aus dem Jahr 2011. Dabei gibt die Zeugin, die bei der Autovermietung arbeitet, an, ein Pärchen, eine Frau und ein Mann, hätten dieses gemietet, bei der Abholung sei auch ein Kind mitgewesen. Danach sagt ein ehemaliges Mitglied der „Weißen Bruderschaft Erzgebirge“ aus. Er wird befragt zu , der die Wohnung in Zwickau anmietete und zu André Eminger. Diesen sah der Zeuge zuletzt auf einer Demonstration in Schneeberg gegen eine Geflüchtetenunterkunft.

 

Zeugen:

  • Timo Ko. (BKA Meckenheim, Ermittlungen zu einem auf Holger Gerlach ausgestellten Pass)
  • Michele Ar. (Zeugin zu Anmietung eines Wohnmobils im Oktober 2011)
  • Marcel Schenke (ehem. Mitglied der „Weißen Bruderschaft Erzgebirge“, befreundet bzw. bekannt  mit Matthias Dienelt und André Eminger)

Der Prozesstag beginnt um 09:57 Uhr. Erster Zeuge ist Timo Ko. vom BKA Meckenheim. Götzl: „Es geht uns um Ermittlungen im Hinblick auf einen Reisepass.“ Ko. solle berichten. Ko.: „Wir hatten ja aus Beschuldigtenvernehmungen von Holger Gerlach die Erkenntnis, das er einen Reisepass übergeben haben möchte an Böhnhardt. Wir haben dieses Asservat im Wohnmobil gefunden 2011.“ Das sei ein Reisepass mit Foto und vollständigem Namen von Gerlach. Sie hätten bei der zuständigen Ausweisstelle von Gerlach ermittelt. Eine Mitarbeiterin habe ihnen mitgeteilt, dass der Ausweis am 19.05.2011 dort beantragt und dann am 16.06.2011 dort abgeholt worden sei. Beantragung und Abholung seien per Unterschrift quittiert worden. Bei diesen Unterschriften und der Unterschrift von Gerlach aus der Vernehmung handele es sich dem Augenschein nach um identische Unterschriften, also würden sie davon ausgehen, dass Gerlach den Pass selbst beantragt und abgeholt hat. Gerlach habe in der Vernehmung zu Protokoll gegeben, dass Mundlos und Böhnhardt ihn im Frühjahr 2011 besucht und gebeten hätten, den Pass zu besorgen. Gerlach sei das Haar geschoren worden. Es gebe Passbilder, die Gerlach mit kurzen Haaren zeigten. Mundlos habe Gerlach die Haare geschnitten, damit er Böhnhardt ähnlicher sieht, um die Legende, die habe generiert werden sollen, glaubhafter zu machen. Der Zeuge wird entlassen.

Nach einer Pause bis 10:17 Uhr sagt Götzl, es stehe noch eine Erklärung von NK-Vertreterin RAin von der Behrens zum Zeugen Ha. (zuletzt 214. Verhandlungstag) aus. V. d. Behrens sagt, die Erklärung sei verbunden mit einem Beweisantrag, den die Kollegin Basay verlese. V. d. Behrens: Der Zeuge zeigte keinerlei Belastungstendenzen; vielmehr konkretisierte er seine Aussagen aus der polizeilichen Vernehmung oft zugunsten der Angeklagten, indem er z. B. Erinnerungsprobleme von sich aus offen legte und immer bemüht war, zwischen dem, was er erinnerte, und dem, was er in der Presse gelesen hatte, zu differenzieren. Entsprechend misslang der Versuch der Verteidigung, den Zeugen als unglaubhaft darzustellen. Vielmehr ist nach der Vernehmung der Zeugen Re. und Ha. festzustellen: Wenn die Verteidigung einem Zeugen laut vorhält, er würde nicht die Wahrheit sagen und lügen, so ist dies ein Zeichen dafür, dass es sich bei diesem nicht um einen Szenezeugen handelt, der Ahnungs- und Erinnerungslosigkeit vortäuscht. Wie bereits andere Zeugen beschrieb auch Ha. die Radikalisierung von Uwe Mundlos seit Beginn der 90er Jahre.

Diese Bekundungen bestätigen die Angaben u.a. von Holger Gerlach zu den in der KS Jena geführten Gewaltdiskussionen: Denn nur in diesem Kontext sind die damaligen Aussagen Mundlos‘ zu scharfen Waffen und Sprengstoff zu verstehen. Diese konkreten Überlegungen von Mundlos zur Bewaffnung müssen somit nach der bisherigen Beweisaufnahme Wohlleben und Gerlach bekannt gewesen sein. Der Zeuge bestätigte auch die bisherigen Angaben des Zeugen Kay St., dass Mundlos, zusammen mit anderen aus seinem engsten Kreis, sowohl für das Aufhängen der Puppe an der Autobahnbrücke als auch für das Abstellen des Koffers mit Hakenkreuz vor dem Theater verantwortlich gewesen sei. Weiter bestätigte der Zeuge die enge Verbindung des Trios nach Chemnitz.

Auf Befragung der Verteidigung Wohlleben blieb Ha. dabei, dass nach seiner Erinnerung auch Wohlleben mitgefahren sei. Weiter bestätigte der Zeuge auch Belege für die frühen Kontakte des Trios nach Zwickau. Zu der Rolle des Angeklagten Wohlleben gab der Zeuge an, Wohlleben habe ihn, Ha., nach dem Untertauchen des Trios gebeten, Mundlos‘ Fahrrad zu verkaufen, weil dieser jetzt Geld brauche. Hinsichtlich der Angeklagten Zschäpe bestätigte der Zeuge ebenfalls die Angaben vorangegangener Zeugen: Zschäpe habe sich in der Gruppe behaupten können, sei „nicht dumm oder gutgläubig“ gewesen, habe „gewusst, was sie wollte“. Die geschilderten Umstände zeigen das hohe Maß an Konspiration und den routinierten Umgang mit Repressionsmaßnahmen, auch der Angeklagten Zschäpe. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, dass sie schon damals auf allen Ebenen gleichberechtigtes Mitglied der KS Jena war. Weiter sind diese Angaben ein Hinweis darauf, dass die KS Jena oder das Trio mglw. in einem größeren Maß als bisher bekannt überwacht wurden.

Weiter berichtete der Zeuge, er habe ein Bild von einer Situation in einem Club im Kopf, wo Zschäpe mit einem Bierglas zugeschlagen habe; ob er die Situation selber gesehen oder nur Mundlos ihm davon berichtet habe, wisse er nicht mehr. Auf Nachfrage erinnerte er sich, dass dieser Club „Modul“ geheißen habe. In der Gerichtsakte finden sich Dokumente aus einem Strafverfahren gegen Mundlos u.a. wegen Gewalttätigkeiten in dem Club am 19.04.1997. Nach den dortigen Zeugenangaben hat die Cousine von jemanden mit einem Bierglas geschlagen. Die Ermittlungsakten zu dem damaligen Verfahren belegen somit die Richtigkeit der Erinnerung des Zeugen, trotz des langen Zurückliegens der Ereignisse, was auch für die Bewertung der übrigen durch ihn gemachten Angaben relevant ist.

Drei Aspekte der Bekundungen des Zeugen waren jedoch neu und müssen zu einer Neubewertung führen hinsichtlich des Zeitpunktes, zu dem sich das Trio entschloss, unterzutauchen, und damit auch des Zeitpunktes der Gründung der terroristischen Vereinigung sowie der Rolle von Tino Brandt: Der Zeuge hat konkret bestätigt, dass die Szene wusste bzw. vermutete, dass Brandt ein Spitzel ist. Nach der bisherigen Beweisaufnahme war Brandt in die Unterstützungsleistungen für das Trio eingebunden, die anderen Unterstützer wie Wohlleben und André Kapke schienen ihm zu vertrauen und schließlich war er auch gezielt mit solchen Unterstützungsaktivitäten betraut, die zur Ergreifung des Trios hätten führen können, wie das zwischen Brandt und Böhnhardt am 8. März 1999 aus zwei Telefonzellen geführte Telefonat. Der Zeuge Norbert Wießner konnte bisher in der Hauptverhandlung nicht erklären, warum das Gespräch, von dem das TLfV vorher wusste, nicht zu einer Standortermittlung des Gesprächspartners von Brandt führte. Dieses Wissen über die V-Mann-Eigenschaft von Brandt heißt mglw., dass Brandt in einem noch größeren Ausmaß als bekannt ein doppeltes Spiel gespielt hat und dass das TLfV ihn hat gewähren lassen bzw. ihn in dem Glauben gelassen hat, sein Spiel würde nicht durchschaut.

An dieser Stelle unterbricht Zschäpe-Verteidiger RA Heer und sagt, die Grenze des § 257 StPO sei erkennbar überschritten sei, er beanstande es aber nicht förmlich. Götzl: „Also, es wird nicht beanstandet.“

V. d. Behrens setzt fort: Weiter ist durch die Angaben des Zeugen bekannt geworden, wie eng die bundesweite Vernetzung des Trios vor dem Untertauchen war. Der Zeuge bestätigte insofern seine beim BKA gemachten Angaben, dass es Einladungen von „Altnazis“ gegeben habe, die „Nachwuchs aus dem Osten“ hätten unterstützen wollen und diesen eine „finanzielle Basis“ gegeben hätten. Diese Treffen hätten in der Zeit, bevor Mundlos zum Ilmenau-Kolleg gegangen sei, unter anderem einmal in Hessen und einmal in NRW stattgefunden. Auch sei Mundlos mit anderen einmal nach Hessen oder Bayern gefahren, wo es „kleinere militärische Veranstaltungen, zum Thema ‘Ausschluss der Fremden‘ gegeben habe“. Diese Angaben belegen, dass das Trio bereits sehr früh Kontakte in mindestens zwei Bundesländer hatten, in denen später der NSU Morde und Anschläge verübte.

Das weitere Neue an der Aussage des Zeugen war, dass Mundlos mit ihm über einen längeren Zeitraum hinweg über bevorstehende Repressionsmaßnahmen gesprochen hat, die mglw. auch den Gang in den Untergrund notwendig machen würden. Auf spätere Nachfrage des Vorsitzenden, ob Mundlos gesagt habe, was er befürchte, gab Ha. an, er hätte Sorge gehabt, dass er wegen irgendeines Paragraphen, der mit Terrorismus zu tun hat, in Haft genommen werden würde. Auf weitere Nachfrage sagte Ha., dass es eine Zuspitzung seit dem Sommer 1997 gegeben hatte. Von einem konkreten Plan habe er, Ha., aber nichts gewusst. In der darauf folgenden Vernehmung wiederholte der Zeuge diese Angaben sinngemäß und sagte, er persönlich denke, Mundlos habe einen Plan gehabt, dass dies aber nur eine Interpretation von ihm sei. Diese Bekundungen des Zeugen sprechen dafür, dass Mundlos und auch Böhnhardt und Zschäpe bereits vor dem 26. Januar 1998 das Untertauchen geplant hatten.

Nun fährt RAin Basay fort: Daneben gibt es noch weitere Indizien, die für ein früh geplantes Untertauchen des Trios sprechen, die z.T. schon eingeführt worden sind bzw. deren Einführung im Folgenden beantragt wird: 1. Die „Aktionen“ der KS Jena durch die Platzierung von Bombenattrappen in Jena spitzten sich kontinuierlich seit 1994 zu, wie sich insbesondere aus den Angaben des Zeugen Dressler ergibt. Der Schritt zu Anschlägen war bereits mit dem Ausspähen von Asylbewerberheimen für Anschläge, wie der Zeuge Tibor Re. bekundete, und dem Bau der Rohrbomben in der Garage getan, so dass 1997/1998 ein Gang in den Untergrund durchaus aus der Sicht des Trios der logisch nächste Schritt gewesen sein dürfte.

Hier unterbricht nun Wohlleben-Verteidiger RA Klemke und sagt, dass es sich hier nicht um ein Plädoyer handeln dürfe. Es folgt eine Pause bis 10:53 Uhr. Dann verkündet Götzl den Beschluss, dass die Ausführungen von RAin Basay zulässig sind: „Es obliegt der Entscheidung desjenigen, der den Antrag stellt, ob er erst die Beweistatsache und dann die Begründung nennt.“

Basay setzt fort: Parallel zu dieser Zuspitzung hat sich die KS Jena mit der Organisation in „autonomen Zellen“ beschäftigt. Dass das Trio über den „leaderless resistance“ und „autonome Zellen“ diskutierte, zeigt auch der Briefwechsel, den Mundlos, auch im Namen von Böhnhardt und Zschäpe, mit dem damals inhaftierten Chemnitzer Neonazi Torsten Schau führte, in dem es unter anderem um die Themen Vernetzung, Schutz vor V-Männern und Arbeit in „autonomen Gruppen“ ging. Insofern wird beantragt, den Brief Nr. 45 aus dem Asservat Nr. 59.61. zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass der Brief mit „Hallo Ihr Drei“ über- und mit „Eure Jenaer“ unterschrieben und nicht datiert ist, dass es in dem Brief heißt: „Es hat leider etwas länger gedauert, als wir bei Dir (Torsten) ankündigten, aber Ihr könnt Euch bestimmt schon wieder denken an wem es lag (Beate hat mir deswegen auch schon Anschisse verpasst).“, und weiter: „Denn egal was anliegt, kaum sind mehr als 30 Mann versammelt, so kann man doch schon getrost davon ausgehen, das ein Spitzel oder Angstanscheißer mit darunter ist (und leider gibt es ja dafür nicht mal eine wirksame Alternative, bis auf die, wo ich aber noch immer zweifel, ob sie uns wirklich zum Sieg führen kann, was da heißt in kleinen autonomen Gruppen arbeiten.“

Weiter wird beantragt, den Brief Nr. 46 aus dem Asservat Nr. 59.61 zu verlesen, zum Beweis der Tatsache, dass der Brief auf den 16.11.1995 datiert ist und als Absender Torsten Schau, JVA Waldheim trägt, dass er an „Heil Euch, Ihr Talbewohner“ adressiert ist und es dort heißt: „Wir dürfen gerade jetzt nicht aufgeben, das will dieser Staat bloß. Das sie jetzt mit ihren Strafen durchgreifen wollen, ist die Ohnmacht des Systems, es ist dem Zerfall nahe. Laßt Euch nicht von irgendwelchen WM-Zersetzern den Mut nehmen und Euch provozieren, dies ist von denen pure Absicht. Die Arbeit in kleinen autonomen Gruppen, wie du Uwe, es schreibst, wird von vielen Kameraden geplant bzw. schon in die Realität umgesetzt. Es werden auch keine neuen Parteien mehr gegründet, man bildet Interessengruppen, die noch nicht verboten werden können. Falls Du/ Ihr mal paar Adressen haben wollt, kein Problem, müsst das bloß schreiben.“

Bei dem Asservat 59.61 handelt es sich um die am 26. Januar 1998 sichergestellte Korrespondenz, insbesondere mit den damals inhaftierten Chemnitzern und Torsten Schau. Bei dem Brief Nr. 45 ergibt sich aus dem Kontext, dass die angesprochenen drei Personen Thomas Starke, Torsten Schau und Enrico Ri. sind, der Verfasser Mundlos ist und der Brief ungefähr aus der Zeit Oktober bzw. November 1995 stammt, da Schau den Brief Nr. 45 mit dem Brief Nr. 46 vom 16. November 1995 beantwortet. Wie auch bei den übrigen Briefen des Asservats geht auch aus diesen beiden Briefen hervor, dass Mundlos im Namen von allen drei schreibt und insbesondere auch Zschäpe aktiv die Korrespondenz unterstützt, indem sie Mundlos mahnt zu schreiben. Die KS Jena und das Trio diskutierten nicht nur über die Organisation im Untergrund, sondern zumindest Mundlos beschäftigte sich über die Abwehr der alltäglichen Strafverfolgung auch mit größeren Konzepten und Methoden der Fahndung und Strafverfolgung, wie der Zeuge Andreas Re. berichtet. Schließlich sprechen auch rein praktische Umstände dafür, dass ein Untertauchen schon vor der Garagendurchsuchung geplant war.

Wie bereits durch Verlesung des Urteils eingeführt, wurde die gegen Böhnhardt verhängte Jugendstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten am 10.12.1997 rechtskräftig. Die Zeuginnen Ilona Mundlos und Brigitte Böhnhardt haben in ihren Vernehmungen dargelegt, wie belastend die erste Hafterfahrung für Uwe Böhnhardt gewesen war. Die Zeugin Böhnhardt gab weiter an, dass ihr Sohn damals gesagt habe, er würde nicht noch einmal ins Gefängnis gehen. Trotz der Entschlossenheit von Uwe Böhnhardt, nicht noch einmal in Haft zu gehen, konnte bzw. wollte keine der beiden Zeuginnen und auch weitere Zeugen nicht angeben, was Uwe Böhnhardt vorhatte, nachdem auch mit dem Berufungsurteil vom 16.10.1997 eine nicht mehr zur Bewährung aussetzbare Jugendstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verhängt worden war und es absehbar war, dass es rechtskräftig werden würde. Die Rechtskraft wurde lediglich vorübergehend durch die Revision der StA hinausgezögert, die jedoch wieder am 09.12. zurückgenommen worden war. Spätestens am 09. oder am 10.01.1998 hat Böhnhardt die Mitteilung von der eingetretenen Rechtskraft erhalten.

Ein weiteres Indiz für den frühen Plan des Trios ist, dass Mundlos seit dem 16.01.1998, also 10 Tage vor der Durchsuchung der Garage, nicht mehr das Ilmenau-Kolleg besuchte, obwohl regulärer Schulbetrieb war.  Insofern wird beantragt, das Schreiben des Ilmenau-Kollegs vom 29. Januar 1998 im Original beizuziehen und zu verlesen, zum Beweis der Tatsache, dass das Schreiben den Absender des Ilmenau-Kollegs trägt, an Mundlos adressiert ist und es dort heißt: „Sehr geehrter Herr Mundlos, seit dem 16.01.98 versäumen Sie den gesamten Unterricht ohne ausreichende Entschuldigung. Ich ersuche Sie hiermit, dieses Verhalten umgehend abzustellen, sonst sehe ich mich gezwungen, das Schulverhältnis gemäß § 151 (2) der Thüringer Schulordnung zu beenden. Bitte sprechen Sie am 04.02.1998 bei mir vor. Mit freundlichen Grüßen , Dr. Go., Kollegleiterin“.

Somit spricht in Zusammenschau der Angaben des Zeugen Ha. und der genannten Indizien viel dafür, dass das Trio bereits vor der Durchsuchung der Garage geplant hatte, in den Untergrund zu gehen und von dort aus weiter Anschläge zu begehen: Entweder nach einem erfolgten Anschlag mit den in der Garage gebauten Rohrbomben oder bevor Böhnhardt seine Jugendstrafe hätte antreten müssen. Die Frage, wann der Entschluss zum Untertauchen und damit auch zur Verfolgung ihrer völkisch-rassistischen Ziele mit terroristischen Mitteln aus dem Untergrund heraus gefallen ist, ist für den Vorsatz und die Strafzumessung der Angeklagten Zschäpe, Wohlleben und Gerlach sowie für die Feststellungen hinsichtlich des Organisationsdeliktes relevant.

In Bezug auf den Angeklagten Wohlleben gab Ha. an, dass über das Untertauchen auch in seiner Anwesenheit und der von André Kapke gesprochen worden sei, er also auch mindestens davon gewusst haben muss, wenn er nicht auch Teil des Planes war. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die übrigen aktiven Mitglieder der KS Jena, also insbesondere auch der Angeklagte Gerlach, in diese Pläne eingeweiht waren. Hierfür spricht schon die Kenntnis des Zeugen Ha. von diesen Plänen, denn er betonte in seiner Vernehmung in Bezug auf die Fragen zu dem durch Mundlos ankündigten Untertauchen, dass Mundlos politische Dinge bei ihm nur oberflächlich angesprochen habe, da er selber nicht zu der Gruppe gehört habe und wegen seiner Herkunft auch nie hätte dazu gehören können.

Danach folgt die Vernehmung der Zeugin Ar. Ar. ist mit einem Zeugenbeistand, RA Schmidt, erschienen. Götzl: „Es geht uns um die Frage der Anmietung eines Wohnmobils im Oktober 2011 bei der Firma K. Was können Sie uns dazu berichten?“ Ar.: „Eine Vermietung wie jede andere, die bei uns täglich stattfindet.“ Es sei ein Pärchen gewesen, die ein Wohnmobil gewollt hätten, um damit ihren Urlaub zu verbringen. Sie habe das erklärt und gezeigt, den Vertrag gemacht und die Miete. Götzl fragt, ob Ar. mit den Personen noch weiter befasst gewesen sei. Ar.: „Ich selber nicht. Ich habe das Fahrzeug gezeigt, den Mietvertrag gemacht. Aber die Übergabe hat der Kollege gemacht damals.“ Götzl: „Wann hat die Übergabe stattgefunden?“ Ar.: „An dem Tag der Abholung, an dem Oktobertag: Ich glaube, der 19. Weiß es nicht mehr ganz genau.“ Götzl: „Der Abschluss des Vertrages, wann hat der stattgefunden?“ Ar.: „Das war eine gewisse Zeit vorher.“

Götzl möchte wissen, um welches Fahrzeug es sich gehandelt habe. Das sei ein großes Fahrzeug gewesen, für sechs Personen, so Ar. Götzl: „Können Sie die Personen etwas näher dann auch beschreiben, die vorgesprochen haben?“ Ar.: „Dazu kann ich wirklich nichts mehr sagen. Ich habe die Aussage damals gemacht, als es noch frisch war, aber kann ich nicht mehr nach der Zeit.“ Götzl fragt, ob Ar. zum Thema Urlaub Näheres erfahren habe. Ar.: „Ich denke, wir hatten darüber gesprochen, wo es hingehen soll. Die Reise sollte irgendwo nach Deutschland gehen.“ Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung, für welchen Zeitraum das gemietet werden sollte?“ Ar.: „Dachte, 14 Tage.“ Götzl: „Zahlungsmodalitäten, Kaution: Was ist da gesprochen worden, vereinbart worden? Wie wurde das ggf. abgewickelt?“ Ar.: „Bezahlung war damals, so wie ich es in Erinnerung habe, alles in Bar. Aber das ist bei uns nicht unüblich.“

Götzl fragt, ob Ar. zur Personenbeschreibung keine Erinnerung mehr habe. Ar.: „Schwierig. Mann und Frau. Weiß ich nicht, beide dunkle Haare und kamen mir wie ein Paar vor. Ich habe damals auch ausgesagt, dass es eindeutig ein Pärchen war.“ Auf Nachfrage sagt Ar.: „Waren sich sehr vertraut, würde ich sagen. Ich kann nicht sagen, ob Händchen gehalten oder irgendwas.“ Götzl fragt, ob Ar. eine Beobachtung gemacht habe, wie die beiden damals in die Firma gekommen seien. Ar.: „Die kamen mit dem Auto.“ Götzl: „Zum Aussehen, Größe Statur, Kleidung, können Sie dazu etwas sagen?“ Ar.: „Was ich, nicht hundertprozentig sicher, noch weiß: Schlanke Frau, dunkel gekleidet und ein recht sportlicher Mann dazu.“ Götzl fragt, was damit gemeint sei. Ar.: „Schlank.“ Auf Frage nach dem Alter sagt Ar.: „Mitte, Ende 30 vielleicht.“ Götzl: „Beide?“ Ar.: „Würde ich jetzt so sagen, ja.“ Götzl fragt nach der Größe. Ar.: „Die Frau vielleicht so groß wie ich, 1,72, 1,74, wenn ich das noch in Erinnerung habe. Und der Mann war größer.“ Zur Frisur sagt sie: „Also, er hatte ganz kurze dunkle Haare und sie lange dunkle Haare, weiß aber nicht mehr, ob offen oder zum Zopf getragen.“

Götzl fragt nach der Kleidung. Ar.: „Also, ich denke, sie hatte damals einen dunklen Rock an oder ein Kleid und Stiefel dazu, das weiß ich noch. Aber was er anhatte, kann ich wirklich nicht mehr sagen.“ Götzl fragt, was Ar. von der Abholung mitbekommen habe. Ar.: „Das läuft so ab, dass der Kunde kommt, er kriegt die Rechnung über die gezahlte Miete, hinterlegt die Kaution, die quittieren wir, dann schicken wir sie an das Fahrzeug, wo der Kollege die Einweisung macht. Das ist eine Sache von 5 bis 10 Minuten bei uns vorne am Tresen.“ Auf Frage, wer aus der Firma bei der Abholung des Wohnmobils da gewesen sei, nennt Ar. Herrn K. (54. Verhandlungstag). Götzl fragt, ob beide Personen bei der Abholung da gewesen seien, sagt Ar.: „Ja. Ob jetzt beide bei der Übergabe teilgenommen haben, weiß ich leider nicht.“ Götzl: „Was haben Sie denn jetzt bei der Abholung beobachtet, vom Ablauf?“ Ar. sagt, sie habe nichts weiter beobachtet, die Abholung sei hinterm Haus, da habe sie keine Einsicht; beide seien zur Tür raus, ob beide zum Fahrzeug gegangen seien oder einer weggefahren sei, wisse sie nicht.

Sie bejaht, dass ihr von der Polizei Lichtbilder gezeigt worden seien. Sie sei zweimal vernommen worden, so Ar. auf Frage. Sie bejaht, jemanden erkannt zu haben. Es folgt eine Inaugenscheinnahme. Ar.: „Die Bilder habe ich schon mal gesehen und hier habe ich damals Bild 02 erkannt und hier das Bild 8.“ [vermutlich Böhnhardt und Zschäpe]Die Zeugin nimmt wieder Platz. Götzl: „Wann war die Vernehmung?“ Ar.: „Die war Anfang November.“ Vorhalt: Es war am 14.10.2011.  Götzl sagt, hier werde ein konkretes Datum genannt. Ar.: „Den Durchschlag vom Mietvertrag hatten wir ja vorliegen.“ Vorhalt: Sie wollten ein Wohnmobil mieten; es sollte etwas größer sein, weil sie nochmal Urlaub machen wollten; ich habe gefragt wohin es gehen soll, worauf sie sagten, das sei nicht bekannt. Ar.: „Dachte, es war Deutschland, aber, wie gesagt, ganz sicher nicht mehr.“ Vorhalt: Wir haben uns über den Mietzeitraum unterhalten; sie kamen etwas ins Schwanken und konnten keinen festen Termin nennen; erst hieß es 21.10., aber die männliche Person wusste nicht, ob sie noch arbeiten muss, ob ein späterer Zeitpunkt favorisiert wird. Ar.: „Kann sein. Ist bei uns nicht unüblich, dass die Miete mal um eins, zwei Tage nach vorne oder hinten verschoben wird.“

Vorhalt: Tag der Übernahme: 25.10.11. Ar.: „Kann sein, dass das der Tag war.“ Götzl fragt, ob Ar. das damals bei der Vernehmung noch habe nachvollziehen können. Ar.: „Ja, war ja kurz drauf.“
Vorhalt: Ich habe noch die Kaution in Höhe von 1.000 Euro kassiert und problemlos bekommen. Ar.: „Ja.“ Auf Frage sagt Ar., das seien zwei 500-Euro Scheine gewesen. Vorhalt: Anfügen möchte ich noch, dass die beiden Kunden diesmal in den Verkaufsraum mit einem Kind gekommen sind. Ar.: „Ja, es war ein Kind dabei, aber mehr kann ich dazu nicht mehr sagen.“ Götzl fragt nach dem Alter. Ar. sagt, das könne sie nicht mehr sagen. Götzl fragt, ob es ein Mädchen oder ein Junge gewesen sei. Ar.: „Ein Mädchen.“ Götzl: „Wissen Sie, was das Kind gemacht hat?“ Ar.: „Nein, das hat gespielt bei uns. Wir hatten einen kleinen Wohnwagen im Verkaufsraum stehen und da war definitiv Bewegung drin.“ Vorhalt: Sagen möchte ich auch gleich, dass die Frau und das Kind schon vor der Übergabe des Wohnmobils an den Kunden weggefahren sind, dies geschah mit dem Fahrzeug, womit sie hergefahren sind. Ar.: „Ja, wie gesagt, das war zwei Wochen, drei Wochen später. Da konnte ich mich gut erinnern.“ Mittlerweile könne sie das nicht mehr.

Vorhalt: Ich war dann in der Folge nicht weiter hier im Haus tätig und habe am Freitag, den 04.11.2011 erfahren, dass der Herr Gerlach angerufen hätte und die Mietzeit verlängert hätte, erstmal bis Montag und evtl. bis zum 11.11. Ar. sagt, das könne sie ganz genau nicht mehr sagen. Vorhalt: Männliche Person, Alter ca. 30 bis 35, 180, 185 cm, Haare kurz, Stoppelfrisur, dunkelbraun bis schwarz, sportlich … eine Tätowierung gesehen. Ar.: „Ja.“ Götzl fragt nach der Sprache: „Es war kein Dialekt von uns, das weiß ich noch.“ Vorhalt: Weibliche Person: ca. 30 bis 35, ca. 170 bis 175 cm, Gestalt: Schlank, attraktiv, dunkles mittellanges Haar, dunkelbraun bis schwarzes Haar, etwa schulterlang, etwas stufig geschnitten, Spitzen berührten leicht die Schultern, offen getragen; Meinung, dass die Haare gefärbt waren. Ar.: „Könnte ich jetzt so bejahen, dass ich es gesagt habe, aber genau nicht.“ Vorhalt: Trug Ohrringe, meine silberne, konkretere Angaben kann ich nicht machen. Götzl: „Kommt eine Erinnerung zurück?“ Ar.: „Nein.“

Vorhalt: Wimperntusche, Lippenstift, dezente Farben; Oberbekleidung: Denke, dass sie einen Mantel getragen hat, was darunter war, habe ich nicht gesehen, ein dunkler schwarzer Mantel, etwa bis zu den Knien; blondes Mädchen, ca. 4 bis 5 Jahre, ca. 1,10 Meter groß. Ar.: „Kann sein. Wie gesagt, weiß ich jetzt wirklich nicht mehr.“ Götzl fragt, ob sich das Kind mit einer der Personen unterhalten habe. Ar.: „Ich glaube, mit ihr, aber was weiß ich nicht mehr.“ Vorhalt: Das Mädchen hatte längere blonde Haare, vielleicht Zöpfe; die Haare waren, konkreter gesagt, hellblond-wellig: zur Länge kann ich nichts sagen; das Mädchen trug zudem eine Mütze, dazu kann ich keine weiteren Angeben machen; gehört habe ich noch, wie das Kind zur Frau „Mama“ gesagt hat. Ar.: „Kann sein, wie gesagt, da kann ich mich jetzt nicht mehr dran erinnern.“

Vorhalt aus dem Protokoll vom 10.12.11: Ich bin konkreter der Meinung, dass das Mädchen vielleicht 4 oder 5 Jahre alt war, das Mädchen war vielleicht reichlich 1 Meter groß, normale Gestalt, nicht dünn oder dick, richtig blonde Haare, reichten bis unter die Schulter, meine ich mich zu erinnern, weil links und rechts ein Zopf gebunden, in der Nacht Lichtbilder vorgelegt bekommen von Kindern, beim besten Willen nicht festlegen, das ist dieses oder jenes Mädchen gewesen, dass ich dort gesehen habe. Vorhalt aus dem Protokoll vom 22.5.12: Blondes Mädchen mit längeren Haaren, in der Zeit als die nun als Beate Zschäpe bekannte Person in … auf, Spielecke, nicht weiter drauf geachtet; denke noch nicht schulpflichtig, denke 4 oder 5 Jahre, mein Sohn jetzt 3 und das Mädchen war etwas älter; ich glaube mich zu erinnern, dass das Kind zu der Frau ein engeres Verhältnis hatte, ich denke sogar, das Kind hat „Mama“ zu der Frau gesagt. Ar. sagt, das wisse sie jetzt nicht mehr. Götzl hält vor, dass Ar. angegeben habe, dass sie schon gedacht habe, dass der Mann und die Frau ein Paar waren. Götzl fragt, ob sich Ar. jetzt erinnere, dass es nochmal eine Lichtbildvorlage gab, was die Zeugin bejaht. Götzl fragt, ob Ar. da ein Kind erkannt habe. Ar.: „Nein, ich dachte nicht.“ Es folgt die Mittagspause bis 13:08 Uhr.

RA Grasel: „Sie haben angegeben, dass sowohl Anzahlung, als auch Miete und Kaution geleistet wurden. Können Sie sagen, von wem das Geld übergeben wurde?“ Ar.: „Ich kann es nicht mehr genau sagen, aber ich dachte, er war das.“ RA Stahl: „Wissen Sie noch, was Sie in der polizeilichen Vernehmung gesagt haben, wer den Mietvertrag gemacht hat und wer gezahlt hat?“ Ar.: „Den Mietvertrag hat er gemacht, deswegen habe ich auch seine Daten genommen.“ Stahl fragt, ob es beide Male die gleichen Personen gewesen seien. Ar.: „Ja.“ Auf Frage, ob die beim ersten Mal mit Auto da gewesen seien, sagt Ar.: „Wenn ich es so ausgesagt habe, ja.“ Auf Frage, ob die beim zweiten Mal auch mit Auto da gewesen seien, sagt Ar., das wisse sie nicht, aber es sei sicher so gewesen. Auf Frage sagt Ar., dass das Auto definitiv nicht da geblieben sei. Stahl: „Wissen Sie, wer mit dem Auto weggefahren ist oder wer das Wohnmobil gefahren hat?“ Ar.: „Weiß ich heute nicht mehr.“

NK-Vertreterin RAin Kaniuka: „Sie hatten gesagt, auf die Frage des Vorsitzenden nach der Sprache der Person: Kein Dialekt von uns. Haben Sie das auf den Mann oder auf beiden bezogen?“ Ar.: „Auf den Mann.“ Kaniuka: „Wie war es bei der Frau?“ Ar.: „Bin ich mir nicht mehr sicher. Ich dachte, sie hatte etwas Dialekt, aber ich kann es wirklich nicht mehr mehr sagen.“ Kaniuka: „Dialekt in welche Richtung?“ Ar. sagt, sie habe damals noch etwas dazu gesagt, aber sie habe viele Kunden gehabt in den letzten Jahren. Vorhalt: Dass dieser meiner Meinung nach ostdeutsch war; ich möchte einschätzen, nicht aus dem hiesigen Raum, Besonderheiten sind mir nicht aufgefallen, angenehme Stimme. Ar.: „Wenn ich das so gesagt habe, dann ist das so richtig.“ Richter Götzl fragt nach der Entfernung von Schreiersgrün nach Zwickau. Ar.: „Circa 35 km.“

RA Stahl macht einen Vorhalt aus einer Vernehmung von Ar.: Sagen möchte ich auch gleich, dass die Frau und das Kind schon vor der Übergabe des Wohnmobils an den Kunden weggefahren sind, dies geschah mit dem Fahrzeug, womit sie hergefahren sind. Ar.: „Dann wird das so stimmen.“ Aber ein Bild davon komme ihr jetzt nicht mehr; sie hätten so viele Kunden, da müsse sie sich nicht an jedes Detail erinnern. Nachdem die Zeugin entlassen ist gibt RA Stahl eine Erklärung ab: Unterstellt, die Zeugin Ar., wovon wohl der GBA ausgeht, hat vermeintlich Frau Zschäpe wiedererkannt, die bei Anmietung und Abholung dabei gewesen sein soll, ergibt sich eine Diskrepanz zu der Frage, wer das Geld des Trios verwaltet hat, weil wohl klar sein muss, dass weibliche Person weder Miete noch Kaution gezahlt hat. Einer andere Diskrepanz ergibt sich bei der Frage, ob Frau Zschäpe die gewesen sein kann, die mit dem Fahrzeug weggefahren ist, zu der bisher nicht getroffenen Feststellung, ob sie in der Lage ist, ein Fahrzeug zu fahren oder einen Führerschein hat.

Es folgt die Einvernahme des Zeugen Schenke. Götzl: „Es geht uns um, ja, Erkenntnisse, Informationen zum einen zu André Eminger. Dann geht es auch um Kontakte im Hinblick auf Herrn Mundlos, Herrn Böhnhardt, Frau Zschäpe, zu Matthias Dienelt. Ich würde Sie bitten, zunächst mal zu schildern, ob Sie sie kannten, gegebenenfalls woher, wie lange.“ Schenke: „Also, André Eminger, kenne ich aus der Schule. Kontakt, keine Ahnung, in den letzten zehn Jahren eigentlich so gut wie gar nicht. Dienelt kenne ich, naja, auch aus der Schule und wir sind halt Kumpels.“ Er verneint, die weiteren Personen, die Götzl genannt hat, zu kennen. Götzl bittet Schenke, den Verlauf des Kontakts zu André Eminger zu schildern, wie intensiv der gewesen sei. Schenke: „Früher sind wir halt öfter zusammen in die Disko gefahren, und das aber seit 15 Jahren oder was nicht mehr.“ Götzl: „Ja, wie war denn jetzt der Kontakt in den letzten 15 Jahren?“ Schenke: „Sporadisch, ab und zu mal, alle vier, fünf Jahre mal gesehen.“ Götzl fragt, bei welchen Gelegenheiten: Schenke: „Durch einen dummen Zufall mal in der Disko. Auf einer Demo. Und sonst gar nicht.“

Götzl fragt, welche Demos das gewesen seien. Schenke: „Es war mal eine Demo gegen das, naja gut, gegen das Asylantenheim in Schneeberg.“ Götzl fragt, wann diese Demo etwa gewesen sei. Schenke: „Voriges Jahr im November, Dezember.“ Götzl fragt, was Schenke zu Dienelt sagen könne. Schenke: „Wir sind Freunde und treffen uns ab und zu mal.“ Er bejaht, die vorhin genannten Personen Böhnhardt, Mundlos, Zschäpe aus der Presse zu kennen. Götzl: „Haben Sie die Berichterstattung verfolgt?“ Schenke: „Stellenweise ja.“ Auf Frage, wann er das erste Mal darauf aufmerksam geworden sei, sagt er: „Als es in den Nachrichten kam.“ Auf Nachfrage, wann das etwa gewesen sei, sagt er: „Keine Ahnung, 2011, 2010, so irgendwo da. Weiß ich nicht genau, wann das dann in der Presse halt rumging.“ Götzl: „Haben Sie im Anschluss an die Berichterstattung da dann mal Kontakt mit André Eminger gehabt?“ Schenke: „Nein.“ Götzl: „Zu Dienelt?“ Schenke: „Ja.“

Götzl: „Erzählen Sie!“ Schenke: „In den Nachrichten kam, dass in Zwickau ein Haus abgebrannt wäre, und dass der Mieter oder Vermieter der Matthias Dienelt gewesen wäre. Ich habe gefragt, ob er das war, hat er gesagt: Ja.“ Götzl: „Hat er Näheres erzählt?“ Schenke: „Nein.“ Götzl: „Haben Sie sich im weiteren Verlauf mal mit ihm über das Thema unterhalten?“ Schenke: „Nein.“ Götzl fragt, wie häufig sich Schenke und Dienelt gesehen hätten. Schenke: „So alle drei, vier Monate.“ Götzl fragt nach den Gelegenheiten. Schenke: „Mal zum Grillen, um Bier zu trinken, meinen Geburtstag feiern.“ Götzl: „Und es ist nie über diesen Vorwurf gesprochen worden oder die Information?“ Schenke: „Er wollte nicht drüber reden und ich wollte es nicht wissen.“ Götzl: „Können Sie erklären, warum Sie es nicht wissen wollten?“ Schenke: „Weil, wenn ich mich hier so umschaue, genug Leute es wissen wollten. Er musste zu dem Zeitpunkt, glaube ich, genug Fragen beantworten.“ Götzl sagt, Schenke solle das mal erklären. Schenke: „Er hat ja nun genug Aussagen bei der Polizei und alles gemacht und war, glaube ich, ein halbes Jahr auch in U-Haft und da wollte ich ihn nicht noch extra noch fragen.“ Götzl: „Woher hatten Sie diese Informationen?“ Schenke: „Aus den Nachrichten, weil bei ihm ein Sondereinsatzkommando eingestiegen ist. Das kam überall im Fernsehen.“ Götzl fragt, ob Schenke sagen wolle, dass er das nur aus den Nachrichten wisse. Schenke: „Ja.“ Götzl: „Nicht von ihm?“ Schenke: „Nein.“

Schenke verneint, Dienelt in der Haft besucht zu haben. Götzl: „Wie haben Sie erfahren, dass er wieder auf freiem Fuß ist?“ Schenke: „Von einem Kumpel.“ Götzl fragt, ob das nicht angesprochen worden sei danach. Schenke, er habe gefragt, aber es sei nicht wirklich beantwortet worden. Götzl: „Wann hatten Sie den letzten Kontakt zu Matthias Dienelt?“ Schenke: „Am Sonntag.“ Götzl: „Haben Sie mit ihm darüber gesprochen, dass Sie heute hier als Zeuge erscheinen müssen?“ Schenke: „Ich habe ihm das gesagt.“ Götzl: “ Was hat er dazu gesagt?“ Schenke: „Er hat mir viel Spaß gewünscht.“ Götzl: „Haben Sie sonst über Punkte gesprochen, im Hinblick auf Angaben bei der Polizei?“ Schenke: „Nee, es ging bei dem Besuch um seine Tochter, weil er Vater geworden ist.“ Götzl: „Bei diesem Telefonat, das Sie damals geführt hatten mit Dienelt, haben Sie da etwas erfahren, wie er sich dann verhalten hat oder wie er sich verhält, ob er Angaben macht?“ Schenke: „Nein, er hat bloß gesagt, dass er mit seinem Anwalt schon bei der Polizei gewesen wäre.“ Götzl: „Hat er erläutert, warum?“ Schenke: „Nein.“ Götzl: „Hat er gesagt, wie es dazu kam, dass er Vermieter dieser Wohnung gewesen sei?“ Schenke: „Nein, weiß ich nicht.“ Götzl: „Hat er etwas zu Herrn Eminger gesagt in dem Zusammenhang?“ Schenke: „Nein.“

Vorhalt aus dem Protokoll der Vernehmung von Schenke am 06.03.1012: Haben Sie Matthias Dienelt auf den Sachverhalt Wohnungsanmietung für das Trio angesprochen, nachdem Sie es aus der Presse erfahren hatten? – Ja, das war kurz nachdem ich es im Radio gehört habe. Ich war in München auf einer Baustelle. Ich rief ihn an und habe gefragt, ob er der Matthias D. gewesen sei, der das angemietet habe. Wir haben nicht lange telefoniert. Er sagte, dass er das sei. Er sagte, dass er schon mit seinem Anwalt bei der Polizei gewesen sei. Ich fragte weiter, wie das zusammenhing. Er sagte, er habe das mal angemietet, weil er mal darum gebeten wurde. Schenke: „Ja kann sein, weiß ich nicht mehr genau.“ Vorhalt: Ich bin davon ausgegangen, dass es sich um die Sache mit dem Herrn Eminger handelte. Die Leute, die er angeschleppt hat. Götzl: „Die ‚Sache mit Eminger, die Leute, die er da angeschleppt hat‘. Wissen Sie etwas dazu?“ Schenke: „Nein.“

Götzl: „Wie sind Sie überhaupt auf Dienelt gekommen?“ Schenke: „In den Nachrichten kam Matthias D. und Zwickau irgendwie, weiß es nicht mehr genau.“ Es sei im Radio ein Matthias D. im Zusammenhang mit einem Brand in Zwickau genannt worden. Götzl fragt, wie Schenke da auf Dienelt komme. Schenke: „Weil es wahrscheinlich nicht so viele Matthias D. gibt.“ Götzl: „Matthias ist sicher ein häufiger Vorname und D. auch kein seltener Familienname und die Kombination wahrscheinlich auch nicht. Ich versuche nur, ihre Gedankengänge nachzuvollziehen.“ Schenke: „Deswegen habe ihn angerufen und gefragt.“ Götzl: „War zu einem früheren Zeitpunkt mal von dem Anmieten einer Wohnung die Rede?“ Schenke: „Weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Was heißt denn das?“ Schenke: „Kann sein, dass mal die Rede war, aber ich weiß es nicht.“ Götzl: „Aufgrund welcher Umstände kommen Sie zu: Kann sein?“ Schenke: „Es ist 15 Jahre her. Es ist möglich.“

Vorhalt: Was wissen Sie über Kontakte des Matthias Dienelt nach Zwickau? – Dass er irgendwann für irgendwen eine Wohnung dort angemietet hat. Götzl: „Was sagen Sie dazu?“ Schenke: „Weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Haben Sie das gesagt?“ Schenke: „Wenn es da drin steht, wahrscheinlich.“ Götzl: „Die Vernehmung war am 06.03.2012. Das ist nicht so ewig lange her.“ Schenke: „Ich weiß es trotzdem nicht mehr.“ Vorhalt: Ich meine, das ging von Herrn Eminger aus, damit meine ich André Eminger; der hat Matthias angesprochen und gesagt, dass er irgendwelche Kameraden habe, die wegen Schulden Ärger bei der Bank haben und keine Wohnung selbst mieten konnten. Schenke: „Möglich.“ Götzl: „Was können Sie dazu sagen?“ Schenke: „Nichts.“ Götzl: „Was jetzt hier steht, das sagt Ihnen nichts?“ Schenke: „Nein.“ Götzl: „Ja, und wenn hier steht: ‚Kameraden, die wegen Schulden Ärger mit der Bank haben und keine Wohnung selbst mieten konnten.‘? Das ist ja eine ganze Reihe von Informationen, die hier im Protokoll steht. Und Sie selbst sagen: Wenn es hier steht, dann habe ich es wohl gesagt.“ Schenke: „Muss ich ja wohl.“

Götzl: „Haben Sie eine Erinnerung, dass Dienelt ihnen mal was erzählt hat über Eminger, dass der ihn angesprochen hat?“ Schenke: „Schon möglich. Ich weiß es nicht, ist schon 15 Jahre her.“ Götzl: „Sagen Sie mal, was Sie in Erinnerung haben!“ Schenke: „Wahrscheinlich ziemlich das, was da drin steht.“ Götzl: Sagen Sie es mir selbst.“ Schenke: „Ich will nur vermeiden, dass mir jedes Wort im Mund rumgedreht wird.“ Götzl: „Ich will Ihnen nichts im Mund rumdrehen, sondern wissen, was Sie wissen.“ Schenke: „Schon möglich, dass da irgendwann mal was war, aber ich weiß es nicht mehr.“ Auf Nachfrage sagt Schenke: „Dass irgendwer mal irgendwen angesprochen hätte wegen einer Wohnung. Aber ich weiß es nicht mehr.“ Götzl fragt, wo die gelegen habe. Schenke: „Ich glaube, es war in Zwickau.“

Götzl: „Wer hat mit wem gesprochen?“ Schenke: „Glaube, Herr Eminger mit Herrn Dienelt, aber ich weiß es nicht genau.“ Götzl: „Woher stammt die Information?“ Schenke: „Das weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Haben Sie mit Herrn Dienelt über das Thema gesprochen?“ Schenke: „In den letzten Jahren nicht, nee.“ Götzl: „Früher?“ Schenke: „Weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Was heißt: in den letzten Jahren?“ Schenke: „Da die Information da drin steht, muss ich ja mal mit ihm gesprochen haben, aber wann das war, weiß ich nicht mehr.“ Götzl hält nochmal den Teil mit den „Kameraden“, die Ärger mit der Bank wegen Schulden hätten, vor. Schenke: „Würde ich auch machen, wenn mich ein Kamerad drum bittet.“ Götzl: „Mich interessiert, ob das Gesprächsthema war und was gesagt wurde.“ Schenke: „Das weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Wie sah es denn überhaupt mit Kontakten Matthias Dienelts nach Zwickau aus?“ Schenke: „Das weiß ich nicht.“ Götzl: „Wie würden Sie denn überhaupt Ihren Freundschaftsgrad zu Matthias Dienelt einordnen?“ Schenke: „Heute? Wir sind gute Freunde, sehen uns aber trotzdem bloß alle drei, vier Monate.“ Götzl: „Wie gut?“ Schenke: „Richtig gut.“

Götzl: „Sagt Ihnen WBE etwas?“ Schenke: „Ja.“ Götzl: „Was?“ Schenke: „Dass ich mal Mitglied war.“ Götzl: „Wann?“ Schenke: „Keine Ahnung, ’98 bis etwa 2000.“ Götzl: „Wer war noch Mitglied?“ Schenke: „Die meisten Namen kenne ich nicht mehr. Weil ich zu den ganzen Leuten so gar keinen Kontakt mehr habe.“ Götzl: „Kein einziger Name?“ Schenke: „Matthias D., André E., Maik E.“ Götzl fragt, warum Schenke Abkürzungen nenne, er solle die Namen vollständig nennen. Schenke: „Ach so.“ Götzl: „Ich werde etwas ungeduldig mit Ihnen, Sie sollten nicht meine Geduld strapazieren. Verstehen wir uns richtig? „Schenke: „Ja.“ Dann sagt er: „André Eminger, , Matthias Dienelt. Und, wie er mit vollem Namen heißt, weiß ich nicht: Kösch [phon.]. Max, weiß nicht, wie er mit vollem Namen heißt. Mehr fallen mir jetzt nicht ein.“ Götzl: „Was bedeutet das, Mitglied in der WBE zu sein?“ Man habe „schicke T-Shirts“ gekriegt und ein „Ärmelband“ für die Bomberjacke, das sei ein Aufnäher. Götzl fragt, von wem man das bekommen habe. Sie hätten zusammen bestellt, so Schenke. Götzl: „Worum ging es denn der WBE?“ Schenke: „Für mich? Irgendeine Gruppenzugehörigkeit.“ Götzl: „Irgendeine?“ Schenke: „Ner rechten Gruppe.“ [leicht fragend]Götzl: „Erzählen Sie mal! Lassen Sie es sich nicht aus der Nase ziehen. Ich muss andauernd nachfragen. Merken Sie denn das nicht, dass jeder Satz wieder Fragen aufwirft? Die Fragen sind doch nicht kompliziert. Inwiefern war das für Sie bedeutsam, dass es eine rechte Gruppe war?“ Schenke: „Weil wir zu dem Zeitpunkt alle rechts waren. Und da lag das nah.“

Götzl fragt, warum Schenke ausgeschieden sei. Schenke: „Wegen meiner damaligen Freundin. Die war links und ihr hat es nicht gefallen.“ Götzl: „Worum ging es der WBE?“ Schenke: „Für mich ging es eigentlich bloß, wenn wir in die Disko gegangen sind, man macht viel mehr Eindruck, wenn man mit, was weiß ich, zehn Mann da rein geht und wir sehen alle gleich aus.“ Götzl: „Inwiefern war das von Bedeutung?“ Schenke: „War gut fürs Ego.“ Götzl: „Inwiefern?“ Schenke: „Man fühlte sich gleich viel größer.“ Götzl: „Können Sie Dienelt etwas beschreiben: Einstellung, Charakter, Art?“ Schenke: „Ein sehr korrekter Mensch. Manchmal cholerisch.“ Götzl fragt, was mit „sehr korrekt“ gemeint sei. Schenke: „Dass es, ja, z. B. hat er mal zugeschaut, wie ich die Hucke vollgekriegt habe, weil ich angefangen habe.“ Götzl fragt nach der Charakterisierung „cholerisch“. Schenke: „Er schreit halt gern im Auto.“

Götzl bittet Schenke, André Eminger zu beschreiben. Wo sie noch öfter Kontakt gehabt hätten, hätten sie tatsächlich bloß Kontakt in der Disko gehabt, so Schenke; sie hätten sich kurz davor getroffen, seien in die Disko, hätten getrunken und seien dann nach Hause gefahren. Götzl fragt nach dessen Rolle bei der WBE. Schenke: „Meines Wissens normales Mitglied.“ Götzl: „Gab es noch etwas anderes als normales Mitglied?“ Schenke: „Nicht so richtig, weil sonst wäre es nicht auseinander gegangen. Es gab keine richtige Führungsebene.“ Götzl: „Wie war die Struktur, können Sie das näher erklären? Wer hat sich um Organisatorisches gekümmert?“ Schenke: „Das war, glaube ich, der Maik Eminger.“ Götzl: „Was wissen Sie denn?“ Schenke: „Wir haben uns einmal im Monat getroffen, dann ist das mehr in Smalltalk ausgeartet und dann sind wir wieder jeder seiner Wege gegangen.“ Götzl fragt, wie die Treffen ausgemacht worden seien. Schenke: „Da hat jeder jeden angerufen.“ Götzl: „Was ist dann dabei rausgekommen, wenn jeder jeden anruft?“ Schenke: „Meistens nichts Genaues.“ Götzl: „Sie sagen doch, Sie hätten etwas unternommen.“ Schenke: „Wir haben uns einmal im Monat getroffen. In verschiedenen Kneipen.“ Götzl: „Wer hat das organisiert?“ Schenke: „Einer hat angefangen anzurufen und der hat den nächsten angerufen.“ Götzl: „Wer hat angefangen?“ Schenke: „Weiß ich nicht mehr.“ Götzl fragt, ob es Beiträge gegeben habe. Schenke: „Keine Ahnung.“ Götzl: „Maik Eminger, welche Rolle hatte der?“ Schenke: „Das weiß ich nicht mehr.“ Es folgt eine Pause bis 14:31 Uhr.

Danach fragt Götzl, ob er es richtig verstanden habe, dass Schenke gesagt habe, dass Dienelt keinen Bezug zu Zwickau hatte. Schenke: „Das weiß ich nicht, ob er Bezug noch hatte nach Zwickau.“ Götzl: „Sie hatten aber auch gesagt, dass Sie im Zusammenhang mit der Berichterstattung von Matthias D. in Zwickau gehört hätten, wie kommt da der Bezug zustande?“ Schenke: „In den Nachrichten kam, dass in Zwickau ein Haus abgebrannt war und ein Matthias D. involviert wäre.“ Götzl: „Wie kommen Sie denn dann darauf, dass D. Dienelt bedeutet, wenn er keinen Bezug zu Zwickau hat?“ Schenke: „Das wusste ich ja nicht, deswegen habe ich ihn ja angerufen und gefragt.“ Götzl: „Das ist das eine, aber die Frage ist: Wie kommen Sie auf Dienelt?“ Schenke: „Einfach so.“

Götzl: „Hat Herr Eminger mal bei Ihnen gewohnt?“ Schenke: „Nein.“ Götzl fragt, ob Eminger Schenke mal Briefe habe zukommen lassen, die für ihn selbst bestimmt gewesen seien. Schenke: „Er kam auf mich zu und hat gefragt, ob er einen Brief auf meine Adresse zustellen kann, da es seine Mutter nicht erfahren sollte.“ Götzl: „Können Sie das näher erläutern?“ Schenke: „Das weiß ich nicht. Ich habe bloß einen Brief bekommen und den habe ich ihm halt dann ausgehändigt.“ Götzl: „Was sollte seine Mutter nicht erfahren?“ Schenke: „Das mit dem Brief. Weiß nicht, was der Zusammenhang war, dass das seine Mutter nicht erfahren sollte. Da habe ich ihm gesagt, er kann den Brief an meine Adresse schicken lassen.“ Götzl fragt, ob Schenke erfahren habe, worum es in dem Brief geht. Schenke: „Nein, der wurde mir bloß dann bei beim Verhör mal vorgelegt. Muss wohl eine Abrechnung für eine Wohnung gewesen sein.“ Götzl: „Bei der Vernehmung wurde der Brief vorgelegt? Wann war denn das?“ Schenke: „Das Jahr weiß ich nicht mehr.“ Götzl: „Etwa?“ Schenke: „Keine Ahnung, 2000 rum. Kann auch ’98 gewesen sein, ich weiß es nicht mehr so genau.“

Dann folgt eine Inaugenscheinnahme zweier Blätter der „Wohnungsgenossenschaft Einheit Chemnitz“. Schenke: „Könnte sein, weiß ich nicht, ob der das war.“ Götzl sagt, da stehe das Jahr 2000. Schenke: „Das wurde mir bei der Polizei vorgelegt.“ Götzl: „Beide?“ Schenke: „Weiß ich nicht, möglich.“ Götzl: „Haben Sie so was mal bekommen?“ Schenke: „Ich selber? Nee.“ Götzl: „Wo haben Sie denn 2000 in dem Zeitraum gewohnt?“ Schenke: „2000? Glaube, noch bei meiner Mutter.“ Er nennt die Adresse. Götzl hält eine andere Adresse in der Christian-Friedrich-Röder-Straße in Johanngeorgenstadt vor. Schenke: „Das ist meine Wohnung gewesen, nach dem Bund, 2000 etwa.“ Götzl: „Und an welche Adresse haben sie was bekommen?“ Schenke: „An meine Adresse, an meine Wohnung, also muss der Brief 2000 rum gekommen sein.“ Götzl sagt, die Blätter würden beide die Adresse „Herr und Frau Eminger, c/o Marcel Schenke“ in der Christian-Friedrich-Röder-Straße tragen: „Deswegen die Frage: Haben Sie ein oder zwei Schreiben bekommen?“ Schenke: „Glaube eins.“ Götzl: „Was haben Sie damit gemacht?“ Schenke: „An André Eminger weitergegeben.“ [leicht fragend]Auf Frage, bei welcher Gelegenheit er das getan habe, sagt Schenke: „Weiß ich nicht mehr. Bei nächster Gelegenheit, wo ich den getroffen hatte.“ Er verneint, etwas über den Inhalt erfahren bzw. danach gefragt zu haben.

Vorhalt aus Schenkes Vernehmung am 06.12.2011: Der Matthias war vor drei Wochen bei mir zu Hause beim Grillen, ich glaube es war der 12. November. – Wie lange war er bei Ihnen? – 5 bis 6 Stunden. – Haben Sie über die Ereignisse in Zwickau gesprochen – Nein, die haben wir absichtlich ausgeschlossen, weil das überall im Fernsehen war. Götzl: „Über dieses Telefonat finde ich im Vernehmungsprotokoll nichts.“ Schenke: „Dann war es bei einer der nächsten Vernehmungen. Ich weiß es nicht.“ Götzl: „Ja die Frage ist, warum Sie nichts davon erwähnt haben.“ Schenke: „Weil ich nicht danach gefragt wurde.“ Götzl: „Das war am 06.12.2011! Und die Frage war: ‚Haben Sie über die Ereignisse in Zwickau gesprochen?'“ Schenke: „Nee.“ Götzl: „Deswegen: Gab es einen Grund, warum Sie das nicht erwähnt haben, das Telefonat in der ersten Vernehmung?“ Schenke: „Weil ich nicht danach gefragt wurde.“ Götzl: „Haben Sie denn zu dem Brief etwas gesagt, der für Herrn Eminger bestimmt gewesen wäre?“ Schenke: „Das weiß ich nicht, ob das bei der ersten Vernehmung war oder bei einer weiteren.“

Vorhalt: Aus bisherigen Ermittlungen ist bekannt, dass Post von Herrn Eminger an Ihre Anschrift zugestellt wurde. Welche Erinnerung haben Sie? – Keine. Schenke: „Weil ich mich nicht an jeden Brief erinnern kann, der irgendwann bei mir im Briefkasten landet.“ Vorhalt: Können Sie etwas aus Johanngeorgenstadt und über die Eminger-Brüder erzählen? – Nein und über die Eminger-Brüder möchte ich auch keine Aussage machen. Schenke: „Deswegen bin ich ja nochmal vorgeladen worden und dann wurde es ausführlich besprochen, das Ganze, nochmal.“ Götzl: „Gab es eine Grund, warum sie keine Aussagen machen wollten?“ Schenke: „Nein.“ Götzl: „Können Sie erklären, warum Sie dann keine Aussage machen wollten über die Eminger-Brüder?“ Schenke schweigt. Nach einer Weile sagt Götzl: „Dass sie unter Wahrheitspflicht stehen, muss ich, denke ich, nicht wiederholen. Ich rufe das einfach nochmal in Erinnerung.“ Wieder sagt Schenke nichts.

Dann macht Götzl einen Vorhalt aus dem Protokoll einer weiteren Vernehmung vom 17.12.2011: Wie lange haben Sie Briefe für Herrn Eminger entgegengenommen? – Das weiß ich nicht genau, aber nicht lange und es waren auch nicht viele Briefe. Götzl: „Hier ist also von Briefen die Rede.“ Schenke: „Vielleicht waren es auch zwei, ich weiß es nicht mehr.“ Vorhalt: Möchten Sie zu der Aussage, dass Sie mit Dienelt nicht über den Sachverhalt aus den Medien gesprochen haben, noch etwas ergänzen? – Nein, wir haben einen gemütlichen Abend verbracht, Matthias hat mir zu verstehen gegeben, dass er über die Sache nicht reden will und dann habe ich nicht nachgefragt. Götzl: „Auch hier findet sich nichts von dem Telefonat, das kommt dann erst im März. Warum haben Sie da am 17.12. nichts davon gesagt?“ Schenke: „Weil ich nicht danach gefragt wurde. Ich wurde gefragt nach dem Abend.“ Götzl sagt, er habe es ja vorgelesen und im Protokoll finde sich keine Beschränkung der Frage auf den Abend. Vorhalt: Möchten Sie zu der Aussage, dass Sie mit Dienelt über den Sachverhalt nicht geredet haben, etwas ergänzen? Schenke: „Ja aber nur zu dem Abend. Wir haben auch nicht über den Sachverhalt geredet, ich habe nur gefragt, ob er das war.“

Götzl: „Ich sage nur noch einmal: Ich habe Sie belehrt. Wenn Sie etwas verschweigen, dann machen Sie sich einer Falschaussage schuldig.“ Götzl sagt, Schenke könne als Zeuge schon ersehen, ob etwas zu einem bestimmten Thema gehört oder nicht, es müsse nicht immer ausdrücklich danach gefragt werden: „Wenn klar ist, dass es um bedeutsame Umstände geht, müssen Sie das darlegen, sonst verschweigen Sie unter Umständen einen wichtigen Aspekt. ‚Möchten Sie zu der Aussage, dass Sie mit Dienelt nicht über den Sachverhalt gesprochen haben, etwas ergänzen?‘ Da wäre doch Gelegenheit gewesen, auf das Telefonat einzugehen.“ Schenke: „Offensichtlich habe ich das so verstanden, dass sie mich bloß auf den Abend angesprochen haben.“ Götzl: „Gab es denn so etwas öfters, dass Sie Briefe angenommen haben unter Ihrer Anschrift von anderen Personen?“ Schenke: „Nein.“

NK-Vertreterin RAin Lunnebach fragt nach zum Grillabend am 12.11.2011: „Und jetzt war ja kurze Zeit vorher relativ viel in den Medien berichtet worden über den Brand in Zwickau. Wer hat denn mit wem über diesen Brand gesprochen?“ Schenke: „Da haben wir gar nicht drüber geredet.“ Lunnebach: „Weder Sie mit Herrn Dienelt noch sonst irgendeiner?“ Schenke: „Richtig.“ Lunnebach: „Wenn ich Ihnen vorhalte, dass Dienelt am 06.11. vernommen worden ist bei der Polizei, wollen Sie aussagen, dass Dienelt über die Tatsache, dass er vernommen worden ist, nicht berichtet hat?“ Schenke: „Es ist möglich, dass er gesagt hat, dass er mit seinem Anwalt bei der Polizei war.“ Lunnebach: „Aber Sie sagten gerade, dass an diesem Grillabend nicht gesprochen worden ist.“ Schenke: „Richtig. Wahrscheinlich hat er es dann kurz erwähnt, aber das Eigentliche, was da abging, hat er nicht erwähnt.“ Lunnebach: „Was heißt wahrscheinlich?“ Schenke: „Dass er mit dem Anwalt bei der Polizei war und damit war das Thema gegessen.“ Lunnebach: „Ist das eine Erinnerung?“ Schenke: „Ja.“

Lunnebach: „Eben erzählten Sie noch was komplett anderes. Welche Erinnerung darf ich jetzt zugrundelegen?“Schenke: „Er hat wahrscheinlich gemeint, dass er mit seinem Anwalt bei der Polizei war, und dass er da nicht drüber reden will.“ Lunnebach: „Ich habe den Eindruck, dass Sie möglichst wenig sagen wollen. Ich erinnere Sie daran, dass Sie sich anstrengen und die Wahrheit sagen müssen. Ein sehr guter Freund wird am 06.11. von der Polizei vernommen und Sie wollten mir zunächst sagen, dass Sie darüber nicht gesprochen haben. Und jetzt doch. Also was haben Sie genau mit Dienelt besprochen?“ Schenke: „Ich weiß, dass wir das Thema ausgeklammert haben.“

Lunnebach: „Haben Sie mit Herrn Eminger über das, was am 04.11.2011 unter dem Stichwort NSU aufgeflogen ist, gesprochen?“ Schenke: „Nein.“ Lunnebach: „Bei der Demo haben Sie mit ihm nicht über das Thema NSU-Prozess, seine Rolle als Angeklagter und Ihre Rolle als Zeuge gesprochen?“ Schenke: „Nein.“ Schenke verneint, bei der Demo die ganze Zeit neben Eminger gelaufen zu sein: „Ich habe nach Ende der Veranstaltung ihn ganz kurz gesehen. Ich bin den ganzen Tag mit meiner Frau rumgezogen und habe ihn bloß durch dummen Zufall beim Gehen getroffen. Da haben wir uns 30 Sekunden die Hand gegeben und ‚Glück auf‘ gesagt und dann sind wir wieder gegangen.“ Das sei ein Bergmannsgruß bei ihnen in der Gegend, das sei so wie ‚Grüß Gott‘. Lunnebach: „Und da war Ihre Frau auch dabei?“ Schenke: „Die war mit der Tochter beschäftigt. Die stand ein bisschen weiter weg.“

Vorhalt aus dem Protokoll einer Vernehmung von Kü. zum Thema Matthias Dienelt: Es war in den letzten Jahren, da hat er mir am Wochenende mal gesagt, dass er dorthin macht zu den Zwickauern. Es war auf jeden Fall im Zeitraum, seit ich bei [Firmenname] gearbeitet habe ab 2006 und auch in der letzten Zeit. Wenn ich gefragt werde, wie oft er dort war, kann ich das nicht sagen. Ich habe ihn ja auch nicht jedes Wochenende gesehen. V. d. Behrens: „Matthias Dienelt soll zu Kü. gesagt haben, er fährt nach Zwickau. Hat er auch Ihnen gegenüber so was gesagt?“ Schenke: „Nein.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Rocco He.: Matthias hat mal erzählt, dass er in Zwickau mal zu einer Art WG fährt; das war als er Computerprobleme hatte; er sagte, dass er in Zwickau jemanden kennen würde, die würden sich drum kümmern; ich habe gefragt und er hat gesagt, das wären zwei Kerle und eine Frau, die dort in einer WG wohnen. V. d. Behrens: „Erwähnte Dienelt Ihnen gegenüber mal eine WG in Zwickau?“ Schenke: „Nein.“

V. d. Behrens fragt zur WBE: „Heute sagten Sie, Maik Eminger sei für die Organisation verantwortlich gewesen. Wissen Sie noch, dass Sie beim BKA etwas Abweichendes gesagt haben?“ Schenke: „Nein.“ Vorhalt: Die organisatorischen Sachen haben die Eminger-Brüder übernommen, wobei es nicht viel zu organisieren gab; sie haben die Treffen organisiert, wobei es mehr eine Umfrage war, wer wann kann. Schenke: „Möglich.“ Vorhalt: Wer gab vor, welche Aktionen durchgeführt werden sollten bzw. wer organisierte die? – Das ging von den Emingers aus und wir haben das diskutiert, ob wir das machen; die Emingers haben Aufgaben verteilt, bei der Durchführung haben alle anderen mitgeholfen. V. d. Behrens: „Kommt eine Erinnerung zurück, dass das so war?“ Schenke: „Ja.“ V. d. Behrens: „Gibt es einen Grund, warum Sie das dann auf Frage des Vorsitzenden nicht angegeben haben?“ Schenke: „Es ist mir wahrscheinlich entfallen.“

Er bejaht, dass ihm bekannt sei, ob die WBE durch Staatsschutz oder Verfassungsschutz überwacht wurde, die WBE habe mal ein Konzert veranstalten wollen und dort sei ein oder zwei Tage vorher ein Staatsschützer gekommen: „Wir wissen wo es ist, wer da spielen soll und, halt alles.“ V. d. Behrens: „Gab es dann eine Diskussion unter Ihnen, woher er die Informationen hatte?“ Schenke: „Ja, bestimmt.“ V. d. Behrens: „Haben Sie eine Erinnerung daran?“ Schenke: „Nein.“ V. d. Behrens fragt, ob Schenke mal angesprochen worden sei vom VS oder Staatsschutz, ob er zusammenarbeiten wolle. Schenke: „Nein.“ „Wissen Sie von anderen WBE-Mitgliedern, ob die angesprochen wurden?“ Schenke: „Nein.“ V. d. Behrens: „Kennen Sie das Lied von ‚‚?“ Schenke: Ja.“ V. d. Behrens: „Wie heißt das?“ Schenke: „Der hat mehrere Lieder, aber ich gehe davon aus, dass Sie ‚Dönerkiller‘ meinen.“

RA Narin: „Haben Sie mit jemandem aus dem Freundeskreis über Ihre Aussage hier vor Gericht gesprochen?“ Schenke: „Ich habe dem Herrn Dienelt gesagt, dass ich heute hierher muss, am Sonntag.“ Narin: „Haben Sie in der Vergangenheit auch über Ihre polizeilichen Vernehmungen mit anderen Personen gesprochen?“ Schenke: „Nein.“ Narin: „Sind Sie sicher?“ Schenke: „Ja.“ Vorhalt aus einer Vernehmung von Frank S.: Letztes Mal rief mich der Matthias an, der sagte mir, dass er gerade mit [Name der Frau von Schenke] gesprochen hätte; die sagte, dass Sie gerade ihren Mann abgeholt hätten, daraufhin rief ich den Marcel an und er sagte mir, dass sie ihn wegen Briefen befragt hätten. Schenke: „Dann haben die mich doch mal. Aber ich erinnere mich nicht an jedes Telefonat.“ Narin: „Sind Sie häufiger Zeuge in Mordverfahren gewesen?“ Schenke: „Nein, das ist mein erster.“ Narin: „Haben Sie mit weiteren Zeugen oder Beschuldigten in diesem Verfahren über deren Vernehmungen gesprochen?“ Schenke: „Nein.“ Narin: „Wissen Sie, ob S. vernommen wurde in dem Verfahren?“ Schenke: „Es wurde ganz Johannstadt [Johanngeorgenstadt] vernommen, so kommt’s einem vor.“ Die Informationen habe er von den Leuten, mit denen er im Garten ein Bier trinken gewesen sei.

Er bejaht, zu kennen. Narin: „Woher?“ Schenke: „Aus der Schule.“ Narin: „Haben sie sich mit Mandy Struck auch mal unterhalten über dieses Verfahren?“ Schenke: „Nein.“ Narin: „Haben Sie sich mit anderen über die Einvernahme von Mandy Struck unterhalten?“ Schenke: „Nicht dass ich wüsste.“ Narin: „Haben Sie eigentlich Kontakte nach Bayern, nach München oder Nürnberg?“ Schenke: „Nein.“ Narin: „Haben Sie nicht gesagt, dass Sie in München gearbeitet haben?“ Schenke: „Ja, mit der Firma aus Breitenbrunn in Sachsen.“ Narin: „Wissen Sie, ob Mandy Struck mal in München gelebt hat?“ Schenke: „Nein.“

Narin: „Haben Sie eigentlich Angst vor Repressalien aus der Szene im Hinblick auf Ihre Aussage?“ Schenke: „Nein.“ Narin: „Haben Sie die Befürchtung, im Zusammenhang mit einer wahrheitsgemäßen Aussage im Freundes- und Bekanntenkreis an Ansehen zu verlieren?“ Schenke: „Nein.“ Narin fragt, ob in der WBE über Ausländer gesprochen worden sei. Nach kurzem Schweigen sagt Schenke: „Das kann ich so nicht sagen, bestimmt.“ Narin: „Wurde über Türken gesprochen?“ Schenke: „Weiß ich nicht mehr.“ Narin: „Über Juden?“ Schenke: „Keine Ahnung, ob wir da vor 15 Jahren mal drüber gesprochen haben.“ Narin: „War das allgemein Thema: Juden, Ausländer, Asylbewerber?“ Schenke: „Nein.“ Narin: „Ich will Ihnen in einem ganz anderen Kontext noch was vorhalten. Ein Beamter sagt in Ihrer Vernehmung: ‚Sie äußerten bei der letzten Vernehmung Folgendes: Wenn die beiden nicht schon tot wären, müssten die für diese Scheiße verhaftet werden.'“ Schenke: „Ja.“ Narin: „Wie meinten Sie das?“ Schenke: „Wenn das alles so zutrifft, wie die Medien berichten, dann hätten die weggeschlossen gehört, für immer. Können doch nicht einfach Leute umbringen.“

Ein NK-Vertreter [vermutlich in Vertretung für RA Rabe]fragt, ob das Thema „Rasse“ in der WBE Thema gewesen sei. Schenke: „Bestimmt.“ Auf Frage, wie darüber gesprochen worden sei, sagt Schenke: „Wahrscheinlich in Gesprächen, wie man halt so spricht.“ Der RA fragt: „Wie sprach man denn da so?“ Schenke schweigt zunächst und sagt dann: „Ich hab keine Ahnung, wie ich das erklären soll.“ Auf Frage, wie es denn zu dem Namen „“ gekommen sei, sagt er: „Wie das genau entstanden ist, weiß ich nicht mehr so genau.“ Auf die Frage, was denn auf T-Shirts und Aufnähern drauf gestanden habe, sagt Schenke: „Weiße Bruderschaft Erzgebirge.“ Der RA fragt: „Man wird sich ja überlegt haben, was man drauf schreibt. Wie kam es zu der Bestellung? Wer ist an Sie herangetreten, ob Sie ein T-Shirt wollen?“ Schenke: „Das ist 15 Jahre her, das weiß ich nicht mehr.“ Der NK-Vertreter sagt, man hätte sich ja z. B. auch „Nationale Bruderschaft“ nennen können. Schenke: „Das weiß ich nicht mehr.“ Schenke bejaht die Frage, ob dieser Name etwas mit einer „weißen Rasse“ zu tun gehabt habe.

RA Kuhn: „Wann kam Ihnen denn das erste mal eine Erinnerung, dass zu Ihnen Briefe geschickt wurden, die an Eminger adressiert waren?“ Schenke: „Das weiß ich nicht. Vermutlich nachdem sie mir vorgelegt wurden.“ Kuhn: „Die sind Ihnen am 17.12.2011 vorgelegt worden. Der Kollege Narin hat Ihnen die Angaben des Zeugen S. vorgehalten: ‚Und er sagte, dass sie ihn wohl wegen irgendwelcher Briefe befragt hätten, welche er für André in Empfang nahm‘. Diese Vernehmung ist aber auf den 14.12.2011 datiert. Wann kam Ihnen das erste Mal die Erinnerung?“ Schenke: „Ich weiß es schlicht und einfach nicht mehr.“ Vorhalt aus einem Vernehmungsprotokoll von Schenke: In Ihrer letzten Vernehmung tauchen Unregelmäßigkeiten in Ihrer Aussage auf, die heute geklärt werden könnten; bedenken Sie die Konsequenzen einer Falschaussage und äußern Sie sich wahrheitsgemäß. Kuhn: „Wissen Sie noch, was Sie darauf gesagt haben?“ Schenke: „Das weiß ich nicht, aber Sie werden es mir bestimmt gleich erzählen.“ Vorhalt: Wenn ich gesagt habe, dass ich nichts mehr weiß, dann muss ich sagen, dass ich nicht geschwindelt habe; ich kenne niemanden, der sich erinnern würde, dass er 12, 13 Jahre vorher Post bekommen hat. Schenke: „Richtig.“ Kuhn: „Wie konnten Sie das drei Tage vorher gegenüber S. erinnern aber dann nicht mehr bei der Polizei?“ Schenke: „Das weiß ich nicht.“ Kuhn: „Welchen Grund gab es, nicht die Wahrheit zu sagen?“ Schenke: „Keinen, das ist mir wahrscheinlich einfach nur entfallen.“ Kuhn: „Nach drei Tagen?“ Schenke: „Ja.“

OStA Weingarten: „Die WBE, hat die Ihrer Kenntnis nach ein Heft herausgegeben?“ Schenke: „Ja.“ Das habe seiner Erinnerung nach „“ geheißen, so Schenke auf Frage. Weingarten: „Wie kam es zur Erstellung des Heftes, können Sie mir das berichten?“ Schenke: „Nein, weil ich mich damit überhaupt nicht befasst habe.“ Vorhalt aus einer Vernehmung Schenkes vom 20.08.2014: Wer war für die Veröffentlichung verantwortlich? – Ich nehme an, dass dafür die Emingers verantwortlich waren. Schenke: „Ja, das ist eine Vermutung von mir.“ Weingarten: „Wie kommen Sie auf die Vermutung?“ Schenke: „Keine Ahnung. Habe es einfach nur vermutet. Ich weiß es nicht.“ Weingarten: „Wollen Sie mir sagen, dass Sie bei der BKA-Vernehmung einfach mal so Ihren ehemaligen Freund, Bekannten als Verantwortlichen für das Heft bezeichnet haben, ohne irgendeinen Anlass für diese Erinnerung?“ Schenke: „Ja.“ Weingarten: „Sie stehen unter Wahrheitspflicht und ich sage Ihnen offen: Ich glaube Ihnen nicht. Und was das bedeutet, wenn ein Staatsanwalt so was sagt, ist klar?“ Schenke: „Ja.“

Weingarten: „Der Satz geht weiter: ‚weil sie allgemein für die Organisation verantwortlich waren.‘ Haben Sie das so gesagt?“ Schenke: „Wenn es da drinsteht, ja.“ Weingarten: „Kommt jetzt eine Erinnerung daran?“ Schenke: „Wenn Sie die ganze Organisation gemacht haben, dann werden sie wohl auch das gemacht haben.“ Weingarten: „Herr Schenke, was wissen Sie heute zu diesem Thema?“Schenke: „Nichts.“ Weingarten: „Ihre BKA-Vernehmung ist keine 11 Monate her. Was ist seither passiert, was Ihre Erinnerung derart pulverisiert haben könnte?“ Schenke schweigt. Weingarten: „Sie müssen meine Frage beantworten und ich schweige solange, bis Sie sie beantworten.“ Weingarten wiederholt die Frage. Schenke antwortet: „Nichts.“ Weingarten: „Dann erklären Sie, warum Sie am 20.08.2014 eine Erinnerung hatten, dass die Emingers verantwortlich waren allgemein für die Organisation, und heute keine Erinnerung haben!“ Schenke: „Ich tue mich jetzt im Zweifelsfall bloß in Widersprüche verwickeln. Und da mir hier jemand einen ganz großen Strick drehen will. Ich bin ja schon oft drauf hingewiesen worden, dass ich mit Verhaftung bedroht werde. Im Moment fühle ich mich nicht von der rechten Szene bedroht, sondern von Ihnen.“

Weingarten sagt, dass von Haft niemand gesprochen habe. Schenke sagt, ihm sei heute ein Jahr Haft angedroht worden. Dazu sagt Götzl, dass das die Belehrung gewesen sei und das sehe die StPO nun mal vor. Weingarten: „Und außerdem ist es so, da Sie ja Klartext wünschen: Die Falschaussage ist erst dann vollständig, wenn Ihre Aussage beendet ist. Sie können das jetzt noch ohne jeden Schaden tun. Und außerdem will Sie niemand in Widersprüche verwickeln, sondern nur die ungeschminkte Wahrheit hören. Und ich verwahre mich gegen die Unterstellung. Haben Sie das verstanden?“ Schenke: „Ja.“ Weingarten: „Gut, denn es ist ehrenrührig, wenn Sie mir derartiges entgegenschleudern. Und jetzt warte ich auf die Antwort auf die Frage, die ich bereits zweimal gestellt habe.“ Schenke: „Da die Emingers bei der WBE die meiste Zeit, wie ich bei der Vernehmung auch gesagt habe, die Organisation übernommen hatten, bin ich davon ausgegangen, dass sie auch für die Organisation von dem Heft verantwortlich waren.“ Weingarten: „Also ein Rückschluss. Sie haben keinerlei Erinnerung, in der Sie die beiden Emingers mit dem Heft in Verbindung bringen?“ Schenke: „Richtig.“

Vorhalt: Ich glaube, dass eher der Maik dafür verantwortlich war. Schenke bejaht, das so gesagt zu haben. Schenke sagt, früher habe es, weil es ja Zwillinge sind, immer geheißen: „der Dumme und der Schlaue“. Und Maik sei immer als der Schlaue bezeichnet worden. Weingarten: „Ausweislich des Protokolls war die Schlussfolgerung eine andere: ‚da er sich mehr mit Schreiben beschäftigt hat‘. Stimmt das so?“ Schenke: „Ja.“ Weingarten: „in welcher Form hat sich Maik mehr mit Schreiben beschäftigt?“ Schenke: „Weil er mal Abitur machen wollte.“Weingarten: „Ja, da steht nichts von Abitur, da steht ‚Schreiben‘.“ Schenke: „Wenn was in der WBE zu machen war, dann hat es meistens der Maik gemacht.“ Weingarten: „Wenn was zu machen war?“ Schenke: „Irgendwas Schriftliches. Eine Art Schriftführer.“

Weingarten: „Waren Sie mal zugegen, wenn in der WBE über einzelne Artikel oder das Heft gesprochen worden ist?“ Schenke: „Nein.“ Weingarten: „Sie sind mal gefragt worden unter Vorlage eine Artikels aus diesem Fanzine, ob Ihnen das was sagt, wenn da das Kürzel ‚A.‘ steht.“ Schenke: „Ja, da habe ich gesagt: Nee, weiß ich nicht, könnte der Autor sein.“ Weingarten: „Haben Sie Kenntnisse dazu, welche Personen aus der WBE Artikel geschrieben haben für dieses Fanzine?“ Schenke: „Nein.“ Weingarten: „Ihnen ist mal ein Interview vorgelegt worden aus dem ‚Foier Frei‘ Nummer 13. Da soll die WBE mal vorgestellt worden sein. Haben Sie das Interview gegeben?“ Schenke: „Nein.“ Weingarten fragt, ob Schenke wisse, wer dieses Interview gegeben habe. Schenke: „Nein.“ Weingarten: „Gab es Verantwortliche innerhalb der WBE, die solche Tätigkeiten übernommen haben?“ Schenke: „Ich vermute mal, dass es der Maik gemacht hat.“ Weingarten: „Warum?“ Schenke: „Weil Schreiben sein Ding war.“ Vorhalt: Wenn dann hat bestimmt einer der beiden Emingers die WBE nach außen vertreten. Schenke: „Ja.“ Weingarten: „Eben sagten Sie, der Maik hätte die WBE nach außen vertreten, aber im Protokoll ist von beiden Emingers die Rede. Können Sie erklären, woher die unterschiedliche Vermutung kommt?“ Schenke: „Nee.“

NK-Vertreter RA Hoffmann: „War ‚The Aryan Law and Order‘ der politische Ausdruck der WBE?“ Wieder schweigt Schenke zunächst und sagt dann: „Ich sag jetzt einfach mal ja.“ Hoffmann: „Haben Sie darüber diskutiert, was in die Hefte reinkam?“ Schenke: „Nein, also ich nicht. Weil ich nicht involviert war. Weil ich mich damit nicht befasst habe.“ Hoffmann: „Wer hat die gedruckt?“ Schenke: „Das weiß ich nicht. Ich habe mich damit nicht befasst.“ Er verneint, mitbekommen zu haben, ob und wie diese Hefte verteilt wurden.

Hoffmann: „Sind die zu den monatlichen Treffen mitgebracht worden?“ Schenke: „Ich glaube ja, ich habe eins zu Hause, zwei.“ Hoffmann: „Erinnern Sie sich, von wem Sie das gekriegt haben?“ Schenke: „Nein.“ Hoffmann. „Ist irgendjemand als Verkäufer aufgetreten?“ Schenke: „Das weiß ich nicht, ich habe mich mit den Heften nicht befasst.“ Hoffmann: „Kennen Sie die ‚‚?“ Schenke: „Ja, ich kann sie aber wörtlich nicht wiedergeben.“ Hoffmann: „War das einer der Inhalte, eine der Forderungen der WBE?“ Schenke: „Soweit man von Forderungen sprechen kann, ja.“ RAin v. d. Behrens macht einen Vorhalt aus einer Vernehmung von Hi.: Dazu kann ich sagen, dass die beiden Emingers verantwortlich sind, weil sie uns Entwürfe von Artikeln zum Lesen vorlegten; die haben auch gesagt, dass Mitgliedsbeiträge zum Drucken verwendet wurden. Schenke: „Dann war ich offensichtlich zu dem Treffen nicht.“ Der Zeuge wird entlassen. NK-Vertreter_innen behalten sich Erklärungen vor. Der Verhandlungstag endet um 16:04 Uhr.

Das Blog „nsu-nebenklage“:

„Es folgte eine Mitarbeiterin des Autoverleihs, bei dem das Trio das Fahrzeug für den Banküberfall in Eisenach am 4.11.2011 gemietet hatte. Bei der Abholung wurde Uwe Böhnhardt von einer Frau begleitet. Nach den Aussagen der Zeugin heute hatte die Frau ein Mädchen dabei, das sie als „Mama“ ansprach, und fuhr nach einem Termin mit dem Auto weg – deutliche Hinweise, dass es sich nicht um Beate Zschäpe handelte. (…) Jedenfalls zeigt auch ihre Aussage erneut, dass die These vom NSU als kleine, abgeschottete Zelle nicht stimmen kann, wenn eine weitere „Kameradin“ des Trios nicht nur bei der Anmietung eines Fahrzeugs für eine Straftat des NSU dabei war, sondern auch anscheinend nichts dabei fand, ihre kleine Tochter mitzunehmen. Die erste und einzige Frage des neuen Zschäpe-Verteidigers Grasel war, wer denn damals die Miete für das Fahrzeug bezahlt hatte. Der Zeugin zu Folge war es der Mann. Die Verteidigung wollte darauf hinaus, dass Zschäpe entgegen der bisherigen Beweisaufnahme doch nicht das gemeinsame Geld verwaltet habe – eine These, die kaum verfängt, wenn sie bei der Abholung gar nicht dabei war. Der gesamte Nachmittag war dann wieder einem Zeugen aus der Abteilung „und täglich lügt der Nazizeuge“ gewidmet. (…) Der Zeuge trug seine angeblichen Erinnerungsschwierigkeiten so dreist vor, dass schlussendlich – ein Novum in diesem Prozess – der Vertreter der Bundesanwaltschaft Weingarten ihm die Einleitung eines Strafverfahrens wegen Falschaussage androhte. Einmal mehr wurde deutlich, dass das Umfeld des NSU bis heute zusammenhält und jede Aufklärung zu verhindern versucht. Insoweit war es kaum verwunderlich, dass der Zeuge angab, den Angeklagten Eminger im vergangenen Jahr zufällig getroffen zu haben: bei einer rassistischen Demonstration gegen eine Asylunterkunft in Schneeberg.“
http://www.nsu-nebenklage.de/blog/2015/07/14/14-07-2015/

    » «