Protokoll 351. Verhandlungstag – 07. März 2017

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Der Senat verliest zu Beginn des Prozesstages einige Schriftstücke, es werden außerdem Abbildungen in Augenschein genommen. Danach lehnt Götzl einige Beweisanträge von Vertreter*innen der Nebenklage sowie der Verteidigung von Ralf Wohlleben ab und verkündet dann, dass nun über alle vorliegenden Anträgen von Seiten des Senats entschieden worden sei. Die Verteidigung Wohlleben beantragt währenddessen immer wieder eine Unterbrechung des Verhandlungstages. Dies wird zurückgestellt. Vor Ende des Prozesstages stellt NKRA Fresenius einen Beweisantrag zum Behördenverhalten bzgl. des Anschlags in der Kölner Keupstraße. Er legt darin dar, dass sowohl bei der Polizei als auch beim Verfassungsschutz ein rechtes Motiv für den Anschlag sehr zeitnah ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Dennoch sei dies nie öffentlich kommuniziert worden, vielmehr habe sich der damalige Bundesinnenminister Otto Schily kurz nach dem Anschlag gegenteilig geäußert und einen möglichen terroristischen Hintergrund verneint.

Der Verhandlungstag beginnt um 09:47 Uhr. Nach der Präsenzfeststellung sagt Götzl, dass vorgesehen sei, Schriftstücke zu verlesen und Asservatenabbildungen in Augenschein zu nehmen. Er nennt die Fundstellen. Dann beginnt Richter Lang mit der Verlesung eines Vermerks der PD Südwestsachsen, KHM Ra. [siehe 66. Verhandlungstag]. Darin geht es darum, dass „Lisa Dienelt“ [Aliaspersonalie von Beate Zschäpe] nicht zur Vernehmung erschienen sei, es sei versucht worden, ihre Telefonnummer zu erfragen, diese sei jedoch nicht verzeichnet. Es sei dann der Geschädigte Martin F. [siehe 56. Verhandlungstag] angerufen worden, der nur habe sagen können, dass Frau Dienelt ein Handy besitze, die Nummer kenne er nicht. F. habe zugleich angegeben. dass ihm in der Wohnung Gegenstände entwendet worden seien, u. a. eine Goldkette.

Dann verliest Richter Lang eine Pressemitteilung der [siehe Beweisantrag der Verteidigung Wohlleben vom 348. Verhandlungstag]. Danach wird ein Asservat in Augenschein genommen und verlesen. Es handelt sich um ein Dokument der Firma „Caravan Vertrieb H.“, das auf André Eminger ausgestellt ist. Danach folgt zunächst die Inaugenscheinnahme und dann die Verlesung mehrerer teilweise längerer Asservate. Hierbei handelt es sich um eine Liste von „Clips“ aus „Der rosarote Panther“ sowie eine Anleitung zum Schneiden und Bearbeiten. [Siehe hierzu den Beweisantrag von NK-Vertreter RA Narin vom 350. Verhandlungstag.] Götzl: „Erklärungen? Keine? Dann werden wir jetzt eine Pause einlegen bis 55.“

Um 10:59 Uhr geht es weiter. Götzl: „Wir kommen nunmehr zur Verkündung von Beschlüssen.“ Götzl verkündet den Beschluss, dass der Beweisanregung von NK-Vertreter RA Elberling, über die VS-Behörde Hamburg ein Behördenzeugnis zur „“ einzuholen [349. Verhandlungstag], nicht entsprochen wird. Die von Elberling vorgeschlagene Beweiserhebung sei
ausdrücklich als Anregung formuliert. Dass es sich dabei lediglich um eine fehlerhafte Formulierung eines an sich von ihm gewollten Beweisantrags handelt, könne der Senat ausschließen. Über die demnach hier vorliegende Beweisanregung entscheide das Gericht im
Rahmen seiner Amtsaufklärungspflicht. Götzl macht dann die üblichen Ausführungen zur Amtsaufklärungspflicht. Danach sagt er, dass die Aufklärungspflicht nicht dazu dränge, der
Anregung zu entsprechen und das Behördenzeugnis zu erholen. Es sei nicht erkennbar, dass die Erholung eines derartigen Behördenzeugnisses im Hinblick auf eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage bei den angeklagten Personen zu einem Aufklärungsgewinn führen würde. Dass Zschäpe „an Veranstaltungen der sogenannten rechten Szene teilgenommen hat, ist durch die Beweisaufnahme hinlänglich belegt. Der hier zu belegende Umstand, dass sie noch an einer weiteren derartigen Veranstaltung teilgenommen hat, hätte keine Bedeutung für eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage.“

Danach verkündet Götzl den Beschluss, dass der Beweisantrag von NK-Vertreter RA Reinecke auf Vernehmung von Chris Me., Leiter der Unternehmenskommunikation bei der dpa, Lars Fr. von der Freien Presse Chemnitz und Michael Ta., Geschäftsführer der Mediengruppe Thüringen Verlag GmbH, [349. Verhandlungstag] abgelehnt wird, weil die unter Beweis gestellten Tatsachen für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung seien. Götzl gibt zunächst den Tenor des Beweisantrages wieder, dann macht er die üblichen Ausführungen zur Bedeutungslosigkeit einer unter Beweis gestellten Indiz- oder Hilfstatsache aus tatsächlichen Gründen und zur prognostischen Prüfung. Zur konkreten Begründung der Ablehnung führt er aus:
Die Beweistatsachen, die durch die drei Zeugen bewiesen werden sollen, belegen, dass weder die dpa noch in Sachsen und Thüringen verbreitete Lokalzeitungen über den Anschlag in der Probsteigasse in Köln im Jahr 2001 berichtet haben. Hieraus, so die Antragsteller, sei zu schließen, dass die Angeklagte Zschäpe in ihrer Einlassung vom 09.12.2015 nicht die Wahrheit gesagt habe. Sie habe dort nämlich ausgeführt, sie habe von dem Bombenanschlag in der Probsteigasse in Köln erst erfahren, als sie Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt nach Berichten in der Presse darauf angesprochen habe. Aus der ihr zugänglichen Presse könne sie aber davon nicht erfahren haben. Die unter Beweis gestellten und hier als erwiesen unterstellten Umstände sind für die Entscheidung jedoch tatsächlich ohne Bedeutung:

a. Die als erwiesen unterstellten Beweistatsachen lassen keine Schlüsse im Hinblick auf Glaubhaftigkeit der Angaben der Angeklagten Zschäpe zu. Zutreffend gehen die Antragsteller davon aus, dass als Indiz für die Unglaubhaftigkeit der Angaben der Angeklagten Zschäpe der Umstand herangezogen werden könnte, dass die Angeklagte Zschäpe keine Möglichkeit gehabt hätte, Presseartikel über den Anschlag in der Probsteigasse einzusehen.
b. Dies ist aber nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Fall. Die Angeklagte Zschäpe hatte in der von ihr und Mundlos und Böhnhardt genutzten Wohnung Zugriff auf zumindest drei Zeitungsartikel zur „Probsteigasse“. i. So hat die Zeugin KHKin Ar. in der Hauptverhandlung
glaubhaft insoweit ausgeführt, im Brandschutt in der Frühlingsstraße 26 in Zwickau seien zahlreiche Zeitungsartikel zu den angeklagten Taten sichergestellt worden. Drei Artikel hätten
sich auf den Anschlag in der Probsteigasse bezogen. Der Senat hat diese drei sichergestellten Zeitungsartikel in Augenschein genommen und insoweit verlesen, dass das Veröffentlichungsdatum in zeitlicher Nähe zum Zeitpunkt der Explosion am 19.01.2001 und der Umstand, dass sich alle drei Artikel auf den Anschlag in der Probsteigasse beziehen, festgestellt werden konnten. ii. Aus diesen Beweiserhebungen folgt, dass in der Frühlingsstraße 26 in Zwickau, drei Zeitungsartikel zum Anschlag „Probsteigasse“ vorhanden waren. Aus diversen weiteren Beweiserhebungen ergibt sich, dass die Angeklagte Zschäpe zusammen mit den verstorbenen Mundlos und Böhnhardt in der Frühlingsstraße 26 in einer gemeinsamen Wohnung wohnte.

iii. Aus den Umständen, dass diese drei sichergestellten Zeitungsartikel im Januar 2001 veröffentlicht wurden, dass es sich um Originalzeitungen – also keine Kopien oder Ausdrucke – handelt und dass eine umfangreiche Sammlung von Artikeln zu weiteren angeklagten Tötungsdelikten ab dem Jahr 2000 in der zuletzt genutzten Wohnung in der Frühlingsstraße aufgefunden wurde, schließt der Senat, dass die Originalzeitungen mit den Artikeln sukzessive nach den angeklagten Taten erworben und gesammelt wurden. Somit waren die Artikel zur Probsteigasse auch bereits im Jahr 2001 in der damals gemeinsam von der Angeklagten und Mundlos und Böhnhardt genutzten Wohnung für die Angeklagte zugänglich.
iv. Die ergänzenden Ausführungen der Antragsteller in diesem Zusammenhang überzeugen nicht: (1) Die Antragssteller führen aus, die Einlassung der Angeklagten könne nicht so verstanden werden, dass die Angeklagte ihre Erkenntnisse aus den asservierten Zeitungsartikeln entnommen habe. Es habe sich bei der Einlassung der Angeklagten Zschäpe um eine von den Verteidigern vorbereitete Erklärung gehandelt. Eine derartige Einlassung sei besonders genau und detailliert. Zudem sei in einem Artikel ein Phantombild des Täters veröffentlicht. Es sei daher zu erwarten, dass die Angeklagte dieses Bild in ihrer Einlassung erwähnt hätte, weil dieses keinerlei Ähnlichkeit mit Mundlos oder Böhnhardt aufgewiesen habe. Demnach seien die asservierten Presseberichte von der Angeklagten in Ihrer Einlassung nicht gemeint gewesen. Sie habe vielmehr auf andere Artikel Bezug genommen, die es aber, so werde die Beweiserhebung ergeben, nicht gegeben habe.

(2) Dieser Argumentation folgt der Senat nicht: Die Angeklagte erklärte am 09.12.2015: „So erfuhr ich vom Bombenanschlag in der Probsteigasse in Köln erst, als ich sie nach Berichten in der Presse darauf ansprach, ob sie etwas damit zu tun hätten.“ Diese Äußerung lässt sich zwanglos mit dem Ablauf vereinbaren, dass die Angeklagte nach der Explosion in der Probsteigasse am 19.01.2001 die in der Wohnung darüber vorhandenen Artikel gelesen hat. In welchem Umfang eine Verteidigererklärung in die Details geht, obliegt aber der Entscheidung des Mandanten und des Verteidigers im konkreten Einzelfall. Die Detaildichte, die die Antragsteller erwarten, ist dafür kein Maßstab und deshalb irrelevant. Gleiches gilt für die Vermutung, dass das Phantombild in der Verteidigererklärung hätte erwähnt werden müssen, wenn die Angeklagte Zschäpe ihr Wissen zur Probsteigasse aus den sichergestellten Artikeln bezogen hätte. Die Folgerung der Antragsteller erschließt sich dem Senat nicht.

Es folgt die Ablehnung des Beweisantrags der Verteidigung Wohlleben auf Vernehmung des Jenaer Staatsschutzbeamten Tu. [295. Verhandlungstag]. Wieder macht Götzl nach der Wiedergabe der Beweistatsachen die üblichen Ausführungen zur Bedeutungslosigkeit einer unter Beweis gestellten Indiz- oder Hilfstatsache aus tatsächlichen Gründen und zur prognostischen Prüfung. Die unter Beweis gestellten Tatsachen als erwiesen unterstellt, belegten zusammengefasst, so Götzl weiter, verschiedene Umstände, welche der Zeuge und der ebenfalls benannte und bereits in der Hauptverhandlung gehörte Zeuge Kö. als Mitglieder des polizeilichen Staatsschutzdezernats in Jena ab Mitte der 1990er Jahre bis in die 2000er Jahre im Zusammenhang mit dem Angeklagten Wohlleben erfuhren sowie verschiedene Umstände im Zusammenhang mit der „sogenannten rechten Szene“ in Jena. Diese unter Beweis gestellten Tatsachen seien aber einzeln und in ihrer Gesamtheit für eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage bei den Angeklagten tatsächlich ohne Bedeutung:

a. Beweistatsache 1: Dem unter Beweis gestellten Umstand, dass der Zeuge und der ebenfalls benannte und gehörte Zeuge Kö. Mitte der 1990er Jahre bis in die 2000er Jahre Kriminalbeamte des Dezernats Staatsschutz der KPI Jena waren, kommt im Hinblick auf die angeklagten Taten und mögliche Rechtsfolgen keine Aussagekraft zu. Der Senat zieht hieraus deshalb auch keine Schlüsse im Hinblick auf eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage bei den Angeklagten. Beweistatsachen 2 und 3: Gleiches gilt für die Umstände, dass der Zeuge und der ebenfalls benannte und gehörte Zeuge Kö. in dieser Funktion umfangreiche dienstliche Erkenntnisse zum Angeklagten Wohlleben erlangten und umfangreiche Wahrnehmungen zu dessen politischen Aktivitäten, Äußerungen und Ansichten gemacht haben. Aus diesen abstrakt umschriebenen Beweistatsachen zieht der Senat auch vor dem Hintergrund des ansonsten in der Hauptverhandlung erlangten Beweisergebnisses keine Schlüsse im oben genannten Sinne. Beweistatsachen 4, 5 und 6: Bei den Beweistatsachen handelt es sich um Einschätzungen der Zeugen Tu. und Kö., nämlich dass Ausländer- und Asylpolitik eine „untergeordnete Rolle“ spielte, dass es dem Angeklagten Wohlleben „darum ging“, dass nationale Positionen Gehör finden und dass der Angeklagte dem medialen Totschweigen nationaler politischer Positionen „entgegenwirken wollte“. Die Einschätzungen des Zeugen Tu. belegt lediglich dessen subjektive Überzeugungen im Hinblick auf die Beweistatsachen. Diese subjektiven Überzeugungen des Zeugen entziehen sich aber einer objektiven Würdigung durch den Senat, weil sie wertende Aspekte, wie „untergeordnete Rolle“ oder dass es dem Angeklagten „darum ging“, enthalten. Aus diesen Gründen sind diese unter Beweis gestellten und als erwiesen unterstellten Tatsachen nicht geeignet, wie auch immer geartete Schlüsse des Senats zu stützen.

Beweistatsachen 7, 8, 9 und 10: Die hier unter Beweis gestellten und als erwiesen unterstellten Umstände belegen, dass sich die „sogenannte rechte Szene“ in Jena bei Demonstrationen, bei, so versteht der Senat den Vortrag, sonstigen nach außen gerichteten politischen Aktionen und auf Plakaten oder Aufklebern außer bei zwei genannten Ausnahmen nicht mit der Ausländer- oder Asylpolitik beschäftigte. Hieraus wird der Senat aber keine Schlüsse auf die „tatzeitbezogene Einstellung“ des Angeklagten Wohlleben oder der anderen Angeklagten ziehen. Den Umstand, dass sich die „Szene“ mit bestimmten Themenbereichen nicht oder nur in Ausnahmefällen befasste, zieht der Senat nicht als Beleg für die persönliche Einstellung eines oder mehrerer Angeklagter im Hinblick auf diese Themen heran, da das Verhalten der „Szene“ keine Aussagekraft hinsichtlich der Einstellung einer einzelnen Person zukommt. Dies gilt auch dann, wenn sich diese Person dieser „Szene“ nahe oder zugehörig fühlt.

Beweistatsache 11: Gleiches gilt für die Umstände, dass der Zeuge keine Straftaten, insbesondere Rohheitsdelikte, gegen Ausländer wahrnahm, die von der „sogenannten rechten Szene“ begangen wurden. Das Verhalten einer sogenannten Szene hat keinen Indizcharakter im Hinblick auf die persönliche Einstellung eines oder mehrerer Angeklagter. Das Fehlen von Straftaten gegen Ausländer kann vielerlei denkbare Gründe haben, so dass schon aus diesem Grund nicht auf eine „Szeneeinstellung“ geschlossen werden kann. Zudem sagt eine mögliche Einstellung der „Szene“ nichts darüber aus, welche Einstellung einer oder mehrere Angeklagte zu dieser Zeit vertreten haben. Auch bei einer erneuten Würdigung der unter Beweis gestellten Umstände in ihrer Gesamtheit vor dem Hintergrund des bereits anderweitig erlangten Beweisergebnisses kommt diesen im Hinblick auf eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage aus den genannten Gründen keine Bedeutung zu.

Wohlleben-Verteidigerin RAin Schneiders: „Wir beantragen eine Abschrift und eine 30-minütige Unterbrechung zur internen Prüfung.“ Götzl sagt, es gebe noch weitere Beschlüsse. Schneiders: „Wenn Sie uns das ohne Rechtsverlust zusichern.“ Götzl sagt, die Verteidigung werde keinen Rechtsverlust erleiden, er wolle das jetzt gerne noch zusammengefasst verlesen aus Konzentrationsgründen.

Dann verliest er die Ablehnung des Beweisantrags der Verteidigung Wohlleben auf Vernehmung des Jenaer Staatsschutzbeamten Kö. [341. Verhandlungstag]. Nach den üblichen Ausführungen kommt Götzl auch hier zur konkreten Begründung:
Die Umstände sind sowohl für eine von den Beweisbehauptungen potentiell berührten Haupttatsache als auch zum Beweiswert der Angaben des Zeugen [Jens] Ku. ohne Bedeutung:
a. Es ist nicht ersichtlich, welche Haupttatsache durch die Beweistatsachen potentiell berührt sein sollte. Die Antragsteller haben in ihrem schriftlich abgefassten Beweisantrag kein Beweisziel formuliert. Die Frage, dass der Angeklagte Wohlleben nicht als „Chefsache“ behandelt wurde und dass der Zeuge Kö. dies auch niemals äußerte, hat keinerlei Auswirkungen auf eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage. Aus dem Nichtbestehen einer „Chefsache“ und einer diesbezüglichen Nichtäußerung des angebotenen Zeugen Kö. lassen sich auch keinerlei Schlüsse im Hinblick auf eine Bedeutung oder Nicht-Bedeutung des Angeklagten Wohlleben für das Dezernat Staatsschutz in Jena ziehen. Aus den unter Beweis gestellten Tatsachen kann auch nicht auf ein bestimmtes Wissen des Angeklagten Wohlleben, auf dessen Kenntnisse oder auf eine subjektive Einstellung im Hinblick auf mögliche Taten geschlossen werden.

b. Die unter Beweis gestellten Tatsachen haben auch keine Bedeutung im Hinblick auf den Beweiswert der Angaben des Zeugen Ku.: i. Eine Bedeutung der Beweistatsachen in diesem Sinn wäre gegeben, wenn den Angaben des Zeugen Ku. Relevanz zukäme. Dies ist allerdings nicht der Fall. Der Zeuge Ku. hat in der Hauptverhandlung angegeben, er sei von April 1994 bis Oktober 1997 dem Staatsschutz in Jena als Kriminalbeamter zugeteilt gewesen. Er sei in dieser Zelt für 6 Monate zur Soko Rex und auch noch zu weiteren Sonderkommissionen abgeordnet gewesen und damit in diesen Zeiträumen jeweils nicht für den Staatsschutz in Jena tätig gewesen. Aus diesen Gründen und aufgrund des inzwischen eingetretenen langen Zeitablaufs konnte sich der Zeuge nur sehr pauschal an die Vorgänge im Zusammenhang mit dem Angeklagten Wohlleben von Mitte
der 1990er Jahr in die 2000er Jahre erinnern. Er habe selbst niemals, soweit erinnerlich, persönlich Kontakt zum Angeklagten Wohlleben gehabt. ii. Bei dieser Sachlage wird der Senat die Angaben des Zeugen Ku. nicht zum Nachweis des Vorliegens oder Fehlens bestimmter Umstände heranziehen. iii. Damit ist auch eine Überprüfung des Beweiswerts seiner Angaben nicht erforderlich und den unter Beweis gestellten Umständen kommt daher keine tatsächliche Bedeutung im Sinne von § 244 Abs. 3 StPO zu.

Danach verkündet Götzl, dass auch der Antrag der Verteidigung Wohlleben auf Ladung und Vernehmung von insgesamt 17 Zeug_innen [348. Verhandlungstag] – neun Kontaktpersonen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt (A) und acht Personen, die zu Wohllebens angeblicher Ablehnung von Gewalt und dazu, dass er „Ausländern nicht feindselig oder gar mit Hass“ begegnet sei, vernommen werden sollen (B) – abgelehnt wird. Die Anträge unter A. seien, so wie sie formuliert seien, als Beweisermittlungsanträge zu behandeln, so Götzl. Der Senat lege die Anträge jedoch wohlwollend nach ihrem Sinn und Zweck so aus, dass sie die von den Antragstellern gewollte Qualität als Beweisanträge erhalten. Die unter Beweis gestellten Tatsachen seien für die Entscheidung jedoch tatsächlich ohne Bedeutung:
1. Ein Beweisantrag muss bestimmte Beweistatsachen bezeichnen. Wird ein Zeuge als Beweismittel benannt, müssen die benannten Beweistatsachen dem Zeugenbeweis zugänglich sein. Ein Zeuge kann grundsätzlich nur über seine eigenen Wahrnehmungen vernommen werden. Gegenstand des Zeugenbeweises können nur solche Umstände oder Geschehnisse sein, die mit dem benannten Beweismittel unmittelbar bewiesen werden sollen. Soll aus den Wahrnehmungen des Zeugen auf ein bestimmtes weiteres Geschehen geschlossen werden, ist nicht dieses weitere Geschehen, sondern nur die Wahrnehmung des Zeugen tauglicher Gegenstand des Zeugenbeweises. Die Schlüsse aus den Wahrnehmungen des Zeugen hat das Gericht zu ziehen. Dort, wo es möglich ist, wird der Richter die gewollte Beweisbehauptung durch Auslegung zu ermitteln haben. Bei einfachen Sachverhalten, etwa wenn ein Zeuge Wahrnehmungen über ein unmittelbar tatbestandserhebliches Geschehen machen soll, kann es genügen, wenn als Beweisthema das Geschehen selbst genannt wird, obwohl Gegenstand des Zeugenbeweises nur sein kann, was der Zeuge wahrgenommen hat. Geht es indes um Sachverhalte, die eine Folgerung voraussetzen, die nicht auf der Hand liegt, so kann nicht das Ergebnis der Folgerung Gegenstand der Beweisbehauptung sein, sondern nur die der Folgerung zugrunde liegende Wahrnehmung. Deshalb ist für einen Beweisantrag die Angabe dessen unverzichtbar, was der Zeuge im Kern bekunden soll.

2. Diese Grundsätze gelten in besonderem Maße, wenn der Antragsteller behauptet, dass bestimmte Ereignisse nicht stattgefunden hätten. In derartigen Fällen wird ein Zeuge nur selten unmittelbar die behauptete Negativtatsache bekunden können. Vielmehr wird der Zeuge meist nur angeben können, bestimmte Geschehnisse wahrgenommen oder nicht wahrgenommen zu haben, wobei erst diese Bekundungen auf der Grundlage des bisherigen Beweisergebnisses möglicherweise den Schluss erlauben, ob ein bestimmtes Ereignis stattgefunden hat.
3. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt hier folgendes:
a. Die Antragsteller haben – zumindest nach der Formulierung der Anträge – die Tatsache unter Beweis gestellt, dass es für Kontaktpersonen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt in einem bestimmten Zeitraum nicht erkennbar war, dass diese schwerste Straftaten im bezeichneten Sinn begehen könnten. Ausgehend von dieser Formulierung sollen die Zeugen also bestätigen, dass derartiges generell für alle Kontaktpersonen nicht erkennbar war. Diese negative Wahrnehmung können die Zeugen aber nicht bestätigen, da es sich nicht um einen einfach strukturierten und zeitlichen eng umgrenzten Beobachtungssachverhalt handelt. Die Zeugen sollen vielmehr diese Negativtatsache für den Zeitraum „Ende der 90er bis einschließlich das Jahr 2000“ bekunden. Zudem ist die Negativwahrnehmung nach der Formulierung der Anträge nicht auf ihren eigenen Wahrnehmungsbereich beschränkt, sondern erstreckt sich auf ausnahmslos alle „Kontaktpersonen“ von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Bei der formulierten Beweistatsache handelt es sich demnach um das von den Antragstellern verfolgte Beweisziel und nicht um eine dem Zeugenbeweis zugängliche Beweistatsache. Die Anträge wären demnach als Beweisermittlungsanträge zu behandeln.
b. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der gestellten Anträge legt der Senat diese zugunsten der Antragsteller dergestalt aus, dass beantragt wurde, dass es für den jeweilige Zeugen, ohne dass dafür von den Antragstellern konkrete Wahrnehmungen benannt wurden, im Zeitraum Ende der 90er Jahr bis einschließlich das Jahr 2000 nicht erkennbar gewesen sei, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt schwerste Straftaten gegen das Leben von Menschen aus ausländerfeindlichen Motiven begehen könnten. Diese Auslegung entspricht auch dem Vortrag der ergänzenden Stellungnahme der Antragsteller vom 22.02.2017.

Dann sagt Götzl, dass die nach erfolgter Auslegung der Anträge unter Beweis gestellten Tatsachen jedoch für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung seien. Zunächst macht er auch hier wieder die üblichen allgemeinen Ausführungen, dann fährt er zur konkreten Begründung fort:
b. Die Beweistatsachen, die durch die benannten Zeugen bewiesen werden sollen und die im Rahmen dieser Prüfung als erwiesen unterstellt werden, belegen zusammengefasst, dass es für keinen der 9 Zeugen erkennbar war, dass Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt schwerste Straftaten gegen das Leben von Menschen aus ausländerfeindlichen Motiven begehen könnten.
c. Diese als erwiesen unterstellten Umstände sind für die Entscheidung jedoch tatsächlich ohne Bedeutung.
i. Sie lassen keine Schlüsse im Hinblick auf eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage zu. Für den jeweiligen Zeugen war im genannten Zeitraum nicht erkennbar, dass Mundlos und Böhnhardt Straftaten der genannten Art begehen könnten. Aus diesem Umstand schließt der Senat jedoch nicht, dass dies ebenso für jede beliebige andere Kontaktperson von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gegolten hätte. (1) Bei den benannten Zeugen handelt es sich nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme nicht um Personen, die mit Mundlos und Böhnhardt im Hinblick auf deren politische Überzeugungen einen besonders engen und vertrauten Umgang gehabt hätten. Vor diesem Hintergrund ist es nicht fernliegend, dass es diesen Personen deshalb verborgen geblieben war, dass Mundlos und Böhnhardt schwerste Straftaten gegen das Leben von Menschen aus ausländerfeindlichen Motiven begehen könnten. (2) Auch die Betrachtung im Hinblick auf die Gesamtheit der benannten Zeugen führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Umstand, dass die Möglichkeit der Begehung der näher bezeichneten Straftaten für 9 Zeugen nicht erkennbar war, führt nicht zu dem Schluss, dass diese Möglichkeit generell für jede Kontaktperson nicht erkennbar war. Sie belegt dies nur und ausschließlich für diese 9 Zeugen, von denen bei keinem eine besondere persönliche Nähe im oben genannten Sinn zu Mundlos und Böhnhardt bekannt ist. Den in diesem Zusammenhang als erwiesen unterstellten Tatsachen kommt keine Bedeutung für die Frage zu, ob anderen Personen die Möglichkeit der Begehung von derartigen Straftaten durch Mundlos und Böhnhardt erkennbar war.

ii. Es ist auch nicht erkennbar, dass diesen als erwiesen unterstellten Umständen in der Zusammenschau mit dem sonstigen in der Hauptverhandlung gewonnenen Beweisergebnis eine tatsächliche Bedeutung für eine mögliche Schuld- und/oder Straffrage zukommen könnte.
5. Lediglich zur Klarstellung sei angemerkt: Sollten die Anträge nicht in der oben dargestellten Weise ausgelegt werden, sondern wörtlich einer Entscheidung zugrunde gelegt werden, würden die Anträge als Beweisermittlungsanträge zu behandeln sein. Die Aufklärungspflicht würde nicht zur Ladung und Vernehmung der Zeugen drängen, da kein Aufklärungserfolg zu erwarten wäre. Es ist nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen, dass die Zeugen außer zu ihren persönlichen Wahrnehmungen auch Angaben dazu machen könnten, was generell für alle Kontaktpersonen von Mundlos und Böhnhardt im angegebenen Zeitraum erkennbar war. Aus dem Verhalten der Verstorbenen Mundlos und Böhnhardt gegenüber den benannten Zeugen würde der Senat nicht auf deren Verhalten gegenüber allen weiteren Kontaktpersonen schließen können. Es würde bei einem derartigen Schluss nämlich außer Betracht bleiben, das andere Kontaktpersonen möglicherweise eine engere und vertrautere Beziehung zu Mundlos und Böhnhardt im Hinblick auf deren politische Überzeugungen als die benannten Zeugen hatten und dass Mundlos und Böhnhardt solchen Kontaktpersonen gegenüber möglicherweise anders agierten.

Götzl geht dann zu Teil B, dem Antrag zu den weiteren acht Zeugen, über und sagt, dass auch diese Anträge, so wie sie formuliert sind, als Beweisermittlungsanträge zu behandeln seien, vom Senat aber so ausgelegt werden, dass sie die von den Antragstellern gewollte Qualität als Beweisanträge erhalten. Er verweist kurz auf die Ausführungen hierzu im ersten Teil des Beschlusses, dann geht er zur konkreten Begründung über:
2. Die Anwendung dieser Grundsätze ergibt hier Folgendes:
a. Die Antragsteller haben einerseits unter Beweis gestellt, dass der Angeklagte Wohlleben die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele stets abgelehnt hat und, dass er sich andererseits im Rahmen der Ausländer-Thematik in der unter Beweis gestellten Weise verhalten hat. Die Zeugen sollen, ausgehend von der Formulierung, bestätigten, dass der Angeklagte Wohlleben stets Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele ablehnte. Zusätzlich sollen die Zeugen, so ist die Formulierung zu verstehen, bestätigen, dass der Angeklagte Wohlleben im Rahmen der Ausländer-Thematik immer ein bestimmtes Verhalten zeigte. Auch hier sind nicht einzelne Wahrnehmungen der Zeugen unter Beweis gestellt. Die Anträge haben vielmehr eine Beweisbehauptung zum Gegenstand, die im Hinblick auf ein angestrebtes Beweisziel voraussetzt, dass die Zeugen bestimmte Indizien bekunden. Letztlich ist also das Beweisziel unter Beweis gestellt, wobei dieses zusätzlich noch eine Reihe von dem Zeugenbeweis nicht zugänglichen Wertungen enthält. Derartige Anträge sind als Beweisermittlungsanträge zu behandeln.

b. Unter Berücksichtigung des Sinns und Zwecks der gestellten Anträge legt der Senat die Anträge zugunsten der Antragsteller dergestalt aus, unter Beweis solle gestellt sein, dass der Angeklagte Wohlleben jeweils gegenüber dem konkreten einzelnen Zeugen die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele stets ablehnte und dass er sich jeweils gegenüber dem konkreten einzelnen Zeugen im Rahmen der Ausländer-Thematik immer für ein Europa der Vaterländer ausgesprochen hat und Ausländern nicht feindselig oder gar mit Hass begegnete, sondern mit Achtung gegenüber den Völkern und mit Respekt gegenüber den Menschen. Diese Auslegung entspricht auch dem Vortrag der ergänzenden Stellungnahme der Antragsteller vom 22.02.2017.

Diese unter Beweis gestellten Tatsachen seien jedoch, so Götzl, für die Entscheidung tatsächlich ohne Bedeutung. Wieder verweist er auf Ausführungen im ersten Teil und fährt dann fort:
b. Die Beweistatsachen, die durch die benannten Zeugen bewiesen werden sollen und die im Rahmen dieser Prüfung als erwiesen unterstellt werden, belegen zusammengefasst, dass der Angeklagte Wohlleben gegenüber den 8 Zeugen die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele stets abgelehnt hat und dass er sich gegenüber diesen Zeugen im Rahmen der Ausländer-Thematik immer in der genannten Weise verhalten hat.
c. Diese als erwiesen unterstellten Umstände sind für die Entscheidung jedoch tatsächlich ohne Bedeutung: i. Sie lassen nämlich keine Schlüsse im Hinblick auf eine mögliche Schuld- und/oder Rechtsfolgenfrage zu. Aus den Umständen, dass sich der Angeklagte Wohlleben gegenüber dem einzelnen und der Gesamtheit der benannten Zeugen in einer bestimmten Weise geäußert bzw. verhalten hat, schließt der Senat nicht, dass dies jeweils auch seiner tatsächlichen Meinung entsprochen haben muss. Nachdem die benannten Zeugen nach den bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme keine besonders enge und vertraute Beziehung zum Angeklagten Wohlleben im Hinblick auf dessen politische Überzeugungen hatten und haben, besteht die Möglichkeit, dass der Angeklagte, sofern er zu den genannten Themenbereichen andere Meinungen vertreten haben sollte, diese den Zeugen einzeln und in ihrer Gesamtheit nicht offenbarte. ii. Es ist auch nicht erkennbar, dass den als erwiesen unterstellten Umständen in der Zusammenschau mit dem sonstigen in der Hauptverhandlung gewonnenen Beweisergebnis eine tatsächliche Bedeutung für eine mögliche Schuld- und/oder Straffrage zukommt.
4. Im Hinblick auf die erfolgte Auslegung der Anträge sei auch in diesem Zusammenhang angemerkt, dass die Anträge ohne die erfolgte Auslegung als Beweisermittlungsanträge zu behandeln wären. Die Aufklärungspflicht würde jedoch nicht zur Erhebung der Beweise drängen. Insoweit gelten die Ausführungen zu oben A.5 entsprechend im Hinblick auf Äußerungen und das Verhalten des Angeklagten Wohlleben.

Götzl schließt damit, dass die unter Beweis gestellten Umstände für die anderen Angeklagten offenkundig keine Bedeutung hätten. Schneiders: „Auch hier beantragen wir die Abschrift und eine Unterbrechung für weitere 60 Minuten.“ Götzl: „Ich möchte das genauso handhaben wie vorhin, sie erleiden keinen Rechtsverlust.“

Götzl verliest dann, dass dem Antrag der Verteidigung Wohlleben, im Wege des Freibeweisverfahrens die Unterlagen des behandelnden Arztes, bei dem sich Schultze einer tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie unterzogen habe zu verlesen, nicht nachgekommen wird, und die Anträge, einen psychiatrischen SV zur Aussagetüchtigkeit von Carsten Schultze sowie einen aussagepsychologischen SV zu bestimmten Angaben von Schultze zu vernehmen [327. Verhandlungstag], abgelehnt werden. Götzl gibt zunächst recht ausführlich die Antragsbegründungen wieder, dann geht er zur Begründung des Beschlusses über:
I. Den Anträgen auf Verlesung der ärztlichen Unterlagen im Freibeweisverfahren wurde nicht nachgekommen, weil die Aufklärungspflicht nicht zur Verlesung dieser Unterlagen drängt:
1. Gesetzliche Regelungen zum Freibeweisverfahren existieren nicht. Es gilt lediglich die Amtsaufklärungspflicht, wobei es dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts überlassen bleibt, wie es sich die Überzeugung der Freibeweis-Tatsachen verschafft. Die Amtsaufklärungspflicht drängt dann nicht zur Verlesung der genannten Unterlagen, wenn einer der Ablehnungsgründe des § 244 Abs. 3 StPO vorliegt. Ein Beweisantrag, der bereits erwiesene Tatsachen unter Beweis stellt, kann abgelehnt werden, weil erwiesene Tatsachen keines Beweises mehr bedürfen. Die unter Beweis gestellte Tatsache muss dabei in ihrer vollen, sich aus Sinn und Zweck ergebenden Bedeutung unverändert als erwiesen behandelt und darf nicht in unzulässiger Weise eingeengt werden. Maßgebend ist dabei nicht der Wortlaut des Antrages, sondern dessen Sinn und Zweck, wie er sich aus dem gesamten Vorbringen des Antragstellers sowie aus dem Gang der Hauptverhandlung ergibt.

2. Die hier unter Beweis gestellten Tatsachen sind bereits erwiesen: a. Die im Freibeweisverfahren unter Beweis gestellten Tatsachen sind zum größten Teil durch die im Freibeweisverfahren erfolgte Verlesung des Abschnitts „Aus den Behandlungsunterlagen des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie“ aus dem vorbereitenden schriftlichen Gutachten von Prof. Dr. Leygraf im Hauptverhandlungstermin vom 31.01.2017 erwiesen. b. Die durch die genannte Verlesung nicht erwiesenen Umstände sind durch die mündlichen Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. Leygraf in der Hauptverhandlung erwiesen. Es handelt sich dabei um Tatsachen, die im Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen in der Familie des Angeklagten Schultze im Freibeweisverfahren unter Beweis gestellt wurden. c. Nachdem die unter Beweis gestellten Umstände demnach entweder im Freibeweisverfahren oder zum Teil auch im Strengbeweisverfahren erwiesen sind, drängt die Aufklärungspflicht nicht dazu, noch zusätzlich zu denselben Beweistatsachen die Behandlungsunterlagen im Freibeweisverfahren zu verlesen.

II. Den Anträgen auf Erholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Aussagetüchtigkeit des Angeklagten Schultze wurde nicht nachgekommen, weil die Aufklärungspflicht gemäß § 244 Abs. 2 StPO nicht zur Erholung eines derartigen Gutachtens drängt.
1. Bei den Anträgen auf Erholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens zur Aussagetüchtigkeit handelt es sich um Beweisermittlungsanträge, die durch Erholung eines derartigen Gutachtens erfüllt werden sollen. Die Antragsteller können derzeit keinen Beweisantrag stellen, weil sie die Beweistatsachen noch nicht kennen. Ob einem derartigen Beweisermittlungsantrag ganz, teilweise oder überhaupt nicht nachgegangen wird, ist im Rahmen der gerichtlichen Aufklärungspflicht zu entscheiden. Diese Pflicht reicht so weit wie die aus dem gesamten Prozessstoff bekannt gewordenen Tatsachen zum Gebrauch von Beweismitteln drängen oder ihn nahe legen. Aussagetüchtigkeit bedeutet die Fähigkeit eines Menschen zu einer richtigen und vollständigen Aussage. Psychiatrische Beratung wird bei der Beurteilung der Aussagetüchtigkeit aber nur dann angezeigt sein, wenn die Zeugentüchtigkeit dadurch in Frage gestellt ist, dass der Zeuge an einer geistigen Erkrankung leidet oder sonst Hinweise darauf vorliegen, dass die Zeugentüchtigkeit durch aktuelle psychopathologische Ursachen beschränkt sein kann.
2. Die Antragsteller tragen zusammengefasst vor, beim Angeklagten Schultze lägen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer psychischen Erkrankung vor. Er habe sich eine Psychotherapie aufgrund eines Reizdarmleidens unterzogen.

Götzl führt weitere Angaben aus dem Beweisantrag zu Schultzes familiären Hintergrund sowie zu Annahmen aus der Psychotherapie aus. Dann fährt er fort:
3. Eine geistige Erkrankung oder sonst Hinweise darauf, dass die Aussagetüchtigkeit des Angeklagten Schultze durch aktuelle psychopathologische Ursachen beschränkt sein kann, liegen jedoch nicht vor:
a. Einen „Verdrängungsmechanismus“, wie ihn die Antragsteller vortragen, kann der Senat beim Angeklagten Schultze nicht erkennen. Das Auftreten von Erinnerungslücken ist nach einem derart langen Zeitablauf, wie im vorliegenden Fall, ein normalpsychologischer Vorgang. Der Vortrag der Antragsteller, der Angeklagte Schultze stelle sich als „kleinen Mitläufer“ dar, was Realitätsverlust und Wahrnehmungsstörungen belege, trifft nicht zu. Der Angeklagte Schultze führte vielmehr ausführlich in seiner Einlassung aus, dass er in der sogenannten rechten Szene sehr schnell Karriere gemacht habe und verschiedene Funktionen und Ämter inne gehabt habe. Er sei 1999 stellvertretender -Kreisvorsitzender, ab dem Jahr 2000 Stützpunktleiter der , stellvertretender Bundesgeschäftsführer der JN und zuletzt stellvertretender Landesvorsitzender der JN geworden. Dafür, dass die Inhaftierung des Angeklagten Schultze, wie die Antragsteller ausführen, einen psychischen Ausnahmezustand bei ihm ausgelöst habe, der zur Einschränkung oder gar zum teilweisen Verlust seiner Aussagetüchtigkeit geführt habe, sind keinerlei Anhaltspunkte vorhanden.

b. Der psychiatrische Sachverständige Prof. Dr. Leygraf führte im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur möglichen Reifeverzögerung beim Angeklagten Schultze aus, er habe den Angeklagten Schultze während des Ermittlungsverfahrens an drei Tagen ausführlich exploriert. Es gebe, so seine Zusammenfassung, beim Angeklagten Schultze keinen Hinweis auf einen psychopathologischen Zustand oder eine psychiatrische Erkrankung. i. Der Angeklagte habe ihm zur Reizdarmsymptomatik berichtet, er habe im November 2009 eine tiefenpsychologisch fundierte Behandlung begonnen. Davor habe er bei dem Therapeuten bereits drei Probesitzungen durchgeführt. Die Therapie habe etwa eineinhalb Jahre gedauert. Sie habe in den Jahren 2009 und 2010 stattgefunden. Es sei beim Angeklagten eine somatoforme autonome Funktionsstörung des unteren Verdauungssystems diagnostiziert worden, also eine sogenannte Reizdarmsymptomatik. Er habe an Durchfällen und Blähbauch gelitten, ohne dass internistische Gründe dafür haben festgestellt werden können. Im Laufe der Therapie sei thematisiert worden, bei welchen Gefühlen die Beschwerden auf­getreten seien. Der Angeklagte habe ihm berichtet, die Symptome seien vor allem im Hinblick auf die Problematik mit seiner eigenen Homosexualität sowie der Beziehung zum Vater und den jeweils damit verbundenen Schuldgefühlen aufgetreten. Gleichfalls sei es dann zu Beschwerden gekommen, wenn er sich selbst unter Druck gesetzt habe. Mit der genannten Therapie habe man die Beschwerden allerdings „wegbekommen“. Die Symptomatik des Reizdarms sei verschwunden.

Götzl gibt dann unter ii. die Angaben des SV Leygraf zur Familiensituation Schultzes wieder und setzt fort: Der Sachverständige führte dazu aus, es komme bei der Beurteilung des Angeklagten nicht darauf an, ob es zu einer Belastung der Familie mit psychischen Störungen oder Erkrankungen gekommen sei. Vielmehr komme es darauf an, ob der Angeklagte selbst darunter leide. Dies sei aber zu verneinen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür. Gleiches gelte für eine paranoide Persönlichkeitsstörung. Der Angeklagte sei ängstlich und zurückhaltend und lediglich in geringem Umfang geltungsbedürftig. Personen, die an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leiden, seien selbstbewusst, rechthaberisch, würden sich wichtig nehmen und nicht dazu neigen, sich zurückzuziehen. Vor diesem Hintergrund gebe es keinen Anhalt dafür, dass der Angeklagte Schultze an einer paranoiden Persönlichkeitsstörung leide. iii. Schizoide Aspekte ließen sich in der Persönlichkeit des Angeklagten Schultze ebenfalls nicht verorten. Bei einer schizoiden Persönlichkeitsstörung gingen die Patienten zwischenmenschlichen Kontakten aus dem Weg, sie könnten keine Gefühle zeigen, lebten zurückgezogen und legten wenig Wert auf Sexualität. All dies finde sich beim Angeklagten Schultze nicht, so dass kein Anhaltspunkt für das Vorliegen einer derartigen Störung vorliege. iv. Die Ausführungen des Sachverständigen in diesem Zusammenhang, der von zutreffenden Anknüpfungstatsachen ausging, waren plausibel und nachvollziehbar. Sie waren von großer Sachkunde getragen und überzeugend. v. Da der Angeklagte Schultze demnach mit Ausnahme des therapierten Reizdarms an keinen psychischen Störungen oder
Krankheiten litt oder leidet, können derartige Störungen oder Krankheiten die Aussagetüchtigkeit des Angeklagten Schultze auch nicht beeinflussen. Für die Beurteilung seiner Aussagetüchtigkeit ist daher kein psychiatrisch-medizinischer Sachverstand nötig. Somit drängt die Aufklärungspflicht auch nicht dazu, ein psychiatrisches Gutachten zur Aussagetüchtigkeit einzuholen.

III. Die Anträge auf Vernehmung eines aussagepsychologischen Sachverständigen zum Beweis der im Tenor aufgelisteten Tatsachen konnten abgelehnt werden, weil das Gericht selbst die erforderliche Sachkunde besitzt. 1. Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Auskunftsperson, vor allem auch des Angeklagten, gehört zum Wesen richterlicher Rechtsfindung. Es ist regelmäßig davon auszugehen, dass Berufsrichter über diejenige Sachkunde bei der Anwendung aussagepsychologischer Glaubwürdigkeitskriterien verfügen, die für die Beurteilung von Aussagen auch bei schwieriger Beweislage erforderlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Hinzuziehung eines psychologischen Sachverständigen lediglich dann geboten, wenn der Sachverhalt Besonderheiten aufweist, die Zweifel daran aufkommen lassen, ob die eigene Sachkunde des Tatgerichts zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den konkret gegebenen Umständen ausreicht. Solche Umstände können gegeben sein, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Erinnerungsfähigkeit einer Beweisperson aus besonderen, psychodiagnostisch erfassbaren Gründen eingeschränkt ist oder dass besondere psychische Dispositionen oder Belastungen – die auch im verfahrensgegenständlichen Geschehen selbst ihre Ursache haben können – die Zuverlässigkeit der Aussage in Frage stellen könnten, und dass für die Feststellung solcher Faktoren und Ihrer möglichen Einflüsse auf den Aussageinhalt eine besondere, wissenschaftlich fundierte Sachkunde erforderlich ist, über welche der Tatrichter im konkreten Fall nicht verfügt. Zu berücksichtigen ist weiter, dass Besonderheiten des Falles und in der Person der Auskunftsperson n ihrer Bedeutung zurücktreten, wenn dessen Aussage in anderen Umständen erhebliche Unterstützung findet. Besonderheiten des Falles und in der Person des Angeklagten Schultze, die Zweifel an der ausreichenden eigenen Sachkunde des Tatgerichts aufkommen lassen, sind nicht vorhanden. Der Senat darf sich im konkreten Fall die zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten Schultze notwendige Sachkunde selbst zutrauen:

a. Bei den von den Antragstellern als nicht erlebnisfundiert unter Beweis gestellten „Behauptungen“ des Angeklagten Schultze handelt es sich nach ihrem Vortrag um besondere Situationen der Beweiswürdigung, nämlich um Konstellationen Aussage gegen Aussage und/oder Aussagen vom Hörensagen und/oder einen Fall des Wiedererkennens. Die Würdigung derartiger Konstellationen stellen zwar erhöhte Anforderungen an die Beweiswürdigung, die aber vom Tatrichter im vorliegenden Fall ohne Zuziehung eines Sachverständigen erfüllt werden können.
b. Die Antragsteller tragen weiter vor, es läge nahe, der Angeklagte Schultze habe bei seinen Angaben Erinnerungslücken mit Schlussfolgerungen aufgefüllt oder Personen fehlerhaft bestimmten Ereignissen zugewiesen. Ob dieser Annahme der Antragssteller zutrifft, ist im Rahmen der konkreten richterlichen Beweiswürdigung zu klären und kann in diesem Fall ohne sachverständige Hilfe erfolgen.

c. Die Antragsteller gehen davon aus, beim Wiedererkennen eines Waffentyps sei es beim Angeklagten Schultze zu einer „Überlagerung von Erinnerungen“ gekommen und suggestive Einflüsse hätten im Rahmen eines wiederholten Wiedererkennens das ursprüngliche Erinnerungsbild deutlich vermindert. Dabei handelt es sich, das Auftreten von Überlagerungen und suggestiven Einflüssen unterstellt, erneut um eine Konstellation mit erhöhten Anforderungen an die Beweiswürdigung, die in Strafverfahren öfters festzustellen sind und die vom Tatrichter im konkreten Fall ohne Zuziehung eines Sachverständigen erfüllt werden können.
d. Die Antragsteller tragen vor, der Angeklagte Schultze könne Verdrängungsmechanismen erlegen sein. Hierzu ist festzustellen, dass es für die Vergangenheit zutreffen mag, dass der Angeklagte an die gegenständlichen Vorgänge lange Zelt nicht mehr gedacht hat. Im Rahmen des Verfahrens hat er allerdings seine Erinnerungen an diese Ereignisse in zahlreichen Vernehmungen im Ermittlungsverfahren und im Strafverfahren dargestellt. Ein Verdrängungsmechanismus ist daher gerade nicht festzustellen.

e. Für die Überlegungen der Antragsteller zu dem von ihnen angenommenen „Schuldkomplex“ und im Zusammenhang mit einer Erwartungshaltung fehlen Anhaltspunkte, dass einerseits ein derartiger „Schuldkomplex“ bzw. solche Erwartungshaltungen überhaupt vorliegen und dass diese dann auch Auswirkungen auf die Wahrhaftigkeit der Angaben des Angeklagten Schultze gehabt haben.
f. Soweit es zu suggestiven Einwirkungen auf den Angeklagten Schultze gekommen sein sollte, wird der Senat dies im Rahmen der konkret anzustellenden Beweiswürdigung berücksichtigen, ohne dass es hierfür in diesem Verfahren der Zuziehung eines Sachverständigen bedürfte.
g. Auch in der Zusammenschau aller vorgenannten Umstände kommt diesen in ihrer Gesamtheit keine derartige Bedeutung zu, die Zweifel daran aufkommen lassen, ob die eigene Sachkunde des Tatgerichts zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit unter den konkret gegebenen Umständen ausreicht. i. Die Mitglieder des erkennenden Senats sind durch ihre langjährige richterliche, insbesondere strafrichterliche, Tätigkeit erfahren und selbst sachkundig bei der Würdigung von Aussagen. Die Beweiswürdigung wird der Senat unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse, insbesondere der aus kriminalistischen, forensischen und aussagepsychologischen Untersuchungen gewonnenen Erfahrungsregeln, durchführen. Der Senat ist mit den allgemein anerkannten Erfahrungssätzen der Aussagepsychologie vertraut und wendet diese bei der Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen an, um zu beurteilen, ob auf ein bestimmtes Geschehen bezogene Angaben einer Auskunftsperson zutreffen, d.h. einem tatsächlich Erleben der Auskunftsperson entsprechen.

ii. Vor diesem Hintergrund darf sich der Senat die zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten Schultze notwendige Sachkunde selbst zutrauen, zumal die Angaben des Angeklagten Schultze zum Tatvorwurf der Anklage „Waffenlieferung “ an die verstorbenen Mundlos und Böhnhardt in Teilbereichen vom Angeklagten Wohlleben bestätigt wurden. (1) So schilderte der Angeklagte Wohlleben ebenso wie der Angeklagte Schultze, dass es überhaupt zu einer vom Angeklagten Schultze geschilderten Waffenlieferung an die Verstorbenen Mundlos und Böhnhardt mit Einbindung des Angeklagten Wohlleben gekommen sei. (2) Zusätzlich bestätigte der Angeklagte Wohlleben die Angaben des Angeklagte Schultze insoweit, dass er – also Wohlleben – Carsten Schultze den Namen des späteren Waffenlieferanten mitteilte und dass beide – also Wohlleben und Schultze – die gelieferte Waffe vor der Übergabe an die Verstorbenen Mundlos und Böhnhardt noch in der Wohnung des Angeklagten Wohlleben betrachteten und der Angeklagte Wohlleben den Schalldämpfer auf den Lauf aufschraubte. Schneiders: „Auch hier benötigen wir eine Abschrift und eine einstündige Unterbrechung.“ Götzl: „Auch hier erleiden Sie keinen Rechtsverlust, ich habe nur noch zwei Verfügungen.“

Dann verliest Götzl: „Es wird festgestellt, dass aus Sicht des Senats keine Anträge der Prozessbeteiligten, also Beweisanträge, Beweisermittlungsanträge oder Anträge im Sinne
von Beweisanregungen mehr zu entscheiden sind, da diesen entweder nachgegangen worden ist oder diese abschlägig verbeschieden worden sind. Die Verfahrensbeteiligten erhalten bis zum 14.03.2017 Gelegenheit zur Stellungnahme zu dieser Feststellung.“

Dann verkündet Götzl eine weitere Verfügung: „Es ergeht sodann Fristsetzung für den Fall, dass noch weitere Beweisanträge gestellt werden sollen.“ Die Hauptverhandlung dauere nunmehr seit über 350 Verhandlungstagen an, fährt Götzl fort. Die Verteidigung und die Nebenklage hätten im Laufe der Verhandlung zahlreiche Beweisanträge gestellt. Im Hauptverhandlungstermin vom 01.12.2016 seien die Prozessbeteiligten vom Vorsitzenden aufgefordert worden, für den Fall, dass noch die Stellung weiterer Anträge beabsichtigt sei, diese gesammelt und zeitnah zu stellen. Seitdem seien am 08.12.2016, am 20.12.2016, am 24.01.2017, am 25.01.2017, am 26.01.2017, am 16.02.2017, am 21.02.2017 und am 22.02.2017 jeweils weitere Anträge zur Beweiserhebung gestellt worden. Vor diesem Hintergrund sei eine Fristsetzung für die Stellung von Beweisanträgen zur Erreichung einer beschleunigten und stringenten weiteren Beweisaufnahme sachgerecht. Götzl: „Es wird für die Stellung von Beweisanträgen eine Frist bis zum 14.03.2017 gesetzt. Die Frist zur Stellung von weiteren Beweisanträgen wurde mit einer Woche trotz des Umfangs des Verfahrens ausreichend bemessen. Durch die noch zu verfügende Absetzung der für den 08.03.2017 und für den 09.03.2017 geplanten Hauptverhandlungstermine steht den Verfahrensbeteiligten ausreichend zusätzliche Zeit zur Verfügung, um ggf. weitere Beweisanträge zu formulieren.“ Die Beteiligten würden zusätzlich gebeten, so Götzl weiter, evtl. Anträge bereits vorab per Fax bei Gericht einzureichen, damit das Gericht versuchen könne, evtl. nötige Beweiserhebungen vorzubereiten und zeitnah durchführen zu können. Götzl weist die Verfahrensbeteiligten darauf hin, dass, ggf. bei Hilfsbeweisanträgen auch im Urteil, eine Ablehnung der Beweisanträge, die nach Fristablauf gestellt wurden, wegen Verschleppungsabsicht bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen möglich ist. Im Falle einer Stellung nach Fristablauf habe der Antragsteller die Gründe für die späte Stellung substantiiert darzulegen. Das Gericht könne, wenn nach dessen Überzeugung kein nachvollziehbarer Anlass für die verfristete Antragstellung besteht, grundsätzlich davon ausgehen, dass der Antrag nichts anderes als die Verzögerung des Verfahrens bezweckt, falls nicht die Aufklärungspflicht gleichwohl zur Beweiserhebung drängt. Götzl: „Wir werden die Verfügungen kopieren.“

Zschäpe-Verteidiger RA Heer: „Wir beantragen vorsorglich eine Unterbrechung von 30 Minuten zur Beratung in Bezug auf die eben ergangene Verfügung.“ NK-Vertreter RA Fresenius: „Ich hätte nur die Ankündigung, dass ich heute einen Antrag stelle.“ Schneiders: „Auch wir benötigen 30 Minuten für die Beratung.“ Götzl: „Welche Zeit benötigen Sie insgesamt jetzt?“ Schneiders: „Drei Stunden.“ Götzl: „Dann unterbrechen wir jetzt und setzen um 15:30 Uhr fort.“

Um 15:34 Uhr geht es weiter. Wohlleben-Verteidiger RA Klemke: „Wir haben die umfangreichen Beschlüsse und Verfügungen mit dem Mandanten beraten. Wir beantragen die Hauptverhandlung zu unterbrechen bis morgen 13 Uhr zur Vorbereitung von unverzüglich zu stellenden Anträgen.“ Götzl: „Bis morgen um?“ Klemke: „Bis morgen um 13 Uhr.“ Heer sagt, die Verteidigung von Frau Zschäpe benötige weitere erhebliche Zeit zur Beratung, wie weiter vorgegangen werden soll. Götzl: „Ja, mit ‚weiter‘ und ‚erheblich‘ ist mir nicht gedient.“ Heer: „Mehr als der Zeitpunkt, der gerade genannt wurde.“ Bundesanwalt Diemer: „Ich meine schon, dass wenn man einen Antrag anbringen will, dass man das heute noch machen kann und spätestens morgen früh fortsetzt. Aber ich kann nicht sehen, warum man bis morgen Nachmittag warten soll.“ Klemke: „Wir haben drei Beschlüsse mit 24 Seiten. Wir müssen uns mit der prozessualen Geschichte befassen, da gab es auch noch Schriftsätze des Senats mit den Ärzten des Herrn Tu. Es gibt noch Beratungsbedarf, aber das braucht seine Zeit. Und es ist uns nicht zuzumuten, das wir bis heute 24 Uhr arbeiten, nur damit Herr Diemer, Herr Doktor Diemer, Entschuldigung, morgen um 09:30 Uhr einen Antrag hören kann. Es ist angezeigt, hier weiter zu unterbrechen, auch in Hinblick auf die nächste Woche, die Fristsetzung. Die bringt uns auch in Zeitdruck. Auch da haben wir uns intensiv mit auseinanderzusetzen.“ Götzl: „Gibt es weitere Stellungnahmen? Was man ja heute noch machen könnte, wäre, dass wir heute den Beweisantrag von Rechtsanwalt Fresenius noch hören. Bitte schön!“

RA Fresenius verliest den Beweisantrag:
In der Strafsache ./. Zschäpe u. a., 6 St 3/12 werden folgende Beweisanträge gestellt:
1. Es wird beantragt, die am 09.06.2004 um 17:04 Uhr durch das LKA Nordrhein-Westfalen an alle Landeskriminalämter, das Innenministerium Nordrhein-Westfalen, den GBA, das BKA, das BfV und das BMI per Fernschreiben versandte Lageerstmeldung über das Nagelbombenattentat in der Keupstraße beizuziehen und zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass diese mit dem Betreff „terroristische Gewaltkriminalität“ überschrieben ist. Zudem wird beantragt, den ehemaligen nordrhein-westfälischen Innenminister Dr. Fritz Behrens, zu laden über das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen, Friedrichstraße 62-80, 40217 Düsseldorf, als Zeugen zu vernehmen. Er wird bekunden, dass das LKA Nordrhein-Westfalen auf Weisung des Landesinnenministeriums die Lageerstmeldung durch ein weiteres Fernschreiben um 17:45 Uhr korrigierte und nunmehr angab, es lägen keine Hinweise auf terroristische Gewaltkriminalität vor, ohne dass zwischenzeitlich eine Änderung der Erkenntnislage eingetreten wäre.

2. Es wird weiter beantragt, die operative Fallanalyse des LKA Nordrhein-Westfalen zu dem Nagelbombenanschlag in der Keupstraße, die am 20.07.2004 vorgestellt wurde, und das diesbezügliche Schreiben der Bezirksregierung Köln an das Innenministerium Nordrhein-Westfalen vom 29.07.2004 beizuziehen und in der Hauptverhandlung zu verlesen sowie ihre jeweiligen Ersteller als Zeugen zu vernehmen. Die Beweisaufnahme wird hinsichtlich der operativen Fallanalyse ergeben, dass diese zu dem Ergebnis kam, bei den Opfern handele es sich um Zufallsopfer und auf Täterseite sei ein persönliches Motiv mit örtlichem Bezug in Kombination der Faktoren „Politisch motiviert (unorganisiert/fremden- bzw. türkenfeindlich)“ und „Machtausübung/Machtmotiv“ am wahrscheinlichsten. Hinsichtlich des Schreibens der Bezirksregierung wird die Beweisaufnahme ergeben, dass das Polizeipräsidium Köln in Abstimmung mit dem LKA Nordrhein-Westfalen eine mögliche rassistische Motivation im Rahmen eines Pressetermins am 30. Juli 2004 trotz dahingehender Ergebnisse aus der OFA aus taktischen Gründen nicht thematisierte.

3. Weiter wird beantragt, das vom BfV am 08.07.2004 verfasste Dossier zum Sprengstoffanschlag in der Keupstraße vom 09.06.2004 beizuziehen und zu verlesen zum Beweis der Tatsache, dass das BfV zu diesem Zeitpunkt eine rechtsextremistische Motivation für die Tat nicht ausschloss, dass es bereits einleitend auf den bis dahin ungeklärten Sprengstoffanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft einer iranischen Familie in der Probsteigasse in Köln im Jahr 2001 hinwies, und dass es aufgrund des verwendeten Tatmittels und der Opferauswahl davon ausging, dass eine Serie von Nagelbombenanschlägen mit rechtsradikalem Hintergrund, die sich im April 1999 in London ereigneten, als Muster für den Anschlag in der Keupstraße gedient haben könnten.
4. Schließlich wird beantragt, den ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily, zu laden über das Bundesministerium des Innern, Alt-Moabit 140, 10557 Berlin, als Zeugen zu vernehmen zum Beweis der Tatsache, dass er gegenüber der Tagesschau am 10.06.2004 äußerte: „Die Erkenntnisse, die unsere Sicherheitsbehörden bisher gewonnen haben, deuten nicht auf einen terroristischen Hintergrund, sondern auf ein kriminelles Milieu, aber die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen, so dass ich eine abschließende Beurteilung dieser Ereignisse jetzt nicht vornehmen kann.“ Der Zeuge wird weiter bekunden, dass er zu diesem Zeitpunkt keinerlei Erkenntnisse hatte, die auf ein kriminelles Milieu hindeuteten, dass er seine Aussage tätigte, um Schaden von dem Ruf der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden, den er im Falle öffentlicher Berichterstattung über einen wahrscheinlich rassistisch motivierten Terroranschlag befürchtete.

Begründung:
1. Die Bewohnerinnen und Bewohner und Gewerbetreibenden in der Keupstraße haben nicht nur die unmittelbaren Folgen der Nagelbombenexplosion am 9. Juni 2004 – die teilweise lebensgefährlichen körperlichen Verletzungen, die psychische Traumatisierung, die Verwüstung von Wohnhäusern, Geschäften und Restaurants – erlitten. Vielmehr haben Sie auch auf Grund der gegen sie selbst gerichteten Ermittlungen sowie auf Grund der durch diese Ermittlungen sowie öffentliche Meldungen staatlicher Behörden befeuerte Berichterstattung, die die Bewohnerinnen und Bewohner der Keupstraße bzw. mit diesen in Zusammenhang stehende Kreise der „organisierten Kriminalität“ als Urheber des Anschlags verdächtigten, zum einen erhebliche psychische Leiden, zum anderen aber auch handfeste finanzielle Verluste durch Ausbleiben von Kundinnen und Kunden in den Geschäften und Restaurants in der Keupstraße erlitten.

2. Dabei war schon aufgrund des objektiven Tatbildes, insbesondere der Auswahl des Tatortes in Verbindung mit dem eingesetzten Tatmittel, für die Ermittlungsbehörden von Anfang an erkennbar, dass der Nagelbombenanschlag in der Keupstraße in Köln einen rassistischen und damit wahrscheinlich neonazistischen Hintergrund hatte:
Die Keupstraße in Köln ist und war als kulturelles Zentrum einer großen türkischen und kurdischen Gemeinde bekannt und durch eine Vielzahl türkischer und kurdischer Geschäfte geprägt. Dort vor einem gut besuchten Friseursalon eine mit mehr als 700 Nägeln und wahrscheinlich 5,5 kg Schwarzpulver versehene Bombe, deren Sprengwirkung die Sachverständigen Dr. Mölle und Dr. Peschel in hiesiger Hauptverhandlung eindrucksvoll dargestellt haben, an einem Nachmittag eines warmen Sommertages zu zünden, legt es auf den ersten Blick nahe, dass eine möglichst große Anzahl von individuell zufälligen Personen geschädigt werden sollten, die das gemeinsame Merkmal der Anwesenheit in dem kulturellen Zentrum der großen türkischen und kurdischen Gemeinde Kölns verbindet. Entsprechend tragen etwa von den 22 Verletzten, die an dem Tattag mittels Krankentransporten in Kölner Krankenhäuser verbracht wurden, 21 Personen einen Namen, der auf einen Migrationshintergrund schließen lässt.

3. Nicht nur verschiedene Anwohnerinnen und Anwohner selbst gaben in ihren Vernehmungen an, angesichts der Zufälligkeit der individuellen Geschädigten lasse sich die Tat nur als eine rassistische erklären, sondern dieser zutreffende Schluss wurde zunächst auch aus Kreisen der Sicherheitsbehörden gezogen. Dies ergibt sich aus Folgendem:
a) Am Tattag um 17.04 Uhr unterrichtete das LKA Nordrhein-Westfalen eine Vielzahl von Behörden, u.a. alle Landeskriminalämter, das Innenministerium Nordrhein-Westfalen, den GBA, das BKA, das BfV und das BMI mit Fernschreiben von dem Nagelbombenanschlag. Das Fernschreiben hatte folgenden Wortlaut:
„betr.: terroristische gewaltkriminalitaet hier: anschlag auf zwei geschaefte in koeln – muelheim bezug: fernmuendliche vorausmeldung am 09.06.2004, 16:35h durch br koeln
[…]
vorbehaltlich der fernschriftlichen bestaetigung durch die tatortbehoerde teile ich folgenden sachverhalt mit: bei der explosion von zwei geschaeften auf der kolbstr. in koeln-muelheim wurden 10 bis 15 personen verletzt, davon einige schwer. da im umkreis zimmermannsnaegel gefunden wurden geht man von einem anschlag aus.“
[Fehler im Original]

b) Noch am Tatabend rief der Beschaffungsleiter „Rechtsextremismus“ des BfV im polizeilichen Lagezentrum an und bat um Kontaktherstellung mit dem Leiter des Beschaffungsreferats „deutscher Extremismus“ des Innenministeriums Nordrhein-Westfalen. Der genaue Inhalt des Gespräches ließ sich im Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestages nicht mehr genau rekonstruieren, allerdings gab der damals für „Rechtsextremismus“ zuständige Abteilungsleiter im BfV an, das BfV sei bei Sprengstoffanschlägen mit Blick auf einen rechtsextremistischen Hintergrund alarmiert gewesen, da Sprengstoff ein typisches Tatmittel für die rechtsextremistische Szene sei. Dass seitens des BfV unmittelbar nach dem Anschlag nicht ein Mitarbeiter aus den Abteilungen „Ausländerextremismus“ oder „Islamismus“ anrief, sondern ein hochrangiger Mitarbeiter des Bereiches „Rechtsextremismus“, der dienstlich u.a. mit den in diesem Verfahren relevanten V-Leuten , zu tun hatte, veranschaulicht, dass auch von Seiten des Inlandsgeheimdienstes zu einem sehr frühen Zeitpunkt die richtigen Schlüsse aus dem objektiven Tatbild gezogen wurden.

c) Das BfV verfasste am 08.07.2004 eigeninitiativ ein Dossier zum Sprengstoffanschlag vom 09.06.2004, in dem es eine „rechtsextremistische Motivation der Tat“ nicht ausschloss und bereits einleitend darauf hinwies, dass es im Jahr 2001 in Köln einen Sprengstoffanschlag auf ein Lebensmittelgeschäft einer iranischstämmigen Familie in der Probsteigasse in Köln gegeben habe und auch damals die Hintergründe der Tat nicht hätten geklärt werden können. Das BfV verglich den Nagelbombenanschlag in der Kölner Keupstraße mit einer Serie von Nagelbombenanschlägen, die sich im April 1999 in London ereignet hatten und die als Muster gedient haben könnten. Diese Anschlagsserie sei zunächst mit der militanten neonazistischen Organisation „“ in Verbindung gebracht worden. Später habe sich allerdings angeblich herausgestellt, dass es sich bei dem festgenommenen um einen Einzeltäter gehandelt habe. Das BfV stellte insoweit fest: Der Anschlag in Köln erinnert wegen der Verwendung einer Nagelbombe und des Tatortes in einem vorwiegend von Ausländern bewohnten Stadtteil an diese Anschlagsserie. Das Bundesamt betonte auch die Angaben zur Nationalität des Täters: Der vom Zeugen als ca. 25 Jahre alter Deutscher bezeichnete Täter konnte bis zum heutigen Tage nicht gefasst werden.

Darüber hinaus wies das BfV auf ein von „Combat 18“ propagiertes, zu Gewalt aufrufendes Konzept in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner hin. So informierte es über Veröffentlichungen im (Nr. 1 der deutschen Ausgabe), in denen die Frage nach gewaltsamen Aktionen aufgeworfen worden sei. Das BfV berichtete zudem explizit darüber, „dass ‚Combat 18‘ auch in der rechtsextremistischen Szene in Deutschland bekannt und beliebt sei“ und verwies darauf, dass Hinweise auf Sympathisanten von „Combat 18“ im Bereich Köln bestünden. Die Zeugin Do., Leiterin der Abteilung „Rechtsterrorismus“ im BfV zum Zeitpunkt des Sprengstoffanschlags in der Keupstraße, erläuterte im Untersuchungsausschuss die Gründe der Abteilung zur Abfassung des Dossiers: „Also, wir haben das zur Kenntnis genommen, dass es Anhaltspunkte geben sollte, die in eine andere Richtung zeigen. Wir haben aber unsere Einschätzung, dass es sehr wohl Rechtsextremisten gewesen sein könnten – die wollten wir an die zuständigen Stellen weitertransportieren.“

d) Die Operative Fallanalyse des LKA Nordrhein-Westfalen, deren Ergebnisse am 20.07.2004 vorgestellt wurden, beinhaltete unter anderem die folgenden Angaben: Bei den Opfern handele es sich um Zufallsopfer. Am wahrscheinlichsten sei ein persönliches Motiv mit örtlichem Bezug in Kombination der Faktoren „Politisch motiviert (unorganisiert/fremden- bzw. türkenfeindlich)“ und „Machtausübung/Machtmotiv“. Zur Motivlage stellte die Operative Fallanalyse des LKA Nordrhein-Westfalen fest: „Zwei aus einem persönlichen Motiv handelnde Täter gleicher Gesinnung, hinter denen keine Organisation stehen dürfte. Sinnbildlich ausgedrückte Motivlage:
‚Wir zünden die ‚Bombe‘ mitten in eurem ‚Wohnzimmer‘ – Ihr werdet euch dort nie mehr so wohl, so sicher wie früher fühlen und besorgt sein, dass das noch mal passiert.“ Die Gesamtbewertung rechtfertige die Annahme, dass es sich bei den Tätern mit hoher Wahrscheinlichkeit um Deutsche handele, beide seien Mountainbikefahrer und hätten eine Affinität zu Waffen/Sprengstoff, eventuell seien sie schon früher damit aufgefallen, die Täter seien wahrscheinlich polizeilich schon in Erscheinung getreten, eventuell wegen fremdenfeindlicher Straftaten.

4. Diese frühe richtige und nach den objektiven Tatumständen auch äußerst naheliegende Einschätzung der verschiedenen Sicherheitsbehörden hat sich weder in dem der Öffentlichkeit kommunizierten Bild noch in dem Umgang mit den Betroffenen des Anschlags niedergeschlagen. Vielmehr erscheint es so, als habe man seitens der Behörden durchweg vermeiden wollen, dass der wahrscheinliche rassistische und neonazistische Hintergrund der Tat öffentlich bekannt würde.
a) So erklärte der Pressesprecher des BfV trotz der oben geschilderten Aktivitäten der Abteilung „Rechtsextremismus“ bereits am 10.06.2004, die Ermittlungen gingen in Richtung Organisierte Kriminalität. Auch in der Lageübersicht des BMI vom 10.06.2004 wurde ein terroristischer Hintergrund des Anschlags „derzeit“ ausgeschlossen. Aus dem in die Beweisaufnahme einzuführenden Schreiben der Bezirksregierung Köln an das Innenministerium Nordrhein-Westfalen vom 29.07.2004 geht hervor, dass das Polizeipräsidium Köln eine laut OFA-Ergebnissen möglicherweise vorliegende rassistische Motivation im Rahmen eines Pressetermins am 30.07.2004 nicht thematisieren werde. Diese taktische Vorgehensweise sei mit dem LKA Nordrhein-Westfalen abgestimmt.


Den Gipfel dieser der Fakten- und Erkenntnislage diametral entgegenstehenden staatlichen Informationspolitik stellt die Aussage des Zeugen Schily, des damaligen Bundesinnenministers, dar, der trotz der genannten Erkenntnisse am 10.06.2004 gegenüber der Tagesschau äußerte, die Erkenntnisse deuteten nicht auf einen terroristischen Hintergrund, sondern auf ein sog. „kriminelles Milieu“. Mit dieser Aussage, die der Zeuge Presseberichten zu Folge noch 2012 als „schweren Fehler“ bezeichnet hat, die er inzwischen aber abstreitet und gegen ihre Erwähnung durch Dritte sogar rechtliche Schritte einleitet, hat er als damaliger Bundesinnenminister entgegen der klaren Fakten- und Erkenntnislage eine mögliche rassistische Motivation und Täterschaft durch deutsche Neonazis von Anfang an ausgeschlossen und stattdessen ohne jegliche Faktengrundlage ein „kriminelles Milieu“ ins Spiel gebracht.


Der Nebenkläger Muhammet A. hat diese Äußerung des Zeugen Schily im Jahr 2014 mit den folgenden Worten beschrieben:
„Das war eine unglückliche Aussage. Es kann sein, dass er gemerkt hat, dass die Sache in eine andere Richtung ging als gewollt. Er musste Deutschland ja unterstützen. Er hätte eigentlich ein paar Tage warten müssen. Das ist ja auch eine entscheidende Frage: Rechtsradikale oder eine private Sache? Das kann man nicht direkt sagen. […] Dass der Innenminister in einem so modernen Land in Europa so etwas sagt, erzeugt ein sehr großes Fragezeichen: Warum? Wieso? Für wen? Woher nahm er so eine große Sicherheit? […] Ein Mann, der so eine Position wie Schily hat, hätte so etwas nicht behaupten dürfen. Deutschland hat einen Geheimdienst, Richter, Staatsanwälte. Schily hätte erst einmal die Ermittlungen abwarten sollen, anstatt sofort solch eine Behauptung aufzustellen. Meiner Meinung nach ist das eine Straftat. Er hätte seine Position ansehen und reflektieren müssen. Später hat er sich im Fernsehen entschuldigt, aber es war zu spät. […]“
[Interview in Dostluk Sineması (Hrsg.), Von Mauerfall bis Nagelbombe. Der NSU-Anschlag auf die Kölner Keupstraße und die Pogrome der 1990er Jahre, Berlin 2014, S. 22]
Diese Einschätzung wird von vielen in der Keupstraße geteilt.

b) Entsprechend der Äußerungen u.a. des Bundesinnenministers als „obersten Dienstherrn“ der Ermittlungsbehörden gestalteten sich auch die Ermittlungen gegenüber den Verletzten und den Anwohnerinnen und Anwohnern der Keupstraße. Wie diese durch die Ermittlungsbehörden behandelt wurden und welche psychischen Folgen dies auslöste, hat die hiesige Beweisaufnahme eindrücklich gezeigt. Es seien hier nur zwei Beispiele aufgeführt: Noch mehr als zwei Jahre nach der Tat wurde der Geschädigte [L] unter Umgehung der gesetzlichen Voraussetzungen einer heimlichen längerfristigen Observation ausgesetzt, weil „auf Grund der bisherigen Ermittlungen der Verdacht, dass der Zeuge und sein Bruder Kenntnis über Machenschaften und Hintergründe des Anschlags haben, die zur Aufklärung der Straftat, insbesondere zum Verhältnis der beiden Brüder untereinander beitragen können“, bestünde. Vom 07.06.2005 bis zum 14.02.2007 wurden in der Keupstraße insgesamt fünf türkeistämmige Vertrauenspersonen bzw. verdeckte Ermittler zur verdeckten Erkenntnisgewinnung eingesetzt, „um die Strukturen der untereinander konkurrierenden türkischen Gruppierungen, deren Angehörige sowie mögliche Beziehungen zu den möglichen deutschen Tatverdächtigen zu erhellen und diesbezügliche Beweismittel zu beschaffen. Durch die eingesetzten Verdeckten Ermittler und Vertrauenspersonen wurde Kontakt zu und später das Vertrauen der Geschäftsleute auf der Keupstraße aufgebaut“.

c) Infolge dieser Ermittlungen sowie der durch eine Vielzahl weiterer Beispiele belegbaren Informationspolitik, deren planvolles Verschweigen der naheliegenden Möglichkeit eines neonazistischen terroristischen Tathintergrundes mit der durch nichts belegten Behauptung von Hinweisen auf den Bereich der organisierten Kriminalität korrespondierte, wurde frühzeitig eine Berichterstattung über den Anschlag mitverursacht, die die betroffenen Geschädigten in die Nähe der Täter rückte. Von den mittelbaren Folgen, die diese in der Keupstraße auch als „Anschlag nach dem Anschlag“ bezeichneten Handlungen der Ermittlungsbehörden und der Presse auslösten, haben viele Betroffene in der hiesigen Hauptverhandlung berichtet. Auch hierzu nur einige Beispiele:
So berichteten die Zeugen
[A] und [B] in der Hauptverhandlung am 20.01.2015, sie seien wie Verdächtige behandelt worden, hätten im Krankenhaus nicht einmal miteinander sprechen dürfen – der Zeuge [B] wusste nicht einmal, ob der Freund noch am Leben war.
Der Zeuge
[J] berichtete am 21.01.2015 von seiner Vernehmung: „Dann hat er mich gebeten, mich auszuziehen. Ich sagte, nein. Er sagte, wegen Schmauchspuren oder anderen Spuren. Ich sagte, ich bin Verletzter. Dann musste ich mich auf die Unterhose ausziehen. Dann kam er mit einem Stäbchen, ich sollte eine Speichelprobe abgeben. Ich sagte, ich bin doch kein Vergewaltiger, aber er fand das wohl normal. Dann kam er mit einem Zettel DNA-Analyse, den musste ich unterschreiben.“

Der Zeuge [L] schilderte ebenfalls am 21.01.2015 folgendes: „Als ich wiederkam, fingen die Vernehmungen der Polizei an. Die waren nicht derart, als würden wir als Zeugen vernommen werden, sondern als Beschuldigte, das war für uns eine zweite Verletzung. Es wurden unvorstellbare Vernehmungen durchgeführt, als hätten wir die selbst gelegt, um einen Versicherungsbetrug zu begehen. Zum Glück hatten wir keine Versicherung abgeschlossen gehabt. […] Die Polizei kam zu uns in Haus herein, mir wurde vorgehalten, Du hast einen LCD-Fernseher, einen Laptop, als ob kein Mensch so etwas hätte. Wir wurden mitgenommen mit der Begründung, wir haben noch einige Fragen, jedes Mal, wenn wir hingefahren sind, wurden wir 3 Stunden, 4, 6 Stunden vernommen.“
Der Zeuge
[O] berichtete am 22.01.2015: „Ein paar Tage später hat mich die Polizei eingeladen und vernommen. Da war ich wirklich sehr enttäuscht, es wurde von Anfang an darauf hingearbeitet, dass da irgendwie ein Machtkampf war mit türkischer Mafia oder Türsteherszene, es wurde versucht, das in diese Schiene zu leiten. […] Die Ladeninhaber hatten Angst, wenn sie etwas sagen, dass sie dann verfolgt werden. Durch die Behandlung der Polizei war das forciert, es sah so
aus, als wollten die einem von uns was in die Schuhe schieben.“

Der Zeuge Arif S. gab in am 27.01.2015 zu seiner damaligen Vernehmung an: „Ich sagte, es waren die Neonazis, der Polizeibeamte hat zu mir das Zeichen ‚Psst‘ gemacht, danach habe ich nicht mehr weiter gesprochen. […] Es kamen immer die gleichen Fragen, sie haben immer andere beschuldigt, sie haben uns beschuldigt, sie haben mich hart behandelt, ich habe gezittert.“
Auch der Zeuge Muhammet A. sagte am 27.01.2015 aus, die Polizei habe immer wieder gesagt, das sei die PKK gewesen. Und weiter: „Man sagte, einer von uns muss das getan haben. Er muss sich ausgekannt haben. Der Innenminister soll das gesagt haben, dass die das getan haben.“
Zu den wirtschaftlichen Entwicklungen in der Zeit nach dem Anschlag berichtete der Zeuge
[F] am 21.01.2015: „In der ganzen Keupstraße gab es Veränderungen. Die Geschäfte sind sehr zurückgegangen. Über die Hälfte zurückgegangen, noch heute ist es nicht ganz gut.“
Ähnlich gab der Zeuge
[L] am selben Tag an: „Auch die Keupstraße hat erhebliche wirtschaftliche Abschläge davon getragen. Wenn keine Kunden mehr in die Keupstraße kommen, können die Geschäftsinhaber nichts verdienen.“

5. Diese Umstände sind für die Tat- und Schuldfrage von Bedeutung – und zwar auch dann, wenn man mit dem Generalbundesanwalt der Auffassung wäre, die Aufklärung der Taten des NSU und der Begleitumstände sei strikt auf die sehr eng gefasste Anklageschrift zu beschränken. Denn die Beweisaufnahme wird zeigen, dass die genannten, auf die Ermittlungen und der Presseberichterstattung zurückzuführenden psychischen und finanziellen Folgen für die Betroffenen nicht auf dem Bombenanschlag als solchem, sondern auf der Behandlung der Anwohnerinnen und Anwohner der Keupstraße durch Polizei, andere staatliche Behörden und die Öffentlichkeit beruhten. Nach den objektiven Umständen der Tat ist davon auszugehen, dass die Mitglieder und
Unterstützer des NSU bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Tat von zweierlei ausgingen: erstens davon, dass die Ermittlungsbehörden von Anfang an erkennen würden, dass die Tat mit hoher Wahrscheinlichkeit einen rassistischen Terrorakt darstellt, und zweitens davon, dass sie in der Folge ihre Ermittlungen in diese Richtung lenken würden. Die beantragte Beweisaufnahme wird ergeben, dass die Behörden sehr wohl die erstgenannte Erkenntnis hatten, jedenfalls alle Fakten kannten, die zu dieser Erkenntnis hätten führen können, dass sie diese aber gerade nicht öffentlich kommunizierten oder bei ihren Ermittlungen berücksichtigten. War es aber für die Angeklagte Zschäpe nicht vorhersehbar, dass die Ermittlungsbehörden auch diese Geschädigten über Jahre wie Verdächtige behandeln und ein entsprechendes Bild der Öffentlichkeit kommunizieren würden, so ergibt sich, dass die oben benannten mittelbaren Folgen des Anschlags der Angeklagten Zschäpe im Verurteilungsfalle nicht strafschärfend zuzurechnen sind. Dieser „Anschlag nach dem Anschlag“ ist also nicht dem NSU, sondern dem Staat zuzurechnen.

Der Antrag ist von mehreren NK-Vertreter_innen unterschrieben.

Bundesanwalt Diemer: „Es ist schon, Herr Vorsitzender, sehr verwunderlich, dass Rechtsanwalt Fresenius sich diesen Antrag bis zum 350. Hauptverhandlungstag aufgehoben hat. Wir würden ihn trotzdem gern anschauen, um zu sehen, ob da irgendwas, und sei es zugunsten der Angeklagten enthalten ist.“ Zwei weitere NK-Vertreter schließen sich dem Antrag an. NK-Vertreter RA Daimagüler: „Der Nebenklägervertreter erwähnte, das Schily gegen Einzelpersonen und Verlage vorgeht, das ist eine neue Sache, deswegen macht der Antrag jetzt Sinn. Im Übrigen schließe ich mich an.“

NK-Vertreter RA Reinecke: „Ich hätte einen Beweisantrag, der sich erst aus Ihrem Beschluss heute morgen ergeben hat.“ Götzl: „Stellen Sie ihn!“ Reinecke stellt den Beweisantrag, Tim St., zu laden über die Redaktion des Kölner Stadtanzeigers, zu vernehmen. Der Zeuge werde bestätigen, so Reinecke, dass das Asservat mit der Endnummer 377.2 in der Wochenendausgabe des Kölner Stadtanzeigers vom 20./21.1.2001 im unteren Bereich der Titelseite erschienen ist und dabei auf das Asservat 377.1 der Veröffentlichung im Lokalteil verweist. Der Zeuge werde weiter bestätigen, dass das Asservat 2.12.377.3 am Dienstag, den 23.01.2001 im Lokalteil des Kölner Stadtanzeigers veröffentlicht wurde. Zur Begründung führt Reinecke aus:
Der Beweisantrag knüpft an den vom Senat am 07.03.2017 abgelehnten diesseitigen Beweisantrag an und insbesondere die darin gegebene Begründung. Der Senat führt am Ende des Beschlusses aus: „In welchem Umfang eine Verteidigererklärung in die Details geht, obliegt aber der Entscheidung des Mandanten und des Verteidigers im konkreten Einzelfall. Die Detaildichte, die die Antragsteller erwarten, ist dafür kein Maßstab und deshalb irrelevant.“ Diese Auflassung widerspricht meiner Meinung nach der Rechtsprechung des BGH zum Aussageverhalten des Angeklagten, insbesondere dem allgemein als „Teilschweigen“ bezeichneten Verhalten. Hierzu führt der BGH u. a. aus: „Durch eine Teileinlassung macht sich der Angeklagte freiwillig zum Beweismittel. Sein teilweises Schweigen bildet dann einen negativen Bestandteil seiner Aussage, die in ihrer Gesamtheit der freien richterlichen Beweiswürdigung unterliegt.“ „Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann es zwar von indizieller Bedeutung sein, wenn ein Angeklagter zu einem bestimmten, einheitlichen Geschehen Angaben macht und insoweit lediglich die Beantwortung bestimmter Fragen unterlässt. Das Schweigen bildet dann einen negativen Bestandteil seiner Aussage, die in ihrer Gesamtheit der freien richterlichen Beweiswürdigung nach § 261 StPO unterliegt. Entsprechendes kann gelten, wenn er nicht die Beantwortung an ihn gestellter Fragen verweigert, sondern zu einem Geschehen von sich aus nur lückenhafte Angaben macht. Auch dann dürfen grundsätzlich für ihn nachteilige Schlüsse daraus gezogen werden, dass er einen bestimmten Punkt eines einheitlichen Geschehens von sich aus verschweigt. Die Schlussfolgerung ist jedoch nur dann berechtigt, wenn nach den Umständen Angaben zu diesem Punkt zu erwarten gewesen wären, andere mögliche Ursachen des Verschweigens ausgeschlossen werden können und die gemachten Angaben nicht ersichtlich fragmentarischer Natur sind.“

Für die Frage, wie glaubhaft die über den Verteidiger vorgetragenen schriftlichen Äußerungen der Angeklagten Zschäpe sind, kommt es daher sehr wohl – wie bei jeder Aussage eines Angeklagten oder Zeugen – auf die Detailreiche an. Die Detailreiche lässt sich aber nur beurteilen, wenn die Details festgestellt werden. Bisher ist allerdings weder festgestellt, wann und wo die Artikel Asservatennummern 377.2 und 377.3 veröffentlicht wurden. Die Relevanz des vorliegenden Beweisantrages ergibt sich daraus, dass damit weiter deutlich wird, dass die Darstellung der Angeklagten nicht glaubhaft ist, weil weitere bei einer Erklärung zu erwartende Details von der Angeklagten nicht vorgetragen wurden: Weder hat sie sich dazu geäußert, ob sie bereits am Wochenende, also nach Erscheinen des ersten großen Artikels, die Berichte zur Kenntnis genommen hat oder ob dies erst zu einem späteren Zeitpunkt geschah, sie hat ebenfalls nicht gesagt, ob die Ausschnitte bereits ausgeschnitten waren oder vollständige Kölner Zeitungen herumlagen. Für den Fall des Letzteren fehlt auch jede Angabe dazu, warum nach der Einlassung der Angeklagten Mundlos und Böhnhardt die Vorbereitungen zum Anschlag in der Probsteigasse bewusst vor der Angeklagten verheimlicht haben, dann aber die Zeitungen einfach in der Wohnung herumliegen lassen.
Götzl: „Stellungnahmen?“ Niemand meldet sich. Dann legt Götzl eine Pause zum Kopieren ein.

Um 16:39 Uhr geht es weiter. Götzl: „Sind jetzt noch Anträge oder Erklärungen? Keine? Dann unterbrechen wir und setzen fort morgen um 13 Uhr.“ Der Verhandlungstag endet um 16:39 Uhr.

Das Blog „NSU-Nebenklage„: „[Es wurden] eine Liste von ‚Clips‘, die aus der Fernsehserie Der rosarote Panther ausgeschnitten werden sollten, und eine ausführliche Anleitung zum Schneiden verlesen.Es spricht alles dafür, dass es sich hierbei um die ‚Clips‘ handelt, deren Schneiden Zschäpe als Wetteinsatz für eine Wette angeboten hatte, und damit dafür, dass diese an der Erstellung des NSU-Bekennervideos beteiligt war. Das Gericht lehnte dann erneut Beweisanträge- und anregungen ab – und zwar alle, die noch offen waren. Dabei machte es zum Teil deutlich, dass es jetzt einfach zum Schluss kommen will, egal mit welcher Begründung: so lehnte es etwa ab, beim Verfassungsschutz Hamburg Informationen zu den ‚Hetendorfer Tagungswochen‘ des Hamburger Rechtsanwalts und Neonazis Jürgen Rieger einzuholen. Es begründete dies damit, dass diese Veranstaltung – die Zschäpe Zeugen zu Folge 1997 ohne Mundlos und Böhnhardt besucht hatte – für das Urteil irrelevant sei. Diese Begründung überrascht, nachdem das Gericht an mehreren Tagen Beweise zu der Tagungswoche erhoben hatte […]. Ebenfalls – mit nachvollziehbarerer Begründung – abgelehnt wurden die letzten Beweisanträge der Verteidigung Wohlleben. Das Gericht setzte dann allen Beteiligten eine Frist für weitere Beweisanträge – und zwar bis nächsten Dienstag, 14.03.2017. Diese kurze Frist kommt, gerade angesichts der zuletzt vorsichtig gesagt wenig beschleunigten Verfahrensführung des Gerichts, etwas überraschend.“
https://www.nsu-nebenklage.de/blog/2017/03/08/07-03-2017/

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